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Diplomarbeit, 2009
70 Seiten, Note: 1,3
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Die Wirkung von User-Generated Content in Social Shopping-Communities
1.1. Einleitung
1.2. Untersuchungsaufbau
2. Grundlagen der Untersuchung
2.1. Die Entwicklung des World Wide Web zum „Web 2.0“
2.2. „User-Generated Content“
2.3. Abgrenzung Social Shopping vs. Social Commerce
2.4. Typisierung von Kaufentscheidungen
2.5. Darstellung und kritische Betrachtung von Modellen der Kaufentscheidungsprozesse
2.5.1. Das AIDA-Modell
2.5.2. Das Black-Box-Modell
2.5.3. Das CDP-Modell
2.5.4. Die Bedeutung von Involvement und Aktiviertheit
3. Wirkung nutzergenerierter Inhalte auf den Kaufprozess in Social Shopping-Communities
3.1. Spezielle Erscheinungsformen von UGC auf Social Shopping-Plattformen
3.2. Auswirkung von UGC auf die Phase der Problemerkennung - Ziele, Problembereiche und korrespondierende Lösungsansätze
3.3. Auswirkung von UGC auf die Phase der Informationssuche - Ziele, Problembereiche und korrespondierende Lösungsansätze
3.4. Auswirkung von UGC auf die Phase der Alternativenbewertung - Ziele, Problembereiche und korrespondierende Lösungsansätze
3.5. Auswirkung von UGC auf die Phase der Kaufentscheidung - Ziele, Problembereiche und korrespondierende Lösungsansätze
3.6. Auswirkung von UGC auf das Verhalten nach dem Kauf - Ziele, Problembereiche und korrespondierende Lösungsansätze
4. Zusammenfassung und Fazit
Literaturverzeichnis
URL-Verzeichnis
Abb. 1: Entwicklung vom Commerce zum Social Commerce (in Anlehnung an Koch/Richter/Krisch 2007, S. 5)
Abb. 2: Arten der Kaufentscheidung (in Anlehnung an Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein 2009, S. 411)
Abb. 3: Consumer Decision Process (Engel/Blackwell/Kollat 2006, S. 85)
Abb. 4: Kaufprozess (in Anlehnung an Kotler/Keller/Bliemel 2007, S. 296)
Abb. 5: Listen und Styles auf Smatch.de
Abb. 6: Erstellung von Widgets auf Edelight.de
Abb. 7: Wichtigkeit von Informationsquellen für Online-Nutzer (Nielsen Online Studie 2009, S. 2)
Abb. 8: Tag-Cloud auf Edelight.de
Abb. 9: Aufforderung zur Profil-Vervollständigung auf Smatch.de
Abb. 10: Qual der Wahl - Abstimmung bei Edelight.de
Abb. 11: Verkäufer-Rating bei Etsy.com
Abb. 12: Shoutbox bei Smatch.de
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Mehr als ein Jahrzehnt nach der Etablierung des Internet als kommerzielles Medium1 waren bereits 2006 weltweit knapp ein Fünftel der Bevölkerung online2 und im Frühjahr 2009 mehr als 67% der Deutschen.3 Durch die enorme Verbreitung von Breitbandanschlüssen (2007 in Deutschland 70%) und Internet-Flatrates spielen technologische Barrieren kaum noch eine Rol- le und die Generation der 14 bis 21-jährigen, die sogenannten Digital Nati- ves, kann sich an ein Leben ohne Internet-Nutzung gar nicht mehr erinnern4. Online-Newsservices ersetzen zunehmend die Tageszeitungen und ein Be- such bei Google den Griff zur Enzyklopädie. Das Bedürfnis nach Konversa- tion und sozialen Kontakten wird nicht mehr nur am Telefon gestillt, son- dern immer mehr in Communities wie Schueler-vz.de oder Xing.com und über Instant Messaging-Services wie ICQ und Windows Live Messenger.5
