Stärkung der ambulanten Pflege

Anspruch, Notwendigkeiten und Wirklichkeit in der Lebenswelt von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen


Hausarbeit, 2007

34 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1 EINFÜHRUNG

2 ALTER UND PFLEGE
2.1 Hilfeund Pflegebedarf im Alter
2.2 Ausgangslagen in Bezug auf sich entwickelnden/eintretenden Hilfebzw. Pflegebedarf
2.3 Anspruch und Wirklichkeit in der gesetzlichen Pflegeversicherung
2.3.1 Ambulante Unterstützungsund Versorgungssysteme
2.3.2 Belastungssituationen pflegender Angehöriger
2.3.3 Möglichkeiten und Grenzen ambulanter Unterstützungsangebote
2.3.4 Sicherung Ambulanter Unterstützungsund Versorgungssysteme
2.4 Inanspruchnahme von Unterstützungsmöglichkeiten

3 DIE BEDEUTUNG VON CASE MANAGEMENT ZUR STÄRKUNG AMBULANTER PFLEGE
3.1 Phasen des Case Managements
3.2 Zielrichtungen und Handlungsprinzipien des Case Managements
3.3 Notwendigkeiten für ein gelingendes Case Management
3.4 Ziele und Grenzen des Case Managements zur Sicherung der häuslichen Pflege

4 RESÜMEE

5 AUSBLICK

LITERATURVERZEICHNIS

ANHANG

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Rahmenmodell von Hilfeund Pflegebedarf im Alter

Abbildung 2: Hilfsquellen nach Altersgruppen

Abbildung 3: Inanspruchnahme ambulanter Dienste durch Hilfeoder Pflegebedürftige

Abbildung 4: Belastungen der Hauptpflegepersonen

Abbildung 5: Hilfesystem zur Sicherung der Betreuung und Pflege im häuslichen Umfeld

Abbildung 6: Inanspruchnahme des ambulanten Versorgungssystems

Abbildung 7:Verknüpfungssyteme im Case Management

Abbildung 8: Phasen des Case Managements

Abbildung 9: Verteilung der Anpassungsmaßnahmen

Abbildung 10: Bauliche Anpassungsmaßnahmen

Abbildung 11: Wohnungspassung durch Ausstattungsveränderungen

Abbildung 12: Wohnungsanpassung durch Hilfsmitteleinsatz

Abbildung 13: Wünsche von Pflegepersonen bezüglich Unterstützung

1 EINFÜHRUNG

„Menschen im hohen Alter büßen oft durch Multimorbidität ihre Mobilität ein. Nach einem Leben in relativer Gesundheit und Rüstigkeit werden sie nun betreuungsund pflegebedürftig, wenn sie sich nicht mehr selbständig [sic] versorgen können. … Pflegepersonen verlangen Dinge von ihnen, deren Sinn sie oft nicht verstehen können, ihr Wunsch, etwas zu tun oder zu leisten, wird häufig mit der Begründung abgetan, sie sollten sich ausruhen, statt daß [sic] man ihnen zuhört. Diese alten Menschen haben jedoch im Laufe ihres Lebens viele Erfahrungen gesammelt, von denen wir durchaus profitieren könnten. Resignation und Apathie sind häufig die Folge unserer mangelnden Zuwendung. Daher ist es wichtig, den uns anvertrauten Menschen ihre neue Umwelt so zu gestalten, daß [sic] sie sich darin wohl und sicher fühlen.“ (Korečić 1999, S.VII).

Dies sollte der Ausgangpunkt einer gelingenden Versorgung und Pflege von Menschen mit Hilfeoder Pflegebedarf sein. Doch wie kann dieser Anforderung in Hinblick auf die Rahmenbedingungen und gesetzlichen Reglungen entsprochen werden?

