Die Anwendung der Conjoint-Analyse im Konsumgüter-Marketing: Grundlagen, Chancen und Probleme


Seminararbeit, 1999

12 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Chancen und Probleme

1. Wettbewerbsvorteile durch den Einsatz der Conjoint-Analyse

2. Grundlagen conjointanalytischer Konzepttestverfahren
2.1 Verhaltenswissenschaftliche Basis der Konzeptbeurteilung
2.2 Charakteristika und Einsatzmöglichkeiten der Conjoint-Analyse
2.3 Darstellung eines Untersuchungsdesigns der Conjoint-Analyse unter Berücksichtigung sachlicher und methodischer Probleme

3. Die Anwendung einer traditionellen Conjoint-Analyse am Beispiel eines Konsumgutes

4. Schlußbetrachtung und Ausblick

1. Wettbewerbsvorteile durch den Einsatz der Conjoint-Analyse

Der durch die Evolution nationaler Marktwirtschaften hervorgekommene globale Wett-bewerb ist durch einen verstärkten Konkurrenzdruck auf die einzelnen Unternehmen charakterisiert, wobei Wettbewerbsvorteile vor allem mit einer kundenorientierten Produkt- und Preisgestaltung erzielt werden können.1

Weil die Unternehmen unter der beschriebenen Marktsituation darum bemüht sind, ihre Marktposition zu halten beziehungsweise auszubauen, drängen zunehmend neue und modifizierte Produkte auf den Markt.2

Für die Unternehmen ist die Einführung von Produktinnovationen 3 einerseits ein Sicherheits- und Wachstumspotential, andererseits ist das Risiko erfolgloser Neuprodukteinführungen (Flops) unter den gegenwärtigen Marktvoraussetzungen sehr groß und korrespondiert mit finanziellen Verlusten.4 Die innovationsspezifischen Probleme spiegeln sich beispielhaft in der Flopquote des Lebensmitteleinzelhandels in Deutschland wider: Sie betrug im Jahre 1995 45 Prozent.5

Als Hauptgründe für das Scheitern neuer Produkte lassen sich die mangelhafte Orientierung an den Wünschen und Bedürfnissen der Konsumenten sowie ihre unzureichende Differenzierungsfähigkeit identifizieren.6

Um das Risiko von Fehlentwicklungen zu reduzieren beziehungsweise die Erfolgswahrscheinlichkeit von Produktinnovationen zu erhöhen, empfiehlt es sich, abnehmer- und konkurrenzbezogene Informationen bereits in den Frühphasen einer systematischen Produktkonzeptentwicklung zu integrieren.7

Zur Analyse der Präferenzwirkung von Produktkonzepten auf Konsumenten wird in der Praxis vielfach die Conjoint-Analyse verwendet. Mit diesem Untersuchungsverfahren ist es möglich, die Nutzenstiftung alternativer Produktkonzepte zuverlässig zu schätzen und damit das Marketing-Management bei der Entscheidungsfindung bezüglich der Weiterentwicklung oder Aufgabe eines Konzepts im Rahmen einer optimalen Produktgestaltung unterstützt.8

In dieser Arbeit wird zunächst dargelegt, wo die Conjoint-Analysen im Rahmen der Wahrnehmungs- und Präferenzforschung einzuordnen sind. Im Anschluß daran erfolgt die Konkretisierung der Conjoint-Analyse, die unter Berücksichtigung sachlicher und methodischer Probleme ausführlich diskutiert wird.

