Masterarbeit, 2012
120 Seiten, Note: 1,3
1 Einleitung
2 Zur Textsorte
2.1 Aktenkundliche Einordnung
2.2 Hofordnungen - Akten oder U rkunden!
3 Zum Korpus
3.1 Zustand der Textträger
3.1.1 H01
3.1.1.1 äußere Merkmale
3.1.1.2 innere Merkmale
3.1.1.3 Überlieferungsform
3.1.2 H02
3.1.2.1 äußere Merkmale
3.1.2.2 innere Merkmale
3.1.2.3 Überlieferungsform
3.1.3 H03
3.1.3.1 äußere Merkmale
3.1.3.2 innere Merkmale
3.1.3.3 Überlieferungsform
3.2 Zusammenfassung
4 Pragmatische Situierung
4.1 Anlässe zur Abfassung von Hofordnungen
4.2 Entstehungsanlässe der sächsischen Hofordnungen
4.2.1 H01
4.2.2 H02
4.2.3 H03
4.3 Publikationspraxis am kursächsischen Hofe
4.3.1 Empfänger der Hofordnungen
4.3.2 Textbelege zur Publikationspraxis
5 Kurialstil der Hofordnungen
5.1 Der 'pluralis majestatis' - die Selbstanrede der Fürsten
5.2 Nominale Anredeformen
5.2.1 Geburts- und Standesprädikate
5.2.2 Würdeprädikate
5.2.3 Anrede von Anverwandten
5.2.4 Epitheta ornans
5.2.5 Anrede mit Berufsbezeichnungen
5.2.5.1 H01
5.2.5.2 H02/ H03
5.3 Wortpaare
5.3.1 Zum Begriff
5.3.2 Funktionstypen
5.3.3 Korpus der Wortpaare
5.3.4 Analyse
5.3.4.1 Beispiel 1
5.3.4.2 Beispiel 2
5.3.4.3 Variationen im Gebrauch
5.3.5 Verwendungshäufigkeit
5.3.6 Mehrfachformeln
5.3.7 Zusammenfassung
6 Textentwicklung zwischen 1554 und 1637
6.1 Vorbemerkungen
6.2 Gegenüberstellung 1
6.2.1 Einbindung in den Kontext
6.2.2 Differenzen
6.2.3 Bedeutungsgehalt
6.2.4 Syntaktische Varianz
6.2.5 Satzebene
6.2.5.1 Exzeptivsätze
6.2.6 Bestimmung der typologischen Felder
6.2.7 Topologische Feldebene
6.2.8 Phrasenebene
6.3 Gegenüberstellung 2
6.3.1 Einbindung in den Kontext
6.3.2 Differenzen
6.3.3 Bedeutungsgehalt
6.3.4 Satzebene
6.3.5 Bestimmung der typologischen Felder
6.3.6 Topologische Feldebene
6.3.7 Phrasenebene
7 Resümee der Arbeit
Literatur.
Anhang
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Lexika und Wörterbücher
DRWB Deutsches Rechtswörterbuch. Wörterbuch der älteren deutschen Rechtsprache
DWB Deutsches Wörterbuch von Jakob G rimm und Wilhelm Grimm
LSW Lexikon der Sprachwissenschaft von Hadumod Bußmann
SSW Sachwörterbuch zur Sprachwissenschaft von Dietrich Homberger
WMU Wörterbuch der mittelhochdeutschen Urkundensprache
Grammatische Termini
Adj. Adjektiv
Adv. Adverb
Akk. Akkusativ
Dat. Dativ
Frnhd. Frühneuhochdeutsch
Konj. Konjunktion (bzw. Konjunktiv)
LSK linke Satzklammer
MF Mittelfeld
N Nomen
NF Nachfeld
Pass. Passiv
Pl. Plural
Präs. Präsens
RSK rechte Satzklammer
V Verb
VE Verbendsatz
VF Vorfeld
V2 Verbzweitsatz
Wie je ein grosser Herr nicht ohne Bedienten, diese nicht ohne Ordnung, die Ordnung aber nicht ohne Gesetz seyn kan; Also haben es sich die mächtigen Potentaten zu allen Zeiten angelegen seyn lassen, die Menge ihrer ohnentbährlichen Bedienten in gewisse Ordnung zu bringen. (Lüning 1720, 1473)
Dieses Zitat einer alten Schrift bekund et d as d urch externe Faktoren forcierte Regelungsbed ürfnis, welches im Besonderen von den obersten Machthabern berücksichtigt werd en musste, wollten sie nicht von Zerrüttung un d Desorganisation umgeben werd en. In vielen Gebieten und Zeiten in Form mündlicher Verkündigung, so geschah dies in Deutschland ab d er Mitte d es 15. Jahrhund erts vermehrt an- han d schriftlich fixierter Dokumente, sogenannter Hoford nungen. Hoford nungen1 stellen normative Texte d es Spätmittelalters und d er Frühen Neuzeit d ar, „mit denen d er Herrscher vor allem die Zahl, die Aufgaben, das Verhalten und den Konsum d er an seinem Hof versammelten Personen zu regeln suchte“ (Scholz 2011, Sp. 1095).
Die Materie d er Quellen- bzw. Textsorte 'Hoford nungen' ist dabei „sowohl inhaltlich und definitorisch als auch überlieferungstechnisch“ (Kraack 1996, 17) als äußerst heterogen zu bezeichnen (vgl. eb d.); „nennenswerte Forschungen gibt es nicht, Editionen sind rar und veraltet“ (eb d.). Der Anlass d er vorliegend en Arbeit ist es d aher, ein wenig mehr Licht in diese noch wenig erforschte Thematik zu bringen, vor allem unter Berücksichtigung sprachwissenschaftlicher Aspekte, welche in d er Literatur bisher allenfalls spora disch behandelt wurd en. Das der folgend en Abhandlung zugrunde liegend e Quellenmaterial basiert auf den Faksimiles d reier Hoford nungen folgend er Potentaten: Herzog Albrecht d es Beherzten von Sachsen (1470- 80), Kurfürst August (1554) und Johann Georg I. von Sachsen (1637).
Alle d rei Ord nungen wurd en also aus d em Kurfürstentum Sachsen, im zeitlichen Abstand von jeweils zwei Generationen, gewählt, um so einen weiten diachronischen Betrachtungszeitraum innerhalb eines einzigen Territoriums zu erhalten, d er zum einen verschied ene Entwicklungsstadien der Quellensorte beinhaltet (ausgehend von ihren Anfängen) und zugleich d as gesamte Spektrum d er Sprachperiod e d es Frühneuhochd eutschen abd eckt.2
In der vorliegend en Arbeit sollen (nebst einleitend er Gedanken bezüglich d er quellenkundlichen Einord nung und d er Erfassung und Deskription d es Korpus3 ) anhand d es Korpus der sächsischen Hof- ord nungen zunächst die konkreten Rahmenbedingungen erörtert werd en: Wer waren die Ad ressaten und wie ging die Veröffentlichung d er Hofordnungen vonstatten? Welche Textfunktionen lassen sich ableiten? Vor d em Hintergrund potentieller Entwicklungstend enzen und unter der Berücksichtigung d es quantitativen Aspekts werd en insbesondere die nominalen Anred eformen sondiert und zud em beleuchtet, welche Anwend ung und Bed eutung die rechtssprachlich verwend eten Wortpaare fand en.
Des Weiteren wird d argelegt, auf welche Art und Weise sich die Textentwicklung en d étail vollzog: Welche inhaltlichen und formalen Ver- änd erungen und Modifikationen sin d zu konstatieren? Welche Parallelen sprachlich- pragmatischer und syntaktischer Elemente gibt es zwischen den einzelnen Hofordnungen? Und gibt es Anhaltspunkte für eine systematische Fortschreibung d er Hofordnungen?
Die Ausführungen beginnen zunächst mit einer aktenkundlichen Einord nung und der Erörterung d er Frage, ob Hoford nungen zu d en Akten o d er zu d en Urkund en zu rechnen sind ?
Es soll im Folgenden der Versuch4 gemacht werden, den Quellentyp Hofordnungen nach aktenkundlichen Kriterien einzuordnen.5 Dazu dient vor allem die Bestimmung von Hierarchie, Zweck und Stil des Schriftstücks6.
