Masterarbeit, 2018
84 Seiten, Note: 2,5
Kurzzusammenfassung
Abstract
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Forschungsstand
1.2 Ziel der Arbeit, Forschungsfragen und Vorgehensweise
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Nachhaltige Entwicklung (NE)
2.1.1 Begriffsdefinition Nachhaltige Entwicklung
2.1.2 Nachhaltigkeitsmanagement in Unternehmen
2.2 Abgrenzung KMU
2.3 Berichtsmöglichkeiten über Nachhaltigkeit
2.3.1 Begriffsbestimmung für Berichte über Nachhaltigkeitsaktivitäten
2.3.2 Individuelle Branchenstandards und Leitlinien
2.3.3 Internationale Standards und Initiativen
2.3.4 Sustainable Development Goals (SDGs) - Orientierung in Berichten
3 Methodische Vorgehensweise
3.1 Informationsgewinnung / Datenerhebung
3.1.1 Desk Research - Informationsgewinnung mit Inhaltsanalyse
3.1.2 Field Research - Leitfadengestütztes Experteninterview
3.2 Auswertung mit der qualitativen Inhaltsanalyse
3.3 Erkenntnisgewinnung / Interpretation
4 Ergebnisdarstellung
4.1 Berichte von KMU
4.1.1 Deutscher Nachhaltigkeitskodex - Auswertung
4.1.2 Global Reporting Initiative - Auswertung
4.1.3 UN Global Compact - Auswertung
4.2 Die Experteninterviews
4.2.1 Übersicht der befragten Organisationen
4.2.2 Ergebnisse der Experteninterviews
5 Diskussion der Ergebnisse
5.1 Beantwortung der Forschungsfragen
5.2 Beantwortung der Kernforschungsfrage
6 Implikationen für Wissenschaft und Praxis
6.1 Limitation der Ausarbeitung
6.2 Handlungsempfehlungen für Theorie und Praxis
6.2.1 Handlungsempfehlungen für die Wissenschaft
6.2.2 Handlungsempfehlungen für die Praxis in Unternehmen
7 Zusammenfassung
Anhang
Gegenstand der Masterarbeit
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stehen nicht so sehr im Fokus der Öffentlichkeit wie Großunternehmen. Die ökonomische, ökologische und soziale Bedeutung von KMU für die Volkswirtschaft ist jedoch unbestritten. Damit verbunden ist die große Einflussmöglichkeit auf eine nachhaltige Entwicklung zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele, den Sustainable Development Goals (SDGs) der UN.
Die vorliegende Masterarbeit untersucht den Beitrag von KMU aus Deutschland für eine nachhaltige Entwicklung. Neben der Erkenntnisgewinnung zur Einschätzung des Beitrags von KMU werden konkrete Handlungsempfehlungen für die praktische Umsetzung formuliert und Fragen für mögliche weitere Forschungsarbeiten herausgearbeitet.
Methodische Vorgehensweise
Die Erkenntnisgewinnung wird in mehreren Schritten durchgeführt. Nachdem die Begriffe für eine nachhaltige Entwicklung im Unternehmenskontext definiert sind, erfolgt die Datenerhebung für die Auswertung. Es werden öffentlich zugängliche Sekundärdaten von KMU erhoben und im anschließenden zentralen Teil der Arbeit Primärdaten mittels Experteninterviews gesammelt. Die gesammelten Daten werden mit Hilfe einer qualitativen Inhaltsanalyse aufbereitet und ausgewertet.
Ergebnisse
Die Resultate der Untersuchung zeigen, dass der Großteil der KMU zahlreiche Ansätze hat, um einen Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung zu leisten. Die Nachhaltigkeitsaktivitäten sind jedoch in der Regel eher punktuell angelegt und berücksichtigen nicht alle Bereiche einer nachhaltigen Entwicklung. Überwiegend fehlt die bewusste Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeitsthemen und die Integration dieser in die Unternehmensstrategie in Form eines Nachhaltigkeitsmanagements.
Einschränkungen
Die Forschungsergebnisse basieren zum Großteil auf Informationen von Experten, die in ihrer beruflichen Tätigkeit mit ca. 3.500 KMU in den Themenbereichen um eine nachhaltige Entwicklung zusammenarbeiten. Die größte Einschränkung liegt in der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere der 2,5 Mio. KMU.
Relevanz
Über den Beitrag von KMU für eine nachhaltige Entwicklung gibt es vergleichsweise wenig Literatur und Studien, die die aktuellen Entwicklungen in diesem Themenfeld berücksichtigen.
Stichworte
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU), nachhaltige Entwicklung, Sustainable Development Goals (SGDs), Nachhaltigkeitsmanagement in Unternehmen, Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung, Experteninterview
A BSTRACT
Summary
Small and medium-sized enterprises (SMEs) are not as much in the public eye as large companies. However, the economic, environmental and social importance of SMEs for the economy is undisputed. Linked to this is the great possibility of influencing sustainable development in order to achieve the global sustainability goals, the Sustainable Development Goals (SDGs) of the UN. This master's thesis examines the contribution of SMEs from Germany to sustainable development. In addition to gaining insights for assessing the contribution of SMEs, concrete recommendations for practical implementation are formulated and questions for possible further research are worked out.be completed before the work is completed.
Methods
The acquisition of knowledge is carried out in several steps. After the terms for a sustainable development are defined in the company context, the data collection takes place for the evaluation. Publicly accessible secondary data are collected by SMEs and in the subsequent central part of the work primary data are collected by means of expert interviews. The collected data are prepared and evaluated with the help of a qualitative content analysis.
Results
The results of the study show that the majority of SMEs have many approaches to contribute to sustainable development. However, sustainability activities are usually rather selective and do not take into account all areas of sustainable development. Mostly there is no deliberate discussion of sustainability issues and the integration of these into corporate strategy in the form of sustainability management.
Limitations
Most of the research results are based on information from experts working with around 3,500 SMEs on sustainable development issues. The main limitation is the transferability of results to other 2.5 million SMEs.
Relevance
There is comparatively little literature and studies on the contribution of SMEs to sustainable development that take into account the current developments in this field.