2. Grundlagen conjointanalytischer Konzepttestverfahren

2.1 Verhaltenswissenschaftliche Basis der Konzeptbeurteilung

Die theoretische Grundlage für die Erklärung der Konzeptpräferenzen und deren Operationalisierung durch Konzepttestverfahren liefern Modelle der Wahrnehmungs- und Präferenzforschung.9

Zentraler Bestandteil dieser Modelle ist die kognitive Informationsverarbeitung. ,,Die Konzeptbeurteilung basiert auf der Wahrnehmung verbal, visuell, real oder als Modell gestalteter Produktkonzepte und kommt durch ein Ordnen und Bewerten der zur Verfügung stehenden Konzeptinformationen zustande."10

Die multiattributiven Wahrnehmungs- und Präferenzmodelle beruhen auf der zentralen Prämisse, daß sich die Gesamtpräferenz einer Beurteilungsalternative aus den Teilpräferenzbeiträgen der Produkteigenschaftsausprägungen rekonstruieren läßt. Im Mittelpunkt dieser Modelle stehen zwei Komponenten:

(1) Die merkmalsspezifische Präferenzfunktion stellt den Zusammenhang zwischen den Eigenschaftsausprägungen eines Konzeptelements und den Nutzenerwartungen des Be-urteilers dar. Die in diesem Kontext zu verwendenden Modelle sind das Idealpunkt-, das Idealvektor- und das Teilnutzen-Funktionsmodell.11 Beim Idealvektormodell herrscht die Annahme, daß es ideale Merkmalsausprägungen gibt. Aus einer Abweichung von dieser Idealvorstellung resultiert ein Gesamtpräferenzrückgang.12 Das Idealvektormodell basiert auf der Vorstellung, daß sich der Anteil eines Faktors zum Gesamturteil proportional zur Änderung der Faktorausprägung verhält.13 Das Teilpräferenzwert-Modell schließt das Idealvektor- und das Idealpunkt-Modell als Spezialfälle ein. Es unterstellt, daß für jede Faktorabstufung individuelle unterschiedliche Präferenzwerte denkbar sind.14

(2) Die Verknüpfungsfunktion gibt an, wie die einzelnen Teilpräferenzbeiträge der Konzeptelemente zu einer Gesamtbeurteilung zusammenzufassen sind. Entscheidungsgrundlage sind in diesem Zusammenhang nichtkompensatorische und kompensatorische Modelle, wobei letztgenannte im Rahmen der Einstellungs- und Präferenzforschung einen herausragenden Stellenwert einnehmen, da sie menschliche Beurteilungsprozesse valide abbilden und prognostizieren können.15 Kompensatorische Ansätze basieren auf der Annahme, daß sämtliche Konzepteigenschaften das Urteilsverhalten beeinflussen und gegenseitig aufrechenbar sind. Nichtkompensatorische Modelle schließen hingegen Kompensationsbeziehungen aus.

Die Quantifizierung kompensatorischer Präferenzmodelle kann über kompositionelle und dekompositionelle Verfahren erfolgen.16 Desweiteren ist eine Kombination der Ansätze denkbar, welche in der Hybrid-Conjoint-Analyse praktische Anwendung findet. Ziel dieser empirischen Meßansätze ist die Gewinnung von Daten zur Diagnose und Prognose von Konzeptpräferenzen.17

Der isolierten Beurteilung einzelner Faktoren18 (kompositionelle Verfahren19) steht die Verbundmessung sämtlicher Merkmale gegenüber (dekompositionelle Verfahren).20 Beim letztgenannten Ansatz werden zunächst nur ganzheitliche Präferenzurteile über die Produktkonzepte erhoben. Im nachfolgenden Verfahrensschritt wird indirekt versucht, den relativen Einfluß einzelner Konzeptelemente auf die Präferenzbildung zu eruieren.21

2.2 Charakteristika und Einsatzmöglichkeiten der Conjoint-Analyse

Die Conjoint-Analyse hat sich zu einem in der Markt- und Marketingforschung immer häufiger verwendeten Werkzeug zur Schätzung und Simulation von individuellen Produktpräferenzen, Kaufwahrscheinlichkeiten und Marktanteilen entwickelt.22 Die auf Luce/ Tukey (1964) zurückgehende Methode ist ein bedeutsames Instrument in Wissenschaft und Praxis zur Analyse von individuellen Konzeptbeurteilungs- sowie Informationsverarbeitungsprozessen und wird vor allem im Rahmen der Neuproduktgestaltung eingesetzt.23