Das hierarchische Verhältnis zwischen Verfasser und Empfänger zeigt an, dass Hofordnungen Schriftstücke der Überordnung sind, da der jeweilige Landesfürst bzw. Herzog sich als Verfasser vordergründig an seinen Hofstaat richtet und nicht etwa an Personen gleicher Position. Dem Einsatzgebiet nach sind sie daher den Verwaltungsverordnungen7 zuzuordnen, die oft auch in Form von Instruktionen umgesetzt wurden8.
Der Schreibzweck resultiert folglich weitgehend aus dem „Rangverhältnis der Korrespondenzpartner“ (Hochedlinger 2009, 171): Das Anliegen der Obrigkeit war es, ihren Untergebenen (An-) Weisungen und Befehle mitzuteilen.
Mit „Stil“ des Schriftstücks ist in diesem Kontext die Konstruktion der Selbstanrede gemeint, die nach Hochedlinger als der wesentlichste Botschafter des Verhältnisses von Schreiber und Adressat fungiert (vgl. ebd., 171). Die Hofordnungen wurden dem entsprechend im Wir-Stil geschrieben, der zum sogenannten subjektiven Stil9 gehört. Der Verfasser tritt dadurch deutlich in den Vordergrund und dokumentiert so seinen Autoritätsanspruch, was insbesondere im Zusammenhang mit der Legitimationsformel (oder „Gottesgnadenformel“) zum Ausdruck kommt. Der Wir- Stil wird in der Aktenkunde auch als Kurialstil (stilus curiae, stilus regius) bezeichnet (vgl. ebd., 133), da er die „feierliche Form des subjektiven Stils für Zeremonialschreiben“ darstellt (ebd., 133). Der Terminus Kurialstil wird wiederum auch synonym zum Begriff Kanzleistil benutzt (vgl. ebd., 134), was nicht zuletzt darauf beruht, dass der gleiche Schreibtypus generell in verschiedensten frühneuzeitlichen Quellensorten aus dem Bereich der Rechtsordnungen angewandt wurde, so z. B. in Verwaltungsverordnungen, Gesetzesverlautbarungen, Proklamationen etc. (vgl. Hochedlinger 2009, 235).
Bei der Frage, um welchen Archivalien- bzw. Schriftguttypen10 es sich im Falle von Hofordnungen handelt, fällt offensichtliche Zuordnung nicht unbedingt leicht. Das liegt besonders daran, dass der Unterschied zwischen einer Akte und einer Urkunde weniger formaler, als vielmehr funktionaler Natur ist: „Urkunden fixieren einen Rechtszustand nach außen“ (ebd., 37), Akten dagegen dienen als Gedächtnisstütze der Amtshandlung einer Behörde, sind also für den eigenen Gebrauch vorgesehen (vgl. ebd., 37). Anhand dieses Kriteriums zählen die Historiker Wührer/ Scheutz die Hofordnungen (wie auch die Instruktionen) zu den Akten, da durch sie konkrete Personen kontinuierlich an ihre Pflichten und Rechte erinnert würden. Auf formaler Ebene sind sich Akten und Urkunden bisweilen sehr ähnlich. Die wesentlichsten Übereinstimmungen liegen im Bereich des Schreibtypus und der Textstruktur: schriftsprachliche Normen einer Kurial- bzw. Kanzleisprache sowie die Orientierung an den typischen Elementen des Urkundenaufbaus jener Zeit sind in beiden Schriftguttypen nachweislich dominierend. Bei genauerer Betrachtung ist die Beurteilung der Autoren Wührer/ Scheutz dennoch nicht haltbar: wenn auch der Aspekt der Formalität nicht als der wesentlichste gelten kann (Hoch- edlinger spricht sogar von der „trügerische[n] äußere[n] Form der Urkunde, deren definitorische Relevanz von einigen auch bestritten wird“ ;2009, 25), so ist die Umsetzung und Beachtung bestimmter innerer und äußerer Formen für alle untersuchten Hofordnungen, besonders im Falle der H02- 3, einer der ersichtlichsten Charakteristika überhaupt und unterstreicht: „Urkunden wirken fast immer nach außen, müssen als mehr oder minder feierliche Ausfertigung [...] vorliegen“ (ebd., 41). Hochedlinger bekräftigt ferner diesen Aspekt des Öffentlichen mit der Aussage, dass Urkunden ein „rechtswirksames - in der Tendenz öffentliches - Zeugnis“ (ebd., 25) abgeben, welches in dieser Form eben nicht für Aktenschriftstücke zutrifft, wohl aber für Hofordnungen, bei denen die gewünschte Art der Publizierung und öffentlichen Verlautbarung oft sogar im Text enthalten waren (s. Kap. 4.3.2) (vgl. ebd., 178)11 12. Als stichhaltigstes Indiz aber ist vielleicht die hohe Eigenständigkeit (Autarkie) der Hofordnungen anzusehen, denn Urkunden müssen „aus sich und für sich verständlich und aussagekräftig sein“ (ebd., 25), ein Aktenschriftstück dagegen bedarf zur korrekten Interpretation notwendigerweise „des gesamten Geschäftszusammenhangs“ (ebd., 25).
Aufgrund dieser angeführten Tatsachen ist es daher nicht verwunderlich, dass Hofordnungen teils erhebliche inhaltliche Übereinstimmungen zu speziellen Urkunden haben. Dies betrifft vor allem das Mandat, das Patent und den offenen Befehl. Das Mandat, seiner Funktion nach „ein Befehlsschreiben eines hierarchisch Höhergestellten an einen Untergebenen“ (Hochedlinger 2009, 30), arbeitet ebenfalls vorwiegend mit dispositiven Verben (z. B. „wir tragen auf, befehlen“ ;ebd., 30) und Phrasen zur Befehlseinschärfung (z. B. „das ist ernstlich unser mainung“; ebd., 30). Zudem „wenden sich Mandate [...] stets an konkrete Adressaten oder besser: Adressatenkreise“ (ebd., 30). Ähnlich verhält es sich mit Patenten (= „normative Verlautbarungen“; ebd., 179) und offenen Befehlen (= „konkrete Verwaltungsbefehle mit Publizitätswillen“; ebd., 186).
Um ein möglichst umfassendes Bild vom13 Zustand d er Textträger zu gewinnen, sollen nun im Folgend en die inneren und äußeren Merkmale d er Hoford nungen genauer in Augenschein genommen werd en. Dabei geht es auf d er Seite d er äußeren Merkmale um die Erfassung von Beschreibstoff, Erhaltungszustand, Schrift und besond erer Auffälligkeiten. Die Beleuchtung d er inneren Textmerkmale führt über die genutzten Elemente zur Textgestaltung (Schriftniveau, Buchstabenformen, Schriftart) bis zur Methodik der Sichtbarmachung d er Textstruktur (Positionierung und Einsatz von Überschriften, Textelementen un d -komponenten auf d er Seite).
Zur genaueren Untersuchung des jeweiligen Textträgers gehört ebenso die Bestimmung seiner Überlieferungsform: handelt es sich um ein Original im Sinne einer „Urschrift“ (oder auch Erstschrift genannt) od er um eine Abschrift od er Kopie? Zwar wurd e im Rahmen dieser Arbeit (aus Gründ en der Einfachheit und Relevanz) nur auf Kopien der im Hauptstaatsarchiv Dresden befindlichen Schriftstücke zurückgegriffen; d ennoch können auch aus diesen Kopien bis zu einem gewissen Gra d Rückschlüsse gezogen werd en, die für eine vordergründig sprachwissenschaftliche Analyse auszureichen scheinen, aber keinen paläografischen Tiefgang versprechen. Alle d rei Hofordnungen sind nur handschriftlich überliefert14 ; als Schriftsubstanz diente schwarze Schreibtinte und als Trägermedium Papier.
