Masterarbeit, 2020
121 Seiten, Note: 1,0
1. EINLEITUNG
1.1 Persönlicher Zugang
1.2 Aktueller Forschungsstand
1.3 Aufbau der Arbeit
2 VERGEMEINSCHAFTUNG - EINE BEGRIFFSBESTIMMUNG
2.1 Gemeinschaft und Gesellschaft
2.2 Vergemeinschaftung und Vergesellschaftung
2.3 SUBKULTUREN ALS FORM VON GEMEINSCHAFT
2.4 Gemeinschaft und Jugend in der modernen Gegenwart
2.4.1 Posttraditionale Gemeinschaften
2.4.2 Vergemeinschaftung in Szenen
2.5 Kurzes Zwischenfazit
3 ULTRAS - EINE ANNÄHERUNG
3.1 Vom Publikum zum Fan
3.2 Die Ursprünge von Ulträ in Italien
3.3 Ulträ in Deutschland - damals und heute
3.3.1 Die Konstitutionsphase
3.3.2 Die Etablierungsphase
3.3.3 Die Wandlungsphase
3.4 Ultras in Deutschland - eine Bestandsaufnahme
3.4.1 Daten und Fakten
3.4.2 Werte, Normen und das Selbstverständnis
3.4.3 Geschlecht und Ultra
3.4.4 Politische Ausrichtung und Protest gegen den modernen Fußball
3.4.5 Gewalt und Pyrotechnik
3.5 Weitere Fangruppierungen im Stadion
3.5.1 Kuttenfans
3.5.2 Hooligans
4 ULTRAS - EINE SZENE, JUGEND- ODER SUBKULTUR?
5 ZUSAMMENFASSUNG UND FRAGESTELLUNG
6 UNTERSUCHUNGSKONZEPTION
6.1 Stichprobe
6.2 Untersuchungsmethode
6.3 Durchführung der Untersuchung
6.3.1 Leitfadenkonstruktion und Pilotphase
6.3.2 Interviewdurchführung
6.4 Auswertung
7 UNTERSUCHUNGSERGEBNISSE
7.1 Spielregeln der Lebenswelt von Ultras
7.1.1 Einstiegsszenarien
7.1.2 Hierarchisierung bei Ultras
7.1.3 Werte und Normen des Zusammenlebens
7.1.4 Solidaritätsgemeinschaft.
7.1.5 Gesellschaftspolitischer Anspruch
7.1.6 Distinktions- und Autonomiebestrebungen
7.1.7 Mitgliederakquise
7.1.8 Ausstiegsszenarien
7.2 REGELVERSTÖßE IN DER LEBENSWELT VON ULTRAS
7.2.1 Konflikte mit der Polizei.
7.2.2 Gewalt und Reviermarkierungsverhalten
7.2.3 Pyrotechnik
7.2.4 Stadionverbote
7.2.5 Sexismus und Männlichkeitskult
7.2.6 Konflikte außerhalb des Fußballs
8 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
9 LITERATUR
10 ANHANG
Am 29.02.2020 spielte der FC Bayern München in Sinsheim gegen die TSG Hoffenheim und gewann sensationell mit 6:0. In den Medien sorgten jedoch Ereignisse abseits des Spielgeschehens für Aufsehen. In der 67. Minute entrollten Anhänger*innen der Münchener Ultragruppierung „Schickeria München" Schmähplakate gegen Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp, woraufhin der Schiedsrichter das Spiel unterbrach. Nach vorübergehender Entfernung der Banner tauchten diese wenige Minuten nach Wiederanpfiff erneut im Fanblock der Münchener Fans auf, sodass das Spiel zum zweiten Mal unterbrochen wurde. Hintergrund der Aktion war ein kollektiver Fanprotest gegen den DFB, der Fans von Borussia Dortmund entgegen aller Versprechen mit Kollektivstrafen belegt hatte. Karl-Heinz Rummenigge bezeichnete die Protestaktion der „Schickeria" im Nachgang als das „hässliche Gesicht des Fußballs", während sich viele weitere Ultragruppierungen anderer Vereine mit ihren Gegenübern aus München solidarisierten und die provokante Grenzüberschreitung seitens der Münchener Fans guthießen. Die öffentliche Debatte in Folge des 24. Spieltags der Saison 2019/2020 machte deutlich, dass die Ereignisse jenes Samstagnachmittags für einen generationsübergreifenden Kulturkampf stehen, der die Gemüter im deutschen Fußball erhitzt. Rebellische Fußballromantiker, wie die Münchener Ultras, treten dabei gegen mächtige Fußballkonzerne an, die durch die ihre wirtschaftlichen Interessen den Fußball in Deutschland maßgeblich beeinflusst haben. Stellvertretend und als Symbolfigur für die Kommerzialisierung des modernen Fußballs steht dabei Dietmar Hopp, der im Zuge seines Engagements bei der TSG Hoffenheim ins Fadenkreuz der Ultras geraten ist und sich nun Beleidigungen und Diffamierungen ausgesetzt sieht.
Fest steht: Das Verhalten von Ultras ist für Außenstehende nicht immer nachvollziehbar. So sorgen sie auf der einen Seite für fußballspielbezogene Stimmung im Stadion, lieben ihren Verein bedingungslos und würden alles für ihre Vereinsfarben und ihre Gruppe tun. Auf der anderen Seite legen sie sportunabhängiges oder sogar spielunterbrechendes Verhalten an den Tag, welches ihrem Verein unter Umständen Schaden zufügen kann. Dieser Widerspruch stellt auch die Wissenschaft vor Rätsel (vgl. Thalheim, 2019a, S. 113). Ultras, dessen Ursprünge in Italien liegen, sind eben besonders kritische Fußballfans und dominieren die Stehtribünen der deutschen Stadien mit ihrer speziellen Form der akustischen und optischen Unterstützung. Neben dem Support-Gedanken ihres Vereins engagieren sie sich inhaltlich jedoch auch gegen den modernen Fußball mit all seinen Auswüchsen und werden für dieses Engagements in der Medienlandschaft nicht nur positiv rezipiert (vgl. Adam, 2016, S. 65; Verma, 2012, S. 38).
Schwier (2009) beschreibt die Handlungen der Ultras als „die möglichst erlebnisintensive, gemeinschaftliche, den Wettbewerb mit anderen Anhängergruppen betonende und auf Unabhängigkeit von der Vereinsführung bedachte Inszenierung des Fantums" (S.151). Für Jugendliche sind provokante, nonkonforme und polarisierende Jugend- oder Subkulturen wie die der Ultras daher besonders ansprechend (vgl. Tönjann, 2012, S. 130). Als Ultra wird eine Person bezeichnet, die Teil dieser Fankultur ist. wobei gleichzeitig mit dem Begriff auch das Phänomen an sich beschrieben wird. Heribert Bruchhagen, einstiger Vorstandsvorsitzender von Eintracht Frankfurt, äußerte sich in Hinblick auf seine Einschätzungen zur Ultrakultur folgendermaßen: „Die Ultrabewegung übt auf junge Menschen eine Faszination aus, die man nicht erklären kann" (vgl. FAZ, 2011).
Anhand der vorliegenden Arbeit soll jedoch genau dies erreicht werden. Dementsprechend ist das ausgesprochene Ziel, auf explorative Art und Weise die Lebens- und Verhaltensweisen, Handlungspraktiken, Weltanschauungen, Stile und andere identitätsstiftende Merkmale der Ultraszene kennenzulernen. Es geht zunächst darum, das Konzept der Vergemeinschaftung theoretisch zu erarbeiten und zu systematisieren. Darauf erfolgt eine Annäherung an das Themenfeld der Ultras und eine Bezugnahme zum Vergemeinschaftungsbegriff, um Erkenntnisse bezüglich der in der Kultur stattfindenden Vergemeinschaftungsprozesse zu erlangen und wie diese interpretiert, erfahren und mitgestaltet werden. Es wird ferner angestrebt, Ein- und Ausstiegsszenarien der Szene zu beleuchten und zu erklären, warum Ultras gesellschaftliche Grenzen wie im oben genannten Beispiel überschreiten oder sich trotz großer Rivalitäten miteinander solidarisieren. Es sollen Informationen über die Szene im Allgemeinen gesammelt und die maßgeblichen Werte und Normen der Ultras in Hinblick auf eine sich immer mehr individualisierende Gesellschaft erforscht werden.
Zum Untersuchungsgegenstand wird dabei eine Fankultur gemacht, der aus wissenschaftlicher Sicht noch nicht das Interesse entgegengebracht wurde, welches sie eigentlich verdient hätte. Mit Hilfe eines qualitativen Forschungsdesigns und leitfadenorientierten Interviews, bei der Ultras selbst zu Wort kommen werden, wird ein tiefergehender Einblick in eine sonst sehr verschlossene und abgeschottete Szene ermöglicht. Diese Arbeit wird allerdings keinen Versuch wagen, die Erkenntnisse in Bezug auf die Konflikte, Forderungen oder Auseinandersetzungen, die in der Lebenswelt der Ultras stattfinden, zu relativieren. Ebenfalls ist es unmöglich, pädagogische Vorschläge zu machen oder Empfehlungen hinsichtlich der Eindämmung von gewaltsamen Auseinandersetzungen, die zweifelsohne in der Welt der Ultras stattfinden, auszusprechen.
Bevor es zu einer Aufarbeitung der bereits vorliegenden Fachliteratur über Ultras kommt, möchte ich in diesem Kapitel kurz meinen persönlichen Zugang zum Forschungsfeld erläutern und erklären, mit welchen Motiven ich mich dazu entschlossen habe, die Lebenswelt der Ultras zu erforschen.
Ich spiele selbst seit meiner frühen Kindheit Fußball im Vereinsbetrieb und ließ mich schon immer von Geschichten und Mythen rund um die „schönste Nebensache der Welt" faszinieren. Als Kind genoss ich es, mit meinem Onkel ins nahe gelegene Stadion zu gehen und meinen Herzensverein von der Sitzplatztribüne aus zu unterstützen. Auch wenn zu der Zeit der sportliche Erfolg und damit einhergehende niedrige Zuschauerzahlen kein besonders guter Grund für einen Stadionbesuch waren, ließ mich der Verein nicht los. Alle zwei Wochen versuchte ich, die Spiele zu besuchen, um die Stadionatmosphäre erleben zu können und mich mit all den anwesenden Zuschauer*innen kollektiv über Tore zu freuen oder mich gemeinsam mit ihnen über vergebene Torchancen und niederschmetternde Niederlagen aufzuregen. Doch oftmals war das Spiel ohnehin nicht so wichtig, denn meine Aufmerksamkeit galt stets einer kleinen Gruppe auf der anderen Seite des Stadions, die für Stimmung sorgte. Ich war fasziniert von den Fangesängen, die ich auswendig zu lernen pflegte, war begeistert von den bunten Fahnen, Doppelhaltern und regelmäßig präsentierten Choreographien, sodass ich mich eines Tages entschloss, die Sitzplätze zu verlassen und selbst in die Masse einzutauchen. Von dem Tag an ließ mich die Fankultur mit all ihren Facetten nicht mehr los, ich lernte mit der Zeit einige Gesichter der hiesigen Ultraszene kennen, erhielt Einblick in eine spannende Lebenswelt und sympathisierte als Jugendlicher mit ihrer rebellischen Grundhaltung. Dennoch möchte ich an dieser Stelle hervorheben, dass ich selbst nie Mitglied einer Ultragruppierung gewesen bin und mich selbst auch nicht als Ultra bezeichnen kann. Es wird sich im Laufe der Arbeit zeigen, dass Ultra oft „Ganz oder gar nicht" bedeutet und ich mich mit diesem Paradigma nur bedingt identifizieren kann und die Handlungsweisen der Ultras im Laufe meiner eigenen Fanbiographie stets kritisch zu hinterfragen wusste. Wäre das Gegenteil der Fall, sähe ich mich einem vorbelasteten wissenschaftlichen Ansatz ausgesetzt, der eine Auseinandersetzung mit der Thematik im besten Falle problematisch, im schlimmsten Falle unmöglich machen würde. Dennoch verbrachte ich den Großteil meiner Jugend im Stadion und wurde sicherlich auch durch Ultra ein Stück weit sozialisiert.