Keywords
Small and medium-sized enterprises (SMEs), sustainable development, Sustainable Development Goals (SGDs), sustainable management in companies, contribution for a sustainable development, expert interview
Abbildung 1 : Sustainable Development Goals (SDGs) (UN 2017)
Abbildung 2: Corporate Responsibility - Begriffsübersicht (EY 2009, 6)
Abbildung 3: Kleine und mittlere Unternehmen (Destatis 2017)
Abbildung 4: Kennzahlen von KMU (Destatis 2014)
Abbildung 5: DNK Kriterien mit Zuordnung zu den G4-Indikatoren (RNE 2017b)
Abbildung 6: Übersicht der GRI Standards (GRI 2017c)
Abbildung 7: 10 Prinzipien des UNGC (DGCN 2017c, 4)
Abbildung 8: Screenshot mit Zuordnung der SDG zum Fortschrittsbericht (UNGC 2017) 17
Abbildung 9: Ablaufplan der Interviews
Abbildung 10: Filter beim UNGC
Abbildung 11: Visualisierung der Datenzusammenfassung
Tabelle 1: Ausgewählte Studien über Nachhaltigkeit bei KMU (eigene Darstellung)
Tabelle 2: Kernfragestellung und Forschungsfragen
Tabelle 3: Nachhaltigkeitsstandards und Initiativen mit eigener Einstufung für den Nutzen von KMU (BMUB Februar 2014, 42-43)
Tabelle 4: SDGs - Ziele und Indikatoren (exemplarischer Auszug)
Tabelle 5: Untersuchungsdesign (eigene Darstellung)
Tabelle 6: Kriterien für die Unternehmensauswahl
Tabelle 7: Kriterien für die Expertenauswahl
Tabelle 8: Anwendung des SPSS Prinzip (Helfferich 2009, 182-185)
Tabelle 9: Leitfragen und Zuordnung zur Forschungsfrage
Tabelle 10: Anwendung der induktiven Kategorienbildung (Mayring 2015, 86)
Tabelle 11 : Identifizierte KMU aus der DNK-Datenbank
Tabelle 12: Identifizierte KMU aus der GRI-Datenbank
Tabelle 13: Identifizierte KMU aus der UNGC-Datenbank
Tabelle 14: Übersicht der Experteninterviews
Tabelle 15: Zuordnung zwischen Kodierung, Forschungsfrage und Leitfragen
Tabelle 16: Übersicht der Kategorie Nachhaltigkeitsaktivitäten
Tabelle 17: Subcodes für Nachhaltigkeitsaktivitäten NA08
Tabelle 18: Subcodes für Nachhaltigkeitsmanagement NA09
Tabelle 19: Subcodes für den Unterschied von KMU zu Großunternehmen NA10
Tabelle 20: Übersicht der Kategorie Bericht und Kommunikation von NA
Tabelle 21 : Übersicht der Kategorie Nachhaltige Entwicklung (NE)
Tabelle 22: Übersicht der Kategorie Chancen und Risiken (CR)
Tabelle 23: Übersicht der Kategorie 06_Ausblick
Tabelle 24: Nachhaltigkeitsdimension und Nachhaltigkeitsaktivitäten
Tabelle 25: Möglichkeiten der Berichterstattung bei KMU
Tabelle 26: Begriffsverwendung zur Diskussion
Tabelle 27: Zitate zur Motivation anzufangen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
# Hinweis auf den zitierten Absatz in der Transkription der Interviews
In dieser Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit ausschließlich die männliche Form verwendet. Es können dabei aber sowohl männliche als auch weibliche Personen gemeint sein.
Diese Arbeit wurde klimaneutral und auf 100% Recyclingpapier gedruckt.
Im September 2015 haben 193 Länder gemeinsam eine Agenda mit 17 globalen Zielen für eine nachhaltige Entwicklung, die sogenannten Sustainable Development Goals (SDGs), ins Leben gerufen. Die Ziele sollen bis 2030 umgesetzt werden (UN 2016). Die Agenda 2030 hat den Stellenwert einer nachhaltigen Entwicklung weltweit erhöht und gibt eine neue Orientierungshilfe für alle Staaten. Die 17 Ziele sind nachfolgend dargestellt in Abbildung 1.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Neben diesem politischen Willen stützt auch die Wirtschaft diese Agenda, wie die aktuelle CEO Studie zur Nachhaltigkeit des United Nations Global Compact (UNGC) und Accenture zum Ausdruck bringt. Es glauben 87% der Befragten, dass die SDGs die Möglichkeiten bieten, die Ansätze für eine nachhaltige Wertschöpfung zu überdenken, in der neben ökonomischen auch soziale und ökologische Ziele eine Rolle spielen (UNGC & Accenture 2016).
Die Verantwortung für die Umsetzung der SDGs in Deutschland ist vielschichtig. Die Umsetzungsziele werden mit der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung definiert. Anhand von 63 Indikatoren wird der Fortschritt der Zielerreichung der Umsetzung der Agenda 2030 gemessen (Die Bundesregierung 2016, 12, 34-40). Die nachhaltige Entwicklung wird als ein Gemeinschaftswerk beschrieben, indem neben den politischen auch die gesellschaftlichen Akteure genannt werden. Der Wirtschaft als zentraler Akteur wird eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung der SDGs zugeschrieben (Die Bundesregierung 2016, 48).
