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Bachelorarbeit, 2013
148 Seiten, Note: 1,0
Abkürzungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis.
Abstract
1 Früherkennung als Maßnahme für gesundes Altern
2 Theoretische Grundlagen.
2.1 Alter – Altern: Definition und Überblick
2.1.1 Physiologische Veränderungen im Alter
2.1.2 Psychologische und soziale Veränderungen im Alter.
2.2 Die 15 Regeln für gesundes Altern.
2.3 Früherkennung – ein Überblick.
2.4 Brustkrebs und mögliche Früherkennungsmaßnahmen
2.4.1 Klinische Brustuntersuchung.
2.4.2 Mammographie der Brust.
2.5 Prostatakrebs und mögliche Früherkennungsmaßnahmen
2.5.1 Digital-rektale Untersuchung der Prostata
2.5.2 PSA-Test.
2.6 Darmkrebs und mögliche Früherkennungsmaßnahmen.
2.6.1 Fäkaler okkulter Bluttest (FOBT).
2.6.2 Koloskopie
2.7 Gesundheitsinformationen.
2.7.1 Gesundheitsinformationen für ältere Menschen.
2.7.2 Gesundheitsinformationen über Krebsfrüherkennung
3 Methodisches Vorgehen.
3.1 Ausarbeitung und Gestaltung der Gesundheitsinformation.
3.2 Vorgruppe.
3.3 Änderungen der Gesundheitsinformation nach Durchsicht durch die Vorgruppe
3.4 Datenerhebungsmethode: Fokusgruppe.
3.4.1 Begründung der Auswahl der Methode
3.4.2 Auswahl der Teilnehmenden
3.4.3 Vorbereitung und Durchführung der Fokusgruppe
3.5 Datenerhebungsinstrumente.
3.5.1 Kurzfragebogen zur Wirkung des Textes
3.5.2 Leitfaden für die Fokusgruppe
3.6 Datenauswertungsverfahren
4 Ergebnisse
4.1 Soziodemographische Daten der Fokusgruppenteilnehmenden.
4.2 Ergebnisse des Kurzfragebogens zur Wirkung des Textes
4.3 Ergebnisse der Fokusgruppe.
4.3.1 Erster Eindruck vom Text
4.3.2 Verständlichkeit des Textes.
4.3.3 Layout, Aufbau und Struktur, Umfang.
4.3.4 Inhalte
4.3.5 Lernerfahrung und Reflexionsveränderungen.
4.3.6 Wirkung.
4.3.7 Grundsätzliche Thematik des Textes: Altern
4.3.8 Weiterempfehlung.
4.3.9 Ergänzungen.
5 Diskussion.
6 Fazit
Quellenverzeichnis.
Anhang
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Exemplarische Darstellung bestehender Informationen zur Krebsfrüherkennung. Brust, Prostata und Darm
Tabelle 2: Soziodemographische Daten der Fokusgruppenteilnehmenden
Tabelle 3: Potentielle Überarbeitungsvorschläge
Abbildung 1: Entwicklung der Alterszusammensetzung der Bevölkerung von 1960 bis 1998 und 9. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung für 2010 und 2020 (Zahlen von 1990 zusammengefasst für früheres Bundesgebiet und ehemalige DDR)
Abbildung 2: Screening Flussdiagramm mit Unsicherheiten und unentdeckten Fällen
Abbildung 3: Methodischer Ablauf bis zur Durchführung der Fokusgruppe
Abbildung 4: Mind Map zur Kategorisierung der Fokusgruppenaussagen
Abbildung 5: Mittelwerte des Kurzfragebogens zur Wirkung des Textes: Kategorien: Trifft zu (4), Trifft eher zu (3), Trifft eher nicht zu (2), Trifft gar nicht zu (1)
Bisher gibt es wenige Gesundheitsinformationen für ältere Menschen. 1999 formulierte Prof. Kruse 15 Regeln über gesundes Altern, die allerdings recht knapp gehalten sind. Seine Regel „Nutzen Sie Vorsorgemaßnahmen“ wurde in Bezug auf einige konkrete Krankheiten ausformuliert und aus Sicht der potentiellen Nutzer in einer Fokusgruppendiskussion bewertet. Ziel war ein Erkenntnisgewinn bezüglich der Gestaltung von Gesundheitsinformationen. Acht Fokusgruppenteilnehmende (vier Frauen, vier Männer) erhielten vor der Durchführung der Diskussion die 14-seitige Gesundheitsinformation, Fragebögen zur Wirkung und zu persönlichen Daten sowie eine Einverständniserklärung. Die aufgenommene Diskussion dauerte eine Stunde und 23 Minuten. Es wurde offensichtlich, dass die nach bestimmten - aus der Literatur entnommenen - Kriterien erstellte Gesundheitsinformation überarbeitungswürdig ist. Bei den Teilnehmenden konnte aber eine Wissenserweiterung und ein gestärktes Vertrauen im Umgang mit der Thematik erlangt werden. Es zeigte sich, dass die Einhaltung bestehender Anforderungen an Gesundheitsinformationen wichtig ist. Damit Nutzer von dem Gelesenen profitieren können, sollten Gesundheitsinformationen möglichst den in der Literatur beschriebenen Kriterien genügen. Konkrete Verbesserungsvorschläge für die verfasste Gesundheitsinformation wurden erarbeitet.
Abstract
Today, little health information is available for older people. 1999 Prof. Kruse wrote down 15 rules about healthy ageing, which were written very concisely. The rule called „take preventive measures" was formulated in more detail (with specific diseases) and was evaluated from the perspective of potential users in a focus group discussion. The goal was to expand the knowledge of how to write health information. Eight focus group participants (four women, four men) were given the 14-page health information, as well as questionnaires about the effect of the text and about personal information and a declaration of agreement prior to the implementation of the discussion of the focus group. The recorded discussion lasted for one hour and 23 minutes. It was obvious, that the health information that was created by specific criteria - taken from literature - has to be reworked. But still the participants had increased confidence in dealing with the subject and broadened knowledge. The focus group showed that the implementation of existing requirements for health information is important. Health information should use the described criteria written in literature, so that users can benefit from the read. Suggestions for the written health information were developed.
„Gesundheit!“ Das ist es, was sich die Menschen fast alltäglich wünschen. Sei es, wenn jemand niesen musste oder als Wunsch für jemanden, der Geburtstag hat. Die Wichtigkeit der Gesundheit zeigt sich auch besonders im Altern beziehungsweise im Alter. Da die Gesellschaft aufgrund einer höheren Lebenserwartung und einer niedrigen Geburtenrate immer älter wird, nimmt die Bedeutung des Themas Gesundheit im Altern und Alter zu (Kuhlmey, 2008). Denn besonders im Alter steigt die Anzahl der Krankheiten, sei es in Form von chronischen oder psychischen Erkrankungen. In der Fachliteratur wird dabei unterschieden zwischen drei Arten von Krankheiten. Bei den „alternden Krankheiten“ besteht ein direkter oder indirekter Zusammenhang mit den Alterungsprozessen. Die Inzidenz von „Alterskrankheiten“ nimmt im Alter zu. Bei „Krankheiten im Alter“ werden schwerwiegende Folgen nicht mehr so problemlos überwunden wie in jüngerem Alter (Ding-Greiner & Lang, 2004).
In einer Studie von Phelan, Anderson, LaCroix und Larson (2004) wurden Menschen nach ihrer persönlichen Meinung zum Thema erfolgreich Altern befragt. Zunächst zeigte sich, dass sich die Gedanken über das Altern bei fast allen Teilnehmenden (90 Prozent) im Laufe der letzten 20 Jahre geändert hat. Im Vergleich zu früher fanden die Teilnehmenden zum Zeitpunkt der Untersuchung vor allem folgendes wichtig: von chronischen Erkrankungen befreit zu bleiben, in der Lage zu sein, notwendige Dinge beziehungsweise Dinge, die gerne gemacht werden, selbstständig auszuüben sowie allgemein bei guter Gesundheit zu bleiben. Diese Studie zeigt zum einen die Wichtigkeit der Thematik gesund zu altern. Es erscheint demnach aus gesundheitspädagogischer Sicht sinnvoll, Alterungsprozesse mit Hilfe präventiver Maßnahmen positiv zu beeinflussen, damit das Alter nicht nur mit negativen Aspekten und Krankheit verbunden ist.
