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Diplomarbeit, 2008
104 Seiten, Note: 1,0
1. Einleitung
2. Formale Grundlagen zum Adoptionswesen
2.1 „Adoption“ – Was steckt dahinter?
2.1.1 Ein Rückblick über die Geschichte der Adoption
2.2 Die Voraussetzungen zur Adoption
3. Die Auslandsadoption
3.1 „Auslandsadoption“ – Was steckt dahinter?
3.2 Formen von Adoption
3.2.1 Die Volladoption
3.2.2 Die schwache Adoption
3.3 Die zuständigen Behörden und Stellen einer Auslandsadoptionsvermittlung
3.4 Die Entwicklung des Adoptionsrechts
3.4.1 Das Haager Übereinkommen vom 29.Mai 1993
3.5 Die rechtlichen Schritte einer Auslandsadoption
3.6 Die Kosten einer Auslandsadoption
4. Die Motive zur Auslandsadoption
4.1 Der Kinderwunsch
4.2 Auslandsadoption aus sozialem Engagement
4.3 Mögliche Alternativen zur Adoption im Herkunftsland
5. Die Herkunftsfamilie
5.1 Die Gründe der Mutter zur Adoptionsfreigabe ihres Kindes
5.2 Das Leben nach der Adoptionsfreigabe
5.3 Die Suche nach dem eigenen Kind
6. Das Adoptivkind und seine besonderen Herausforderungen
6.1 Der physische Zustand des Kindes
6.2 Das fremdländische Aussehen des Kindes
6.3 Die Rolle des Vermittlungsalters bei der Adoption
6.4 Die besondere Lebensform Adoption
6.5 Die Folgen von Deprivation in der frühen Kindheit
6.6 Die Bedeutung einer festen Bindung für die Entwicklung von Adoptivkindern
6.6.1 Der Beziehungsaufbau
6.7 Das neue Leben des Adoptivkindes und seine „Nebenwirkungen“
6.8 Die „Doppelte Elternschaft“
6.9 Das Kind offenbart sich
6.9.1 Die Suche nach den eigenen Wurzeln
6.9.2 „Niemandskinder gibt es nicht!“ Hilfe bei der Verarbeitung der eigenen Lebensgeschichte
7. Die Adoptivfamilie
7.1 Anforderungen und Schwierigkeiten der sozialen Elternschaft
7.2 Die Rolle der Geschwisterkonstellationen
7.3 Die Großeltern im Umgang mit Adoptivenkelkindern
7.4 Die Offenbarung
8. Soziale Arbeit in der Auslandsadoptionsvermittlungsstelle
8.1 Das soziale Problem des verwaisten Kindes
8.2 Der Klient der Auslandsadoptionsvermittlung
8.3 Die Mittel des Sozialarbeiters
8.4 Das Tätigkeitsfeld des Auslandsadoptionsvermittlers am Beispiel „Eltern für Afrika e.V.“
8.5 Die Beratung in der Vermittlungsstelle
8.6 Sozialarbeit und Auslandsadoptionsvermittlung
9. Fazit
10. Literaturverzeichnis
11. Anhang
Madonna hat’s getan!
Die Medien berichteten im letzten Jahr vermehrt von den Adoptionsgeschichten der Hollywoodstars. Neben Madonna haben auch Angelina Jolie und Brad Pitt ihr drittes Adoptivkind im Jahr 2007 bekommen. Durch die Berieselung der Regenbogenpresse – inclusive toller Schnappschüsse- schafft es das Thema Auslandsadoption immer wieder, Aufmerksamkeit zu erlangen. Doch was steckt eigentlich dahinter? Was bedeutet Auslandsadoption überhaupt? Kann man einem ausländischen Kind eine „Umsiedlung“ überhaupt zumuten? Welche Rolle spielt die Soziale Arbeit bei dem Vorgang der Auslandsadoption?
Die Medien vermitteln insgesamt ein sehr oberflächliches Bild dieses Vorgangs. Sie stellen die Adoption so dar, als würde man einfach mit ein bisschen Geld in ein Kinderheim gehen können, sich ein Kind aussuchen und es auf dem Arm – wie eine erworbene Sache - mit zu sich nach Hause nehmen dürfen.
Das dieses Vorgehen in keinster Weise zutrifft und weitaus mehr, vor allem hinter einer Adoption von Kindern aus dem Ausland steckt, das soll u. a. Inhalt dieser Arbeit sein.
Auch ich habe mit einem sehr vereinfachten Bild über Auslandsadoptionen diese Arbeit begonnen. Dabei haben mich nicht die Schlagzeilen aus Hollywood auf das Thema gebracht sondern vielmehr mein eigener viermonatiger Auslandsaufenthalt in Südafrika nach dem Abitur. Dort habe ich als Volunteer in einem Township bei Stellenbosch gelebt und in einer Kindertageseinrichtung gearbeitet. Dadurch, dass ich das Leid der Kinder dort selber miterlebt habe, wünschte ich mir damals nichts mehr, als all die Kinder mit nach Hause nehmen zu können. Ich wollte ihnen so gerne ein „besseres“ Leben ermöglichen und sie nicht alleine in dem Elend zurücklassen. Doch wurde mir schnell klar, dass man ein Kind nicht einfach mitnehmen kann, dass viel mehr dazu gehört, einem Kind aus einem völlig anderen Kulturkreis heraus ein neues Leben zu bieten. Aus diesem Gedanken heraus entwickelte sich mein Interesse für Auslandsadoptionen.
Während meines Studiums der Sozial Arbeit an der FHH ist das Thema Adoption gar nicht behandelt worden. Die Auslandsadoptionsvermitlung ist ein Arbeitsfeld für Sozialarbeiter und Sozialpädagogen, welches eher selten im Bereich der Sozialen Arbeit vorkommt. Es stellt somit eher ein Randgebiet der Einsatzmöglichkeiten dar. Für Auslandsadoptionen als Arbeitsbereich interessieren sich hauptsächlich die Sozialfachkräfte, die primär etwas mit dem Thema zu tun haben, die , wie in meinem Fall beruflich damit in Berührung gekommen sind. Ausserdem nimmt das Klientel einer Adoptionsvermittlungsstellen nur ein kleinen Anteil der Gesamtbevölkerung ein. Für sie ist die Arbeit im Bereich der Auslandsadoptionsvermittlung von großer Bedeutung. Dieser Arbeit obliegt eine immens große Verantwortung zunächst bei der Auswahl der in Frage kommenden Eltern, bei der rechtlichen Absicherung und dem eigentlichen Vorgang der Adoption und nicht zuletzt bei der Betreuung der „neuen“ Familie.
Trotz der enormen Anforderungen an alle Beteiligten der Auslandsadoption ist heute die gesellschaftliche Anerkennung - von den Schlagzeilen aus Hollywood abgesehen - nicht sehr groß.
Dennoch muss es einen größeren Zusammenhang zwischen Sozialer Arbeit und Auslandsadoptionsvermittlung geben, als nur die Tatsache, dass ausschliesslich Sozialarbeiter und Sozialpädagogen auf Grund ihrer Qualifikation in einer Vermittlungsstelle tätig werden dürfen.
Diese Arbeit soll einen besseren und tieferen Eindruck in das Thema Auslandsadoptionen geben und dabei herausstellen, warum gerade die Qualifikation des Sozialarbeiters/Sozialpädagogen so sehr geeignet ist, Auslandsadoptionsvermittlungen durchzuführen.
Der erste Teil dieser Arbeit gibt einen Überblick über rechtliche Grundlagen zum Adoptionswesen im allgemeinen, anschliessend speziell die Auslandsadoption betreffend . Ausserdem werden die Motive von Adoptionsbewerbern näher erläutert.
Der zweite Teil befasst sich konkret mit allen Beteiligten einer Auslandsadoption. Dies ist zum einen die Herkunftsfamilie des Kindes. In diesem Zusammemhang wird herausgestellt, warum Mütter ihre Kinder zur Adoption freigeben und wie sie anschließend mit der Adoptionsfreigabe leben.
Das Adoptivkind aus dem Ausland, seine besonderen Herausforderungen sich selbst und seinen neuen Eltern gegenüber, ist Inhalt des zweiten Teils dieser Arbeit. Neben den Äußerlichkeiten zählen vor allem die Schwierigkeiten durch Deprivationserfahrungen, sowie der neue Bindungsaufbau und die Identitätsfindung des Kindes dazu.
Im Anschluss daran erfolgt ein Einblick in die Adoptivfamilie. Welche Anforderungen bringt die soziale Elternschaft mit sich? Welche Bedeutung hat das Adoptivkind für vorhandene leibliche Kinder und Großeltern?
Der zweite Teil soll insgesamt das Ausmaß verdeutlichen, wieviel Personen, Gedanken, Hintergründe, Anforderungen und Schwierigkeiten mit einem Adoptionsvermittlungsprozess zusammenhängen, ausschlaggebend und zu beachten sind.