Wird die Wertgrundlage, auf der diese Arbeit basiert, offengelegt und wird sich dieser Tatsache stets bewusst gemacht, reflexiv und kritisch mit jener fehlenden Objektivität umzugehen, kann die Nähe zum Untersuchungsobjekt als „Ressource produktiv und kreativ für den Erkenntniszugewinn mobilisieren" und produktiv genutzt werden (Hebenstreit, 2012, S. 30). Vor diesem Hintergrund wollte ich selbst einen Beitrag zur Aufklärungsarbeit über Praktiken und Handlungsweisen von Ultras leisten und Außenstehende verstehen lassen, was sich in der Lebenswelt der Ultras abspielt, wie sie sich vergemeinschaften oder welche Motivation hinter ihren Protestaktionen steckt. Ich bin mir der negativen Konnotationen, die durch den Begriff „Ultra" verbunden werden, aus Gesprächen mit Freunden oder der Familie bewusst und möchte diesbezüglich Aufklärungsarbeit leisten. Durch meine persönlichen Kontakte in die Szene habe ich die Möglichkeit erkannt, empirisch wertvolle Daten einer sonst sehr verschlossenen Szene zu generieren und das Feld gleichzeitig mit einem wissenschaftlichen Anspruch aufzurollen. Auf Basis gegenseitigen Vertrauens wird es möglich, empirische Daten über sehr persönliche Sachverhalte, wie z.B. begangene Straftaten oder erhaltene Anzeigen, zu erhalten.
Dabei möchte ich darauf hinweisen, dass ich durch meinen persönlichen Zugang nicht gänzlich in der Lage sein werde, einem allgemein vorherrschenden Anspruch auf Objektivität gerecht zu werden. Dadurch, dass ich jedoch transparent und offen mit meinem eigenen Standpunkt umgehe und meinen Kontakt zur Ultraszene während des gesamten Verlaufs dieser Arbeit offenlege, legitimiere ich die Wahl des Themas meiner Masterarbeit und werde versuchen, eine selbstreflexive Herangehensweise an das Forschungsfeld im Rahmen meiner Möglichkeiten zu priorisieren.
Eine intensive Auseinandersetzung mit den Vergemeinschaftungspraktiken von Ultras beginnt mit dem Blick auf den aktuellen wissenschaftlichen Forschungsstand des Feldes. Mit Hilfe einer chronologischen Einordnung der Publikationen wird herausgestellt, welche fachwissenschaftlichen Veröffentlichungen bereits Aspekte des Vorhabens dieser Arbeit begutachtet haben und welche Literatur für die theoretische Aufarbeitung des Feldes von Nutzen ist. Dabei ist der wissenschaftliche Hintergrund der Autor*innen für die Einordnung ihrer Ergebnisse nicht unerheblich, um die Motivation des Geschriebenen nachvollziehen zu können.
Zunächst lässt sich feststellen, dass das Forschungsfeld in dieser Variation weitestgehend unerschlossen ist und es keine zufriedenstellende, empirisch fundierte Darstellung des Feldes in seiner ausgesprochenen Vielfalt gibt (vgl. Thein & Linkelmann 2011, S. 19). Aufgrund des schlechten Images von Ultras wird in der Literatur häufig lediglich auf die gewalttätigen Potenziale von Ultras verwiesen. Erst seit der Fußball-Weltmeisterschaft im Jahr 2006 im eigenen Land fand eine umfassendere Auseinandersetzung mit der Ultrakultur statt, wobei es bereits in den Jahren zuvor erste Versuche einer Annäherung an das Feld gegeben hat. Aber „kaum jemand hat sich wirklich die Mühe gemacht, sich mit dieser Erscheinungsform ernsthaft und ausgewogen auseinanderzusetzen“ (ebd., S.7).
Als Hauptwerk des Feldes gilt nach wie vor die Arbeit „Wandlungen des Zuschauerverhaltens im Profifußball“ des Sportsoziologen Pilz et al. aus dem Jahr 2006, insbesondere der Abschnitt „Ultraszene in Deutschland“ von Pilz und Wölki (2006). Auf Basis eines Methodenmixes, bestehend aus Auswertungen von 230 Fragebögen, Feldbeobachtungen, qualitativen Inhaltsanalysen, leitfadengestützten und problemzentrierten Interviews, Dokumenten- und Internetrecherchen sowie aus Erkenntnissen von Fachkonferenzen, erlangte man erste wissenschaftliche Erkenntnisse über Ultras. Knapp 14 Jahre später wird aus einem Mangel an Alternativen auch heute noch auf die teilweise veralteten Ergebnisse zurückgegriffen. So bildet diese Arbeit keine Ausnahme und entnimmt dem Buch Informationen der Szene bezüglich ihrer Geschichte, Gruppenstruktur und Heterogenität.
Im gleichen Jahr erschien die Diplomarbeit „Kollektives Engagement ,gegen den modernen Fußball‘. Motive und Bedingungen für kollektives Handeln in Ultrâ-Gruppierungen“ von Markus Verma (2006). Der Sozialwissenschaftler gewann vielseitige Erkenntnisse auf Basis von Interviews mit zwei Ultragruppen und bettete das subkulturelle Phänomen Ultra mit ihren Praktiken und Logiken in einen gesellschaftlichen Rahmen ein. Sein Eingehen auf den Gemeinschaftsgedanken der Ultras und damit verbundene kollektive Handlungen eröffnen den soziologischen Zugang zur vorliegenden Arbeit.
Ab 2010 fand eine Zunahme literarischer Publikationen über Ultras statt. So sind hier Veröffentlichungen des Pädagogen Marcus Sommerey (2010) mit dem Titel „Die Jugendkultur der Ultras. Zur Entstehung einer neuen Generation von Fußballfans“ oder Daniel Langers (2010) Buch „Faszination Ultras: Aspekte und Erklärungsansätze zur Fußballfan- und Jugendkultur“ zu nennen. Als eines der wichtigsten Werke dieser Zeit erschien im Jahr 2011 das Buch „Die Ultras. Fußballfans und Fußballkulturen in Deutschland“ des Politikwissenschaftlers Jonas Gabler, dessen Ergebnisse das Fundament des theoretischen Teils dieser Arbeit liefern. Es gelang ihm, durch Quellenanalysen, in erster Linie des Fanzines1 „Blickfang Ultra“, und anhand von persönlichen Gesprächen mit italienischen und deutschen Ultras das Innenleben und die Beweggründe von Ultragruppen aufzuarbeiten und das Phänomen Ultra in einen gesellschaftlichen Kontext einzubetten. Das Sammelwerk „Ultras im Abseits? Porträt einer verwegenen Fankultur“, welches von Thein & Linkelmann (2012) herausgegeben wurde, beleuchtet die Ultrabewegung aus verschiedenen Perspektiven und ist aufgrund der Einbindung etablierter Wissenschaftler, Journalisten, ehemaliger Fußballfunktionäre, Mitarbeitenden von Fanprojekten, Politikern, Polizisten und Ultras selbst besonders nützlich für die Feldannäherung. Dadurch wird ein ausgewogener Einblick in das komplexe soziale Gebilde der Bewegung möglich.
Einen weniger wissenschaftlichen Ansatz wählte der Journalist Christoph Ruf (2013) mit seinem Buch „Kurvenrebellen. Die Ultras. Einblicke in eine widersprüchliche Szene". Er führte in verschiedenen Fanszenen in Deutschland Interviews mit wechselnden thematischen Schwerpunkten und wertet die Ergebnisse seiner Befragungen offen und ehrlich. An einigen Stellen mangelt es dem Autor jedoch an einer empfehlenswerten wissenschaftlichen Neutralität, sodass sein Blickwinkel im Rahmen dieser Arbeit nur bedingten Einfluss in die Theoriegewinnung hat.
Aus dem Bereich der Angewandten Sozialwissenschaft der Fachhochschule Dortmund stammt die Feldstudie „Block X- Unter Ultras. Ergebnisse einer Studie über die Lebenswelt Ultra in Westdeutschland" aus dem Jahr 2013. Die Herausgeber Sven Kathöfer und Jochem Kotthaus (2013) führten ohne Forschungsgelder 55 biographisch-narrative Interviews mit Ultras aus Westdeutschland durch und fingen weitere Stimmen in Form von Experteninterviews mit Fanbeauftragten oder Mitarbeiterinnen von Fanprojekten ein. Ihr Ziel war es, die Motivlagen von Anhänger*innen des Fußballsports, die einer Ultragruppe angehören, zu erfassen und deren Werdegänge, Ideale und Lebensverläufe zu erforschen. Die Ergebnisse des Buches bilden das Fundament des Theorieteils dieser Arbeit, vor allen Dingen in Hinblick auf die Konstitution der Ultras in der Fanlandschaft in Deutschland. Des Weiteren bietet das angewandte Vorgehen der Feldstudie wichtige Hinweise auf die Planung, Durchführung und Auswertung der vorliegenden empirischen Arbeit.
Mit welchen klassischen Subkulturen die Ultrakultur Berührungspunkte aufweist und inwiefern sich Szenen wechselseitig befruchten, beantwortet das zeitgemäße Sammelwerk „Ultras. Eine Fankultur im Spannungsfeld unterschiedlicher Subkulturen" aus dem Jahr 2016. Die Herausgeber Gabriel Duttler und Boris Haigis sind Mitarbeiter am Institut für Fankultur in Würzburg und ordnen die Ultrakultur in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext ein. Obwohl die wissenschaftlichen Beiträge und dargelegten Interviews Schnittstellen mit anderen Subkulturen in den Mittelpunkt rücken und diese im Folgenden in erster Linie außer Acht gelassen werden, hilft das Buch dabei, die Werte und das Selbstverständnis der Ultras besser zu verstehen.
2019 erschien der Sammelband „Fußball als Soziales Feld", welches von Thole, Pfaff und Flickinger herausgegeben wurde. Aus einer human- und bildungs-wissenschaftlichen Perspektive stellt es den Fußball als eventisiertes und ökonomisches Kulturphänomen dar und ordnet ihn in den Kontext sozialen Wandels ein. Besonders der Beitrag „Tribünenpraktiken von Ultrafans im Fußballstadion: Von Zuschauerinnen zu Mitmacher*innen" des Sozialpädagogen Vinzenz Thalheim (2019b) beleuchtet die jugendkulturellen Dynamiken und Praktiken der Ultrakultur eindrucksvoll.
