Bachelorarbeit, 2016
58 Seiten, Note: 1,0
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Begriffliche Grundlagen
2.1 Arbeitszufriedenheit
2.2 Vertrauensarbeitszeit
2.3 Die Beziehung zum Vorgesetzten im Rahmen der Vertrauensarbeitszeit
3 Herleitung der Hypothesen
4 Empirische Untersuchung des Zusammenhangs zwischen
Vertrauensarbeitszeit und Arbeitszufriedenheit
4.1 Methodisches Vorgehen und Fragebogendesign
4.2 Beschreibung der Teilnehmer
4.3 Ergebnisdarstellung
5 Diskussion der Ergebnisse
6 Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Das Zieldreieck der Vertrauensarbeitszeit (eigene Darstellung, in Anlehnung an: Hoff 2002, S. 16)
Abb. 2: Modell zur Hypothese 1 (eigene Darstellung)
Abb. 3: Modell zur Hypothese 2 (eigene Darstellung)
Abb. 4: Abfragelogik des Fragebogens (eigene Darstellung)
Tab. 1: Kodierung der demographischen Variablen
Tab. 2: Demographisches Profil der Teilnehmer
Tab. 3: Mittelwerte, Standardabweichungen und Interkorrelationen der Untersuchungsvariablen
Tab. 4: Ergebnisse der einfachen linearen Regressionsanalyse
Tab. 5: Ergebnisse der Moderationsanalyse
In den vergangenen Jahrzehnten haben sich die Bedürfnisse von Mitarbeitern in Organisationen verändert (vgl. Scherm/Süß 2016, S. 10). Im Zuge des Wertewandels legen Mitarbeiter immer mehr Wert auf eine Balance zwischen Beruf und Privatleben. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und dem daraus resultierenden Fachkräftemangel müssen Unternehmen ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern, um qualifiziertes Personal zu gewinnen und zu binden. Die Unternehmen setzen verschiedene Maßnahmen ein, um auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter zu reagieren und somit die Arbeitszufrie-denheit zu erhöhen. Eine mögliche Maßnahme stellen flexible Arbeitsmo-delle dar (vgl. Scherm/Süß 2016, S. 9-11). Hierunter fallen beispielsweise die Telearbeit, die Gleitzeit und die Vertrauensarbeitszeit, welche in den Unter-nehmen weit verbreitet sind (vgl. Statista 2016).
Die Zusammenhänge zwischen der Gleitzeit und der Arbeitszufriedenheit (vgl. z. B. McNall/Masuda/Nicklin 2009) sowie der Telearbeit und der Ar-beitszufriedenheit (vgl. z. B. Gajendran/Harrison 2007) sind bereits doku-mentiert. Es finden sich jedoch bislang kaum Arbeiten, die den Zusammen-hang zwischen der Vertrauensarbeitszeit und der Arbeitszufriedenheit von Mitarbeitern untersuchen. Hier bestehen wichtige Unterschiede zur Gleitzeit und zur Telearbeit, da bei der Vertrauensarbeitszeit jegliche Erfassung und Kontrolle der Arbeitszeit seitens der Organisation wegfällt und nicht der zeit-liche Rahmen, sondern vielmehr das Arbeitsergebnis von Bedeutung ist (vgl. Pleßner 2005, S. 1-2).
Im Hinblick auf die fehlende Kontrolle bei der Vertrauensarbeitszeit könnte ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen dem Mitarbeiter und dem Vorge-setzten besonders wichtig sein, weil das Arbeitszeitmodell gänzlich auf Ver-trauen basiert (vgl. Hoff 2002, S. 30-31). Die Beziehung zum Vorgesetzten ist im Kontext des Zusammenhangs zwischen der Gleitzeit und der Arbeits-zufriedenheit bereits erforscht (vgl. z. B. Thomas/Ganster 1995). Es finden sich jedoch keine Studien, welche den Einfluss der Beziehung zum Vorge-setzten auf den Zusammenhang zwischen der Vertrauensarbeitszeit und der Arbeitszufriedenheit empirisch untersuchen.