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Abb. 1: Seiten 8- 9 d er H01
Der Textträger d er H01 setzt sich aus vier zu einer Lage gehefteten Doppelblättern zusammen15 ; d er Heftfad en ist noch d eutlich am Falz d er inneren Doppelblätter zu erkennen (s. Abb. 1; vgl. Wührer 2011, 51). Auf d em Deckblatt sind archivalische Vermerke sowie d er Titel Ordenung des hoffs zu dreßden mit d er vermuteten Datierung (/circa 1470- 1480/) zu lesen. Fünf Seiten wurd en d oppelseitig beschrieben (exklusive Deckblatt), d ann folgen drei nur einseitig genutzte Seiten, von d enen die letzten beid en mit einer symbolischen Grafik versehen sind (s. Anhang, S. 102). In seiner Gesamtheit ist d er Textträger gut bis sehr gut erhalten (wenn man bed enkt, d ass er fast 530 Jahre alt ist). Nach derzeitiger Erkenntnis ist d iese Hoford nung nur in d ieser Ausfertigung überliefert.
Eine exakte Datierung ist schwerlich möglich, d a d er Text ohne Es- chatokoll (und auch ohne Protokoll) verfasst wurd e. Wenn man jedoch berücksichtigt, d ass (fast) alle d er nachfolgend en sächsischen Herrscher gleich im ersten Jahr ihres Regierungsantritts eine Hofordnung veröffentlichten, so könnte man d emnach die Jahre 1485-86 als mögliches Erscheinungsjahr angeben, d a im Zuge d es „Leipziger Teilungsvertrags“ im Herbst 1485 die Herrschaftsteilung zwischen Herzog Albrecht un d seinem Brud er Ernst vollzogen wurd e, die doch bis zu diesem Zeitpunkt 20 Jahre gemeinschaftlich regiert hatten; Albrecht erhielt „d en meißnischen Teil und wurde zum Stammvater der albertinischen Linie des Hauses Wettin, die ihre d auerhafte Residenz nun in Dresd en einrichtete“ (Blaschke 2002, 20).
Schon auf den ersten Blick ist auffallend, dass sich die H01 offensichtlich in zwei Teile glied ert; der erste Teil besteht aus d er Tisch- bzw. Sitzordnung (S. 27- 31/ S. 1- 6), in d er neben d er klassischen Tischzuweisung immer wie d er personelle und finanzielle Aufwen d ungen wie auch die Pferdezuweisungen zwischenein geschoben werden. In regelmäßigen Abständen werd en die anfallenden Versorgungskosten un d die Anzahl d er benötigten Pferd e jeweils zusammengerechnet und als Summa angegeben (S. 29f./ S. 3f.). Der zweite Teil (S. 32- 35/ S. 6-11) ist d er Bereich, in d em es um ganz spezielle Dienstanord nungen und generelle Hofgepflogenheiten geht; aber auch hier fließen immer wied er die finanziellen Ausgaben (Besoldung, Kostgeld, Kosten für Küche und Keller, Futterrationen für die Pferd e etc.) mit hinein.
Sowohl d er Fließtext wie auch die wenigen Überschriften wurd en in einer leicht rechtsschrägen Kanzleibastard a16 ausgeführt und sind anhand der Schriftart und Größe nicht voneinander zu differenzieren (s. Abb. 2). Die Überschriften sind zur besseren Unterscheidung vom linken Rand weiter eingerückt als der Fließtext. Das Schriftniveau ist nicht durchgängig gleichmäßig, bis auf wenige Ausnahmen aber gut leserlich.
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Abb. 2: Uberschrift und Fließtext im Vergleich (Seite 6, HO1)
Das einheitliche Schriftbild lässt vermuten, dass der Text von einer Hand niedergeschrieben wurde (vgl. Wührer 2011, 51).
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Abb. 3: Anordnung der einzelnen Abschnitte (S. 7, HO1)
Der Schriftspiegel (Verteilung der Schrift auf der Seite) wurde weitgehend konsequent gehalten: der Text ist linksbündig niedergeschrieben, der breite Seitenrand ist nach links und unten gleichmäßig beibehalten (lediglich das Wort Summa durchbricht den linken Rand (s. me im Ausmaß einer Zeile und zum anderen d urch die Setzung von Initialbuchstaben. Letztere werd en allerdings nur in d er Narratio und im zweiten Abschnitt d er H01 eingesetzt (im Bereich d er Tischordnung wird nur das immer wiederkehrend e Summa durch ein Initial'S' hervorgehoben). Die beid en Initialen d er Narratio sind am größten und schwungvollsten gehalten, um so d en Beginn d es Schriftstücks besond ers hervor zu heben. Die insgesamt sechs Seiten d es zweiten Teils d er H01 werd en lediglich d urch zwei Überschriften in eben so viele Abschnitte unterglie d ert; die erste Überschrift lautet Wie wir un- sern hof vororden und was wir unsren leuten und dinern umb iren dinst thun wollen (S. 6), die zweite schlicht Capellen17 (S. 9).
Zu Beginn dieser Hofordnung folgt d er Narratio eine Kurzglied erung d es d ann folgend en Kontextes, die durchaus als eine Art Inhaltsverzeichnis bezeichnet werd en kann. Hieraus wird dem Leser gleich zu Anfang ersichtlich, welche Hofbereiche im Einzelnen angesprochen werd en.
Ein wenig unklar bleibt die Zuord nung d er letzten sechs Absätze auf S. 35/ S. 11, die Kern als „Nachträge“ (1907, 35) zur eigentlichen Ho- ford nung bezeichnet. Aufgrund der Substanz mag man ihm zwar zustimmen, denn d er inhaltliche Schnitt zu d en vorhergehend en Absätzen ist nicht zu leugnen. Jedoch, wenn man d en Mangel an inhaltlicher Stringenz im gesamten Abschnitt Capellen berücksichtigt, so stellen die letzten Absätze d urchaus keinen allzu großen inhaltlichen Bruch d ar. Zud em fügen sie sich visuell vollkommen übergangslos in ie Gesamtheit d es Schriftbild es un d d es Schriftspiegels ein un d sin d nicht als Ergänzung kenntlich gemacht. Unabhängig davon, wo man nun d en eigentlichen Schluss d er H01 ansetzen möchte, in beiden Fällen ergibt sich ein abruptes En d e d es Textes. Der Text end et ohne jede Schlussbekräftigung oder Unterzeichnung mit d er Dispositio.17
Die Analyse d es Textträgers legt d en Schluss nahe, d ass es sich um eine Abschrift hand eln könnte: Zum einen sind keine Spuren von Korrekturen od er Ergänzungen enthalten und selbst Verschreibungen find en sich nicht vor. Zum and eren gilt d as Fehlen d es Protokolls, beson d ers aber d er Schlusskurialien (Courtoisie, Corroboratio) und d es Eschatokolls als gerad ezu typisch für Abschriften, d ie sehr oft um d as Formelhafte gekürzt word en sind (vgl. Hoched linger, 47), d enn and ere Urkund en Herzog Albrechts bestätigen, d ass der Gebrauch d es Formelapparats längst Usus war18.
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Abb. 4: Seiten 1-2, H02
Die Hoford nung des albertinischen Kurfürsten August von Sachsen wurd e am 1. Oktober d es Jahres 1554 fertiggestellt. Die Jahresanga-be geht sowohl aus d em Titelblatt als auch aus d er Finald atierung, die d etaillierte Monats- und Tagesangabe nur aus der Finaldatierung hervor (Montag nach Michaelis; S. 50/ S. 27). Die H02 steht gleichsam in der Mitte einer „Trilogie“, d a weitere zwei Hoford nungen, aus dem Jahr zuvor und aus d em Jahr d anach, überliefert sind. Es hand elt sich bei d er vorliegend en H02 um die Neuauflage bzw. die überarbeitete Fassung d erer d es Jahres 1553.19 Der Textträger umfasst 8 einlagig geheftete Doppelblätter, die bis auf d as Titelblatt d oppelseitig beschrieben wurd en. Auf d em Deckblatt d er zugehörigen Akte wurd e vermerkt, d ass neben der Hofordnung ein Convolut weiterer höfischer 0rd nungen (Stall-, Küchen- und Lichtord nung) in d erselben Akte enthalten ist. Die Seiten sind insgesamt in gutem Zustand. Aufgrund d es Vermerks des Deckblatts Darinnen abschriften von churfürsten hoff= [...] ordtnung zube=finden kann abgeleitet werd en, d ass es sich bei d er vorliegenden H02 folglich nur um eine Abschrift handeln kann.
