Bachelorarbeit, 2015
38 Seiten, Note: 1,7
1. Einleitung
2. Aufgabenverteilung nach der Theorie des Fiskalföderalismus
2.1 Bereitstellung öffentlicher Güter
2.2 Interpersonelle Umverteilung
2.3 Makroökonomische Stabilisierung
2.4 Instrumente auf der Einnahmeseite der Fiskalpolitik zur Umsetzung der Aufgaben in einem föderalen System
3. Aufgabenverteilung in der Europäischen Union
3.1 Das Subsidiaritätsprinzip
3.2 Nationale öffentliche Güter
3.3 Umverteilung und Kohäsionspolitik
3.4 Geld- und Fiskalpolitik
3.5 Zwischenfazit: Aufgabenverteilung in Theorie und Praxis
4. Probleme in der aktuellen Fiskalpolitik
4.1 Einschränkung der Flexibilität nationaler Fiskalpolitiken
4.2 Defizite in der Koordinierung
4.3 Das EU-Budget
5. Vorschläge zur zukünftigen Reform einer europäischen Fiskalpolitik
5.1 Erweiterung des EU-Budgets
5.2 Eine Fiskalunion
6. Fazit
Literaturverzeichnis
Robert Schuman schlug in einer Rede am 9. Mai 1950 die Entwicklung Europas hin zu einer Föderation vor, deren langfristiges Ziel die Integration Europas sein sollte.1
Seit dieser Rede - als Schumann-Erklärung bekannt geworden - sind knapp 65 Jahre vergangen. Durch einen langen Integrationsprozess hat sich Europa inzwischen in Form eines Staatenverbundes, der Europäischen Union (im weiteren Text: EU), zusammengefunden.
Durch diesen Integrationsprozess ist die EU insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht enger zusammengewachsen. Es gibt in der EU mit einem großen Bin- nenmarkt einen freien Verkehr von Waren, eine gemeinsame Währung, eine hohe Mobilität von Kapital und die Möglichkeit zur Mobilität der Bewohner.2 In politischer Hinsicht ist der Integrationsprozess jedoch vergleichsweise nicht so weit gediehen. Zwar gibt es mit der EU eine zentrale Ebene des Staatenver- bundes, jedoch ist diese in ihren Kompetenzen entscheidungsschwächer im Ge- gensatz zur zentralen Ebene einer Föderation; insbesondere auf der zentralen Ebene ist das Erreichen politischer Ziele mindestens sehr schwierig.3 Zudem gibt es Konflikte bei Entscheidungen, ob für eine Aufgabe die Ebene der EU oder die der Mitgliedstaaten zuständig ist.4
Mit der grundsätzlichen Aufteilung von Kompetenzen auf verschiedene Handlungsebenen des öffentlichen Sektors beschäftigt sich die Theorie des Fiskalföderalismus. Im Detail geht es dabei darum, welche Aufgaben auf der Ausgabenseite und welche Instrumente auf der Einnahmeseite am besten auf einer zentralen Ebene und welche auf einer dezentralen Ebene anzuordnen sind.5 Dabei bezieht sich der Begriff Föderalismus in der Theorie des Fiskalföderalismus nicht ausschließlich auf Föderationen, sondern generell auf Staaten die aus einem mehrstufigen Gebietskörperschaftssystem bestehen.
Die Aufgaben, um die es bei der Kompetenzaufteilung zwischen zentraler und dezentraler Ebene in der Theorie des Fiskalföderalismus geht, sind nach Musgrave die Bereitstellung öffentlicher Güter, die interpersonelle Umverteilung von Einkommen und die makroökonomische Stabilisierung.6
Ziel dieser Arbeit ist es zu untersuchen, wie die Aufgabenverteilung nach der Theorie des Fiskalföderalismus auf die Verhältnisse in der EU angewandt wird. Dabei soll insbesondere der Frage nachgegangen werden, wie die Aufteilung der Fiskalpolitik, die ein elementarer Bestandteil der Aufgabe der makroöko- nomischen Stabilisierung ist, auf der Ebene der Mitgliedstaaten organisiert ist und welche Probleme diese Aufteilung in dem aktuellen Regelrahmen, der in der EU gilt, mit sich bringt. Es soll ebenfalls dargelegt werden, wie eine zentra- le Gestaltung der Fiskalpolitik, wie bei der Geldpolitik, aussehen könnte.