Ausgehend von der Klärung der Frage, was Pflege im Alter bedeutet, was Hilfsund Pflegebedürftigkeit ist, unter welchen Voraussetzungen sie erbracht wird und welche gesetzlichen Rahmenbedingungen dabei eine Rolle spielen, soll die Lebenswirklichkeit von Menschen mit Menschen mit Hilfeund Pflegebedarf beleuchtet werden. Hierbei spielen insbesondere die vorhandenen Unterstützungsund Versorgungsangebote eine wesentliche Rolle. Da der Großteil der ambulanten Pflege durch die Familie oder andere informelle Netzwerke erbracht wird, können diese ein erhebliches Entlastungspotential bieten. Das ist notwendig, um auch in schwierigen Pflegeund Versorgungssettings und bei Belastungssituationen pflegender Angehöriger die häusliche Pflege mitteloder langfristig sichern zu können. Jedoch stellt sich die Frage, wie die Entlastungsangebote in Form der ambulanten Unterstützungsangebote der gesetzlichen Pflegeversicherung und anderer an ihre Nutzer gebracht werden. Oftmals besteht ein erhebliches Informationsdefizit auf Seiten der Betroffenen und deren Angehörigen, welche Leistungen in Anspruch genommen und wie diese finanziert werden können. Zudem ist die Landschaft der ambulanten Altenhilfe mit der Vielzahl ihrer Angebote nur schwer überschaubar. Wie können also notwendige und bedarfsgerechte Unterstützungsangebote gebündelt und koordiniert werden, damit tatsächlich Entlastung für die Angehörigen entsteht, die Versorgungssicherheit aber trotzdem gewährleistet werden kann. An dieser Stelle kann die Methode des Case Managements/Unterstützungsmanagements greifen. Doch wie können damit die oben genannte Ziele erreicht werden, wie sieht die Versorgung mit Case Managementstrukturen in Deutschland aus? Vor dem Hintergrund der Maßgabe des SGB XI nach ambulanter vor stationärer Versorgung sollen diese Fragen in der vorliegenden Arbeit bearbeitet werden.

2 ALTER UND PFLEGE

Im SGB XI §8 Abs.1 wird die pflegerische Versorgung der Bevölkerung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe betrachtet. In diesem Sinne arbeiten Länder, Kommunen, Pflegeeinrichtungen und Pflegekassen zusammen (§8 Abs.2 SGB XI), damit eine leistungsfähige, wohnortnahe und aufeinander abgestimmte ambulante und stationäre pflegerische Versorgung der Bevölkerung gewährleistet werden kann (vgl. Grieb, Renn 1997, S.108).

Je älter ein Mensch wird, desto schlechter ist im Regelfall sein Gesundheitszustand. Altersbedingt treten mit steigendem Lebensalter vermehrt chronifizierte Erkrankungen auf. Besonders die für das höhere Alter typische Multimorbidität spielt hierbei eine wichtige Rolle. Hochaltrigkeit ist nicht selten mit häufig auftretenden längerfristigen Erkrankungen und Pflegebedürftigkeit verbunden (vgl. Vaskovicz 2004, S.167).

Bei der Erbringung einer gelingenden Pflege kann von einem Zusammenspiel von Pflegekonzepten, Pflegestandards und Pflegequalität ausgegangen werden. Donabedian definiert Pflegequalität nach dem Grad der Übereinstimmung der Ziele des Gesundheitswesens und der wirklich geleisteten Pflege (vgl. Korečić 1999, S.29).

Die pflegewissenschaftliche Grundlage zur professionellen Pflege alter Menschen bezieht sich auf folgende Aspekte:

- Pflege alter Menschen ist Arbeit in deren Lebensraum und Privatsphäre,
- sie berücksichtigt biografisch gewachsene Strukturen der Selbstpflege, Alltagsbewältigung und -gestaltung vor dem Ziel der Erhaltung einer weitestgehenden Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bis ans Lebensende,
- Pflege bezieht sich auf Basisaktivitäten des täglichen Lebens und soll reaktivierend und prophylaktisch gestaltet sein, wobei auch die Sterbebegleitung ein Aspekt ist.

Aus diesen Bereichen ergeben sich die Grundlagen des interaktionistischen, lebensweltbezogenen pflegewissenschaftlichen Erklärungsmodells[1] (vgl. Entzian 1999, S. 95).

