Gnade und Verdienst bei Thomas von Aquin


Hausarbeit, 2004

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Die mittelalterliche Gnadentheologie

2. Lebensgang des Thomas von Aquin

3. Bedeutung des Thomas von Aquin in der damaligen Zeit

4. Thomas von Aquin und die Gnade
4.1 Der Mensch als ein Geschöpf Gottes: Natur und Kreatur
4.2 Die Gnade als Mitteilung Gottes
4.3 Geschaffene und zugleich ungeschaffene Glückseligkeit des Menschen
4.4 Die Ursünde
4.5 Die Gnade
4.5.1 Der Mensch als Bedürfender und Empfänger der Gnade
4.5.2 Die Ursache der Gnade
4.5.3 Die Wirkungen der Gnade und die Rechtfertigung des Sünders
4.5.4 Das Verdienst
4.6. Die Entwicklung der Prädestination bei Thomas von Aquin
4.6.1 Erstes Stadium: bedingte Prädestination
4.6.2 Zweites Stadium: unbedingte Prädestination
4.6.3 Drittes Stadium: Endgültige Fassung des Gnadenbegriffs

5. Die Rechtfertigung als schematische Darstellung

6.Literatur

Gnade und Verdienst bei Thomas von Aquin

1. Die mittelalterliche Gnadentheologie

Die mittelalterlichen Theologen der Westkirche orientierten sich grundsätzlich an den Positionen des Augustinus. Die Hochscholastik entwickelte mit Hilfe aristotelisch-philosophischen Kategorien eine streng systematische Gnadenlehre. Ihre klassische Form wird bei Thomas von Aquin erreicht.

Anselm von Canterbury gilt als Vater der Scholastik. In der Scholastik wird die Gnade als Grundquelle der Tugenden angesehen und deshalb im Rahmen der Tugendlehre behandelt.

Weil die seelischen Vorgänge beim Gnadengeschehen im Mittelpunkt stehen, führt dies zur Psychologisierung der Gnadenlehre.

Wichtige Problemstellungen in der Scholastik wurden von Petrus Lombardus aufgegriffen. Er behandelte vor allem das Verhältnis von göttlicher Gnade und menschlicher Freiheit und die Beziehung von göttlicher Vorherbestimmung und menschlicher Willensfreiheit.

Die erste große Systematisierung der Gnadenlehre leistet der Begründer der älteren Franziskanerschule, Alexander von Hales. Er starb 1245 und ist somit schon in die Zeit des Thomas von Aquin zu rechnen. Alexander von Hales trifft die Grundunterscheidung zwischen ungeschaffener Gnade (gratia increata) und geschaffener Gnade (gratia creata).

Im Unterschied zur Franziskanerschule legt die Dominikanerschule den Schwerpunkt auf die ontologische Betrachtungsweise der Gnade.

Dies wird voll ausgearbeitet durch den Dominikaner Thomas von Aquin. Von ihm wird in der Gnadenlehre streng systematisch zusammengefasst, was seit Beginn des 13.Jahrhunderts als Synthese aus Augustinismus und Aristotelismus gewachsen ist.

2. Lebensgang des Thomas von Aquin

Thomas von Aquin wurde ca. 1224/25 in der Grafschaft von Aquino, ungefähr dreißig Kilometer von Neapel entfernt, geboren. Er stammt aus dem Geschlecht der Grafen von Aquin. Diese gehören zu den ältesten Geschlechtern Italiens. Er wuchs mit drei Brüdern und acht Schwestern auf. Im Alter von fünf oder sechs Jahren wurde Thomas dem Kloster „Monte Cassino“ übergeben, wie das damals üblich war. 1239 musste Thomas nach Neapel, um dort zu studieren. Seine Eltern schickten ihn vermutlich wegen der damaligen Spannungen zwischen dem Kaiser Friedrich v. Hohenstaufen und Papst Innocens IV. dorthin. In Neapel lernte der junge Thomas die freien Künste und die Philosophie. Dort kam er aber auch mit der griechischen Philosophie in Berührung. Sie wurde in den Klöstern nicht gelehrt. In Neapel lernte er auch den Predigerorden des Hl. Dominikus kennen und schloss sich diesen 1244 trotz heftigsten Widerstandes der Eltern an. Die Dominikaner waren ein moderner und umstrittener Orden, da sie keine Mönche waren, sondern als Brüder eine Art klösterliche Gemeinschaft bildeten. Dies dürfte die Missgunst der Eltern gegenüber der Entscheidung ihres Sohnes erklären. Thomas hat sich aber später mit den Eltern wieder versöhnt, so dass es zu keinem Bruch zwischen ihm und seiner Familie kam.