Eine gesetzliche Forderung zur Umsetzung in Unternehmen ist die CSR-Richtlinie. In dieser insbesondere „Angaben über Arbeitnehmer-, Sozial- und Umweltbelange, die Achtung der Menschenrechte und die Korruptionsbekämpfung“ (BMJV 2016) von Unternehmen dargestellt werden müssen. Diese Berichtspflicht ist im Jahr 2017 in Kraft getreten und betrifft kapitalmarktorientierte Unternehmen, die mindestens 500 Mitarbeiter beschäftigen und zugleich einen Umsatzerlös von über 40 Mio. Euro und eine Bilanzsumme von über 20 Mio. Euro aufweisen (RNE 2016). Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch, dass kleine und mittlere Unternehmen (KMU) keiner Berichtspflicht unterliegen. Laut Definition der Europäischen Kommission (KOM) beschäftigen kleine und mittlere Unternehmen bis zu 249 Mitarbeitern und haben dabei einen Jahresumsatz von bis zu 50 Mio. Euro (Destatis 2017; KOM 2003). Die Gruppe der KMU stellt allerdings mit 99,3% den größten Anteil an Unternehmen in Deutschland dar (Destatis 2014). KMU leisten einen großen Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt mit einem erwirtschafteten Umsatzanteil von 32,7% und beschäftigen fast zwei Drittel aller Angestellten (Destatis 2014). Neben diesen ökonomischen und sozialen Beiträgen ist die Bedeutung von KMU auch für ökologische Aspekte der Nachhaltigkeit erheblich. KMU sind laut einer Studie europaweit für 64% der industriellen Umweltbelastung verantwortlich (Calogirou et al. 2010, 173). Diese Kennzahlen verdeutlichen die große Bedeutung von KMU für die Volkswirtschaft in Deutschland. Es liegt folglich nahe, dass KMU einen großen Anteil am Erreichen der SDGs haben.
Die Informationen über den Beitrag von KMU für eine nachhaltige Entwicklung sind unübersichtlich. Die hohe Anzahl der KMU in Deutschland mit 2,4 Mio. Unternehmen (Destatis 2015) führt zu einem großen Untersuchungsgegenstand und es fehlt eine zentrale Datenbasis mit Informationen über den Beitrag von KMU für eine nachhaltige Entwicklung. Die Datenerhebung über Nachhaltigkeitsaktivitäten von KMU erfolgt individuell im Rahmen von unterschiedlichen Interessensgruppen, wie in den folgenden Beispielen erläutert wird. Bei der Industrie und Handelskammer (IHK) als Deutschlands größtem Unternehmernetzwerk erhebt jeder einzelne Regionalverband für sich Informationen über die Tätigkeiten ihrer Mitglieder (IHK Köln & Kienbaum 2014). Jede IHK bietet ihren Mitgliedern unterschiedliche Angebote zu den Themenfeldern rund um eine nachhaltige Entwicklung. Die IHK Frankfurt möchte z.B. mit ihrem Positionspapier zum ,nachhaltigen Wirtschaften' ihre Mitgliedsunternehmen befähigen, „nachhaltiges Wirtschaften in ihrem Kerngeschäft erfolgreich zu verankern“ (IHK Frankfurt 2016, 6). Neben den Angeboten der IHK gibt es weitere zahlreiche individuelle Branchenstandards, Leitlinien und Initiativen. Das Land Baden-Württemberg bietet mit der Wirtschaftsinitiative Nachhaltigkeit (WIN) ein Netzwerk an, um die Erfahrungen und das Wissen engagierter Unternehmen zu bündeln und gemeinsam mit der Landesregierung Erfolgsfaktoren für die Unternehmen in Baden-Württemberg zu erarbeiten (UM 2010). Als größter europäischer Industrieverband hat der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer e.V. (VDMA) 12 Nachhaltigkeits-Leitsätze entwickelt, an denen sich die Mitgliedsunternehmen orientieren können (VDMA 2014).
Es gibt zahlreiche Studien, die sich mit Themen rund um die unternehmerische Verantwortung von KMU befassen. Die Vergleichbarkeit der Erkenntnisse aus diesen Studien über den Beitrag von KMU für eine nachhaltige Entwicklung ist jedoch schwierig. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Es beginnt mit der unterschiedlichen Verwendung der Definition von KMU je nach Interesse und Notwendigkeit der Autoren bzw. Institutionen (Stoll 2009, 28). Ein Beispiel hierfür ist das Ranking für Nachhaltigkeitsberichte aus dem Jahr 2015. Dort werden 40 Nachhaltigkeitsberichte von KMU bewertet, jedoch ist die KMU Definition erweitert auf Unternehmen mit bis zu 5.000 Mitarbeiter und 500 Mio. EURO Umsatz pro Jahr (IÖW 2016, 7).
Weitere Gründe sind die unterschiedlichen Untersuchungsfragen, die in der Regel nicht die Frage nach dem Beitrag von KMU für eine nachhaltige Entwicklung beantworten, sondern lediglich einzelne Aspekte der Nachhaltigkeit erheben. Die ganzheitliche Betrachtungsweise mit Berücksichtigung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Säulen der Nachhaltigkeit fehlt oftmals. Als Beleg dient die Auswahl von aktuellen und relevanten Studien, die in Tabelle 1: aufgelistet sind. Neben dem Titel und Jahr der Studien sind Informationen über die Anzahl der untersuchten KMU und die behandelten Bereiche einer nachhaltigen Entwicklung dargestellt.
Tabelle 1 : Ausgewählte Studien über Nachhaltigkeit bei KMU (eigene Darstellung)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) hat bereits 2008 u.a. die Frage der Verbreitung von CSR in der deutschen Wirtschaft untersucht (Hoffmann & Maaß 2009, 4; 20). Als Datenbasis wurden hier in einem Zeitraum von 3 Jahren 2.590 Unternehmen im Rahmen des BDIMittelstandspanel befragt, wovon 93,4% den KMU zuzuordnen sind (Hoffmann & Maaß 2009, 20-21). Das Ergebnis der Untersuchung lautet, dass die Instrumente des CSR stark verbreitet sind, die systematische Umsetzung des Konzeptes mit Berücksichtigung aller Sphären jedoch nur von einer Minderheit der untersuchten Unternehmen durchgeführt wird (Hoffmann & Maaß 2009, 31). Eine weitere Schwierigkeit ist der Zeitpunkt der Untersuchung. Dieser liegt bereits mind. 9 Jahre zurück und die neuesten Entwicklungen mit der Roadmap der SDGs und der Einführung der CSR-Berichtspflicht konnten noch nicht berücksichtig werden. Die aktuellste Studie von Baker Tilly und der TU Dortmund mit dem Titel ,Nachhaltigkeit im Mittelstand' zielt auf die Beantwortung der Fragen nach der Anzahl der KMU, die sich bereits gezielt mit dem Thema auseinandersetzen. Im Fokus stehen die konkreten Aktivitäten rund um die Nachhaltigkeitsstrategie und -kommunikation (Pott et al. 2017, 4-5). Der Mittelstandsbegriff wurde hier jedoch anders verwendet als in dieser Arbeit. Dies führt dazu, dass die Anzahl der KMU nicht genau bewertet werden kann, da von den 229 untersuchten Unternehmen lediglich 9% in Bezug auf die Mitarbeiteranzahl und 22% in Bezug auf die Umsatzzahl (Pott et al. 2017, 42-43) den KMU nach der Definition der KOM zugeordnet werden können.
