Diplomarbeit, 1995
138 Seiten, Note: 2,1
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Ein erster Problemaufriß: Today is the day - der Tag des Umbruchs
1.2 Zielsetzung der vorliegenden Arbeit und Vorgehensweise
1.3 Zur Materiallage
1.4 Das Schlagwort von der "Beispiellosigkeit" der Integration der NVA in die Bundeswehr - Einführende Worte zur Einordnung des Integrationsprozesses in den Deutschland- sowie in den ost-west-politischen Kontext
2 Hauptteil
2.1 Ein Blick zurück in die jüngere deutsche Geschichte: Der Aufbau deutscher Streitkräfte und die West- bzw. Ostintegration nach dem Zweiten Weltkrieg als Vergleichsmaßstab und als historischer Hintergrund für den Aufbau der Bundeswehr-Ost und die Integration der NVA in die Bundeswehr
2.1.1 Die alliierte Politik der Entmilitarisierung Deutschlands
2.1.2 Außen- und innenpolitische Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für den Aufbau der Bundeswehr und der NVA bzw. für die West- und Ostintegration
2.1.2.1 Die Remilitarisierung im Westen Deutschlands...15 2.1.2.2 Die Haltung der politischen Opposition und weiter Kreise der deutschen Bevölkerung zu Wiederbewaffnung und Westintegration vor dem Hintergrund der psychologischen Auswirkungen der Diskreditierung des deutschen Militärs und der Entmilitarisierung
2.1.2.3 Die Remilitarisierungspolitik in der SBZ/DDR
2.1.2.4 Aufbau von Bundeswehr und NVA mit Hilfe von ehemaligen Wehrmachtsoffizieren
2.1.2.5 Einpassung der Bundeswehr in die Demokratie der Bundesrepublik - Abkehr vom unglückseligen Phänomen der Armee als "Staat im Staate" / insbesondere: Die Integration der Bundeswehr in Staat und Gesellschaft - Das Leitbild des "Staatsbürgers in Uniform"
2.1.2.6 Stellung und Funktion der NVA im SED-Staat
2.1.2.7 Traditionsverständnis in der Bundeswehr und in der NVA
2.1.2.7.1 Allgemeines zur militärischen Tradition in Deutschland
2.1.2.7.2 Bundeswehr und Tradition
2.1.2.7.3 Das Verhältnis der NVA zur deutschen Militärtradition
2.1.2.8 Das Feindbild in der Bundeswehr und in der NVA
2.1.2.8.1 Das Bild vom "potentiellen Gegner" und die Vorstellung von der "Bedrohung aus dem Osten" in der Bundeswehr
2.1.2.8.2 Zum Feindbild in der NVA
2.1.2.8.2.1 Sozialistische Wehrerziehung und Definition des Feindbildes
2.1.2.8.2.2 Die Haltung der DDR-Kommunisten zur Zulässigkeit des Krieges als Mittel der Politik sowie zum Pazifismus
2.1.3 Zwischenbilanz
2.2 Die Durchschlagung des Gordischen Knotens mit der Auflösung des Ost-West- Gegensatzes und die dadurch mögliche Wiederherstellung der deutschen Einheit
2.2.1 Außenpolitische Rahmenbedingungen - Verquickung der deutschen Frage mit dem Ost-West-Konflikt
2.2.2 Einbindung des wiedervereinigten Deutschlands in der atlantischen Allianz und Reduzierung der Stärke der Bundeswehr als Kernpunkte des militärischen Status Gesamtdeutschlands
2.2.3 Zwischenbilanz
2.3 Hatte sich die NVA in und nach der politischen Wende selbst zukunftsfähig gemacht?
2.3.1 Allgemeine Betrachtungen
2.3.2 Rolle der NVA bei Einleitung der Wende in der DDR
2.3.3 Zur Militärreform in der NVA in der Zeit zwischen Wende und Wiedervereinigung
2.3.4 Neuvereidigung der NVA-Angehörigen am 20. Juli
2.3.5 Zwischenbilanz
2.4 Zur in Deutschland geführten Diskussion über die Grundsatzfrage einer Wiedervereinigung auch im militärischen Bereich und den entsprechenden Entscheidungsprozessen
2.4.1 "Ein Staat - zwei Armeen": Das Scheitern eines Denkmodells für eine fortbestehende NVA in einem wiedervereinigten Deutschland
2.4.2 Die gesamtdeutsche Diskussion über die Aufnahme von NVA-Angehörigen in die Bundeswehr
2.5 Die Integration von (lediglich) einigen wenigen tausenden Soldaten aus der NVA - dennoch eine Mammutaufgabe für die Bundeswehr77 2.5.1 Allgemeine Betrachtungen
2.5.2 Einzelprobleme bei der Durchführung der Integration
2.5.2.1 Übernahme von Wehrmaterial und Einrichtungen der NVA
2.5.2.2 Probleme der Inneren Führung/Politische Bildung in der Bundeswehr für ehemalige NVA-Angehörige
2.5.2.3 Verhältnis zwischen Soldaten aus Ost und West in der Bundeswehr
2.5.2.4 Psychosoziale Auswirkungen der Integration
2.4.2.5 Akzeptanz der Bundeswehr in den neuen Bundesländern
2.5.2.6 Legitimationsprobleme der Bundeswehr/Notwendigkeit einer Neudefinition des Auftrages der Bundeswehr nach Ende des Kalten Krieges?
2.5.2.7 Mittelfristiges Ende der allgemeinen Wehrpflicht?
3 Schlußbetrachtung
3.1 Bilanz
3.1.1 Allgemeine Betrachtungen
3.1.2 Fähigkeit zur Brücken- und Scharnierfunktion zu den Armeen des ehemaligen Ostblocks als Beispiel für das Vorhandensein auch immaterieller Mitbringsel der in die Bundeswehr integrierten NVA-Soldaten
3.2 Ausblick
3.2.1 Allgemeine Betrachtungen
3.2.2 Beispielhaftigkeit der Integration der NVA in die Bundeswehr - etwa im Sinne eines Orientierungspunktes für eine koreanische Wiedervereinigung?
3.2.3 Abwarten auf ein "endgültiges" Urteil der Geschichte
Literaturverzeichnis
Verzeichnis der benutzten Literatur
Auswahl weiterer einschlägiger Literatur
Auswahl einschlägiger Zeitungen und Zeitschriften
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anm.: Im Hinblick auf sonstige Abkürzungen wird auf den Duden verwiesen.
"Am 2. Oktober 1990 abends haben die Wachen und Tagesdienste in Uniform der Bundeswehr aufzuziehen." "Am 2. Oktober 1990, 24.00 Uhr, endet die Befehlsgewalt der zentralen Führung der Nationalen Volksarmee und geht ab 3. Oktober 1990, 00.00 Uhr an den Bundesminister der Verteidigung über." Dies ist ein Auszug aus dem den "normalen Akt der Deaktivierung der Nationalen Volksarmee"1 anordnenden Befehl des Ministers für Abrüstung und Verteidigung (MfAV) der DDR vom 21. September 1990.
"... Dort warteten bereits der alte Stabschef, der alte Regimentskommandeur und die anderen NVA-Offiziere, alle noch in ihrer alten Uniform. Zögernd stellte man sich einander vor, die Ordonnanz brachte Sekt, die Offiziere der beiden Armeen prosteten sich zu, und wie das so ist, wenn 25 Leute sich vorstellen, wurde es Mitternacht. Die Westoffiziere stimmten die Nationalhymne an, einige NVA-Offiziere summten Bruchstücke des fremden Liedes mit, meist mußte ein Lalala den Text ersetzen, andere blieben still. Punkt 24:00 Uhr nahmen die Wachen in der neuen Uniform am Kasernentor Aufstellung. Am nächsten Tag ließ der Kommandeur aus dem Westen die 1400 Soldaten in der neuen Uniform zum Appell antreten und stellte sich als neuer Kommandeur vor. "Wegtreten zum Umziehen - in neuer Uniform melden in 20 Minuten", hieß der Tagesbefehl."2
Was war geschehen? So oder so ähnlich hatte sich die Übernahme von NVA-Standorten durch die Bundeswehr am 2./3.Oktober 1990 in den Kasernen der ehemaligen DDR-Streitkräfte konkret abgespielt. Der ehemalige NVA-Major Günter Jehmlich, in der Bundeswehr ebenfalls als Major (also nicht wie viele seiner alten Kameraden aus der NVA um einen oder zwei Dienstgrade herabgestuft) S 3 Stabsoffizier, erzählte, wie er die Übernahme seiner Einheit im sächsischen Marienberg durch die Bundeswehr erlebte. Es handelt sich hier also um einen Bericht eines am Prozeß der Integration der NVA in die Bundeswehr direkt und aktiv Beteiligten.
Das "zentrale Ereignis" der deutsch-deutschen militärischen Vereinigung in der Nacht vom 2. Zum 3. Oktober 1990 fand in Strausberg statt. Der "Spiegel" berichtete darüber: "Die "Veranstaltung" zur "Übernahme" der Nationalen Volksarmee der DDR, so der vertrauliche Vermerk an Verteidigungsminister Gerhard Stoltenberg, 'sollte in kleinem Rahmen und so schlicht wie möglich gehalten werden'. Es dürfe, mahnte Protokollchef Oberst Christoph von Plato, auch 'nicht annähernd der Eindruck einer 'Siegesfeier' entstehen'. Das war dem sonst so drögen Bundeswehr-Vorsteher Stoltenberg doch zu
schlicht: Im Hauptquartier der bisherigen Ost-Streitkräfte in Strausberg bei Berlin mußten die Militärmusiker am Mittwoch voriger Woche erst einmal 'Freude schöner Götterfunken' blasen."3
Es war wohl in der Tat ein seltenes, in der Euphorie des Augenblicks von vielen sogar als beispiellos empfundenes Ereignis,4 daß ein Verteidigungsminister eine wenn auch niemals als "Feind" im eigentlichen Sinne betrachtete, aber aufgrund der realen Gegebenheiten des Kalten Krieges doch zumindest den Status eines potentiellen Gegners innehabende Armee in seine eigenen Streitkräfte übernehmen konnte (zunächst jedenfalls sogar komplett), ohne daß auch nur ein einziger Schuß fiel. Die Gefühlslage bei den scheinbaren oder tatsächlichen Siegern aus der Bundeswehr war offenbar geteilt. Es gab sicher auch viele, die der Einreihung der neuen Kameraden mit nur mäßiger Begeisterung gegenüberstanden.5 Die Freude in den Augen derjenigen West-Offiziere, die von der Vereinigung gar mit vaterländischer Begeisterung erfüllt waren, wurde wohl kaum dadurch getrübt, daß man das Ereignis der Nacht vom 2. zum 3. Oktober im NVA-Jargon als "Trauerfeier" bezeichnete6 - wohl nicht ganz ohne Grund, denn es wurde zwar auf die deutsche Einheit gefeiert, aber gleichzeitig bedeutete dies, daß die NVA als Organisation gefeuert wurde und dieses Schicksal vielen einzelnen NVA-Soldaten in der näheren Zukunft noch bevorstehen sollte.
Problematisch war aber, daß man, was die Andeutungen des Oberst v. Plato wohl implizierten, als Angehöriger der alten Bundeswehr auch dann keine Siegesfreude offen zeigen sollte (wohl nicht nur der reinen Höflichkeit wegen), wenn man dergleichen Gefühle empfand. Noch problematischer war, daß, wie zuvor angedeutet, die ganze Problematik der Vereinigung von Bundeswehr und NVA vor allem die Bundeswehr in zwei Lager gespalten hatte.7 Von dieser merkwürdigen, fast paradoxen "Spaltung" war demgegenüber die NVA allenfalls ansatzweise betroffen; fast alle Angehörigen dieser ehemaligen SED-Parteiarmee waren paradoxerweise dazu entschlossen, geschlossen zum ehemaligen Feind überzulaufen.8 Auf das, was im einzelnen unter den Helmen9 all dieser deutschen Soldaten der gleichen Sprache,10 aber durchaus unterschiedlicher politischer Couleur (ursprünglich jedenfalls - also vor der deutschen Einheit und der politischen Wende in der DDR) vorgegangen war, wird im Verlauf dieser Arbeit immer wieder zurückzukommen sein.