1245 wurde er durch den Magister Generalis des Ordens nach Paris gesandt, um dort sein Studium fortzusetzen. Er wurde Schüler von Albertus Magnus und schließlich sein Assistent.

1248 ging er mit Albertus Magnus nach Köln und hielt dort 24-jährig seine ersten Vorlesungen über die Philosophie und die Hl. Schrift.

1251/52 kehrte er wieder nach Paris zurück. Dort las er als Baccalaureus die „Sentenzen“.

Wegen Unruhen an der Universität bekam Thomas sein Lizentiat zur Lehrtätigkeit erst 1256. Damals stand man mitten in dem von Wilhelm von Saint-Amour eröffneten Kampf gegen die religiösen Orden. Aus diesem Kampf stammte die Abhandlung „Contra impugnantes religionem“. 1256 wurde Thomas von Aquin Regens. Im Juni 1259 nahm er auf dem Generalkapitel in Valenciennes aktiv an der Organisation und den Studien in seinem Orden teil und am Ende des Jahres kehrte er wieder in seine Heimat Italien zurück.

Im Folgenden lehrte Thomas in Orvieto, Rom und Viterbo und veröffentlichte Kommentare zur Physik, zur Nikomanischen Ethik und zur Metaphysik des Aristoteles. Dies war der Höhepunkt seiner Lehrtätigkeit. Eines seiner größten Werke, die „Summa contra gentiles“ stammt aus dieser Zeit. Im Herbst 1265 begann er mit seiner „Summa theologica“. Daran sollte er bis zu seinem Lebensende arbeiten. 1268-1272 lehrte Thomas wieder an der Universität von Paris. Auf Wunsch des König Karls von Sizilien verließ er 1272 Paris.

Am 6. Dezember 1273 brach er alle in der Arbeit befindlichen Werke ab und war durch nichts mehr zum Schreiben zu bewegen. Seine Kräfte waren ausgezehrt und er konzentrierte sich von dieser Zeit an auf die ewigen Dinge. Im Januar 1274 wurde er von Papst Gregor X. zum Konzil von Lyon gerufen.

Am 7. März starb Thomas von Aquin im Alter von 48 Jahren im Zisterzienserkloster von Fossanuova. Seine sterblichen Überreste sind in der Jakobinerkirche in Toulouse aufbewahrt.

3. Bedeutung des Thomas von Aquin in der damaligen Zeit

Thomas von Aquin genoss schon zu Lebzeiten einen großen Ruhm und Einfluss. Er war zwar weniger volkstümlich als Albertus Magnus, aber er wurde von seinen Zeitgenossen im gleichen Rang, wie die alten Autoritäten zitiert. Im 13. Jahrhundert war dies etwas Außergewöhnliches. Thomas war ein ruhiger und geduldiger und besonnener Mensch. Er wurde von seinen Zeitgenossen oft „großer Meister“ genannt. Albertus Magnus und Thomas von Aquin haben die Bewegung ausgelöst, die man Thomismus nennt. Allerdings hatte Thomas schon immer ein größeres Gewicht, als Albertus Magnus. Die Päpste bestürmten Thomas zu Lebzeiten mit Forderungen und die Universitäten rissen sich um ihn.