Ob man gesund altert hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählen neben dem eigenen Gesundheitsverhalten, soziale Ressourcen, das Gesundheits- und Versorgungssystem sowie sonstige Ereignisse, die im Lebenslauf geschehen sind (Kuhlmey, 2008).
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, präventiv die Gesundheit des Menschen zu fördern oder zu erhalten. Bei primärpräventiven Möglichkeiten die Gesundheit alternder Menschen zu verbessern, handelt es sich beispielsweise um Interventionen, die beim Gesunden ansetzen. Das heißt, dass die Gesundheit gefördert werden soll, in dem man beispielsweise in Form von Vorträgen oder Schulungen Wissen über gesunde Ernährung oder ausreichend Bewegung weitergibt.
Sekundärprävention richtet sich ebenfalls an gesunde Personen und dient der Früherkennung von Krankheiten. Es soll hiermit erreicht werden, dass potentielle Erkrankungen, wie Diabetes mellitus, Brustkrebs oder Darmkrebs rechtzeitig erkannt werden, so dass sich zum einen die Heilungschancen verbessern und zum anderen die Sterblichkeit durch die Erkrankung sinkt.
Die Tertiärprävention richtet sich hingegen an bereits erkrankte Menschen und versucht Rückfälle oder Verschlimmerungen zu vermeiden. Ein Beispiel hierfür wären Rehabilitationskliniken (Schleider & Huse, 2011).
Für die vorliegende Bachelorarbeit wurde sich auf Gesundheitsinformationen über Krebsfrüherkennungen für alternde Menschen konzentriert und dabei im speziellen auf eine Ausarbeitung des Gerontologen Prof. Dr. Andreas Kruse über das Alter und die Gesundheit. Er hat 1999 im Rahmen des Weltgesundheitstages die sogenannten „15 Regeln für gesundes Altern“ erstellt (siehe Anhang). Es handelt sich hierbei um eine wissenschaftlich fundierte Information, die präzise gesundheitsförderliche und präventive Aspekte für das Altern aufzeigt.
Da die Regeln sehr kurz formuliert sind, wurde für diese Bachelorarbeit basierend auf dem Grundgedanken der dritten Regel („Nutzen Sie Vorsorgemaßnahmen!“) zunächst eine knapp 14 Seiten starke Gesundheitsinformation erstellt. Dabei wurde auf eine evidenzbasierte Ausarbeitung geachtet und Vor- und Nachteile, Kosten sowie der Nutzen der ausgewählten Früherkennungsmaßnahmen aufgelistet.
Ziel dieser Bachelorarbeit ist die Bewertung der exemplarisch ausgearbeiteten Regel 3 von Prof. Dr. Kruse (1999a) aus Sicht der potentiellen Nutzer. Hierfür wurde eine Fokusgruppendiskussion mit acht Teilnehmenden geführt. Diese Art der Erkenntnisgewinnung wurde gewählt, da – wie der Name bereits aussagt – sehr fokussiert zu einem speziellen Thema diskutiert werden kann. Des Weiteren stellt dies eine optimale Möglichkeit dar, die potentielle Zielgruppe zu erreichen. Dabei standen folgende Fragen im Vordergrund:
-Wie bewerten die potentiellen Nutzer die verfasste Gesundheitsinformation (Inhalte, Gestaltung etc.)
-Was macht für die Nutzer eine gute und hochwertige Gesundheitsinformation aus?
-Tragen Früherkennungsmaßnahmen aus Sicht der Nutzer zu gesundem Altern bei?
Eine amerikanische Untersuchung hat gezeigt, dass der Zugang zu Vorsorgeuntersuchungen zwar meist gegeben ist, dass aber durch die Fülle an präventiven Maßnahmen durch Ärzte eine Wahrnehmung dieser Angebote nicht gewährleistet ist (Shenson, Adams, Bolen & Anderson, 2011). Dies verdeutlicht, von welchem Wert eine Fokusgruppendiskussion zu Regel 3 sein kann, um Verbesserungen in der inhaltlichen Darstellung, der Wirkung und folglich auch der Wahrnehmung solcher Früherkennungsmaßnahmen vornehmen zu können. Die vorliegende Arbeit könnte somit Hinweise geben, wie Gesundheitsinformationen gestaltet werden sollten, damit diese zu einer besseren Gesundheit für alternde Menschen beitragen.
Zwar gibt es bereits viele Gesundheitsinformationen, diese sind jedoch stellenweise nicht wissenschaftlich fundiert (Dierks & Schwartz, 2001; Shepperd, Charnock & Gann, 1999). Somit besteht in diesem Bereich noch Handlungsbedarf. Zudem sind manche Informationen zu paternalistisch geprägt und lassen die Lesenden über die negativen medizinischen Seiten einer Behandlung unwissend (Coulter, 1998).
Diese Bachelorarbeit ist grob in sechs Abschnitte aufgegliedert. Nach dieser Einleitung, die einen Überblick über die Thematik und den Aufbau der Arbeit gibt, folgt ein theoretischer Teil zum Thema Alter(n), zu Früherkennungsmaßnahmen und zu Gesundheitsinformationen. Den nächsten großen Abschnitt stellt das methodische Vorgehen für diese Arbeit dar. Ergebnisse stehen in Kapitel vier. Darauf folgt ein Diskussionsteil mit abschließendem Fazit zur Bachelorarbeit.
Im theoretischen Teil werden zunächst die für diese Arbeit wichtigen Begriffe “Altern” und “Alter” definiert. Des Weiteren wird ein Überblick gegeben über die psychologischen, physiologischen und sozialen Veränderungen, die im Alter entstehen. Der demographische Wandel, der dieser Thematik ihre große Bedeutung verleiht, wird angeschnitten. Des Weiteren werden die in der Gesundheitsinformation beschriebenen Früherkennungsmaßnahmen erläutert. Dabei wurde die bestehende Literatur in Form von Informationsbroschüren, Monographien und Studien zu den aufgeführten Früherkennungsmaßnahmen, der Brustkrebs-, Prostatakrebs- und Darmkrebsfrüherkennung analysiert. Die Quellenlage bezüglich der Thematik ist sehr umfangreich, da das Thema aus den genannten Gründen immer mehr an Bedeutung in der Gesellschaft gewinnt.
Nach den aufgeführten theoretischen Grundlagen wird im darauf folgenden methodisch-konzeptionellen Kapitel das genaue Vorgehen zur Erstellung der Gesundheitsinformation aufgezeigt. Die Methoden der Datenerhebung, die Fokusgruppe und die Erhebungsinstrumente, die während der Gruppendiskussion verwendet wurden sowie das Verfahren, mit welchem die Daten ausgewertet wurden, werden dargestellt.
Abschließend werden die Ergebnisse in Kapitel vier dargestellt. Die Ergebnisse werden in soziodemographische Daten sowie inhaltsanalytische Daten aufgeteilt und entsprechend aller Vorgaben anonymisiert und aus gesundheitspädagogischer Sicht interpretiert und diskutiert. Ein Fazit schließt die Bachelorarbeit ab.
Die Themen Altern, Alter und demographischer Wandel haben einen direkten Zusammenhang. Der demographische Wandel in der Gesellschaft zeichnet sich durch die Komponenten der sinkenden Geburtenrate und der immer höheren Lebenserwartung aus. Die Gesellschaft in den Industrienationen wird durch diese Entwicklung stetig älter. Durch die damit entstehende Verschiebung der Altersstruktur, bei der letztendlich der Anteil jüngerer Menschen abnimmt und der Anteil Älterer zunimmt, verwandelt sich die sogenannte Glockenform, die bis in die 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts bestand, nach und nach bis ins Jahr 2050 in eine Pilzform (Schmid, 2013). Genauer heißt das, dass derzeit circa 22,4 Prozent der 82 Millionen deutschen Bürger 60 Jahre und älter sind und dass sich diese Prozentzahl bis in 40 Jahren weiter erhöhen wird (Kruse et al., 2002). Die folgende Grafik verdeutlicht diese Entwicklung der Alterszusammensetzung von 1960 bis zur voraussichtlichen Entwicklung bis 2020.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Entwicklung der Alterszusammensetzung der Bevölkerung von 1960 bis 1998 und 9. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung für 2010 und 2020 (Zahlen von 1990 zusammengefasst für früheres Bundesgebiet und ehemalige DDR)
(Quelle: Kruse et al., 2002)
Es ist deutlich, dass die Bevölkerung mit einem Alter von über 65 Jahren bis ins Jahr 2020 insgesamt stark ansteigen wird. Bis ins Jahr 2050 wird aufgrund der Fortschritte in Medizin, Gentechnik, Pharmakologie, Psychologie sowie Bildungs-, Bewegungs-, und Sportwissenschaften mit einer Lebenserwartung von bis zu 88,1 Jahren bei Frauen und 83,5 Jahren bei Männern gerechnet (Kruse & Wahl, 2010). Diese Veränderungen bedeuten für die Gesellschaft eine hohe Herausforderung, da beispielsweise mit steigendem Alter auch die Anforderungen an medizinische und pflegerische Versorgung aufgrund von gesundheitlichen Beeinträchtigungen steigen (Kuhlmey, 2008).