Auch der Einkauf im Internet wird immer alltäglicher. Online-Handel macht nach einer Studie des Bundesverbandes des Deutschen Versandhandels bei einem Umsatz von über 15 Milliarden Euro mittlerweile mehr als 50 % des gesamten Versandhandels aus.6 Allerdings befindet sich das Medium auch stets in Bewegung, die nicht nur von technologischem Fortschritt bestimmt wird. Der Philosophie vom Web 2.0 folgend, vollzieht sich bei den Internet- Usern ein Wandel in ihrem Benutzerverhalten. Sie verstehen sich nicht mehr nur als passive Konsumenten von Informationen, die der Online-Handel zur Verfügung stellt, sondern wollen aktiv an der Wertschöpfung teilhaben, sich selbst in den Planungs- und Vertriebsprozess einbringen und dadurch zur Wertschöpfung beitragen. Soziale Netzwerke ermöglichen die Kommunika- tion der User untereinander und die Organisation in beliebigen Groups of Interest. Eine spezielle Form sozialer Netzwerke sind Social Shopping- Plattformen, welche die veränderten Einkaufsgewohnheiten der Nutzer im Web 2.0 aufgreifen.7
Während beim klassischen E-Commerce Produkte, Sortimente und Preis- wettbewerb im Fokus stehen, mischt Social Shopping klassischen E-Commerce mit Social Networking.8 Das Augenmerk richtet sich auf den Menschen - auf die Partizipation am Medium und den Austausch mit ande- ren.9 Gerade im Handel mit Kleidung, Entertainment- und Lifestyleprodukten zählt für die Konsumenten der Spaßfaktor.10 Der Shop- per präsentiert sich und seine Vorlieben vor einem großen, zunächst unbe- kannten Publikum, um dadurch Community-Teilnehmer mit ähnlichen Inte- ressen und Geschmäckern zu finden. Je mehr man von sich preisgibt, desto gewichtiger wird der soziale Faktor beim Einkauf und desto effizienter soll hinterher das Shopping-Erlebnis werden. Entgegen der zielgerichteten Su- che nach einem bestimmten Produkt im konventionellen Online-Handel steht hier eher das Stöbern in Angeboten und Sortimenten der anderen User im Vordergrund.11 Sie geben Tipps und Vorschläge für neue oder unbekann- te Produkte und Dienstleistungen, sprechen Empfehlungen für Waren aus, mit denen sie gute Erfahrungen gemacht haben, warnen aber auch vor schlechtem Service oder unausgereiften oder zu teuren Produkten.
Social Shopping-Plattformen, wie z. B. Edelight.de, Smatch.de, ThisNext.com oder Polyvore.com, vereinen die kommunikativen und sozia- len Komponenten anderer Ausprägungen von Social Commerce-Geschäfts- modellen. So sind sie nicht nur ein Preisvergleichsdienst, nicht nur eine Empfehlungs- oder Bewertungsplattform, kein alleiniges Social Network und auch kein reiner Social Bookmarking-Dienst. Da Social Shopping- Dienste nicht die ersten sind, die den User als Datenquelle entdeckt haben, sondern dies nur sehr intensiv und gebündelt tun, kann man sich einzelne Techniken auch bei klassischen E-Commerce-Anbietern anschauen.12 So gelten z. B. Amazon.com und Ebay.com als Pioniere der Integration von Web 2.0-Technologien und -Philosophien in ihre Geschäftsmodelle. Sie hat- ten den Nutzern schon frühzeitig die Möglichkeit des Kommentierens, Emp- fehlens oder einer gegenseitigen Bewertung angeboten.13 Da aber das Kern- geschäft von Amazon der klassische E-Commerce und das von Ebay die Onlineauktion ist, gelten sie nicht als Social Shopping-Communities im ei- gentlichen Sinn.