Der dritte Teil dieser Arbeit verdeutlicht den Zusammenhang von Sozialer Arbeit und Auslandsadoptionsvermittlung. Das Soziale Problem selbst wird dabei herausgestellt und die mögliche soziale Problemlösung. Anhand eines Beispiels für einen Vermittlungsverlaufs im Verein „Eltern für Afrika e.V.“ wird klar, welche weitreichenden Kompetenzen ein Sozialarbeiter/Sozialpädagoge für seine Arbeit benötigt. Dazu werden zunächst die Mittel des Sozialarbeiters/Sozialpädagogen dargestellt, anschließend auf die für die Vermittlung wichtigste Handlungsmethode, die Beratung, näher eingegangen.
Mein Fazit soll diese Arbeit abrunden und meine eigenen Ansichten zu dem Thema, Soziale Arbeit in der Auslandsadoptionsvermittlung, beinhalten.
Wenn zur Vereinfachung im Text die männliche Form gewählt wurde, sind sowohl männliche als auch weibliche Personen gemeint. Das gleiche gilt für den Sozialarbeiter, der stellvertretend auch für den Sozialpädagogen steht.
Um einen besseren Eindruck über das Thema Adoption zu bekommen, werde ich in diesem Kapitel den Begriff der Adoption allgemein, sowie den geschichtlichen Rückblick und die Entwicklung der Adoptionsgesetzte in Deutschland herausstellen.
Dann werde ich abschliessend in diesem Kapitel auf die Voraussetzungen eingehen, die Adoptionsbewerber erfüllen müssen, damit sie überhaupt ein Kind annehmen dürfen.
Das Wort „adoptieren" lässt sich von dem lateinischen Wort „adoptare" ableiten. „Ad" heißt übersetzt „(hin) zu" und „optare" bedeutet „wählen". Zusammengesetzt ergibt sich für das Wort „adoptare" der Begriff „Hinzuwählen".[1]
Der Begriff Adoption gilt stets als Oberbegriff, da es viele verschiedene „Arten" von Adoptionen gibt, die sich in personellen, sachlichen und lokalen Aspekten unterscheiden. Dazu gehört unter anderem die Auslandsadoption, auf die ich in Kapitel drei näher eingehen werde, aber auch die Stiefkind- und Verwandtenadoption, die hinkende Adoption, die Fremdadoption, die Offene- und Inkognitoadoption, die Adoption eigener Kinder, die Ehegattenadoption, die Zweitadoption, die Starke bzw. Schwache Adoption und die Scheinadoption, um nur einige zu nennen.[2]
Unter Adoption versteht man heute das Entstehen einer echten Eltern-Kind-Beziehung von Menschen, die nicht miteinander blutverwandt sind. Früher gab es andere Gründe ein Kind zu adoptieren als heute. Darauf werde ich beim geschichtlichen Rückblick in Abschnitt 2.1.1 näher eingehen.
Das dauerhafte Verwandtschaftsverhältnis, das durch eine Adoption zwischen Adoptiveltern und Adoptivkind entsteht, muss rechtswirksam konstituiert werden, da es weitreichende rechtliche Folgen für das Kind hat. Die Adoption wird mit einem Vertrag bei einem Gericht anerkannt. Das Adoptivkind erhält nach Abschluss der Adoption die gleichen Rechte, wie sie leibliche Kinder bei ihren Eltern haben.[3]
Das Statistische Bundesamt veröffentlichte 2006 eine Statistik zum Thema Adoption, die deutlich zeigt, dass die Zahl durchgeführter Adoptionen und die Anzahl vorgemerkter Adoptionsbewerbungen große Ausmaße angenommen hat. Insgesamt wurden im Jahr 2005 4762 Kinder adoptiert, wobei das Verhältnis von Jungen und Mädchen ungefähr gleich ist. 3309 Kinder wurden innerhalb von Deutschland vermittelt und 1453 Kinder kamen aus dem Ausland. Davon stammten 724 Kinder aus Teilen Europas, 420 Kinder aus Asien, 156 Kinder aus Amerika, 142 Kinder aus Afrika und 11 Kinder aus übrigen Ländern. Betrachtet man die Altersstruktur der Kinder, so fällt auf, dass hauptsächlich Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren (1434 Kinder), von zwölf Jahren und älter (1428 Kinder) und Babys bis drei Jahre (1193 Kinder) adoptiert wurden. Die Gruppe, der Drei- bis Sechsjährigen fällt relativ klein aus was sicherlich auch mit der kleinen Altersspanne zu tun hat.
Bezüglich der Nachfrage an Adoptivkindern in Deutschland sprechen die Zahlen für sich: 12 Adoptionsbewerbungen kommen auf ein zur Adoption vorgemerktes Kind. Insgesamt liegen Ende des Jahres 2005 9324 vorgemerkte Adoptionsbewerbungen vor ;lediglich 771 vorgemerkte Kinder stehen zur Verfügung.[4]
Warum in Deutschland nur recht wenige Kinder zur Adoption zur Verfügung stehen, hängt unter anderem mit dem Pflegekinderwesen zusammen, auf das ich in dieser Arbeit aber nicht näher eingehen möchte.
Die Ursprünge der Kindesadoption reichen weit bis in die Antike zurück. Christa Hennig stellt in ihrem Buch nachfolgendes zur Geschichte der Adoption heraus. Damals waren die Suche nach einem Erben und Namensträger, machtpolitische Kalkulationen und eher ferner soziale Fürsorge die wesentlichen Interessenspunkte einer Adoption. Das Wohl des Kindes stand nicht im Mittelpunkt, sondern die Wahrung der Besitzverhältnisse durch geeignete Erben. Das älteste Zeugnis einer Adoption stammt von 2350 v. Chr.. Der Gesetzeskodex des babylonischen Königs Hammurabi (1729-1686 v. Chr.) legalisierte Adoptionen für Babylon, Assyrien und Mesopotamien. Die frühen Gesetzgebungen beinhalteten meist Sanktionen und Bestimmungen mit dem hauptsächlichen Ziel, dass Aussterben einer Familie zu verhindern. Das Wohlergehen des Kindes wurde erst mit dem „Großen Kodex" des Alfons von Kastilien (1252 - 1284 v. Chr.) näher in den Mittelpunkt der Adoption gerückt. Adoptionsmissbrauch sollte ausgeschlossen werden, indem kein Kind unter sieben Jahren adoptiert werden durfte, es einer Voruntersuchung der Annehmenden gab und eine königliche Erlaubnis niedergelegt werden musste.[5]
Im Jahre 1896 wurde von den Gesetzgebern des „Bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich“ ein einheitlicher Rechtsentwurf aus folgenden Konstitutionen entwickelt: dem Adoptionsrecht im preußischen Allgemeinen Landtag (ALR) von 1794, dem französischen Code Civil von 1804 und dem sächsischen Bürgerlichen Gesetzbuch von 1863. Motive für die Aufnahme der Adoptionsgesetze in das BGB waren die „Versorgungssicherung nichtehelicher Kinder“, „Das Scheitern der beiden herkömmlichen „Ersatz" - Erziehungsinstitutionen (Anstalt/Pflegefamilien)“ und „Erkenntnisse über die Wichtigkeit der Erziehung im Familienverband“.[6]
Das aus den Konstitutionen entstandene Recht im BGB von 1896 regelte von dem Zeitpunkt an erstmals ganzheitlich die „Annahme an Kindes Statt" in den Paragrafen §§ 1741-1772 BGB und beinhaltete neben dem Interessenprinzip auch eine Schutzfunktion für das Adoptivkind. Eine bestimmte Altersgrenze und Kinderlosigkeit gehörte damals zu den Grundbedingungen einer Adoption. Laut § 1744 BGB musste der Annehmende das 50. Lebensjahr vollendet haben und mindestens 18 Jahre älter sein als das Kind. Dieses Gesetz sollte die Fortdauer der Kinderlosigkeit sicherstellen und wurde erst 1961 geändert. Die Altersgrenze sank von 50 Jahre auf 35 Jahre und wurde in § 1744 Satz 1 BGB festgehalten. Eine weitere Herabsetzung der Altersbegrenzung von 35 Jahren auf 25 Jahren wurde durch das Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Adoptionsrechts vom 14.08.1973 durchgesetzt.[7]
Röchling verfolgt in seinem Buch die Entstehung der Gesetze.[8]
Das Europäische Übereinkommen vom 24.04.1967 über die Adoption von Kindern, bei dem es um die Vereinheitlichung des Adoptionsverfahrens aller Vertragsstaaten ging, diente als Vorbild für das Adoptionsgesetz vom 02.07.1976, auf das heute noch wesentliche Punkte des Adoptionsverfahrens in Deutschland zurückzuführen sind. Die letzten Erneuerungen im Adoptionsgesetz wurden 1998 gemacht, als durch die in Kraft tretende Kindschaftsrechtsreform neue Punkte hinzugefügt wurden.