Der Mensch in unseren Tagen neigt ein wenig zur Vergeßlichkeit (manchmal auch zur unbewußten oder gar bewußten Verdrängung) und wird leicht von anderen Ereignissen, die in den Vordergrund des Tagesgeschehens rücken, abgelenkt. Man muß aber einmal versuchen, sich noch einmal die langen Jahre des Kalten Krieges richtig zu vergegenwärtigen, um sich über die Unglaublichkeit des Vorganges des Verschwindens der NVA klar zu werden. Beiderseits der den sichtbarsten Teil des Eisernen Vorhanges bildenden innerdeutschen Grenze standen sich Bundeswehr und NVA gegenüber, um im Ernstfall aufeinander scharf zu schießen. Zusammen mit den jeweiligen Alliierten aus NATO und Warschauer Pakt handelte es sich bei den diesseits und jenseits der deutsch-deutschen Grenze massierten Streitkräften um die stärksten Truppenkonzentrationen auf der ganzen Welt. Beiden deutsche Staaten stellten die jeweils zweitstärksten Militärkontingente in ihren Militärbündnissen, übertroffen nur durch die jeweiligen Supermacht USA bzw. UdSSR. Die Nationale Volksarmee war eine der am besten ausgebildeten Armeen der Warschauer Vertragsorganisation. Sieht man einmal von sowjetischen Elite- und Spezialverbänden ab, galt die NVA auch als die weitaus professionellste Streitmacht des ganzen Warschauer Paktes. Die gravierenden Veränderungen im Ost-West-Verhältnis sollten jedoch auch die deutschen Streitkräfte weder hüben noch drüben unberührt lassen. Für die der Bundeswehr und erst recht den Soldaten der NVA bevorstehenden Veränderungen war das Wort "Umbruch" sicher nicht zu stark.
Vor dem Hintergrund der Geschichte, die Deutschland übel mitspielte, nachdem Deutschland (oder zumindest diejenigen, die in Deutschland das Sagen hatten) Ähnliches mit der halben Welt getan hatte, erschien in der Tat alles fast wie ein Traum oder ein Märchen - oder aber eher wie ein Albtraum (je nach der politischen Perspektive des Betrachters). Aber alles war wahr. Apropos Märchen - daß die ehemaligen potentiellen Gegner, Klassenfeinde, oder wie auch immer man sie bezeichnen mag, zusammen feiern und Sekt trinken, erinnert ein wenig an eine Begebenheit, die sich der Sage nach im Reich der Mitte abgespielt haben soll. Generalleutnant Werner v. Scheven, der am 16. April 1991 eine Stelle als Kommandierender General und Befehlshaber des Korps und Territorialkommandos Ost in Potsdam antrat, stellte seinen Ausführungen zur Vereinigung der ehemals feindlichen deutschen Armeen folgendes Gleichnis voran: "Von einem alten chinesischen Kaiser wird berichtet, daß er das Land seiner Feinde erobern wollte. Später sah man ihn mit seinen Feinden speisen und scherzen. 'Wolltest du nicht die Feinde vernichten?' fragte man ihn. 'Ich habe sie vernichtet', gab er zur Antwort, 'denn ich mache sie zu meinen Freunden!"11
Die Konstellationen bei der Integration der NVA in die Bundeswehr waren etwas anders und auch um einiges komplizierter. Es war auch keineswegs so, daß Angehörige der Bundeswehr und der Nationalen Volksarmee einfach nur als Deutsche zusammenkamen, um eine unverbrüchliche deutsch-deutsche Waffenbrüderschaft zu begießen. Vielmehr steckte hinter den Feiern viel an Ernst des Lebens. Aber General v. Scheven, als dessen private Interessengebiete Geschichte, Politik und Sozialwissenschaften angegeben werden,12 hat die schon allein vom literarischen Gesichtspunkt aus betrachtet einfach sehr schöne Geschichte aus dem alten China ja auch nur als Gleichnis seinen Ausführungen zur hochaktuellen und hochpolitischen (gleichzeitig jedoch leider weniger schöngeistigen) Integrationsproblematik vorangestellt.
Schon allein in sprachlicher Hinsicht ist es hochinteressant, welche reichhaltigen Möglichkeiten die deutsche Sprache zur Beschreibung des Vorganges der "Integration der NVA in die Bundeswehr" bereithält: Nachfolgend eine Auswahl (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) einer Reihe nuancenreiche Bedeutungsunterschiede aufweisender Termini: Zusammenwachsen/ Zusammenführung/ Zusammenlegung/ Verschmelzung/ Amalgami- sierung von NVA und Bundeswehr; Zusammenfügen und Verkleinern; Umbau und Redu- zierung der Streitkräfte in Ostdeutschland; Einbau/ Einfügen/ Eingliederung / Integration der NVA in die Bundeswehr; Übernahme der NVA durch die Bundeswehr; Kapitulation und Auflösung der NVA; Verschwinden der NVA; Bundeswehr schluckt NVA.
Bereits die ziemlich große Bandbreite an Ausdrücken zur Beschreibung dieses Vorganges läßt erahnen, daß es sich bei dieser im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit stehenden Integrationsproblematik um einen ziemlich komplexen und komplizierten Gesamtprozeß einer Reduzierung, Umstrukturierung und Eingliederung handelt, der im Hinblick auf die politische Beurteilung ein hohes Maß an Konfliktstoff enthält. Autoren der gleichen Sprache, aber durchaus unterschiedlicher politischer Couleur, machen sich den Nuancenreichtum der deutschen Sprache zunutze, um auch dem politisch unbedarftesten Leser Denkanstöße in die richtige Richtung zu geben. Die sich mit der Problematik Auseinandersetzenden lassen sich bei der Auswahl der Terminologie neben ihrem Sprachgefühl also offensichtlich vor allem davon leiten, wie sie den deutschen Wiedervereinigungsprozeß im militärischen Bereich bewerten bzw. wie das Publikum ihn tunlichst werten soll. Bereits die Auswahl der entsprechenden Ausdrücke kann mithin verraten, wes Geistes Kind der jeweilige Verfasser ist.
Im wesentlichen gibt es drei Möglichkeiten zur politischen Beurteilung des Vorganges der Integration der NVA in die Bundeswehr:
a) Eine vom Glücksgefühl der Wiedervereinigung offensichtlich nicht unberührt gebliebene Ansicht, wie sie z.B. von diesen Glücksrausch mitprägenden Politikern wie Bundeskanzler Helmut Kohl vertreten wird. Als der Bundeskanzler Ende Juli 1993 den neu aufgestellten Einheiten im Ostteil Deutschlands seinen ersten Truppenbesuch abstattete, zog er eine sehr positive Zwischenbilanz. Anerkennend meinte er zu der Einbeziehung vieler ehemaliger Soldaten der NVA, es stelle in der jüngeren Geschichte Deutschlands einen beispiellosen Vorgang dar, wie "Gegner von einst zu Kameraden" geworden seien. Diese vorbildliche Leistung sei eines der erfolgreichsten Kapitel des deutschen Einigungsprozesses.13
Bundesverteidigungsminister Rühe resümierte bei einem Festakt anläßlich einer Kommandaturtagung, der Bundeswehr, die von Anfang an die besondere Herausforderung für ihre Aufgabe im Einheitsprozeß begriffen und danach gehandelt habe, sei der vorher als unmöglich angesehene Versuch gelungen, aus zwei sich noch vor wenigen Jahren feindlich gegenüberstehenden Armeen eine Einheit zu formen. Damit sei sie zu einem wichtigen Baustein bei der Wiedererrichtung des gemeinsamen deutschen Hauses geworden.14 Bei einer späteren Gelegenheit (Rede am 18.06.1993 im Deutschen Bundestag) meinte Rühe, im menschlichen Miteinander seien die größten Fortschritte gemacht worden. Soldaten und zivile Mitarbeiter machten täglich ernst damit, die Teilung durch Teilen zu überwinden; die Armee der Einheit sei für sie kein leeres Wort.15
b) Im Grundtenor ebenfalls positiv, dennoch um einiges zurückhaltender und sehr diplomatisch hatte sich Generalleutnant von Scheven geäußert, als er auf die Relativität des Erfolges oder Mißerfolges der Integrationsbemühungen hinwies: "Gemessen an den hochgesteckten Zielen können wir keinen Tag zufrieden sein, denn es gibt noch viele Hindernisse auszuräumen. Gemessen an der Schwere der Aufgaben können wir aber mehr als zufrieden sein. "16
c) Weitaus kritischere Autoren ziehen eine negative oder gar vernichtende Gesamtbilanz. Anknüpfend an Äußerungen des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Alfred Biehle, welcher auf einer Tagung in Strausberg von einer "Mauer in den Köpfen, die wieder wächst" sowie von "sozialpolitischem Zündstoff" gesprochen hatte, ging Arnhold so weit, die Schlußfolgerung zu ziehen, hinsichtlich der Eingliederung der Bundeswehr in die NVA habe man den Tag vor dem Abend gelobt.17 Der ehemalige NVA-Offizier Wenzel ging sogar davon aus, daß die militärische Vereinigung der beiden deutschen Armeen nie stattgefunden habe, sondern lediglich "Bestandteil von Sonntagsreden mancher Politiker"sei und die "Feuilleton-Seiten bestimmter Zeitschriften" ziere. Zwar seien von der NVA Waffen und Gerät sowie Liegenschaften übernommen worden, jedoch sei ihr die Struktur der Bundeswehr übergestülpt worden; die in die Bundeswehr integrierten ehemaligen Soldaten der NVA hätten sich nach deren Bestimmungen zu richten. Es habe mithin keine Vereinigung, sondern eine Vereinnahmung stattgefunden.18
Es mag sein, daß der Begriff "Integration" eher positiv konnotiert ist. Die für die Themenstellung der vorliegenden Arbeit gewählte Formulierung "Integration der NVA in die Bundeswehr" beinhaltet demnach bereits eine Wertung im Sinne einer jedenfalls tendenziell positiven Betrachtungsweise dieses Vorganges, was auch im Kontrast zu den oben dargestellten weiteren Ausdrucksmöglichkeiten zur Beschreibung dieses Vorganges deutlich wird. Dennoch soll bereits an dieser Stelle betont werden, daß damit noch keine abschließende Wertung vorgenommen bzw. vorweggenommen sein soll. Im Hinblick auf eine Wertung würde sich der Verf. am ehesten der oben erläuterten "Relativitätstheorie" v. Schevens anschließen wollen. Klar ist offenbar, daß jetzt, im fünften Jahr des wiedervereinigten Deutschlands, in dem inzwischen nach allerlei Rückschlägen nicht nur im wirtschaftlich-finanziellen, sondern wohl auch im menschlichen Bereich, wohl auch die
allermeisten konsequenten Verfechter einer Wiedervereinigungspolitik nüchtern vom Glücksrausch der deutschen Einheit geworden sind, kaum von einem uneingeschränkten Gelingen des Einigungsprozesses im allgemeinen und des NVA-Integrationsprozesses im besonderen gesprochen werden kann. Aber wie gesagt, man kann darüber streiten - zumal in einer Demokratie; der Leser möge sich anhand des gelieferten Tatsachen- und Meinungsmaterials auch selbst der Aufgabe einer Bewertung unterziehen.
Angestrebt wurde, einerseits den Blick für Gesamtzusammenhänge zu wahren und andererseits auch Details nicht aus dem Auge zu verlieren, ohne allerdings der Illusion zu verfallen, eine auch nur einigermaßen vollständige Gesamtübersicht über die ganze Bandbreite der mit der Integrationsproblematik zusammenhängenden Problemkreise geben zu können und auch wohlwissend, daß nur einigen wenigen Spezialproblemen hinreichend tief auf den Grund gegangen werden kann. Diese Arbeit will und kann also keine in alle mit dem Thema zusammenhängende historische Einzelheiten gehende Untersuchung sein. Vielmehr wird die Vorgehensweise insoweit beschränkt, als lediglich einzelne politologisch relevante Problemkreise näher behandelt werden, wobei auch insoweit kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wird. Die Darstellung historischer Fakten soll in erster Linie dem Verständnis des Gesamtzusammenhanges dienen.