Thomas definiert dieses Analyseverfahren als eine ,,Kombination von Meßmodellen und (Computer-)Algorithmen zur simultanen (conjoint) metrischen Skalierung der Teilpräferenzbeiträge von Ausprägungen mindestens zweier Merkmale zur ordinalen und kategorialen Gesamtbeurteilung von Objekten, die mittels faktoriellen Designs konstruierte Kombinationen dieser Merkmale darstellen."24

Die Conjoint-Analyse ist ein dekompositionelles Verfahren der multiattributiven Analysemethoden, das auf der Vorstellung basiert, daß sich der Gesamtnutzen eines multifaktoriellen Produktes in der Regel additiv aus den Teilnutzenwerten der Faktoren beziehungsweise deren Ausprägungen zusammensetzt.25 Die Gesamtpräferenzurteile über die alternativen Beurteilungsobjekte durch Probanden bilden die Datenbasis conjoint-analytischer Verfahren, aus denen dann die Teilpräferenzwerte der einzelnen Faktorausprägungen sowie die relativen Wichtigkeiten der Untersuchungsfaktoren geschätzt werden.26

2.3 Darstellung eines Untersuchungsdesigns der Conjoint-Analyse unter Berücksichtigung sachlicher und methodischer Probleme

Aufgrund der Verschiedenartigkeit conjointanalytischer Verfahren27 bieten sich bei der Anwendung der Conjoint-Analyse Spielräume, so daß ein Ablaufplan nicht eindeutig definiert werden kann. In Anlehnung an Green/ Srinivasan sowie Backhaus läßt sich die Durchführung einer Conjoint-Analyse in der in Abbildung 228 skizzierten Vorgehensweise darstellen.29 Ferner ist hervorzuheben, daß zwischen diesen Schritten partiell starke Interdependenzen bestehen.

ad 1: Produkte sind definiert als ein Bündel von Eigenschaften, die ein Anbieter zusammenstellt, um damit die Wünsche und Bedürfnisse tatsächlicher und potentieller Kunden zu befriedigen.30

Vor diesem Hintergrund ist ein erfolgsversprechender Einsatz der Conjoint-Analyse direkt mit einer sachgerechten Selektion der kaufentscheidungsrelevanten Konzeptmerkmale und die Festlegungen ihrer Ausprägungen verbunden.

Zwar gestaltet sich durch eine umfangreiche Berücksichtigung von Merkmalen und deren Ausprägungen die Konzeptbeschreibung realistischer, der Zugewinn an Validität geht jedoch auf Kosten der Reliabilität der Ergebnisse, da aus erhebungstechnischen Gründen der Conjoint-Analyse, die Anzahl der zu beurteilenden Stimuli überproportional ansteigt und schließlich zu einer Informationsüberlastung (information overload) seitens des Probanden führt.31 In direktem Zusammenhang damit wirbt das Postulat, die Anzahl der Merkmale auf möglichst wenige, dafür aber relevante Konzepteigenschaften zu beschränken.

Die Entscheidung über die Relevanz und Auswahl der Merkmale sollte neben den Auftraggebern, die in der Regel an der Präferenzwirkung beeinflußbarer Konzeptfaktoren interessiert sind, insbesondere auch von potentiellen Konsumenten maßgeblich mitgetragen werden, ,,denn vielfach sehen Unternehmen ihre Produkte mit ganz anderen Augen, als es die Kunden tun."32

Nach der Festlegung der Merkmale müssen deren relevante Ausprägungen eruiert werden. Das wichtigste Ziel dabei ist, die Abstufungen der Konzeptfaktoren festzulegen. In diesem Zusammenhang ist darauf zu achten, möglichst relevante und realistische Merkmalsabstufungen zu identifizieren, um die Produktkonzepte den Befragten glaubwürdig erscheinen zu lassen.

ad 2: Der Conjoint-Analyse stehen vornehmlich drei verschiedene Präferenzmodelle zur Verfügung: das Idealpunkt-, Idealvektor- sowie Teilnutzenwert-Modell33.