Wie die Auflistung zeigt, existieren bereits diverse Werke mit wissenschaftlichem Zugang, die sich mit der Ultrakultur auseinandersetzen. Angesichts der geringen Anzahl an umfassenden Felduntersuchungen, denen es darüber hinaus an Aktualität mangelt, kann von einer umfassenden und nützlichen ethnographischen Empirie nicht die Rede sein. Die besondere Form der Vergemeinschaftung in Ultragruppierungen und die Einordnung ihres Wirkens in einen gesellschaftlichen Kontext kommt in den angeführten Werken unterschiedlich intensiv zum Ausdruck. Dieses Forschungsdefizit gilt es, im Zuge dieser Arbeit zu beheben und einen Beitrag zum besseren Verständnis der Gemeinschaftspraktiken von Ultras zu leisten. Den Anfang machten Hitzler und Niederbacher (2010) mit ihrem Werk „Leben in Szenen", in dem unter anderem die Ultrakultur in Hinblick auf ihre Vergemeinschaftungsprozessen analysiert wird. Die bereits vorliegenden Annäherungsversuche gilt es zu hinterfragen, verfeinern und zu erweitern.
In dieser Arbeit wird zunächst der Vergemeinschaftungsbegriff definiert, um eine theoretisch fundierte Ausgangslage zu schaffen (Kap. 2). Es folgt eine theoretische Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Ultrakultur (Kap. 3). Im weiteren Verlauf werden beide Theorie-Teile zusammengeführt, um die Frage zu beantworten, ob es sich bei der Ultrakultur um eine Szene, Jugend- oder Subkultur handelt (Kap. 4). Ist dies geschehen, wird eine kurze Zusammenfassung vorgelegt, woran die Fragestellung dieser Arbeit abgeleitet wird (Kap. 5). Im empirischen Teil wird als erstes die Untersuchungskonzeption vorgestellt (Kap. 6). Auf Grundlage der theoretischen Aufarbeitung der Vergemeinschaftung und des Ultra-Phänomens schließen sich im Kern dieses Elaborats die Untersuchungsergebnisse an (Kap. 7). Schließlich kommt es zu einer Zusammenfassung der Ergebnisse und ebenfalls wird ein Ausblick auf weitere Forschungsfragen gewagt, die in der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit nicht beantwortet werden konnten (Kap. 8).
Wie der Titel der vorliegenden Arbeit bereits vorwegnimmt, handelt es sich bei Ultras um eine spezielle Form der Vergemeinschaftung. Um besser verstehen zu können, wie Ultras zu einer Gemeinschaft werden und wie Gemeinschaften aus historisch-soziologischer Sicht Einfluss auf die individuelle Entwicklung Einzelner nehmen können, wird im nächsten Teil der Arbeit auf eine Begriffsbestimmung von Vergemeinschaftung zurückgegriffen. Es wird mit einer Bestimmung des Gemeinschaftsbegriffs begonnen (Kap. 2.1). Es folgen die Begriffsbestimmungen von Vergemeinschaftung nach Weber (1972), Simmel (1968) und Durkheim (1994) sowie eine Definition des Kohäsions-Terminus (Kap. 2.2). Im Anschluss daran wird die Subkultur als spezielle Form einer Gemeinschaft mit ihren typischen Charakteristika aufgearbeitet (Kap. 2.3), um im nächsten Schritt den Fokus auf die Gemeinschaft und Jugend in der modernen Gegenwart zu legen, die sich durch vielschichtige Individualisierungs- und Globalisierungsprozesse auszeichnet (Kap. 2.4). Daraufhin wird kurz der Begriff der posttraditionalen Gemeinschaften bestimmt (Kap. 2.4.1) und im nächsten Kapitel anhand der Vergemeinschaftung in SzeneNetzwerken konkretisiert (Kap. 2.4.2).
Der Begriff der „Gemeinschaft“ gehört zu einem der Schlüsseltermini in der Soziologie, wenngleich er unterschiedliche Konnotationen hervorruft und in unterschiedlicher Intensität Verwendung in der Gesellschaft findet (Opielka, 2006). Bereits Tönnies versuchte sich 1887 an einer Begriffsbestimmung, indem er „Gemeinschaft“ und „Gesellschaft“ gegenüberstellte. Die „Gemeinschaft“ begreift er dabei als ein „reales und organisches Leben“ (Tönnies, 1991, S. 3), während er der antagonistischen „Gesellschaft“ eine „ideelle und mechanische Bildung“ (ebd.) zuschreibt. Auf der einen Seite basieren Gemeinschaften laut seinem Verständnis auf drei Arten von Sozialbeziehungen. Die primären Stammverwandtschaften, hergestellt durch Mutter-Kind-, Ehepartner- und Geschwisterverhältnisse, legen den Grundstein für etwaige weitere Beziehungen zur Verwandtschaft, Nachbarschaft und für Freundschaften: „Wo immer Menschen in organischer Weise durch ihren Willen miteinander verbunden sind und einander bejahen, da ist Gemeinschaft von der einen oder der anderen Art vorhanden“ (ebd., S.12). Im Vordergrund steht also in Gemeinschaften nicht nur ein physisches Zusammenleben, sondern primär psychische, gemeinsame Interessen und Wertevorstellungen. Weitere Beispiele für Gemeinschaften sind klar begrenzte Gebilde wie Familien, Häuser, Dörfer oder Städte. Sie weisen überdies eine gewisse hierarchische Strukturiertheit, räumliche, geistige und affektuelle Nähe auf und bilden das Fundament für Solidarität. In eine derartige Gemeinschaft wird man entweder hineingeboren oder durch biographische Umstände, beispielsweise eine Heirat, geleitet. Daraus ergibt sich, dass diese Verhältnisse nicht auf Freiwilligkeit in Bezug auf den Eintritt oder den Austritt in sie basieren (vgl. Niekrenz, 2011, S. 23f.). An dieser Stelle wird auf die Definition des Begriffs der „Gesellschaft“ verzichtet und mit dem Vergemeinschaftungs- und Vergesellschaftungsbegriff nach Weber (1972) fortgefahren.
Knapp ein Jahrhundert später wird Tönnies Unterscheidung durch den Soziologen Max Weber (1972) in „Wirtschaft und Gesellschaft“ rekapituliert und verfeinert, sodass bei ihm die Begriffe der Gemeinschaft und Gesellschaft durch die Termini der „Vergemeinschaftung“ und „Vergesellschaftung“ ersetzt werden. Sein Interesse dabei gilt der Prozesshaftigkeit sozialen Handels und er hebt die Flüchtigkeit dieses sehr dynamischen Konstrukts hervor, welches, um weiter zu existieren, immer wieder re-artikuliert und reproduziert werden muss (vgl. Reuter, 2008, S. 665). Er definiert den Terminus der Vergemeinschaftung folgendermaßen: „‘Vergemeinschaftung‘ soll eine soziale Beziehung heißen, wenn und soweit die Einstellung des sozialen Handelns - im Einzelfall oder im Durchschnitt oder im reinen Typus - auf subjektiv gefühlter (affektueller oder traditionaler) Zusammengehörigkeit der Beteiligten beruht“ (vgl. Weber, 1980, S. 21). Weber schreibt dem Wir-Gefühl und einer Abgrenzung gegenüber Dritten eine wichtige Bedeutung bei der Entstehung von Vergemeinschaftung zu, die auf Irrationalität zurückzuführen ist. Er merkt an, dass die gleiche Herkunft oder eine gleiche Religion noch kein Merkmal für Vergemeinschaftung sind (vgl. Weber, 1972, S. 22). Gelingt es jedoch, Personen ein Zusammengehörigkeitsgefühl erleben zu lassen und an eine Gruppe zu binden, so entstehen enge emotionale Verbindungen und es entwickelt sich eine wechselseitige Verhaltensorientierung, die in Vergemeinschaftung mündet (vgl. Niekrenz, 2011, S. 25f.).
Der Soziologe Georg Simmel nimmt ebenfalls eine Begriffsannäherung an „Vergesellschaftung“ vor. Gesellschaft beginnt für Simmel (1968) dort, „wo mehrere Individuen in Wechselwirkung treten“ (S.4). Gefühle bilden die Grundlage sozialen Handelns in einer Gesellschaft, während emotionales Handeln für Integration in eine Gesellschaft sorgt. Gruppen bilden sich laut seines Verständnisses also auf Basis von gemeinsamen primären Gefühlen, z.B. Liebe, Glaube, Sehnsucht oder Hoffnung. Teilen Menschen diese Gefühle, so entsteht, wie bereits bei Weber erarbeitet, ein Wir-Gefühl und eine gespürte Zusammengehörigkeit, die in einem kollektiven Verhalten und einer Gemeinschaft mündet. Werden diese primären Gefühle von Teilen der Gemeinschaft nicht geteilt, so werden sie kategorisch aus ebenjener ausgeschlossen. Erst im nächsten Schritt entstehen sekundäre Gefühle innerhalb der Gemeinschaft, die sich durch Treue, Dankbarkeit oder Vertrauen bemerkbar machen (vgl, Simmel, 1968, S. 5-10). Sie stabilisieren die Gruppe ebenso wie die Gegnerschaft gegen einen meist abstrakten Dritten: „Es ist eine Tatsache von der größten soziologischen Bedeutung, [...] dass die gemeinsame Gegnerschaft gegen einen Dritten unter allen Umständen zusammenschließend wirkt, und zwar mit sehr viel größerer Sicherheit so wirkt, als die gemeinsame freundliche Beziehung zu einem Dritten" (vgl. Simmel, 1968, S. 457). Ein Freund-Feind-Schema macht soziale Beziehungen erst spürbar und lässt die Mitglieder einer Gemeinschaft erkennen, warum ein Erhalt der Gruppe notwendig ist (vgl. Niekrenz, 2011, S. 27).
In Émile Durkheims Auseinandersetzung mit Gemeinschaft wird der Solidargedanke hervorgehoben. Wie Simmel sieht auch er in Emotionen die Grundlage für gruppenkohäsive und -konstruierende Prozesse. Laut seiner Aussage bilden sich Gemeinschaften auf einem gemeinsamen moralischen Kodex und werden durch religiöse Riten gefestigt. Es geht dabei vor allen Dingen um die sinnlich erfahrbare Nähe zu anderen Menschen:
„Es gibt keine Gemeinschaft, die nicht das Bedürfnis fühlte, die Kollektivgefühle und Kollektivideen in regelmäßigen Abständen zum Leben zu erwecken und zu festigen. Diese moralische Wiederbelebung kann nur mit Hilfe von Vereinigungen, Versammlungen und Kongregationen erreicht werden, in denen die Individuen, die einander stark angenähert sind, gemeinsam ihre gemeinsamen Gefühle verstärken“ (vgl. Durkheim, 1994, S. 571).
Neben den rituellen Zusammenkünften dienen auch Bilder und Zeichen dem Zusammengehörigkeitsgefühl der Gruppe. Geteilte Gefühle und rituelle Praktiken führen dementsprechend zu Gruppenkohäsion (vgl. Niekrenz, 2011, S. 28).