Social Shopping-Communities bündeln die Angebote aus hunderten von Shops. Ihre Nutzer filtern diese und stellen somit den anderen Usern ein Sortiment zur Verfügung, welches optimal auf ihren Geschmack abge- stimmt ist. Ein wesentliches Merkmal ist dabei die Produktsuche, bzw. die Produktempfehlung, die nicht nur das Produkt selbst und seinen Preis mit einbezieht, sondern auch die Wertungen und Meinungen anderer Nutzer, Tipps und Empfehlungen. Diese Produktsuche ist nicht unbedingt zielge- richtet, sondern stellt eher ein Stöbern in individuellen Sortimenten anderer User dar. Während bei der klassischen Produktsuche, die meistens über die Suchmaschine Google.com erfolgt, allein die Präsenz im Web in Abhängig- keit von nicht bekannten Gewichtungen ausschlaggebend ist, erfährt der User einer Social Shopping-Community auch die Meinungen der anderen Benutzer über dieses Produkt. Google kann eben keine Tipps geben, was cool ist oder welche Erfahrungen nach dem Kauf oder während des Ge- brauchs gemacht wurden.14 Während bei der Suche nach Polo-Shirt in einer herkömmlichen Suchmaschine die großen Marken, Hersteller und Händler prominent gelistet werden, erfährt man in einer Social Shopping- Community die subjektive Meinung der aktivsten und vertrauenswürdigsten User. Es werden nicht unbedingt die Produkte mit den größten Marketing- Budgets gefunden, sondern diejenigen, die die einflussreichsten Benutzer am besten bewerten. Dies können auch kleine, fast unbekannte Labels sein, Sonderlösungen und Einzelstücke.15 Hier kommt also der Long Tail- Gedanke zum Tragen: die Möglichkeit, auch Nischenprodukte durch die In- telligenz der Massen an den richtigen Konsumenten zu bringen.16 Der Kon- sument kann, ohne die Website zu verlassen, auf die Unterstützung der gan- zen Community zurückgreifen. Durch die Konfrontation mit Sortimenten anderer Community-Mitglieder, die einen ähnlichen Geschmack haben, ent- steht die Möglichkeit, sich zu alternativen oder zusätzlichen Käufen inspi- rieren zu lassen. So kann es dann sein, dass statt des Polo-Shirts eine Hose gekauft wird, da das Bedürfnis eine Hose zu kaufen erst im Kaufprozess entstanden ist. Während des Kaufaktes gibt die von Nutzern erteilte Reputa- tion des Händlers Auskunft über seine Vertrauenswürdigkeit, und nach dem Kauf helfen Erfahrungsberichte der Community-Mitglieder, Dissonanzen abzubauen. Somit hat der Social Shopping-Anbieter vielfältige Möglichkei- ten, den Konsumenten in seinem Kaufprozess mit User-Generated Content zu unterstützen und dadurch über die längere Verweildauer im Portal dessen Besuchertreue zu steigern, ein besseres Google-Ranking und populärere Links zu bekommen, Click-Out-Raten zu erhöhen und damit letztlich höhe- re Erlöse zu erzielen.17
Allerdings bedeutet allein die Möglichkeit, User-Generated Content erstel- len zu können, noch nicht, dass die User dies auch tun. Laut ARD/ZDF On- linestudie 2008 ist diese Option für zwei Drittel der User belanglos, und das Web wird nach wie vor als Abrufmedium verstanden.18 Es wurde aber auch festgestellt, dass, obwohl insgesamt nur marginal, die Mitmachbereitschaft der Internetnutzer gerade in Communities anteilsmäßig besonders hoch ist.
Diese Arbeit untersucht die Wirkung von nutzergenerierten Inhalten auf den Kaufprozess von Konsumenten im Online-Handel am Beispiel einer Social Shopping-Community. Obwohl die Thematik ökonomisch aus Sicht des Anbieters betrachtet wird („wie kann ich durch Einsatz von User-Generated Content Geld verdienen?“), stehen die Bedürfnisse des Konsumenten im Vordergrund - ganz im Sinne der Web 2.0-Philosophie. Denn nichts ist im Social Web so wichtig, wie auf die Bedürfnisse des Nutzers einzuge- hen.19 Folglich liegt der Focus weniger auf marktwirtschaftlichen Aktionen des Plattformbetreibers oder technologischen Aspekten, sondern auf Ele- menten aus der Psychologie des Käuferverhaltens.
Wesentliche Grundlagen für das Verständnis der Thematik, von der Ent- wicklung des WWW (World Wide Web) zum Web 2.0 bis zur Erklärung von Kaufentscheidungsprozessen, werden in Kapitel 2 definiert und zum Teil anschließend vertieft. Entscheidend sind hierbei die Entwicklung in der Kaufverhaltensforschung und die Vorstellung verschiedener bedeutender Modelle des Kaufentscheidungsprozesses. Sie werden beschrieben, vergli- chen und einer kritischen Betrachtung unterzogen. Aus der Kaufentschei- dung werden die Phasen des Kaufprozesses im Internet abgeleitet, auf die sich das nachfolgende Kapitel konzentriert.
Kapitel 3 erörtert die Wirkung von nutzergenerierten Inhalten auf die ein- zelnen Phasen des Kaufentscheidungsprozesses beim Social Shopping. An- hand von Beispielen werden nicht nur die Wirkziele aus Sicht des Platt- formanbieters, sondern auch mögliche Probleme und deren Lösungsmög- lichkeiten in der jeweiligen Kaufprozessphase vorgestellt. Es werden nur diejenigen Formen nutzergenerierter Inhalte betrachtet, auf deren Veröffent- lichung der Plattformbetreiber innerhalb der Social Shopping-Community Einfluss nehmen kann.
