Die Pflegetheorie von Hildegard E. Peplau


Hausarbeit, 2005

24 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Werdegang und Hintergrund der Theoretikerin

3 Die Struktur der Pflegetheorie
3.1 Die Hauptannahmen Peplaus Theorie
3.2 Phasen interpersonaler Beziehungen
3.2.1 Überblick
3.2.2 Die Phase der Orientierung
3.2.3 Die Phase der Identifikation
3.2.4 Die Phase der Nutzung
3.2.5 Die Phase der Ablösung
3.3 Mögliche Rollen der Pflegenden
3.3.1 Überblick
3.3.2 Die Pflegende als Fremde
3.3.6 Die Pflegende als Informationsquelle
3.3.6 Die Pflegende als Lehrende
3.3.5 Die Pflegende als Führungspersönlichkeit
3.3.6 Die Pflegende als Beraterin
3.3.7 Die Pflegende als Stellvertreterin
3.4 Einflüsse auf die Pflegende-Patient-Beziehung
3.4.1 Psychobiologische Erfahrungen
3.4.2 Menschliche Bedürfnisse
3.4.3 Frustrationen
3.4.4 Konflikte
3.4.5 Ängste
3.5 Psychologische Fähigkeiten, die die Beziehung beeinflussen
3.5.1 Ziel
3.5.2 Lernen, sich auf andere zu verlassen
3.5.3 Lernen, die Befriedigung aufzuschieben
3.5.4 Sich selbst identifizieren
3.5.5 Die Fähigkeit zur Partizipation entwickeln

4 Die Pflegetheorie in der Praxis
4.1 Bezugsrahmen für die Praxis
4.2 Die Anwendung auf die psychiatrische Pflege
4.3 Mögliche Schwierigkeiten bei der Anwendung auf die Pflegepraxis

5 Schlussbemerkung

6 Literatur- und Quellenverzeichnis

7 Anhang
7.1 Die vier Phasen der Interaktion und der Pflegeprozess nach Peplau
7.2 Phasen und sich verändernde Rollen in der Pflegeperson–Patient–Beziehung

1 Einleitung

Zu Beginn dieses Jahrhunderts fanden in den USA erste Bemühungen statt, die Pflege zu akademisieren, nachdem sich führende Pflegekräfte wie Florence Nightingale (1820-1910) für eine Neugestaltung der Krankenpflegeausbildung eingesetzt hatten. Als Folge des Zweiten Weltkrieges kam es mit der Schaffung von universitären Studienangeboten für Lehr- und Leitungsaufgaben zu einer Verlagerung der beruflichen Bildung in den tertiären Bildungsbereich. Mit der Veröffentlichung von Hildegard Peplaus grundlegendem Werk „Interpersonal Relations in Nursing“ im Jahr 1952 wurde sodann eine eigentliche Neustrukturierung der Pflegepraxis hervorgerufen.

In ihrem Buch bezieht sie sich auf viele Psychologen und Psychiater, unter anderem auf Freud, Fromm und Sullivan. Um zu einer spezifischen Beschreibung von Krankenpflege zu kommen, nutzte sie deren psychologische, verhaltenstheoretische und psychoanalytische Theorien. Ihr Bestreben bestand darin, der Pflege zu einem neuen Paradigma zu verhelfen, welches auf der Grundlage einer interpersonalen Theorie basierte. Die Formulierung ihres „Psychodynamischen Modells der Pflege“ geschah zu einer Zeit, in der es unüblich war, theoretische Erkenntnisse anderer Disziplinen in die Pflege zu integrieren und dadurch etwas „Neues“ zu gestalten. Bereits 1949 hatte die Autorin erstmals ihr Manuskript einem Verlag zur Veröffentlichung angeboten. Zu dieser Zeit dachte man jedoch, „es sei für eine Krankenschwester zu revolutionär, ein Buch ohne einen Arzt als Koautor herauszubringen“ (Barker 2000)“, sodass die Veröffentlichung verzögert wurde. Im Mittelpunkt ihrer Theorie steht die zwischenmenschliche Beziehung zwischen Patient[1] und Pflegekraft[2], welche zur Grundlage des pflegerischen Handelns wird. Ihr Augenmerk galt nicht den medizinischen Aspekten der pflegerischen Versorgung, sondern vielmehr einer prozessorientierten und evolutionären Pflegepraxis. „Peplau entwickelt das Modell durch die Beschreibung der strukturellen Konzepte des zwischenmenschlichen Prozesses, welche die Phasen der Krankenschwester-Patient-Beziehung darstellen und definiert darüber hinaus die Rolle der Krankenschwestern in dieser Beziehung. Ihrer Meinung nach ist das die Grundlage für die Psychodynamische Pflege (Marriner-Tomey 1992).“

In meinen Ausführungen möchte ich, nach einer Schilderung des Werdeganges von Peplau, ihre Pflegetheorie erklären und anhand der Phasen und Rollen in interpersonalen Beziehungen ausführlich darstellen. Im Weiteren werde ich auf die Einflüsse und psychologischen Fähigkeiten in einer Beziehung eingehen und aufzeigen, wie die Theorie in der Praxis Anwendung findet. Abschließend werde ich eine kritische Betrachtung vornehmen.