Bei den Begriffen Alter und Altern handelt es sich um zwei ähnliche Ausdrücke, die sich aber definitionsgemäß voneinander unterscheiden. Eine allgemein akzeptierte Definition gibt es dennoch aus Sicht der Experten nicht (Danner & Schröder, 1994). Ursprünglich stammt das Wort “alt” aus der indogermanischen Sprache. Der dort verwendete Wortstamm “al” bedeutet wachsen oder reifen (Kruse & Wahl, 2010).
Das Alter ist als eine Phase am Ende des menschlichen Lebens anzusehen, bei der auf der einen Seite mit einem höheren Erfahrungsschatz und Wissen zu rechnen ist, mit der aber gleichzeitig auch negative Aspekte verbunden werden (Kruse & Wahl, 2010). Differenziert wird zwischen dem dritten Lebensalter, welches die Zeitspanne des 60.–80. Jahres darstellt und dem vierten Lebensalter ab dem 80. Lebensjahr (Kruse, 2008).
Laut Kruse und Wahl (2010) handelt es sich beim Altern um einen lebenslangen Prozess, dessen Beginn die Geburt und dessen Ende der Tod darstellt.
Was sind die Ursachen des Alternsprozesses? Einerseits wird davon ausgegangen, dass Gene diesen Prozess beeinflussen, andererseits ist der menschliche Organismus ständig Verschleißvorgängen ausgesetzt, die zum Tod führen (Kuhlmey, 2008). Biologische Alternstheorien versuchen diese Vorgänge zu erklären (Wettstein, Conzelmann & Heiß, 2001). Auch wenn sich im menschlichen Körper physiologische Veränderungen ergeben (siehe Kapitel 2.1.1) bedeutet dies nicht, dass sich der Verlauf, im Sinne der Anerkennung von Schwächen und Stärken durch das Altern, nicht beeinflussen lassen kann. Um Strategien für ein erfolgreiches Altern entwickeln und Risikofaktoren minimieren zu können, ist laut Wettstein et al. (2001) vor allem die Betrachtung von drei Aspekten wichtig:
- die große Heterogenität in den Altersverläufen,
- die latenten Reserven im Alter,
- und die zunehmend negative Balance zwischen Gewinnen und Verlusten im Alter.
Eine negative Lebensführung wirkt als Risikofaktor für erfolgreiches Altern. Ein positiver Lebensstil stellt einen Schutzfaktor dar, genauso wie eine hohe Anzahl von Ressourcen und eine hohe Anpassungsfähigkeit (Wettstein et al., 2001). Zudem führen die Aspekte der Selektion (Funktionsbereiche, Aufgabe und Ziele reduzieren aufgrund einer Ressourcenverringerung), Kompensation (Zielerreichung durch neue Möglichkeiten) und Optimierung (Weiterentwicklung und Aktivierung bestehender Ressourcen) ebenfalls zu einem erfolgreichen Altern (Freund & Baltes, 1998).
Neben diesen Aspekten zur Förderung erfolgreichen Alterns gibt es einige weitere Ansätze zum Thema. Die Disengagementstheorie von Cumming und Henry aus dem Jahr 1961 besagt, dass ein Mensch nur dann erfolgreich altert, wenn er sich einer Form der sozialen Isolierung hingibt, seine sozialen Kontakte so weit wie möglich einschränkt und mit diesen reduzierten Kontakten zufrieden ist. Dem gegenüber steht die Akitivitätstheorie von Tartler (1961). Diese sagt aus, dass nur die Menschen im Alter glücklich sind, die ihr Leben aktiv gestalten und etwas für die Gesellschaft leisten können, also eine Aufgabe haben. Eine dritte soziologische Alterstheorie, ist die Kontinuitätstheorie. Darin beschreibt Atchley (1989) erfolgreiches Altern durch die Erhaltung der bestehenden Strukturen. So sollen der Erhalt von psychischen Einstellungen, Vorlieben und Fähigkeiten den sichersten Weg darstellen, das Leben im höheren Lebensalter zu meistern (Lehr, 2007).
Gesundes Altern ist ebenso wichtig wie erfolgreiches Altern. Vier Hauptmerkmale, die zu diesem Prozess beitragen, sind das objektive und subjektive gesundheitliche Wohlbefinden, die körperlich, geistig und sozial aktive Lebensführung, gesundheitsbewusstes Verhalten, welches die Vermeidung von Risikofaktoren meint und eine positive Lebenseinstellung. Dies zeigt, dass in diesem kontinuierlichen Prozess des Älterwerdens nicht nur körperliche und seelische Aspekte eine Rolle spielen (Kruse, 1999b).
Wie aus einer Studie von Vaillant und Mukamal (2001) hervorgeht, ist für gesundes Altern das Bildungsniveau eine der Ursachen für gesundheitliche Unterschiede. Weitere wichtige Faktoren, um erfolgreich zu altern sind eine Abstinenz gegenüber Zigaretten und Alkohol. Auch eine gut funktionierende Ehe und eine positive psychische Einstellung zeigten sich als präventive Faktoren gegen eine Erkrankung im Alter. Welche Veränderungen sich dennoch im Alter ergeben können, wird in den folgenden Kapiteln dargestellt.
Der Alternsprozess birgt für den menschlichen Körper viele Veränderungen. Im biologischen Sinn bedeutet Altern „jede irreversible Veränderung der lebenden Substanz als Funktion der Zeit“ (Max Bürger, 1957, nach Ding-Greiner & Lang, 2004, S. 184). Bereits nach dem 30. Lebensjahr beginnt im menschlichen Organismus der physiologische irreversible Abbauprozess (Ding-Greiner & Lang, 2004). Krankheiten treten häufig auf und sind charakteristisch für den Alternsprozess. Folgende Organsysteme sind betroffen:
-Das Nervensystem: Ab dem 40. Lebensjahr sind etwa 50 Prozent der Gehirngefäße von ersten Veränderungen betroffen. Ab dem 80. Lebensjahr sind es bereits 80 Prozent. Veränderungen beziehen sich auf Anzahl der Nervenzellen, Gehirngewicht, Gehirnvolumen, Gehirndurchblutung und Nervenleitungsgeschwindigkeit.
-Das Herzkreislaufsystem: Ab dem 30. Lebensjahr zeigen sich Veränderungen im Gefäßsystem und im Herzmuskel. Die Herzleistung sowie das Schlagvolumen in Ruhe verringern sich, das Herzgewicht und der Blutdruck nehmen zu.
-Die Lunge: Ab dem 30. Lebensjahr verringert sich die Lungenkapazität alle zehn Jahre um vier Prozent. Auch der Atemgrenzwert und die maximale Sauerstoffaufnahme werden weniger. Das Residualvolumen erhöht sich und die totale Lungenkapazität bleibt gleich.
-Die Niere: Ab dem 40. Lebensjahr sinkt das Gewicht der Nieren um bis zu 20–30 Prozent. Die Durchblutung ist ebenfalls verschlechtert, was zu einer Abnahme der Nierenfunktion führt.
-Der Muskelapparat: Bis zum 80. Lebensjahr wird die Muskelmasse um bis 30 Prozent verringert. Die maximale Dauerleistung und Spitzenleistungen, als auch die Handmuskelkraft werden ebenfalls sinken.
-Die Sinnesorgane: Vor allem Augen und Ohren weisen Funktionseinschränkungen im Alter auf. Bei 25 Prozent der Bevölkerung über 85 Jahre sind negative Veränderungen des Auges festzustellen, in Bezug auf die Ohren sind es weit mehr als doppelt so viele (Ding-Greiner & Lang, 2004).