Der oben vorangestellte Problemaufriß sollte als Einführung in die Thematik dienen; mit den im Vergleich zu dem etwas trockenen Text des MfAV vom 21. September 1990 wohl etwas plastischeren Schilderungen der Vereinigungsfeier sollte über die bloße Vermittlung des tatsächlichen Geschehens hinaus ein wenn auch nur sehr winziger Einblick in die überaus verworrene, z.T. offen zum Ausdruck kommende, z.T. offensichtlich unterdrückte Seelen- und Gefühlslage der Beteiligten eröffnet werden - ohne jedoch allzu selektiv in eine rein psychologisch-sentimentale Analyse gehen zu wollen.
Dargelegt werden soll später u.a. auch, daß die Bundeswehr von der NVA nicht nur Unmengen von für ihre Zwecke nur zum Teil verwertbarem Material übernommen hat. Vielmehr haben die in die Bundeswehr übernommenen NVA-Soldaten - neben ihrer Person selbst, die sie naturgemäß den Gegebenheiten im Soldatenleben der Bundeswehr anpassen - durchaus auch einige gewichtige immaterielle Mitbringsel einbringen können, die der alten Bundeswehr gewissermaßen eine neue Qualität verleihen.
Bedingt durch die Themenstellung dieser Arbeit ist der Untersuchungszeitraum im Grundsatz auf die Jahre 1989-1994 begrenzt worden. Wo es jedoch zweckmäßig erschien, wurden auch dieser Zeitspanne vorausgehende Entwicklungen überblicksmäßig dargestellt (insbesondere beim Versuch, Parallelen zum Aufbau deutscher Streitkräfte im Zuge der West- bzw. Ostintegration nach der dem Zweiten Weltkrieg zunächst folgenden Entmilitarisierungsperiode aufzuzeigen); an einigen Stellen wurde auch auf mögliche zukünftige Entwicklungen eingegangen. Es soll also auch versucht werden aufzuzeigen, daß die Integration der NVA in die Bundeswehr keineswegs als isoliert von der deutschen Nachkriegsgeschichte verlaufender Prozesß zu betrachten ist, sondern vielmehr im deutschland- und zu einem beträchtlichen Teil auch im weltpolitischen Kontext mindestens seit 1945 (und z.T. noch weiter zurück) gesehen werden kann. Bei der Betrachtung des Prozesses der Integration der NVA in die Bundeswehr diese geschichtlichen Hintergründe zu ignorieren würde stark vereinfacht bedeuten: Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen.
Ganz konkret soll versucht werden, Folgendes aufzuzeigen: Ein Vergleich mit den innen- und außenpolitischen Rahmenbedingungen beim Aufbau deutscher Streitkräfte im Rahmen der West- bzw. Ostintegration veranschaulicht, daß bei der Integration der NVA in die Bundeswehr unter z.T. ähnlichen politischen Konstellationen z.T. recht ähnliche Probleme gelöst werden mußten. Insbesondere soll auch die These von der “Beispiellosigkeit” der Integration der NVA in die Bundeswehr wenn schon nicht direkt (absolute Parallelen in der Geschichte gibt es nicht), so doch zumindest relativiert werden. Nicht nur im Hinblick auf die historischen Zusammenhänge sollte man davon absehen, die Integrationsproblematik isoliert zu sehen. Sie ist auch von der Thematik verwoben mit einer ganzen Fülle von Fragestellungen für die neue gesamtdeutsche Bundeswehr, u.a. mit dem Prozeß der Reduzierung und Umstrukturierung.
Wo es sinnvoll erscheint, soll also über den engen Tellerrand des aktuellen deutschlandpolitischen Kontextes hinaus in historischen und/ oder in internationalen Zusammenhängen analysiert werden. Mitunter wird dieser Blick über den Tellerrand auch Entwicklungen (tatsächlicher oder hypothetischer Art) in Ostasien, insbesondere in den nach den Umbrüchen des Zweiten Weltkrieges ebenfalls vom Schicksal der Teilung betroffenen Ländern Vietnam und Korea kurz andeuten. Einer allzu engen Sichtweise der Dinge kann demgegenüber entgegengehalten werden, daß Europa wohl kaum mehr als Nabel der Welt zu betrachten ist, sondern im Grunde genommen doch nur den Westzipfel Asiens darstellt.
Über Mangel an Literatur zum Thema, zumal an aktuellem Schrifttum, kann nicht geklagt werden. Einige Kommandeure haben ihre Erfahrungen aus der Zeit der Bundeswehr-Ost in Tagebüchern und Aufzeichnungen festgehalten, Aufsätze veröffentlicht oder Interviews gegeben. Diese Berichte und Kommentare vermitteln über den militärischen Bereich hinaus Einblicke in den Alltag des schwierigen Einigungsprozesses und können so als ungewöhnliche Dokumente neuester Geschichte gelten.19
Auch wurden in die Literaturliste Berichte und Kommentare von an den damaligen Entscheidungsprozessen maßgeblich beteiligten Politikern aufgenommen (bzw. Interviews mit solchen Politikern). Einige Politiker wie der ehemalige DDR-Staatssekretär Ablaß20 haben sich lobenswerterweise sogar die Zeit genommen, ihre Erinnerungen und Ansichten in Form eines Buches zu Papier (und auch auf den Markt) zu bringen.
In den militärischen Fachpublikationen nahm die Diskussion über die Zukunft der NVA und deren mögliche Integration in die Bundeswehr in einem wiedervereinten Deutschland einen breiten Raum ein. Auch in den Massenmedien kam die Integrationsproblematik keineswegs zu kurz, obwohl sie im ganzen Trubel der deutschen Wiedervereinigung vor allem für die nicht direkt Beteiligten - also den meisten Zivilisten - sicher nicht nur eine Art Nebenkriegsschauplatz war. Die Berichte vor allem in den Tages- und Wochenzeitungen spiegelten den jeweiligen Stand des militärischen Wiedervereinigungsprozesses eindrucksvoll wider. Einige kritische Kommentare, insbesondere wenn der jeweilige Verfasser eine Extremposition bezog, haben zur Lebendigkeit und Meinungsvielfalt der aktuellen Diskussion beigetragen und den Verlauf dieser Diskussion auch entscheidend mitgeprägt bzw. entscheidende Impulse dazu gegeben. So löste ein in der FAZ erschienener Beitrag von Günther Gillessen21 nicht nur eine Flut von Leserbriefen aus, sondern er regte auch die Diskussion in der Fachpresse an.22
Jedermann weiß, daß die Nachrichten über den Fall der in vielen Ländern fast als Touristenattraktion angesehenen Berliner Mauer und die Wiederherstellung der deutschen Einheit um die ganze Welt gingen. Die Völker der Welt haben aber nicht nur auf Berlin beim spektakulären Fall der Berliner Mauer geschaut,23 sondern das Interesse im Ausland bezog sich durchaus auch auf der Wiederherstellung der Einheit folgende vereinigungsbedingte Sonderfragen oder immer noch bestehende Unterschiede - z.B. die “Mauer in den Köpfen” der Menschen in Ost und West.24 Auch die Verschmelzung der beiden deutschen Armeen blieb von den aufmerksamen Blicken der Weltöffentlichkeit nicht verschont. Der nicht nur innen- sondern auch außenpolitischen Sensibilität der Integration der NVA in die Bundeswehr entsprach es vielmehr, daß vor allem in den Nachbarländern Deutschlands und in den Massenmedien der gegen Deutschland verbündeten Nationen dieser Vorgang mit einem lebhaften Interesse aufgenommen wurde - vor allem (jedoch nicht ausschließlich) in den militärischen Fachzeitschriften.25
Auf eine systematische Auswertung ausländischen Materials wurde hier jedoch weitgehend verzichtet, da es den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Damit sei jedoch nichts Negatives über den Wert einer solchen Auswertung gesagt - sicherlich wäre es hochinteressant, eine international vergleichende oder auch nur länderbezogene Studie zur Betrachtung und Bewertung des Vorganges der Integration der NVA in die Bundeswehr vorzunehmen. Eine allerdings ziemlich diffizile Aufgabe und zugleich auch fast eine Sisyphusarbeit, denkt man nur daran, daß Material in mehreren Sprachen (zumindest in englischer, französischer und russischer Sprache), welches z.T. auch noch schwer zu beschaffen sein dürfte, ausgewertet werden müßte.
Die einschlägigen Veröffentlichungen (vor allem in der Tagespresse, aber auch in der militärischen bzw. sicherheitspolitischen Fachpresse sowie im Bereich der speziell zur militärischen Integrationsproblematik erschienene Spezialliteratur) sind so zahlreich, daß die im Literaturverzeichnis aufgeführten Titel nicht vollständig sein können. Auch die neben der zitierten Literatur aufgeführte weiterführende Literatur kann also nur den Charakter einer Auswahl haben. Was z.B. die vielen Leserbriefe in Tageszeitungen und Fachzeitschriften betrifft, so handelt es sich sicher größtenteils nicht um wissenschaftliche Literatur im eigentlichen Sinne, jedoch stellen sie zumindest ein reichhaltiges, aussagekräftiges und lebendiges Material für eine wissenschaftliche Auswertung dar, das vermutlich auch in späteren Generationen noch viele einschlägig Interessierte beschäftigen wird.
Viele Deutsche mögen auch Jahrzehnte nach Bildung des Eisernen Vorhanges hoffnungsvoll gedacht haben, daß das Ende der deutschen Teilung nur eine Frage der Zeit sei, man wisse eben nur nicht, wann die ersehnte Stunde komme. Vor der deterministischen Ansicht, daß der Ablauf historischer Ereignisse ähnlich der von Naturereignissen gesetzmäßig bestimmt oder gar vorausgesagt werden könne, soll hier jedoch gewarnt werden. Sicherlich ist im Nachhinein vieles, wenn nicht sogar alles in der Geschichte erklärbar: eine scheinbare oder tatsächliche Zwangsläufigkeit aus der Retrospektive bedeutet jedoch keine Bestätigung für deterministische Auffassungen.
Das Ausmaß der Dynamik, die schließlich zur Überwindung der Teilung Deutschlands und für die Errichtung einer neuen und hoffentlich dauerhaften Friedensordnung n Europa entscheidende Impulse gegeben hat, war für die allermeisten Menschen in Ost und West noch kurze Zeit vor dem symbolträchtigen Fall der Berliner Mauer im November 1989 kaum absehbar.
Die Wiedervereinigung wurde im Westen zwar vierzig Jahre lang als Staatsziel beschworen.26 Aber kaum jemand hat gedacht, daß es praktischen Nährwert haben könne darüber nachzudenken, wie eine solche Wiedervereinigung konkret ablaufen würde und insbesondere was genau sie im militärischen Bereich bedeuten könnte.
Als nach der “unerhörten Begebenheit”27 des Falls der Berliner Mauer die plötzliche Aussicht auf eine staatliche Einheit vor allem die eher in der Zuschauerrolle stehenden Westdeutschen wie ein Blitz aus heiterem Himmel traf, stand man ziemlich konsterniert vor der Tatsache, daß es für den Neuaufbau der Streitkräfte in den neuen Bundesländern und ihre Einbeziehung in die Bundeswehr eben sowenig ein direktes historisches Vorbild gab wie für den Vorgang der deutschen Vereinigung insgesamt.
Vor diesem Hintergrund, daß plötzlich die Geschichte auf die vollkommen unvorbereiteten Deutschen hereinbrach, ist folgende Ansicht (beileibe nicht als Einzelmeinung) anzutreffen.: Bei dem deutsch-deutschen Einigungsprozeß unter besonderer Berücksichtigung der Streitkräfte stehe ein singulärer, historisch in der jüngeren Zeit noch nie dagewesener Fall zur Diskussion. Die Frage, welche geschichtliche Situation als Bezug dienen solle, lasse sich schon wegen dieser Singularität nicht beantworten.28
Ein Atomphysiker mag konsterniert vor der Entdeckung eines neuen Elements stehen; letztlich wird es aber doch gelingen, ein solches noch nie gesehenes Element in das System der Element einzuordnen. Leider vollzieht sich auch der Ablauf historischer Ereignisse bekanntermaßen nicht nach logisch nachvollziehbaren (wenn auch vielleicht komplizierten) Gesetzen wie dies z.B. bei atomphysikalischen Vorgängen der Fall ist. In der Tat wiederholt sich die Geschichte auch nicht. Daher ist die Meinung, die Integration der NVA in die Bundeswehr sei ein beispielloser Vorgang ohne jegliches historisches Beispiel, leicht aufzustellen und zumindest auch nicht direkt widerlegbar.