In Kapitel 4 wird ein Fazit gezogen und kritisch zu den Ergebnissen Stellung genommen.
Obwohl im alltäglichen Sprachgebrauch und selbst in der wissenschaftli- chen Literatur die Begriffe Internet und World Wide Web (WWW oder kurz Web) häufig synonym verwendet werden, stehen sie genau genommen für unterschiedliche Dinge. Internet bezeichnet die physische, globale Netz- werk-Infrastruktur (also die Hardware für das WWW) und entwickelte sich aus dem „Advanced Research Projects Agency Network“ (ARPANET) der amerikanischen Regierung.20 Das 1969 als dezentral konzipiertes Netzwerk ins Leben gerufene ARPANET sollte katastrophensicher sein, einen Nu- klearschlag überstehen und hatte rein militärischen Nutzen21. In den folgen- den Jahrzehnten wurden auch Hochschulen und Forschungsinstitute in das Netzwerk integriert, und letztendlich ging das ARPANET im Internet auf. Innerhalb dieses globalen Netzwerks laufen mehrere Dienste, wie z. B. FTP, E-Mail oder eben WWW. Das World Wide Web wurde am Forschungsinsti- tut CERN in Genf zur sinnvollen und praktischen Vernetzung von Inhalten in diesem Netzwerk entwickelt und bildet heute die theoretische Grundlage für die alltägliche Nutzung des Internet.22
Während in der Anfangszeit der öffentlichen Nutzung des Web 1.0 die unilaterale Kommunikation vom Inhalteanbieter zum Konsumenten im Vordergrund stand,23 hat sich das WWW in den letzten Jahren zum sogenannten Web 2.0 oder Mitmach-Web entwickelt. Durch die voranschreitende technologische Entwicklung in der Erstellung von P2P-Applikationen und WebServices, welche die Erstellung von Inhalten durch den User vereinfachen oder erst ermöglichen, aber auch durch das veränderte Bewusstsein der Nutzer untereinander zu kommunizieren, ist mittlerweile eine multilaterale Kommunikation unter den Web-Usern möglich.
Konsumenten können durch Kommentare, Tagging und Bewertungen aktiv zur Wertschöpfung im Online-Handel beitragen und sich somit vom Informationsmonopol der Hersteller und Händler befreien. Darüber hinaus sind User nun auch in der Lage, selbst zu Produzenten und Händlern von Produkten zu werden. Toffler prägte bereits 1980 dafür den Begriff des Prosumers, einer Mischung aus Produzent und Konsument.24
Der Begriff Web 2.0 wurde 2004 von Mitarbeitern des Verlages O’Reilly Media zum ersten Mal verwendet, um auszudrücken, dass Nutzung und Möglichkeiten des WWW einen Wandel vollzogen hatten, der Auswirkun- gen auf zukünftige Online-Geschäftsmodelle haben könnte. In der Folge wurde versucht, die Abgrenzung zum Web 1.0 anhand von Zuordnungs- tupeln von Beispielen zu konkretisieren25. So wurden Websites und Web- services der alten und neuen Ära einander gegenübergestellt und verglichen. Es existiert keine allgemeingültige trennscharfe Definition für den Begriff Web 2.0. Tim O’Reilly beschreibt ihn als „set of principles and practices“26 in unterschiedlich starker Ausprägung und nennt als Beispiele u. a. die Kon- trolle der User über die eigenen Daten, das Web als Plattform oder die Intel- ligenz der Massen, was letztendlich dazu führt, dass Systeme umso besser werden, je mehr Menschen sie benutzen. Wirtz/Ullrich konstatieren als Syn- these aus Definitionen und Analysen rund um den Begriff, dass das Web 2.0 sowohl eine technische als auch eine soziale Komponente beinhaltet, die beide in eine Definition einfließen müssen.27 Web 2.0 wird im Rahmen die- ser Arbeit nicht als Ansammlung von Technologien gesehen, sondern nach Högg et al. als Philosophie28, nach der die Nutzer des Internet durch Erzeu- gung und Austausch multimedialer Informationen in einem dynamischen Prozess die kollektive Intelligenz maximieren29. Sie impliziert, dass im Sin- ne des Long Tail30 auch Nachfrager in Special-Interest-Nischen leicht bedient werden können, die User aktiv eigene Inhalte beisteuern und somit Werte schöpfen, die User dazu beitragen, bestehenden Content zu bewerten und somit dessen Nutzen steigern und Zutrittsbarrieren zu digitalen Inhalten so niedrig wie möglich gehalten werden sollten.