In der Literatur gibt es wenig aktuelle Abhandlungen über den Beitrag von KMU für eine nachhaltige Entwicklung. Es werden dort oftmals Empfehlungen gegeben, dass es sich für KMU lohnt auch die ganzheitliche Perspektive einer nachhaltigen Entwicklung zu übernehmen. In dem Sammelband von Schmidpeter wird z.B. ein komplettes Kapitel dem Bereich CSR in KMU gewidmet (Schneider & Schmidpeter 2015, 8). Dort werden Tools und Methoden für KMU vorgestellt, um CSR-Ansätze in KMU als Wettbewerbsvorteil umzusetzen (Schneider & Schmidpeter 2015, 8). Es handelt sich dabei wiederum um Empfehlungen für die Umsetzung in der Praxis und nicht um Untersuchungen mit Bezug zur Unternehmenspraxis.
Die SDGs mit ihren Indikatoren bieten den politischen Rahmen, um die Zielerreichung auf Staatsebene zu messen. Es gibt jedoch keine Vorgabe für Unternehmen, wie auf die Ziele der SDGs eingezahlt werden kann. Neben dem weiter oben genannten Auszug von Angeboten für Unternehmen entwickeln sich unterschiedliche Ansätze, die bereits bestehenden Standards und Initiativen zu nutzen, um anschließend eine Zuordnung zu den SDGs zu ermöglichen. Ein Beispiel ist das SDGs Mapping der Global Reporting Initiative (GRI). In diesem Mapping werden die SDGs den Inhalten der erstellten Berichten zugeordnet (GRI et al. 2016). Dieses Mapping führt allerdings nicht zu einer Integration der Ziele in die Unternehmenspraxis, da es nachträglich erfolgt.
Die hier aufgezeigten Punkte verdeutlichen die Schwierigkeiten, um zu einer Einschätzung über den Beitrag von KMU für eine nachhaltige Entwicklung zu gelangen.
Im Hinblick auf die großen Einflussmöglichkeiten, die KMU auf eine nachhaltige Entwicklung haben, und unter der zeitlichen Berücksichtigung, dass es noch 13 Jahre sind bis die SDGs erreicht werden sollen, versucht der Autor mit dieser Arbeit Erkenntnisse zur Einschätzung des Beitrags von KMU für eine nachhaltige Entwicklung zu ermitteln. Es sollen insbesondere die bereits durchgeführten Maßnahmen in der Praxis beleuchtet werden mit dem Fokus auf Chancen und Risiken für KMU.
Das vorangestellte Ziel soll mit Hilfe von forschungsleitenden Fragen erreicht werden, die als „inhaltliche Leitplanken einer zielgerichteten Forschung“ (Töpfer 2012, 156) dienen und „Aussagen zu zentralen Zielrichtungen und Inhalten der Erkenntnisgewinnung“ (Töpfer 2012, 156) treffen. Diese Arbeit orientiert sich an den nachfolgenden Forschungsfragen, die in eine Kernfragestellung (KF) mit drei ergänzenden Forschungsfragen (FF) aufgeteilt sind. Die Leitfragen für diese Arbeit sind in der folgenden Tabelle dargestellt.
Tabelle 2: Kernfragestellung und Forschungsfragen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die größte Herausforderung für diese Arbeit liegt in der Datenerhebung aufgrund der bereits dargestellten hohen Anzahl von KMU als Untersuchungsgegenstand mit 2,4 Mio. KMU in Deutschland. Um eine möglichst hohe Aussagekraft zu erzielen und so viele Informationen wie möglich im angemessenen zeitlichen Rahmen dieser Arbeit zu erheben, wurden die nachfolgend beschriebenen Erhebungsmethoden ausgewählt.
Eine erste Grobanalyse befasst sich mit Datenbanken, die Berichte zur Darstellung einer nachhaltigen Entwicklung in KMU beinhalten. Die Erstellung der Berichte erfolgt anhand anerkannter Standards oder Leitlinien. Die Inhalte befassen sich mit allen Nachhaltigkeitsaspekten, wie sie in dieser Arbeit verstanden werden, und es ist davon auszugehen, dass Unternehmen nur nach diesen Standards oder Leitlinien berichten können, wenn sie über ein gewisses Nachhaltigkeitsmanagement verfügen. Der zweite Teil der Untersuchung findet in Form von Experteninterviews statt. Die Experten verfügen über ein fundiertes Fachwissen und langjährige Erfahrung in der Zusammenarbeit mit zahlreichen KMU rund um das Themenfeld einer nachhaltigen Entwicklung. Damit soll sichergestellt werden, dass auch Aussagen über den Beitrag von KMU erhoben werden können, die keinen anerkannten Berichtsstandard nutzen.
Die Vorgehensweise für die Erkenntnisgewinnung beginnt mit den theoretischen Grundlagen in Kapitel 2. Dort werden die wichtigsten Begriffe definiert. Insbesondere das Verständnis über die Merkmale einer nachhaltigen Entwicklung im Unternehmenskontext wird beschrieben und die Frage wird beantwortet, wie man den Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung untersuchen kann. Das dritte Kapitel beschreibt das methodische Vorgehen in dieser Untersuchung. Im darauffolgenden Kapitel 4 werden die Ergebnisse dargestellt. Die Ergebnisdarstellung unterteilt sich in zwei Teile. Im ersten Teil werden KMU anhand von öffentlich zugänglichen Informationen untersucht, die über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten nach anerkannten Standards berichten. Im zweiten, für diese Arbeit zentralen Teil, wird mit Hilfe von Experteninterviews die unternehmerische Perspektive erweitert. Die Experten kennen aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeiten eine Vielzahl von KMU und sind keine Interessensvertreter eines einzelnen Unternehmens. Sie blicken als neutraler Beobachter von außen auf diese Unternehmen. Diese beiden Ansätze sollen Informationen zur Beantwortung der Forschungsfrage liefern. Die Ergebnisse werden in Kapitel 5 interpretiert und die Forschungsfragen beantwortet. Anschließend werden die Limitationen der Arbeit reflektiert und dargestellt sowie konkrete Handlungsempfehlungen für die Praxis und die Wissenschaft erarbeitet. Dies erfolgt in den abschließenden Kapitel 6 und 7.