Man kann versuchen, im internationalen bzw. im historischen Vergleich Parallelen zur Integration der NVA in die Bundeswehr zu ziehen.Als vergleichbar können u.a. die mit der Vereinigung von Nord- und Südstaaten in den USA einhergehende Zusammenlegung der amerikanischen Streitkräfte sowie die Integration österreichischer Soldaten in die Wehrmacht nach 1938 betrachtet werden. Immerhin also eine Vergleichsmöglichkeit, wenn auch trotz gewisser Ähnlichkeiten in wenigen Punkten festzustellen ist, daß die Unterschiede wohl überwiegen. So war die Vereinigung von Nord- und Südstaaten nach dem vorausgegangenen Sezessionskrieg und dem Sieg der Nordstaaten ein rein inneramerikanischer Vorgang, wohingegen bei der deutschen Wiedervereinigung und insbesondere bei der Integration der NVA in die Bundeswehr auch durch die jüngere Vergangenheit entstandene berechtigte Interessen der Siegermächte des Zweiten Weltkrieges im Spiel waren. Außerdem handelte es sich in Amerika nach 5 Jahren der Teilung - verglichen mit der deutschen Nachkriegssituation - um einen historisch sehr kurzen Zeitraum. Im Falle der Eingliederung österreichischer Offiziere in die Wehrmacht war kein vorheriges Freund-Feind-Verhältnis gegeben: außerdem fehlte bekanntermaßen die Komponente der Dauerhaftigkeit. Als dauerhaft kann man fünf Jahre nach der Wiedervereinigung die Integration der NVA in die Bundeswehr zwar auch noch nicht zu bezeichnen, jedoch hat der Integrationsprozeß zu so gefestigten Strukturen geführt, daß insofern wohl keine Zweifel angebracht sind. Jedenfalls wird es wohl bei einer Bundeswehr bleiben, solange die deutsche Einheit fortbesteht (für den Eintritt des Gegenteils sind weder auf innen- noch auf außenpolitischer Ebene Anzeichen ersichtlich).
Bei der Suche nach eventuellen Parallelen (absolute historische Parallelen gibt es natürlich nicht) ist es aber gar nicht einmal unbedingt notwendig, weit ausgreifende Blicke in die Weltgeschichte zu werfen, sondern man kann im deutschlandpolitischen Kontext bleiben. So vollzogen sich der Aufbau der Bundeswehr mit Hilfe von ehemaligen Wehrmachtsangehörigen und über 30 Jahre danach der Bundeswehr in den neuen Ländern zwar unter völlig unterschiedlichen historischen und gesellschaftlichen Bedingungen. Dennoch existieren z.B im Hinblick auf die jeweils zu lösenden Probleme sowie die innen- und außenpolitischen Rahmenbedingungen, unter denen die Aufbau- und Integrationsprozesse jeweils abliefen, einige Parallelen. Dies aufzuzeigen ist eines der Anliegen dieser Arbeit.
"Wer hat mehr Mut als die Germanen? Wer greift mit größerer Gewalt an? Wer liebt leidenschaftlicher die Waffen, mit denen sie gleichsam geboren, in deren Übung sie aufgezogen werden? Diesen allein gilt ihre Sorge, alles andere kümmert sie wenig." Mit diesen Worten charakterisierte ein römischer Geschichtsschreiber seinerzeit die kriegerischen Vorfahren der Deutschen, deren das römische Imperium in seine Schranken weisende Kämpfer in einem gewissen, wenn auch zugegebenermaßen sehr weit gefaßten Sinne die Vorläufer der Soldaten der Reichswehr, Wehrmacht, NVA und Bundeswehr waren.29 Natürlich wird kein Mensch heute ernsthaft behaupten wollen, daß der Volkscharakter der Deutschen durch Kriegslüsternheit geprägt sei. Dennoch wird man nicht völlig darüber hinwegsehen dürfen, daß ein sich über Generationen hinwegziehender preußisch-deutscher Militarismus30 auch auf einer psychologischen Ebene gewisse Spuren hinterlassen hat.
Betrachtet man die Kriegsziele der Alliierten im Kampf mit dem Dritten Reich Hitlers, so wird deutlich, daß die Anti-Hitler-Koalition in der Bekämpfung dieses deutschen Militarismus eine Aufgabe von zentraler Bedeutung erblickte. Die alliierte Deutschlandpolitik wurde in dem Willen, den deutschen Kriegsgegner auf Dauer militärisch auszuschalten, wesentlich von folgenden zwei Gesichtspunkten bestimmt: zum einen von dem Bestreben, militärische Sicherungen dafür zu schaffen, daß die Deutschen nicht nochmals imstande sein würden, ihre europäischen Nachbarn oder gar die ganze Welt zu bedrohen und zum anderen von der Absicht, die Deutschen durch eine langdauernde Entwöhnung von allem Militärischen moralisch umzuerziehen. Bei den Alliierten war teilweise emotional-unreflektiert die Hoffnung lebendig, daß mit der deutschen Militärmacht der einzige friedensbedrohende Aggressor der Kriegsgeist schlechthin niedergezwungen werden könne.31
Beispielhaft ausgedrückt wurde die Zielsetzung der Entmilitarisierung Deutschlands im Abschlußkommuniqué über die Konferenz der “Großen Drei” von Jalta im Februar 1945. Im Abschnitt über die “Besetzung und Kontrolle Deutschlands” war von der unbeugsamen Absicht der Anti-Hitler-Koalition die Rede, “den deutschen Militarismus und Nazismus zu vernichten und die Garantie dafür zu schaffen, daß Deutschland nie wieder in der Lage sein wird, den Weltfrieden zu brechen.” Nur wenn Nazismus und Militarismus ausgerottet seien, bestehe für das deutsche Volk die Hoffnung “auf eine würdige Existenz und auf einen Platz in der Gemeinschaft der Nationen”.32
Die schärfsten Präventionsmaßnahmen hatte der sowjetische Diktator Josef Stalin gefordert. Er wies darauf hin, daß die ganze Schlagkraft der mächtigen Armeen Hitlers von etwa 50.000 Offizieren und Sachverständigen abhänge. Wenn man diese bei Kriegsende festnehme und erschieße, dann sei Deutschlands militärische Kraft für immer gebrochen.33 Denkt man an das brutale Vorgehen sowjetischer Militärs nach der aufgrund des Hitler-Stalin-Paktes von 1939 erfolgten Besetzung Ostpolens (in den Wäldern bei Katyn wurden später Tausende von Leichen erschossener polnischer Offiziere entdeckt), so wird die Ernsthaftigkeit dieses Vorschlages, der von den Westalliierten natürlich nicht weiter verfolgt wurde, klar.34
Unter der Entmilitarisierung war nicht nur die vollständige Demobilisierung der Streitkräfte der deutschen Wehrmacht zu verstehen. Vielmehr ging es den Alliierten um die Austilgung jeglichen militärischen Potentials, sei es auf wirtschaftlich-industriellem (z.B. durch Demontage von Industrieanlagen), sei es auf geistig-ideologischem Gebiet. In den letzteren Bereich fallen sowohl die Kriegsverbrecherprozesse als auch die Entnazifizierung und schließlich die “Reeducation” bzw. “Reorientation” der deutschen Bevölkerung.35
Die westlichen Siegermächte - vor allem die USA - waren an der Einbeziehung Westdeutschlands in das nach dem Zweiten Weltkrieg entstehende Verteidigungssystem der NATO stark interessiert. Als sich die Spannungen zwischen den Westmächten und der Sowjetunion verschärften und spätestens 1948 der Beginn des Kalten Krieges36 nach der Verkündung der Truman-Doktrin klar erkennbar wurde, gewann die Frage deutscher Aufrüstung in den Kreisen vor allem amerikanischer Militärs an Bedeutung.37 Vor diesem Hintergrund war die These des Spiegel-Herausgebers Rudolf Austein “Die neue deutsche Armee wurde nicht begründet, um den Bonner Staat zu schützen, sondern der neue Staat wurde gegründet, um eine Armee gegen die Sowjets ins Feld zu stellen”38 keineswegs völlig aus der Luft gegriffen, wenngleich sie wohl auch nur einen Teil der historischen Wahrheit erfaßt.
Mit dem Übergang zur militärischen Blockbildung wurde eine neue Phase der amerikanischen Außenpolitik eingeleitet, deren Ziel die Eindämung bzw. Zurückdrängung des Kommunismus war. Dabei konnte ein neutrales oder entmilitarisiertes Deutschland kaum in die amerikanische Konzeption des “Roll-back” bzw. der Eindämmung des Kommunismus passen.39 Als geraume Zeit vor Ausbruch des Koreakrieges die ersten Überlegungen hinsichtlich einer deutschen Wiederbewaffnung konkretisiert wurden,40 wird den Amerikanern wohl kaum das Bild einer wenn auch militärähnlichen deutschen Polizeitruppe vor Augen geschwebt haben. Vielmehr konnte in globaler Perspektive nur eine echte westdeutsche Armee das sich immer weiter abzeichnende konventionelle Defizit des Westens gegenüber der Sowjetunion und ihren Satellitenstaaten ausgleichen.
Für die junge Bundesrepublik war im Zeichen des Kalten Krieges eine reale Alternative zur Politik der Westintegration schwer zu finden. Jedenfalls nach Auffassung der Bundesregierung lag eine Politik der Neutralität aus verschiedenen Gründen nicht im (west)deutschen Interesse und schied daher als Handlungsalternative aus. Bundeskanzler Konrad Adenauer lehnte ein neutrales Deutschland ab; vielmehr wollte er die deutsche Frage in einem europäischen Rahmen stellen, um sie von dieser so gesicherten Basis aus später lösen zu können. Er ging davon aus, daß die Bundesrepublik ohne das Vertrauen ihrer Nachbarn im Westen nicht handlungsfähig gegenüber dem Osten (insbesondere der Sowjetunion) hilflos sei.