Die Wahl des angemessenen Präferenzmodells ergibt sich aus der Untersuchung beurteilungsrelevanter Merkmale, indem die Interaktion derselben mit dem Beurteilungskriterium (z.B. Gesamtpräferenz) erfaßt werden.34 In vielen conjointanalytischen Konzeptbeurteilungsverfahren müssen Merkmale mit differierenden Funktionsverläufen simultan untersucht werden, so daß der Einsatz eines flexiblen Präferenzmodells erforderlich ist, das alle Funktionsverläufe gleichzeitig integriert. Diese Anforderungen werden durch das linearadditive Teilnutzenwert-Modell erfüllt.35

ad 3: Innerhalb der klassischen conjointanalytischen Verfahren stehen zur Ermittlung der Präferenzurteile die Profilbewertungsmethode (full-profile-approach) und die 2-Faktor-Bewertung (trade-off-approach)36 zur Verfügung. Als moderne Formen der Conjoint-Analyse werden die adaptive Conjoint-Analyse sowie die Hybrid-Analyse diskutiert.

Der trade-off-Ansatz basiert auf einem systematischen Vergleich von jeweils zwei miteinander konkurrierenden Eigenschaften. Als Beurteilungsstimuli werden die Ausprägungen dieser Eigenschaften in sogenannten trade-off-Matrizen miteinander kombiniert.

Beim Profil-Ansatz beurteilen die Teilnehmer vollständige Produktkonzepte unter Einbeziehung aller beurteilungsrelevanter Produktmerkmale. Die Grundlage für die Konstruktion der Teststimuli sind faktorielle Versuchspläne (factorial designs), wobei in der Regel auf ein unvollständig fraktioniertes Design zurückgegriffen wird.37

Die Verwendung der Profilbewertungsmethode ermöglicht durch die ganzheitliche simultane Vorlage sämtlicher Konzeptbeschreibungen realistische Stimuli-Vorstellungen von neuen Produkten, was sich einerseits positiv auf die Reliabilität und Validität der Ergebnisse auswirkt, andererseits eine komplexere Beurteilungsaufgabe erzeugt.38

ad 4: Ein für dieses Verfahren typisches Merkmal ist, daß die Produktkonzepte auf der Basis faktorieller Versuchspläne konstruiert werden, wobei die Wahl zwischen einem vollständigen und reduziertem Design besteht.39 Um den Beurteilungsaufwand des Probanden im Rahmen des Möglichen zu halten, wird bei größerer Merkmalszahl ein reduziertes Design verwendet, dem realistische und repräsentative Kombinationsformen von Eigenschaften zugrunde liegen. Auf der Basis dieser sogenannten fraktionierten faktoriellen Designs ist die Schätzung sämtlicher Haupteffekte möglich.40

ad 5: Über die Präsentationsform der Stimuli wird im Zusammenhang mit der Produktkonzeptgestaltung entschieden. Hier interessiert vor allem die Form, in der die Produktkonzepte den Probanden zur Beurteilung vorgelegt werden. Die Entscheidung über die Darstellungsform der Stimuli wird durch die Methode der Datenerhebung enorm beeinflußt. Im Zusammenhang mit der Profilbewertungsmethode besteht die Möglichkeit, die Präsentation verbal, visuell oder physisch zu gestalten. Denkbar sind auch Kombinationsformen.