Die daraus resultierende Forschungslücke ist aus verschiedenen Gründen als besonders relevant anzusehen: Zum einen wächst die Zahl der Unternehmen, welche die Vertrauensarbeitszeit einsetzen, sodass das Arbeitszeitmodell von zunehmender Bedeutung ist (vgl. Statista 2016). Zum anderen ist eine Ausei-nandersetzung mit der Arbeitszufriedenheit wichtig, da sie sich positiv auf die Einsatz- und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter auswirkt und zu einer geringeren Fluktuationsneigung führt (vgl. Thiele 2009, S. 55).
Vor diesem Hintergrund besteht das Ziel dieser Arbeit in einer empirischen Analyse des Zusammenhangs zwischen der Vertrauensarbeitszeit und der Arbeitszufriedenheit von Mitarbeitern. Zudem wird geprüft, inwieweit ein vertrauensvolles Verhältnis zum Vorgesetzten einen moderierenden Einfluss auf diesen Zusammenhang hat.
Die Arbeit beginnt mit der Ausarbeitung begrifflicher Grundlagen zur Ar-beitszufriedenheit und zur Vertrauensarbeitszeit. In diesem Zusammenhang wird auch die Bedeutung der Beziehung zum Vorgesetzten erläutert. An-schließend werden Hypothesen auf Basis empirischer Studien und theoreti-scher Überlegungen hergeleitet. Diese werden in einer quantitativen, empiri-schen Untersuchung überprüft. Vor dem Fazit werden die Ergebnisse der Stu-die dargestellt und diskutiert.
Das Konstrukt der Arbeitszufriedenheit gilt als eines der populärsten und wichtigsten Konzepte der Arbeits- und Organisationspsychologie (vgl. Spector 1997, S. 1). In der Literatur zur Arbeitszufriedenheit existiert trotz des großen Forschungsinteresses keine einheitliche Definition des Begriffs, sondern eine Vielzahl an Konzeptionen, Modellen und Erklärungsansätzen zur Arbeitszufriedenheit (vgl. Süß/Haarhaus 2012, S. 36).
Neuberger (vgl. 1974, S. 141) begegnete den vielfältigen Auffassungen von Arbeitszufriedenheit mit der Erstellung eines Ordnungssystems, welches die Definitionen in vier verschiedene Kategorien einteilt: Bedürfnisorientierte, anreiztheoretische, kognitive und humanistische Konzeptionen. Die bedürf-nisorientierten Ansätze gehen von der Zufriedenheit als Gleichgewichtszu-stand aus, den Personen zu erreichen versuchen, indem sie ihre Bedürfnisse befriedigen. Der Zustand, welcher von der jeweiligen Person als befriedigend betrachtet wird, ist subjektiv. Im Unterschied dazu gehen die anreiztheoreti-schen Konzeptionen davon aus, dass Personen nicht lediglich die Herstellung eines befriedigenden Zustandes, sondern die Maximierung von Lustgefühlen anstreben. Bei dieser Konzeption stehen Anreize, d. h. Aspekte der äußeren Arbeitssituation, im Vordergrund. Den meisten Methoden zur Messung der Arbeitszufriedenheit, wie z. B. der „Skala zur Messung von Arbeitszufrieden-heit“ von Fischer und Lück (1972), liegt der anreiztheoretische Ansatz zu-grunde (vgl. Neuberger 1974, S. 159; Neuberger 1975, S. 63). Die kognitiven Konzeptionen heben die rationale Komponente des Verhaltens hervor. Sie gehen davon aus, dass Personen versuchen, zukünftige Entwicklungen zu an-tizipieren und sich darauf einzustellen. Die humanistischen Konzeptionen wiederum rücken das Streben des Menschen nach Sinnerfüllung und Selbst-verwirklichung in den Vordergrund (vgl. Neuberger 1974, S. 141).