Folgende Äußerungen Adenauers führen diese Gedankengänge weiter aus: “Nur wenn sich Europa unter Einschluß eines freien Deutschlands bildete, konnte es ein Damm gegen die rote Flut sein. Nur mit einem starken Europa hatten wir auch Aussicht, die Sowjetzone und die Gebiete jenseits der Oder und Neiße für die Freiheit zurückzugewinnen.”41 “Im günstigsten Falle42 würden wir das Vergnügen haben, zwischen sämtlichen Stühlen auf dem nackten Boden zu sitzen, und die anderen würden ihre Schuhe an uns abputzen. Wir aber wollten auf den Stühlen sitzen, und wir wollten gleichberechtigt mit den anderen Völkern zusammenarbeiten für den Frieden in der Welt.”43 Die Haltung Konrad Adenauers zur Wiederaufrüstung war von der Überzeugung bestimmt, daß eine unentrinnbare Entwicklung zur Konfrontation der Siegermächte USA und Sowjetunion den Handlungsspielraum der Bundesrepublik faktisch auf die Möglichkeiten des strategischen Konzepts der von den USA dominierten Westmächte reduzierte, innerhalb dieses Arrangements aber auch neu eröffnete.44
Die Aufstellung von Einheiten der Kasernierten Volkspolizei wurde im Westen von den Befürwortern der Wiederaufrüstung als unmittelbare Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik dargestellt. Adenauer erklärte zur Begründung eines westdeutschen Beitrages zur Verteidigung des Westens in der Bundestagsdebatte vom 8.11.1950: “In der Sowjetzone hat man [...] seit Beginn des Jahres mit der Aufstellung einer aus Deutschen bestehenden Armee begonnen. Die Truppe wird zwar ‘Polizei’ genannt, sie ist aber nach Ausbildung, Bewaffnung und Zielsetzung keine Polizeitruppe, sondern eine Armee. [...] Den Truppen dieser Armee wird von Propagandaoffizieren als Ziel die Befreiung der Bundesrepublik Deutschland von den Westalliierten und die Vereinigung mit der Ostzone zu einem russischen Satellitenstaat genannt. [...] Um das Bild vollständig zu machen, muß ich noch hervorheben, daß gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland eine zielbewußte Wühlarbeit durch die Kommunistische Partei und durch die SPD stattfindet.”45
Zugleich wurde der Sowjetunion eine Expansionspolitik vorgeworfen, die nur im Bündnis mit den Westalliierten abgewehrt werden könne. Adenauer argumentierte: “In der Sowjetunion sind erhebliche sowjetische Truppenmassen konzentriert. [...] Die westliche Welt befindet sich in einer wahrhaft großen Gefahr. Die Bundesrepublik ist Teil dieser westlichen Welt, ja sie ist infolge ihrer geographischen Lage der Gefahr sogar stärker ausgesetzt als andere Länder. Diese gemeinsame Gefahr begründet eine Schicksalsgemeinschaft, denn wo auch die Aggression erfolgt, sie trifft diese Gemeinschaft in allen ihren Gliedern.”46
Natürlich stellte Adenauers Position keine Einzelansicht dar. Bereits die Beratungen im Parlamentarischen Rat zur Präambel und den Artikeln 23, 24 und 146 des Grundgesetzes ließen keinen Zweifel an der Absicht der Väter des Grundgesetzes, die deutsche Frage dergestalt zu lösen, daß dabei die Vorzeichen der politischen Ordnung der Bundesrepublik auf ein wiedervereinigtes Deutschland übertragen werden sollten. Für die Bundesrepublik war die feste Einbindung in westliche Organisationen vorgesehen.47
Unter den Befürwortern der Wiederbewaffnung war die katholische Kirche die einflußreichste gesellschaftliche Organisation. Die Unterstützung, die Adenauer bei den Katholiken hinsichtlich der Remilitarisierung fand, war nahezu allgemein. Sogar ein Vorkämpfer der katholischen Friedensbewegung wie Pater Franziskus Stratmann rechtfertigte die militärische Westbindung, so scharf er den Gedanken eines Präventivkrieges verdammte.48 im Zusammenhang mit der weitgehenden Unterstützung der Wiederbewaffnungspolitik durch den Katholizismus ist jedoch auch dessen Engagement zu erwähnen für die feste Einbindung der Armee in den demokratischen Staat sowie die mit besonderem Nachdruck geschehene Förderung der Idee des “Staatsbürgers in Uniform”, um ein Wiederaufleben antidemokratischer Militärtraditionen zu verhindern.49
Ein starker Flügel in der evangelischen Kirche bejahte die Wiederbewaffnung. So trat der Bundestagsabgeordnete Hermann Ehlers für einen “Wehrbeitrag aus christlicher Überzeugung” ein. Von 10 Landesbischöfen wurde im Februar 1952 eine Denkschrift unterzeichnet, in der es u.a. hieß: “Wehrlose Räume verlocken zum Zugriff”.50 Die Vertriebenenverbände vertraten im wesentlichen die gleiche Linie in der Wiederaufrüstungsfrage wie die Bundesregierung. Innerhalb der Bevölkerungsgruppe der DDR-Flüchtlinge wurden die militantesten Äußerungen zur Wiederbewaffnung laut.51
Der Verlauf der Wehrdebatte ist wesentlich von Verbänden wie etwa dem “Deutschen Soldatenbund” beeinflußt worden, “die das neue Geschehen unvermeidlich vom Rückblick auf die eigene Vergangenheit her, und damit vornehmlich als Gralshüter der Tradition, betrachteten”.52 Mit Unterstützung der Bundesregierung wurde “Die deutsche Soldatenzeitung” gegründet, welche die westliche Linie in der Remilitarisierung vertrat.53
Die Erinnerung an den Krieg war jedoch noch zu wach, die Stimmung innerhalb (aber auch außerhalb) Deutschlands gegen eine deutsche Wiederbewaffnung war noch zu weit verbreitet, als daß Wiederaufrüstungsabsichten von Anfang an offiziell behandelt werden konnten: sie wurden vielmehr dementiert. Am 16.12.1949, in der ersten “Wehrdebatte”, in der Geschichte des Bundestages, stritt Adenauer mit einem an Walter Ulbrichts Äußerung über den unmittelbar bevorstehenden Bau der Mauer (“Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten...” erinnerndem Dementi das Bestehen von Remilitarisierungsabsichten kategorisch ab: “Dem deutschen Volk liegt [...] der Gedanke an eine Wiederaufrüstung fern.”54
Der am 25.06.1950 ausgebrochene Koreakrieg dürfte sowohl auf außenpolitischer als auch auf innenpolitischer Ebene den weiteren Prozeß der Westbindung und Remilitarisierung der Bundesrepublik beschleunigt haben.55 Er entlastete die Wiederbewaffnungsplanungen in der Bundesrepublik auch wesentlich vom Legitimationsdruck. In der Folgezeit des 25.06.1950 zeigte sich deutlich die Verklammerung von deutscher und internationaler Politik. Der französische General de Gaulle äußerte nach dem Ausbruch des Koreakrieges, daß er eine Wiederbewaffnung der Bundesrepublik für unvermeidlich halte. Im August 1950 wiederholte der britische Politiker Winston Churchill seinen bereits früher gemachten Vorschlag zur Schaffung einer “Europa-Armee”, der auch westdeutsche Kontingente zugehören sollten.
Am 26. Oktober 1950 gab der französische Ministerpräsident Pleven seinen Plan für eine “Europäische Verteidigungsgemeinschaft” bekannt, in die auch deutsche Streitkräfte integriert werden sollten. Am 8. November 1950 äußerte die Bundesregierung ihre Zustimmung zum Projekt der EVG und bekannte sich zur militärischen Integration der Bundesrepublik. Im Oktober 1950 fand im Eifelkloster Himmerod eine Konferenz deutscher Militärexperten statt; unter den Teilnehmern waren die ehemaligen Wehrmachtsgeneräle Speidel und Heusinger. Es wurde eine “Denkschrift über die Aufstellung eines deutschen Kontingents im Rahmen einer internationalen Streitmacht zur Verteidigung Westeuropas”56 verfaßt. Worin u.a. Eine völlige militärische Gleichberechtigung des westdeutschen Partners, die Beendigung der “Diffamierung alles Soldatischen” und eine Wiederherstellung der deutschen Souveränität als Voraussetzung für einen Wehrbeitrag Bonns gefordert wurden. Schubert charakterisierte die Himmeroder Denkschrift als “Schlüsseldokument der Bundeswehr”.57
Am 25.10.1950 wurde in Bonn eine “Dienststelle für die mit der Vermehrung der alliierten Truppen zusammenhängenden Fragen” im Bundeskanzleramt gebildet. Da diese unter Leitung des CDU-Bundestagsabgeordneten Blank stehende Dienststelle sich auch bzw. sogar in erster Linie mit den Vorbereitungen zur Aufstellung der Bundeswehr befaßte, ist sie als direkter Vorläufer des westdeutschen Verteidigungsministeriums anzusehen. Am 29.8.1950 ließ Adenauer den Hohen Kommissaren ein von dem General a.D. Speidel verfaßtes sog. “Sicherheitsmemorandum” übermitteln, worin u.a. Die Errichtung einer Bundespolizeitruppe und die Verstärkung der Besatzungstruppen gefordert wurden. Des Weiteren wurde die Bereitschaft der Bundesregierung betont, “im Falle der Bildung einer internationalen westeuropäischen Armee einen Beitrag in Form eines deutschen Kontingents zu stellen”.58
Am 14.9.1951 beschlossen die Außenminister der drei Westmächte auf einer Konferenz in Washington, an die Stelle des Besatzungsstatuts einen “Deutschlandvertrag”59 treten zu lassen. Am 10.3.1952 richtete die Regierung der Sowjetunion an die Regierungen der Westmächte eine Note “zur Frage der Vorbereitung eines Friedensvertrages mit Deutschland”. Diese “Stalin-Note” enthielt u.a. den Vorschlag, daß einem wiedervereinten, neutralen Deutschland gestattet sein werde, “eigene, nationale Streitkräfte zu besitzen, die für die Verteidigung des Landes notwendig sind”.60
Im Westen wurde auf diese Offerte jedoch nicht positiv eingegangen; vielmehr wurden am 26.6.1952 in Bonn der “Vertrag über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten” (Deutschlandvertrag) sowie einige Zusatzverträge (u.a. über die Stationierug und Finanzierung westlicher Truppen in der Bundesrepublik) unterzeichnet. Dieser Vertrag, der gleichzeitig mit dem EVG-Vertrag in Kraft gesetzt werden sollte, wurde auf fünfzig Jahre abgeschlossen und behielt den Westmächten einige Sonderreichte vor, die die Souveränität der Bundesrepublik einschränkten. Art. 4 des Deutschlandvertrages in der ursprünglichen Fassung vom 26.5.1952 brachte klar den Gedanken von der “Verteidigung der freien Welt” zum Ausdruck: “Die Aufgabe dieser Streitkräfte61 wird die Verteidigung der freien Welt sein, zu der die Bundesrepublik und Berlin gehören.” Am 27.5.1952 unterzeichneten die Außenminister der sechs Staaten der Montanunion in Paris den “Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemenischaft”.
Das Abkommen über die EVG und den Generalvertrag erlangten jedoch niemals Gültigkeit, da deren Ratifizierung im August 1954 am Veto der französischen Nationalversammlung scheiterte. Jedoch wurde schon nach kurzer Zeit eine Art Ersatzlösung gefunden. Am 28.9.1954 trafen sich die Außenminister der Montanunion, Großbritanniens, der USA und Kanadas in London und einigten sich auf eine Reihe bedeutsamer Entschlüsse: Die Bundesrepublik sollte souverän werden, eine nationale Armee aufstellen dürfen und der “Westeuropäischen Union” (WEU), einer Erweiterung des Brüsseler Paktes von 1948, sowie der NATO beitreten.
Am 19.10.1954 trafen sich die Vertreter dieser neun Staaten in Paris zur Ausarbeitung der erforderlichen Vertragsentwürfe und unterzeichneten am 23.10. mehrere Verträge, Abkommen und Vereinbarungen, die unter der Bezeichnung “Pariser Verträge” zusammengefaßt wurden.62 Es gab eine Neufassung des Deutschlandvertrages, der die innere unde äußere Souveränität der Bundesrepublik vorsah. Die Beendigung des Besatzungsregimes und die Rechte und Pflichten der ausländischen Streitkräfte in der Bundesrepublik wurden geregelt, weiterhin der Beitritt der Bundesrepublik zur “Westeuropäischen Union” und der Umfang der Streitkräfte in der WEU. Die Bundesrepublik mußte sich zur Rüstungsbeschränkung und zum Veraicht auf die Herstellung von atomaren, biologischen und chemischen Waffen verpflichten. Ergänzt wurde das Vertragswerk durch den Abschluß eines deutsch-französischen Saarabkommens.
Während der Ratifizierungsphase der Pariser Verträge unternahm die Sowjetunion alle Anstrengungen, den westdeutschen Wehrbeitrag doch noch zu verhindern. Am 23.10.1954 schlug sie eine Konferenz über die deutsche Wiedervereinigung vor und verlangte ein System kollektiver Sicherheit in Europa. Als die Sowjetunion am 15.01.1955 ein weiteres Angebot zur Wiedervereinigung vorlegte, steuerte die öffentliche Diskussion in der Bundesrepublik auf einen neuen Höhepunkt zu. Es kam zur sog. “Paulskirchenbewegung”. Am 27.02.1955 wurden die Pariser Verträge im Bundestag ratifiziert; am 05.05.1955 traten der modifizierte Generalvertrag und am 06.05.1955 der NATO-Vertrag für die Bundesrepublik in Kraft. Am 06.06.1955 wurde die “Dienststelle Blank” in ein Ministerium umgewandelt. Blank selbst wurde zum ersten Verteidigungsminister der Bundesrepublik ernannt. Im Juli 1956 nahm der Bundestag das Freiwilligengesetz an, mit dessen Hilfe der personelle Grundstock der Bundeswehr gebildet werden konnte; die ersten Einheiten wurden am 02.01.1956 aufgestellt. Am 21.07.1956 wurde die allgemeine Wehrpflicht eingeführt.