Wie hoch die Verluste im physiologischen Bereich sind, ist interindividuell unterschiedlich. Mehrere Faktoren führen dazu, dass diese Unterschiede entstehen:
- die genetische Information
- die körperliche Aktivität im Alter und auch in den Lebensjahren zuvor
- die Umweltbedingungen, denen der jeweilige Mensch ausgesetzt ist
- die Dauer und Art der Risikofaktoren und Erkrankungen im Alter und in den Lebensjahren zuvor (Heuft, Kruse & Radebold 2000).
Insgesamt lässt sich sagen, dass bei älteren Menschen die Inzidenz- und Prävalenzzahlen in den bestehenden Krankheitsgruppen höher liegen als bei jüngeren Menschen. Vor allem bei den Herz-Kreislauf-Krankheiten, Muskel- und Skelettkrankheiten sowie den Stoffwechselkrankheiten und Neubildungen ist dies der Fall. Erklären lässt sich dies durch die Abnahme der Widerstands- und Anpassungsfähigkeit des Organismus, als auch über die im Alter eintretenden Folgeschäden durch einen risikohaften Lebensstil. Die Multimorbidität, das Auftreten mehrerer Krankheiten auf einmal, spielt an dieser Stelle ebenfalls eine wichtige Rolle. So zeigte sich, dass sich bei 96 Prozent der 70-jährigen und noch älteren Menschen mindestens eine Krankheit und bei 30 Prozent bereits fünf oder mehr Krankheiten im orthopädischen, internistischen oder neurologischen Bereich ergeben haben (Kruse et al., 2002).
Neben der Unterscheidung zwischen alternden Krankheiten, Alterskrankheiten und Krankheiten im Alter (Ding-Greiner & Lang, 2004) schlug der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen 1996 vor, die Krankheiten in verschiedene Typologien einzuteilen. Zu den vier erstellten Gruppen zählen die altersphysiologischen Veränderungen mit möglichem Krankheitswert (zum Beispiel Arteriosklerose), Erkrankungen mit langer präklinischer Latenzzeit (zum Beispiel Krebserkrankungen), Erkrankungen mit im Alter verändertem physiologischen Verlauf (zum Beispiel Infektionskrankheiten) und Krankheiten infolge lang andauernder beziehungsweise vielfacher Exposition (zum Beispiel Bluthochdruck) (Kruse et al., 2002).
Dennoch sollte der Begriff Altern nicht nur mit negativen Aspekten und Krankheiten verbunden werden, da der Gesundheitszustand beziehungsweise die Lebensqualität und das Wohlbefinden durch die individuelle Lebensführung und eine adäquate medizinische und gegebenenfalls soziale Betreuung beeinflusst werden kann. Auch Prävention und Rehabilitation tragen ihren Teil dazu bei Alter und Altern gesund und erfolgreich zu gestalten, besonders im Hinblick auf die genannten Alterstypologien, die durch präventive Maßnahmen behandelt oder gar verhindert werden können (Kruse et al., 2002).
Neben den körperlichen Veränderungen ergibt sich im Altern auch im psychischen Bereich ein Wandel. Dieser kann sich als positiv wie auch als negativ erweisen. Zu den negativen Aspekten zählen die Verringerung der Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung, das sich verschechternde Kurzzeitgedächtnis, die verminderte Lernfähigkeit und die reduzierte Fähigkeit neuartige kognitive Probleme zu lösen (Kruse et al., 2002). Insgesamt gilt für die Einbußen, dass sie durch die Ansammlung von Kompetenzen und Ressourcen positiv beeinflusst werden können (Kruse, 2008). Im Alter auftretende psychische Erkrankungen zählen ebenfalls zu den Nachteilen. Rund ein Viertel der Menschen über 65 Jahre leidet an einer solchen Störung (Kruse et al., 2002).
Die positiven psychologischen Veränderungen im Alter beziehen sich auf den erweiterten Erfahrungs- und Wissensschatz sowie den angeeigneten fertigkeitsbasierten Leistungen. Auch die angelernte Fähigkeit zur Verarbeitung von Verlusten, Belastungen oder Einbußen zählen zu den Stärken älterer Menschen (Kruse et al., 2002).
Soziales Altern umfasst Veränderungen in den Rollen, die der Mensch in der Gesellschaft inne hat. Als Veränderung der sozialen Position wird beispielsweise das Ausscheiden aus dem Beruf als erster Schritt in das Alter gesehen. Damit verbunden sind Änderungen des Alltags und des Lebens (Heuft et al., 2000), die wie folgt aussehen können:
- Bedarf an sozialen Unterstützungsleistungen
- Einschränkungen des sozialen Lebens im Sinne einer Teilhabe an sozialen Netzwerken und sonstigen Freizeitaktivitäten
- Verlust des Ehepartners
- zunehmende Schwierigkeit neue Freunde und Bekannte zu finden
- Herausforderungen im Bereich des ehrenamtlichen Engagements (Heuft et al., 2000).
Es bestehen präventive Möglichkeiten, soziale, psychische und physische Veränderungen zu verlangsamen und die Gesundheit der alternden Menschen zu fördern. Hierzu hat der Gerontologe Andreas Kruse 15 Regeln für gesundes Altern aufgestellt.
Der Gerontologe entwickelte im Rahmen des Weltgesundheitstages im Jahr 1999 im Auftrag der Bundeszentrale für Gesundheit Regeln für gesundes Altern. Die Regeln sind nach Bellon, 2004, Seite 133 in drei Abschnitte unterteilt:
-Regeln 1–5: Altwerden als eine lebenslange Aufgabe
-Regeln 6–11: aktives und selbstverantwortliches Leben im Alter
- Regeln 12–15: Altern ist nicht Krankheit – Selbstständigkeit erhalten und wieder erlangen
Die Regeln, welche im Anhang dieser Arbeit zu finden sind, sind so verfasst worden, dass Menschen ohne gerontologisches Hintergrundwissen die Themen verstehen können (Kruse, 1999b). Insgesamt ist aus den Regeln zu erkennen, dass die Gesundheit als umfassender Begriff verstanden werden muss, in dem auch die selbstständige, selbstverantwortliche und aktive Lebensführung sowie die Zufriedenheit des Menschen beinhaltet ist. Auch die Bedeutung des Verhaltens während des gesamten Lebens sowie die Wichtigkeit der Prävention wird in den Regeln deutlich (Kruse, 1999b).
Diese Faktoren begründen die Wahl der 15 Regeln als Basis für die Bachelorarbeit. Dabei ist es speziell die Regel 3, die den Verknüpfungspunkt zum Studiengang Gesundheitspädagogik darstellt, in dem das Vermitteln von gesundheitsbezogenen Aspekten ebenfalls zentral ist.
Für die Erstellung der Gesundheitsinformation über gesundes Altern wurde Regel 3 („Nutzen Sie Vorsorgemaßnahmen“) als Basis ausgewählt. Die Grundlagen dazu werden in den folgenden Kapiteln beschrieben.
Die Früherkennung ist eine körperliche Untersuchung des Menschen, der keine Beschwerden oder Symptome einer Krankheit hat. Ziel der Untersuchung ist die frühzeitige Erkennung von Erkrankungen, um diese besser zu behandeln (Bartens, 2008). Zeitlich gesehen beginnt die Untersuchung in einem Stadium, bei dem keine manifeste Erkrankung beim Menschen vorhanden ist. Ein weiterer Begriff für Früherkennung ist das Screening. Auch hier handelt es sich definitionsgemäß um eine Untersuchung, die einer Person bei einer passenden Gelegenheit angeboten wird (Raffle & Gray, 2009). Eine weitere formale Definition des Begriffes Screening lautet:
„Screening ist eine Public-Health-Maßnahme, bei der Mitgliedern einer umschriebenen Population, die selbst keine Krankheitssymptome oder bestehende Risiken für eine bestimme Krankheit haben, eine Befragung oder eine Untersuchung angeboten wird, um die Individuen zu identifizieren, die durch weitere Untersuchungen und Behandlungen mit größerer Wahrscheinlichkeit einen Nutzen als einen Schaden davon haben, um so das Risiko einer Erkrankung zu reduzieren.“ (Raffle & Gray, 2009, nach UK National Screening Committee, 2000)
Ziele des Screenings liegen in der Reduzierung zukünftiger Erkrankungen, beispielsweise wird das Risiko einer Krebserkrankung reduziert, nachdem Polypen im Darm nach einer Koloskopie entfernt wurden. Oder das Ziel liegt in der Vermittlung von Informationen, wenn das Risiko nicht verändert werden kann. Die weitere Bedeutung des Begriffs Screening liegt in der systematischen Untersuchung einer Gruppe von Menschen einer Bevölkerung. Es handelt sich dabei um eine Reihe loser gesundheitsbezogener Interventionen oder um ein evidenzbasiertes Screening-Programm zur Risikoreduktion von Krankheiten (Raffle & Gray, 2009).