Mit Konzepten zur Vergemeinschaftung oder der Solidarität wird versucht, Prozesse des Zusammenschließens und der Zugehörigkeit zu eruieren. Kern dieser Konzepte bildet jeweils die Unterscheidung von Gemeinschaft und Gesellschaft, welche sich primär durch persönliche Beziehungen und Bindungen der Mitglieder und deren Zusammengehörigkeitsgefühl vollzieht. Durkheim berichtet in diesem Kontext von Kohäsion, einem Begriff, der etymologisch vom lateinischen Verb „cohaerere“ rührt und so viel wie „Zusammenhalten“ oder „festhalten“ bedeutet. Dem Konstrukt von Zusammenhalt wird nachgesagt, dass er eine maßgebliche Wirkung auf die Zufriedenheit, Partizipation und Arbeitsleistung von Gruppen hat (Cartwright, 1968). Schlicht und Strauß (2003) definieren Kohäsion wie folgt: „Kohäsion beschreibt den Zusammenhalt, die Widerstandsfähigkeit der Gruppe gegenüber gruppenauflösenden Tendenzen. Sie wird historisch als die wichtigste Gruppenvariable angesehen“ (S.76). Für den Erfolg einer Gruppe ist die Kohäsion ein elementarer Bestandteil. Ihre sportwissenschaftliche Relevanz wurde zumeist im Zusammenhang mit Mannschaftssportarten überprüft, wobei es dabei überwiegend um ihren Einfluss auf die sportliche Leistungsfähigkeit ging (Weiß, 2008). Sie lässt sich im Laufe der Arbeit jedoch auch in der Lebenswelt der Ultras wiederfinden. Im sportsoziologischen Kontext postulieren Klein und Meuser (2008), dass Vergemeinschaftung auch im Fußball stattfinden kann:
„In Prozessen der Vergemeinschaftung entwickelt sich eine spezifische, emotional gebundene, als essentiell erlebte Solidarität und Kollektivität, die sich in traditionalen wie posttraditionalen, realen wie imaginären, lokalen wie globalen Formen von Vergemeinschaftung in verschiedenen Ausprägungen auch in der Welt des Fußballs zeigt“ (vgl. Klein & Meuser, 2008, S. 9).
Nachdem der Begriff der Vergemeinschaftung nun bestimmt wurde, ist es im nächsten Schritt notwendig, sich ihren verschiedenen Ausprägungsformen zu widmen. Die Auseinandersetzung mit Vergemeinschaftungen der jüngeren Vergangenheit und der heutigen Gegenwart beginnt dabei mit einer Begriffsbestimmung des Subkulturbegriffs.
Unter Subkulturen versteht man spezielle Formen einer Vergemeinschaftung, „die Teil eines größeren kulturellen Ganzen sind, jedoch Normenordnungen aufweisen, die von der Gesamtkultur abweichen“ (Lipp 2002, S. 583). Dabei bedeutet Kultur in diesem Kontext die Lebensform der Mitglieder einer Gesellschaft oder von gesellschaftlichen Gruppierungen. In anderen Worten ausgedrückt: Kultur umschließt alles nicht Biologische in einer Gesellschaft, d.h. sie ist die Summe aller gesellschaftlichen Institutionen, Bräuche, Werkzeuge, Wertordnungssysteme, Präferenzen, Bedürfnisse, usw. (vgl. Schwendter, 1971, S. 10f.). Giddens (1999, S. 45) misst der Kultur eine hohe Bedeutung zu, indem er sie als wesentlichen Teil dessen, was uns zum Menschen macht, betrachtet. In der Vergangenheit gehörten Rocker, Punks oder Teds Subkulturen an, die durchaus als Bestandteil wichtiger gesellschaftlicher Entwicklungsprozesse zu betrachten sind (vgl. Duttler & Haigis, 2016, S. 11).
Die Terminologie der Subkultur setzt sich aus dem Lateinischen „cultura“, also „Bearbeitung“ oder „Pflege“, und „sub“, was mit „unter“ übersetzt werden kann, zusammen. Demzufolge entsteht ein Zusammenhang von Kultur mit einer anderen, untergeordneten menschlichen Lebensweise, die sich vom gängigen Mainstream der vorherrschenden Kulturen abgrenzt bzw. unterscheidet (Gelder, 2005). Innerhalb einer Subkultur erfolgt jedoch keine vollständige Isolation vom Mainstream. Neben einigen Unterschieden zur Hauptkultur finden „vielfältige Verbindungen und Schnittmengen mit sowohl den Lebensweisen der Elterngenerationen als auch den gegenwärtig dominanten Kulturformen“ (Clarke et al., 1975) in einer Subkultur Anklang.
Williams (2011) stellt fest, dass Subkulturen oftmals mit gesellschaftlicher Ausgrenzung, sprich Marginalisierungsprozessen, gleichgesetzt werden. Er stellt folglich in Frage, ob eine Subkultur die Reaktion auf derartige Marginalisierungsprozesse darstellt oder diese Ausgrenzung als Mittel zum Zweck von Protesten oder Widerständen in Kauf genommen wird. Fest steht jedoch, dass Subkulturen immer dann entstehen, wenn Individuen in der bestehenden Kultur auf Widersprüche treffen, die vor allen Dingen in einer immer komplexer werdenden Gesellschaft vermehrt auftreten. Um dieser Widersprüchlichkeit entgegenzuwirken, tendieren Menschen dazu, ihre Verunsicherung, auch ausgelöst durch den Konsum von Massenmedien, durch intensivierte Erlebnisse in Gemeinschaften zu lösen und dort Solidarität zu erfahren. Griese fasst den Begriff folgendermaßen zusammen:
„Der Begriff bzw. das theoretische Konstrukt ,Subkultur‘ [...] findet Verwendung zur Beschreibung und Analyse von Handlungssystemen mit Werten, Normen, Verhaltensmuster, Einstellungen, Ritualen, Ausdrucksformen und Symbolen (Sprache), die von einer Menschengruppe mit bestimmten Eigenschaften (z. B. Alter, Geschlecht, Ethnie, Religion, Status usw.) praktiziert und anerkannt werden und die gegenüber der herrschenden Kultur mehr oder weniger abweichen bzw. ein Eigenleben führen.“ (vgl. Griese, 2000, S. 18).
Reith und Renker (2007) gehen einen anderen Weg und fassen den Subkulturbegriff als Netzwerk von „Andersdenkenden“ auf, die sich zwar prinzipiell in die Gesellschaft integrieren, jedoch gemäß den Erwartungen ihrer Gegen- oder Subkultur versuchen, die Ketten der allgemeingültigen Normen zu sprengen. Der Sinn einer Subkultur, so die Autoren, ist „pathetisch gesagt, das Verlassen der Matrix in eine Parallelwelt, die man nach seinen eigenen Vorstellungen aktiv gestaltet und am Leben hält. [...] Mitglied einer bestimmten Gegenkultur zu sein, kann auch heißen, seinen Horizont zu erweitern, bzw. erst einmal einen zu entwickeln, seine Denkweisen und seinen Lebensentwurf langsam aber sicher zu entwickeln und zu festigen“ (Reith & Renker, 2007, S. 58).
Dass die Grenzen zwischen der Kultur des Mainstreams und der Subkultur nur theoretisch zu ziehen sind, arbeiten Young und Atkinson (2008) heraus. Der Grund für diese Schwierigkeiten liegt laut Meinung der Autoren in der unbeantworteten Frage, was oder wer überhaupt dem Mainoder Substream angehört, wo Subkulturen beginnen und wo sie ihre Grenzen haben. Ähnliche gesellschaftliche Konstrukte, die in der wissenschaftlichen Literatur mit dem Begriff der Subkultur verbunden werden, sind „Substream“ (Weinzierl, 2000), „Scene“ (Irwin, 1977), der „Tribe/ Neo- Tribe“ (Maffesoli, 1996), „Social movement“ (Melucci, 1989) oder „Gegenkultur“ (contraculture) (Roberts, 1978; Yinger, 1982). Eine genau Untersuchung der Begrifflichkeiten würden den Rahmen dieser Arbeit sprengen, jedoch kann in diesem Zusammenhang eine kurze Zusammenfassung von Reinecke (2007) Abhilfe leisten: „Alle Begriffe bezeichnen in der Regel soziale adoleszente Gruppierungen, die sich auf Grund vor allem freizeitorientierter Präferenzen und dem damit verbundenen Stil, der verwendeten Sprache und der ähnlichen inneren Haltung von der Mainstreamkultur unterscheiden“ (vgl. Reinecke, 2007, S. 99).
Es lässt sich konstatieren, dass Menschen, die sich in einem subkulturellen Netzwerk befinden, häufig als andersdenkende Personen wahrgenommen werden. Sie bilden zwar einen integrierten Bestandteil der Gesellschaft, dennoch versuchen sie im Rahmen ihrer Gegen- oder Subkultur die allgemeingültigen Normen zu hinterfragen und aus ihnen auszubrechen. Abseits der Norm wird dementsprechend eine Parallelwelt aufgebaut, die frei gestaltet und reproduziert werden kann. Schließlich geht es in Subkulturen um die Erweiterung des persönlichen Horizontes und um die Entwicklung eines gefestigten Lebensentwurfs mit adäquaten Denkweisen (vgl. Reith & Renker, 2007, S. 58). Zentrale subkulturelle Themen sind Protest, Stil, Symbolik und das Spannungsfeld zwischen Selbstverwirklichung und Zusammenhalt (vgl. Duttler & Haigis 2016, S. 23). Inwiefern diese Eckpfeiler auf die Ultra-Kultur zutreffen, wird im Laufe der Arbeit noch eruiert.
Das Leben in der heutigen Gesellschaft zeichnet sich durch eine hochgradige Individualisierung und Optionalisierung aus. Subjektivierungs-, Pluralisierungs-, Individualisierungs- und Globalisierungsprozesse weichen die dominierenden Klassen- und Schichtstrukturen weitestgehend auf. Ebenso transformieren sie die klassischen Gesellungsformen, darunter Gemeinschaften wie Familien, Nachbarschaften oder Kirchengemeinden, aber auch Assoziationen wie Vereine oder Verbände. Auch Organisationen, so z.B. Betriebe oder Hochschulen sind von diesen Prozessen betroffen. Selbst Gegenbewegungen wie Regionalismen oder Fundamentalismen ändern an diesem Trend nichts (vgl. Hitzler & Niederbacher, 2010, S. 11). Jene angesprochene Individualisierung wurde durch einen Anstieg des durchschnittlichen Einkommens, mehr frei zur Verfügung stehender Zeit, einer Bildungsexpansion und einem flächendeckenden Ausbau des Rechtssystems in Gang gesetzt. Sprich: „Wo ein immer komplexeres Systemnetzwerk samt Formalismen und Standardisierungen entsteht, wird das Subjekt für seine Positionierung zunehmend selbst verantwortlich“ (ebd.). Demgegenüber steht eine Strukturveränderung des Arbeitsmarktes, sodass Individuen einem größer werdenden Konkurrenzdruck in Folge hoher Kompetenz-, Flexibilitäts- und Mobilitätserwartungen ausgesetzt sind. Daraus ergeben sich einerseits mehr Entscheidungs- und Lebensoptionen für den Menschen, der nicht mehr fest an einen biographischen Werdegang gebunden ist. Andererseits geht dabei aufgrund der Modernisierungsprozesse die gemeinschaftliche und gesellschaftliche Verlässlichkeit verloren, sodass Emanzipation durchaus als dysfunktionale Konsequenz der modernen Gegenwartsgesellschaft für den Einzelnen wie auch für das Kollektiv angesehen werden kann. Sie ist Chance und Risiko zugleich (ebd., S.12).