Zur Sicherung der Qualität des Adoptionsvermittlungsprozesses trat zeitgleich mit dem Adoptionsgesetz auch das Adoptionsvermittlungsgesetz (AdVermiG) am 02.07.1976 in Kraft.[9] Dieses, auch aktualisiert durch die Kindschaftsrechtsreform 1998, besagt, dass ausschließlich Fachkräfte, Sozialarbeiter und Sozialpädagogen durch ihre Fähigkeiten und Kompetenzen zur Durchführung einer Adoption befähigt sind.
Bei diesem historischen Überblick fällt auf, dass während des ganzen Prozesses der Gesetzgebung für ein einheitliches Adoptions- und Adoptionsvermittlungsgesetz - von der Antike bis heute - haben sich die Bemühungen zum „Wohl des Kindes“ von der ehemaligen Auffassung „nebensächlich" weiter entwickelt. Heute zählt das Kindeswohl zur wichtigsten Voraussetzung der Adoption. Zur Zulässigkeit der Annahme steht im BGB unter § 1741 Abs.1 BGB Folgendes: "(1) Die Annahme als Kind ist zulässig, wenn sie dem Wohl des Kindes dient und zu erwarten ist, dass zwischen dem Annehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht."[10]
Der Rechtsbegriff „Wohl des Kindes" kann nicht eindeutig definiert werden, da jedes Kind individuelle Aspekte für die Entwicklung und zum Leben benötigt. Jedoch geht es bei der Adoption darum, „… dass dem Kind eine behütete familiäre Umgebung zu optimalem Aufwachsen gesichert wird. In einer solchen Umgebung soll es sich möglichst ungestört zu eigener Lebensfähigkeit und Persönlichkeit entwickeln können."[11] „Liebe, Fürsorge und Geborgenheit für das Kind werden zu Recht als von den Eltern zu vermittelnde Grundlage des Kindeswohls angesehen …."[12]
Das Wohl des Kindes hat heute höchste Priorität in der Adoptionsvermittlung und ist in mehreren Gesetzesvorschriften festgehalten: im BGB, in der UN-Kinderechte-Konvention, im Europäischen Übereinkommen und nicht zuletzt im Haager Adoptionsübereinkommen. Die Gesetze sind längst grenzüberschreitend und der heutigen Zeit entsprechend.
Um ein minderjähriges Kind annehmen zu können sind im BGB[13] einige Voraussetzungen verankert, die auf die Adoptiveltern zutreffen müssen, damit sie ein Kind annehmen können.
Wie schon in Absatz 2.1.1 erwähnt, steht das Wohl des Kindes an erster Stelle. Es muss laut Gesetz (§ 1741 (1) BGB) zu erwarten sein, das ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht und die Vermittlung dem Wohl des Kindes dient. In der Praxis ist es schwierig, das Wohl des Kindes und das Eltern-Kind-Verhältnis zu überprüfen, da es keine rechtlich vorgeschriebenen Untersuchungen gibt. Die Bindungs- und Belastungsfähigkeit der Adoptiveltern, die Einstellung zu Kindern und ihre Beweggründe zur Adoption sind Anhaltspunkte an denen sich Adoptionsvermittlungsstellen und die Vormundschaftsgerichte bzgl. des Eltern-Kind-Verhältnisses orientieren können.[14]
Grundsätzlich muss das Kind in die Annahme einwilligen. Das Jugendamt und die Vormundschaftsgerichte müssen das Kind laut Gesetz „persönlich Anhören" und herausfinden, ob es tatsächlich in der Familie leben möchte (§ 55 c FGG). Für Kinder, die geschäftsunfähig sind oder das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gilt die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters (§ 1746 BGB). Die Eltern des Kindes können die Einwilligung allerdings erst erteilen, wenn das Kind acht Wochen alt ist (§ 1747 BGB). Hierbei reicht die Einwilligung eines Elternteils aus, da das Vormundschaftsgericht auf Antrag des Kindes die Einwilligung des fehlenden Elternteils ersetzen kann (§ 1748 (1) BGB). Stimmt der gesetzliche Vertreter des unter 14 jährigen Kindes nicht in die Adoption ein und steht das Interesse des Kindes im erheblichen Gegensatz zum Interesse seiner gesetzlichen Vertreter, so besteht die Möglichkeit, einen Verfahrenspfleger (§ 50 FGG) für den Adoptionsprozess zu bestellen, der im Interesse des Kindes handelt.
Wer ein Kind annehmen will, muss nach § 1743 BGB mindestens 25 Jahre alt sein und unbeschränkt geschäftsfähig sein. Wenn ein Ehepaar ein Kind annehmen möchte, reicht es aus, wenn ein Partner das 25. Lebensjahr vollendet hat und der andere Partner mindestens 21 Jahre alt ist. Es gibt keine gesetzlich geregelte Altershöchstgrenze für Annehmende. Allerdings sollte der Altersunterschied zwischen Adoptiveltern und Adoptivkind nicht mehr als 40 Jahre betragen.[15]
Grundsätzlich sollten die Familienverhältnisse in der annehmenden Familie gefestigt sein, eine gewisse menschliche Reife und Erziehungsfähigkeit muss vorhanden sein. Außerdem ist zu überprüfen, inwieweit die Adoptiveltern persönlich für die Pflege, Betreuung und Erziehung aufkommen. Sind beide Annehmenden berufstätig und soll die Betreuung von Dritten übernommen werden, ist dies ein Ausschlusskriterium im Eignungstest.[16] Den Gesundheitszustand betreffend muss sichergestellt sein, dass keine ansteckenden Krankheiten bestehen. Bei Menschen mit Behinderung ist zu überprüfen, ob die Betreuung, Pflege und Erziehung des Kindes ausreichend gesichert ist.
Eheleute können ein Kind nur gemeinschaftlich adoptieren, während Unverheiratete und Personen, die in gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaft leben, nicht gemeinschaftlich adoptieren können.[17] Bezüglich der Stabilität der Ehe gibt es keine vorgeschriebene „Mindestehedauer". Die Ehe sollte allerdings belastbar und bestandskräftig sein, da ein harmonisches und beständiges Zuhause dem Wohl des Kindes dient. Die finanzielle Situation betreffend muss gewährleistet sein, „… daß der Annehmende Unterhaltsansprüche des anzunehmenden Kindes, aber auch die anderer Unterhaltsberechtigter erfüllen kann".[18] Religiöse und weltanschauliche Ansichten sind grundsätzlich nicht von Bedeutung. Hat das Kind jedoch schon eine Religionszugehörigkeit, ist diese zu beachten und sicherzustellen, dass das Kind sich in seiner Religion entfalten kann. Die Wohnverhältnisse müssen räumlich gesehen ausreichend groß sein für die Unterbringung eines Kindes. Das Wohnumfeld betreffend muss gewährleistet sein, dass eine Gefährdung für das Kind weitestgehend ausgeschlossen werden kann.[19] Ein Wohnumfeld mit hauptsächlich ausländerfeindlichen Nachbarn ist sicher kein guter Ausgangspunkt für die Annahme eines fremdländischen Kindes.
Die Adoptionsbewerber sollten keine Vorstrafen haben, dieses können sie durch ein polizeiliches Führungszeugnis nachweisen. Das Vormundschaftsgericht hat ferner die Möglichkeit, sich uneingeschränkt Auskunft aus dem Strafregister geben zu lassen (§ 41 BZRG[20] ). Liegen Vorstrafen vor, so ist dies nicht direkt ein Hindernis für die Adoption, es kommt dabei auf die Schwere der Vorstrafen an. Vorstrafen wie z.B. Misshandlung Schutzbefohlener, sexueller Missbrauch und schwere Verbrechen sind aber in jedem Fall ein Ausschlusskriterium.[21]
Wenn das Adoptivkind in eine Familie kommen soll, in der bereits Kinder leben - Leibliche oder zuvor Adoptierte - haben diese Kinder eine Art Anhörungsrecht. Nach § 1745 BGB[22] darf die Annahme nicht ausgesprochen werden, wenn die Interessen der vorhandenen Kinder überwiegend gegen die Annahme sprechen. Vermögensrechtliche Aspekte wie Unterhalt und Erbteilschmälerung sind für eine Ablehnung der Adoption durch vorhandene Kinder allerdings nicht ausschlaggebend. Vielmehr geht es darum, dass die bereits vorhandenen Kinder keinen Schaden durch das neue Kind erleben.[23] Die Eignung der Adoptionsbewerber wird generell in einem gesetzlich vorgeschriebenen Eignungstest überprüft (§ 7 (1) AdVermiG).
Neben den deutschen Voraussetzungen zur Adoption gelten noch weitere Vorschriften des jeweiligen Herkunftslandes des Kindes.