Die Besorgnis, daß nach einer Westbindung keine Wiedervereinigung mehr möglich sein könnte, bescherte Adenauers Politik der Westbindung und Remilitarisierung erheblichen parlamentarischen und noch weitaus mehr außerparlamentarischen Widerstand. Der FDP-Bun- destagsabgeordnete Karl-Georg Pfleiderer bezeichnete 1952 in einer Denkschrift das gleich- zeitige Streben der Bundesrepublik Deutschland nach Aufnahme in die westliche Allianz und nach Wiedervereinigung als “Widerspruch in sich selbst”.63 Gustav Heinemann, der aufgrund seines Streits mit Adenauer über die Wiederbewaffnung schließlich von seinem Posten als Innenminister zurücktrat, machte u.a. geltend, daß “man den Weg der westlichen Eingliederung der Bundesrepublik gehen wollte und sich lediglich einredete, daß man ihn gehen müsse”.64 Die Haltung der SPD war allenfalls in der Anfangsphase eindeutig gegen die Wiederbewaffnung gerichtet. In der Bundestagsdebatte vom 16.12.1949 hatte Erich Ollenhauer eine klare Erklärung abgegeben: “Die sozialdemokratische Fraktion lehnt es ab, eine deutsche Wiederbewaffnung auch nur in Erwägung zu ziehen.”65 Das sozialdemokratische Konzept sah ursprünglich vor, durch Verzicht auf die militärische Westintegration der Bundesrepublik die Zustimmung der Sowjetunion zu freien Wahlen in ganz Deutschland zu erhalten sowie durch Zugeständnisse in der Frage des internationalen Status Deutschlands eine demokratische politische Ordnung für ganz Deutschlands zu ermöglichen. Schließlich sollte mit der Schaffung eines Systems kollektiver Sicherheit in Europa die Existenz der gegeneinander gerichteten Militärblöcke abgelöst und überflüssig gemacht werden. Sozusagen als krönender Abschluß eines solchen Prozesses sollte in diesem größeren Rahmen dann die Wiedervereinigung Deutschlands vollendet und Deutschland sein internationaler Platz gegeben werden.66 Was die weitere Haltung der Sozialdemokratie zur Remilitarisierungsfrage betrifft, so ist zu konstatieren, daß das “laute Nein [...] später zu einem bedingten Ja geworden war.”67
Heinemann wies auch auf die psychologischen Auswirkungen einer auf den jahrelangen Entmilitarisierungsprozeß folgenden Remilitarisierung hin: “Nachdem es eines der vornehmsten Kriegsziele der Alliierten gewesen ist, uns zu entwaffnen und auch für die Zukunft waffenlos zu halten, nachdem die Alliierten in fünfjähriger Besatzungszeit alles darauf angelegt haben, das deutsche Militär verächtlich zu machen, unsere Wehrmöglichkeiten unter Einschluß sogar von Luftschutzbunkern zu zerstören und das deutsche Volk zu einer jedem Militärwesen abholden Geisteshaltung zu erziehen, ist es nicht an uns, irgendeine deutsche Beteiligung an militärischen Maßnahmen nachzusuchen oder auch nur anzubieten. Dies muß zudem eine geistige Verwirrung hervorrufen, die unsere junge Demokratie gegenwärtig in höchstem Maße gefährdet.”68
In der Bevölkerung der Westzonen bzw. der Bundesrepublik stand eine bemerkenswert große Anzahl von Deutschen aller sozialen sowie Altersschichten hinsichtlich einer Wiederbewaffnung auf dem Standpunkt “ohne mich”.69 Dies beruhte auf unterschiedlichen Gründen, die jedoch alle im Zusammenhang mit der Erfahrung eines Krieges standen.
Zunächst ist die Diskreditierung des deutschen Militärs zu erwähnen. Im Gegensatz zu anderen Berufen, die zumeist auf weniger spektakuläre, aber kaum wirksame Weise den Nationalsozialismus und seine Gewaltherrschaft unterstützt hatte, wurde den Militärs zunächst die Existenzgrundlage entzogen. Dies hing wesentlich auch damit zusammen, daß insbesondere die Offiziere der deutschen Wehrmacht wegen der Nähe ihrer Wertvorstellungen zur nationalsozialistischen Ideologie sowie wegen ihrer fast ausnahmslosen Loyalität der Staatsführung gegenüber von einem “personellen, materiellen traditions- und prestigebunden Vakuum” gesprochen: Der Soldat war “Militarist”, “Nazi-Helfershelfer”, Leuteschinder” [...] als Beruf sollte er überhaupt nicht gewertet werden können.70 Vor diesem Hintergrund war nicht nur der deutschen Zivilbevölkerung auf mannigfache Weise das Militär verleidet. Selbst die ehemaligen Soldaten der Wehrmacht, die durch die Sieger und deren Entmilitarisierungskampagne diffamiert worden waren, vermochten ohne eine klare Rehabilitierung nicht aus ihrer Reserve herauszutreten.
Nachdem in der letzten Phase des Zweiten Weltkrieges auch die deutsche Zivilbevölkerung u.a. durch die Bombenangriffe der alliierten Luftstreitkräfte die Schrecken des Krieges unmittelbar erfahren hatte und man dann den Schock der totalen Niederlage verkraften mußte, entsprach nichts dem Nachkriegsempfinden der deutschen Bevölkerung besser als das so gut wie vollständige Verschwinden jeder bewaffneten deutschen Macht.71 Schließlich trug auch die Aufklärung vor allem der Alliierten über die von der Wehrmacht und insbesondere der SS begangenen Kriegsverbrechen wesentlich dazu bei, in weiten Kreisen der deutschen Bevölkerung eine Stimmung zu schaffen, die nicht nur dem deutschen Militarismus, sondern grundsätzlich allem Militärischen skeptisch bis total ablehnend gegenüberstand. In der unmittelbaren Nachkriegszeit waren also vor diesem Hintergründen Antimilitarismus und Pazifismus stark verbreitet; kaum jemand rechnete in Deutschland damit, daß in absehbarer Zeit wieder deutsche Armeen aufgestellt werden würden.
Durchaus unterschiedliche Meinungen der Westdeutschen liefen auf eine Ablehnung eines wie auch immer gearteten deutschen Wehrbeitrages hinaus. Neben dem Ruf breiter Massen ”Nie wieder Krieg!”, der der Befürchtung Ausdruck gab, daß neue deutsche militärische Verbände über kurz oder lang neuen Krieg bedeuteten, stand die Meinung, daß die Deutschen, da sie noch entmilitarisiert seien, nicht als Söldner der Alliierten fungieren dürften, stand weiterhin die Ansicht, daß eine deutsche Teilnahme am militärischen Schutz Westeuropas die freie Selbstentscheidung Deutschlands, also die noch nicht vorhandene Souver ä nität, voraussetzte.72
Auf der sog. Paulskirchenversammlung der Remilitarisierungsgegner am 29.01.1955 wurde unter anderem über ein “Deutsches Manifest” diskutiert. Es wurde darin zu entschlossenem Widerstand gegen die Pariser Militärverträge aufgerufen. Eiu wesentlicher Gesichtspunkt war der oben bereits erwähnte Kerngedanke, daß durch eine militärische Integration der Bundesrepublik in die NATO eine deutsche Wiedervereinigung unmöglich gemacht werden könne. Nachfolgend ein Auszug aus diesem “Deutschen Manifest”: “Aus ernster Sorge um die Wiedervereinigung Deutschlands sind wir überzeugt, daß jetzt die Stunde gekommen ist, Volk und Regierung in feierlicher Form zu entschlossenem Widerstand gegen die sich immer stärker abzeichnenden Tendenzen einer endgültigen Zerreißung unseres Volkes aufzurufen. Die Aufstellung deutscher Streitkräfte in der Bundesrepublik und in der Sowjetzone muß die Chancen der Wiedervereinigung für unabsehbare Zeit auslöschen und die Spannung zwischen Ost und West verstärken. Eine solche Maßnahme würde die Gewissensnot großer Teile unseres Volkes unerträglich steigern. Das furchtbare Schicksal, daß sich die Geschwister einer Familie in verschiedenen Armeen mit der Waffe in der Hand gegenüberstehen, würde Wirklichkeit werden. [...] Unermeßlich wäre die Verantwortung derer, die die große Gefahr nicht sehen, daß durch die Ratifizierung der Pariser Verträge die Tür zu Viermächteverhandlungen über die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands in Freiheit zugeschlagen wird. Die Verständigung über eine Viermächtevereinbarung zur Wiedervereinigung muß vor der militärischen Blockbildung den Vorrang haben. Es können und müssen die Bedingungen gefunden werden, die für Deutschland und seine Nachbarn annehmbar sind, um durch Deutschlands Wiedervereinigung das friedliche Zusammenleben der Nationen Europas zu sichern. Das deutsche Volk hat ein Recht, auf seine Wiedervereinigung!”73
Da im Osten Deutschlands nach der Kriegsniederlage nur eine relativ kurze Phase der Entmilitarisierung folgte, konnte diese nicht die gleichen Auswirkungen haben wie im Westen. Dies bedeutet aber nicht, daß keinerlei antimilitaristische oder pazifistische Stimmungslage in der Bevölkerung existierte. Diese konnte sich aber unter der kommunistischen Gewaltherrschaft kaum artikulieren. U.a. Mit den Mitteln der Propaganda tat der SED-Staat vieles, um die pazifistischen Strömungen zu bekämpfen.
Grundsätzlich kann die Interessenlage der Sowjetunion im Hinblick auf die SBZ/DDR spiegelbildlich zu den Interessen der Westmächte an Westdeutschland gesehen werden.
Bereits im Oktober 1945 wurde von der SMAD die Aufstellung bewaffneter Volkspolizeibereitschaften genehmigt. Am 28.11.1946 wurde von der im August 1946 auf Befehl der SMAD errichteten “Deutschen Verwaltung des Inneren” eine kasernierte Grenzpolizei gebildet. Im Herbst 1947 machte Walter Ulbricht dem Zentralsekretariat der SED die Mitteilung, die SMAD habe seit einigen Monaten damit begonnen, organisatorische Vorbereitungen für den Aufbau “einer zentralisierten, schlagkräftigen Polizeitruppe zu schaffen, damit die SMAD nach und nach ihre Truppen verringern und schließlich ganz zurückziehen könne”.74 Am 03.07.1948 ließ die SMAD bewaffnete militärische Kaderverbände aufstellen. Es entstand die im Hinblick auf ihren paramilitärischen Charakter der Polizei im Westen weit überlegene kasernierte Volkspolizei (KVP), die später die Nationale Volksarmee werden sollte.75
Nach außen hin wurde die sich immer deutlicher abzeichnende Militarisierung abgestritten. Ministerpräsident Otto Grotewohl erklärte am 11.8.1951 in einer Pressekonferenz des Nationalrates der Nationalen Front: “Ein Vertreter einer westlichen Zeitung hat hier wieder mal mit einem frommen Augenblinzeln die naive Frage aufgeworfen, ob ich bereit sei, über den militärische Charakter der Volkspolizei Auskunft zu geben. Ich kann Ihnen darüber keine Auskunft geben, denn die Volkspolizei der DDR hat keinen militärischen Charakter.”76 Der Stellvertretende Ministerpräsident und Generalsekretär der SED, Walter Ulbricht, dementierte noch am 12. Mai 1952 in einer Pressekonferenz die Existenz militärischer Verbände in der DDR mit den Worten: “... bei uns gibt es gegenwärtig keine bewaffnete Verteidigung”.77
Intern wurde der militärische Charakter der bewaffneten Sicherheitsorgane jedoch unterstrichen. So erklärte Generalinspekteur Heinz Hoffmann bei Ausbruch des Koreakrieges vor Offizieren des 6. Stabes der VNA in Berlin,: “Wir sind keine Polizei, sondern Soldaten. Wenn es zum Einsatz kommt, werden wir an der Seite der Roten Armee kämpfen.”78
Unter dem Motto “Wer für die Remilitarisierung ist, ist für den Krieg - Wer für den Frieden ist, ist gegen die Remilitarisierung” wurde in der DDR 1951 eine Volksabstimmung gegen die Remilitarisierung durchgeführt. Im Zusammenhang damit führte Walter Ulbricht am 09.05.1951 vor der DDR-Volkskammer aus: ”Braucht Deutschland ein Heer, wo wir unsere ganze Kraft benötigen, um unsere deutsche Heimat wieder aufzubauen, und wo es in Europa niemanden gibt, der die Absicht hat, die Beziehungen zu einem friedliebenden Europa zu stören? Deutschland braucht kein Heer, sonder die Schaffung der Grundlagen einer friedlichen Ordnung auch in Westdeutschland. Das deutsche Volk braucht keine die Nation verarmende Rüstungsindustrie, sondern eine die Nation bereichernde Friedenswirtschaft.”79
Nachdem der Westen die “Stalin-Note” vom 10.03.1952 abgelehnt hatte, ging die DDR-Regierung dazu über, die Forderung nach eigenen nationalen Streitkräften nunmehr offen zu propagieren. Jedenfalls bildete das Jahr 1952 eine wichtige Zäsur im Remilitarisierungsprozeß der DDR. Wichtige politische Akzente wurden auf dem IV. Parlament der FDJ im Mai und auf der II. Parteikonferenz der SED im Juli 1952 gesetzt.