ad 6: Aus methodischer Sicht geht es um die Auswahl des Meßniveaus, welches der Kriteriumsvariablen zugrunde gelegt werden soll. Die Schätzung dieser abhängigen Variablen (Gesamtpräferenz, Kaufwahrscheinlichkeit, etc.) erfordert den Einsatz von Meßskalen, die in der Lage sind, Merkmale von Test-Stimuli nach festgelegten Regeln in Zahlen zu formulieren. Die Messung empirisch erhobener ganzheitlicher Urteilsdaten kann sowohl auf metrischem (intervallskaliertem) als auch auf nicht-metrischem (ordinalem) Skalenniveau erfolgen.41

ad 7: Die Auswahl einer adäquaten Schätzmethodik zur Ermittlung der Parameter (Teil-nutzenwerte) ist vom involvierten Meßmodell und vom Meßniveau42 der Urteilsdaten abhängig.

ad 8: Die durch den Einsatz der Conjoint-Analyse eruierten individuellen Einzelurteile sind in der Praxis nur von sekundärer Bedeutung, da sie viel zu differenziert sind. Um das Marketing-Management bei der Entscheidungsfindung bezüglich der Weiterentwicklung oder Aufgabe eines Produktkonzepts zu unterstützen, werden aggregierte, segmentspezifische Auswertungen benötigt. In diesem Zusammenhang kommen als alternative Aggregationsverfahren die gemeinsame Conjoint-Analyse sowie Individualanalysen in Betracht.43

3. Die Anwendung einer traditionellen Conjoint-Analyse am Beispiel eines Konsumgutes

Es soll die Neuproduktgestaltung eines hochwertigen Rennrades anstehen.

Ausgangspunkt dieses hypothetischen Beispiels ist die zu begrenzende Auswahl der technisch realisierbaren und beurteilungsrelevanten Merkmale und Ausprägungen. In diesem Zusammenhang ist es von besonderer Wichtigkeit, die aus der Sicht potentieller Kunden relevanten Merkmale zu ermitteln. Informationsquellen können z.B. Kundenbefragungen, Rad- und Freizeitmagazine oder Analysen von Konkurrenzprodukten sein. Aus den Untersuchungen resultieren folgende relevanten Merkmale und Ausprägungen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Merkmale und Merkmalsausprägungen

Quelle: Eigene Darstellung.