Zuvor angesprochene gesellschaftliche Prozesse wirken sich auch auf die Lebensphase „Jugend“ aus, die durch viele sich stetig ändernde Vergemeinschaftungsformen geprägt ist. Langer (2010, S. 54) geht davon aus, dass sich die meisten Mitglieder einer Ultragruppierung in dieser Lebensphase befinden, weshalb es sinnvoll erscheint, die Lebensumstände der Jugendlichen genauer zu betrachten.
Der für diese Arbeit relevante Jugendbegriff liegt der Definition von Hurrelmann (2007) zugrunde, der die Jugendphase als eine Zeitspanne der Biographie erfasst (zit. nach Villanyi, 2007, S. 10).
In dieser Phase durchlebt eine heranwachsende Person physische, psychische und soziale Veränderungen (vgl. King, 2007, S. 5f.). Gleichzeitig entwickeln Jugendliche eine eigene Identität und sozialisieren sich auf dem Weg in die Erwachsenenwelt der Gesellschaft (vgl. Heitmeyer, 1990, S. 3). Das Phänomen der Jugend ist Münchmeier (2005, S. 816) nach zu urteilen eine gesellschaftlich konstruiertes „Produkt und Projekt". Es entstand in Folge des industriegesellschaftlichen Wohlstands und ist damit ein Phänomen moderner Gegenwartsgesellschaften des 20. Jahrhunderts (vgl. Gabriel, 1994, S. 51f.). Die Jugend hat sich aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen jedoch spätestens in den 1990er-Jahren dahingegen verändert, als dass die Lebensphase keine Übergangsphase mehr zwischen Kindheit und Erwachsensein darstellt, sondern sich zu einer eigenen Lebensphase, geprägt von großer Individualität und Sinnsuche, mit einer Dauer von bis zu 15 Jahren entwickelt hat (vgl. Hurrelmann, 2007, S. 36-40). Als Ursachen für den Wandel lassen sich gesellschaftliche Umbrüche festmachen, die durch die Globalisierung und Digitalisierung Eingriff in die Lebensphase zwischen Kindheit und Erwachsensein genommen haben. Nach Münchmeier (1998) ist festzuhalten: „Die einheitliche kollektive Statuspassage Jugend zerfällt in plurale Verlaufsformen und Zeitstrukturen [...]; es entwickeln sich gleichsam mehrere ,Jugenden‘, die sich voneinander so stark unterscheiden, dass sie nicht mehr in einem Modell zusammengefasst werden können" (S. 12f.). Ferchhoff (2006, S. 3f.) umschreibt diesen Umstand, indem er diese Phase mit den Begriffen der jugendkulturellen Artenvielfalt, Pluralität, aber auch der Diffusität zusammenfasst.
Hitzler und Niederbacher (2010, S. 9) bekräftigen, dass Jugend „keineswegs etwas Natürliches bzw. Naturgegebenes [...], sondern ein ausgesprochen variables sozio-kulturelles Konstrukt" darstellt. Zwar haben sich Schul- und Ausbildungszeiten für Jugendliche verlängert und es stehen ihnen im Vergleich zu allen vorherigen Generationen durchschnittlich mehr finanzielle Möglichkeiten zur Verfügung, doch ist es wünschenswert, wenn Jugendliche sich so entwickeln, dass am Ende der Jugend ein politisch und kulturell erwünschter „Normalfall" eintritt. Dieser wird aus den Erfahrungen und Vorstellungen der Jugendlichen selbst konstruiert und nicht, wie man erwarten könnte, von Eltern an ihre Kinder herangetragen. Heranwachsende müssen sich also in einer Freizeitwelt zurechtfinden, in der sie mit einem Überangebot an Waren und Lebensoptionen konfrontiert werden und zeitgleich ständig von diversen Medien umgarnt werden. Jene zeitlichen und materiellen Entfaltungsmöglichkeiten treffen also auf die Verlockung des Massenkonsums, was zur Folge hat, dass traditionelle Lebensformen verdrängt werden. Auf der Suche nach anderen Sozialstrukturen, wenn Klassen- und Schichtkategorien ihre Wirksamkeit verloren haben, wird die Gesellschaft in unterschiedlichen Konsumstilen getrennt. Eine konsumorientierte Lebenspraxis gewinnt in diesem Prozess wechselseitiger Identitätszuweisungen immer mehr an Bedeutung. Schließlich müssen Heranwachsende Entscheidungen dahingegen fällen, welche Lebensführung die Phase ihrer Jugend bestimmen soll. Diese fällen Jugendliche in der Regel nicht „einsam", sondern sie korreliert mit der Partizipation an Lebensstilformationen (vgl. Hitzler & Niederbacher, 2010, S. 12f.). Weil derartig viele Wege in die Individualität führen, gibt es kaum noch Vorbilder für die Jugend. Es gibt de facto keine zuverlässige Abfolge von Lebensphasen mehr, sodass die Konturen von Jugend als eigenständige Lebensphase verschwimmen und sich durch eine hohe Individualisierung auszeichnen (Richter, 1998; Bohle, 1998). Gleichzeitig hegen Jugendliche jedoch den Anspruch, in ihrer Jugendzeit ihre eigene Identität zu entwickeln und sich selbst zu verwirklichen (Lüders, 1997).
Aus historischer Sicht haben Prozesse der Individualisierung schon seit Langem stattgefunden (vgl. Beck, 1986, S. 206). Elias (1987) beschreibt sie wie folgt: „Der einzelne Mensch ist bei Entscheidungen über die Gestaltung von Beziehungen, über ihre Fortführung oder Beendigung, nun weit mehr auf sich selbst angewiesen" (vgl. Elias, 1987, S. 272). Wie der Begriff schon fast impliziert, ist Individualisierung äußerst vielfältig und ein nicht klar abgrenzbares Konstrukt, welches jedoch in drei Dimensionen des subjektiven Bewusstseins eines Individuums stattfindet: Freisetzung, Entzauberung und Kontrolle bzw. Reintegration (vgl. Kathöfer et al., 2013, S.35). Dadurch ergeben sich tiefgreifende Einwirkungen in die Erfahrungs- und Lebenswelt der Menschen (vgl. Beck-Gernsheim, 1994, S. 126). Aber zu unterstreichen ist, dass dadurch weder grenzenlose Freiheit garantiert ist, noch bauen sich anhand dessen Beziehungen und Netzwerke problemlos aus. Weiterhin im Rahmen des Möglichen sind soziale Isolation, der Fortbestand einer „Ellbogenmentalität" und ein gänzliches Ende des sozialen Lebens.
Neuartige Vergemeinschaftungsformen in der Übergangsphase zu einer neuen Moderne passen sich an die oben genannten gesellschaftlichen Veränderungen an und machen sich die Individualität ihrer Mitglieder zu Nutze, um habituelle, intellektuelle, affektuelle und ästhetische Gesinnungsgenossenschaften entstehen zu lassen (vgl. Hitzler & Niederbacher, 2010, S. 14). Sie werden dadurch gekennzeichnet, „dass sich Individuen kontingent dafür entscheiden, sich freiwillig und zeitweilig mehr oder weniger intensiv als mit anderen zusammengehörig zu betrachten, mit denen sie eine gemeinsame Interessenfokussierung haben bzw. vermuten" (Hitzler et al., 2008, S. 9f.). Posttraditionale Gemeinschaften haben eigene Regeln, Relevanzen, Routinen und Weltdeutungsschemata, deren Geltungsbereich in bestimmten Lebens- oder Themenbereichen liegt. Es liegen durchaus stabile Gefüge vor, die eine gewisse Struktur aufweisen, die aber im Gegensatz zu traditionellen Gemeinschaften einen kleineren Mikrokosmos abdecken. Der Einzelne kann daher in mehrere Gemeinschaften, je nach Kontext und Lebenslage, eindringen, Optionen wählen oder sich gegen sie entscheiden, ohne dass ein hoher Kostenaufwand geleistet oder mit weitgreifenden Restriktionen gerechnet werden muss (ebd., S. 14f). Aus dem gemeinsamen Handeln heraus entstehen demnach Gesinnungsgenossenschaften, die ihre Anziehungskraft aus ähnlichen Lebenszielen, ästhetischen Ausdrucksformen und der freiwilligen bzw. emotionalen Bindung durch gemeinsame Erfahrungen ihrer Mitglieder gewinnt. Jene Gemeinschaftsformen sind temporär begrenzt, weil in ihr eine Mitgliedschaft jederzeit kündbar ist. Dadurch ergibt sich eine beschränkte Möglichkeit der Sanktionierung und Normierung der Mitglieder (ebd.). Das wesentliche Merkmal posttraditionaler Vergemeinschaftung ist jedoch die Kommerzialisierung. Sie erklärt, dass eine Mitgliedschaft nur so lange attraktiv ist, wie der Konsum der Gemeinschaft lohnenswert erscheint (vgl. Niekrenz, 2011, S. 31). Ein Beispiel für die Flexibilität dieser Gemeinschaftsform sind zum einen einmalige Events in der Popkultur, wie Konzerte oder Festivals. Zum anderen lassen sich auch im Sport, beispielsweise beim Public Viewing zu Zeiten einer Fußball-Weltmeisterschaft, derartige temporär begrenzte posttraditionale Gemeinschaften finden. Die Formen posttraditionaler Gemeinschaften sind besonders für heranwachsende Jugendliche eine gängige Gesellungsform, obwohl sich diese Zusammenschlüsse keinesfalls auf diese Lebensphase beschränken. Der Phase der Jugend kann ohnehin keine klare Altersgrenze oder Strukturiertheit mehr attestiert werden. Daher spricht man in diesem Zusammenhang von juvenilen Vergemeinschaftungen, die sich auch definitorisch für altersbezogene Phasen nach der Jugendzeit öffnen (vgl. Thalheim, 2019a, S. 33).
Unter einer Szene versteht man lockere Netzwerke, in denen eine unbestimmte Anzahl von Personen(gruppen) sich freiwillig miteinander vergemeinschaften (vgl. Hitzler & Niederbacher, 2010, S. 16f.). Der aus dem Lateinischen entsprungene Begriff „scena“, also Zelt, Bühne oder Theater, lässt darauf schließen, dass es im weitesten Sinne um die Inszenierung von Etwas in der Öffentlichkeit geht bzw. darum, etwas in Szene zu setzen (vgl. Lucke, 2006, S. 7). Im engeren Sinn versprechen Szenen die individuelle Selbstvergewisserung und Einflussnahme auf die eigene soziale Situation ihrer Angehörigen (ebd., S. 21). Weitere charakteristische Merkmale sind die szenetypischen lokalen Färbungen, die jedoch nicht lokal begrenzt sind, oder die Tatsache, dass es keine fixierten Mitgliedschaftskriterien gibt. Sowieso ist es möglich und auch wahrscheinlich, dass Szene-Anhänger*innen zu einem beliebigen Zeitpunkt bei- und wieder austreten. Schulze (2000, S. 463) merkt an, dass lediglich ein „Bekenntnis zur Teilnahme und die Orientierung an der äußeren Form der Szene [ist] Voraussetzung“ ist. Szenen sind also prinzipiell identitätsstiftende Gesinnungsgemeinschaften, in denen Gleichgesinnte ihre Interessen teilen. Das können Musikstile, Sportarten, Weltanschauungsmuster oder Konsumgegenstände sein, die wiederum im Kollektiv entweder thematisch, ästhetisch oder mental selbstinszeniert werden (vgl. Gebhardt et al., 2000, S. 9-13).