Eine dieser Voraussetzungen zur Auslandsadoption möchte ich abschließend herausstellen. Die Herkunftsländer können Entwicklungsberichte über das Kind anfordern. Das bedeutet, dass sich bereits während des Bewerbungsverfahrens die werdenden Adoptiveltern bereiterklären müssen, eine schriftlichen Vereinbarung zu unterzeichnen, in der sie in eine Berichterstattung über einen bestimmen Zeitraum nach der Annahme einwilligen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 AdVermiG). Die Adoptiveltern können den Bericht über die Entwicklung des Kindes selber erstellen, eine fachliche Einschätzung der Auslandsvermittlungsstelle ist allerdings mit einzuschließen. Die Entwicklungsberichte müssen den Anforderungen (inhaltliche Vorgaben, Legalisierungserfordernisse) entsprechen und die Vermittlungsstelle ist für die ordnungsgemäße Übersendung der Berichte verantwortlich.[24]
Nachdem ich in diesem Kapitel Informationen über die Adoption im allgemeinen herausgestellt habe, wird es im folgenden Kapitel speziell um die Auslandsadoption gehen.
Die Auslandsadoption ist eine spezielle Form der Adoption. In diesem Kapitel werde ich die Besonderheiten der Auslandsadoption herausstellen, wie das spezielle Recht, die zwei möglichen Formen der Auslandsadoption, die Kosten sowie die beteiligten Behörden und Vermittlungsstellen.
Es wird von einer Adoption mit Auslandsberührung bzw. einer Auslandsadoption gesprochen, wenn entweder der Adoptionsbewerber oder das Kind eine ausländische Staatsangehörigkeit haben.[25]
Für die Annahme eines ausländischen Kindes in Deutschland sind grundsätzlich die deutschen Vormundschaftsgerichte zuständig (§ 43 b FGG). Da nach Art.3 Abs.1 EGBGB internationales Privatrecht bei einer Adoption von deutschen Annehmenden und einem ausländischen Kind gilt, bestimmt das deutsche Recht über Voraussetzungen, Wirkungen, Zustandekommen und Aufhebungen der Annahme. Die Zustimmung des Kindes zur Adoption unterliegt zusätzlich dem Heimatrecht des Kindes (Art. 23 S.1 EGBGB).[26]
Seit dem 01. Januar 2007 ist die Bundeszentralstelle für Auslandsadoption in Bonn zuständig für die Vertretung Deutschlands gegenüber ausländischen zentralen Behörden in Adoptionsangelegenheiten. Die Bundeszentralstelle ist nicht berechtigt Adoptionsvermittlungen durchzuführen. Sie ist zuständig für die Aufgaben im Zusammenhang mit dem Haager Übereinkommen und koordiniert die Tätigkeiten der verschiedenen inländischen Stellen.[27]
Wie schon in 2.1 beschrieben, gibt es viele unterschiedliche Formen von Adoption, die sich in personellen, sachlichen und lokalen Aspekten unterscheiden. Ich werde im folgenden Abschnitt den wichtigsten Unterschied, die Auslandsadoption betreffend herausstellen. Generell geht es um die Anerkennung und Wirkung einer Volladoption und einer schwachen Adoption.
Eine Volladoption bedeutet, dass das Kind aus seinem Familienverband herausgelöst wird. Alle Rechte und Pflichten müssen von den Adoptiveltern übernommen werden. Alle Rechtsbeziehungen zur Herkunftsfamilie gehen verloren.
Grundsätzlich handelt es sich bei allen Adoptionen, die in Länder des Haager Übereinkommens vollzogen werden, um Volladoptionen. Wird eine Adoption in dem Herkunftsland des Kindes beschlossen, so wird ihre Anerkennung in Deutschland nach § 2 AdWirkG überprüft. Sämtliche Dokumente, wie die neue und alte Geburtsurkunde, der neue Pass, Meldebescheinigungen u.s.w. sind dabei vorzulegen. Bei der Überprüfung geht es darum, sicherzustellen, dass die im Herkunftsland des Kindes vollzogene Adoption, einem nach deutschen Sachvorschriften begründetem Annahmeverhältnis gleichsteht.[28]
Es kommt zu einer schwachen Adoption, wenn das Herkunftsland des Kindes kein Vertragsstaat des Haager Übereinkommens ist. Die Adoption wird nach dem Recht des Herkunftslandes ausgesprochen und einige Rechtsbeziehungen des Kindes seinen leiblichen Eltern gegenüber können unter Umständen bestehen bleiben, wie z.B. Erbrechte.
Nach § 2 AdWirkG[29] wird die Wirkung der im Ausland ausgesprochenen Adoption auf die im Deutschen Recht verankerten Vorschriften überprüft. Liegt eine schwache Adoption vor, so bedarf es der Umwandlung und Anerkennung in Deutschland.
Nach § 3 AdWirkG[30], dem so genannten Umwandlungsausspruch, kann das Vormundschaftsgericht in Deutschland, die Adoption umwandeln. Daraufhin erhält das Kind die Rechte eines nach deutschen Sachvorschriften angenommenen Kindes. An dem Verfahren ist die zentrale Adoptionsstelle sowie das zuständige Jugendamt zu beteiligen. Den notariell beurkundeten Antrag zur Umwandlung können nur die Annehmenden stellen.[31] Neben den Dokumenten, die bei der Wirkungsfeststellung nach § 2 AdWirkG benötigt werden, sind für die Umwandlung auch alle Dokumente, die für eine deutsche Adoption vorzulegen wären, wie z.B. die Einwilligungserklärung der leiblichen Eltern in eine Volladoption, Einwilligung des Kindes, Geburtsurkunden, Heiratsurkunde, polizeiliche Führungszeugnisse etc. beizubringen[32] Durch die Umwandlung der schwachen Adoption in eine Volladoption werden alle Rechtsverhältnisse zur Herkunftsfamilie abgebrochen.
Die Zuständigkeiten von Behörden, Adoptionsvermittlungsstellen in freier Trägerschaft sowie Gerichte greifen in komplexer Weise ineinander. Eine rechtliche Begriffsbestimmung und die sachliche Zuständigkeit der Adoptionsvermittlungsstellen findet man in den §§ 1 und 2 des AdÜbAG.[33] Grundsätzlich berechtigt für internationale Adoptionsvermittlungen sind die zentralen Adoptionsstellen der Landesjugendämter, die Adoptionsvermittlungsstellen der Jugendämter, anerkannte Auslandsvermittlungsstellen und in Einzelfällen ausländisch zugelassene Organisationen.[34] Vom Gesetz ist es vorgeschrieben, dass in einer Vermittlungsstelle mindestens zwei Vollzeitfachkräfte oder eine entsprechende Anzahl von Teilzeitfachkräften arbeiten müssen. Die Fachkräfte, Sozialarbeiter und Sozialpädagogen müssen auf Grund ihrer Persönlichkeit, ihrer Ausbildung und ihrer beruflichen Erfahrung für die Arbeit geeignet sein (§ 3 AdVermiG). Um die Berechtigung zum Titel „anerkannte Auslandsvermittlungsstelle" zu erhalten, müssen die besagten Fachkräfte (s.o.) vorhanden sein und die Arbeitsweise sowie die Finanzlage die ordnungsgemäße Erfüllung der eigentlichen Aufgabe gewährleisten können (§ 4 (1) AdVermiG).
Wichtige Voraussetzung und der Unterschied zu innerstaatlichen Adoption ist die besondere Zulassung für die Vermittlung von Kindern aus einem oder mehreren Heimatstaaten. Erteilt werden kann diese Zulassung nur, wenn die Punkte aus § 4 (1) AdVermiG[35] erfüllt sind.
Die zentralen Adoptionsstellen der Landesjugendämter haben die Aufgabe zu prüfen, ob die oben genannten Voraussetzungen vorliegen. Sie haben die Möglichkeit in sämtliche Akten einzusehen und dürfen die Geschäftsräume der anerkannten Vermittlungsstellen jederzeit aufsuchen (§ 4 (4) AdVermiG) und gegebenenfalls die Zulassung zurückziehen (§ 4 (3) AdVermiG).