Die als relevant definierten Merkmalsausprägungen werden im Folgenden kombiniert. Da in diesem Fall die Produkteigenschaften Material, Farbe und Preis jeweils dreifach abgestuft sind, können maximal 3³ = 27 Eigenschaftskombinationen konstruiert werden. Diese künstlich erzeugten Produktkonzepte stellen in ihrer Vollständigkeit das faktorielle Design dar. Weil von einem Konzeptbeurteiler, der idealtypisch ein potentieller Kunde ist, kaum erwartet werden kann, 27 ganzheitliche Konzepte simultan beurteilen zu können, wird eine systematische Teilmenge von Merkmalskombinationen ausgewählt, die mit einer repräsentativen Stichprobe vergleichbar ist.44 Diese neun Gestaltungsalternativen des unvollständigen faktoriellen Designs treten gleich häufig kombiniert auf. Bei der anschließenden Anwendung der Profilbewertungsmethode45 zum Zwecke der Datenerhebung werden den teilnehmenden Probanden die neun repräsentativen Merkmalskombinationen als Produktkonzepte zur simultanen Beurteilung vorgelegt. Die ganzheitliche simultane Vorlage sämtlicher Konzeptbeschreibungen im Zusammenhang mit einer verbalen Darstellung der Test-Stimuli durch Stimuluskarten soll den Realitätsbezug steigern und damit positiv die Reliabilität und Validität der Ergebnisse beeinflussen.46 Um den Beurteilungsaufwand des Probanden in Grenzen zu halten, besteht seine Aufgabe lediglich darin, die differierenden, ganzheitlichen Produktkonzepte in eine individuelle (ordinale) Rangordnung zu bringen. Dieses ganzheitliche Produktbeurteilungsverfahren, das dem dekompositionellen Ansatz der Einstellungs- und Präferenzforschung47 entspricht, spiegelt realitätsnahe Kaufentscheidungssituationen wider, da der Befragte gezwungen ist, die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Angebotsalternativen gegeneinander abzuwägen, um zu einer eindeutigen Wahlentscheidung zu kommen. Durch Verwendung verschiedener Algorithmen versucht die Conjoint-Analyse nun, intervallskalierte (metrische) Teilpräferenzwerte für jede Merkmalsausprägung zu messen. Damit läßt sich die Bedeutung jeder Merkmalsausprägung für die Präferenzbildung ohne Rücksprache mit dem Beurteiler indirekt bestimmen und direkt vergleichen. In der Tabelle48 sind die individuellen Ergebnisse eines Probanden dargestellt. Daraus ist zu erkennen, daß dieses Individuum große Präferenzen für Stahlrahmen hat. Auch der Preis spielt eine wichtige Rolle bei der Präferenzbildung, obwohl erst beim Preis von 4000 DM mit einem erheblichen Präferenzrückgang zu rechnen ist. Die Farbe spielt dagegen kaum eine Rolle. Der Testsieger ist diejenige Merkmalskombination, die sich aus den Ausprägungen mit den jeweils höchsten Teilpräferenzwerten zusammensetzt. Das ist hier die Fahrradkombination roter Stahlrahmen zum Preis von 1500 DM. Durch die Zusammenfassung der geschätzten Teilnutzenwerte kann die Gesamtpräferenz nun für jede Produktkonstruktion im Rahmen des vollständigen faktoriellen Designs ermittelt werden. Unter der Annahme, daß sich die Wirkungsweisen der einzelnen Merkmalsausprägungen nicht gegenseitig beeinflussen, kann zur Ermittlung der Gesamtpräferenz das linear-additive Teilnutzenwert-Modell herangezogen werden. Im vorliegenden Beispiel beträgt die individuelle Gesamtpräferenz für das optimal gestaltete Fahrradkonzept: 2,2 + 3,7 + 3,2 = 9,1 Nutzeneinheiten.

4. Schlußbetrachtung und Ausblick

Da auf der Basis conjointanalytischer Ergebnisse operationale und strategische Unternehmensziele entscheidend beeinflußt werden, müssen die ermittelten Schätzwerte valide und präzise interpretierbar sein.

Obwohl die Conjoint-Analyse gewährleistet, daß ausgewählte, von den Kunden präferierte und definierte Merkmale sowie Ausprägungen Ausgangs- und Zielpunkt der Produktgestaltung darstellen, muß sich der Auftraggeber einer Conjoint-Analyse (in der Regel ein Unternehmer) allgegenwärtig bewußt sein, daß es sich bei der Beurteilung der Produktkonzepte um künstlich erzeugte Testsituationen handelt, die den realistischen Beurteilungsprozeß nicht kongruent abbilden können. Diese Problematik muß auch im Hinblick auf andere Einsatzgebiete der Conjoint-Analyse beachtet werden.

Vor allem durch den zunehmenden Einsatz neuerer Verfahren der Conjoint-Analyse in der Praxis der empirischen Marktforschung werden erhebungstechnische Nachteile traditioneller Verfahren überwunden. So wird beispielsweise durch den Einsatz der adaptiven, das heißt computergestützte Conjoint-Analyse realistischere Stimulikonzeptionen möglich, die zu einer Verbesserung der Validität und Reliabilität der Test-Ergebnisse führen können.49

[...]


1 Vgl. Palloks (1995), S. 119-121.

2 Vgl. Palloks (1995), S. 119-121.

3 Produktinnovation impliziert auch Produktdifferenzierung, -modifikation und -diversifikation. Vgl. Köhler (1989), S. 223.