2 Werdegang und Hintergrund der Theoretikerin

Hildegard Peplau wurde am 1. September 1909 in Reading, Pennsylvania, als zweites von sechs Kindern geboren. „Hilda“, wie sie selbst genannt werden wollte, kommentierte ihre Geschwisterreihe laut Barker folgendermaßen: „Wenn man das zweite Kind ist, wird man der Beobachter...man lernt sehr früh, dass man nicht der erste innerhalb der Familie sein kann. Daher kämpft man dort, wo man eher gewinnen kann. Man geht raus und spielt mit anderen Kindern“. „Hilda wurde zur „Beobachterin“ ihrer Nachbarschaft, wo – wie sie sich erinnerte – psychisch kranke Menschen zum täglichen Erscheinungsbild gehörten (Barker 2000, S. 49).“

1931 erhielt sie am Pottsdown Hospital in Pennsylvania ihr Krankenpflegediplom und war dort unter anderem im Operationssaal beschäftigt. Ab 1936 war sie Leiterin des Gesundheitsdienstes (Health Service) am Bennington College in Vermont und absolvierte zeitgleich ein Studium in Interpersonaler Psychologie, welches sie 1943 mit dem Bachelor of Arts abschloss. Nach ihrer Tätigkeit als 1. Leutnant im amerikanischen Armee-Pflegecorps von 1943 bis 1945 arbeitete Peplau in der Neuropsychiatrie. Im Anschluss daran studierte sie am Teachers College der Columbia University, wo sie 1947 ihren Master of Arts in psychiatrischer Krankenpflege und 1953 ihre Promotion in Curriculumsentwicklung erhielt. Hildegard Peplau übte ihren Beruf als psychiatrische Krankenschwester in verschiedenen Krankenhäusern und in einer privaten Praxis aus, bevor sie 1954 an die Universität nach Rutgers, New Jersey, ging und dort, ab 1960 als Professorin, bis zu ihrer Emeritierung 1974 blieb.

Neben Vorlesungen und Workshops, die sie in aller Welt hielt, lebte sie überdies zwei Jahre in Belgien, wo sie das erste höhere Pflegeprogramm in Zentraleuropa erstellte.

1952 wurde ihr erstes Buch „Zwischenmenschliche Beziehungen in der Pflege (Interpersonal Relations in Nursing) veröffentlicht, das besonders in der psychiatrischen Krankenpflege, aber auch in anderen Bereichen der Pflege, einen Fortschritt bedeutete. Peplau war ferner Autorin zahlreicher Artikel und beteiligte sich an mehreren Buchprojekten. Ausserdem hatte sie in der Weltgesundheitsorganisation, im nationalen Institut für geistige Gesundheit und in vielen anderen Organisationen und Institutionen eine beratende Funktion. Im amerikanischen Krankenpflegeverband war sie zudem in leitenden Positionen aktiv. Für ihre Arbeit erhielt sie neben vier Ehrendoktorwürden etliche Auszeichnungen. (Steppe 1990, S. 768)

Ihr internationaler Ruf wird auch dadurch deutlich, dass ihr Buch in viele europäische Sprachen übersetzt wurde und auch in Südamerika, Afrika und Indien gelesen wird.

Am 17. März 1999 verstarb Hildegard Peplau im Alter von 89 Jahren und wird heute von vielen als die „Krankenschwester des 20. Jahrhunderts“ anerkannt (Barker 2000, S. 49).

3 Die Struktur der Pflegetheorie

3.1 Die Hauptannahmen Peplaus Theorie

Für Hildegard Peplau besteht der primäre Ansatz des pflegerischen Erfolges im Aufbau einer Beziehung zwischen Patient und Pflegekraft (Simpson 1997). Die Theoretikerin zeigt auf, „wie die Beziehung zwischen Pflegeperson und Patient aussehen sollte, damit sie den Gesundungsprozess bestmöglich unterstützt“ (Lauber 2001, S. 111).

An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass sich in „Peplaus Zeit“ die psychiatrischen Anstalten von Verwahrungsanstalten zu therapeutischen Kliniken wandelten. Der Einsatz von Psychopharmaka und die Erforschung von Milieustrukturen hatten großen Einfluss auf die Humanisierung in den Psychiatrien, sodass sich die Anforderungen an die Pflegekräfte zunehmend veränderten.