In diesem Kapitel werden die thematischen und theoretischen Grundlagen beschrieben sowie die wichtigsten Begriffe definiert und abgegrenzt.
Dieses Kapitel befasst sich mit dem Verständnis von einer nachhaltigen Entwicklung und grenzt diese ab. Anschließend erfolgt eine Einordnung in das Nachhaltigkeitsmanagement bei Unternehmen.
Der Grundsatz einer nachhaltigen Entwicklung wurde bereits vor hunderten von Jahren in der Forstwirtschaft gebraucht. Im Jahre 1713 beschrieb Hans Carl von Carlowitz den Grundsatz, dass eine kontinuierliche Holzversorgung der Bevölkerung und Wirtschaft mit Hilfe einer fachgerechten Waldbewirtschaftung unter Berücksichtigung der natürlichen Waldentwicklung erreicht werden kann (Carlowitz et al. 2013, 5). Anders formuliert bedeutet dies, dass nur so viele Bäume gefällt werden können, wie auch wieder nachwachsen, um auch zukünftigen Generationen den wichtigen Rohstoff Holz zu erhalten.
In den 1970er Jahren gab die Studie über die Grenzen des Wachstums des Club of Rome den Anstoß für ein wachsendes Interesse in der Bevölkerung und der Beginn der wissenschaftlichen Auseinandersetzung über den Wert der nachhaltigen Entwicklung (Raschke 2015a). Im Jahre 1987 wurde das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung durch den Brundland-Bericht weiter in die Öffentlichkeit getragen mit der Definition, dass „Sustainable development is development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs“ (WCED 1987, Chapter 2). In dieser Definition wird die Generationengerechtigkeit als zentraler Punkt beschrieben. Dieser Bericht und die nachfolgende Diskussion über die Operationalisierung des Nachhaltigkeitsbildes bilden die Grundlage für die UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung im Jahr 1992 in Rio de Janeiro (Raschke 2015b; Burschel et al. 2004, 21). Bei dieser Konferenz erlangte das Konzept der nachhaltigen Entwicklung seinen Durchbruch und 178 Staaten verpflichteten sich eine nachhaltige Entwicklung mit der Unterzeichnung der Agenda 21 einzuleiten (Burschel et al. 2004, 22).
Seitdem wurde das Konzept der nachhaltigen Entwicklung in Praxis, Wissenschaft und Zivilgesellschaft immer weiter entwickelt mit dem politischen Ergebnis der Definition von 17 globalen Zielen im September 2015. Diese SDGs sind seitdem die weltweite Agenda für eine nachhaltige Entwicklung, die gemeinsam von 193 Ländern erarbeitetet wurden (UN 2016). Die Zielerreichung soll im Jahr 2030 gemessen werden.
Die Unternehmen sind heute vermehrt Anspruchsgruppen ausgesetzt, die einen aktiven Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung der Wirtschaft mit der aktiven Übernahme von Verantwortung zu sozialen, ökologischen und ökonomischen Themen fordern (AKNU 2015, 44). Im Unternehmenskontext werden die unterschiedlichsten Begriffe für unternehmerische Verantwortung mit Bezug zu einer unternehmerischen Nachhaltigkeit verwendet, wie Corporate Social Responsibility (CSR), Corporate Governance (CG) und Corporate Citizenship (CC). Eine Übersicht der Begriffe mit Schlagwörtern aus der Unternehmenspraxis findet sich in Abbildung 2. Die Untersuchung in dieser Arbeit berücksichtigt, dass zwischen der theoretischen Herleitung der Inhalte einer nachhaltigen Entwicklung und der praktischen Umsetzung in den Unternehmen ein Unterschied besteht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Auf politischer Ebene wird CSR beschrieben als „die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft“ (KOM 2011, 7). Die Unternehmen sollen auf Verfahren zurückgreifen können, um soziale, ökologische, ethische, Menschenrechts- und Verbraucherbelange in enger Zusammenarbeit mit den Anspruchsgruppen in der Betriebsführung und in ihrer Kernstrategie zu integrieren (KOM 2011, 7). Die Umsetzung des Verständnisses von CSR führt zwangsläufig zu einem Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung. Beispielhafte Aktivitäten im nationalen Bereich für die Übernahme von unternehmerischer Verantwortung sind Initiativen, wie econsense, Chemie hoch drei, sowie die Foren Nachhaltiges Palmöl und das Bündnis für nachhaltige Textilien (Die Bundesregierung 2016, 48).
Ausgehend von der Brundland-Definition beschreibt die Wissenschaft den Beitrag von Unternehmen zu einer nachhaltigen Entwicklung nur dann als glaubwürdig, wenn das unternehmerische Wirken „nachvollziehbar und dauerhaft sowohl zu sozialen und ökologischen Verbesserungen als auch zum Unternehmenserfolg beiträgt“ (Schaltegger 2015, 202). Demnach ist ein Beitrag zur Nachhaltigkeit von Unternehmen nur dann möglich, wenn ökonomische, ökologische und soziale Aspekte gleichermaßen und gleichgewichtig in der Unternehmenstätigkeit integriert und berücksichtigt werden. Es handelt sich um einen Business Case for Sustainability, indem „Unternehmenserfolg durch weiterreichende Umwelt- und Sozialaktivitäten zu kreieren“ (Schaltegger 2015, 204) ist. Hierbei spricht man auch von dem Konzept der Triple Bottom Line (TBL), in dem neben den ökonomischen Messgrößen auch die ökologischen und sozialen Auswirkungen mit Messwerten in die Bewertung des Unternehmensergebnis einfließen (Elkington 2002, 69ff.).