Eine Unterscheidung zwischen Früherkennung und dem Begriff der Vorsorge ist inhaltlich von Bedeutung, auch wenn beide Worte oftmals synonym verwendet werden. Früherkennung bedeutet, einer beispielweise an Krebs erkrankten Person möglichst früh eine Diagnose zu stellen. Dabei soll der Vorteil genutzt werden, einer Verschlimmerung, einer Metastasierung, zuvorzukommen und die Heilungschancen zu verbessern (Wahl & Tesch-Römer, 2000). Vorsorgemaßnahmen versuchen hingegen die Entstehung von Erkrankungen beim gesunden Menschen zu verhindern (Bartens, 2008).
Gesetzliche Grundlagen zur Früherkennung sind im SGB V, 4. Abschnitt, §§ 25 und 26 zu finden. Damit Krankenkassen die Kosten für eine Früherkennungsuntersuchung bezahlen, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Die Erkrankung, die früh erkannt werden soll, muss behandelt werden können und des Weiteren sollten diagnostische Maßnahmen vorhanden sein, die die Erkrankung im Vor- und Frühstadium erfassbar machen. Auch Krankheitszeichen sollten ausreichend eindeutig erfassbar sein. Die Anzahl der Einrichtungen und Ärzte, die die Diagnostik und Behandlung der Verdachtsfälle übernehmen, muss akzeptabel sein. Angebote der Krankenkassen sind in einem einheitlichen Bewertungsmaßstab mit jeweiligen Kennziffern versehen (Schulz, 2009). Zudem gibt es zusätzliche Früherkennungsmaßnahmen, die von den Kassen nicht bezahlt werden. Medizinerinnen und Mediziner bieten sie als individuelle Gesundheitsleistungen, kurz IGeL, an. Der Nutzen der jeweiligen Untersuchungen ist bis heute stellenweise noch nicht bewiesen, was einer der Gründe dafür ist, dass die Krankenkassen nicht bezahlen. Zu den häufigsten IGeL zählen verschiedene Tests zur Krebsfrüherkennung, Knochendichtebestimmungen und Blutuntersuchungen (Bartens, 2008). Der Ablauf eines Screenings sieht folgendermaßen aus:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Screening Flussdiagramm mit Unsicherheiten und unentdeckten Fällen
(Quelle: Raffle & Gray, 2009)
Sichtbar ist, dass es sich beim Screening um einen Prozess handelt, bei dem auf der einen Seite richtige Befunde gestellt werden, aber auf der anderen Seite auch falsche Diagnosen möglich sind. Wird bei einem Teilnehmenden ein negativer Befund gestellt, so kann dieser richtig sein, das heißt beispielsweise, dass kein Krebs vorhanden ist. Oder aber die Diagnose ist falsch und der Krebs wurde übersehen. Gleiches gilt für positive Befunde, entweder sie sind korrekt oder es handelt sich um eine Überdiagnose (Raffle & Gray, 2009).
Die Leistungsfähigkeit eines Screenings wird als Sensitivität bezeichnet. Eine hohe Sensitivität bedeutet daher, dass es wenig unentdeckte Erkrankungen beziehungsweise eine hohe Anzahl richtig positiv gescreenter Menschen gibt. Dies würde den Nutzen einer Früherkennungsmaßnahme steigern. Unter Spezifität wird hingegen verstanden, dass möglichst viele Teilnehmende mit einem richtig negativen Ergebnis beziehungsweise einem niedrigen falsch positiven Befund erkannt werden sollen. Für den Nutzen würde dies bedeuten, dass relativ wenig Schaden durch die Untersuchung entstehen soll, indem es weniger Überdiagnosen und Überbehandlungen gibt. Zwischen diesen beiden Konzepten gilt es in der Früherkennung abzuwägen (Raffle & Gray, 2009).
Eine Entscheidung für eine Früherkennungsmaßnahme ist sehr individuell, da jeder Mensch für sich selbst ausmachen sollte, ob der Nutzen oder der Schaden einer jeweiligen Untersuchung für das persönliche Leben größer ist (Bartens, 2008). Vor der Entscheidung sollten sowohl gesundheitspolitische, als auch individuelle Faktoren beachtet werden. Zu den gesundheitspolitischen Stichpunkten zählen die Mortalitätsreduktion und die statistisch nötige Anzahl von Teilnehmenden, um einen Todesfall zu verhindern. Individuelle Faktoren umfassen die Risiken des Testverfahrens, unnötige Behandlungen, Überdiagnosen oder -behandlungen durch fragliche Befunde sowie die falsche Vermittlung von Sicherheit und eine längere Morbiditätsphase. Vor der Teilnahme an Untersuchungen, die nicht von Krankenkassen übernommen werden, sollten zusätzliche Fragen beachtet werden. Dazu zählen unter anderem die Fragen nach dem Vorhandensein von Studien zur Verlässlichkeit der Untersuchung, dem Nutzen der Untersuchung und dem Aufwand an Kosten und sonstigen Ressourcen im Vergleich zum Nutzen (Blank, 2009).
In dieser Bachelorarbeit werden ausschließlich Früherkennungsmaßnahmen von Krebserkrankungen genannt (Brust-, Prostata- und Darmkrebs), da das Risiko, an Krebs zu erkranken, im Alter deutlich steigt (Bartens, 2008).
Krebs der Brust entsteht zu 80 Prozent am Milchgang. Karzinome, die sich dort bilden heißen duktale Karzinome. Zehn bis 15 Prozent der Karzinome sind lobuläre Karzinome und wachsen somit an den Drüsenläppchen. Die Häufigkeitsverteilung von Brustkrebs ist, aufgeteilt in Quadranten, im oberen äußeren Quadranten mit 50 Prozent am höchsten. Bei beiden Krebsarten gibt es keine charakteristischen Frühsymptome (Huch & Jürgens, 2011). Betroffen von Brustkrebs sind nicht nur Frauen, auch bei Männern kann diese Erkrankung auftreten. Das Vorkommen ist jedoch sehr selten (Robert-Koch-Institut & Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. (RKI & GEKID), 2012). In diesem Abschnitt wird sich nur auf den Brustkrebs bei Frauen bezogen.
Risikofaktoren für die Entstehung eines Karzinoms in der weiblichen Brust ist ein gesteigerter Östrogenspiegel im Körper beispielsweise durch den frühen Beginn der Periode oder den späten Eintritt in die Menopause. Die Brüste mussten demnach eine häufigere Anzahl von Wachstumszyklen durchlaufen. Die Einnahme von Hormonen bei Wechseljahrsbeschwerden und spätes Mutterglück beziehungsweise Kinderlosigkeit sind ebenfalls Risikofaktoren für Brustkrebs. Eine Erkrankung einer Verwandten stellt dann ein Risiko dar, wenn die Verwandte jünger als 40 Jahre alt ist und gleichzeitig eine Verwandtschaft ersten Grades besteht. Übergewicht und Bewegungsmangel, besonders nach den Wechseljahren ist ebenfalls als Risikofaktor anzusehen wie das vermehrte Konsumieren von Alkohol. Aktiv- und Passivrauchen weist eine risikosteigernde Wirkung auf. Das Alter der Frau spielt eine wichtige Rolle in der Brustkrebsentstehung.
Brustkrebs ist 2008 mit 32,1 Prozent der Tumorlokalisation die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Jedes Jahr sterben in Deutschland circa 17000 Frauen aufgrund dieser Erkrankung. Zudem gibt es pro Jahr etwa 72000 Neuerkrankungen. Der Zuwachs der gestellten Diagnosen ist auf Früherkennungsmaßnahmen zurückzuführen (RKI & GEKID, 2012).
In den folgenden Kapiteln wird auf die klinische Brustuntersuchung (KBU) und die Mammographie eingegangen. Ultraschall der Brust, Selbstabtastung, Ermittlung der Tumormarker CA15-3 und CEA werden nicht dargestellt, da diese nicht in der Gesundheitsinformation erläutert werden und nicht zu den gängigen Früherkennungsmaßnahmen zählen (Stiftung Warentest, 2009a).