In der Regel wird Arbeitszufriedenheit entweder als Einstellung oder als Emotion aufgefasst. Die häufig zitierte Definition von Locke (vgl. 1969, S. 316) beschreibt die Arbeitszufriedenheit als einen angenehmen emotiona-len Zustand, welcher sich aus der Bewertung der Arbeitssituation ergibt.
Weiss (vgl. 2002, S. 175-177) argumentiert hingegen, dass die Arbeitszufrie-denheit stets eine Bewertung der Arbeitssituation oder bestimmter Aspekte der Arbeitssituation beinhaltet und somit eine Einstellung ist. Zwar können sich Emotionen auf die Arbeitszufriedenheit auswirken, sie sind jedoch nicht gleichbedeutend mit dem Begriff. Die wesentlichen Unterschiede zwischen dem Konzept der Einstellung und dem Konzept der Emotion liegen in dem Grad der Stabilität sowie der Dauer des Zustandes. Während emotionale Zu-stände eher instabil und von kurzer Dauer sind, werden Einstellungen eher als stabile und zeitlich überdauernde Zustände aufgefasst (vgl. Gawellek 1987, S. 12-13).
In Anlehnung an Weiss (vgl. 2002, S. 175) wird die Arbeitszufriedenheit im Folgenden als Einstellung zur Arbeitssituation definiert, welche sowohl kog-nitive als auch emotionale Aspekte umfasst. Unter Einstellung wird hierbei eine positive oder negative Bewertung der Arbeitssituation verstanden. Es liegt eine anreiztheoretische Konzeption der Arbeitszufriedenheit zugrunde, bei der verschiedene Aspekte der Arbeitssituation beurteilt werden (vgl. Neu-berger 1975, S. 63).
Der Begriff Arbeitszufriedenheit lässt sich von den verwandten Konzepten Berufszufriedenheit und Betriebsklima abgrenzen (vgl. Fischer 1989, S. 17). Die Arbeitszufriedenheit und die Berufszufriedenheit unterscheiden sich in-sofern, als ihnen unterschiedliche Bewertungsobjekte zugrunde liegen. Wäh-rend unter Berufszufriedenheit die richtige Berufswahl verstanden wird, zielt die Arbeitszufriedenheit auf konkrete Gegebenheiten der momentanen Ar-beitssituation des Befragten ab. Auch die Begriffe Betriebsklima und Arbeits-zufriedenheit unterscheiden sich voneinander. Während das Betriebsklima auf die Bewertung der Organisation durch eine Vielzahl von Personen abzielt, ist die Arbeitszufriedenheit eine individuelle und subjektive Bewertung der Tätigkeit und Organisation durch einen einzelnen Mitarbeiter (vgl. Fischer 1989, S. 17-20). Die Begriffe Arbeitszufriedenheit und Mitarbeiterzufrieden-heit werden in dieser Arbeit synonym verwendet.
Das Ziel, die Arbeitszufriedenheit zu erhöhen, ist sowohl aus Arbeitnehmer-als auch aus Arbeitgebersicht in besonderem Maße relevant. Weil das Berufs-leben für die meisten Erwerbstätigen einen großen, bedeutsamen Teil ihres Alltaglebens ausmacht, wird die Relevanz der Arbeitszufriedenheit für den Arbeitnehmer bereits insofern deutlich, als davon ausgegangen wird, dass der Mensch nach Zufriedenheit strebt (vgl. Gawellek 1987, S. 2). Auch empiri-sche Studien haben einen Zusammenhang zwischen der Arbeitszufriedenheit und der Lebenszufriedenheit von Personen festgestellt (vgl. z. B. Lance u. a. 1989; Judge/Watanabe 1993). Andere Untersuchungen haben ergeben, dass es einen Zusammenhang zwischen der Arbeitszufriedenheit und der physi-schen sowie psychischen Gesundheit von Arbeitnehmern gibt (vgl. z. B. Faragher/Cass/Cooper 2005). Dabei wurde ein besonders großer Zusammen-hang zwischen der Unzufriedenheit von Arbeitnehmern und psychischen Be-schwerden wie Depressionen und Burn-Out festgestellt (vgl. Farag-her/Cass/Cooper 2005, S. 107-108). Für den Arbeitgeber ist die Auseinander-setzung mit der Mitarbeiterzufriedenheit relevant, da sie sich positiv auf die Einsatz- und Leistungsbereitschaft auswirkt und zu einer geringeren Fluktu-ationsneigung führt (vgl. Thiele 2009, S. 55). Es wird angenommen, dass Per-sonen mit einer hohen Arbeitszufriedenheit motivierter und leistungsbereiter sind und somit ein besseres Leistungsergebnis erbringen (vgl. Spector 1997, S. 56). Darüber hinaus haben empirische Studien ergeben, dass die Arbeitszufriedenheit einen bedeutenden Einfluss auf die Mitarbeiterbindung nimmt (vgl. z. B. Lambert/Hogan/Barton 2001, S. 246).
