Die Lehren von der idealen Persönlichkeit bei Zhuangzi


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

14 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt:

1. Einleitung

2. Die Lehren von der idealen Persönlichkeit bei Zhuangzi
2.1. Die Entstehung und die Grundlage der philosophischen Gedanken Zhuangzis
2.2 Lehre Zhuangzis vom wahren Mensch (Zhenren真人) –
2.3. Die Methoden zum Erreichen der idealen Persönlichkeit bei Zhuangzi

3. Zusammenfassung – positive und negative Perspektiven der idealen Persönlichkeiten bei Zhuangzi

Literatur

1. Einleitung

In der alten chinesischen Gesellschaft waren die Gedanken des Konfuzianismus über einen langen Zeitraum vorherrschend. Parallel dazu existierte die taoistische Lehre vom Weg (Dao 道) bzw. deren Prinzip des absichtslosen Handelns (Wu-wei 无为). Diese beiden Lehren bildeten die Grundlage der Vorstellungswelt der Menschen in der klassischen chinesischen Kultur. Während der Konfuzianismus mit seinem kraftvollen und aktiven Charakter die Persönlichkeit der chinesischen Nation beeinflusste, verfolgte der Taoismus das Ziel, die Existenz des Menschen zu erhöhen, auf eine immer höhere Stufe des Daseins zu bringen und bis zur höchsten zu steigern. Zhuangzi glaubte dieses Konzept in die Realität umsetzen zu können, wenn er die Persönlichkeit und den Charakter der chinesischen Nation seinen Ideen entsprechend gestaltete und die klassische chinesische Kultur heraushöbe.

Diese Arbeit setzt sich mit jenen Lehren von der idealen Persönlichkeit bei Zhuangzi auseinander. Dabei wird zunächst erläutert, wie die philosophischen Gedanken Zhuangzis entstanden waren, d.h. auf welchen Grundlagen seine Persönlichkeitslehre aufbaut. Im Anschluss daran folgt eine Darstellung der Lehre vom wahrhaften Menschen, die in der von Zhuangzi konzipierten Idee von der idealen Persönlichkeit eine zentrale Rolle spielt. Abschließend werden die konkreten Methoden dieser Persönlichkeitslehre dargestellt und erläutert, welche Ziele damit verfolgt wurden.

2. Die Lehren von der idealen Persönlichkeit bei Zhuangzi

2.1. Die Entstehung und die Grundlage der philosophischen Gedanken Zhuangzis

Die von Zhuangzi konzipierte und angestrebte ideale Persönlichkeit ist zu verstehen als die Reflexion und das Übertreffen der realen menschlichen Existenz. Die Entstehung des Konzepts dieser Persönlichkeitslehre war abhängig von bestimmten gesellschaftlichen und historischen Umständen. Zhuangzi hat während des Zhanguo- Zeitalters ( 战国) gelebt, das geprägt war von rasanten und turbulenten gesellschaftlichen Veränderungen: Die alte chinesische Gesellschaft wandelte sich im Verlauf dieses Zeitalters von einem Sklavenhalter- in ein Feudalsystem um, überwand zudem den Zustand der Zerrissenheit und gelangte zu einer Einheit. Diese Phase war gekennzeichnet von einer großen Anzahl von Kriegszügen zwischen den verschiedenen, in China herrschenden Fürsten und – im Zusammenhang damit – von einer ständigen Neuverteilung der jeweiligen Herrschaftsgebiete. Historischen Quellen zufolge wurden im Chunqiu-Zhanguo-Zeitalter ( 春秋战国 ) mehr als 480 Kriege in den verschiedenen Gebieten geführt, 36 Attentate auf Fürsten verübt und es fand in insgesamt 52 Fällen die Vernichtung ganzer Länder statt. Als Reaktion auf diese ständigen Unruhen, entstanden die so genannten hundert Schulen ( 百家), in denen eine große Anzahl empfindsamer Intellektueller miteinander wetteiferte.

Konfuzius entwickelte in dieser unruhigen Zeit sein „Güte“-Konzept (ren 仁), das zur Rettung der Welt beitragen sollte: Diesem Konzept immanent waren die idealistischen konfuzianistischen Prinzipien von Tugend und Gerechtigkeit. Laozi hingegen vertrat eine philosophische Auffassung, die im Gegensatz zu der des Konfuzius stand: Laozi war der Meinung, dass man einfach dem natürlichen Lauf der Dinge folgen und nicht in Naturvorgänge eingreifen sollte, da die Ursache für die Instabilität der gesellschaftlichen Lage die menschliche „Erkenntnis“ (Zhiqiao 智巧) und die „Begierde“ (Yuwang 欲望) seien. So könnten die von Konfuzius vertretenen Konzepte von Gerechtigkeit und Tugend die Welt nicht retten, sie verstärkten vielmehr die menschliche Gewinnsucht, die Betrügereien und die gesellschaftlichen Unruhen. Daher sei der beste Weg, den Dingen ihren natürlichen Lauf zu lassen und somit den Menschen von seinem Drang nach Erkenntnis und Begierden abzubringen bzw. ihn zu seinem ursprünglichen, urtümlichen und unwissenden Naturzustand zurückkehren zu lassen. Laozi, der die Gesellschaft kritisch verurteilte, verfolgte das Ziel, friedliche und stille Gedanken zu schaffen. Das Grundelement der Lehre Zhuangzis bildete eben jene Idee Laozis von der Rückkehr des Menschen in den Naturzustand.