Entscheidend für die Umsetzung im Unternehmen ist jedoch ein bewusstes Nachhaltigkeitsmanagement. Dieses Nachhaltigkeitsmanagement wird im Unternehmenskontext verstanden als systematische, koordinierte und zielorientierte „Aktivitäten, die der nachhaltigen Entwicklung einer Unternehmung dienen und eine nachhaltige Entwicklung der Wirtschaft und Gesellschaft fördern. Es beinhaltet auch die Weiterentwicklung des Kerngeschäfts und des Geschäftsmodells sowie die Koordination und Integration des Umwelt- und des Sozialmanagements mit dem konventionellen betrieblichen Management“ (Schaltegger 2015, 202). Dieses Verständnis von Nachhaltigkeitsmanagement im Unternehmen hat sich in den letzten 30 Jahren entwickelt und setzt sich zunehmend durch (Schaltegger et al. 2010, 23). Hierbei ist es wichtig, dass die Umsetzung von Nachhaltigkeit im Unternehmen als Querschnittsaufgabe verstanden werden muss, die nur umgesetzt werden kann, wenn sie in allen Organisationsbereichen integriert ist (Herzig & Schaltegger 2009, 13).
Es wird deutlich, dass eine nachhaltige Entwicklung nur mit einer Unternehmensführung umgesetzt werden kann, die „die Ausrichtung unternehmerischer Entscheidungen auf die Zukunft (Zeitperspektive) und das Abwägen ökonomischer, ökologischer und sozialer Ziele (Mehrfachzielsetzungen)“ (AKNU 2015, 46) umsetzt.
Aufgrund einer Vielzahl von Definitionen für KMU ist die Notwendigkeit gegeben, den Untersuchungsgegenstand hier genau abzugrenzen. Dadurch kann ein einheitliches Verständnis erlangt werden.
Der Untersuchungsgegenstand der KMU wird durch die Definition der Europäischen Kommission eingegrenzt. KMU umfassen alle Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeiter und einem erwirtschaftetem Jahresumsatz von bis zu 50 Mio. Euro (Destatis 2017), wie in Abbildung 3 dargestellt.
Besonders der Begriff Mittelstand wird in der Wissenschaft und Praxis in Deutschland oftmals weiter gefasst. Dies zeigt sich u.a. im Beispiel der Definition vom Institut für Mittelstandsforschung, in der die Anzahl der Mitarbeiter bei KMU auf bis zu 500 erhöht wurde (IfM 2016).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Kleine und mittlere Unternehmen (Destatis 2017)
Neben der Begriffsdefinition wird die Untersuchung auch geografisch eingegrenzt. In der Europäischen Union (EU) gibt es über 22 Mio. KMU (Eurostat 2016). Um den zeitlichen Untersuchungsrahmen für diese Arbeit zu berücksichtigen, werden nur Unternehmen aus Deutschland untersucht. Die Anzahl der KMU in Deutschland beträgt über 2 Mio. KMU (Eurostat 2016).
In der Einleitung wurde die Systemrelevanz von KMU bereits dargestellt. In der Abbildung 4 sind die ökonomischen Kennzahlen über den Umsatz und die Kennzahl der Mitarbeiteranzahl Entwicklung dargestellt. Eine regelmäßige Untersuchung des statistischen Bundesamtes (Destatis) bestätigt diese Einschätzung, dass „den KMU gemessen an ihrem Anteil an wichtigen Kennzahlen wie der Anzahl an Unternehmen, dem Umsatz oder den Investitionen eine tragende Rolle in der deutschen Wirtschaft zukommt“ (Sollner 2014, 50).
Anteile kleiner und mittlerer Unternehmen an ausgewählten Merkmalen 2015
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Kennzahlen von KMU (Destatis 2014)
Neben diesem ökonomischen Beitrag und der damit verbundenen Verantwortung für soziale Themen aufgrund der Vielzahl von Mitarbeitern, ist die Bedeutung von KMU auch für ökologische Aspekte der Nachhaltigkeit erheblich. KMU sind laut einer Studie europaweit für 64% der industriellen Umweltbelastung verantwortlich (Calogirou et al. 2010, 173).
Der Duden definiert einen Bericht als „sachliche Wiedergabe eines Geschehens oder Sachverhalts; Mitteilung, Darstellung“ (Duden 2017). In Anlehnung an diese Definition gibt es zahlreiche Möglichkeiten für KMU über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten zu berichten. Die KMU sind frei in der Wahl des Verfahrens. Die inhaltliche Orientierung für die Erstellung kann sich an international anerkannten Standards oder eigenen Schwerpunkten orientieren. Das Kommunikationsmedium ist ebenfalls flexibel wählbar. Es können Artikel erstellt werden für die lokalen Medien, die eigene Homepage, Mitarbeiter-Broschüren oder Nachhaltigkeitsberichte, die sich an international anerkannten Standards orientieren. Die Auswahl des Kommunikationsmediums sollte sich hierbei jedoch an der Zielgruppe orientieren, da jedes Unternehmen eine Vielzahl von Stakeholdern hat, die spezifisch angesprochen werden sollten (Hillmann 2017, 22).
Dieses Kapitel gibt einen Überblick und identifiziert die relevanten Standards und Leitlinien anhand derer sich berichtende Unternehmen orientieren können, wenn sie einen ganzheitlichen Bericht erstellen möchten, der alle Nachhaltigkeitsaspekte im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung berücksichtigt. Diese identifizierten Standards werden dann in Kapitel 4.1 als Grundlage für die Auswertung genutzt.
Die GRI definiert eine Nachhaltigkeitsberichterstattung als die Darstellung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Auswirkungen eines Unternehmens durch deren Tätigkeiten und zusätzlich die unternehmerischen Werte und Strategie für eine nachhaltige globale Wirtschaft (GRI 2017e). Ein Nachhaltigkeitsbericht kann Unternehmen dabei unterstützen, die Ergebnisse der oben beschriebenen Auswirkungen zu messen, zu verstehen und kommunizieren (GRI 2017e).