Die Arbeitszufriedenheit lässt sich unter anderem mit der „Skala zur Messung von Arbeitszufriedenheit“ empirisch ermitteln, welche von Fischer und Lück (1972) auf der Grundlage von amerikanischen und deutschen Erhebungsver-fahren entwickelt wurde (vgl. Gawellek 1987, S. 28). Die Skala mit 36 Items soll die allgemeine Arbeitszufriedenheit unter Berücksichtigung einiger As-pekte der Arbeitssituation messen (vgl. Fischer/Lück 1972, S. 66). Mitunter wird eine Kurzform der „Skala zur Messung von Arbeitszufriedenheit“ ver-wendet, welche aus den acht Items der Skala mit den höchsten Trennschärfen besteht und ohne großen Informationsverlust an die Stelle der Langform tre-ten kann (vgl. Neuberger 1975, S. 70-71). Die Kurzform der „Skala zur Mes-sung von Arbeitszufriedenheit“ weist trotz ihrer Kürze mit acht Items eine gute Reliabilität auf. Somit ist sie besonders praktikabel und hat in der For-schung eine höhere Resonanz gefunden als die Langform der Skala (vgl. Fi- scher 1989, S. 124-125). Mit der Kurzform der „Skala zur Messung von Arbeitszufriedenheit“ steht nicht nur ein zuverlässiges, sondern auch ein ökonomisches Verfahren zur Messung der Gesamtzufriedenheit mit der Arbeitssituation zur Verfügung (vgl. Neuberger 1975, S. 71).
Im Zuge des Wertewandels hat die Work-Life-Balance von Mitarbeitern an Bedeutung gewonnen (vgl. Scherm/Süß 2016, S. 12). Die Unternehmen set-zen unter anderem flexible Arbeitsmodelle ein, um sich durch die Anpassung an die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter als attraktive Arbeitgeber zu positionieren (vgl. Altmann/Süß 2015, S. 282). Flexible Arbeitsbedingungen können sich sowohl auf die zeitliche Flexibilität als auch auf die örtliche Fle-xibilität des Mitarbeiters bei der Ausführung seiner Arbeit beziehen. Die Te-learbeit ist ein Arbeitsmodell, welches Flexibilität in der Entscheidung bietet, von wo aus die Arbeit verrichtet wird. Daneben existieren verschiedene Ar-beitszeitmodelle, die Flexibilität in der Entscheidung bieten, wann die Arbeit verrichtet wird (vgl. Shockley/Allen 2007, S. 480). Die Gleitzeit und die Ver-trauensarbeitszeit gehören zu den in der Praxis am weitesten verbreiteten fle-xiblen Arbeitszeitmodellen (vgl. Statista 2016).
Das Modell der Vertrauensarbeitszeit ist die bisher wohl am weitesten reichende Form der Arbeitszeitflexibilisierung (vgl. Spitzley 2007, S. 134). Die Begrifflichkeit ist weder geschützt noch einheitlich, so wird neben der gebräuchlicheren Bezeichnung Vertrauensarbeitszeit auch der Begriff Vertrauensgleitzeit verwendet (vgl. Necati 2005, S. 333). In dieser Arbeit wird der Begriff Vertrauensarbeitszeit zugrunde gelegt.