4. Thomas von Aquin und die Gnade

4.1 Der Mensch als ein Geschöpf Gottes: Natur und Kreatur

Um den Begriff „Menschsein“ im Verständnis des Thomas von Aquin zu begreifen, muss man sich diesem über den Begriff der „Kreatur“ nähern. Unter Kreatur ist der von Gott geschaffene Mensch zu verstehen. Auf der einen Seite bezeichnet Thomas die Kreatürlichkeit als eine Abkunft von Gott und bleibende Abhängigkeit und Bezogenheit auf Gott. Gleichzeitig schenkt Gott der Kreatur die freie Selbstverfügung d.h. die Kreatur hat die Möglichkeit in der Welt zu leben und sich alleine, ohne den direkten Bezug auf Gott, an der Schöpfung zu erfreuen. In den Grenzen des Geschaffenseins ist eine konkrete Natur das Prinzip ihres eigenen Erkennens und Tätigseins[1]. Damit besitzt die Kreatur also Eigenwirklichkeit, Eigentätigkeit und Eigenwertigkeit. Der Mensch ist nicht abhängig von einem Eingreifen Gottes in das Leben, das über den Schöpfungsakt hinausgeht, wie er auch nicht abhängig ist, von einem physischen Eingreifen Gottes[2]. In der Selbstverwirklichung des Menschen müssen natürliche Ursachen nicht durch übernatürliche ersetzt werden. Bei der Selbstrealisierung des Menschen stehen Gott und der Mensch nicht als Konkurrenten auf derselben Ebene gegenüber, denn Gott hat die Welt so geschaffen, dass alle Lebewesen sich nach dem Prinzip ihrer Natur verhalten können. Damit ist das Prinzip der menschlichen Natur gemeint und nicht das Prinzip Gottes. Der Mensch kann also niemals auf derselben Ebene wie Gott stehen und damit ist auch eine Konkurrenz unmöglich. Mit dieser Theorie entfaltet Thomas von Aquin eine Metaphysik der endlichen Freiheit auf theologischer Grundlage.

Die menschliche Natur als solche hat als herausragende Eigenschaft die Freiheit. Durch die Freiheit des Menschen wird ein besonderes Verhältnis Gottes zum Menschen konstituiert.

„Wo Gottes Allursächlichkeit und des Menschen Eigentätigkeit zusammentreffen, haben wir es mit einer personalen Relation mit ontologischem Tiefgang zu tun.“[3]. Durch die Eigenschaft der Freiheit, die dem Menschen innewohnt, muss aber auch klar sein, dass der Mensch weder neben seiner Freiheit, noch gegen seine Freiheit Gott begegnen kann. Dies ist insofern einsichtig, da der Mensch, der Gott neben seiner Freiheit oder gegen seine Freiheit aufsucht, wider seine Natur handelt und somit den Schöpfungsakt und den Sinn, den Gott in die Schöpfung „Mensch“ hineinlegt, verkehrt. Der Mensch verkehrt damit auch die Blickrichtung und kann so Gott nicht erkennen: „Der Mensch in seiner Natur kann Gott nur begegnen in der Aktivierung des Willens und der Erkenntnis auf Gott hin.“[4] Thomas formt also den Naturbegriff des Aristoteles im Sinne der christlichen Schöpfungstheologie um.

„Natur“ ist nun nicht mehr das, was dem Willen von vornherein ein starres Muster festlegt. „Natur“ meint vielmehr die sich vollziehende Freiheit auf ihr Ziel hin. Die geistige Kreatur, also der geschaffene Geist des Menschen ist nichts anderes, als die Selbsttranszendenz der Freiheit auf ihr Ziel hin. Dieses Ziel ist die Teilnahme an der Gemeinschaft mit dem dreifaltigen Gott. Der Mensch kommt aber nur dann zum Vollzug dieser seiner Freiheit und zu ihrem Ziel, wenn er die übernatürliche Herkunft der Freiheit und ihre Hinordnung auf Gott in sich einprägt und verinnerlicht.