Bei der Definition von User-Generated Content (UGC) stellt sich zunächst die Frage, wie der Begriff User bestimmt werden soll, denn natürlich ist auch der Hersteller eines Produktes ein User im Internet. Da in der Literatur der Ausdruck „Consumer-Generated Media“ (CGM) synonym verwendet wird, soll User hier gleichbedeutend für den Konsumenten eines Gutes oder einer Leistung stehen. UGC soll hier gemäß der Definition von Rich- ter/Krisch verstanden werden als ein Begriff, der für „Medieninhalte (Con- tent) wie Bilder, Texte, Audiodaten oder Filme steht, die von einem oder mehreren Benutzern (User) selbst erzeugt (generiert) wurden, anderen Inte- ressierten (in der Regel kostenfrei) zur Verfügung gestellt werden und damit den wesentlichen Mehrwert einer Web 2.0-Plattform darstellen“.31 Dies können Texte, Sounds, Videos, aber auch Kommentare, Bewertungen oder Nutzerprofile sein. Die ersten Möglichkeiten für User, am Medium Internet zu partizipieren, waren Rating-Websites und Onlineforen.32 Klassische Er- scheinungsformen von UGC sind Blogs, Wikis, RSS-Feeds und Social Me- dia Plattformen wie Facebook oder Youtube. Nach Stahl werden Inhalte von Services abgegrenzt. Demnach entstehen digitale Services erst durch die In- teraktion von Anbieter und Nachfrager, sind nicht lagerfähig und verlieren ihren Nutzen bei der Weitergabe der Dienstleistung.33
Im konventionellen Online-Handel wird UGC schon seit Jahren eingesetzt, um Nutzern z. B. anhand ihrer Kaufhistorie Produkte zu empfehlen, die sie interessieren könnten. Auch werden Produktempfehlungen aufgrund von ähnlichen Käufen anderer Konsumenten platziert, und andere Nutzer kön- nen Kommentare und Bewertungen zu getätigten Käufen abgeben. Sie un- terstützen so andere User in ihrem Kaufprozess, bauen Risikoempfindungen ab und helfen, die Kosten von Konsumenten und Händlern zu senken.
Bevor die beiden Begriffe Social Shopping und Social Commerce erklärt und voneinander abgegrenzt werden, soll zunächst eine Definition des ge- meinsamen Rahmens, des Electronic Commerce (E-Commerce), erfolgen. Electronic Business (E-Business) bezeichnet allgemein die Integration elek- tronischer Medien in die Geschäfts-, Kunden- und Mitarbeiterbeziehungen von Unternehmen unter Fokussierung auf den Einsatz von Internettechnolo- gien.34 Als Teilbereich des E-Business bezieht sich E-Commerce auf die Leistungsanbahnung, -vereinbarung und -erbringung rechtsverbindlicher Transaktionen zwischen Geschäftspartnern unter Einsatz elektronischer Kommunikationstechniken.35 Beispiele hierfür wären Marketing, Online- Bestellabwicklung und Kundensupport.36 E-Commerce ergänzt somit den herkömmlichen Handel um die IT-Ebene.37 Im E-Commerce werden drei verschiedene Gruppen von Anbietern und Nachfragern einer Leistung unter- schieden: Business, Consumer und Administration. Zwischen diesen sind neun Beziehungskombinationen möglich,38 wobei für diese Arbeit lediglich Business-to-Consumer (B2C) und Consumer-to-Consumer (C2C) von Rele- vanz sind.