Im September 1952 wurde mit der Aufstellung von Betriebskampftruppen begonnen. Unter dem Schock der Ereignisse des Volksaufstandes vom 17.06.1852 wurde der forcierte Aufbau einer bewaffneten, gut ausgebildeten und vor allem politisch zuverlässigen Betriebsmiliz in Angriff genommen, nicht zuletzt in der Absicht, Streiks in Betrieben ersticken zu können.80
Am 18.01.1956 wurde das Gesetz über die Schaffung der Nationale Volksarmee und des Ministeriums für Nationale Verteidigung verabschiedet. In der Präambel dieses Gesetzes hieß es u.a.: “Die Wiedererrichtung des aggressiven Militarismus in Westdeutschland und die Schaffung der westdeutschen Söldnerarmee sind eine ständige Bedrohung des deutschen Volkes und aller Völker Europas.” Im Hinblick auf das bereits langjährige Bestehen der KVP war dieser Akt im Grunde genommen nur noch eine formelle Bestätigung eines schon längst bestehenden Zustandes. Mit diesem Gesetz waren auch die formalen Grundlagen für die Teilnahme der DDR am im Mai 1956 gegründeten Warschauer Pakt geschaffen.81 Die allgemeine Wehrpflicht wurde in der DDR im Januar 1962 eingeführt.82
Sowohl für den Aufbau der Bundeswehr als auch für den Aufbau der NVA waren ehemalige Wehrmachtsangehörige praktisch unentbehrlich. Im wesentlichen waren hierfür folgende Gründe ausschlaggebend: Verhältnismäßig geringe Anzahl von für den Aufbau zur Verfügung stehenden Offizieren, die nicht in der Wehrmacht gedient hatten; großer Personalbedarf; zu kurze Zeitspanne nach Ende des Krieges, um genügend “selbstgestrickte” Kader “aufbauen” zu können.
Zwar nicht für die Detailfragen der Auswahl des Personals, jedoch zumindest für die Prinzipienfrage der Aufstellung einer bewaffneten Streitmacht überhaupt war das Einvernehmen mit den drei westlichen Siegermächten des Zweiten Weltkrieges, insbesondere den USA und der Sowjetunion notwendig. Die damals unumgängliche Einbeziehung von Personal aus der Wehrmacht konnte insbesondere für die Siegermächte (aber auch für die deutsche Bevölkerung) nur dann einigermaßen widerspruchsfrei erscheinen, wenn die aufzunehmenden Soldaten moralisch rehabilitiert wurden, was angesichts der damals noch in frischer Erinnerung liegenden Kriegsverbrechen, an denen nicht nur die SS, sondern auch die Wehrmacht beteiligt war, nicht unbedingt ein leichtes Unterfangen darstellen. Natürlich sollte eine solche moralische Rehabilitierung auch den ehemaligen Wehrmachtsangehörigen den Entschluß zum Wiedereintritt ins Soldatenleben erleichtern.
Im Sinne einer solchen Wiederherstellung der vor allem durch die deutschen Kriegs- verbrechen, aber auch die Kriegsniederlage und die nachfolgenden Entmilitarisierungs- kampagnen beschädigten Ehre des deutschen Soldaten (insbesondere des Offizierskorps) äußerte der damalige Oberkommandierende der NATO, General Eisenhower, am 22.01.1951 nach einem zwischen ihm, dem US-Hauptkommissar McCloy und den ehemaligen Wehrmachtsgenerälen Speidel und Heusinger geführten Gespräch, “... daß ein echter Unterschied zwischen den deutschen Soldaten und dessen verbrecherischer Clique besteht.”83
Im Hinblick auf die weitgehende Einbeziehung von ehemaligem Wehrmachtspersonal beim Aufbau der Bundeswehr wurde in der DDR scharfe Kritik dahingehend geäußert, daß es hier der “imperialistischen Reaktion” mit allen negativen Konsequenzen gelungen sei, “Teile des militärischen Führungsapparates und Resteinheiten der ehemaligen faschistischen Wehrmacht zu konservieren”.84
Dagegen wurde die Übernahme früherer nazistischer Generäle in die eigenen Reihen entschieden abgestritten. So erklärte DDR-Ministerpräsident Otto Grotewohl noch im August 1951 anläßlich einer Pressekonferenz: “Es ist die Frage aufgeworfen worden, ob frühere nazistische Generäle in der Volkspolizei Dienst tun. Solche Frage sind mir aus der Westpresse bereits bekannt. Sie werden dort des öfteren gestellt. Ich kann Ihnen darauf nur sagen: Es ist unrichtig! Es gibt keine nazistischen Generäle in der Volkspolizei der Deutschen Demokratischen Republik. Wir denken auch nicht daran, solche geistigen Zwerge [...] die sich gegenüber ihrer früheren Vergangenheit nicht um ein Jota geändert haben, jemals in unserern Sicherheitsorganen zu beschäftigen.”85
Von der Behauptung ausgehend, daß in der DDR “die konsequente Liquidierung der Überreste der faschistischen Wehrmacht und der faschistischen Kriegsideologie sowie der Vernichtung ihrer Grundlagen im Osten Deutschlands in der Periode bis 1949”86 gelungen sei, muß der Vorgang der Wiederbewaffnung in der SBZ/DDR gleichsam in hellstem Licht erscheinen.
Eine Wiederbewaffnung im Osten ohne “Hitlergeneräle” gab es also auch in der SBZ/DDR nicht. Die Einbeziehung einer Reihe von bekannten Generälen und Offizieren der ehemaligen Wehrmacht in die KVP wurde u.a. durch eine Erklärung Wilhelm Adams, des ehemaligen Adfutanten des Oberbefehlshabers der 6. Armee in den Kämpfen um Stalingrad, auf dem 4. Parteitag der NPDD der DDR im Juni 1952 eingeleitet, in der dieser seine Bereitschaft zum Ausdruck brachte, “seine Kenntnisse - falls sie gebraucht würden - einer neuen Armee zur Verfügung zu stellen”. Ermuntert von Repräsentanten der Roten Armee traten damals neben Adam u.a. Vincenz Müller, ehemaliger Gerneralleutnant und bei seiner Gefangennahme im Jahre 1944 Befehlshaber des XII. Armeekorps an der Ostfront, Dr. Otto Korfes, ehemaliger Gerneralmajor und Kommandeur der 295. Infanteriedivision in den Kämpfen um Stalingrad; Arno v. Lenski, ehemaliger Generalmajor und Kommandeur der 24. Panzerdivision in den Kämpfen um Stalingrad sowie weitere Generäle bzw. hohe Offiziere in die Reihen der KVP ein.87
Es mag sein, daß ein Großteil, möglicherweise die allermeisten der ehemaligen Wehrmachtssoldaten in den 10 Jahren zwischen der Niederlage des Hitlerfaschismus und der Gründung der Bundeswehr genug an Demokratieverständnis dazugelernt hatten und man die Entwicklung einer demokratischen Armee in einer demokratischen Gesellschaft sozusagen auch als selbstgestecktes Ziel anstrebte. Die Integration einer Armee in Staat und Gesellschaft anstatt einer Armee als Staat im Staate ist somit auf der Ebene des Selbstverständnisses einer Armee in einer Demokratie von wesentlicher Bedeutung. Fast noch wichtiger ist ein weiterer Aspekt, nämlich das Verhältnis zwischen Armee und Staat und Gesellschaft. Hierfür war es von entscheidender Bedeutung, daß Konzeptionen wie die des Staatsbürgers in Uniform im Grunde genommen allein schon deshalb entwickelt werden mußten, um das in einer Demokratie notwendige Mindestmaß an Akzeptanz in Gesellschaft und Bevölkerung zu erreichen.
Spätestens seit den Freiheitskriegen und der Idee Scharnhorsts von der “innigen Vereinigung von Volk und Armee” weist die gesellschaftliche Integration der Streitkräfte einen sicherheitspolitischen Aspekt auf. Im Hinblick auf das Konzept der Integration der Bundeswehr in die Gesellschaft kann dies aber nicht als entscheidender Gesichtspunkt betrachtet werden. Nach den bitteren Erfahrungen der jüngsten Geschichte erschien im Westen Deutschlands eine Wiederbewaffnung “nur denkbar bei völliger Unterwerfung der bewaffneten Macht unter den Primat der Politik und der geistigen Fundierung der Streitkräfte nach den Grundsätzen einer demokratischen, rechtsstaatlich verfaßten Gesellschaft”.88
Vor jenem damals noch in frischer und furchtbarer Erinnerung liegenden historischen Hintergrund warnte Ollenhauer 1955 davor, daß die neuen Streitkräfte eine potentielle Gefahr für die junge Demokratie sein könnten. “Es ist [...] in der Vergangenheit nicht gelungen, die Militärs in die Position zu verweisen, in die sie in einem demokratischen Staat hingehören. Sie haben sich immer wieder als Macht im Staat etabliert, mit verhängnisvollen Folgen für die Demokratie und für das Schicksal unseres Volkes!”89
Im Interesse einer möglichst nahtlosen Integration der Bundeswehr in die Gesellschaft forderte Graf v. Baudissin 1955 die Schaffung einer politischen und geistigen Basis, auf der sich “eine Armee von Demokraten, eine demokratische Wehrverfassung, ein demokratischer Geist in der Armee und im Verhältnis der Armee zum Staat” entwickeln könne. Gekennzeichnet sein sollte das Wesen einer solchen bewaffneten Macht u.a. durch eine organische Integration in den demokratischen Staat, durch den rückhaltlosen Einsatz der militärischen Führung für den Staat und seine Gesetze sowie durch eine Übereinstimmung der militärischen Werte mit denen des demokratischen Staates.90
Baudissin forderte mit anderen Worten die Einordnung des Soldaten in das Gemeinwesen, das er verteidigen soll und mit dessen Werteordnung er sich identifizieren muß: “Wir kommen also um die Forderung nach weitgehender Übereinstimmung von Wehr- und Staatsform, von allgemeiner und soldatischer Ordnung nicht herum. Das heißt: Der Soldat muß im Besitz der staatsbürgerlichen Rechte bleiben, soweit dies irgend mit seiner Aufgabe vereinbar ist. [...] Vielleicht können wir sagen, Soldat und Nichtsoldat sind zwei verschiedene Aggregatzustände desselben Bürgers.”91 Kennzeichnend für die Verpflichtung des Staatsbürgers in Uniform gegenüber der Werteordnung der Bundesrepublik ist nach Baudissin, daß Staatsbürgertum “Bindung an die sittliche Ordnung, die die Gemeinschaft repräsentiert”, bedeutet.92
In Konsequenz der aus der neuen Staats- und Gesellschaftsform erwachsenen Lage galt es also nun, den Soldaten in die gemeinsame Verantwortung aller Staatsbürger für Wahrung und Weiterentwicklung des freiheitlichen Rechtsstaates einzureihen. Der Soldat der Bundeswehr soll nach dem Konzept des “Staatsbürgers in Uniform” grundsätzlich alle staatsbürgerlichen Rechte behalten, die nach außen zu schützen Aufgabe der Bundeswehr ist. Soldatischer Gehorsam ist nicht mehr letzter Wert, dem Menschenwürde und Rechtssicherheit fraglos nachgeordnet werden dürfen.93 Es wurde so der Versuch unternommen, den in der deutschen Gesellschaft so unglücklichen Dualismus von “Bürger” und “Soldat” zu überwinden.