2.1 Hilfeund Pflegebedarf im Alter

Die Gesundheit[2] ist eine der wichtigsten Veränderungen des Menschen. Ihr Wandel bzw. ihre Verschlechterung charakterisiert den Prozess des Alterns. Nicht jeder alte Mensch wird hilfeoder pflegebedürftig. Die Entstehung von Hilfeoder Pflegebedarf ist ein Prozess, in dem physische, psychische und soziale Entwicklungen eng miteinander verbunden sind. In Bezug auf die Bewältigungsstrategien[3] bei Pflegeund Hilfsbedürftigkeit spielt die individuelle Biografie eine wichtige Rolle, da Selbstbilder ein Resultat biografischer Entwicklungen sind (vgl. Pitzschke 1991, S.208).

Durch die steigende Lebenserwartung unserer Gesellschaft, steigt mit zunehmendem Alter das Risiko von Hilfeund Pflegebedürftigkeit, sprich das Angewiesensein auf fremde Hilfe. Dies bezieht sich insbesondere auf die Alltagstätigkeit (ADL[4] und IADL[5]) (vgl. Wissert 1999, S.123).

Der Begriff Hilfebedarf wird in der Literatur nicht einheitlich/eindeutig definiert. Es kann davon ausgegangen werden, dass Hilfebedarf den „Zustand“ der so genannten Pflegestufe 0 charakterisiert. Das meint, dass ein tatsächlicher Unterstützungbedarf, meist im hauswirtschaftlichen Bereich, vorhanden ist, die Selbstpflege aber zum größten Teil noch erledigt werden kann. Konkret werden die Kriterien zur Einstufung in die Pflegestufe 1 nicht erfüllt, ein Hilfebedarf ist jedoch objektiv vorhanden.

Nach §14 Abs.1 SGB XI besteht Pflegebedürftigkeit dann, wenn ein Mensch wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für den normalen Ablauf des täglichen Lebens für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten oder auf Dauer in erheblichem oder hohem Maße auf Pflege angewiesen ist[6] (vgl. Klie, Krahmer 1998, S.158). Die von den Pflegepersonen geleistete Hilfe ordnet sich in Unterstützung, teilweise oder vollständige Übernahme der alltäglichen Verrichtungen (Grundpflege und hauswirtschaftliche Ver]sorgung). Auch Beaufsichtigung und Anleitung zur selbstständigen Erledigung dieser wird hierbei berücksichtigt (vgl. Grieb, Renn 1997, S.97).

Abbildung 1: Rahmenmodell von Hilfeund Pflegebedarf im Alter[7]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im Verlauf des Alterns hin zu einem möglichen Hilfeoder Pflegebedarf bestimmen das Wohnumfeld und die Ausstattung der eigenen Wohnung oder des Hauses die Möglichkeiten und Grenzen einer selbstständigen Lebensführung. Abhängig von der jeweiligen Situation, dem Bewältigungspotential sowie vorhandener sozialer Netzwerke, kann das Leben in der angestammten Wohnung aufrechterhalten werden oder aber ein Umzug in eine Einrichtung der stationären Altenhilfe kann notwendig werden (vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 1998, S.84). Pflegebedürftigkeit an sich ist aber noch kein Grund, in eine stationäre Wohnform zu wechseln[8]. Das zeigen die Statistiken, denn die größte Mehrheit älterer Menschen verbleibt auch bei Hilfeund Pflegebedarf in ihrer Wohnung. Allerdings ist es richtig, dass bei steigendem Pflegebedarf das Risiko eines Wechsels in eine stationäre Einrichtung der Altenhilfe steigt (vgl. Mayer, Wagner 1996, S.270).