Dieses Verständnis der Inhalte für einen Bericht über Nachhaltigkeitsaktivitäten wird auch in dieser Arbeit verwendet. Die Form des Berichtes, z.B. als Online-Bericht oder Unternehmensbroschüre, und der Adressatenkreis, z.B. nur für die eigenen Mitarbeiter oder für die wichtigsten Kunden, spielt hierbei keine Rolle. Es ist entscheidend, ob ökonomische, ökologische und soziale Themen gleichberechtigt in den Berichten behandelt werden.
Die Informationen können als Steuerungs- und Optimierungsgrundlage im betrieblichen Innenverhältnis und als Kommunikation mit den Stakeholdern im Außenverhältnis genutzt werden (Fifka 2014, 4).
KMU in Deutschland sind in Netzwerken, wie Branchenverbänden, IHK und Netzwerkvereinen organisiert. Dort gibt es oftmals die Möglichkeit sich an den individuell erstellten Leitlinien zu orientieren. Als Beispiele sind hier das Positionspapier der IHK Frankfurt zum nachhaltigen Wirtschaften (IHK Frankfurt 2016, 6), die Wirtschaftsinitiative Nachhaltigkeit (WIN) des Landes Baden-Württemberg (UM 2010) die 12 Nachhaltigkeitsleitsätze des Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) genannt.
Es gibt viele Reportingstandards, die Rahmenbedingungen für die Berichterstattung von wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Themen schaffen mit Indikatoren und Leitlinien für Unternehmen als Orientierungshilfe (BMUB Februar 2014, 16). Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) hat eine Orientierungshilfe herausgegeben mit den wichtigsten Nachhaltigkeitsstandards und Initiativen, die in Tabelle 3 zusammengefasst sind. Eine detailliertere Beschreibung findet sich in Anhang 1).
Tabelle 3: Nachhaltigkeitsstandards und Initiativen mit eigener Einstufung für den Nutzen von KMU (BMUB Februar 2014, 42-43)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Matrix aus Tabelle 3 wird vom Autor genutzt, um die passenden Standards und Initiativen zu identifizieren, die für KMU nützlich sind. Die Standards EMAS und SA8000 beziehen sich nicht auf alle Bereiche einer nachhaltigen Entwicklung, deswegen fallen diese weg. Die übrigen Standards werden nun danach beurteilt, ob sich der Fokus auf KMU in Deutschland bezieht. Die OECD Leitsätze fallen hier heraus, da es sich um Empfehlungen von Regierungen für multinationale Unternehmen handelt (OECD 2011, 3). Es ist auch davon auszugehen, dass es sich bei multinationalen Unternehmen um deutlich größere Unternehmen als KMU handelt. Der ISO26000 Standard wird auch nicht weiter berücksichtigt, da es sich hierbei um einen Standard handelt bei dem der Fokus nicht rein auf Unternehmen gelegt wird. Abschließend bleiben noch die Standards und Initiativen des GRI, UNGC und DNK übrig. Diese sind in der Tabelle 3 im Feld Auswahl markiert.
Die ausgewählten Standards und Initiativen werden in den nachfolgenden Kapiteln mit dem Bezug zu einer nachhaltigen Entwicklung beschrieben.
Der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) wurde von der Bundesregierung im April 2001 berufen, um eine nachhaltige Entwicklung in Deutschland zu fördern. Ihm gehören 15 Personen aus dem öffentlichen Leben an, die u.a. Beiträge entwickeln für die Umsetzung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie sowie konkrete Handlungsfelder und Projekte im Kontext der Nachhaltigkeit (RNE 2018).
Als Ergebnis der laufenden Arbeit hat der RNE den Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) entwickelt, um u.a. KMU im Rahmen offizieller Standards zu ermöglichen, über nachhaltiges Wirken zu berichten (RNE 2017b). Die Organisationen müssen eine Entsprechenserklärung abgeben und in 20 Kategorien über ihre Tätigkeiten berichten.
Um den größtmöglichen Nutzen für die Unternehmen zu erzielen, sind die Kriterien des DNK u.a. den Indikatoren des GRI zugeordnet. Damit wird eine bessere Vergleichbarkeit bezüglich des meistgenutzten internationalen Berichtsstandards für Nachhaltigkeit erzielt. Die 20 DNK- Kriterien und deren Zuordnung zu den GRI Indikatoren sind in Abbildung 5 dargestellt.
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Die GRI bezeichnet sich selbst als Pionier des Nachhaltigkeitsreportings, die seit 20 Jahren das Ziel verfolgt Entscheidungen zu unterstützen, die für alle Beteiligten soziale, ökologische und ökonomische Vorteile bietet (GRI 2017a). Als unabhängige und international agierende Organisation wird versucht, diese Mission durch die GRI Standards zu erreichen (GRI 2017a), die in Abbildung 6 dargestellt sind. Diese Standards gelten verpflichtend ab 01. Juli 2018 und lösen die ,G4 Guidelines' ab. Der Aufbau ist modular und ermöglicht den anwendenden Organisationen eine strukturierte Abarbeitung auf dem Weg zum Nachhaltigkeitsbericht. Hinter den jeweiligen GRI Nummern befinden sich Indikatoren über die Unternehmen ihre Leistung in diesen Bereichen darstellen können, wie z.B. der Indikator G4-EN3 für den Energieverbrauch innerhalb der Organisation.
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Die internationale Bedeutung dieses Standards lässt sich auch durch Datenerhebungen in Unternehmen belegen. In einer Studie von KPMG aus dem Jahr 2015 wurden aus 45 Ländern jeweils die erfolgreichsten Top 100 Unternehmen analysiert mit der Fragestellung, ob und nach welchem Standard diese über Nachhaltigkeit berichten (KPMG International 2015, 44). Das Ergebnis der Untersuchung stellt den freiwilligen Standard der GRI als meist genutzten Standard dar, da weltweit 60% aller Unternehmen diesen für ihre Berichte nutzen (KPMG International 2015, 42). Diese Zahl deckt sich fast mit dem Ergebnis in Deutschland, wo 61% der Top 100 Unternehmen, die über Nachhaltigkeit berichten, den Standard der GRI nutzen (KPMG International 2015, 42).