Kapitel 2 beschreibt daher die Verteilung der Aufgaben nach der Theorie des Fiskalföderalismus zwischen dezentraler und zentraler Ebene. Kapitel 3 analysiert die Anwendung der Aufgaben nach der Theorie des Fiskalföderalismus auf die EU. Dabei soll herausgearbeitet werden, dass gerade im Bereich der Aufgabe der makroökonomischen Stabilisierung ein großer Unterschied zwischen der Theorie des Fiskalföderalismus und ihrer praktischen Umsetzung besteht. Kapitel 4 beleuchtet insbesondere den aktuellen Rahmen der Fiskalpolitik und stellt dessen Probleme heraus. Kapitel 5 zeigt zwei Vorschläge zur Reform der Fiskalpolitik nach der Theorie des Fiskalföderalismus auf.
Um den normativen Regelrahmen des Fiskalföderalismus nachvollziehen zu können, wird im folgenden Kapitel die Kompetenzaufteilung der Aufgaben in der öffentlichen Finanzwirtschaft basierend auf den Überlegungen von Musgrave, die Bereitstellung öffentlicher Güter, die Umverteilung von Einkommen und die makroökonomische Stabilisierung zwischen zentraler und dezentraler Ebene näher betrachtet.7,8 Darüber hinaus wird dargelegt, inwiefern Effizienzüberlegungen, also Kosten- und Nutzenabwägungen, die Verteilung der Aufgaben auf die verschiedenen Ebenen beeinflussen.
Zu diesem Zweck wird auch auf die Einnahmeseite der Theorie des Fiskalföderalismus eingegangen, welche diejenigen Instrumente aufzeigt, die zum Ausführen der Aufgaben bereitstehen.
Eine Gebietskörperschaft stellt öffentliche Güter dann bereit, wenn ein Gut nicht oder nur ungenügend durch private Märkte bereitgestellt wird. Öffentliche Güter sind dadurch gekennzeichnet, dass bei diesen keine Rivalität im Konsum existiert und von deren Nutzen kein Individuum ausgeschlossen werden kann.
Im Fiskalföderalismus wird grundsätzlich zwischen zwei Arten von öffentli- chen Gütern unterschieden. Einerseits gibt es nationale öffentliche Güter, von denen jedes Individuum gleichermaßen profitiert, ohne dass es durch den Kon- sum dieser Güter durch andere Individuen eingeschränkt wird. Dies gilt unab- hängig von der Ebene der Gebietskörperschaft der Föderation, in der das Indi- viduum lebt, wie bspw. Bei dem öffentlichen Gut der Landesverteidigung.9 An- dererseits spricht man von lokalen öffentlichen Gütern, deren Nutzen auf eine bestimmte Gruppe der Bevölkerung beschränkt ist, bspw. auf die Bewohner einer bestimmten Gebietskörperschaft.10
Nationale öffentliche Güter werden am effizientesten von einer Zentralregierung bereitgestellt, da jeder Bewohner einer Föderation gleichermaßen davon profitiert. Würde ein nationales öffentliches Gut nicht von zentraler Ebene bereitgestellt, sondern jeweils von einzelnen Gebietskörperschaften, würde dies zu einem nicht effizienten Output-Level führen.11
Lokale öffentliche Güter dagegen werden jeweils von der Gebietskörperschaft bereitgestellt, deren Angebot im Konsum durch die Bewohner auf die Grenzen der Gebietskörperschaft beschränkt ist. Diese dezentrale Bereitstellung von lo- kalen öffentlichen Gütern führt zu einer Wohlfahrtsmaximierung und einer Ef- fizienzsteigerung, welche bei einem einheitlichen Angebot von Gütern für alle Gebiete nicht gegeben wäre. Dies basiert auf der Annahme, dass räumlich ge- trennte heterogene Präferenzen vorliegen. Folglich können die jeweiligen Ge- bietskörperschaften die Güterbereitstellung entsprechend der Präferenzen ihrer Bewohner und über die Kosten der Bereitstellung ihrer Gebietskörperschaft so anpassen, dass die Wohlfahrt insgesamt maximiert wird.12