Zum Selbstbild einer der Szene angehörigen Gruppe gehört es, sich als eigenständige Gruppe erkennen zu geben, sich aber auch als Teil der Szene zu präsentieren und sich der szeneüblichen Elemente zu bedienen. Es ist dabei wichtiger, eine fruchtbare Kommunikation innerhalb der Gruppen in der Szene zu erreichen als sich innerhalb der Szene mit anderen Gruppen auszutauschen. Letztgenannter Punkt ist dennoch nicht zu unterschätzen, da ein gruppenübergreifender Austausch konstruktiv ist, um sich von der generellen Existenz der Szene zu vergewissern. Die Wege der Interaktion zwischen den Gruppen sind vielfältig und kreativ: Allgemein findet diese über szenetypische Symbole, Zeichen, bestimmte Kleidungsstile und Rituale statt, über deren Bedeutung sich in der Szene vergemeinschaftete Akteure bewusst sind. Szene-Mitglieder, die nicht derselben Gruppe angehören, müssen sich also nicht persönlich kennen, um miteinander zu kommunizieren (vgl. Hitzler & Niederbacher, 2010, S. 20). Wichtige Kernelemente von Szenen sind monothematische Events, die den Zweck haben, dass Szenegänger die Existenz der Szene und das in ihr gespürte Zusammengehörigkeitsgefühl exzessiv inszenieren und feiern (vgl. Gebhardt, 2002, S. 294). Aufgrund der Tatsache, dass die Teilnahme an einer Szene jedoch im Regelfall unbeständig ist, drängt die Reichweite von szeneimmanenten Deutungsmustern nicht bis in alle Lebenslagen der Individuen vor (vgl. Lucke, 2006, S. 20).
Innerhalb einer Szene ordnen sich Mitglieder je nach Leistung und Einsatz in einer Art Hierarchie an. An der Spitze, sofern sie objektiv zu bestimmen ist, befinden sich sogenannte Organisationseliten, die mit ihrem Wissen und einem aufgebauten Netzwerk nach jahrelanger Szenezugehörigkeit sogar eigene Events produzieren. Sie werden als richtige Szenegänger*innen im Rahmen der verschiedenen Partizipationsmöglichkeiten geachtet, während andere Mitglieder eher als Mitläufer*innen gelten. Diese Grenzen sind jedoch sehr schwammig, weist eine Szene doch einen sehr fluiden und flüchtigen Charakter auf. So fällt eine prinzipielle Beurteilung der nicht eindeutigen Vergemeinschaftungsform schwer (vgl. Lucke, 2006, S. 18).
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich Vergemeinschaftungen durch ein Zusammengehörigkeitsgefühl auszeichnen, welches anhand von moralischen Widerbelebungen und Ritualen ständig re-artikuliert und reproduziert werden muss. So erleben Mitglieder dieser Gemeinschaften ein Wir-Gefühl und werden an ihre Gruppe gebunden. Die Gegnerschaft gegenüber Dritten ist ebenso ein wichtiges Element von Vergemeinschaftung. Diese wirkt sich stärker auf den Zusammenhalt der Gruppe aus als freundliche Beziehungen zu Dritten, weil so erkannt werden kann, warum der Erhalt eines sozialen Gefüges notwendig ist. Kohäsion ist darüber hinaus ein elementarer Bestandteil von Vergemeinschaftung und sorgt dafür, dass sich eine Gruppe gegen äußerliche Widrigkeiten durchsetzt (Kap. 2.2).
Eine spezielle Form der Vergemeinschaftung bilden Subkulturen, die sich durch Werte- und Normenordnungen definieren, die von einer Hegemonialkultur abweichen. Sie entstehen dann, wenn Individuen auf Widersprüche in der bestehenden Kultur treffen oder wenn das Bedürfnis, ausgelöst durch Verunsicherung und Orientierungslosigkeit, nach intensiven Erlebnissen in Gemeinschaften und der Solidarität befriedigt werden sollen (Kap. 2.3).
Das Leben heute ist hochgradig individualisiert. So sind Klassen- und Schichtsysteme weitestgehend eliminiert und traditionelle Formen der Gemeinschaft werden transformiert. Sie verlieren an Bedeutung in einer pluralisierten, optionalisierten und globalen Welt, sodass Menschen viele Entscheidungsfreiheiten und -optionen haben. Im Zuge der Modernisierung unseres Lebens gehen jedoch auch die gemeinschaftliche und gesellschaftliche Verlässlichkeit verloren. Antworten und Sicherheit bieten Konsumstile ebenfalls nicht, sodass andere Gemeinschaftsformen entstehen, in denen lebensweisende Entscheidungen gemeinsam gefällt werden (Kap. 2.4).
Diese juvenilen Vergemeinschaftungen, oder auch posttraditionale Gemeinschaften genannt, konstituieren sich über eigene Regeln, Relevanzen, Routinen und Weltdeutungsschemata. Sie ziehen Interessierte durch die Möglichkeit, gemeinsam zu handeln, ähnliche Lebensziele zu verfolgen, spezielle Ausdrucksformen zur Kommunikation zu nutzen und aufgrund enger Bindungen zueinander, an (Kap. 2.4.1). Eine Form der juvenilen Vergemeinschaftung sind Szenen, in denen Gleichgesinnte ihre Interessen teilen und identitätsstiftende Gesinnungsgemeinschaften entstehen lassen. Auch sie zeichnen sich durch eigene Symbole, Zeichen, bestimmte Kleidungsstile und Rituale aus (Kap. 2.4.2).
Auf welche Art und Weise Ultras ihre Gemeinschaften entstehen lassen und ob ihre Form der Vergemeinschaftung ein Novum in einer ausdifferenzierten Gesellschaft darstellt, wird im Folgenden analysiert.
Im zweiten Theorie-Teil wird sich dem Phänomen der Ultrakultur angenähert, wobei zunächst Wert auf eine Bestimmung des Fan-Begriffes gelegt wird, da es sich bei den Ultras prinzipiell um eine besondere Form des Fan-Seins handelt (Kap. 3.1). Im Verlauf der Arbeit wird dann die Entstehungsgeschichte der Ultras in Italien aufgearbeitet (Kap. 3.2) und erläutert, wie die Bewegung nach Deutschland gelangte und dort langsam Fuß fasste (Kap. 3.3). Dabei lässt sich aus historischer Sicht eine Aufteilung in drei Phasen vornehmen. Der Beginn der Ultrabewegung in Deutschland ist die Konstitutionsphase (Kap. 3.3.1), gefolgt von der Etablierungsphase (Kap. 3.3.2) und schließlich fand eine Wandlungsphase statt (Kap. 3.3.3). Als nächstes erfolgt eine Bestandsaufnahme der Ultras in Deutschland vom heutigen Standpunkt ausgehend (Kap. 3.4). Es werden Daten und Fakten genannt (Kap. 3.4.1) und die Werte, Normen sowie das Selbstverständnis der Ultras erarbeitet (Kap. 3.4.2). Daran schließt sich ein kurzer Exkurs an, der die Rolle der Frau in der Ultra-Kultur bestimmt (Kap. 3.4.3), woraufhin sich das nächste Kapitel mit der politischen Ausrichtung und dem Protest gegen den modernen Fußball beschäftigt (Kap. 3.4.4). Ein weiteres Kapitel erschließt die kontroversen Themenfelder der Ultras in Form von Gewalt und Pyrotechnik (Kap. 3.4.5). Um das Forschungsfeld abzurunden, werden noch weitere Fangruppierungen, die im Stadion anzutreffen sind, kurz beschrieben (Kap. 3.5). Dazu zählen die Kuttenfans (Kap. 3.5.1) und die Hooligans (Kap. 3.5.2).
Eine in der Freizeit stattfindende Verehrung für ein Fanobjekt wird als Fantum bezeichnet (vgl. Otte, 2010, S. 75). Etymologisch geht der Begriff auf das lateinische Wort „fanaticus" zurück, was mit „in Raserei versetzt", „rasend", „begeistert", aber auch „von einer Gottheit in Entzückung geraten" übersetzt werden kann (vgl. Sitter, 2013). Die im Sport verwendete Form „Fan" kommt jedoch von „fanatic". Aus dem Englischen übersetzt handelt es sich also um Personen, die von ihrem Vorhaben, von einem bestimmten Ziel oder von einem Objekt derartig intensiv eingenommen werden, dass sie eine gewissen Form der Besessenheit entwickeln und sich unter Umständen das gesamte Leben nach dem Fan-Sein richten und sowohl zeitliche als auch monetäre Ressourcen aufbringen (vgl. Schmidt-Lux, 2010, S. 50). Roose et al. (2010, S. 12) definieren Fans wiederum als Menschen, „die längerfristig eine leidenschaftliche Beziehung zu einem für sie externen, öffentlichen, entweder personalen, kollektiven, gegenständlichen oder abstrakten Fanobjekt haben und in die emotionale Beziehung zu diesem Objekt Zeit und/oder Geld investieren". Um in eine enge Beziehung zum Fanobjekt zu treten und das Fandasein bestmöglich ausleben zu können, ist es nötig, ein großes Maß an Engagement an den Tag zu legen. Je größer dabei der Aufwand ist, desto größer wird die Freude über, Identifikation mit und die Faszination an der eigenen Fankultur erfahrbar gemacht (vgl. Duttler & Haigis, 2016, S. 37). Auch qualitative Aspekte, wie Kreativität, Kraft oder Hingabe, gehören zu einem umfassenden und leidenschaftlichen Engagement. Leidenschaft beschreibt in diesem Fall die Intensität der Beziehung eines Fans zu seinem Fanobjekt, wobei Duttler (2015) vermerkt: „So erhöht sich mit größerer Identifikation die Leidenschaft für das Fanobjekt und dadurch auch das Engagement, welches wiederum die Grundlage für vermehrte Identifikationsprozesse darstellt“ (vgl. Duttler, 2015, S. 39). Dabei weist Bielefeld (2008, S. 23) auf die Fragilität von Identifikation hin, die durch wiederkehrende Rituale oder sinnstiftende Symboliken bestätigt werden muss.
Auf Basis dieser Begriffsannäherung lässt sich der Fan so von einem Zuschauer unterscheiden, der sich im Gegensatz zum Fan weniger emotional ergriffen von einem Fanobjekt gibt und dessen Beziehung zum selbigen weder längerfristig, noch leidenschaftlich ist. Bevorzugt werden laut Otte (2010) Fanobjekte, die sich in regionaler oder örtlicher Nähe zum Wohnort eines Fans befinden. Zudem spricht auch ein sportlicher Erfolg für eine höhere Wahrscheinlichkeit Fan eines Fanobjektes zu werden (vgl. Otte, 2010, S. 79). Das Ausleben des Fan-Seins im Fall des Fußballs kann auf unterschiedliche Weisen erfolgen. Fankapital wird beispielsweise durch den Besuch eines Spiels, auswärts oder im eigenen Stadion, erworben. Der Kauf und das Tragen von Fanutensilien gehört ebenso dazu wie eine entsprechende Wissensaneignung über Geschehnisse im Verein. Je mehr Fankapital erworben wird, desto höher ist der Status innerhalb der Fankultur und desto intensiver wird das Fan-Sein ausgelebt (ebd.).