Die Tastuntersuchung der Brust, auch als klinische Brustuntersuchung bezeichnet, beinhaltet die Inspektion der weiblichen Brust. Auch die Beschreibung und Dokumentation der Diagnose gehören dazu (Albert, König, Wagner & Kreienberg, 2008). Im Rahmen des Krebsfrüherkennungsprogramms der deutschen Krankenversicherungen haben Frauen ab einem Alter von 30 Jahren jährlich einen Anspruch auf eine solche Untersuchung (RKI & GEKID, 2012). Der exakte Ablauf der Untersuchung sieht wie folgt aus:
-Inspektion der Brust: Die Lymphknoten und deren Abflussgebiete, die Brusthaut sowie der Mamillen-Areola-Komplex werden während der Untersuchung bei sitzender oder stehender Position der Frau, welche ihre Arme zunächst in die Hüfte stemmt und anschließend über den Kopf streckt, untersucht. Ziel: Überprüfung von Form und Größe, sowie von Haut- und Brustwarzenveränderungen.
-Palpation der Brust:In aufrechter Position wird die Brust der Frau mit einer Dreifingermethode systematisch untersucht.
-Dokumentation und Interpretation möglicher Befunde:Klinische Anamnese der Patientin hilft bei der Einschätzung des Befundes.
-Ergebnismitteilung:Auf verständliche Weise (Albert et al., 2008).
In einer Studie von Bobo, Lee und Thames (2000) wurden bei 6,9 Prozent aller KBUen Verdachtsbefunde aufgrund ertasteter Veränderungen der Brust gestellt. Die Studie untersuchte etwa 750000 klinische Brustuntersuchungen.
Die Studien, die für diese Bachelorarbeit recherchiert wurden, wiesen stark unterschiedliche Daten bezüglich der Sensitivität auf. Werte lagen zwischen 27,6 Prozent (Kolb, Lichy & Newhouse, 2002) und 58,8 Prozent (Bobo et al., 2000). Die Spezifität war bei allen im Schnitt sehr hoch. Die Werte lagen zwischen 93,4 Prozent (Bobo et al., 2000) und 99,4 Prozent (Kolb et al., 2002).
In der Metaanalyse von Elmore, Armstrong, Lehmann und Fletcher (2005) wurde gezeigt, dass die Anzahl falsch positiver Befunde mit der Anzahl der durchgeführten Untersuchungen steigt. Bancej et al. (2003) konnten in ihrer Studie mit Frauen zwischen 50 und 69 Jahren eine Rate von 61,9 Prozent an nicht entdeckten Krebserkrankungen ausmachen. Würde die genannte Untersuchung nicht durchgeführt werden, würden drei Krebserkrankungen bei 10000 Screenings nicht entdeckt werden. Bezüglich der Diagnoserate haben Bancej et al. (2003) folgende Ergebnisse veröffentlicht: 4,6 bis 5,9 Prozent der Tumore werden durch die KBU erkannt.
Das Risiko einer falsch positiven Diagnose liegt im Schnitt bei 22,3 Prozent nach der Teilnahme an zehn klinischen Untersuchungen (Elmore et al., 1998). 31,7 bis 37,2 Prozent der mit der Mammographie (siehe Kapitel 2.4.2) entdeckten Tumore würden auch mit Hilfe der KBU diagnostiziert werden (Bancej et al., 2003).
Die Teilnahme an einer klinischen Brustuntersuchung kann hilfreich bei der Früherkennung von Brustkrebs sein (Bodo et al., 2000). Dennoch ist bisher unklar, inwieweit sich die Untersuchung auf die Sterblichkeit der Frauen auswirkt (Bancej et al., 2003).
Die Mammographie wird für Frauen ab einem Alter von 50 Jahren alle zwei Jahre im Rahmen eines Mammographie-Screening-Programms der Krankenkassen kostenlos durchgeführt. Vor der ersten Teilnahme sollte eine Aufklärung durch den behandelnden Arzt stattfinden. Es handelt sich bei der Mammographie um eine Röntgenuntersuchung der Brust. Beide Brüste der Frau werden zwischen zwei Kunststoffplatten so flach wie möglich gedrückt. Bei dieser apparativen Diagnostik soll ermöglicht werden, potentielle Karzinome in Brustdrüsen oder Milchgängen zu einem Zeitpunkt zu entdecken, an dem die Krankheit noch nicht manifest ist. Die entstandenen Aufnahmen, die entweder als Röntgenbild oder als Computerdarstellung vorliegen, werden durch gut geschultes Fachpersonal interpretiert (Albert et al., 2008).
Mit der Mammographie kann eine Senkung der Brustkrebsmortalität von 15 Prozent erreicht werden. Dennoch besteht auch die Gefahr von falsch positiven Ergebnissen beziehungsweise von Überdiagnosen. Diese belaufen sich auf circa 30 Prozent (Gotzsche & Nielson, 2011). Elmore et al. (2005) fanden ähnliche Ergebnisse heraus. Bei Frauen zwischen 50 und 69 Jahren kann die Brustkrebsmortalität um 20 bis 35 Prozent gesenkt werden. Bei Teilnehmerinnen unter 50 Jahren ist dieser Prozentsatz leicht niedriger. Die Wirkung der Mammographie ist deshalb niedriger, weil die Brustdichte höher ist. Mammographie bei Frauen über 70 Jahren weist ebenfalls eine niedrigere Mortalitätsreduktion auf. Ein Mammogramm, das einen negativen Befund zeigt, kann demnach auch falsch sein. Die Untersuchungen zeigten zudem, dass kaum ein Unterschied in den gestellten Diagnosen zwischen digitaler und Filmmammographie besteht (Elmore et al., 2005).
60 bis 64,3 Prozent der Krebserkrankungen werden nach Bancej et al. (2003) bei der Mammographie entdeckt. Außerdem können mit der Mammographie 83,6 bis 88,6 Prozent der Tumore erkannt werden, die auch bei der KBU diagnostiziert werden würden (ebd.).
Die Sensitivität der Mammographie liegt nach verschiedenen Studien zwischen 75 Prozent (Elmore et al., 2005) und 77,6 Prozent (Kolb et al., 2002), die Spezifität zwischen 92,3 Prozent (Elmore et al., 2005) und 98,8 Prozent (Kolb et al., 2002). Die Sensitivität nimmt mit steigender Brustdichte ab. Auch das Alter der Frau spielt eine wichtige Rolle bei der Erfassung der Sensitivität und Spezifität der Untersuchung (Kolb et al., 2002).
Untersuchungen von Elmore et al. (1998) haben gezeigt, dass 23,8 Prozent der in ihrer Studie gescreenten Frauen mindestens eine falsch positive Diagnose erhalten haben. Das errechnete Risiko für eine falsch positive Diagnose liegt bei 49,1 Prozent nach zehn Mammographien. Folgen der falsch positiven Ergebnisse sind weitere Brustuntersuchungen mit einem Ultraschallgerät sowie eine gehäufte Anzahl von Biopsien (Elmore et al., 1998).
Elmore et al. (2005) sehen die Mammographie als Hauptfrüherkennungsmethode an, Ultraschall der Brust und eine Magnetresonanztomographie (MRT) sollten nicht empfohlen werden. Bessere Techniken zur Vermeidung von falsch positiven Diagnose sollten angestrebt werden (Elmore et al., 1998).
Nachteile der beiden Brustkrebsfrüherkennungsmaßnahmen liegen in der erhöhten Anzahl falsch positiver Diagnosen und den daraus folgenden Überbehandlungen. Auch Ängste können sich dadurch entwickeln. Bei der Mammographie können zudem Schmerzen während der Durchführung entstehen (Elmore et al., 2005).
Prostatakarzinome entstehen zu etwa 75 Prozent in den hinteren Drüsenanteilen, die weiter von der Harnblase weg liegen. Dadurch treten kaum frühzeitig erkennbare Beschwerden durch diese sehr langsam wachsenden Karzinome auf (Huch & Jürgens, 2011). Spezifische Frühsymptome der Erkrankung gibt es nicht (Jacobi & Rübben, 2009).