In Art. 23 der Verfassung der DDR hieß es: “Die deutsche Demokratische Republik organisiert die Landesverteidigung sowie den Schutz der sozialistischen Ordnung und des friedlichen Lebens der Bürger. Die Nationale Volksarmee sichert die sozialistischen Errungenschaften des Volkes gegen die Angriffe von außen.” Der Nationalen Volksarmee wurde im sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaat eine herausragende Bedeutung zuge- messen: “Der Staat ist ein Machtmittel in der Hand der herrschenden Klasse. Die wichtigste materielle Kraft des Staates ist die Armee.”94 Des Weiteren wurde die NVA als “Klasseninstrument des von der Arbeiterklasse und ihrer Partei geführten werktätigen Volkes, das die Macht in der Deutschen Demokratischen Republik ausübt”, angesehen. Sie sichere dem Volk den Frieden und schütze zuverlässig die Vollendung des Aufbaus des Sozialismus.”95
[...]
1 So Gülich (1993), S. 21.
2 Zit. in Schneider (1994), S. 77.
3 O.V. (19990 ), Schwer zu verdauen, S. 32.
4 Zur Problematik der Verwendung des Begriffs "Beispiellos" vgl. Abschnitt A IV dieser Arbeit.
5 O.V. (19990 ), Schwer zu verdauen, S. 32
6 O.V. (19990 ), Schwer zu verdauen, S. 32
7 Zur weiteren Einführung in die Thematik vgl Brenne-Wegener (1990), S. 444ff.; vgl. auch Abschnitt B IV 2 dieser Arbeit.
8 Vgl. o.V. (1990), Übertritt zum Feind.
9 Vgl. auch den Titel der in der NVA-Militärzeitschrift "Volksarmee" erschienenen Serie "Was geht unter diesem Helm vor", in dem aus DDR-Sicht Entwicklungen in der Bundeswehr aufgezeigt und entsprechend kommentiert wurden.
10 Es zeugt von einer durch das jahrzehntelange Getrenntleben in zwei hinsichtlich ihrer jeweiligen Weltanschauung völlig unterschiedlichen Systemen verursachten Auseinanderentwicklung der deutschen Sprachen, daß selbst einige grundlegende Schlüsselbegriffe im sicherheitspolitischen Bereich (z.B. "Frieden", "Militarismus", "Militärische Tradition") mit durchaus nicht unbeträchtlichen Unterschieden konnotiert waren. Die speziell für ehemalige NVA-Angehörige vorgesehenen politischen Schulungen werden jedoch dazu beigetragen haben, daß ernsthaftere Kommunikationsprobleme zwischen den deutsch-deutschen Waffenbrüdern abgebaut und die neuen Kameraden mit dem in den alten Bundesländern gebräuchlichen (Amts)Deutsch hinlänglich vertraut gemacht wurden.
11 v. Scheven (1990), S. 164.
12 Buchholtz (1991), S. 9.
13 Wörtlich sagte Bundeskanzler Kohl anläßlich des Besuchs der Führungsakademie in Hamburg u.a.: "Dieser Vorgang war und ist schwierig und schmerzhaft. Er ist in der jüngeren Geschichte ohne Beispiel:Gegner von einst wurden zu Kameraden, deren gemeinsamer Auftrag es ist, 'das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen'. Ich bin sicher, dass dies im Rückblick als eines der erfolgreichsten Kapitel des deutschen Einigungsprozesses dastehen wird. Auf diese Leistung kann die Bundeswehr stolz sein." Zit. in Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Bulletin der Bundesregierung vom 02.07.1993, S. 609.
14 Zit. in: Fechner (09.10.1992).
15 Rede des BMVtdg Volker Rühe am 18. Juni 1993 im Deutschen Bundestag. Zit. in O.V., Jahresbericht 1992 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages und Stellungnahme des Bundesministers der Verteidigung, S. 137.
16 Marks (1992).
17 Wenzel (1993), S. 63ff.
18 Arnhold (18.09.1992).
19 Vgl. z.B. Kirchbach/Meyers/Voigt (1992); Schönbohm (1992).
20 Ablaß (1992).
21 Gillessen (25.07.1990).
22 Vgl. Rühle (07.08.1990); Holzweißig (1990), "Auflösen - ohne Rest", S. 1553ff. (m.w.N.).
23 Vgl. den Ausspruch des Regierenden Berliner Bürgermeisters Ernst Reuter während der Blockade Berlins im Jahre 1948 “Völker dieser Welt, schaut auf diese Stadt”.
24 Vgl. Fischer (11.05.1991), S. 17.
25 Vgl. z.B. Morrison (20.04.1991), S. 933; Gordon (1989), S. 157ff.
26 Vgl. die Vorstellung von der wiederzugewinnenden staatlichen Einheit Deutschlands, wie sie im letzten Satz der Präambel des Grundgesetzes zum Ausdruck kam: “Das gesamte deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschland zu vollenden.”
27 Vgl. den Titel des Werks von Lepenies (1992) “Folgen einer unerhörten Begebenheit. Die Deutschen nach der Vereinigung”.
28 So z.B. Lippert (1993), S. 13.
29 Ullrich (1943), S. 11.
30 Den Begriff “Militarismus” definiert Kehr (1983), S. 54, folgendermaßen: “Militarismus besteht, 1. wo ein Stand von Offizieren vorhanden ist, die sich nicht als Militärtechniker, als Funktionäre des ihnen übergeordneten politischen Willens fühlen, und ihren Militärberuf nicht als eine Dienstbeschäftigung auffassen, nach deren Erledigung sie Staatsbürger wie alle übrigen im Dienst- und Angestelltenverhältnis befindlichen Angehörigen der Nation sind, sondern wo diese Offiziere ihren Beruf als den eines “Kriegerstandes” begreifen, der eigene Ehre, eigenes Recht, eigene Gesinnung fordert, wo diese Auffassung des militärischen Berufes als eine der bürgerlichen Gesinnung überlegene höherwertige Lebensform anerkannt wird, und 2. wo diese Einschätzung des Militärs freiwillig von einem wesentlichen Teil des Bürgertums bejaht wird und eine Unterordnung unter diesen Militärstand willig vollzogen wird. Auch weitere Definitionen des Militarismus laufen darauf hinaus, daß der Primat des Militärs und des militärischen Denkens in Staat und Gesellschaft betont wird (vgl. i.e. z.B. Bredow, 1983 , S. 11ff. m.w.N.). Ausführliche und aufschlußreiche Analysen speziell zum preußisch-deutschen Militarismus finden sich bei Willems (1984).
31 Wettig (1967), S. 23f.
32 Vgl. Fischer (1985), Teheran-Jalta-Potsdam, S. 183ff.
33 Fischer (1986), Anfänge der Wiederbewaffnung in der SBZ/DDR (1945/46-1955/56)S. 16f. (m.w.N.).
34 Immerhin deutet jedoch z.B. der amerikanische “Morgenthau-Plan”, nach dem Deutschland auf eine vorindustrielle Stufe zurückversetzt werden sollte, darauf hin, daß den besiegten Deutschen auch unter den Westalliierten weitaus schärfere Maßnahmen als die tatsächlich durchgeführten hätten bevorstehen können (die Lage einer im Krieg besiegten Nation war noch nie in der Weltgeschichte besonders günstig (“vae victis”).
35 Meyer (1986), S. 33f.
36 Als am 27.01.1948 die Tschechoslowakei kommunistisch wurde und am 02.07.1948 von den Sowjets die Zufahrtswege nach Berlin blockiert wurden, war die Bildung der Machtblöcke für unabsehbar lange Zeit unumkehrbar geworden. Als Systemkonflikt trennte nun der Kalte Krieg, nachdem die Kriegskoalition gegen Deutschland zerbrochen war, den europäischen Kontinent. Dabei zerteilte diese Trennlinie auch Deutschland.
37 Vgl. i.e. Wettig (1967), S. 234ff. (m.w.N.).
38 Zit. in Badstübner/Thomas (1975), S. 409 (m.w.N.).
39 Vgl. z.B. die Ansicht von John Foster Dulles (zit. in Heinemann, 1966, S. 155).
40 Vgl. hierzu ausführlich Martin (1963); allerdings wird von Forster (1983), S. 13, die These vertreten, daß erst mit dem Koreakrieg im Westen die ersten Überlegungen eingesetzt hätten, ob die Bundesrepublik mili- tärisch bewaffnet werden sollte.
41 Adenauer (1965), S. 382.
42 Anm.: Im Falle einer deutschen Neutralität.
43 Adenauer (1966), S. 417f.
44 Weymar (1955), S. 557.
45 Hereth (1969), S. 77f.
46 Hereth, a.a.O., S. 80.
47 Vgl. i.e. Hrbek (1972), S. 64ff.
48 Stratmann (1950), S. 92, 108ff.
49 Vgl. dazu i.e. Doering-Manteuffel (1981).
50 Nolte (1974), S. 319ff.
51 Vgl. i.e. Nolte, a.a.O., S. 321 (m.w.N.).
52 Herzfeld (1965), S. 53f.
53 Nolte (1974), S. 319. Der Autor zeigt in seinem Werk eine ausführlichere Darstellung der Befürworter der Wiederbewaffnung und deren Argumentation (S. 313ff.).
54 Badstübner/Thomas (1975), S. 412 (.w.N.).
55 Vgl. Wei ß/ Wei ß (1975), S. 36ff.
56 Vgl. Wettig (1967), S. 363. Ins Detail gehend die Monographie von Rautenberg/Wiggershaus (1977).
57 Schubert (1983), S. 306.
58 Vgl. Nickel (1988), S. 120ff. (m.w.N.).
59 Anm.: häufig auch “Generalvertrag” genannt.
60 Vgl. Grieneisen (1952), S. 83.
61 D.h. die in der Bundesrepublik Deutschland stationierten alliierten Truppen.
62 Vgl. i.e. Brandweiner (1956).
63 Vgl. Denkschrift des FDP-Bundestagsabgeordnete Karl-Georg Pfleiderer 1952 (zit. in Hirsch, 1967, S. 262ff.).
64 Heinemann (1966), S. 176.
65 Zit. in Reimann (1973), S. 208.
66 Vgl. Hrbek (1972), S. 64ff. Heinemann gehörte, wie Noack (1973, S. 120) bemerkte, “zu den vielen Deutschen, die davon überzeugt waren, es sei ein Gericht Gottes gewesen, das ihnen zweimal in einem halben Jahrhundert die Waffen aus der Hand geschlagen hatte”.
67 Badstübner/Thomas (1975), S. 425.
68 Zit. in Meyer (1986), S. 38.
69 Vgl. auch die 1950 einsetzende sog. “Ohne-mich-Bewegung”, die neben der “Volksbefragungsbewegung” (1951/52) sowie der “Paulskirchenbewegung (1955) eine der drei großen außerparlamentarischen Strömungen gegen die Wiederbewaffnung war.
70 Hess (1964), S. 73 (m.w.N.).
71 So wohl zu Recht Nolte (1974), S. 236.
72 Vgl. i.e. Wettig (1967), S. 243ff. (m.w.N.).
73 Zit. in Ruhl (1985), S. 196f.
74 Gniffke (1966), S. 262.
75 Nolte (1974), S. 237. Nolte bezeichnete diese Polizeitruppe als “der Sache nach eine Parteiarmee der SED” (a.a.O.).
76 Zit. in Grieneisen (1952), S. 9.
77 Zit. in Grieneisen, a.a.O., S. 7.
78 Zit. in Grieneisen, a.a.O., Einl.
79 Zit. in Kersting (1952), S. 5.
80 Nawrocki (1979), S. 146.
81 Vgl. i.e. Uschakow (1986).
82 Ausführlich über die Remilitarisierungsproblematik in der SBZ/DDR auch die allerdings deutlich von der Sprache des Kalten Krieges geprägte Darstellung von Kabel (1966).
83 Zit. in Baring (1969), S. 387f.
84 Institut für deutsche Militärgeschichte (1965), S. 10f.
85 Dass. (1965), S. 6.
86 Zit. in Grieneisen (1952), S. 60.
87 Vgl. Fischer (1985), Anmerkungen zur sowjetischen Deutschlandpolitik in der Phase der EVG, S. 235ff.; ausführlicher zur Gesamtproblematik aus damaliger Sicht der SPD vgl. Vorstand der SPD (1953).
88 Esser (1982), S. 2.
89 Ollenhauer (1955), S. 5228.
90 Hermann (1968), S. 579f. (m.w.N.).
91 Schubert (1970), S. 201.
92 Schubert, a.a.O., S. 206.
93 Schubert, a.a.O., S. 80ff.
94 Lehmann/Wendt (1956), S. 5.
95 Feddern (1971), S. 211 (m.w.N.).
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