Peplau stellte verschiedene Hauptannahmen auf, die ihrer Theorie zugrunde liegen und die ich nachstehend nach Heuer zitiere:

„Pflege ist eine Funktion. Sie ist eine der vielen Funktionen eines professionellen Gesundheitsteams.“

„Die persönliche Art der Pflegenden macht einen großen Unterschied darüber, was ein Patient lernen wird, wenn er Pflege bekommt.“

„Der Berufsstand der Pflegenden ist verantwortlich für die Wirksamkeit der Pflege und für all ihre Konsequenzen für den Patienten (Peplau 1988, S. 6).“

„Es ist Funktion der Pflege und der Pflegeausbildung, die Persönlichkeitsentwicklung zu einer Reife zu bringen, die ermöglicht, dass Pflegende Prinzipien und Methoden anwenden, die einen Prozess ermöglichen um zwischenmenschliche Probleme lösen zu können (Marriner 1986, S. 185).“

Jede Pflegekraft besitzt gewisse Ansichten, die ihres Erachtens für die Pflege relevant sind. Für Peplau ist die wichtigste Aufgabe der Pflege die bewusste und professionelle Gestaltung der Beziehung. Es gilt, ihn bei der Wahrnehmung seiner Gefühle zu unterstützen und ihm umfassende Hilfestellung zur Lösung seiner Probleme anzubieten. Dazu gehört, den kranken Menschen emotional zu stützen, mit dem Ziel, seine Krankheit als Chance zur Veränderung wahrzunehmen und sich in deren Verlauf kreativ und konstruktiv weiterzuentwickeln. Die Persönlichkeit der Pflegenden ist dabei ein wichtiges Arbeitsinstrument. Für Pflegende in der Psychiatrie ist dies wohl noch deutlicher zu spüren als für Pflegende im somatischen Bereich, besonders wenn sie sich in eine echte Beziehung zum Patienten einbringen.

Um nochmals zu verdeutlichen, wie komplex die Pflege häufig ist und welche Anforderungen bei der Umsetzung ihres Konzeptes an die Pflegenden gestellt werden, zitiere ich abschließend die Definition der Pflege nach Peplau, bevor ich den Beziehungsprozess zwischen Patient und Pflegeperson anhand der vier ineinander übergehenden und sich teilweise überlappenden Phasen erkläre.

„Die Pflege ist ein signifikanter, therapeutischer, interpersonaler Prozess. Sie wirkt in Kooperation mit anderen menschlichen Prozessen, die dem einzelnen in der Gesellschaft Gesundheit ermöglichen. In spezifischen Situationen, in denen ein professionelles Gesundheitsteam gesundheitsbezogene Dienstleistungen erbringt, beteiligen sich die Pflegekräfte an der Organisation von Bedingungen, die die natürlichen fortlaufenden Tendenzen im menschlichen Organismus unterstützen. Die Pflege ist ein edukatives Instrument, eine die Reife fördernde Kraft, die darauf abzielt, die Vorwärtsbewegung der Persönlichkeit in Richtung auf ein kreatives, konstruktives, produktives persönliches und gesellschaftliches Leben zu bewirken (Peplau 1995, S. 39).“

3.2 Phasen interpersonaler Beziehungen

3.2.1 Überblick

Der Aufbau einer effektiven Beziehung bedarf gewisser dynamischer Fähigkeiten, pflegerisches Wissen und pflegerische Kompetenz sowie Selbstvertrauen, um mit den Patienten problemorientiert arbeiten zu können. Nach Peplau werden im Pflegeprozess vier voneinander abzugrenzende Phasen – Orientierung, Identifikation, Nutzung und Ablösung – durchlaufen, die in jeder umfassenden Pflegesituation erkannt werden können. In der Praxis überschneiden sich die vier Phasen, wobei jede dieser Phasen dadurch gekennzeichnet ist, dass sie mit Rollen und Aufgaben in Verbindung steht, die für eine gemeinsame gesundheitliche Problemlösung benötigt werden. Simpson vertritt die Auffassung, dass aufmerksame Pflegende, die erkennen, in welcher Phase sie sich befinden, tendenziell effektiver arbeiten, als jene, die sich darüber nicht im Klaren sind (Simpson 1997). Der Pflegeprozess und die vier Phasen sind im Anhang unter 7.1 grafisch dargestellt.

[...]


[1] Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwende ich nur die männliche Form, wenn ich von Patientinnen und Patienten spreche.

[2] Bei der Verwendung der Bezeichnungen Pflegekraft und Pflegende gehe ich jeweils von der weiblichen Form aus.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Die Pflegetheorie von Hildegard E. Peplau
Hochschule
Fachhochschule im Deutschen Roten Kreuz Göttingen (Hochschule wurde zum 01.10.2008 geschlossen)
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
24
Katalognummer
V54357
ISBN (eBook)
9783638495837
ISBN (Buch)
9783656808442
Dateigröße
516 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Pflegetheorie, Hildegard, Peplau
Arbeit zitieren
Heike Homburger (Autor:in), 2005, Die Pflegetheorie von Hildegard E. Peplau, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54357

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