Als Hauptrisikofaktor für die Entstehung eines Prostatakarzinoms ist das Alter anzusehen. Auch das Hormon Testosteron spielt eine entscheidende Rolle. Weitere Risikofaktoren, wie beispielsweise die Erkrankung eines nahen Verwandten, Lebensstil, Ernähung oder Umwelt, konnten noch nicht bestätigt oder widerlegt werden, da die Entstehung des Prostatakrebs nicht endgültig bekannt ist.
Prostatakrebs ist der am häufigsten diagnostizierte Krebs bei Männern. 25,1 Prozent beträgt der prozentuale Anteil an allen Krebsneuerkrankungen in Deutschland im Jahr 2008. Zudem gilt diese Krebsart als dritthäufigste Todesursache. Pro Jahr erkranken etwa 64000 Männer, es sterben etwa 11000 (RKI & GEKID, 2012).
Früherkennungsmaßnahmen für Prostatakrebs sind unter anderem die digital-rektale Untersuchung (DRU) sowie der Prostata-spezifisches-Antigen (PSA) Test. Weitere Möglichkeiten, wie der transrektale Ultraschall (Stiftung Warentest, 2009b) werden in der vorliegenden Bachelorarbeit nicht beschrieben. Die Untersuchung ist kein Bestandteil der Gesundheitsinformation.
Die Prostata des Mannes kann zur Früherkennung eines Karzinoms digital-rektal untersucht werden. Diese Tastuntersuchung ist Teil des Früherkennungsprogramms von Krankenkassen und ist somit für Männer ab 45 Jahren einmal pro Jahr kostenlos durchführbar. Da keine Apparaturen benötigt werden, können Urologinnen/ Urologen diese Untersuchung mit geringer Belästigung für den Teilnehmenden vornehmen (Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V., 2011). Bei der Untersuchung liegt der Mann auf dem Rücken oder der Seite, steht mit dem Oberkörper nach vorne gebeugt oder kniet. Der behandelnde Arzt führt die Inspektion und Palpation vom After aus mit dem Zeigefinger durch. Wichtige Untersuchungskriterien sind Größe, Form, Abgrenzbarkeit, Konsistenz, Fluktuation, Druckschmerz, Knoten und Verhärtungen.
Ein Teil der Vorsteherdrüse, der seitliche und hintere Bereich, ist bei der DRU gut erreichbar. Die Untersuchung dauert nur wenige Minuten. Es folgt eine anschließende Beratung (Leitlinienprogramm Onkologie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V., der Deutschen Krebsgesellschaft e.V. und der Deutschen Krebshilfe, 2012).
Die DRU kann Tumore entdecken, die bei einem PSA-Test nicht diagnostiziert werden können. Dennoch konnten bisher keine Beweise dafür gefunden werden, dass diese Untersuchung effektiv bei der Vorbeugung gegen metastasierende Prostatakarzinome ist (Mistry & Cable, 2003).
Die Sensitivität beträgt 53,2 Prozent und die Spezifität liegt bei 83,6 Prozent (ebd.). Gibt es auffällige Befunde, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei diesen tatsächlich um Krebs handelt eins zu vier oder fünf. Ein unauffälliger Befund bedeutet hingegen nicht zwangsläufig, dass kein Krebs vorhanden ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem negativen Ergebnis ein Karzinom übersehen wurde, beträgt zehn Prozent (ebd.). Eine Metaanalyse großer Untersuchungen zu Prostatafrüherkennungsmaßnahmen zeigte einen positiven prädiktiven Wert der DRU zwischen 20 und 50 Prozent. Der Wert ist dann höher, wenn der dazu getestete PSA-Wert >zehn Nanogramm/Milliliter (ng/ml) ist (Roobol & Carlsson, 2013). Das Alter der Teilnehmer sollte unter 75 Jahren liegen, da die Gefahr der Überdiagnose mit steigendem Alter zunimmt (ebd.).
Beim PSA-Test wird mittels einer Blutentnahme der Tumormarker Prostata-spezifisches Antigen (PSA) erfasst. Es handelt sich nicht um einen Bestandteil der Krebsfrüherkennung der gesetzlichen Krankenkassen und muss von den Teilnehmenden als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) selbst getragen werden. Die Bestimmung erfolgt quantitativ. Ein Grenzwert ab ≥ vier ng/ml weist auf eine potentielle Krebserkrankung hin. Steigen die Daten des Parameters innerhalb eines Jahres um 0,75 ng/ml an, handelt es sich um einen auffälligen Befund. Aufgrund verschiedener Messverfahren können Werte unterschiedlich ausfallen. Eine einheitliche Kalibrierung ist daher wichtig, um einen Befund sicher auswerten zu können. Das PSA-Testergebnis kann nur das Risiko für das Vorliegen eines Prostatakarzinoms vorhersagen. Eine Aufklärung über die Vor- und Nachteile dieses Vorgehens sollte vor der Untersuchung durchgeführt werden (Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V., 2011).
Der Nutzen des PSA-Tests wurde in vielen Studien überprüft. PSA-Werte zwischen 2,6 und vier ng/ml haben eine Entdeckung von Tumoren von bis zu 22 Prozent gezeigt. Je nach Wert werden bei 15 bis 50 Prozent der Teilnehmer Überdiagnosen gestellt. Beim zeitlichen Intervall zeigten sich im Zeitraum von zwei Jahren zwar eine niedrigere Inzidenz von Krebs im Vergleich zur Teilnahme alle vier Jahre, aber dennoch stieg auch die Zahl der Überdiagnosen und unnötigen Biopsien. Die Senkung des Auftretens von Prostatakrebs lag bei 13 Prozent. Eine jährliche Teilnahme hat die Inzidenz sogar um 29 Prozent gesenkt (Roobol & Carlsson, 2013). Nehmen Männer jährlich an einer solchen Untersuchung teil, würden ab einem Alter von 50 Jahren 3,2 Leben pro 1000 Männer gerettet werden (ebd.). Eine Studie von Hugosson et al. (2010) berichtete über eine Sterblichkeitsreduktion von 44 Prozent. Die Untersuchung der European Randomised Study of Screening for Prostate Cancer von Schröder et al. (2012) hingegen benannte bei zwei- bis vierjährlicher Teilnahme an Früherkennungsmaßnahme eine Reduktion der Sterblichkeit von 21 Prozent. Diesen beiden Studien gegenüber fand die US Prostate, Lung, Colorectal and Ovarian Cancer Screening Studie von Andriole et al. (2012) keinerlei Verbesserungen der Lebensdauer aufgrund von Prostatakrebsfrüherkennungen. Auch Djulbegovic et al. (2010) konnten keine Effekte des Screenings auf die Sterblichkeit entdecken. Eine erhöhte Anzahl von Prostatakarzinomen, die keiner Behandlung bedürfen, dennoch aber behandelt werden, wurden in ihrer Metaanalyse beschreiben.
Die Sensitivität des PSA-Tests liegt bei 72,1 Prozent, die Spezifität bei 93,2 Prozent. Der positive prädiktive Wert bei 25,1 Prozent (Mistry & Cable, 2003). Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei einem auffälligen Befund um ein Karzinom handelt, liegt bei eins zu vier bis fünf. Ist der Befund negativ, kann ein Karzinom übersehen worden sein. Die Wahrscheinlichkeit hierfür beträgt zehn Prozent (ebd.).
Insgesamt können mit einer Kombination aus PSA-Test und DRU laut der Meta-Analyse von Mistry und Cable (2003) 83,4 Prozent aller lokalen Prostatakarzinome im Anfangsstadium entdeckt werden.
Darmkrebs entsteht zu etwa 75 Prozent im Dickdarm. Daher wird in diesem Kapitel speziell auf diesen circa 1,5 Meter langen Bereich des Darmes eingegangen.
Im Kolon können sich Polypen bilden, welche eine Wucherung der Darmschleimhaut darstellen. Diese Polypen, bei denen es sich um Vorstufen von Darmkrebs handelt, haben verschiedene Wuchsarten und können sich zu Karzinomen entwickeln. Gestielte, pilzförmige Polypen haben im Vergleich zu villösen, zottigen und breitbasigen Wucherungen ein niedrigeres Risiko, maligne zu entarten (Huch & Jürgens, 2011).
Risikofaktoren der Darmkrebsentstehung sind Bewegungsmangel, Übergewicht, falsche Ernährung, die sich durch ballaststoffarme, fett- und fleischreiche Kost auszeichnet sowie ein erhöhter Tabak- und Alkoholkonsum. Die Erkrankung eines nahen Verwandten steigert, wie eine bestehende chronisch-entzündliche Darmerkrankung ebenfalls das Risiko für ein Kolonkarzinom. Mit fortschreitendem Alter ist die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung erhöht (Huch & Jürgens, 2011; RKI & GEKID, 2012).