Die Mobilität, so die Annahme, ist der Grund dafür, dass die Einwohner mit gleichen Präferenzen jeweils in gleichen Gebietskörperschaften leben. Ähnlich hat es auch Charles Tiebout beschrieben, der in einem Modell eine Metropolre- gion beschreibt, die aus vielen kleinen Gebietskörperschaften besteht und in der sich jeder Bewohner in diejenige Gebietskörperschaft begibt, die am ehesten seine Präferenzen in Form des Güterangebotes wiederspiegelt; diese Mobilität maximiert die Wohlfahrt.13 Anders formuliert wird dies auch als Abstimmung mit den F üß en bezeichnet.14
Neben Wohlfahrtsmaximierung und Mobilität gibt es im Zusammenhang mit der Bereitstellung lokaler öffentlicher Güter auch externe Effekte, sogenannte Spillover-Effekte. Diese sind Nutzen oder Kosten, die einer benachbarten Ge- bietskörperschaft durch die Bereitstellung eines lokalen öffentlichen Gutes ent- stehen. Da eine lokale Gebietskörperschaft jedoch versucht die Wohlfahrt der eigenen Bewohner zu maximieren, wird sie auf das Erzeugen von Spillover- Effekten keine Rücksicht nehmen. Daher kommt es zu einer nicht optimalen Bereitstellung der lokalen Güter. Es ist folglich erstrebenswert, diese externen Effekte zur Wohlfahrtsmaximierung zu internalisieren. Kann eine lokale Regierung die Spillover-Effekte eines öffentlichen Gutes nicht mehr internalisieren, kommt die Aufgabe der Bereitstellung dieses Gutes der nächst höheren Ebene zu, um so das Auftreten externer Effekte zu minimieren.
Es geht also um die optimale Aufgabenverteilung bei der Bereitstellung lokaler öffentlicher Güter zwischen den verschiedenen dezentralen Ebenen. Darin flie- ßen auch Skaleneffekte ein. Wenn die Skalenerträge bei der Bereitstellung eines Gutes durch eine Verschiebung der Bereitstellung von einer niedrigeren zu ei- ner höheren Ebene zunehmen, Produktivität und Effizienz folglich steigt, so ist idealerweise die Bereitstellung von einer höheren Ebene durchzuführen.
Eine Gebietskörperschaft sollte im optimalen Fall alle Nutznießer und Erbrin- ger - wie die Steuerzahler, die eine Bereitstellung finanzieren - eines Gutes um- fassen. In diesem Falle wird im Fiskalföderalismus von perfekter Korrespon- denz gesprochen.15
Eine Bereitstellung nationaler öffentlicher Güter erfolgt durch die zentrale Ebe- ne, um einerseits externe Effekte zu vermeiden und die hohen Skaleneffekte durch eine zentrale Bereitstellung auszunutzen. Andererseits sind die Präferen- zen der Bewohner im gesamten Gebiet einer Föderation für dieses öffentliche Gut gleich.
Die genaue Aufteilung der Bereitstellung von lokalen öffentlichen Gütern auf die verschiedenen Ebenen hat Oates mit dem Dezentralisierungstheorem be- schrieben:
„For a public good - the consumption of which is defined over geographical subsets of the total population, and for which the costs of providing each level of output of the good in each jurisdiction are the same for the central or the respective local govern- ment - it will always be more efficient (or at least as efficient) for local governments to provide the Pareto-efficient levels of output for their respective jurisdictions than for the central government to provide any specified and uniform level of output across all jurisdictions.”16
Nach diesem Theorem ist die Bereitstellung eines öffentlichen Gutes durch die niedrigste Ebene demzufolge mindestens so effizient wie die Bereitstellung durch eine höhere Ebene, unter der Voraussetzung, dass die Kosten für die Bereitstellung auf zentraler und dezentraler Ebene gleich sind.