4.2 Die Gnade als Mitteilung Gottes

Nach Thomas’ Auffassung berührt das vernunftbegabte Geschöpf im Erkennen und Lieben Gott selbst. Dies geschieht durch die Tätigkeit des Geschöpfes. Diese Tätigkeit liegt dem Erkennen und Lieben zugrunde. Der Mensch hat im Erkennen und Lieben eine ganz besondere Eigenschaft, die kein anderes Geschöpf auf der Erde besitzt. Er nimmt teil an der Herrlichkeit Gottes, in dem er erkennen und lieben kann. Dabei berührt der Mensch Gott selbst. Aufgrund dieser Berührung lässt sich folgern, dass Gott im vernunftbegabten Geschöpf gegenwärtig ist und Gott in diesem Geschöpf gleichsam wie in einem Tempel Wohnung nimmt. Die Wirkung, die daraus entsteht, dass Gott im dem vernunftbegabten Geschöpf ist, nennt Thomas die „heiligmachende Gnade (gratia gratum faciens)“. Weil die Menschen diese heiligmachende Gnade besitzen können, haben sie die Macht, eine göttliche Person zu genießen. Der heilige Geist selbst befindet sich auf Grund der Gnade im Besitz des Menschen. Der Heilige Geist wird geschenkt und gesandt.

Der Grundgedanke von Thomas ist hier theozentrisch. Von Gott geht alles aus und ohne Gott kann der Mensch nichts tun. Gott ist an sich Leben und Bewegung. Die Schöpfung, bedeutet die Mitteilung des göttlichen Lebens. Vom dreifaltigen Gott geht die Bewegung in die Welt aus (motio dei ad creaturam). Sie führt bis hin zum Menschen. Im Menschen aber geschieht die Umwandlung. Im Menschen bewegt sich die ganze Schöpfung wieder auf Gott zu, als die Erfüllung der ewigen Liebe (motio creaturae ad deum). Die Vermittlung dieser beiden Bewegungen geschieht durch das Wort Gottes. Dabei muss aber berücksichtigt werden, dass die Zuweisung der Gnade, das gemeinsame Werk aller drei göttlichen Personen ist, während die Menschwerdung allein dem Sohn zukommt. Deshalb muss in der Dogmatik auch die Gnade dem Inkarnationsgeschehen vorgeordnet werden.[5]

[...]


[1] Vgl. MÜLLER, Gerhard Ludwig: Katholische Dogmatik, Freiburg 1996, S.794-796.

[2] THOMAS v. AQUIN. „Von der Illumination und Erkenntnis“.

[3] MÜLLER, Gerhard Ludwig: Katholische Dogmatik.

[4] THOMAS v. AQUIN: Summa Theologiae I/II, q.113, a.3.

[5] Vgl. MÜLLER, Gerhard Ludwig: Katholische Dogmatik.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Gnade und Verdienst bei Thomas von Aquin
Hochschule
Universität Augsburg
Veranstaltung
Seminar: Gnade und Verdienst - oder wie wird man heilig?
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
18
Katalognummer
V66047
ISBN (eBook)
9783638588201
ISBN (Buch)
9783638775878
Dateigröße
549 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Arbeit mit einzeiligem Zeilenabstand (Anm. der Red.)
Schlagworte
Gnade, Verdienst, Thomas, Aquin, Seminar, Gnade, Verdienst
Arbeit zitieren
Peter Kaimer (Autor:in), 2004, Gnade und Verdienst bei Thomas von Aquin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66047

Kommentare

  • StR Peter Kaimer am 9.1.2012

    siehe Literaturliste

  • Gast am 5.1.2012

    Hey, darf ich fragen, woher du den Werdegang von Aquin hast? Du hast gar keine Fußnoten angegeben...

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Titel: Gnade und Verdienst bei Thomas von Aquin



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