Der Fließtext wurd e in einer rechts geneigten, flachen un d breitgezogenen Kurrentschrift20 verfasst (vgl. Schneid er 2009, 84). Die Überschriften heben sich in Schriftart, Größe un d Ausrichtung d eutlich ab: sie sind mehrheitlich zentriert ausgerichtet und die gebrochenen gotischen Grapheme21 (die d er Frakturschrift sehr nahe kommen) stehen aufrecht, sind fast d oppelt so hoch und breit und in einer dickeren Strichstärke gehalten. Bei mehrzeiligen Überschriften ist ferner zu beobachten, d ass sich der Schrifttypus ab d er zweiten Zeile immer mehr d em d es Fließtextes angleicht. Dieses Phänomen wird um so deutlicher, je weiter man im Textverlauf fortschreitet (s. Abb. rechts). Der Grundtext ist, soweit erkennbar, durchweg aus einer Hand geschrieben und qualitativ nicht sehr hochwertig. Der Schriftspiegel verhält sich gleich dem der H01.
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Abb. 5: Veränderungen des Schrifttyps der Überschriften (v.o.n.u.: § 4, § 16 und § 20).
Diese Hofordnung beginnt (anders als H01 und 3) mit einem Titelblatt, das in großen Lettern Churfürstliche Sach=sische Hoff Ordnung Anno 1554 verkündet (s. S. 12, Abb. 4)22. Der Schriftzug ist in Frakturschrift gestaltet und sehr repräsentativ, die Anfangsinitiale mit übergroßen Bögen geschmückt. Der eigentliche Text, der erst auf der nächsten Vorderseite anfängt, ist im Gegensatz zur H01, sehr homogen strukturiert: nebst vollständigem Protokoll und Eschatokoll wird der Kontext durch insgesamt 26 Überschriften in eben so viele Paragrafen23 gegliedert. Immer wird die Anfangsinitiale der Überschrift wie auch die des darunter folgenden Absatzes stark vergrößert und mit ausgeschwungenen Bögen versehen, die meist über die ganze Breite des linken Seitenrandes verlaufen. Des Weiteren werden einzelne Absätze innerhalb eines Paragrafen ebenfalls mit vergrößertem Initialbuchstaben hervor gehoben, die jedoch im Unterschied zu den Anfangsinitialen deutlich kleiner ausfallen. Als zusätzliches Mittel der Textgestaltung finden sich mitten im Textverlauf der Absätze verein zeit sehr breit ausgeführte Initialen, die bis zu einer viertel Zeile in Anspruch nehmen. In ihrer Funktion heben diese d en Beginn aus- d rücklicher Willensbekundungen d es Fürsten hervor (wir wollen, S. 45/ S.13 u. 14; und begeren, S 45/ S. 13) od er markieren die Verlautbarung von Konsequenzen und Folgen, die aufgrund bestimmter Situationen gezogen werd en mussten (Im fahl aber; Es soll, S. 44/ S.11; domit man, S. 44/ S. 10; domit sie, S. 43/ S. 9; Do aber, S. 46/ S. 15).
Das Eschatokoll schließt mit der Namensunterschrift24 Augustus Churfürst, mit d er d er Kurfürst folglich selbst die Abschrift beglaubigt hat. Ein Siegel fehlt, obwohl die Besiegelung zuvor in d er Korrobora- tionsformel angekündigt wird (Zu urkunt mit unserm aufgetruckten Secret besiegelt). Es liegt d er Schluss nahe, d ass im Falle einer Abschrift d as Setzen d es Siegels nicht erforderlich war, dass aber die Formel trotzd em originalgetreu übernommen wurd e.25 Der Grun d kann aber auch d arin begründ et sein, dass d as Siegel als Instrument d er Beglaubigung seit d em ausgehend en 15. Jahrhund ert immer mehr d urch das Setzen der herrscherlichen Unterschrift abgelöst wurd e (vgl. Hoche dlinger 2009, 127) und sich die Korroborationsfor- mel d erart fest etabliert hatte, d ass es nicht selten vorkam, d ass z. B. eine gar nicht mehr erfolgte Besiegelung d ennoch weiterhin angekündigt wurd e (vgl. eb d., 128).24 25
Die letzte d er untersuchten Hof- ord nungen wurd e am 13. Mai 1637 verabschied et und enthält mit Abstand den umfangreichsten Text. Nach Aussage von Karl August Müller hand elt es sich bei d iesem Exemplar um eine Neuauflage der ersten Fassung, d ie Kurfürst Johann Georg I. bereits zu seinem Regierungsantritt im Jahre 1611 verkünden ließ. Laut Müller scheinen beid e Ordnungen jedoch „vollkommen gleichlautend “ zu sein (vgl. 1838, 102); d emnach waren also keine grö- ßeren Veränd erungen mehr vorgenommen worden.
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Abb. 6: Titelblatt der HO3
Die insgesamt 46 Seiten sind aus 12 Doppelblättern wied erum einseitig gebund en. Der Fließtext beginnt jed och schon ab d em ersten Blatt (s. Abb. 6). Der kurze Titel Hoffordtnung erscheint in d er linken oberen Seitenecke, ist in Einzelbuchstaben geschrieben und vergleichsweise einfach gehalten (vgl. z. B. d en Titel der HO2); d arunter folgen archivalische Vermerke.
Der Schriftspiegel, bei d em d er Fließtext nur halbseitig und einspaltig verläuft, variiert gleichmäßig von der ersten bis zur letzten Seite: zu jed er ungera d en Seitenzahl steht d ie Textzeile am Außenrand, auf jed er gera d en Seite ist sie am inneren Heftran d ausgerichtet, so d ass die Spalten innerhalb d er Doppelseiten nie d irekt nebeneinand er liegen (s. Abb. 7, S. 17).
Diese Form d er Textausrichtung ist bei allen untersuchten Hoford-
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Abb. 7: Schriftspiegel d er H03, S. 4-5
nungen gleich, wenn auch nicht so ausgeprägt wie in d er H03, und ist wahrscheinlich d ad urch begründ et, d ass es für d ie „Proportionen d es Schriftraums“ (Schneid er 2009, 130) genau festgesetzte Vorschriften bzw. Muster gab, d ie konsequent an jed er Seite angewen- d et wurd en. Es bleibt an d ieser Stelle fraglich, ob un d in wie weit es für Hoford nungen überhaupt vorgesehen war, als ganzes Heft/ Buch zu erscheinen, wo sie d och in erster Linie als Aushang veröffentlicht word en sind (vgl. Kap. 4.3.2), was gewiss nicht in Heftform geschah. And ererseits wid erspricht es jed er Logik, d ass d oppelseitig beschriftete Seiten zum Aushängen vorgesehen waren. Vielleicht wurd en Hofordnungen nur aus rein praktischen Gründ en zur besseren Aufbewahrung gebund en und auch nur diejenigen 0rd nungen, die als Schreibvorlage d ienten od er nicht (mehr) ausgehängt wurd en?
Der untere Seitenrand umfasst eine halbe Seitenbreite, der obere höchstens ein Drittel d avon.
Der Grun d text ist linksbündig geschrieben, obwohl d as Erscheinungsbild einem Blocktext ähnelt, d a viele Zeilen bis an d en Seiten - rand ausgefüllt wurd en. Die Schriftart kommt d er Kurrentschrift aus H02 sehr nahe, ist allerdings noch flacher gehalten aber nicht so breit gezogen. Die Hand schrift selbst ist in d er Art d er Ausführung, im Vergleich zu den and eren beiden Hofordnungen, allerdings von eher geringer Qualität. Einzeilige Überschriften sind in aufrechter Frakturschrift, mehrzeilige im Unterschied zur H02 bereits von Beginn an ab der zweiten Zeile in d er Schrifttype d es Fließtextes gefasst (vgl. § 2, 5, 6, 8, 9 un d 12). Zu Beginn d er Überschriften und d er jeweiligen Absätze werd en ebenfalls Initialbuchstaben genutzt.
Bei dieser Hoford nung erfolgt zum ersten Mal eine fortlaufende Durchnummerierung d er einzelnen Abschnitte, so d ass auch d er formale Aspekt eines Paragrafen vervollkommnet wird (im Vergleich zur H02). Die Paragrafenzahlen stehen in Form arabischer Zahlen26 zentriert über d en Überschriften und werd en mittels Schrägstrich vom d arüber liegend en Abschnitt separiert. Der Schrifttyp und die Zahlengröße wurd en d en Überschriften angeglichen.