2.2 Ausgangslagen in Bezug auf sich entwickelnden/eintretenden Hilfebzw. Pflegebedarf

Verschiedene Ausgangslagen in Bezug auf einen sich entwickelnden oder eintretenden Hilfe- bzw. Pflegebedarf und die Ausrichtung der Lebenswelt auf die sich verändernden Bedarfe spielen eine wichtige Rolle. Diese sollen im Folgenden als „typische Verläufe/Pflegekarrieren“ in Anlehnung an Wissert (1999, S.131ff.) in ihrem jeweils unterschiedlichen Ablauf und vergleichbarem Ausgang dargestellt werden.

Die plötzliche Krise

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit Zunahme der jeweiligen Problemlagen werden die Beteiligten in immer komplexere Ebenen versetzt, wenn es darum geht, den Verbleib oder die Rückkehr in die Häuslichkeit zu organisieren. Im Vergleich dazu, stellt ein Umzug in eine stationäre Einrichtung eine verhältnismäßig einfache Problemlösung dar (vgl. Wissert 1999, S.133). Diese Darstellung verdeutlicht an Hand typischer Verläufe, die Notwendigkeit von Unterstützungsmanagement

zur Überwindung von Krisen oder steigenden Bedarfen zur Sicherung häuslicher Pflege mit der Entlastung pflegender Angehöriger.

[...]


[1] Pflegemodelle/Pflegetheorien: bedürfnisorientierte, interaktionsorientierte und pflegeergebnisorientierte Pflegemodelle (vgl. Entzian 1999, S. 97f.).

[2] Gesundheitsbegriff der WHO: „Gesundheit ist ein Zustand vollständigen physischen, seelischen und sozialen Wohlbefindens und nicht bloß die Abwesenheit von Krankheit und Gebrechen.“ (Oyen zit.n. WHO New York, 1946)

[3] Bewältigungsstrategien sind psychische Strategien des Umgangs mit Problemsituationen, handlungsschematische und pragmatische Reaktionen auf Krisen und veränderte Situationen im Verlaufe der Lebensgeschichte. Problemlösungsstrategien können allein angewandt werden, mit professioneller und nicht professioneller Unterstützung oder Koordinierung von Hilfen (Case Management) (vgl. Pitzschke 1991, S.237).

[4] Activities of daily living.

[5] Instrumental activities of daily living.

[6] „An deutlich negativen Effekten hat sich gezeigt, daß [sic] die gesetzliche Definition von „Pflegebedürftigkeit“ zu eng gefasst ist. So erhalten Personen, die nach dem Begutachtungsverfahren nicht als „pflegebedürftig“ im Sinne des Gesetzes eingestuft wurden, …, überhaupt keine Versicherungleistungen. … Vor allem Personen mit demenziellen Erkrankungen oder mit psychischen Behinderungen fallen überproportional häufig aus dem Kreis der Anspruchsberechtigten heraus.“ (Reichert 2003, S.44).

[7] An Hand des Rahmenmodells werden Einflussmöglichkeiten auf das „System“ deutlich. Einflussnehmer kann in diesem Zusammenhang der Case Manager sein (siehe Kapitel 2).

[8] „Die Aufrechterhaltung einer eigenen Häuslichkeit wird mehrheitlich nach wie vor als entscheidende Rahmenbedingung dafür betrachtet, das eigene Leben individuell und selbstbestimmt führen und gestalten zu können. Ein Wechsel in eine stationäre Pflegeeinrichtung wird von den Betroffenen hingegen als Autonomieverlust und Manifestation von Gebrechlichkeit und fehlender Lebensqualität gedeutet.“ (Schneekloth, Wahl 2006, S.231).

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Stärkung der ambulanten Pflege
Untertitel
Anspruch, Notwendigkeiten und Wirklichkeit in der Lebenswelt von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen
Hochschule
Universität Vechta; früher Hochschule Vechta  (Institut für interdisziplinäre Gerontologie)
Veranstaltung
Pflegekonzept und Pflegestandards
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
34
Katalognummer
V121151
ISBN (eBook)
9783640251537
ISBN (Buch)
9783640252572
Dateigröße
616 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Stärkung, Pflege, Pflegekonzept, Pflegestandards
Arbeit zitieren
Andrea Schulz (Autor:in), 2007, Stärkung der ambulanten Pflege, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121151

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