Obwohl aus der Literatur bislang noch keine einheitliche Definition der Vertrauensarbeitszeit zu entnehmen ist, können zwei typische Merkmale der Vertrauensarbeitszeit festgehalten werden. Es handelt sich um ein flexibles Arbeitszeitmodell, bei dem nicht nur auf die Fixierung der Arbeitszeitlage, sondern auch auf die Erfassung und Kontrolle der Arbeitszeit seitens der Organisation verzichtet wird (vgl. Hoff/Priemuth 2002, S. 10).
Das Konzept der Vertrauensarbeitszeit hat seinen Ursprung in der Kritik an den verschiedenen Gleitzeit- und Arbeitszeitkontensystemen. Erstmals expe-rimentierte die Siemens AG im Jahre 1993 mit der Vertrauensarbeitszeit, weil die bis dahin praktizierten Gleitzeitmodelle zu unproduktiven Anwesenheits-zeiten und Arbeitszeitverbrauch führten (vgl. Haipeter u. a. 2002, S. 362). Die Vertrauensarbeitszeit unterscheidet sich insofern von den Gleitzeit- und Ar-beitszeitkontensystemen, als jegliche Erfassung und Kontrolle der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber wegfällt. Bei der Gleitzeit, welche das derzeit wohl am weitesten verbreitete flexible Arbeitszeitmodell ist, kann der Mitarbeiter, gegebenenfalls unter Einhaltung einer Kernarbeitszeit, über die Lage und Dauer seiner täglichen Arbeitszeit entscheiden. Jedoch wird die Arbeitszeit des Mitarbeiters auf einem Zeitkonto erfasst und kontrolliert (vgl. Pleßner 2005, S. 46-47). Somit führt die Gleitzeit dazu, dass die registrierte Arbeits-zeit als Maß- und Rechengröße eine besondere Bedeutung erhält, wodurch eine Kultur des Verbrauchs von Arbeitszeit gefördert wird. Im Gegensatz zur Gleitzeit soll die Vertrauensarbeitszeit der Zeitorientierung entgegenwirken und diese durch eine Ergebnisorientierung ersetzen. Der Arbeitgeber dele-giert die Einteilung der Ressource Arbeit vollständig an die Mitarbeiter selbst (vgl. Haipeter u. a. 2002, S. 362-363). Diese sind dafür verantwortlich, ihre Arbeit eigenständig zu organisieren, um innerhalb einer bestimmten Frist die vorgegebenen Ziele zu erreichen (vgl. Singe/Croucher 2003, S. 492). Darüber hinaus sind die Mitarbeiter dafür zuständig, den Zeitausgleich zu planen, wel-cher aufgrund vorrübergehender Abweichungen von der durchschnittlichen täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit notwendig ist. Dabei müssen die Mitarbeiter jedoch auch die Anforderungen des Teams oder betriebliche Vor-gaben beachten, wie beispielsweise Servicezeiten oder Termine (vgl. Haipe-ter u. a. 2002, S. 363).