Des Weiteren sind zwei Phänomene zu erwähnen, die erst in dieser Hoford nung zu find en sin d: zum einen werd en die genutzten Fremd- worte gesond ert durch Schriftart und Größe hervorgehoben (s. Abb. 8, Seite 19). Zum and eren wird d er Text d urch Korrekturen und Ergänzungen mo difiziert. Dies geschieht vornehmlich auf d en Seiten 14, d anach nur noch an einigen wenigen Stellen. Bei Wortergänzungen auf und oberhalb d er Wortebene wurden die neue Worte od er Teilsätze am Seitenrand (auch oben) direkt neben d er betroffenen Zeile niedergeschrieben und mit speziellen Einfügungszeichen versehen, wobei die genaue Positionierung im Satz d urch „korrespondierend e Positionszeichen“
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Abb. 8: Hervorhebung von Fremdwörtern und Einsatz der Einfügungszeichen (S. 3, H03)
(Wührer 2011, 55) kenntlich gemacht wurde (s. Abb. oben). Als solche Zeichen dienen kurze Doppelstriche, ein nach links kippendes F (s. S. 1-3) oder ein Hakenstrich (z. B. S. 46). In Fällen des Austausche von Wörtern wurden die Fehlworte entweder einfach durch- gestrichen oder nur unterstrichen, wenn das Korrekturwort direkt daneben gesetzt werden konnte (vgl. S. 6 u. 9). Überzählige Worte sind ebenfalls durchgestrichen worden (z. B. S. 6). Bei Korrekturen unterhalb der Wortebene werden Grapheme (S. 8 u. 11) gestrichen und neue direkt darüber ergänzt. Soweit erkennbar wurden Korrekturen und Ergänzungen „von der selben Hand gemacht, die auch den Grundtext schrieb“ (Wührer 2011, 56).
Das Versprechen der Korroborationsformel wird weder durch Unterschrift noch mit Besiegelung bestätigt.
Die teils markanten Schreibfehler (z. B. wurde schon in der ersten Zeile das herrscherliche „Wir“ in der Intitulatio ausgelassen) lassen schnell die Vermutung zu, dass der Schreiber beim Verfassen der Abschrift sehr nachlässig verfahren hat27, was auch den insgesamt relativ geringen Standard der Handschrift erklären würde. Demnach müsste es sich d ann um eine nicht beglaubigte Abschrift hand ein. Die o. g. Verfahren zur Textkorrektur waren nach K. Schneid er d urch- aus geläufig und sind vielfach praktiziert word en (2009, 148f.). Vielleicht aber ist die sichtliche Überarbeitung und Korrektur sowie die nied rige Schriftqualität gerade als Indiz dafür zu deuten, d ass es sich um eine Art Vorschrieb hand eln könnte, d er in dieser Form vom Kurfürsten erst zur Reinschrift an die Kanzlei übergeben wurd e. Dies würd e auch belegen, weshalb die Kurialien absolut vollständig ausgeführt waren (vgl. H01) un d die herrscherliche Beglaubigung noch fehlte.
Die d rei Hoford nungen unterscheid en sich in ihrem Schriftbild und der gesamten Aufmachung (Schriftspiegel, Glied erung) teils erheblich. Auch die Textstruktur ist abweichend. Besond ers die H01 hebt sich formal und inhaltlich von den and eren beid en Hoford nungen ab. Kern spricht von einer „gewissen Formlosigkeit, entsprungen aus einer momentanen Notlage“ (1907, VII), wobei ein ein d eutiger Nachweis für diese Interpretation nicht mitgeliefert wird. Kerns Erfassung des Inhaltlichen ist d agegen am Text nachgewiesen: „Während die älteste Sächsische Hoford nung ein Verzeichnis aller Besold ungen bringt, vermissen wir in d en anderen Hoford nungen alle bezüglichen Angaben“ (1907, IX). Hierin fin d et sich gewiss einer d er signifikantesten Unterschied e innerhalb d er untersuchten Hofordnungen.
Es gilt jed och der Frage nachzugehen, warum es sich also verhält? Lag es vielleicht daran, dass die H01 als eine der ältesten und ersten d eutschen Hoford nungen28 noch im Begriff war, sich zu einer eigenen Quellensorte zu entwickeln und demnach noch ganz am Anfang des Entstehungsprozesses stand 29 ? Od er kann sich am End e doch Kerns These bewahrheiten, d ass diese Hoford nung aufgrund der plötzlichen Herrschaftsteilung nur als ein Instrument fungierte, um d en notwendigen Bedürfnisse entgegen zu kommen und d en Hof in seiner Übergangszeit aufrecht zu erhalten?
Ferner muss d avon ausgegangen werden, d ass d er Quellentyp Hoford nungen in seiner Entwicklung einem Ausdifferenzierungsprozess unterworfen war, d er sich wie folgt beschreiben lässt:
Id ealtypisch werden die anfänglich sachlich umfangreicheren Hoford nungen, die Gerichts- und Kanzleiwesen ebenso umfassen wie die Fragen d er Hofwirtschaftsverfassung, abgelöst [...] durch solche, die ihrem Regelungsbereich nach spezialisierter sind. (Vec 1999, 52)
Dies kann anhand d er untersuchten Hoford nungen auch ein Stück weit belegt werd e: Die HO1 enthält z. B. noch eine Anord nung betreffs d er Kanzlei (S. 35/ S. 10), die späteren nicht mehr. Des Weiteren ist in d er HO1 die höfische Tischord nung (vgl. S. 1-6) mit integriert, in der HO2 findet sie keinerlei Erwähnung30 und in d er HO3 erscheint die Tischord nung separiert im Anhang31. Ähnlich verhält es sich auch mit der Publikation einer Küchenordnung: In HO1 und HO2 fin d en sich zwar vereinzelt Anord nungen bezüglich d er Regelung von Küche und Keller32 33 34, die allerdings in keinster Weise als eine geschlossene, eigenständige Ord nung zusammenzufassen wären. Den Angaben d es Deckblatts d er HO2 ist jed och zu entnehmen, d ass bereits zur Zeit Kurfürst Augusts eine Küchenord nung in Form eines eigenen Schriftstücks veröffentlicht word en sein muss. Interessanter Weise beinhaltet die HO3 sogar d en mit Abstand ausführlichsten Paragrafen zu diesem Thema (§ 8: Enteußerung Küchen / unnd Kellers,] S. 74- 76/ S. 25- 34), in dem zusätzlich auf eine gesond erte Küchenord nung verwiesen wurd e: vermöge unserer verferttig= / tenn33 Küchenordtnung35 (S. 74/ S. 26).
Die Folgen d er zunehmend en Fortentwicklung der land esfürstlichen Behörd enorganisation und d er Hofverwaltung mit d er daraus resultierend en Binnen- und Ausdifferenzierung der Hofwirtschaft spiegeln sich, mehr oder weniger konsequent, in d en Schriftstücken (vornehmlich in d en Gebrauchstexten mit Normierungsbestrebungen) wi- d er (vgl. Vec 1999, 53). Nach Vec verlief die Aus differenzierung d er Hofämter parallel mit der Ausdifferenzierung d er schriftlichen Quellen, d a die Ämter „zunächst in Personalunion ausgeübt wurd en, sich später jed och verselbständigen“ (ebd.). Eigenständige Ord nungen, die verschied ensten Hofbereiche betreffend, kommen auf: Frauenzimmerordnungen35, Stallord nungen, die schon erwähnten Küchenord nungen, Kellerordnungen, Lichtord nungen und sogar Trinkgeld- ord nungen seien hier beispielsweise genannt (vgl. ebd.). Dagmar Sommer äußert sich zu dieser Entwicklung wie folgt:
In Deutschland stand en [...] noch lange [im Gegensatz zu d en europäischen Nachbarn; Anmerk, vom Verf.] die ausschließlich zweckorientierten, ökonomischen Bestimmungen un d Interessen bei d er Abfassung d er eher allgemein gehaltenen Hoford nungen im Vord ergrund [...]. Etappenweise begann man mit der Einteilung d er Hoforganisation in unterschiedliche Aufgabenbereiche und Ämter, so d aß [sic!] die einzelnen Keller-, Küchen- od er Marstallord nungen an den d eutschen Höfen erst ab d er zweiten Hälfte d es 16. Jahrhund erts vorzufin d en sind. (1997, 78)
M. Scholz setzt d en Beginn der eigentlichen Fortentwicklung von Hoford nungen (in Anlehnung seiner Ausführungen an die H03) zeitlich an d en Anfang d es Prozesses d es Herauslösens obig genannter Ein- zelord nungen (2003, 54).36
„Daß [sic!] der Inhalt der Hoford nungen vom Fürsten zumind est mitgestaltet wurd e, ergibt sich immer wied er aus Details, für die sich niemand anders am Hofe verantwortlich zeichnen kann“ (Willoweit 2004, 173), wenn es z. B.um Besold ungsfragen ging (vgl. H02, S. 48/ S. 23).