Die örtlichen Adoptionsvermittlungsstellen dienen als Anlaufstelle für alle Bewerber. Sie sind zuständig für Einzelfallarbeit und führen z.B. die Eignungsprüfungen der Bewerber durch und stehen den Adoptionsbewerbern beratend und betreuend zur Seite. Die örtliche Adoptionsvermittlungsstelle ist beim Jugendamt angesiedelt. Es besteht auch die Möglichkeit, dass sich mehrere Jugendämter zu einer gemeinsamen Vermittlungsstelle zusammenschließen.[36]
Die zentralen Adoptionsstellen der Landesjugendämter können neben den Aufgaben, die sie durch das Haager Übereinkommen zu erfüllen haben, selber entscheiden in wie weit sie Einzelfallbearbeitungen durchführen. In jedem Fall sind die zentralen Landesjugendämter für die Überprüfung der Berichte der Heimatbehörden über das Kind sowie die Einwilligung des Kindes und seiner leiblichen Eltern zuständig. Sie arbeiten mit an den Vorbereitungen der Einreise des Kindes und bei der Adoptionsentscheidung der Vormundschaftsgerichte. Außerdem haben sie die Aufgabe, die Adoptionsvermittlungsstellen ihres Bereiches fachlich zu beraten. Wie die örtlichen Adoptionsvermittlungsstellen können sich die zentralen Landesjugendämter auch zusammen schließen.[37] Danach gibt es momentan 12 Landesjugendämter als zentrale Adoptionsstellen.[38]
Nichtstaatliche Adoptionsvermittlungsstellen in freier Trägerschaft widmen sich direkt der Einzelfallarbeit. Sie beraten, beurteilen, vermitteln und betreuen die Adoptionsbewerber und Adoptivkinder. Zur Zeit gibt es in Deutschland 14 anerkannte Auslandsvermittlungsstellen und eine Auslandsvermittlungsstelle, der die Anerkennung zwar entzogen wurde, der Widerrufsbescheid allerdings noch nicht rechtskräftig ist.[39]
Die folgende Darstellung verdeutlicht die Aufgabenverteilung der für internationale Adoptionen verantwortlichen Stellen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Über die Rechtsentwicklung auf internationaler Ebene haben sich vornehmlich drei internationale Foren Gedanken gemacht, die Haager Konferenz, der Europarat und die UNO.[41]
Die Haager Konferenz für internationales Privatrecht, befasste sich hauptsächlich mit anwendbarem Recht in Fällen mit Auslandsbezug, der internationale Zuständigkeit der Gerichte, Anerkennung ausländischer Entscheidungen und der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit der Behörden. Das von der Konferenz dazu geplante Übereinkommen vom 15. November 1965 hat sich allerdings international nicht durchsetzten können. Auf das neue Übereinkommen der Haager Konferenz, vom Mai 1993, möchte ich an dieser Stelle auf 3.4.1 verweisen.
Der Europarat, in dem heute 47 Staaten vertreten sind, fördert und befasst sich mit
einheitlichen Rechtsbeziehungen seiner Mitglieder. Am 24. April 1967 erstellte der Europarat ein Übereinkommen über die Adoption von Kindern, das aber lediglich den Kreis der Mitgliedstaaten einschloss und keine speziellen Fragen der internationalen Adoption beinhaltete.[42]
Die Organisation der Vereinten Nationen (UNO) hat 192 Mitgliedstaaten und befasst sich ganz konkret mit dem Schutz von Menschenrechten und speziell mit Kinderrechten. Am 3. Dezember 1986 wurde in einer Generalversammlung folgende richtungsweisende Erklärung beschlossen: „Erklärung über die sozialen und rechtlichen Grundsätze für den Schutz und das Wohl von Kindern unter besonderer Berücksichtigung der Aufnahme in eine Pflegefamilie und der Adoption auf nationaler und internationaler Ebene."[43] Leitsätze dieser Erklärung sind unter anderem „… die vorrangige Bedeutung des Kindeswohls, der Vorrang der Erziehung des Kindes durch die eigenen Eltern, … sowie das Erfordernis angemessener Beratung aller Beteiligten."[44] Diese Erklärung ist allerdings völkerrechtlich nicht bindend. Ganz im Gegenteil dazu ist das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes völkerrechtlich bindend. Das Übereinkommen zählt zu den erfolgreichsten internationalen Vereinbarungen aller Zeiten und befasst sich mit allgemein politischen, sozialen und kulturellen Gewährleistungen, die die Bedürfnisse des Kindes in seiner Lebens- und Entwicklungsmöglichkeit abzudecken versucht.[45] Die wichtigsten Artikel des Übereinkommens über die Rechte des Kindes - die Adoption betreffend - sind im Anhang A aufgeführt.
Im Jahr 1988 fasste die Haager Konferenz für internationales Privatrecht den Beschluss, ein Internationales Übereinkommen zum Thema internationale Adoptionen auszuarbeiten. Das erste Übereinkommen von 1965 hatte sich wie zuvor erwähnt nicht durchsetzen können.
Schwerpunkte des neuen Übereinkommens, an dem von 1990 bis 1992 von kleinen Arbeitsgruppen und Spezialkommissionen gearbeitet wurde, waren die behördliche Zusammenarbeit zwischen den Herkunfts- und Aufnahmestaaten. Die Zielsetzung der Haager Konferenz war es, die Wahrung des Kindeswohls bei einer internationalen Adoption durch einen angemessenen rechtlichen Rahmen zu gewährleisten. Das Verfahren einer internationalen Adoption sollte vereinheitlicht werden und dem Kinderhandel entgegenwirken. In einer dreiwöchigen diplomatischen Konferenz zum Abschließen des Übereinkommens nahmen 36 Mitgliedstaaten, 30 Nicht-Mitgliedstaaten sowie zahlreiche Über-, Zwischenstaatliche- und Nicht-Regierungsorganisationen teil. Am 29.Mai 1993 wurde dann die Schlussakte des „Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption“ unterzeichnet.[46]
Folgende Regelungsinhalte hat das Übereinkommen:
- „Voraussetzungen für eine internationale Adoption (Art. 4 ff. HAÜ)
- Aufgabenverteilung und Zusammenarbeit der Behörden (Art. 6 ff. HAÜ)
- Anforderungen an die Zulassung und Überwachung von Adoptions-Vermittlungsstellen (Art.10 ff. HAÜ)
- Internationale Anerkennung von Adoptionen (Art. 23 ff. HAÜ)“[47]
Anzuwenden ist das HAÜ (Haager Adoption Übereinkommen) bei einem Aufenthaltswechsel von einem Adoptivkind unter 18 Jahren von einem Vertragsstaat in einen anderen. Das Heimatland ist nach dem HAÜ dafür zuständig zu klären, ob eine internationale Adoption dem Wohl des Kindes dient, das Kind nicht in seiner Herkunftsfamilie bleiben kann und keine geeigneten Bewerber im Heimatland zu finden sind. Es muss die erforderlichen Zustimmungen der leiblichen Eltern einholen. Das Aufnahmeland prüft die Eignung der Adoptionsbewerber und stellt die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen des Kindes sicher. Ob das Adoptionsverfahren fortgeführt wird, das entscheiden Heimat- und Aufnahmeland dann gemeinsam. So kann sichergestellt werden, dass die Adoption nach Einschätzung beider Länder die beste Lösung zum Wohl des Kindes ist. Spricht ein Land gegen die Vermittlung, darf das Verfahren wegen fehlender Übereinstimmung nach Artikel 17 c des Übereinkommens nicht fortgesetzt werden.[48] Wird eine Adoption aber gemäß den Bestimmungen des HAÜ durchgeführt so wird sie „… auf der Grundlage einer hierüber ausgestellten Bescheinigung in allen Vertragsstaaten anerkannt"[49]
Deutschland ist seit dem 1.März 2002 Vertragsstaat des Haager Übereinkommens. Zur Umsetzung des Übereinkommens wurde „… das Gesetz zur Regelung von Rechtsfragen auf dem Gebiet der internationalen Adoption und zur Weiterentwicklung des Adoptionsvermittlungsrechts vom 05.November 2001 beschlossen"[50] und am 01. Januar 2002 in Kraft gesetzt. Das Adoptionsübereinkommens-Ausführungsgesetz (AdÜbAG) befasst sich mit der Umsetzung des Übereinkommens. Das Adoptionswirkungsgesetz (AdWirG) hingegen wurde geschaffen, um die Anerkennung und Wirkung einer im Ausland vollzogenen Adoption entsprechend den deutschen Sachvorschriften zu regeln.[51]
Das Bundesamt für Justiz bestätigt mit dem Stand vom 01.März 2007, dass 49 Staaten, u.a. fast alle Europäischen Staaten das Übereinkommen ratifiziert haben. Außerdem dem Übereinkommen beigetreten sind 21 Länder wie z.B. Südafrika, die Dominikanische Republik und Neuseeland.[52] (In Anhang B befindet sich eine komplette und aktuelle Liste der Länder, die dem Übereinkommen angehören.)
Neben den speziellen rechtlichen Rahmenbedingungen gibt es zudem besondere formelle Angelegenheiten, die es bei einer Adoption innerhalb Deutschlands nicht gibt und auf die ich im nächsten Abschnitt eingehen möchte.
Auf das Vermittlungsverfahren an sich werde ich zu einem späteren Zeitpunkt näher eingehen. In diesem Abschnitt geht es hauptsächlich um formale Angelegenheiten wie die Anerkennung der Adoption in Deutschland, Namensänderungen der Kinder, den Wechsel der Staatsangehörigkeit und die Adoptionspflegezeit.
Bei der Anerkennung und Wirkung der Adoption in Deutschland kommt es darauf an, ob das Adoptivkind aus einem Vertragsstaat des Haager Übereinkommens adoptiert wird oder aus einem Nicht-Vertragsstaat.
