Hessische Schulen auf dem Weg zur Eigenverantwortung

Gelingensbedingungen und Möglichkeiten der Umsetzung


Hausarbeit, 2009

23 Seiten, Note: 3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Schulentwicklung
2.1 Organisationsentwicklung als Basis
2.2 Entwicklung im System Schule
2.3 Innerschulische Bedingungen
2.3.1 Dezentralisierung und Teilautonomie
2.3.2 Ende der Behaltenschulung
2.3.3 Was ist eine „gute“ Schule?
2.4 Leitbild und Schulprogramm
2.5 Interne und externe Evaluation

3 Von allgemeiner Schulentwicklung zur systemischen Umgestaltung in Hessen
3.1 Hessischer Referenzrahmen Schulqualität
3.2 Zentrale Vorhaben
3.2.1 Neues Lehrerbild
3.2.2 Leitungen verändern sich
3.2.3 Eine neue Verfassung muss her
3.2.4 Schulämter als Dienstleiter
3.2.5 Sinnvolle Steuerungselemente
3.2.6 Masterplan

4 Rolle der Schulleitung im Prozess
4.1 Lehrerbildung Hessen im Wandel
4.2 Verändertes Rollenbild und Funktionen von Schulleitung

5 Neue Perspektiven
5.1 Pilotprojekt „Selbstverantwortung Plus“
5.1.1 Handlungsfeld „Qualitätsentwicklung“
5.1.2 Handlungsfeld „Qualitätssicherung“
5.1.3 Handlungsfeld „Organisationsstruktur“
5.1.4 Handlungsfeld „Personalgewinnung und Personalentwicklung“
5.1.5 Handlungsfeld „Finanzen“
5.1.6 Handlungsfeld „Bildungsangebot und regionales Bildungsnetzwerk“
5.2 Zeitlicher Ablauf des Projektes „Selbstverantwortung Plus“

6 Ein Blick über den Tellerrand – Wie machen es andere Bundesländer, wie andere europäischen Länder?
6.1 Beispiel Niedersachsen
6.2 Beispiel Schweden

7 Fazit

ANHANG: LITERATURLISTE/ABBILDUNGSLISTE

1 Einleitung

„Schulen sind Teil eines Systems, in dem bei gleichen Zielen ganz unterschiedliche Qualität erzeugt wird. In der Entwicklung des Systems soll und darf keine Schule zurückbleiben, aber das setzt auch die Wahrung des Abstandes voraus. Die Schulen müssen die Unterschiede erkennen und sich auf einen für sie lohnenden Weg machen.“

Jürgen Oelkers [1]

Der Schock wirkt nachhaltig: Ein Land wie die Bundesrepublik schafft im PISA-Test gerade mittelmäßige bis befriedigende Leistungen. Die Schlussfolgerung für die Bildungspolitiker liegt nahe. Eine Schulreform muss her, die allen Schülern[2] eine intensive Förderung zuteil werden lässt, um nicht beim nächsten Test erneut hinten anzustehen. Zunächst muss es gelingen, die inneren und dann auch die äußeren Rahmenbedingungen zu verbessern. Die „Organisation“ Schule soll zunehmend die Verantwortung für ihr System übernehmen, um vor Ort konkret zu handeln und das Lernen für die Kinder so zu optimieren, dass alle nach ihren Möglichkeiten gefordert und gefördert werden. Schulen müssen eigenverantwortlich werden. Das bedeutet nicht, dass sie völlig autonom handeln sollen. Es bedeutet eine Form der Organisation, die durch Schulträger und Schulämter gestützt und beraten wird.

Der Prozess zur eigenverantwortlichen Schule setzt sich Anfang der 1990er Jahre in Gang. Seit Ende dieser Zeit wurden sieben Modellprojekte zur eigenverantwortlichen Schule abgeschlossen. Momentan werden in zwölf Bundesländern insgesamt 16 Projekte durchgeführt. Lediglich Niedersachsen[3] hat ein schulformübergreifendes Konzept entwickelt, dass bis 2012 flächendeckend verwirklicht sein soll[4]. In Hessen existiert zurzeit der Modellversuch „Selbstverantwortung Plus“ in den berufsbezogenen Schulformen.[5]

In meiner Hausarbeit möchte ich mich mit folgenden Fragenstellungen auseinandersetzen: Wird sich eine Eigenverantwortung von Schule nach dem Modellversuch „Selbstverantwortung Plus“ flächendeckend für alle Schulformen durchsetzen können?