Der UNGC beschreibt sich selbst als die weltweit größte und wichtigste Initiative für verantwortungsvolle Unternehmensführung mit der Vision einer nachhaltigen Weltwirtschaft auf der Basis seiner 10 Prinzipien (DGCN 2017d). Die Prinzipien betreffen alle Bereiche einer nachhaltigen Entwicklung und sind in Abbildung 7 dargestellt. Zusätzlich zu dieser Vision, die seit 17 Jahren verfolgt wird, zielt die Initiative darauf ab „den Beitrag der Wirtschaft zu übergeordneten Zielen, wie den Sustainable Development Goals (SDGs), zu fördern“ (DGCN 2017c, 3).
Diesem internationalen Netzwerk können Organisationen beitreten indem sie die 10 Prinzipien in die tägliche Arbeit einbinden und ihr Engagement gegenüber ihren Stakeholdern, wie Aktionären, Mitarbeitern, Lieferanten und Kunden bekannt geben sowie einen jährlichen Fortschrittsbericht, Communication on Progress (COP) genannt, erstellen (DGCN 2017b). Die 10 Prinzipien sind in Abbildung 7 dargestellt.
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Abbildung 7: 10 Prinzipien des UNGC (DGCN 2017c, 4)
In Deutschland umfasst das Deutsche Global Compact Netzwerk (DGCN) die deutschen Unternehmen, die sich zu den 10 Prinzipien bekennen. Dieses Netzwerk informiert zu Themen der unternehmerischen Verantwortung, bietet den Ideenaustausch an und offeriert eine Plattform für die Arbeit an praxisnahen Lösungen im Sinne der globalen Vision des UN Global Compact (DGCN 2017c, 3).
Die SDGs dienen als weltweite Agenda für eine nachhaltige Entwicklung, wie in der Einleitung und Kapitel 2.1.1 erläutert. Die Berücksichtigung der SDGs, in welcher Form auch immer, gehört aktuell fest zu dem Themenfeld einer nachhaltigen Entwicklung. Das Forschungsgebiet über eine nachhaltige Entwicklung bei KMU in Verbindung mit den SDGs ist deswegen ziemlich neu, da die SDGs erst im September 2015 von der Weltgemeinschaft unterzeichnet wurden (UN 2016).
Der Bekanntheitsgrad der SDGs in Unternehmen wurde in einer Studie aus dem Jahr 2016 im Auftrag von econsense und des Deutschen Global Compact Netzwerks (DGCN) gemessen mit 52% von den befragten 380 Unternehmen (DGCN et al. 2016, 7). Von diesen Unternehmen kann ein Anteil zwischen 27,5 und 42,8 Prozent den KMU zugeordnet werden (DGCN et al. 2016, 42).
Die SDGs und ihre Indikatoren sind nicht direkt auf Unternehmen anwendbar. Dies wird deutlich am Beispiel der Ziele 1.1 und 1.2. mit den dazugehörigen Indikatoren, die in Tabelle 4 exemplarisch dargestellt sind. Diese Ziele sind sehr allgemein gehalten und müssen konkret auf Unternehmen bezogen werden.
Tabelle 4: SDGs - Ziele und Indikatoren (exemplarischer Auszug)
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Ergänzend hierzu lässt sich noch anführen, dass es keinen Berichtsstandard für Nachhaltigkeit gibt, der sich rein auf die SDGs bezieht. Es entwickeln sich jedoch aktuell einige Ansätze, wie Unternehmen ihre Tätigkeiten auf die SDGs beziehen können. Die GRI hat den ,SDG Compass‘ als ein Mappingtool entwickelt, in dem die GRI-Standards zu den entsprechenden SDG-Zielen zugeordnet werden (GRI et al. 2016). In dieser Anleitung werden 342 unterschiedliche Indikatoren beschrieben (GRI et al. 2015). Die Fortschrittsberichte des UNGC können auch direkt zu den SDGs verlinkt werden. Diese Verlinkung wird im Rahmen der Veröffentlichung des Fortschrittsberichtes auf der Homepage mit einem grünen Häkchen dargestellt, wie in Abbildung 8 als Screenshot belegt (UNGC 2017).
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Abbildung 8: Screenshot mit Zuordnung der SDG zum Fortschrittsbericht (UNGC 2017)
Der DNK ermöglicht noch keine direkte Verlinkung zwischen der Entsprechenserklärung und den SDGs. Es kann lediglich über das Mapping der DNK Kriterien über die G4-Indikatoren zu den SDGs gelangt werden.
In diesem Kapitel wird die methodische Vorgehensweise zur Beantwortung der Forschungsfragen erläutert. Die Beantwortung der Forschungsfragen erfolgt mit Hilfe von zwei Auswertungsmethoden. Die Auswertung von standardisierten Berichten, die sich in der Sekundärliteratur finden lassen und leitfadengestützten Experteninterviews.
Bevor die Erhebung der Daten erfolgen kann, muss festgelegt werden, ob es sich um quantitative oder qualitative Daten handelt. Es gibt vier Unterscheidungsmerkmale zwischen quantitativer und qualitativer Analysen (Mayring 2015, 17-20). Das Merkmal der Einzelfallorientierung gegenüber einer repräsentativen Stichprobe weist in dieser Arbeit auf qualitative Forschung hin (Mayring 2015, 20). Das Gegenteil wäre z.B. eine Stichprobenerhebung mittels eines Fragebogens bei einer repräsentativen Anzahl von KMU. Die Beantwortung der Forschungsfragen erfolgt folglich mit „Methoden der qualitativen Sozialforschung zur Exploration und Deskription des Forschungsfeldes“ (Töpfer 2012, 243).
Das Untersuchungsdesign beschreibt die Erhebungsform der Daten sowie die Erhebungsinstrumente und die Auswahl der Erhebungseinheiten (Häder 2015, 75). Die Struktur der Arbeit mit der Zuordnung der wissenschaftlichen Methoden sowie einer Kurzbeschreibung der einzelnen Arbeitsschritte ist in der nachfolgenden Tabelle 3 dargestellt.
Tabelle 5: Untersuchungsdesign (eigene Darstellung)
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