Die Begriffe Social Shopping und Social Commerce werden in der Fachlite- ratur nicht einheitlich verwendet. Während im englischsprachigen Raum fast ausschließlich von Social Shopping die Rede ist, wird in der deutsch- sprachigen Literatur von Social Commerce gesprochen. Beide Begriffe bezeichnen allerdings nicht genau dieselbe Sache.39
Social Commerce (oder E-Commerce 2.0)40 steht als Ausprägung des E-Commerce für eine Form des Dialog-Handels mit einer neu definierten Rollenverteilung der Akteure. Er stellt die zwischenmenschlichen Bezie- hungen und Interaktionen rund um die Transaktion in den Mittelpunkt und ergänzt den E-Commerce um die Kooperations- und Kommunikationsebe- ne.41 Social Shopping fokussiert auf den Internet-Einkäufer und dessen Kaufhandlung und ist somit eine Kategorie des Konsumentenverhaltens.42 Hier kommt es auf das Shopping-Erlebnis, die aktive Teilhabe am Prozess, an. Man kann sagen: Social Shopping findet im Social Commerce statt.43
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Entwicklung vom Commerce zum Social Commerce (in Anlehnung an Koch/Richter/Krisch 2007, S. 5)
„Consumere“ bedeutet in der wörtlichen Übersetzung des lateinischen „ver- brauchen“ oder „gebrauchen“. Allerdings zeigt z. B. die Differenzierung von Pepels, dass die Personenidentität von Käufer und Verwender nicht ge- geben sein muss. Der Käufer einer Sache muss also nicht zwangsläufig auch der Gebraucher sein.44 Gleichwohl haben sich in der Literatur die Begriffe consumer und consumer behavior etabliert45, und es werden „Konsument“ und „Käufer“ in den meisten Fällen synonym verwendet. Der Konsument soll im Rahmen dieser Arbeit der Käufer sein, also derjenige, der die Kaufentscheidung über eine Sache trifft. Es ist nicht relevant, ob er derjenige ist, der die Sache auch ge- bzw. verbraucht.46
Grundsätzlich lassen sich vier Arten von Kaufentscheidungen von Konsu- menten identifizieren: extensive oder echte Kaufentscheidungen, limitierte, habitualisierte und impulsive Kaufentscheidungen.47 In der Literatur werden zum Teil leicht abgewandelte Begriffe verwendet, die aber alle denselben Sachverhalt treffen. So bezeichnet Bänsch limitierte Kaufentscheidungen als „begrenzt“ und impulsive als „affektgesteuert“.48 Gemäß der traditionellen englischsprachigen Sichtweise unterscheiden sich diese Problemlösungsver- halten im Grad der kognitiven Kontrolle.49 Im weiteren Verlauf wird nicht zwischen den Begriffen Problemlösung und Entscheidung unterschieden. Extensive und limitierte Kaufentscheidungen unterliegen stärkerer kogniti- ver Steuerung. Habitualisierte und impulsive Kaufentscheidungen laufen dagegen reaktiv und unter schwächerer bewusst-intellektueller Beteiligung des Konsumenten ab. Bei extensiven und impulsiven Kaufentscheidungen lässt sich zusätzlich eine emotionale Steuerungskomponente ausmachen.50
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Arten der Kaufentscheidung (in Anlehnung an Kroeber-Riel/Weinberg/ Gröppel-Klein 2009, S. 411)
Extensive Kaufentscheidungen zeichnen sich durch eine hohe Bedeutung und große Neuartigkeit des Kaufes mit großem Informationsbedarf für den Konsumenten unter starker kognitiver Kontrolle aus.51 Bewertungskriterien müssen hier erst erarbeitet werden. Sie sind häufig beim Kauf komplexer oder teurer Güter, sogenannter Specialty Goods, anzutreffen. Oft fehlen dem Konsumenten hier entscheidungsvereinfachende Erfahrungen und Markt- übersicht, was verbunden mit einer intensiven internen und externen Infor- mationssuche zu einer längeren Entscheidungsdauer führt.52 Die Kaufab- sicht bildet sich erst während des Entscheidungsprozesses. Ein typisches Beispiel für einen extensiven Kaufprozess ist der Haus- oder Autokauf.53