Die Unternehmen verfolgen mit der Einführung eines Vertrauensarbeitszeit-Systems verschiedene Ziele, welche in Abb. 1 dargestellt sind. Ein wichtiges Ziel stellt die Mitarbeiterorientierung dar (vgl. Hoff 2002, S. 17). Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und dem daraus resultierenden Fachkräftemangel nimmt der Wettbewerb um qualifiziertes Personal zu. Da-her setzen die Unternehmen verschiedene Maßnahmen ein, um auf die Be-dürfnisse der Mitarbeiter zu reagieren und somit die Arbeitgeberattraktivität zu steigern (vgl. Thiele 2009, S. 1-2). Eine mögliche Maßnahme stellen fle-xible Arbeitszeitmodelle dar. Weil die Mitarbeiter immer mehr Wert auf eine Balance zwischen Beruf und Privatleben legen, dient eine Flexibilisierungs-maßnahme sowohl der Mitarbeiterbindung als auch der Akquise von neuem, qualifiziertem Personal. Ein weiteres, wichtiges Ziel der Vertrauensarbeits-zeit ist die Kundenorientierung. Diese bezieht sich auf die Verbesserung der Erreichbarkeit der Mitarbeiter sowohl für externe als auch für interne Kun-den. Im Rahmen der Vertrauensarbeitszeit kann der Mitarbeiter seine Arbeits-zeit an individuelle Kundenbedürfnisse anpassen. Ein weiteres Ziel ist die Wirtschaftlichkeit, welche sich auf die Vermeidung von Arbeitszeitver-schwendung bezieht (vgl. Hoff 2002, S. 16-18). Durch den Wegfall der Ar-beitszeitkontrolle soll das Denken in Zielen und Ergebnissen anstelle des Denkens in Zeit gefördert und somit ein unproduktiver Verbrauch von Ar-beitszeit vermieden werden. Die Vertrauensarbeitszeit soll eine Anpassung des Arbeitskräftebedarfs an das Arbeitsvolumen ermöglichen, sodass keine Personalkosten für Überstunden anfallen. Darüber hinaus sollen durch den Wegfall der Arbeitszeitkontrolle die Kosten sowie der Aufwand für die Zeit-erfassung gespart werden (vgl. Pleßner 2005, S. 19-23).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Während die Vertrauensarbeitszeit in vielen Volkswirtschaften bisher kaum existiert, ist sie in Deutschland bereits weit verbreitet und die Zahl der Unter-nehmen, welche dieses Arbeitszeitmodell einsetzen, steigt (vgl. Singe/Crou-cher 2003, S. 493). Im Jahre 2012 gaben bereits 51,2 % der deutschen Unter-nehmen an, dass sie das Arbeitszeitmodell Vertrauensarbeitszeit anbieten (vgl. Statista 2016). In vielen Betrieben werden jedoch verschiedene Arbeits-zeitmodelle parallel eingesetzt, da in manchen Bereichen des Unternehmens der technische und organisatorische Arbeitsablauf eine Teilnahme bestimm-ter Gruppen an der Vertrauensarbeitszeit nicht zulässt (vgl. Hartmut 2007, S. 21-23). Die Vertrauensarbeitszeit wird insbesondere in größeren Unternehmen aus dem privaten Sektor eingesetzt und gilt häufig für außertariflich angestellte Mitarbeiter (vgl. Singe/Croucher 2003, S. 494).
Vertrauensarbeitszeit In der Organisationsforschung wird das Vertrauen als wichtiger Faktor für die Erreichung von Zufriedenheit der Mitglieder und für die Bindung der Mit-glieder an die Organisation angesehen (vgl. Six/Sorge 2008, S. 857). Als Ge-meinsamkeit der zahlreichen Definitionen und Perspektiven von Vertrauen in der betriebswirtschaftlichen Literatur lässt sich festhalten, dass Vertrauen eine positive Erwartungshaltung gegenüber Personen oder Organisationen beschreibt, obwohl ein Risiko der Erwartungsenttäuschung besteht (vgl. Eberl 2012, S. 94).
In Anlehnung an Kopp und Schuler (vgl. 2003, S. 184) umfasst der Begriff Vertrauen im Kontext dieser Arbeit die folgenden Aspekte: Es besteht eine Ungewissheit der Situation und ein Bezug auf eine andere Person. Zudem besteht eine Unsicherheit bezüglich der Handlungsweise der anderen Person und ein Risiko der Erwartungsenttäuschung. Die Auswirkungen gegenwärtiger Handlungen beziehen sich dabei auf die Zukunft.