Zhuangzi ist davon ausgegangen, dass die in China vorherrschenden Unruhen auf die menschliche Erkenntnis und die menschlichen Begierden zurückzuführen seien. Ganz anders habe das Leben der Menschen in der Urgesellschaft ausgesehen. Die einfachen Völker der alten Zeit wären lediglich bestimmten Instinkt gefolgt. Sie produzierten Kleidung, um sich zu bekleiden. Sie bauten Nahrung an, um zu essen.. Die Menschen folgten in ihrem Handeln also lediglich der Natur, den sich ergebenden Notwendigkeiten und daher lebten sie auch ohne Eigennutz. Die Menschen dachten einfach und praktisch, ihr Denken richtete sich lediglich auf das Ziel, Bedürfnisse zu befriedigen. Ein Denken, das darüber hinausgegangen wäre, habe es nicht gegeben. Daher habe es innerhalb dieser Urgesellschaft weder einen so genannten Ehrenmann (junzi 君子) noch einen Heuchler (xiaoren 小人 ) gegeben. Erst mit dem Auftreten der so genannten „Weisen“(shengren 圣人) seien die Menschen allmählich argwöhnisch geworden. Die Gemeinsamkeit und die Harmonie der Menschheit wurde zerstört, weil die „Weisen“ die so genannte Gerechtigkeit und den Anstand anstrebten: „毁道德以为仁义, 圣人之过也!“[1]. Zhuangzi hoffte auf eine Rückkehr in die Urgesellschaft, in eine Welt also, die frei war von Erkenntnis und Begierden. „当是时也,民结绳而用之,甘其食,美其服,乐其俗,安其居,邻国相望,鸡犬之音相闻,民至老死而不相往来。若此之时,则至治已。[2]. Von daher orientiert sich seine Persönlichkeitslehre an der Vorstellung einer solchen begierde- und erkenntnisfreien, natürlichen, freien Urgesellschaft.

Die von Zhuangzi konzipierte Persönlichkeitslehre beruht zudem auf der philosophischen Lehre des Dao, der Lehre vom Seienden (auch Ontologie). Hier kommt das allumfassende erste Prinzip, das allen Erscheinungen zugrunde liegt, zum Ausdruck. Diesen Gedankenkern seiner Philosophie hat Zhuangzi folgendermaßen beschrieben:

Da ist etwas, vollendet und verschwommen,

Das existierte schon vor Himmel und vor Erde.

Still, unsichtbar,

Unveränderlich als eines feststehend,

Unaufhörlich, immer kreisend,

Vermag es die Mutter der Welt zu sein.

Ich kenne seinen Namen nicht, benenne es mit Tao.[3]

Das so genannte Dao sei noch vor der Welt entstanden. Es sei der Bote des Kosmos, es sei namenlos, nicht benennbar, gestaltlos und es handle nicht. Man könne es empfangen, jedoch nicht ergreifen, es sei zu gewinnen, aber nicht zu sehen. Es sei von sich aus Stamm und Wurzel, spende dem Himmel und der Erde Leben. Es existiere in allen Dingen und umgekehrt sei alles abhängig von ihm. „天不得不高,地不得不广,日月不得不行,万物不得不昌,此其道与。“[4]. Zhuangzi glaubte, dass das jedes Wesen, und vor allem der Mensch, den Charakter von Dao lernen und verehren sollte, um auf diese Weise über Natur und Freiheit verfügen zu können. Dieser natürliche und freie Charakter ist die ontologische[5] philosophische Grundlage für die ideale Persönlichkeit bei Zhuangzi.

[...]


[1] 《马蹄》

[2] 《月去箧》

[3] Chung-yuan, Chang: Tao, Zen und schöpferische Kraft. Düsseldorf/Köln 1981, S. 33.

[4] 《知北游》

[5] Die Lehre vom Seienden.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die Lehren von der idealen Persönlichkeit bei Zhuangzi
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Ostasiatisches Institut)
Veranstaltung
Lektüre des Zhuangzi
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
14
Katalognummer
V47008
ISBN (eBook)
9783638440677
ISBN (Buch)
9783638764070
Dateigröße
1160 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lehren, Persönlichkeit, Zhuangzi, Lektüre, Zhuangzi
Arbeit zitieren
Shuang Liu (Autor:in), 2005, Die Lehren von der idealen Persönlichkeit bei Zhuangzi, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47008

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