Pro Jahr erkranken etwa 65000 Menschen in Deutschland an Darmkrebs. Sowohl bei Männern als auch bei Frauen stellt ein Karzinom im Kolon die zweithäufigste Todesursache im Vergleich zu anderen Krebserkrankungen dar. Durch vermehrte Früherkennungsmaßnahmen wird versucht, die Sterblichkeitsrate zu senken (RKI & GEKID, 2012).
In den folgenden beiden Abschnitten wird auf den fäkalen okkulten Bluttest (FOBT) und die Koloskopie genauer eingegangen. Weitere Möglichkeiten der Darmkrebsfrüherkennung, wie die Sigmoidoskopie werden in dieser Arbeit nicht ausführlicher beschrieben. Auch immunologische Tests, der Nachweis von Genveränderungen im Stuhl, die Computertomographie, die Doppelkontrastuntersuchung und die Untersuchung der Tumormarker CA19-9 und CEA sowie der Test auf die Tumor-M2-Pyruvatkinase (Stiftung Warentest, 2009c) werden in dieser Arbeit nicht aufgeführt, da sie auch nicht Bestandteil der verfassten Gesundheitsinformation sind.
Der FOBT ist im Rahmen des Krebsfrüherkennungsprogramms der Krankenkassen für Personen ab einem Alter von 45 Jahren einmal im Jahr kostenlos (RKI & GEKID, 2012). Beim FOBT werden den Teilnehmenden drei Testbriefchen mit jeweils zwei Auftragefeldern gegeben. Auf diese werden drei Mal zwei konsekutive Stuhlproben gegeben. Mit diesem Test soll okkultes Blut im Stuhl entdeckt werden. Der Blutnachweis erfolgt über das mit Guaiakharz imprägnierte Filterpapier, das sich durch Hämoglobin im Stuhl und eine Zugabe von Wasserstoffperoxid blau verfärbt. Eine Aufklärung des Teilnehmenden vor dem Test ist von großer Bedeutung, da mit der Einhaltung der Leitlinien im Bezug auf die Ernährung und die Einnahme von Medikamenten vor der Untersuchung falsch positive Ergebnisse vermieden werden können. Bei positiven Ergebnissen, die sowohl falsch oder richtig sein können, wird immer eine endoskopische Nachuntersuchung (Koloskopie, siehe Kapitel 2.6.2) durchgeführt (Schmiegel et al., 2008).
Hardcastle et al. (1996) haben in ihrer Studie zum FOBT eine 15 prozentige Reduktion des Sterblichkeitsrisikos der am FOBT teilnehmenden Menschen im Vergleich zur Kontrollgruppe feststellen können. Die Rate der positiven Diagnosen stieg mit dem Alter an.
Die Sensitivität des FOBTs für die Entdeckung von Polypen liegt bei 20,2 Prozent. Die Spezifität bei 93,8 Prozent. Ein positiver Vorhersagewert von 64,5 Prozent wurde zudem in einer Studie von Graser et al. (2009) ermittelt. Bei Towler et al. (1998) lag die Sensitivität im speziellen des Hemoccult Test bei 46 bis 92 Prozent. Diese Unterschiede sind auf unterschiedlich verwendete Tests zur Ermittlung von okkultem Blut zurückzuführen. Mit steigender Größe des potentiellen Polypen sinkt die Spezifität (Graser et al., 2009).
Der Nutzen des FOBTs ist eines Cochrane Reviews zufolge bei ausgewählten Bevölkerungsgruppen, wie beispielsweise bei älteren Menschen, bezüglich der Sterblichkeit am höchsten. Das relative Risiko an Darmkrebs zu versterben kann mit einem FOBT um circa 16 Prozent verringert werden (Hewitson, Glasziou, Watson, Towler & Irwig, 2008). Pignone, Rich, Teutsch, Berg und Lohr (2002) drücken den Nutzen des FOBT wie folgt aus: Wenn der FOBT jährlich bei 500 bis 1000 Menschen über einen Zeitraum von zehn Jahren angeboten werden würde, würde ein Tod bedingt durch Darmkrebs verhindert werden.
Der systematische Review von Towler et al. (1998) nannte folgende Zahlen: Würde ein zweijährig stattfindender FOBT 10000 Menschen angeboten werden und würden von diesen 10000 Menschen zwei Drittel mindestens einmal über einen Zeitraum von zehn Jahren teilnehmen, würden 8,5 Todesfälle bedingt durch Darmkrebs verhindert werden.
Die Koloskopie ist ein endoskopisches Verfahren zur Krebsfrüherkennung. Ab einem Alter von 55 Jahren können sich Männer und Frauen entweder für einen zweijährlichen FOBT entscheiden, oder sie lassen insgesamt zwei Mal ab dem 55. Lebensjahr eine Koloskopie durchführen. Vor der Darmspiegelung sollte der Darm der Teilnehmenden ausreichend gereinigt sein. Dafür wird ab drei Tagen vor der Durchführung eine Diät verordnet. Zudem ist die Einnahme eines starken Abführmittels für die Reinigung des Darmes notwendig. Bei der eigentlichen Untersuchung wird das Koloskop über den After bis zum Coecum vorgeschoben. Beim Rückzug, der mindestens sechs Minuten dauern sollte, wird die Darmschleimhaut inspiziert. Ziel ist es, Polypen im Darm zu entdecken und wenn möglich direkt zu entfernen (Schmiegel et al., 2008).
Pignone et al. (2002) haben in denen von ihnen untersuchten Studien Zahlen zwischen 76 und 90 Prozent zur Vermeidung von Krebserkrankungen bei regelmäßiger Teilnahme an einer Koloskopie ausgemacht. Die Ergebnisse sind jedoch kritisch zu betrachten, da die verwendete Kontrollgruppe nicht aus derselben Population stammt und somit Verzerrungen möglich sind. In einer Untersuchung von Graser et al. (2009) lag die Sensitivität der Koloskopie bei 97,3 Prozent. Die Spezifität betrug 59,8 Prozent. Pignone et al. (2002) wiesen ähnliche Zahlen auf. Je größer ein potentieller Polyp ist, desto höher wurden auch Sensitivität und Spezifität der Untersuchung. Sechs bis 12 Prozent der größeren Polypen werden dennoch nicht entdeckt (Graser et al., 2009). Risiken der Untersuchung sehen Pignone et al. (2002) vor allem in der Sedierung und den Komplikationen, die während der Untersuchung und danach auftreten können. Vorteile der Koloskopie liegen in der höheren Anzahl entdeckter Polypen im Vergleich zu anderen Methoden, beispielsweise der Sigmoidoskopie (Lieberman et al., 2000).
Der Begriff der Patienten- oder Gesundheitsinformation wird in vielen Bereichen mit unterschiedlichen Bedeutungen verwendet. Informationen können Aspekte zu therapeutischen oder diagnostischen Maßnahmen beinhalten, oder auch Wissen bezüglich der Qualität von Versorgung übermitteln (Sänger, Lang, Klemperer, Thomeczek & Dierks, 2006). Eine Gesundheitsinformation beziehungsweise eine Patienteninformation wird nach Sänger et al. (2006, S. 12) wie folgt definiert:
„Evidenzbasierte Patienteninformationen beruhen auf objektiven und wissenschaftlich belegten Aussagen zu Erkrankungen und deren Untersuchungs- und Behandlungsmöglichkeiten. Sie berücksichtigen die zum Zeitpunkt der Erstellung vorhandenen besten und aussagekräftigsten Daten zu den untersuchten Themen und die Erfahrungen und Bedürfnisse betroffener Patienten. Evidenzbasierte Patienteninformationen müssen für Menschen ohne medizinische Vorbildung verständlich und relevant sein. Relevanz bedeutet, dass als „Erfolgsfaktoren“ der Behandlung auch solche dargestellt werden, die für Patienten bedeutsam sind. Dies sind insbesondere die Lebenserwartung und die Lebensqualität. Unter diesen Voraussetzungen sind evidenzbasierte Patienteninformationen eine Grundlage für Patienten, Entscheidungen für oder gegen in Frage kommende Untersuchungs- oder Behandlungsmaßnahmen zu treffen.
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