Höherklassiger Fußball ist in der heutigen Zeit immer auf zwei Weisen ein Spektakel - einmal auf dem Platz durch die Spieler und schließlich auf den Rängen durch den „zwölften Mann“. Daher sind Fans ein wesentlicher Bestandteil dieses sportlichen Wettkampfes (vgl. Schwenzer, 2002, S.92). Das Fandasein hat sich äquivalent zum Fußball verlaufend in den letzten Jahren formalisiert bzw. zunehmend professionalisiert. In organisierten Fanclubs, Förderkreisen oder eben Ultra-Gruppierungen sind z.B. Mitgliedschaften erforderlich, um begehrte Kleidungsstücke zu erhalten oder von anderen Vorteilen Gebrauch zu machen. Es wird diesbezüglich ohnehin größerer Wert auf ein einheitliches Auftreten und eine gute Außendarstellung gelegt. Dies drückt sich in einem Kleidungskodex, einer gemeinsamen Anreise oder im Anbringen einer GruppenZaunfahne vor dem Standort im Stadion aus. Man kann aufgrund diverser Ausprägungen des Fantums nicht von einer einheitlichen Fankultur sprechen. Das Fantum lässt sich hinsichtlich des monetären Aufwands der Individuen, der jeweiligen Fan-Ideale und dem Standort im Stadion allerdings ausdifferenzieren. Daher ist es notwendig, innerhalb der Fanszene verschiedene Ausprägungsformen voneinander abzugrenzen und sie zu unterscheiden. So investieren Fans unterschiedlich viel Zeit, gewichten ihr Fan-Sein im Privatleben unterschiedlich stark, sind unterschiedlichen lebensweltlichen Aspekten unterlegen oder an räumliche Gegebenheiten, wie z.B. die Architektur des Stadions, gebunden. Auch rechtliche Aspekte können das Fan-Sein beeinflussen. So ist es Stadionverbotlern untersagt, das Stadion zu betreten. Andere Besucher, die das Stadion zwar betreten dürfen, müssen sich an das jeweilig geltende Hausrecht des Veranstalters halten und die Hausordnung befolgen. Für alle Formen des Fantums gilt jedoch, dass Hierarchien auf der Dauer der spezifischen Zugehörigkeit basieren (vgl. Schmidt-Lux, 2010, S. 58f.). Welche Schritte ein Fußballfan in seiner Fanbiographie macht, hängt von sozialstrukturellen, kulturellen und sozialen Aneignungsprozessen ab. Außerdem haben die räumlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen von Fußballveranstaltungen einen Einfluss auf die Gestaltung eines Fanlebens (vgl. Duttler & Haigis, 2016, S. 31). Dieser vom Raum und der Zeit abhängige Rahmen ist allerdings durchlässig und kann auf weitere Orte projiziert werden. Auf dem Weg zum Stadion im Zug oder der S-Bahn, beim gemeinsamen Einstimmen auf das Spiel in der Fankneipe oder beim Bier mit Freunden auf dem Stadionvorplatz wird die Zeitlichkeit des Spiels, welches schließlich lediglich 90 Minuten andauert, gesprengt. Nach Schwenzer (2002, S. 93) ist die Ausdehnung dieses raum-zeitlichen Rahmens bei Auswärtsfahrten besonders extensiv. In der Regel beginnt die Fahrt früh morgens und endet erst spät abends.
In jeder Fanbiographie gibt es unterschiedliche Phasen des Fantums, in denen die Intensität des Auslebens steigt oder sinkt (vgl. Otte, 2010, S. 86f.). In der Jugendphase, in der zumeist ein oder mehrere Fanobjekte verehrt werden, ist diese Intensität am umfangreichsten und wird öffentlich zur Schau gestellt. Mit steigendem Alter sinkt auch die Bedeutung von identitätsstiftenden (Fan)- Objekten. Grund dafür sind Restriktionen typischer gesellschaftlicher Einflüsse, da in der mittleren Lebensphase die meisten Menschen einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder eine Familie gründen. So stehen geringere zeitliche Ressourcen für die Freizeitgestaltung zur Verfügung. In dieser Phase wird das Fandasein im Allgemeinen privatisiert, Stammplätze aufgegeben und die sonst für äußerst wichtig empfundenen Rituale vor, während und nach den Spielen entfallen oder werden auf ein Minimum reduziert. Im Zuge dieses Generationenwechsel ist es den meisten Fans jedoch wichtig, die vorgelebten Traditionen und Rituale weiterzugeben, um diese tradierten Elemente zu wahren, dokumentieren und zu erhalten. In dieser späten Phase des Fan-Seins steht also die Rekrutierung von Nachwuchs im Mittelpunkt der Fanbiographie (vgl. Kathöfer et al., 2013, S. 32).
Die Begrifflichkeit „Ultras" kommt ursprünglich aus Italien, wo die spezielle Form der Fanaktivität vom Adjektiv „ultra" rührt und mit „extrem" übersetzt werden kann (vgl. Sommerey, 2010, S. 5). Bereits in den 1950er und 1960er Jahren fuhren regelmäßig Gruppen, die „fedelissimi" („Die Treuesten") genannt wurden, zu den Auswärtsspielen ihrer Teams (vgl. Tesar & Leonhardsberger, 2004, S. 10). In diesen Jahren war das erste Aufkommen der Ultras in Europa eng mit Protesten der linksorientierten Studentenbewegungen und der aus dem „heißen Herbst" entstandenen Arbeiterbewegung von 1969 verbunden. Stadien wurde so als Plattform, vor allen Dingen von jugendlichen Fußballfans, für politischen Protest gegen soziale Missstände im Land instrumentalisiert, wobei es dem Selbstverständnis der italienischen Ultras nach auch um die Unterstützung der eigenen Mannschaft ging (vgl. Hitzler & Niederbacher, 2010, S. 161).
Die Ultrabewegung löste in Italien einen regelrechten Boom aus. Hintergrund des großen Zulaufs durch Jugendliche war die Verfehlung des Staates, außerschulische Freizeitangebote bereitzustellen. Andere Institutionen, die zwar derartige Angebote lieferten, standen in einer existenziellen Krise. Die Kirche oder die kommunistische Partei konnten aufgrund ihrer veralteten Jugendorganisationen bei Heranwachsenden keine Begeisterung mehr auslösen. Auf der Suche nach Identifikationsangeboten, Zusammenhalt und Sicherheit und ausgelöst durch eine faszinierende Anziehungskraft einer bis dahin unbekannten Auflehnung gegen die traditionellen Autoritäten fassten schließlich viele Jugendliche in einer Ultra-Gruppierung Fuß (vgl. Tesar & Leonhardsberger, 2004, S. 11).
Tesar und Leonhardsberger (2004) beleuchten die Motivationshintergründe der ersten Ultras in Italien folgendermaßen:
„Jugendliche, die sich von der Elterngeneration distanzieren wollten und Inspiration in Protestbewegungen suchten, begannen landauf landab die Stadien zu okkupieren. Sie wollten wahrgenommen werden, aktiv und kreativ mitbestimmen, um so allen anderen Besuchern zu beweisen, dass die eigene Leidenschaft und Aufopferung gegenüber der Mannschaft von niemanden übertroffen werden konnte" (vgl. Tesar & Leonhardsberger, 2004, S. 10)
Laut Langner (2005) setzten sich diese Gruppen aus Cliquen Gleichaltriger, meistens im Alter zwischen 15 und 20 Jahren, zusammen. Sie entstammten häufig dem gleichen Stadtteil oder gingen auf dieselbe Schule (vgl. Langner, 2005, S. 8). Die „Fossa die leoni", die „Löwengrube", war die erste offizielle Ultra-Gruppierung in Italien und unterstütze den AC Mailand seit dem Jahre 1969. Der Begriff „Ultras" als Selbstetikettierung einer Gruppe wurde erstmals auf einem Transparent der Fanszene von Sampdoria Genua im Jahr 1971 verwendet (vgl. Falk, 2004, S. 23). Eine italienische Zeitung soll zuvor diesen Begriff für Turiner Fans genutzt haben, die in einer Schlagzeile als „Ultras" bezeichnet wurden, nachdem sie einen Schiedsrichter nach dem Spiel vom Stadion bis zum Flughafen verfolgt hatten (vgl. Kathöfer et al., 2013, S. 38). Diese Bezeichnung übernahmen viele der neu gegründeten Gruppen einer Jugendkultur, die sich somit bewusst auch sprachlich von den klassischen Fußballfans, genannt „Tifosi", abgrenzte (vgl. Hitzler & Niederbacher, 2010, S. 161).
In der Außendarstellung zeigten sich die Gruppen streng hierarchisch organisiert. An der Spitze jeder Gruppe standen ein oder mehrere „capi", die Anführer des Kollektivs. Wenn jüngere Mitglieder oder interessierte Jugendliche Teil der Gruppe werden wollten, mussten sie sich erst den Respekt der Älteren verdienen. Im Stadion selbst machte sich die Hierarchie dadurch bemerkbar, dass jene Mitglieder weiter oben in den Fankurven angesiedelt waren und erst im Laufe der Zeit die Stufen metaphorisch weiter hinabsteigen durften. Unten, nahe dem Spielfeld, stand der „capo coro", der Vorsänger der Gruppe. Er kontrollierte die Fangesänge der Kurve mit Hilfe eines Mikrofons oder eines Megafons (vgl. Verma, 2006, S. 25). In Italien kamen Trommeln, die schon in brasilianischen Stadien für die Rhythmisierung von Gesängen genutzt wurden, immer mehr zum Einsatz. Bei den argentinischen Fans bediente man sich ebenfalls und nutzte Luftschlangen oder Folienbahnen zur optischen Unterstützung der eigenen Mannschaft (vgl. Pogonyi, 2001, S. 45). Aus Liedern der heimischen Volksmusik, der Hitparade oder politischem Liedgut wurden Lieder für das Stadion mit eigenen Texten versehen und umgedichtet (vgl. Tesar & Leonhardsberger, 2004, S. 11). Auch damals schon machten es sich die Ultra-Gruppierungen zur Aufgabe, die gegnerischen Fans mit kreativen Spruchbändern zu verhöhnen. Im Streben nach Anerkennung und Respekt des Gegners festigten sich das Ritual in der Szene, gegnerischen Gruppe Zaunfahnen, Transparente, Fahnen oder andere Fan-Utensilien zu stehlen. Durch diesen Wettstreit neben dem Platz nahm die Gewalt in Italien langsam zu. Es gab dort keine ausgeprägte Hooligan-Kultur, wie sie zu diesem Zeitpunkt in England oder Deutschland Bestand hatte, sondern die Ultra-Gruppierungen bestanden aus Fans aller Kategorien mit unterschiedlichen Ausprägungen von Gewaltaffinität und Aggression (vgl. Verma 2006, S. 26).