Zur Anerkennung an sich müssen folgende Faktoren übereinstimmen (siehe dazu: Art. 26 HAÜ[53] ). Es muss sich ein Eltern- Kind- Verhältnis zwischen dem Adoptivkind und seinen Adoptiveltern entwickeln können, die elterliche Verantwortung der Adoptiveltern für das Kind muss vorhanden sein und alle Rechtsverhältnisse zu den leiblichen Eltern beendet sein, sofern dies eine Adoption in dem Vertragsstaat bewirkt. Werden die Rechtsverhältnisse zu den leiblichen Eltern nicht durch die Gesetze des Heimatstaates im Zuge einer Adoption beendet, so besteht die Möglichkeit, diese im Aufnahmestaat zu beenden (s. Kapitel 3.2 Volladoption/schwache Adoption).
Grundsätzlich wird jede Adoption, die in einem Vertragsstaat anerkannt wurde auch in Deutschland anerkannt. Die Behörden des Herkunftslandes müssen mit der Anerkennung bestätigen, dass die Adoption gemäß dem Haager Übereinkommen durchgeführt wurde (Art. 3 (1) HAÜ).[54] Der einzige Grund, warum eine Adoption in Deutschland verweigert werden könnte, bezieht sich auf den „ordre-public". Der Artikel sechs des Einführungsgesetztes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) besagt, dass „… eine Entscheidung dann nicht anerkennungsfähig [ist], wenn ihre Durchführung mit den wesentlichen Grundsätzen deutschen Rechts, insbesondere mit den Grundrechten nicht vereinbar ist."[55]
Findet eine Adoption in einem Nichtvertragsstaat statt, so ist ihre Anerkennung über § 16 a FGG (Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) zu prüfen. Dieser Paragraph enthält einen Negativkatalog, nachdem eine Adoption eines Nichtvertragsstaat nicht anerkannt werden darf, wenn die Aspekte der internationalen Zuständigkeit, das rechtliche Gehör, Verfahrenskonkurrenz und der Ordre Public unsachgemäß durchgeführt wurden.[56]
Die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt das Adoptivkind durch die Adoption eines deutschen Annehmenden. Eine Einbürgerung wie es vor 1976 noch der Fall war findet nicht mehr statt. Stattdessen erwirbt das Kind die deutsche Staatsbürgerschaft durch den Adoptionsakt an sich (§ 6 StAG).[57] Dieser Artikel greift allerdings nur dann, wenn das Adoptivkind zum Zeitpunkt der Adoption das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. In den meisten Fällen erhält das Adoptivkind die deutsche Staatsbürgerschaft schon, wenn es noch in seinem Heimatland ist, sofern es sich um einen Vertragsstaat des HAÜ handelt.. Bei einer Adoption in einem Nichtvertragsstaat kann die deutsche Staatsbürgerschaft nur erworben werden, wenn die Adoption nach deutschem Recht abgeschlossen wird. Ist dieses nicht der Fall besteht die Möglichkeit, dass Adoptionsverfahren umzuwandeln nach den §§ 2 und 3 des AdWirkG.[58]
Durch die Ausstellung eines deutschen Kinderausweises wird der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft dokumentiert.
Mit der rechtsgültigen Adoption erhält das Kind nach § 1757 BGB[59] den Familiennamen der Annehmenden. Es ist außerdem möglich, dass das Kind seinen Familiennamen, den der leiblichen Eltern, an den neuen Namen anfügen darf, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist (§ 1757 (4) Satz 2 BGB). Der Vorname des Kindes kann zusätzlich geändert werden oder auch neue Namen hinzugefügt werden, wenn dies zum Wohl des Kindes entschieden wird (§ 1757 (3) Satz 1 BGB). Hierzu bedarf es der Einwilligung des Kindes und der Entscheidung des Vormundschaftsgericht über den gestellten Antrag.
Sind die annehmenden Adoptiveltern nicht verheiratet und besteht kein gemeinsamer Familienname bestimmen sie den zukünftigen Namen des Kindes selber. Sie müssen sich in diesem Fall zwischen dem Geburtsnamen des Ehemanns oder dem der Ehefrau entscheiden. Die Änderung geschieht über einen Antrag beim Vormundschaftsgericht und der Einwilligung des Kindes, wenn es älter als fünf Jahre ist. Hat das Kind das fünfte Lebensjahr noch nicht vollendet, ist keine Erklärung des Kindes notwendig.[60]
Grundsätzlich ist der eigene Name Teil der Identität. Deshalb spielt der Name für das Kind in seiner Entwicklung eine wichtige Rolle. Der gemeinsame Familienname stärkt das Zugehörigkeitsgefühl des Kindes zur neuen Familie und vermittelt auch nach außen, dass das zuerst „fremde“ Kind nun ein vollwertiges Familienmitglied ist. Der Vorname des Kindes sollte beibehalten werden zur Stärkung des „Ich-Gefühls“, wobei ein zusätzlicher neuer Name von vielen Adoptivkindern gewünscht wird.[61]
Eine Adoptionspflegezeit, wie sie für Adoptionen innerhalb Deutschlands nach § 1744 BGB[62] vorgeschrieben ist, fordert das deutsche Recht nicht. Es kann allerdings sein, dass das Herkunftsland des Kindes eine Pflegezeit vorschreibt, wie es momentan z.B. in Kenia noch der Fall ist. Dort müssen Adoptiveltern erst eine Zeit von drei Monaten mit dem Adoptivkind in Kenia verbringen und dann noch einmal vier Monate das Kind in Pflege in Deutschland haben. Danach erst entscheidet der Richter über die Adoption. Diese Prozedur wird selbst vom eigenen Land sehr kritisch gesehen und Kenia ist dabei, einen neuen Gesetzestext auszuarbeiten. Für Adoptiveltern ist es praktisch unmöglich, eine solch lange Zeit in Afrika zu verbringen. Eltern und Kind gewöhnen sich in den sieben Monaten bereits so sehr aneinander, dass eine Trennung nach dieser Zeit sehr traumatisch sein kann. Aus diesem Grund werden bis jetzt kaum Adoptionen zwischen Kenia und Deutschland durchgeführt.[63]
Wird eine Auslandsadoption von einem staatlichen Träger durchgeführt z.B. von einem Landesjugendamt, so sind die Gebühren durch die Adoptionsvermittlungsstellenanerkennungs- und Kostenverordnung (AdVermiStAnKoV[64] ) festgelegt. Für die Durchführung des internationalen Vermittlungsverfahren und der Eignungsprüfung nach § 7(3) Satz 1 AdVermiG wird eine Gebühr von 2000 Euro erhoben (§ 5 AdVermiStAnKoV). Zusätzlich müssen Aufwendungen für die Beschaffung von Urkunden und Übersetzungen gezahlt werden, sowie Gerichtskosten und die Kosten für Flüge, Unterkunft und Verpflegung im Herkunftsland des Adoptivkindes.
Wird das Adoptionsvermittlungsverfahren von einem freien Träger durchgeführt, so sind die Kosten von der jeweiligen Vermittlungsstelle abhängig. Ein Verfahren - von der Aufnahme in die Bewerberkartei bis zum Eintreffen des Kindes in Deutschland - kostet bei „Parents-Child-Bridge“ in Heidelberg zum Beispiel rund 3745 Euro plus die zusätzlichen Kosten, die im Ausland entstehen, für Übersetzungen und Beglaubigungen von Papieren, Gerichts- und Verwaltungskosten, die Flüge und der Auslandsaufenthalt.[65] Die dortige Unterkunft und die Verpflegung, sind sicherlich neben dem Flug die kostspieligsten Faktoren. Bei „Eltern für Kinder e.V.“ Berlin liegt der Verwaltungskostenbeitrag schon bei 4000 Euro, um ein weiteres Beispiel zu nennen.[66] Der Verein „Eltern für Afrika e.V.“ verlangt von seinen Bewerbern eine monatliche Zahlung von 1000 Euro, insgesamt neun Monate lang. Im Anschluss daran ist eine weitere Zahlung von 3.500 Euro zu leisten. Der Betrag von insgesamt 12.500 Euro wird so aufgeteilt, dass 7000 Euro direkt nach Afrika gehen und dort in das Kinderheim und sein Personal investiert werden. Mit den übrigen 5500 Euro werden die Verwaltungs- und Personalkosten im deutschen Büro gedeckt.[67]
Generell liegen die Kosten einer Auslandsadoption insgesamt zwischen 10 000€ und 20 000 €. Die Kosten setzen sich aus vielen verschiedenen Faktoren zusammen und sind stark abhängig vom Adoptionsland. Jedes Land hat andere Vorschriften und unterschiedlich hohe Gerichts- und Verwaltungskosten.
„Die wichtigste Basis der Adoptionsmotivation sollte das Bedürfnis sein, Liebe zu geben und Hilfe zu leisten. Diese Motivation gekoppelt mit der Fähigkeit, Enttäuschungen zu ertragen und erneut Geduld aufzubringen, und die Bereitschaft, die Persönlichkeit des Kindes zu achten, sind die besten Garantien für das Gelingen des Adoptionsverhältnisses.“ [68]
Adoptionsbewerber haben die unterschiedlichsten Motive sich für ein Kind aus dem Ausland zu entscheiden. Um diese Motive und mögliche Alternativen für das Kind in seinem Heimatland soll es in diesem Kapitel gehen.