In der Theorie des Fiskalföderalismus wird die Aufgabe der Umverteilung mit dem Ziel einer gleichen Verteilung von Einkommen für alle Bewohner von zentraler Ebene, also von einer Zentralregierung ausgeführt. Die Umverteilung im Fiskalföderalismus bezieht sich auf interpersonelle Umverteilung, also von einem Bewohner zum anderen. Der Grund für die zentrale Organisation der Umverteilung liegt darin, dass dezentrale Ebenen in der Ausführung der Um- verteilungsaufgaben aufgrund der individuellen Mobilität der Bewohner inner- halb einer Föderation und dem darin begründeten Ausweichverhalten einge- schränkt sind.
Wenn ein hoher Grad an Mobilität der Bewohner gegeben ist, die Umverteilung auf dezentraler Ebene durchgeführt würde und jede Gebietskörperschaft ihr eigenes Umverteilungsprogramm hätte - es somit einen Wettbewerb zwischen den verschiedenen Gebieten gäbe - würden die Bewohner mit niedrigem Ein- kommen stets in die Gebietskörperschaft wandern, die das beste Umvertei- lungsprogramm für sie verspricht. Die Bewohner mit höherem Einkommen dagegen würden aus eben dieser Gebietskörperschaft in benachbarte Gebiets- körperschaften wegziehen, in denen sie dann bessergestellt sind.17
Um ein solches Ausweichverhalten zu verhindern, muss diese Umverteilung auf zentraler Ebene geregelt werden. Damit werden die Präferenzen aller Bewohner gleichermaßen berücksichtigt und die Bewohner können sich dem Umvertei- lungsprogram nicht entziehen. Die Umverteilung muss auf derjenigen zentralen Ebene ausgeführt werden, die das Gebiet der Mobilität umgrenzt, d.h. die Zent- ralregierung.
Ein weiteres Argument für die Notwendigkeit einer zentralen Ausführung der Umverteilung ist, dass das Wohlbefinden der geringverdienenden Bevölkerung als nationales öffentliches Gut gesehen werden kann, weshalb die Zentralregierung für die Umverteilung zuständig ist.18
Neben der Bereitstellung öffentlicher Güter und der Umverteilung von Ein- kommen ist die Aufgabe der makroökonomischen Stabilisierung die letzte der drei Aufgaben nach Musgrave. Sie soll für ein stabiles makroökonomisches Umfeld mit Vollbeschäftigung, einem stabilen Preisniveau und Wachstum sor- gen. In der Theorie des Fiskalföderalismus fällt diese Aufgabe der Ebene der Zentralregierung zu.
In einem föderalen System sind die verschiedenen Gebietskörperschaften jeweils offene Wirtschaftsräume. Es ist die Aufgabe der Zentralregierung für einen Binnenmarkt innerhalb der Föderation zu sorgen, in dem es keine Handelsbarrieren gibt.19 Im Falle einer makroökonomischen Krise, bspw. in Form eines asymmetrischen Schocks, sind aufgrund der engen wirtschaftlichen Verknüpfung der Gebiete schnell auch andere Gebietskörperschaften neben dem Ursprungsgebiet betroffen. Um einer solchen Krise entgegenzutreten ist nach Keynes eine antizyklische Fiskalpolitik nötig.20
Würde die Aufgabe der makroökonomischen Stabilisierung nicht bei der Zent- ralregierung liegen, sondern auf dezentraler Ebene, müsste jede Gebietskörper- schaft selbst die antizyklischen fiskalpolitischen Maßnahmen einleiten. Aller- dings würde bei offenen Wirtschaftsräumen nicht nur die eigene Gebietskörper- schaft von der Fiskalpolitik profitieren, sondern auch die umliegenden und zwar umso mehr, je enger die Wirtschaftsräume miteinander verbunden sind; es ent- stehen dann Spillover-Effekte. Es käme dann zu einem Free-Rider Problem: jede Gebietskörperschaft würde den Anreiz haben darauf zu hoffen, dass je- weils eine benachbarte Gebietskörperschaft eine antizyklische Fiskalpolitik einleitet und sie so selbst von diesen Ausgaben des Nachbarn profitieren würde, ohne jedoch selbst solche Ausgaben tätigen zu müssen.21
Wird die Aufgabe hingegen von einer Zentralregierung durchgeführt, kann das Free-Rider Problem verhindert, externe Effekte internalisiert und die betroffe- nen Gebietskörperschaften durch eine gezielte Koordination unterstützt werden.