Unter welchen Bedingungen kann eine Eigenverantwortung von Schule gelingen?

Wie sieht dabei die Rolle der Schulleitung aus?

2 Schulentwicklung

Entwicklung von Schule kann nicht nur in eine Richtung gesehen werden. Vielmehr müssen mehrere Komponenten näher beleuchtet und analysiert werden. Schulentwicklung bedient sich vor allem der Bereiche Personal, Organisation und Unterricht, die unter Kapitel 2.2 näher betrachtet werden.

2.1 Organisationsentwicklung als Basis

„Seit 1997 werden Konzepte der Schulentwicklung, die auf Organisationsentwicklung basieren und Erfahrungen mit der Veränderung von Organisation einbringen können, konfrontiert mit Konzeptionen einer Pädagogischen Schulentwicklung, die in der Tradition der Inneren Schulreform stehen (…).“[6] Laut Rolff[7] „beziehen sich die meisten neueren konzeptionellen Ansätze der Schulentwicklung auf die Entwicklung von Einzelschulen“. Der Ansatz, der die Entwicklung von Einzelschulen so sehr beeinflusst hat, ist die Organisationsentwicklung (OE). Zu verstehen ist diese, als eine Entwicklung einer Organisation von innen heraus, vor allem durch die Verantwortlichen selbst. Ganz charakteristisch für Organisationsentwicklung in der Schule ist, dass sie sich stets auf die ganze Schule bezieht und nicht auf einzelne Teilaspekte. Organisationsentwicklung muss als Prozess verstanden werden. Der Weg ist in diesem Fall auch genauso wichtig wie das Ergebnis selbst.

In der Literatur werden drei Phasen der Organisationsentwicklung unterschieden, nämlich die

- der Initiation
- der Implementation
- und der Inkorporation.

Diese Phasen verlaufen nicht linear, sondern treten verschiedentlich im OE-Prozess auf und bedingen sich gegenseitig. Eine weiter entwickelte Form der Organisationsentwicklung ist das Konzept des Changemanagements. Hier wird laut Rolff[8] stärker die Rolle von Führung betont und mehr Wert auf Evaluation und Qualitätsmanagement gelegt. Auch hier werden drei Phasen unterschieden:

- „ Strategie, d.h. die Klärung und Vereinbarung mittelfristiger Ziele und die Wahl des Zugangs zur Zielerreichung (…)

- Struktur, d.h. die dauerhafte, nachhaltige Basis der Zielbearbeitung (…)

- Kultur, d.h. die Normen, Werte, Interaktionsformen usw.“[9]

2.2 Entwicklung im System Schule

Klippert und Meyer[10] betonen, dass Unterrichtsentwicklung eine Schulentwicklung vorantreibt und immer dort stets mit einer Veränderung begonnen werden sollte. Rolff[11] sieht allerdings einen Systemzusammenhang zwischen Organisationsentwicklung, Unterrichtsentwicklung und Personalentwicklung.

Er geht davon aus, dass Schule sich nur dann verändert, wenn sich in den drei Bereichen etwas ändert. Rolff sagt weiter: „Wenn sich die Gesellschaft ändert, ändert sich auch die Schule. Das kann man alltägliche Schulentwicklung nennen.“[12]

Dienlich sind hier vor allem Schulprogramme und Leitbilder[13], an denen die Ziele der Schule festgemacht werden können. Das klärt auch die Frage nach der Zuständigkeit. Ziele im Sinne einer Schulentwicklung können nur gemeinsam mit allen an der Schule Beteiligten vereinbart werden.