Die Rolle des Vertrauens für das Verhalten von Organisationsmitgliedern wurde bisher insbesondere im Rahmen der Transaktionskostentheorie disku-tiert (vgl. Kopp/Schuler 2003, S. 183). In dem Konzept wird angenommen, dass sich der Mensch opportunistisch verhält und eine beschränkte Rationa-lität aufweist (vgl. Williamson 1985, S. 44). Demzufolge besteht bei der Ko-ordination wirtschaftlicher Leistungsbeziehungen eine Verhaltensunsicher-heit, sodass die Austauschbeziehung einem höheren formalen Kontrollauf-wand bedarf. Hierbei kommt dem Vertrauen die Funktion zu, den formalen Kontrollaufwand zu reduzieren und somit die Transaktionskosten zu senken (vgl. Beccerra/Gupta 1999, S. 186-188). Transaktionskosten sind in erster Li-nie Informations- und Kommunikationskosten, die zur Koordination von wirtschaftlichen Leistungsbeziehungen notwendig sind. Sie umfassen Anbah-nungskosten, Vereinbarungskosten, Kontrollkosten und Anpassungskosten. Beispiele für Transaktionskosten sind Kosten der Informationsbeschaffung über potentielle Transaktionspartner, Kosten im Rahmen der Anbahnung von Verträgen und Kosten der Sicherstellung der Einhaltung von Qualitätsverein-barungen (vgl. Picot 1982, S. 270). Ein weiteres Beispiel für Transaktions-kosten sind jedoch auch formale Systeme zur Kontrolle der Arbeitszeiten von Mitarbeitern, welche durch eine vertrauensvolle Beziehung zum Vorgesetz-ten ersetzt werden können (vgl. Eigler 1997, S. 19-20).
Der Führungsstil des Vorgesetzten ist für den nachhaltigen Aufbau von Ver-trauen zwischen dem Vorgesetzten und seinem Mitarbeiter von großer Be-deutung (vgl. Osterloh/Weibel 2006, S. 161). In der Literatur existieren zahl-reiche Modelle, welche Abgrenzungen zwischen verschiedenen Führungssti-len vornehmen. Ein besonders einflussreiches Modell, das von Burns (1978) entwickelt und von Bass (1985) weiterentwickelt wurde, ist die Unterschei-dung zwischen dem transaktionalen und dem transformationalen Führungs-stil. Der transaktionale Führungsstil beruht auf dem Austauschprinzip, d. h. der Vorgesetzte macht deutlich, welche Leistung erwartet wird und bietet da-für Belohnungen oder droht mit Sanktionen. Demnach ist diese Art der Füh-rung auf extrinsische Motivation ausgerichtet (vgl. Osterloh/Weibel 2006, S. 166). Im Rahmen der transformationalen Führung hingegen motiviert der Vorgesetzte den Mitarbeiter über die Anforderungen hinaus und entwickelt Visionen und Ziele, welche die Bedürfnisse und Einstellungen des Mitarbei-ters verändern (vgl. Gillespie/Mann 2004, S. 590). Somit ist dieser Führungs-stil auf intrinsische Motivation ausgerichtet. Der Vorgesetzte versucht durch eine individuelle Unterstützung des Mitarbeiters und einen respektvollen Umgang mit dem Mitarbeiter Vertrauen aufzubauen (vgl. Osterloh/Weibel 2006, S. 172). Zahlreiche empirische Arbeiten haben einen deutlichen Zu-sammenhang zwischen der transformationalen Führung und dem Vertrauen zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten festgestellt (vgl. z. B. Dirks/Ferrin 2002).