Nach d er Analyse d er äußeren Merkmale kommt man eind eutig zu dem gleichen Schluss, wie Wührer/ Scholz ihn, die Wiener Hofordnungen betreffend, gezogen haben: „Grund sätzlich waren Hofordnungen Gebrauchstexte, niemals Prunkexemplare. [...] Wurd en die Texte auch sorgfältig erstellt, so herrscht bezüglich d er Textgestaltung Pragmatik vor“ (2011, 62). Die Aufmachung und Glie d erung d er gesamten Textstruktur scheint d aher vor allem an der Erleichterung der Orientierung des Lesers ausgerichtet gewesen zu sein (vgl. ebd.).
Zur Art und Weise der Verfassung , Veröffentlichung und Überlieferung von Hofordnungen haben bisweilen vor allem die Historiker einige Ausführungen verfasst und sich anhand des bisher gewonnenen „Materials“ einen Überblick verschafft. Im Folgenden lege ich kurz die wesentlichsten Einflussfaktoren bezüglich der Verfassungsanlässe dar, möchte dann aber die konkret ausgewiesenen Informationen in den Blick nehmen , die die untersuchten sächsischen Hofordnungen betreffs ihrer Veröffentlichung selbst liefern.
Überhaupt stellen die Angaben der einzelnen Schriftstücke eine mitunter wichtige Informationsquelle dar, da es bezüglich detaillierter historischer Fakten oft „kein 'Widerlager' aus anderer Überlieferung [gibt] [...] , sondern man ist auf Signale aus den Ordnungen selbst angewiesen“ (Moraw 1999, 558). Bei diesen innertextlichen Hinweisen muss jedoch immer im Hinterkopf behalten werden , dass sie ihrerseits (lediglich) normativen Charakter37 tragen und daher auch nicht als alleinige Indizien zur Rekonstruktion der tatsächlich am Hofe stattfindenden Publikationspraxis gelten können und dürfen (vgl. Scholz 2003, 53). Hinzu kommt , dass die Entstehungsprozesse bis hin zum eigentlichen Akt der Verschriftlichung von Hof zu Hof differieren konnten. Man muss folglich jeden einzelnen Fall für sich betrachten und darf nicht vorschnell zu Verallgemeinerungen greifen oder von einem Hof automatisch auf den nächsten schließen.
Historiker und Geschichtsforscher38 führen in ihren Aufsätzen immer wieder ganz konkrete Umstände aus der Lebenswelt der damaligen Fürsten (und Geistlichen) an , die als die eigentlichen Triebfedern zum Beginn der schriftlichen Fixierung von Hofordnungen angesehen werden. Dabei kann man m. E. differenzieren zwischen den begünstigenden Entwicklungsfaktoren im weiteren Sinne39 und den jeweilig konkreten Entstehungsanlässen , die auf ganz spezifische Lebensumstände zurück zu führen waren. U. a. werden in der Literatur immer wieder folgende Faktoren als die begünstigenden angeführt:
1. ) Zunehmender Grad der Fortentwicklung der Hofkultur zu ei nem geschlossenen sozialen System,
2. ) Zunahme der Gründungen von Residenzen ,
3. ) Entwicklung der Geldwirtschaft ,
4. ) Zunahme der Verschriftlichung in Hofwirtschaft , Hof- und Lan desverwaltung
5. ) Wachstum des Hofstaates und Entwicklung neuer Hofämter verbunden mit einer einhergehenden Binnendifferenzierung ,
6. ) Aufkommen eines „Gesetzgebungsbooms“ (ab dem 16.Jahr- hundert)
7. ) sowie wirtschaftliche Probleme wie Engpässe in der Natural versorgung oder bei der gesamten Hoffinanzierung (vgl. Ahrens 1991, Sp.75).
Alle diese Aspekte trugen , je nach Größe ihres realen Einflusspotenzials am jeweiligen (geistlichen oder weltlichen) Hof, mehr oder weniger dazu bei , dass sich a) überhaupt die Notwendigkeit zu einer schriftlichen Fixierung in Form von Hofordnungen (die oft auch mit Ordnungen des Hofs bezeichnet wurden; siehe z. B. den Titel der H01) ergab und b) die Inhalte in ihren thematischen Schwerpunkten so gewählt worden sind , wie sie dann auch in den Hofordnungen niedergeschrieben wurden.40
Prinzipiell gilt dasselbe auch für die jeweils konkreten Entstehungsanlässe. Hofordnungen lassen sich , ähnlich den Hofstaatsverzeichnissen41, „meist ganz konkreten Anlässen zuordnen“ (Wührer 2011, 45). Moraw spricht von individuellen Anstößen und betont , dass „partikulare Anlässe häufiger oder viel häufiger waren als generelle“ (1999, 556). Diese waren in den meisten Fällen auf Umstrukturierungen oder Problemsituationen am Hofe selbst zurück zu führen und gaben somit den letzten und entscheidenden Impuls zur Veranlassung einer schriftlichen Umsetzung. Solche situativen Umstände konnten einschneidende „Umwandlungen in der Organisation der Hofverwaltung“ (Hass 1910 , 10) sein , wie z. B. Herrschaftsteilungen , Herrschaftsantritte (vgl. Sommer 1997, 75) , Vormundschaftsregimen- te oder die Einrichtung eines abgeteilten Nebenhofes des Herrschaftsnachfolgers (vgl. Widder 2004, Sp. 686). Aber auch materiellökonomische Angelegenheiten wie der lebensnotwendige Zwang zur Eindämmung des Konsumverhaltens und der Hofunterhaltungskosten waren oft Ausschlag gebend. Weitere Gründe konnten sich neu herausbildende Missstände am Hofe (vgl. Hass 1910 , 10) oder die häufig unkontrollierte Aufnahme neuer Bediensteter sein. In vielen Fällen werden die konkreten Entstehungsanlässe auch im jeweiligen Kontext einer Hofordnung explizit angeführt , wie auch in der weiteren Analyse zu sehen sein wird.
[...]
1 In dieser Arbeit soll ausschließlich d er Terminus 'Hoford nung' verwend et werd en, obwohl auch (an verschied enen Stellen) d er Vorschlag gemacht wurd e, „besser von 'Ord nungen d es Hofes' zu sprechen“ (Kraack 1996, 18). Bei d en in d en sächsischen Hoford nungen enthaltenen Selbstbezeichnungen wurd e jed och überwiegend d er Terminus 'Hoford nung' benutzt (s. bei Kern (1907): S. 41,46, 49, 66, 67, 71 u. 79); nur an einer einzigen Stelle ist d ie Red e von 'Ord nungen d es Hofes' (s. ebd ., S. 27). Aus d iesem Grund ist es sinnvoll und legitim, d en ursprünglich so häufig verwend eten Begriff weiterzuführen.
2 Demzufolge fällt d ie älteste Hoford nung in d en Bereich d es älteren Frnhd ., d ie mittlere in d ie Kernphase und d ie letzte in die Period e d es jüngeren Frnhd. (nach Schmidt 1993, 208).
3 Zur Erfassung und Darstellung d es Korpus wurd e d ie method ische Herangehensweise d er (äußeren) Quellenkritik verwend et.