Für die Steuerung der Entwicklung aller Schulen des Landes bedarf es einiger zentraler Steuerelemente. Neben dem Gesetzgeber (Schulgesetzen) und der Zentralbehörde (Erlasse) beeinflussen auch die Schulaufsicht, der Schulträger und nicht zuletzt zentrale Tests (Orientierungsarbeiten oder Abitur) das System Schule. Hier liegt die Problematik in der Zusammenführung von Entwicklung der einzelnen Schule und des Systems Schule.

2.3 Innerschulische Bedingungen

Rolff[14] spricht von einer „lernenden Schule“, in der Selbstorganisations- und Selbststeuerungsprozesse grundlegend sind. „Schulen sind nicht nur Lernorganisationen, d.h. die Organisation systemischer Lernprozesse, sie sind als Organisation auch selbst zu Lernprozessen fähig und auch dazu aufgerufen.“[15]

Es gibt drei wesentliche Elemente, die zentral in der Schulentwicklung zusammenwirken:

1. Dezentralisierung und Teilautonomie der Schule
2. Das Ende der Behaltenschulung
3. Qualitätssicherung bzw. die Frage nach der „guten“ Schule[16]

Diese drei Teilaspekte sollte man ein wenig genauer beleuchten.

2.3.1 Dezentralisierung und Teilautonomie

Schulen bilden untereinander zunehmend lokale und regionale Netzwerke, aber auch das macht sie nicht zu einem System. Ein Schulsystem entsteht durch die Verteilung von Ressourcen. Es ist eine Organisationsform, die nicht beliebig unterlaufen werden kann. Kommunikation von Erwartungen und die Übernahme gemeinsamer Aufgaben, die über die einzelne Einheit hinausweisen sowie eine gemeinsame traditionelle Geschichte sind charakteristisch für ein Schulsystem. Bei aller Verschiedenheit sind Schulen als Schulen erkennbar, und keine einzige Schule kann die Geschichte des Systems ignorieren.“[17]

Das Konzept einer eigenverantwortlichen Schule benötigt einige schulgesetzlichen Regelungen, die sich in fünf Handlungsbereiche einteilen lassen:

- Schulorganisation, also die Gestaltungsspielräume und Arbeitsabläufe innerhalb der Schule
- Organisation von Unterricht, zu finden in Schulcurricula, Stundentafeln und Inhalten
- Personalentwicklung und Befugnisse der Schulleitung (Budget, Ausschreibungen, nichtpädagogische Mitarbeiter)
- Selbstbewirtschaftung durch Mittelzuweisung
- Qualitätsentwicklung und Rechenschaftslegung durch interne Evaluation

„Eine Erweiterung der Verantwortung der einzelnen Schulen ist das wesentliche Element des grundlegenden Wandels, der im Schulsystem eingesetzt hat, um die Qualität von Schule nachhaltig zu sichern und zu entwickeln. Die bisherige Regelung oder Inputsteuerung wird zugunsten eines Steuerungsverfahrens umgestellt, das einerseits die einzelnen Schule fordert, indem es die Ergebnisse schulischer Arbeit kontrolliert, andererseits die Wege so weit wie möglich frei gibt und die Schulen auf ihren stärker selbstbestimmten Wegen unterstützt.“.[18]

Dieser Erweiterung von Kompetenzen für die Schule stehen im Gegenzug neue Formen von internen und externen Überprüfungsverfahren an (Selbstevaluation, Schulinspektion, Orientierungsarbeiten, zentrale Abschlussprüfungen).

2.3.2 Ende der Behaltenschulung

Bislang war der Inhalt der Lehrpläne kognitiv angelegt. Das heißt, der Inhalt wurde von dem Lehrer fachlich und methodisch so aufbereitet, dass es gut von den Schülern angeeignet werden konnte und musste. Doch dies scheint ein Trugschluss, denn es geht vielmehr um die Förderung der Entwicklung von Methoden-, Kooperations- und Sozialkompetenz. Nachhaltig lernen und eine Erweiterung der Kompetenzen muss der Weg der Zukunft sein. Die Rolle der Lehrer ändert sich vom Vermittler von Wissen in eine Rolle des „stillen Beobachters“, ein Moderator von Lernprozessen der Schüler. Hier ist die Rolle der Schulleitung die eines „Visionärs“, jemand, der diese Veränderungen begleitet und initiiert.