Der Wunsch nach einem Adoptivkind kann viele Ursachen und Motive haben. Nicht immer werden diese Gründe von den Adoptionsbewerbern bewusst wahrgenommen. Oft spielen unbewusste Erwartungen, Bedürfnisse und Wünsche eine große Rolle.
Das Hauptmotiv zur Adoption ist in den meisten Fällen ungewollte Kinderlosigkeit.[69] Für viele Ehepaare ist der Adoptionsentschluss der letzte Ausweg aus der Kinderlosigkeit. Der Wunsch nach einem eigenen Kind, einer eigenen Familie, gehört zur Natur des Menschen. Frauen, die keine Kinder gebären können, fühlen sich unvollständig. Bereits im alten Testament, im 1. Buch Moses 30 wird das Thema Unfruchtbarkeit behandelt: „Als Rahel sah, dass Lea Kinder bekam und sie nicht, wurde sie eifersüchtig auf ihre Schwester und sagte zu Jakob: "Sorge dafür, dass ich Kinder bekomme, sonst will ich nicht länger leben!"[70]
Die Ursachen der Unfruchtbarkeit haben heute sowohl körperliche, soziale als auch seelische Gesichtspunkte. Irmela Wiemann stellt heraus, dass 15 bis 25 % aller Paare heute ungewollt kinderlos sind. Verursacher der Kinderlosigkeit sind zu 40 % die Frauen und ebenso zu 40 % die Männer. Zu 20 % sind beide Partner die Verursacher.[71]
Die Ursachen der Kinderlosigkeit können unter anderem darauf zurück zu führen sein, dass die Lebensplanung vieler Paare heute ein Kind erst mit höherem Alter zulässt. Die berufliche Karriere steht zunächst im Vordergrund, obwohl bekannt ist, dass die Fruchtbarkeit ab einem Alter von 30 Jahren bereits zurückgeht.[72] Außerdem wirken sich Umweltbelastungen negativ auf die Fruchtbarkeit aus. Umweltgifte wie Blei, Quecksilber oder Kadmium wirken wie ein „chemisches Verhütungsmittel“. Bildschirmarbeit und die Arbeit mit Insekten- und Unkrautgiften stehen zudem in Verdacht, bei Männern und Frauen Sterilität zu bewirken.[73]
Zu den körperlichen Ursachen gehört auch die Unfruchtbarkeit durch schwere Erkrankungen oder Unfälle.
Zu psychischen und seelischen Faktoren der Kinderlosigkeit zählt die Angst vor einer Schwangerschaft und ihre Folgen, Konflikte in der Beziehung oder auch eigene schwere Erfahrungen der Sozialisation können zur Unfruchtbarkeit führen.[74] Die Möglichkeiten trotz aller Schwierigkeiten schwanger zu werden, sind heute vielfältig. Immer mehr Paare versuchen es mit einer IVF (In-vitro-Fertilisation). Obwohl weltweit bereits mehr als 3 000 000 Kinder[75] durch die Reagenzglasbefruchtung zur Welt gekommen sind, erreichen nur 15 von 100 Paaren ihr Ziel durch diese Behandlung.[76] Die Entscheidung gegen die Reproduktionsmedizin, d.h. der Abschied vom Wunsch ein eigenes Kind zu haben, hin zur Entscheidung für ein Adoptivkind ist ein langwieriger und schwieriger Prozeß für beide Partner.
Die Entscheidung zur Aufnahme eines Adoptivkindes kann aber auch andere Motive als ungewollte Kinderlosigkeit haben.
- Eltern, deren erwachsene Kinder bereits aus dem Haus sind, möchten ein Adoptivkind aufnehmen.
- Eltern, die sich ein Geschwisterkind für ihr leibliches Kind wünschen.
- Eltern, die ihr eigenes Kind durch Tod verloren haben.
- Paare, die durch ein Kind ihre Beziehung retten wollen.
- Paare die bewusst kein eigenes Kind haben wollen, weil sie einem Kind, das schon auf der Welt ist und eine unsichere Zukunft hat, gute Adoptiveltern sein wollen.[77]
Ganz klar kann man anhand dieser Aufzählung erkennen, welche Adoptionsbewerber von den Adoptionsvermittlern als geeignet eingestuft werden. Ein Kind aufzunehmen, damit es die Paarbeziehung rettet, ist generell ein Ausschlusskriterium. Kein Kind der Welt kann auf Dauer eine Ehe zusammenhalten und dabei nicht unter den Konflikten der Adoptiveltern leiden.[78] Ein Adoptivkind aufzunehmen, weil das eigene Kind verstorben ist, wird von den Vermittlern mit größter Vorsicht behandelt. Der Trauerprozess um das verlorene Kind dauert Jahre bis zu lebenslang. Ein neues Kind, kann das alte Kind nicht ersetzen. Obwohl das Adoptivkind vermutlich an Zuwendung und Schutz keinen Mangel erfahren würde, kann es seine verwaisten Eltern nicht therapieren. Es wird versuchen, die trauernden Eltern zu trösten, indem es immer fröhlich und aktiv ist. Doch trauern die Eltern immer weiter, so fühlt sich das Kind wertlos und abgewiesen. Das Kind muss mit seiner eigenen Lebensgeschichte zu leben lernen und braucht dabei größtmögliche Unterstützung der Adoptiveltern.[79]
Letztendlich beeinflussen die Motive zur Aufnahme eines Kindes die Art des Umgangs mit dem Kind, die Erwartungen an das Kind und kennzeichnen die Lebensumstände, in denen das Kind aufwachsen wird.[80] Auffällig beim Wunsch ein Adoptivkind aufzunehmen ist, dass manche Eltern genaue Vorstellungen über das Kind haben, dass sie vermittelt bekommen wollen. Sie grenzen sich damit selber aus, möglichst schnell ein Kind zu bekommen. Wünsche das Alter und das Geschlecht des Kindes betreffend werden von den Sozialarbeitern einer Vermittlungsstelle eher kritisch behandelt. Grundsätzlich sollten die Adoptionsbewerber offen sein für jedes Kind, da dies den wirklichen Willen nach einem Kind widerspiegelt. Die Bewerber sollten bereit sein Komprosmisse einzugehen, da sich sonst die Vermittlungschance verringert.[81]
Neben den o.g. Gründen sich für ein Kind aus dem Ausland zu bewerben, ist die Motivation ein Kind durch soziales Engagement aufzunehmen neben dem der Unfruchtbarkeit, herauszustellen. Im nächsten Abschnitt soll daher näher auf dieses Motiv eingegangen werden.
„Jährlich bleiben rund 48 Millionen neugeborene Jungen und Mädchen ohne eine Geburtsurkunde – Voraussetzung für einen Platz in der Schule, Gesundheitsversorgung und viele weitere soziale Leistungen.
143 Millionen Kinder haben Mutter, Vater oder beide Eltern verloren – eine wachsende Zahl durch die AIDS-Epidemie.
Viele haben keine Wahl, als sich für Nahrungsmittel oder etwas Geld zu prostituieren
oder zu betteln.