Wie der Begriff Vertrauensarbeitszeit bereits vermuten lässt, nimmt das beid-seitige Vertrauen zwischen dem Vorgesetzten und dem Mitarbeiter bei die-sem flexiblen Arbeitszeitmodell eine zentrale Rolle ein. Der Vorgesetzte ver-traut in die Bereitschaft des Mitarbeiters, die vertraglich geregelte Arbeitszeit zu erfüllen, und der Mitarbeiter vertraut dem Vorgesetzten, dass er die von ihm erwartete Leistung innerhalb der vertraglich geregelten Arbeitszeit erfül-len kann (vgl. Pleßner 2005, S. 2). Bei der Vertrauensarbeitszeit verzichten beide Seiten auf ein formales Kontrollinstrument, welches durch gegenseiti-ges Vertrauen ersetzt wird. Somit wird das Vertrauen als eine wichtige Vo-raussetzung für die erfolgreiche Umsetzung der Vertrauensarbeitszeit ange-sehen (vgl. Hoff 2002, S. 30-32).
Das Vertrauen zwischen dem Mitarbeiter und dem Vorgesetzten lässt sich beispielsweise mit der Vertrauensskala von Kopp und Schuler (2003) messen. Im Rahmen des Erhebungsinstruments wird das Vertrauen gegenüber dem Vorgesetzten als multidimensionales Konstrukt verstanden, welches sich aus den fünf Komponenten Fürsorge, Zuverlässigkeit, Offenheit/Harmonie, Fä-higkeit und Ambivalenz zusammensetzt. Die Vertrauensskala umfasst insge-samt 15 Items, wobei jeweils 3 Items einem der fünf Komponenten des Ver-trauens zugeordnet sind (vgl. Kopp/Schuler 2003, S. 188).
Die Herleitung der Hypothesen kann auf Basis von theoretischen Überlegungen oder auf Basis von Ergebnissen aus vorherigen empirischen Studien erfolgen. In dieser Arbeit wird eine Kombination aus beiden Methoden verwendet. Es existieren empirische Studien zu verwandten Themen, welche durch theoretische Überlegungen ergänzt und somit auf die vorliegende Fragestellung übertragen werden können.
Der Zusammenhang zwischen der Gleitzeit und der Arbeitszufriedenheit (vgl. z. B. McNall/Masuda/Nicklin 2009) sowie der wahrgenommenen Arbeits-zeitflexibilität und der Arbeitszufriedenheit (vgl. z. B. Scandura/Lankau 1997) ist bereits dokumentiert. Eine Meta-Analyse von 31 Studien von Baltes u. a. (1999) hat ergeben, dass sich die Gleitzeit positiv auf die Arbeitszufrie-denheit von Mitarbeitern auswirkt. Des Weiteren hat eine Studie von Scand-ura und Lankau (1997) ergeben, dass die wahrgenommene Arbeitszeitflexi-bilität einen positiven Einfluss auf die Mitarbeiterzufriedenheit hat. Diese Forschungsergebnisse lassen Vermutungen über den Zusammenhang zwi-schen der Vertrauensarbeitszeit und der Arbeitszufriedenheit von Mitarbei-tern zu. Die Gleitzeit erlaubt dem Mitarbeiter, gegebenenfalls unter der Be-rücksichtigung einer Kernarbeitszeit, über die Lage und Dauer seiner tägli-chen Arbeitszeit zu entscheiden. Dieser Grad an Flexibilität ist bei der Ver-trauensarbeitszeit auch gewährleistet, wobei hier zusätzlich auf jegliche Er-fassung und Kontrolle der Arbeitszeit seitens der Organisation verzichtet wird. Somit müsste die wahrgenommene Arbeitszeitflexibilität bei der Ver-trauensarbeitszeit noch größer sein, als bei der Gleitzeit. Da sowohl die Gleit-zeit als auch die wahrgenommene Arbeitszeitflexibilität einen positiven Ein-fluss auf die Mitarbeiterzufriedenheit haben, lässt sich also vermuten, dass auch die Vertrauensarbeitszeit einen positiven Einfluss auf die Arbeitszufrie-denheit von Mitarbeitern hat. Die angenommene Beziehung zwischen der Vertrauensarbeitszeit und der Arbeitszufriedenheit ist in Abb. 2 grafisch dar-gestellt.
Hypothese 1: Die Vertrauensarbeitszeit wirkt sich positiv auf die Arbeitszufriedenheit von Mitarbeitern aus.
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