Oates hat in einem Aufsatz in einem lokalen Einkommens- und Zahlungs- Modell die Wirkung einer Fiskalpolitik durch lokale Gebietskörperschaften untersucht. Er folgert, dass eine Zentralregierung die Aufgabe der makroöko- nomischen Stabilisierung wahrnehmen muss, da bei dezentraler Wahrnehmung der Fiskalmultiplikator für die Gebietskörperschaft, die aktiv antizyklische Fis- kalpolitik betreibt, umso kleiner ausfällt je offener die Wirtschaftsräume sind.22
Auf dezentraler Ebene gäbe es dann nicht nur Ineffizienzen in der Fiskalpolitik, sondern auch bei der Geldpolitik. Die Geldpolitik soll ein stabiles Preisniveau sichern. Dies erfolgt primär durch die Steuerung der Geldmenge. So trägt auch die Geldpolitik zur Aufgabe der makroökonomischen Stabilisierung bei. Wäre die Geldpolitik in Verantwortung dezentraler Gebietskörperschaften, bestünde ein Anreiz für diese, ihre Ausgaben nicht direkt durch Steuern, sondern bspw. durch die Vermehrung der Geldmenge zu finanzieren. Die Folge wäre eine starke lokale Inflation. Um dies zu verhindern und damit alle Gebietskörper- schaften innerhalb einer Föderation gleichmäßig von einem stabilen Preisniveau profitieren, sollte auch die Geldpolitik auf der Ebene der Zentralregierung an- gesiedelt werden.23
Wäre die Aufgabe der makroökonomischen Stabilisierung dezentral geregelt und auf einer Defizit-finanzierten Politik basiert, käme es zu einem weiteren Effekt. Unter der Annahme einer hohen Mobilität von Kapital innerhalb einer Föderation stammt das Geld, welches sich eine lokale Gebietskörperschaft für diese Politik leihen würde, aus anderen Gebietskörperschaften. Dieses führte dazu, dass zukünftig reale Einkünfte einer Gebietskörperschaft in andere ab- flössen; diese Einkünfte müssten durch höhere Abgaben der Bewohner oder weitere Schulden der betroffenen Gebietskörperschaft finanziert werden.24
Wird die Aufgabe der makroökonomischen Stabilisierung dagegen zentral geregelt, leiht sich die Zentralregierung Geld von den Bewohnern der eigenen Föderation. Dies gründet sich vor allem auf der Annahme, dass die internationale Mobilität von Kapital beschränkter ist als deren Mobilität innerhalb einer Föderation. In der Folge liegt dann eine interne Schuld vor. Die daraus resultierenden Ausgaben fließen dann zukünftig an die Bewohner der eigenen Föderation zurück. So kann eine Defizit-finanzierte Politik durchgeführt und die Wirtschaft innerhalb einer Föderation angekurbelt werden ohne dass zukünftig Einkünfte an andere Gebietskörperschaften abfließen.