Bei limitierten Kaufentscheidungen hat der Konsument bereits Erfahrungen mit dem Kauf des Gutes gemacht. Bewertungs- und Auswahlkriterien müs- sen nicht erst gebildet werden, sondern sind bereits vorhanden und können verglichen werden.54 Die Informationssuche findet bevorzugt intern, also über im Gedächtnis gespeicherte Informationen, statt. Erst wenn diese nicht mehr ausreichen, widmet sich der Konsument der aktiven externen Suche nach Informationen.55 Oft hat er aus vorherigen Kauferfahrungen mit soge- nannten Shopping Goods bereits gewisse Produkte selektiert, die zum Kauf in Frage kommen. Hieraus wählt er dann die Alternative aus, welche seine Bedürfnisse am geeignetsten befriedigt.56
Habitualisierte oder habituelle Kaufentscheidungen bezeichnen ein verein- fachtes und gelerntes Kaufentscheidungsverhalten. Man findet sie bei Gü- tern des täglichen Bedarfs, sogenannten Convenience Goods, die oft und in kurzen Intervallen gekauft werden. Habitualisierte Kaufentscheidungen lau- fen reaktiv, also routinemäßig und automatisiert, ab und sind daher weder emotional noch kognitiv gesteuert.57 Durch den stark verkürzten Such-, Be- wertungs- und Auswahlprozess hält sich der Zeitbedarf des Konsumenten in Grenzen. Er versucht mit möglichst wenig Engagement bzw. Involvement zu einem möglichst risikoarmen und schnellen Kauf zu kommen. Bei impulsiven Kaufentscheidungen handelt es sich um Spontanhandlungen am Point of Sale, die sich durch hohe emotionale Aufladung und sehr gerin- ge bis fehlende kognitive Kontrolle auszeichnen.58 Sie haben für den Kon- sumenten eher geringe Bedeutung, aber starke Aktualität und sind bei preiswerten Gütern des täglichen Bedarfs zu finden. Hier spielt die emotio- nale Attraktivität der Kaufhandlung eine größere Rolle als die intellektuelle Auseinandersetzung. Innerhalb von impulsiven Kaufentscheidungen gibt es vier Spontankaufarten: erinnerungsgesteuerte Spontankäufe, geplante Spon- tankäufe, spontane Ersatzkäufe und Sonderangebotskäufe.59
Modelle sind vereinfachte Abbildungen der Wirklichkeit. Sie setzen syste- matisch ausgewählte Variablen zueinander in Beziehung, um damit Sach- verhalte theoretisch zu erklären oder zu prognostizieren.60 Zur Erklärung des Kaufprozesses als Folge von äußeren Einflüssen, aber auch zur Prognose des Konsumentenverhaltens wurden verschiedene Mo- delle entwickelt. Der älteste und sicherlich am häufigsten zitierte Versuch, einen Kaufprozess in einzelne Phasen zu strukturieren, ist das „Attention, Interest, Desire, Action-Modell“ (AIDA-Modell) von Lewis, ein Werbewir- kungsmodell.61 Grundlage für die Erklärungsansätze des Konsumentenver- haltens in der behavioristischen Sichtweise ist jedoch das Stimulus- Response-Modell (S-R-Modell). Es stellt einen Zusammenhang zwischen einem beobachtbaren äußeren Reiz (Stimulus) und einer daraus resultieren- den ebenfalls beobachtbaren Reaktion (Response) her. Der eigentliche Ent- scheidungsprozess ist nicht beobachtbar und im behavioristischen Ansatz auch nicht von Interesse. Er läuft innerhalb der sogenannten „Black-Box“ ab. 62 Im erweiterten Ansatz (S-O-R-Ansatz) wird diese durch den verarbei- tenden Organismus ersetzt. Es wird versucht, die Vorgänge innerhalb des Organismus zu erklären.63 Kaufverhaltensmodelle werden in Strukturmodel- le (im S-O-R-Modell) und stochastische Modelle (im S-R-Modell) einge- teilt. Während die stochastischen Modelle lediglich einen Zusammenhang zwischen Stimulus und Response herstellen, haben Strukturmodelle den An- spruch, Licht ins Innere der Black-Box bzw. des Organismus zu bringen.64 Sie lassen sich in Partialmodelle und Totalmodelle gliedern.
Partialmodelle konzentrieren sich auf die Erklärung ausgewählter Aus- schnitte des Verhaltens, Totalmodelle beschäftigen sich mit dem gesamten komplexen Entscheidungsprozess innerhalb des Organismus.65 Um die Auswirkungen von nutzergenerierten Inhalten auf den gesamten Kaufpro- zess untersuchen zu können, werden daher Totalmodelle herangezogen.
Die wichtigsten Modelle, die in der Literatur Erwähnung finden, sind: Con- sumer Decision Process66, Theory of Buyer Behaviour67 und vor allem Con- sumer Decision-Process Behaviour von Engel/Blackwell/Kollat, das später von Engel/Blackwell/Miniard zum Consumer Decision Process-Modell68 (CDP-Modell) modifiziert wurde.69 Sie gelten auch als die „grand models of consumer behaviour“70.