4 Vgl. Urban/ Hauser (1980), S. 2f und S. 42ff.

5 Vgl. Scharf/ Schubert/ Volkmer (1996), S. 26.

6 Vgl. Becker (1988), S. 492.

7 Vgl. Urban/ Hauser (1980), S. 27.

8 Vgl. Mengen/ Simon (1996), S. 229.

9 Vgl. Green/ Srinivasan (1978), S. 107.

10 Zit. nach Schubert (1991), S. 115.

11 Die Verfasser weisen zudem auf die bevorzugte Verwendung des Teilnutzen-Modells in der Conjoint- Analyse hin. Vgl. Green/ Srinivasan (1978), S. 105-108.

[...]


12 Vgl. Böcker (1986), S. 558.

13 Vgl. Böcker (1986), S. 557.

14 Vgl. Green/ Srinivasan (1978), S. 108.

15 Weiterhin wird darauf hingewiesen, daß der Beurteilungsprozeß der Conjoint-Analyse kompensatorisch verläuft. Vgl. Bleicker (1983), S. 23ff.

16 Vgl. Böcker (1986), S. 560.

17 Vgl. Schubert (1991), S. 127.

18 In dieser Arbeit auch als Merkmale oder Eigenschaften bezeichnet.

19 Eine kritische Betrachtung erfolgt bei Böcker (1986), S. 560f.

20 Vgl. Mengen/ Simon (1996), S. 229.

21 Zu den dekompositionellen Methoden gehört die Conjoint-Analyse. Vgl. Schubert (1991), S. 130f.

22 Vgl. Böcker (1986), S. 574.

23 Vgl. Backhaus (1990), S. 346.

24 Zit. nach Thomas (1979), S. 200.

25 Vgl. Thomas (1979), S. 200ff.

26 Vgl. Perrey (1996), S. 106.

27 Siehe Anhang, Abbildung 1, S. III.

28 Siehe Anhang, S. IV.

29 Vgl. Perrey (1996), S. 106.

30 Vgl. Brockhoff (1981), S. 3.

31 Vgl. Thomas (1983), S. 313.

32 Zit. nach Mengen/ Simon (1988), S. 461.

33 Siehe S. 2 dieser Arbeit.

34 Vgl. Green/ Srinivasan (1978), S. 105-108.

35 Vgl. Balderjahn (1994), S. 14.

36 Die Tendenz dieses Ansatzes ist in der Praxis stark rückläufig und wird daher im Folgenden nicht weiter berücksichtigt. Vgl. Mengen/ Simon (1996), S. 231.

37 Vgl. Perrey (1996), S. 106.

38 Vgl. Green/ Srinivasan (1978), S. 108f.

39 Beachte die interdependenten Beziehungen zum Ablaufschritt ad 3.

40 Vgl. Perrey (1996), S. 106.

41 Vgl. Schubert (1991), S. 165-171.

42 Vgl. ad 6.

43 Vgl. Thomas (1983), S. 332ff.

44 Dieser Ablauf impliziert die Profilbewertungsmethode.

45 Siehe S. 6 dieser Arbeit.

46 Siehe Anhang, Abbildung 4, S. V.

47 Siehe S. 3 dieser Arbeit.

48 Siehe Anhang, Abbildung 3, S. IV.

49 Ausführliche Darstellung der adaptiven Conjoint-Analyse vgl. Scharf/ Schubert/ Volkmer (1996), S.27-31.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Die Anwendung der Conjoint-Analyse im Konsumgüter-Marketing: Grundlagen, Chancen und Probleme
Note
1,7
Autor
Jahr
1999
Seiten
12
Katalognummer
V97540
ISBN (eBook)
9783638959926
Dateigröße
503 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Anwendung, Conjoint-Analyse, Konsumgüter-Marketing, Grundlagen, Chancen, Probleme
Arbeit zitieren
J. Löffler (Autor:in), 1999, Die Anwendung der Conjoint-Analyse im Konsumgüter-Marketing: Grundlagen, Chancen und Probleme, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97540

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