Durch fixe Wechselkurse oder eine gemeinsame Währung innerhalb einer Fö- deration, sodass also alle Gebietskörperschaften einer Föderation der gleichen Währungsunion angehören, gehen flexible Wechselkurse als fiskalpolitisches Stabilisierungsinstrument verloren.25 In der Theorie optimaler Währungsräume, die ebenfalls durch eng verknüpfte, offene Wirtschaftsräume gekennzeichnet ist und die eine gemeinsame Währung besitzen, werden folgende Stabilisierungs- möglichkeiten als Antwort auf asymmetrische Schocks erachtet: Flexibilität von Löhnen und Preisen, Mobilität von Arbeitskräften und ein von einer Zentralre- gierung organisiertes Transfersystem, in dem über ein zentrales Budget von einer Krise weniger betroffene Gebietskörperschaften Zahlungen an mehr be- troffene Gebietskörperschaften leisten.26
Wird die Aufgabe der makroökonomischen Stabilisierung auf zentraler Ebene organisiert, werden die oben beschriebenen Ineffizienzen bei Geldpolitik und Fiskalpolitik auf dezentraler Ebene verhindert. Es kann dann eine effektive, antizyklische Stabilisierungspolitik durch diskretionäre Fiskalpolitik und auto- matische Stabilisatoren für eine gesamte Föderation erreicht werden. In diesem Zusammenhang kommt besonders dem Budget der Zentralregierung eine be- sondere Bedeutung zu: es soll automatische Stabilisatoren enthalten, um so schnell und effektiv im Krisenfall zu agieren. Ebenso soll es über eine gewisse Höhe verfügen, um mit diskretionärer Fiskalpolitik Krisen entgegenzuwirken und um mit automatischen Stabilisatoren überhaupt eine Wirkung zu erzielen.27
Steuern, Schulden und zwischenstaatliche Zuweisungen sind in der Theorie des Fiskalföderalismus Instrumente auf der Einnahmeseite zur Bewältigung der unter 2.1 - 2.3 beschriebenen Aufgaben.
Steuern dienen auf der einen Seite der Finanzierung der öffentlichen Güter und können auf der anderen Seite auch als automatische Stabilisatoren im Hinblick auf eine makroökonomische Stabilisierung angewendet werden. Das Problem der vertikalen Besteuerungskompetenz in einem mehrstufigen Gebietskörperschaftsystem wird auch als Tax-Assignment-Problem bezeichnet und beschäftigt sich mit der Frage: Welche Ebene besteuert was und mit wel- chen Steuern am besten?
[...]
1 Vgl. Schuman (1950).
2 Vgl. Alves und Alfonso (2008), S. 6.
3 Vgl. Alves und Alfonso (2008), S. 6.
4 Vgl. Kapitel 3.2.
5 Vgl. Oates (1999), S. 1120.
6 Vgl. Musgrave (1959), S. 3.
7 In der vorliegenden Arbeit gilt für die Aufteilung der Föderation wie folgt: Die oberste Ebene bildet die Zentralregierung, darunter folgen die verschiedenen Staaten als Gebietskörper- schaften, welche wiederum in lokale dezentralere Gebietskörperschaften aufgegliedert sind.
8 Vgl. Musgrave (1959), S. 3.
9 Vgl. Samuelson (1954), S. 387.
10 Vgl. Oates (1972), S. 11.
11 Vgl. Oates (1972), S. 9.
12 Vgl. Rodden (2006), S. 19.
13 Siehe dazu Tiebout (1956), S. 418 ff.
14 Vgl. Rodden (2006), S. 19.
15 Vgl. Oates (1972), S. 34.
16 Oates (1972), S. 35.
17 Vgl. Oates (1972), S. 7.
18 Vgl. Doolittle und Ladd (1982), S.328 und 2.1.
19 Vgl. Tabellini (2003), S. 76.
20 Vgl. Oates (1972), S. 5.
21 Vgl. Oates (1972), S. 3.
22 Vgl. Oates (1968), S. 38 ff.
23 Vgl. Oates (1972), S. 4.
24 Vgl. Oates (1972), S. 5.
25 Vgl. Tabellini (2003), S. 79 und Bordo et al. (2011), S. 3.
26 Vgl. Mundell (1961), S. 658 f. und Sala-i-Martin und Sachs (1992), S. 198.
27 Vgl. Oates (2002), S. 43.
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