4 Die wörtlichen Zitate aus den Hofordnungen erfolgen in dieser Arbeit stets nach den Kopien des „Sächsischen Hauptstaatsarchivs Dresden“ (im Folgenden: SächsHStA Dresden). Die Seitenangabe erfolgt nach folgendem Muster: (S. xy/ S. yz = Seitenzahl der edierten Hofordnungen von A. Kern/ Seitenzahl der Handschriftenkopie). Zur Vereinfachung werden des Weiteren die Kürzel HOI (Hofordnung 1485), H02 (Hofordnung 1554) und H03 (Hofordnung 1637) benutzt.
5 Die Einordnung nach aktenkundlichen Kriterien erfolgt auf Grund der mangelnden Substanz, die auf linguistischer Ebene derzeit zu verzeichnen ist. Um Hofordnungen in einer sinnvollen und strukturierten Art und Weise nach sprachwissenschaftlicher Terminologie und Systematik zu klassifizieren und eine befriedigende Diskussion und Definition der Textsorte Hofordnung zu leisten, fehlt bisher jedweder brauchbarer Ansatz (den einzigen Versuch einer Definition und textsortlichen Bestimmung machte Paravicini in einem Aufsatz von 1999; es dienten ihm nur am Inhalt der Ordnungen ausgerichtete Kriterien (vgl. S. 14)) und es kann und soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit diesbezüglich keine vertiefende Auseinandersetzung erfolgen, da dies gewiss den Umfang und Aufwand einer eigenen Arbeit in Anspruch nehmen würde. Bisweilen wird sogar bezweifelt, ob die Klärung der Textsortenzugehörigkeit überhaupt zufriedenstellend gelöst werden könne: „Eine voll befriedigende und lückenlose Abgrenzung gegenüber verwandten Texten wird schwerlich jemals möglich sein“ (Moraw 1999, 555). Daher soll auch konsequent auf den linguistische Terminus 'Textsorte' verzichtet werden, solange dieser in Bezug auf die Hofordnungen nicht eindeutig bestimmt wurde und an dessen Stelle der aktenkundliche Begriff des Quellentyps (bzw. -sorte) gesetzt werden. Die aktenkundliche Einordnung erfolgt nach den Kriterien, wie sie in Hochedlingers Aktenkunde (2009) auf Seite 171 beschrieben werden.
6 Der Begriff Schriftstück (sui generis) wird in der Bedeutung gebraucht, dass es sich dabei um einen Schriftträger mit Text handelt (vgl. Hochedlinger 2009, 24).
7 Die Unterscheidung bzw. Abgrenzung zwischen Hofordnungen und Gesetzen soll in dieser Arbeit nicht näher erläutert werden, da dies ohnehin ein schwieriges Unterfangen zu sein scheint. Hochedlinger äußert sich diesbezüglich: „Zwischen Gesetzen im juristischen Sinne und (Rechts-) Verordnungen musste lange Zeit aufgrund der Konzentration der legislativen und vollziehenden beim Fürsten nicht unterschieden werden [...]. 'Gesetze' waren eben obrigkeitliche Anordnungen im allgemeinen Wortsinn. So konnte man auch Weisungen des Fürsten [...] bis ins 19. Jahrhundert hinein als 'Verordnung' bezeichnen (2009, 177).
8 Hochedlinger: „Regelungen für die Arbeitsweise einer Behörde hießen zunehmend häufig 'Instruktionen' [...]. Instruktionen wenden sich lange Zeit persönlich an den Beauftragten bzw. an den neuen obersten Amtsträger der Behörde [...] (2009, 185).
9 Der subjektive Stil unterscheidet den genannten Wir- Stil (pluralis majestatis) und den Ich- Stil (Briefstil). Dem gegenüber steht der objektive Stil, der den Absender vermehrt in den Hintergrund treten lässt und so eine sachlichdistanzierte Atmosphäre erzeugt (vgl. Hochedlinger 2009, 133f.).
10 Aktenkundlich wird unterschieden in die drei Archivalientypen Akten, Urkunden und Geschäftsbücher (vgl. Hochedlinger 2009, 37).
11 Die Aktenkunde unterscheidet in diesem Bereich zwischen den offenen und
12 geschlossenen Urkunden: Hofordnungen mit ihrer eindeutigen Ausrichtung zur (Hof-) Öffentlichkeit (s. besonders den Inhalt von Inscriptio und Publicatio) sind daher eindeutig den offenen Urkunden zuzuweisen (vgl. Hochedlinger 2009, 28).
13 Die Aufzählung d er inneren und äußeren Merkmale wurd e angelehnt an Hochedlinger 2009, S. 118-170.
14 „Hoford nungen wurd en oft „erst ged ruckt, als sie inhaltlich bereits historisiert waren. Eine (einzige?) systematische Ausnahme scheint lediglich Fried rich Carl von Moser gewesen zu sein, d er in seinem 1754/ 55 erstmals erschienen 'Teutschen Hof=Recht'eine Vielzahl auch erst jüngst erlassener Ord nungen abdruckte“ (Vec 1999, 54).
15 zwischen d enen zusätzlich eine einzelne Seite eingefügt word en sein muss, d a ansonsten d as Seitenschemata nicht aufgehen würd e (vgl. hierzu Schneid er 2009, 125- 128).
16 Dieses kann anhand eines visuellen Abgleichs mit einer fotografischen Dokumentenreprod uktion d es gleichen Entstehungszeitraumes nachgewiesen werd en; zu sehen in: Schneid er 2009, 78. Die im 15. Jahrhund ert als Urkund en- und Verwaltungsschrift vorherrschend e Bastard a manifestierte sich besond ers im Rahmen d er Hand schriftenprod uktionen d erd eutschen Kanzleien. Die Schrift d er H01 spiegelt d ie wesentlichen Elemente d ieser Schriftart wid er: „Schleifen an d en Oberschäften, [...] auslad end e Anschwünge an vielen Majuskeln, d ie sog. 'Elefantenrüssel' ([...] am anlautend em A, v und z [...]) sowie Schlussbögen an manchen Wortend en. Besond ers typisch sind d ie stark, meist in die folgende Zeile hinein verlängerten f und die langen s, die am oberen Schaft anschwellen können und am unteren Ende nadelspitz auslaufen“ (ebd., 79).
17 Ein eigener Absatz bezüglich d er Hofkapelle ist z. B. auch in d er hessischen Hoford nung Land graf Philipps I. enthalten; d ort heißt es Capella (Kern 1907, 84- 87; hierS. 87).
18 vgl. z. B. Die Väterliche Ord nung d es Herzogs Albrecht 1499 (Leisering 2002, 177f.).
19 Dieser Umstand wird d etailliert in d er Narratio geschild ert.
20 Diese hat sich ab d em 16. Jahrhund ert aus d er Kanzleibastard a (vgl. HOI) entwickelt und sich d ann in zunehmend en Maße behauptet. Eine d eutliche Nähe zur Bastard a (u. a. d ie „Schleifen an d en Oberlängen und d en stark verlängerten f- und s- Schäften“; Schneid er 2009, 84) ist gut zu erkennen, d och viele Elemente wurd en an d ie flüssige, kursive Schreibweise angepasst (z. B. d ie „in einem Fed erzug geschriebenen Formen wie g, p od er rund em s; h und z haben d urchgezogene Schleifen an d en Unterbögen [...] [und ] d as wie geknüpft wirkend e e“; ebd., 84- 85).
21 Die in mittelalterlichen Hand schriften nur spärlich genutzte Frakturschrift wurd e u. a. zur gezielten Akzentuierung bestimmter Passagen als Auszeichnungsschrift (z. B. für Überschriften) verwend et (vgl. Schneid er 2009, 80-81).
22 Bei Kern fehlt der Titel dieser Hofordnung ganz (1907, s. S. 41).
23 Erst ab der H02 ist es m. E. nach sinnvoll, den Terminus 'Paragraf (anstelle des bisher verwendeten Ausdrucks 'Abschnitt') anzuwenden, da erst die H02 durchgängig eine Kontinuität betreffs der abschnittsweisen Anordnung von gliedernden und vor allem inhaltlich zusammenfassenden Überschriften aufweist. In H01 finden sich diesbezüglich nur wenige Ansätze. Der Begriff Paragraf wird mit der Bedeutung „Absatz im Text von [...] formellen Schriftstücken“ benutzt (Duden 1, 2009: [Art.] Paragraf).