2.3.3 Was ist eine „gute“ Schule?

Das Interesse an Fragen der Schulqualität hat – gerade mit PISA – deutlich an Wert gewonnen. Die Qualität der Einzelschule und ihr Angebot wird durch Politiker, Wissenschaftler, Lehrer und auch Eltern sehr kritisch hinterfragt. Die zentrale Frage ist hier also: Was macht eine „gute“ Schule aus? In den letzten Jahren sind zahlreiche Forscher dieser Frage nachgegangen und haben Indikatoren einer „guten“ Schule versucht zu definieren. Eine Metastudie des Institute of Education der Universität London für das Office for Standards in Education (OFSTED) fand Anfang der 90er Jahre elf zentrale Merkmale(Sammons, 1995):[19]

[...]


[1] Aus: Busemann/Oelkers/Rosenbusch, Eigenverantwortliche Schule – ein Leitfaden, LinkLuchterhand, Köln, 2008, S. 11

[2] In der vorliegenden Hausarbeit werden nicht immer geschlechtsneutrale Begriffe verwendet. Bei den männlichen Substantiven sind jeweils sowohl Männer also auch Frauen gleichermaßen gemeint. Dies dient lediglich der besseren Lesbarkeit.

[3] Siehe dazu auch Kapitel 7.1

[4] Aus: Huber und Gördel,, Eigenverantwortliche Schule – Entwicklungen in den Bundesländern, PraxisWissen SchulLeitung, Wolters Kluwer, Deutschland, 2008, Kapitel 24.41, S. 3

[5] Näheres dazu siehe Kapitel 5.1

[6] Aus: Prof. Dr. Johannes Bastian, Unterrichtsentwicklung, Studienbrief SEM 1010, Kaiserslautern, 2009, S. 9

[7] Aus: Prof. Dr. Hans-Günter Rolff, Konzepte und Verfahren der Schulentwicklung, Studienbrief, SEM 810, Kaiserslautern, 2008, S. 5f

[8] Vgl. ebenda, S. 7

[9] Vgl. ebenda S. 7

[10] Aus: Prof. Dr. Hans-Günter Rolff, Konzepte und Verfahren der Schulentwicklung, Studienbrief, SEM 810, Kaiserslautern, 2008,S. 10

[11] Vgl. ebenda S. 11

[12] www.netzwerk-schulentwicklung.de/Skizzen_zu_einer_Theorie_der_Schulentwicklung.pdf (aufgerufen am 17.04.09)

[13] Siehe dazu auch Kapitel 2.4

[14] Aus: Prof. Dr. Rolf Arnold, Leadership und Lernkulturwandel I, Studienbrief SEM 0110, 2008, Kaiserslautern, S. 2f

[15] Vgl. ebenda, S. 3

[16] Vgl. ebenda S. 3

[17] Aus: Jürgen Oelkers, Systemische Betrachtung neuer Schulentwicklungsprozesse in: Eigenverantwortliche Schule – ein Leitfaden, Wolters Kluver GmbH, 2008, S. 11

[18] Aus: Huber und Gördel,: Eigenverantwortliche Schule – Entwicklungen in den Bundesländern, PraxisWissen SchulLeitung, Wolters Kluwer, Deutschland, 2008, Kapitel 24.41, S. 5

[19] Aus: Huber, Was ist eine „gute“ Schule?, PraxisWissen SchulLeitung, Wolters Kluwer Deutschland, 2008, Kapitel 21.11, S. 1f

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Hessische Schulen auf dem Weg zur Eigenverantwortung
Untertitel
Gelingensbedingungen und Möglichkeiten der Umsetzung
Hochschule
Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau
Note
3
Autor
Jahr
2009
Seiten
23
Katalognummer
V134382
ISBN (eBook)
9783640426010
ISBN (Buch)
9783668146716
Dateigröße
633 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hessische, Schulen, Eigenverantwortung, Gelingensbedingungen, Möglichkeiten, Umsetzung
Arbeit zitieren
Tanja Schäfer (Autor:in), 2009, Hessische Schulen auf dem Weg zur Eigenverantwortung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/134382

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