[...]
1 Vgl. Vossen/Hagemann 2007, S. 22.
2 Vgl. Mühlenbeck/Skibicki 2007, S. 99 f.
3 Vgl. van Eimeren/Frees 2009, S. 335f.
4 Vgl. Fisch/Gscheidle 2008a, S. 345.
5 Vgl. URL 1.
6 Vgl. URL 2.
7 Vgl. Duscha/Hudetz 2007, S. 221.
8 Vgl. McCarthy 2007, S. 49.
9 Vgl. Krisch/Haderlein 2008, S. 14.
10 Vgl. Burke 2002, S. 419.
11 Vgl. URL 3.
12 Vgl. Krisch/Haderlein 2008, S. 15.
13 Vgl. Richter/Koch 2007, S.33.
14 Vgl. McCarthy 2007, S. 48.
15 Vgl. URL 4.
16 Vgl. Rudolph/Emrich/Meise 2008, S. 194.
17 Vgl. Ghose 2008, S. 14.
18 Vgl. Fisch/Gscheidle 2008b, S. 356.
19 Vgl. Albers 2000, . 174.
20 Vgl. Abbate 2000, S.133 ff.
21 Vgl. Hosseini-Khorassani 2001, S. 26.
22 Vgl. Abbate 2000, S. 3.
23 Vgl. URL 5.
24 Vgl. Toffler 1980, S. 11.
25 Vgl. Duscha/Hudetz 2007, S. 219.
26 URL 6.
27 Vgl. Wirtz/Ullrich 2008, S. 22.
28 Vgl. URL 7.
29 Vgl. URL 6.
30 Vgl. Anderson 2006.
31 Koch/Richter/Krisch 2007, S. 44.
32 Vgl. URL 8.
33 Vgl. Stahl 2005, S. 44.
34 Vgl. Schubert et al. 2000, S. 3.
35 Vgl. Turowski/Pousttchi 2004, S. 1 f.
36 Vgl. Koch/Richter/Krisch 2007, S. 1.
37 Vgl. Koch/Richter/Krisch 2007, S. 5.
38 Vgl. Kuß/Tomczak 2000, S. 156.
39 Vgl. URL 9.
40 Vgl. Stormer/Frauchiger 2008, S. 62.
41 Vgl. Koch/Richter/Krisch 2007, S. 5.
42 Vgl. Krisch/Haderlein 2008, S. 66.
43 Vgl. Krisch/Haderlein 2008, S. 38.
44 Vgl. Pepels 1995, S. 7; Trommsdorff 2009, S. 15.
45 Vgl. Trommsdorff 2009, S. 15.
46 Vgl. Müller-Hagedorn 1986, S. 39 f.
47 Vgl. Meffert 1992, S. 39 ff.; Moser 1997 S. 70 ff.
48 Vgl. Bänsch 2002, S. 9 f.
49 Vgl. Weiber/Adler 1995, S. 46.
50 Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein 2009, S. 411.
51 Vgl. Pepels 1995, S. 9.
52 Vgl. Fritz/von der Oelsnitz 2006, S. 57.
53 Vgl. Pepels 1995, S. 9.
54 Vgl. Meffert 1992, S. 42.
55 Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein 2009, S. 425.
56 Vgl. Foscht/Swoboda 2004, S. 19.
57 Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein 2009, S. 439 ff.
58 Vgl. Fritz/von der Oelsnitz 2006, S. 59 f.
59 Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein 2009, S. 447 f.
60 Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein 2009, S. 415.
61 Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein 2009, S. 633 ff.
62 Vgl. Bänsch 2002, S. 6; Meffert 1992, S. 25.
63 Vgl. Müller-Hagedorn 1986, S. 73 f.
64 Vgl. Meffert 1992, S. 28 f.
65 Vgl. Bänsch 2002, S. 6; Meffert 1992, S. 28.
66 Vgl. Nicosia 1966.
67 Vgl. Howard/Sheth 1969.
68 Vgl. Engel/Blackwell/Miniard 2006.
69 Vgl. Tostmann 1982, S. 27 f.; Bänsch 2002, S. 120; Mayer 1990, S. 79.
70 Erasmus/Boshoff/Rousseau 2001, S. 83; Teo/Yeong 2003, S. 350.