Auf mehr als 100 Millionen wird die Zahl der Kinder geschätzt, die sich in den Großstädten der Welt auf der Straße durchschlagen.“[82]
Diese Zahlen, die das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen jedes Jahr aktualisiert veröffentlicht, demonstrieren erschreckend das Elend der Kinder auf der ganzen Welt. Schlagzeilen wie die von UNICEF sind es, die in der Öffentlichkeit Aufsehen erregen und das „Helfersyndrom“ vieler Menschen weckt. Die Kinder sollen „daraus geholt“ werden und ein „besseres“ Leben leben dürfen. Viele Deutsche versuchen mittlerweile ein Kind aus dem Ausland zu adoptieren und haben dabei die unterschiedlichsten Motive. Der Gedanke, ein Kind aus dem Elend Afrikas nach Deutschland zu „holen“ schwebt dabei vielen Adoptionswilligen im Kopf herum. Dass damit aber nur einem einzigen Kind geholfen wird und Unzählige weiterleiden, wird von vielen verdrängt. Wolfgang Kühl äußert sich wie folgt zu dem Thema. „Die Auslandsadoption ist in ihrem begrenztem Ansatz nach nicht geeignet, die Zunahme des Kinderelends in der „Dritten Welt“ aufzuhalten. Ihr kann allenfalls die positive Wendung einzelner Schicksale gelingen.“[83] Ein philippinischer Sozialpolitiker beklagt: „Zuerst habt ihr unsere Bodenschätze und Naturreichtümer geraubt, dann unsere Männer als billige Arbeitskräfte ausgebeutet, später unsere Frauen und Mädchen für eure Freudenhäuser geholt, und jetzt wollt ihr auch noch unsere Kinder.“[84]
Fakt ist, dass mit dem Geld, das die Adoptiveltern für eine Auslandsadoptionsvermittlung ausgeben, immerhin zwischen 10.000 € und 20.000 €, eine große Familie über lange Zeit auskommen würde. Sie könnte sich mit Essen versorgen und nötige medizinische Versorgungen vornehmen. Die Adoptionsmotivation „Entwicklungshilfe zu leisten“, indem ein Kind nach Deutschland “geholt“ wird, ist also nicht ohne negative Aspekte zu sehen. Die Entwurzelung des Kindes aus seiner Kultur ist ein weiterer Gedanke, der bei dem Entwicklungshilfegedanken nicht vernachlässigt werden sollte. Aufgrund der starken Gegenargumente – Entwurzelung einerseits und der hohe Investionbetrag andererseits, ist es fraglich ob Adoptionsbewerber, die angeben, ein Kind als Beitrag zur Entwicklungshilfe adoptieren zu wollen, nicht doch eher egoistische Hintergedanken im Kopf hegen: Die kürzere Wartezeit bei Auslandsadoptionen oder die schlechte Aussicht auf ein deutsches Adoptivkind auf Grund des erhöhten Alters der Bewerber.[85] Schiebt man allerdings das Wohl des Kindes in den Vordergrund, lässt sich die Adoption auch damit begründen, dass man wenigstens einem Kind ein „besseres“ Leben bieten kann. Denn das ist immerhin ein Anfang. Der Verein „Eltern für Afrika e.V.“ hat sich beispielsweise bewusst nicht „Eltern für ein afrikanisches Kind“ genannt. Er investiert über die Hälfte der Kosten, die die Adoptionsbewerber bezahlen, in Heime und andere Entwicklungsprojekte in Afrika.[86] Der Vorwurf, durch eine Adoption also nur einem Kind zu helfen, passt hier also nicht. Somit haben die Adoptionsbewerber es in der Hand, sich eine geeignete Adoptionsvermittlungsstelle auszusuchen, deren Arbeitsweise den Helfergedanken der Bewerber auch in die Tat umsetzt.
Ein großes Problem ist die illegale Adoption. Ich werde allerdings nur kurz darauf eingehen, da das Thema eine eigene Diplomarbeit füllen würde.
Kinderhandel ist das Problem, das es auch heute trotz des Haager-Übereinkommens noch gibt. Skrupellose Geschäftemacher, die großen „Reibach“ mit dem übermächtigen Kinderwunsch der Reichen und der verzweifelten Geldsorge der verelendeten Familien der „Dritten Welt“ machen. Mit gefälschten Geburtsurkunden, Sozialberichten und Einwilligungserklärungen werden jährlich Kinder nach Deutschland vermittelt. Den Kinderhändlern ist dabei der Profit das Wichtigste, den Adoptiveltern die schnelle Vermittlung. Grundsätzlich sollte keine Auslandsadoptionsvermittlung privat organisiert werden.[87]
[...]
[1] Vgl. Duden Fremdwörterbuch 1997, S. 32.
[2] Vgl. Wuppermann 2006, S. 27-36.
[3] Vgl. Wuppermann 2006, S.27.
[4] Vgl. Statistisches Bundesamt 2006,
[5] Vgl. Hennig 1994, S. 17-20.
[6] Hennig 1994,
[7] Vgl. Hennig 1994, S. 24 f.
[8] Vgl. Röchling 2000, S. 19 ff.
[9] Vgl. Röchling 2000, S. 19.
[10] Beck-Texte Familienrecht 1994, S. 102.
[11] Wuppermann 2006, S. 40.
[12] Röchling 2000, S. 25.
[13] Vgl. Beck-Texte Familienrecht 2004, S. 102-104.
[14] Vgl. Oberloskamp, Hoffmann 2006, S. 118 f.
[15] Vgl. Bundesamt für Justiz 2007,
[16] Vgl. Röchling 2000, S. 43.
[17] Vgl. Bundesamt für Justiz 2007, S. 11.
[18] Röchling 2000, S. 39.
[19] Vgl. Röchling 2000,
[20] Vgl. Bundesministerium der Justiz: http://www.gesetze-im-internet.de/bzrg/_41html
[21] Vgl. Röchling 2000, S. 40.
[22] Vgl. Beck-Texte Familienrecht 2004, S. 102.
[23] Vgl. Oberloskamp, Hoffmann 2006, S. 132 f.
[24] Vgl. Bundesarbeitgemeinschaft der Landesjugendämter 2006, S. 56.
[25] Vgl. Röchling 2000, S. 127.
[26] Vgl. Röchling 2000, S. 131.
[27] Vgl. Bundesamt für Justiz 2007, S. 7.
[28] Vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter 2006, S. 61.
[29] Vgl. Beck-Texte Familienrecht 2004, S. 414.
[30] Vgl. Beck-Texte Familienrecht 2004, S. 414 f.
[31] Vgl. Riedle, Gillig-Riedle 2003, S. 116 f.
[32] Vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter 2006, S. 62.
[33] Vgl. Beck-Texte Familienrecht 2004, S. 408 f.
[34] Vgl. § 2a (3) AdVermiG in Beck-Texte Familienrecht 2004, S. 233.
[35] Vgl. Beck-Texte Familienrecht 2004, S. 234.
[36] Vgl. Steiger 2002, S. 50.
[37] Vgl. Steiger 2002, S. 51 f.
[38] Vgl. Bundesamt für Justiz 2007, S. 66 f.
[39] Vgl. Bundesamt für Justiz 2007, S. 68-70.
[40] Vgl. Steiger 2002, S. 53.
[41] Vgl. Steiger 2002, S. 17-20.
[42] Vgl. Steiger 2002,
[43] Steiger 2002, S. 18.
[44] Steiger 2002, S. 18.
[45] Steiger 2002, S. 18.
[46] Vgl. Steiger 2002, S. 20 f.
[47] Bundesamt für Justiz 2007, S. 2.
[48] Vgl. Bundesamt für Justiz 2007, S. 2 f.
[49] Bundesamt für Justiz 2007, S. 3.
[50] Steiger 2002, S. 36.
[51] Vgl. Bundesamt für Justiz 2007, S. 3 f.
[52] Vgl. Bundesamt für Justiz 2007, S. 64 f.
[53] Beck-Texte Familienrecht 2004, S. 403.
[54] Vgl. Bundesamt für Justiz 2007, S. 31.
[55] Wuppermann 2006, S. 51.
[56] Vgl. Wuppermann 2006, S. 55.
[57] Vgl. Wuppermann 2006, S. 175.
[58] Vgl. Wuppermann 2006, S. 70.
[59] Vgl. Beck-Texte Familienrecht 2004, S. 106.
[60] Vgl. Röchling 2000, S. 98.
[61] Vgl. Pfad 2003, S. 177.
[62] Vgl. Beck-Texte Familienrecht 2004, S. 102.
[63] mündlich durch Herrn R. Marz, Leiter des Vereins Eltern für Afrika e.V., am 08.12. 2007 in Augsburg.
[64] Vgl. Wuppermann 2006, S. 157 f.
[65] Vgl. Parents-Child-Bridge: http://www.parents-child-bridge.de/ekb/Verfahren.35.0.html?&MP=23-47.
[66] Vgl. Eltern für Kinder: http://www.eltern-fuer-kinder-ev.de/cgi- bin/wPermission.cgi?file=/wDeutsch/adoptionen/kosten.shtml.
[67] mündlich durch Herrn R. Marz, Leiter des Vereins Eltern für Afrika e.V., am 08.12.2007 in Augsburg
[68] Schütt-Baesschlin, Herzka (Hrsg.) 1990, S. 36 f. in Hennig 1994, S. 106.
[69] Vgl. Hennig 1994 S. 104.
[70] Gute Nachricht Bibel 2000, S. 31.
[71] Vgl. Wiemann 2000, S. 82 ff.
[72] Vgl. Wiemann 2006, S. 83.
[73] Vgl. Wiemann 2006, S. 83.
[74] Vgl. Wiemann 2006, S. 82 f.
[75] Vgl. Wunschkinder: http://www.wunschkinder.net/theorie/behandlungen-methoden/ivf/
[76] Vgl. Wiemann 2006, S. 83.
[77] Vgl. Hennig 1994, S. 104 f.
[78] Vgl. Wiemann 2006, S. 93.
[79] Vgl. Wiemann 2006, S. 89 ff.
[80] Vgl. Pfad 2003, S. 175.
[81] Vgl. Wittland-Mittag 2002, S. 255.
[82] Unicef Jahresbericht 2005, S. 1.
[83] Kühl 1990, S. 3.
[84] Hennig 1994, S. 136.
[85] Vgl. Swientek 1998, S. 77.
[86] mündlich durch Herrn R. Marz, Leiter des Vereins Eltern für Afrika e.V., am 08.12. 2007 in Augsburg.
[87] Vgl. Wacker 1991, S. 91 ff.
Magisterarbeit, 106 Seiten
Diplomarbeit, 96 Seiten
Magisterarbeit, 106 Seiten
Diplomarbeit, 96 Seiten
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