24 „Namensunterschrift“ bed eutet, d ass, im Gegensatz zum unterzeichnen od er signieren, d er volle Namenszug unter d as Schriftstück gesetzt wurd e (vgl. Hochedlinger 2009, 159).
25 Die erste Fassung d er Hofordnung (1553) ist auf d er letzten Seite noch mit einem fliegend em Siegel (d. i. ein Siegel, d as auf ein extra Papierblättchen aufged ruckt wurd e, mit d em d as Schriftstück jed och nicht verschlossen wurd e) versehen word en (Hoched linger 2009, 129). Es hand elt sich d emzufolge höchstwahrscheinlich auch um d ie Erstschrift.
26 d ie im Spätmittelalter erst aufkamen, nach 1500 allerdings schon d er mod ernen Schreibweise entsprachen und in H02 und 3 bereits d ie römischen Zahlen abgelöst hatten (vgl. z. B. d ie Finald atierung) (Schneid er 2009, 97).
27 Schreibfehler in Hand Schriften, die vor allem beim Verfassen von Kopien entstand en, waren ein vielfaches Übel: „Schon die mittelalterlichen Autoren und Leser klagten über nachlässige Schreiber und fehlerhafte Kopien“ (Schneid er 2009, 149).
28 Der Bestand an spätmittelalterlichen d eutschen Hofordnungen ist nach Angaben d er Historiker gering: Widd er gibt an, d ass für nur zwei d er vier weltlichen Fürstentümer, nämlich fürd as Herzogtum Sachsen und d ie Markschaft Brand enburg, Hofordnungen aus d er 2. Hälfte d es 15. Jahrhund erts existieren würd en (vgl. 2000, 273). Nach Scholz gab es spätmittelalterliche Hoford nungen in folgend en Territorien (vgl. 2003, 36f.): Kleve (1448), Kursachsen (1456), Bayern-München (1464), Tirol (1466), Kurköln (1469), Kurbrand enburg (1470), Jülich (1479) und Pommern (1487). Es ist zu erkennen, d ass d ie Verzeichnung d er frühen Ord nungen wohl nur unvollständ ig bleiben wird , was d er rein archivalischen Überlieferungsform und d em bisher nur geringen Forschungsinteresse geschuld et ist. Um d en Aussagewert bezüglich Entwicklung und Ausdifferenzierung von Hoford nungen zu erhöhen und zu konkretisieren, wird es unumgänglich sein, d iese frühen Schriftstücke miteinand er zu vergleichen.
29 Eine sächsische Ord nung aus d em Jahre 1456 (d ie von Kern nicht ed iert ist) soll muss nach Aussage von Scholz noch formloser und kürzer gewesen sein als HO1: Sie bestand aus „sieben kurzen Bestimmungen und einer Personalliste (2003, 38). Aber auch aus d em Jahre 1513 find et sich bei Kern eine Hoford nung, d ie ausschließlich eine Personalliste und ein Verzeichnis d er Pferd e (vgl. HO1) beinhaltet und d ie sich auch auf d en Bereich d er Kanzlei bezieht (siehe bei Kern (1907): Hessische Hoford nungen. Hoford nung aus d er Zeit d er Mind erjährigkeit Land graf Philipps I. von Hessen. S. 84- 87.)
30 In HO2 find en sich nur einige wenige Anord nungen bezüglich d er Etikette bei Tisch; siehe d azu § 8 Dienstwartung deß Hoefgesindes (S. 44/ S. 9-11).
31 Der Anhang wurd e bei d ieser Abschrift nicht mit überliefert, im Kontext wird jed och d arauf referiert: haben / wir zu dem Ende, [d er Hoford nung] gewiße Täffe- lein ver= / ferttigen, und die Personen an iegliche / Taffel oder Tische außthei- len laßen (§ 8, S. 75/S. 31).
32 ln HO1 sind wurd e je ein Absatz an d en Kuchenschreiber (Regelung d es Küchenablaufs, wenn d er Herrscher auf Reisen war; S. 32/ S. 8) und an d en Schenken (Zugang zum Keller; S. 32/ S. 8) gerichtet; in HO2 gibt es d ie entsprechend en Paragrafen 23 Niemandtjn Kuche und /Keller zulassen und § 24 Zuschlissung Kuchen und Keller (S. 49/ S. 24- 25).
33 Kern: „verferttigten“; S. 74.
34 Kern: „Küchenord nung“; S. 74.
35 Fürd en Bereich d er Sächsischen Ord nungen führt Kern d ie Frauenzimmerord nung d es Herzogs Moritz von Sachsen aus d em Jahre 1541 an. Obwohl hier bereits eine textliche Trennung zur Hoford nung vollzogen war, nimmt Kurfürst August d ie Dienstwartung d es Frauenzimmers als eigenen Paragrafen mit in d ie HO2 auf (§ 10, S. 44/S. 11); d ieserjed och regelt in nur zwei Sätzen, wer fürd ie Aufwartung verantwortlich zu sein hat und stellt somit wed er einen Ersatz noch eine Wied eraufnahme d er Frauenzimmerord nung d ar.
36 Je mehr Inhalte aus d en Hofordnungen in d ie jeweiligen Einzelord nungen ausgeglied ert wurd en, d esto effektiver konnten die Hoford nungen auf ihren eigentlichen Wesenskern hin ausgestaltet werd en, d er sich gut in folgend en Worten beschreiben lässt: „d ie Aufford erung an d as Hofgesind e, d en Gottesd ienst und d ie Pred igten regelmäßig zu besuchen, Bestimmungen zur Vermeid ung von Streit unter d em Hofgesind e bzw. zur Bestrafung von Übeltätern unter d en Bed iensteten, 'Dienst d er Aufwartung'd er unmittelbaren persönlichen Bedienstetenschaft d es Fürsten, ihr Verhalten im kurfürstlichen Gemach od er an d er Tafel“ (Scholz 2003, 54).
37 D. Willoweit bestätigt das Element der Normativität , indem er nach eingehender Analyse verschiedenster Verwaltungsordnungen frühneuhochdeutschen Zeit (u. a. auch der mecklenburgischen Hofordnungen von 1524- 1642) resümiert: „Diesem Quellenbefund ist mit Sicherheit zu entnehmen , daß [sic] die Verwaltung des frühneuzeitlichen Obrigkeitsstaates bereits weitgehend auf normativen Grundlagen beruht und ohne diese nicht zu verstehen ist“ (1983 , S. 294).
38 Besonders hervorzuheben sind hier die Ausführungen von Paravicini (1999 , 15) , Milos Vec (1999 , 43-53) , Sommer (1997 , 75-78) , Widder (2004 , Sp. 685687) und Ahrens (1991, Sp. 74- 76).
39 M. Vec benutzt den Terminus „Modus der Normentstehung“ (1999 , 60); hierbei geht es um ein recht komplexes und weites Themenfeld , das sich auf gesamtgesellschaftliche Phänomene in sozialen , wirtschaftlichen und kulturell-gesellschaftlichen Lebensbereichen erstreckt.
40 Dieser Prozess der immer wieder als pragmatisch bezeichneten Entwicklung verdeutlicht , dass es sich eben nicht um abstrakte , sondern um (fast) ausschließlich situative Regelungen handelt (vgl. Scholz 2003 , 40).
41 Hofstaatsverzeichnisse werden in der Literatur oft auch als Personal- und Besoldungslisten bezeichnet und sind „Verzeichnisse , die in Form einer Liste das Personal des Hofstaats oder eines Teils des Hofstaats aufführen. Angegeben kann dabei die Funktion , der Name des Funktionsträgers und die Besoldung sein - 'erzählend beschreibende' Elemente treten im Vergleich zu den Hofordnungen in den Hintergrund und spielen keine wichtige Rolle“ (Wührer 2011, 45). Sie wurden im Laufe der Zeit mehr und mehr von den Hofordnungen entkoppelt und gelten aber zugleich als „die quellengenetische Wurzel“ (ebd. , 44) der Hofordnungen (vgl. ebd.). (Der Terminus Hofstaatsverzeichnis geht auf die Herausgeber der ÖZV (Österreichische Zeitschrift für Volkskunde) zurück; vgl. ebd.)
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