In der Anfangszeit teilten die meisten Ultra-Gruppen ihre Solidarität gegenüber der sozialistischen Bewegung und des linken Widerstands. Die „Brigate Rosso Nere" („Rot-Schwarze Brigaden") oder „il Coletiva Viola", angelehnt an die 68er-Bewegung, basierten sogar ihre Gruppennamen auf diesen politischen Bezugspunkten (vgl. Langner, 2005, S. 9). Im Laufe der Zeit kamen jedoch auch Gruppierungen in die Stadien, die rechtes Gedankengut einte. Dazu gehörten unter anderem die „Boys" von Inter Mailand oder die „Eagles", die ihren Verein Lazio Rom unterstützten und deren Gruppenemblem einen herrschaftlichen Adler als Symbol des Faschismus beinhaltete (ebd.). Gruppen mit unterschiedlichen politischen Ansichten entwickelten so ausgeprägte Rivalitäten, die oftmals in körperlichen Auseinandersetzungen endeten und Hass schürten. Diese Angriffe auf gegnerische Fans hatte jedoch auch andere Gründe: Regionale Konflikte oder traditionelle Feindschaften aus der Zeit vor den Ultras wurden auch in das Stadion übertragen und im Umfeld eines Fußballspiels ausgetragen. So kam es zu erhöhten Polizeiaufkommen im Rahmen von Fußballspielen, was zu einer Eskalation der Situation außerhalb der Stadien führte (vgl. Hitzler & Niederbacher, 2010, S. 162). Im Jahre 1979 fand die Brutalität der Auseinandersetzungen ihren Höhepunkt, als der Lazio-Fan Vicenzo Papparelli durch Leuchtspurmunition tödlich verletzt wurde (vgl. Scheidle, 2002, S. 94).
In den 1980er-Jahren erkennen Hitzler & Niederbacher (2010) eine sukzessiv fortschreitende Entpolitisierung der italienischen Ultras (S. 162). Scheidle (2002) spricht im gleichen Zusammenhang von einem Verlust der Hegemonie in den Kurven. Latent gewaltbereite, politisch motivierte und auf das Unterstützen der Mannschaft gerichtete Gruppen drohten sich je nach Fokus und Gruppenausrichtung zu spalten (S. 95). Der im Zuge der gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen hin zu einem rechtsoffenem politischen Kurs stattfindende Generationswechsel nach 20 Jahren in italienischen Kurven spiegelte sich anhand von neofaschistischen Ideologien, Rassismus, rechten Symbolen und Sprechchören wieder (vgl. Langner, 2005, S. 11). Nur wenige linksorientierte Gruppen, z.B. die Fanszenen aus Bergamo, Empoli, Ancona oder Terni konnten diese Phase überstehen. Mitte der 1990er-Jahre waren jedoch circa 40 rechtsradikale UltraGruppierungen in Italien bekannt, die sich mit politischen Bewegungen, darunter der „Forza Nuova"-Partei, verbündeten. Durch diese enge Zusammenarbeit in einflussreichen Gruppierungen profitieren, so Langner (2005, vgl. S. 11), beide Seiten, also sowohl Verein als auch Ultragruppierungen, zunehmend wirtschaftlich voneinander.
In den 1990er-Jahren unternahmen „Groundhopper"2 und „Allesfahrer"3 Reisen in sudeuropäische Länder und berichteten im Rahmen dieser Reisen von Impressionen einer anderen Auslebung des Fan-Seins in den Stadien. Des Weiteren wurde der italienische Fußball zu Beginn jenes Jahrzehnts aufgrund einer steigenden medialen Präsenz näher in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt. Der TV-Sender Sat-1 widmete sich der italienischen Serie A mit der Sportsendung „ranissimo", während die englische Liga aus dem Blickfeld deutscher Sportzuschauer verschwand, weil die Übertragungsrechte der in Deutschland bis dahin beliebten Premier League zu teuer wurden (vgl. Verma, 2006, S. 36). Außerdem erkennt Gabriel (2004) in der kompletten Abschaffung aller Stehplätze und einer damit einhergehenden Verdrängung des traditionellen Stehplatz-Publikums aus den englischen Stadien den Niedergang der englischen Fankultur. Im Vorfeld dieser Maßnahmen kam es zur Heysel-Katastrophe im Jahre 19854, die einen mehrjährigen Ausschluss von englischen Mannschaften aus europäischen Wettbewerben zur Folge hatte. So verlor der englische Fußball an Fix- und Orientierungspunkten in weiten Teilen Europas, speziell in Deutschland (vgl. Gabriel, 2004, S. 182).
Die Entwicklungsphasen von Ultra in Deutschland können den Analysen von Kathöfer und Kotthaus (2013, vgl. S. 54) entsprechend in drei Entwicklungsphasen eingeteilt werden, die im nächsten Abschnitt kurz zusammengefasst werden. Die Autoren stellen dabei klar, dass sich diese losgelöst vom chronologischen Szenebegriff vollziehen.
Startpunkt der ersten Phase, die als Konstitutions- oder Gründungsphase der Ultras bezeichnet wird, war gegen Ende der 1990er-Jahre. Sie steht für den evolutionären Beginn der Entstehung und Zusammenfindung von Ultra-Gruppierungen, weil sich die Stimmung in den Stadien verschlechterte, die Vereinsunterstützung aufgrund aufkommender Langeweile stagnierte und der Unterstützungsfaktor der Fans wegfiel. Die etablierte und geschätzte Fankultur in Deutschland stand in einer existenziellen Krise, sodass sich viele Fans nach einem Neuanfang bzw. nach einem Umbruch sehnten (vgl. Kathöfer & Kotthaus, 2013, S. 56). Denn zu diesem Zeitpunkt kam es zu den Unglücken in den Stadien von Hillsborough und Heysel, bei denen viele englische Fußballfans ihr Leben ließen und weitaus mehr Menschen in Folge von Massenpaniken verletzt wurden. Die Schuld wurde in der Öffentlichkeit dem „Hooliganismus“ gegeben (vgl. Gabriel, 2004, S. 182). Bei der WM 1998 randalierten dann deutsche Hooligans und verletzten den französischen Gendarm Daniel Nivel lebensgefährlich. In den Medien wurden die Ereignisse öffentlichkeitswirksam aufgearbeitet, sodass die Gesellschaft von der Politik und den deutschen Fußballverbänden verschärfte Sicherheits- und Sanktionsmaßnahmen in den Stadien einforderte. Allmählich wurden die gewaltsuchenden Fangruppen aus den Stadien verbannt, sodass ein Vakuum auf den Rängen deutscher Stadien entstand. Dieses Vakuum schloss die Ultra-Bewegung (vgl. Adam, 2016, S. 65).
In den Anfängen der Ultra-Bewegung in Deutschland fiel es ersten Pionieren schwer, die internationalen Vorbilder in die deutschen Stadien zu transportieren. Sie versuchten, andere Kurvengänger*innen von ihrem Grundgedanken zu überzeugen, sich dem bedingungslosen Support ihrer Mannschaft zu widmen, um die Stimmung in den Stadien wieder zu verbessern (ebd., S.58). In der hiesigen Fankultur waren die ersten Ultras jedoch zahlenmäßig in der Minderheit und nur eine von vielen unterschiedlichen Fankulturen, mit denen sie sich im Stadion arrangieren mussten. Dieses Miteinander war nötig, da Ultras gewissermaßen auf die anderen Stadiongänger*innen angewiesen waren, um ihre „Rituale“ durchführen zu können. Im Gegensatz zu den Hooligans konnten sie sich nicht vollends abspalten (vgl. Verma, 2006, S. 39).
Diese Ziele erster Ultra-Gruppierungen gefielen nicht allen Fangruppierungen in den Stadien. Es kam zu Konflikten mit anderen bereits etablierten Fangruppen, die sich einem oppositionellen Konzept gegenübergestellt und ihre Führungsrolle in der Kurve bedroht sahen (ebd., S. 57-60). Außerdem warfen viele Alt-Eingesessene Fankurvengänger*innen den Ultras eine ihnen unpässliche Selbstinszenierung vor. Die Gegensätze zwischen den meist jüngeren Mitgliedern der Ultra-Gruppen und den alteingesessenen Fans glichen einem Generationenkonflikt, bei dem der Wille für Veränderung des Bürgertums sinnbildlich dem saturierten Proletariat gegenüberstand. Die Leistung auf den Rängen durch den Supportgedanken der Ultras war wichtiger als jahrelange Fankarrieren, die plötzlich in den Hintergrund gerieten. Schwenzer (2002) arbeitet heraus, dass in der Zeit vor den Ultras Personen mit derartigen Biographien besondere Anerkennung in den Fankurven genossen:
„Nicht Sozialprestige aufgrund der gesellschaftlichen Stellung, sondern wirkungsvolle Inszenierung und langjährige Anhängerschaft ist das Kriterium für die Anerkennung innerhalb der Fanszene. [...] Der Fanblock wird als ein Territorium begriffen, auf das man als Gruppe physisch und symbolisch Anspruch erhebt. [...] Auch hier findet Distinktion statt: Das Prestige eines Fans misst sich unter anderem daran, ob er >früher< schon dabei war“ (vgl. Schwenzer, 2002, S. 104-105)
Ob jemand also früher schon ins Stadion ging und seit vielen Jahren den Fanblock beheimatete, war in der ersten Phase der Ultras nicht mehr wichtig. Der Leistungsgedanke bot für Neuzugänge eine echte Alternative zum Ausleben des Fan-Seins. Nichtsdestotrotz waren die ersten Gruppen meist elitäre Zirkel, die erst im Laufe der Zeit durch ein offeneres Mitgliedersystem mit flexibler Zugehörigkeit Interessierten Zugang gewährten (vgl. Kathöfer & Kotthaus, 2013, S. 60ff.).
Es entstand eine regelrechte Hassliebe der Ultras zu ihren Vereinen. Der Grund für diesen ständigen Wechsel aus Zu- und Abneigung liegt in den teilweise starken Reaktionen der Verantwortlichen in der Gründungszeit der Ultras. Ultras ernteten viel Gegenwind von gegnerischen Vereinen, aber auch von eigenen Funktionären und hatten mit Repressionen, wie dem Verbot von optischen Stilmitteln, zu kämpfen. Die kritische Haltung gegenüber dem eigenen Verein war ein völliges Novum in der Fanlandschaft. Den Beobachtungen einiger Fanprojekte und Fanforscher*innen zufolge ist dies in der Tatsache begründet, dass unter den Ultras in Deutschland ein höherer Bildungsstand verbreitet ist, als er bei den früheren Fanszenen, wie „Hooligans“5 oder „Kutten“6, der Fall gewesen ist (vgl. Gabriel, 2004, S. 190f.). Auch die Verbände fassten den vornehmlich kritischeren Wertekanon der Dauersupporter als großes Konfliktpotenzial auf und standen dem elitären Gruppenverständnis angespannt und konfliktbehaftet gegenüber (ebd., S. 58ff.).
In der zweiten Phase festigte sich die neue Art der Fankultur bis in die 2000er-Jahre hinein, indem sie durch ihre ständige Anwesenheit den sozialen Raum der Tribüne langfristig für sich gewann. Aus zunächst kleineren Zusammenschlüssen von Ultras wurden durch gezielte Mitgliederakquirierungen größere Gruppen, die sich zunehmend professionalisierten und einen Selbstoptimierungsprozess ohne den Einfluss anderer Gruppen in Gang setzten, auch was Abläufe, Strukturen, Aufgabenbereiche und die Partizipation im Allgemeinen betrifft. Von der gesamten Fanszene wurden die Ultras trotz ihrer wachsenden Präsenz und der zunehmenden Gruppengröße jedoch noch nicht automatisch anerkannt, wobei sich der Szene zu diesem Zeitpunkt durchaus eine gewisse Annäherung auf allen Ebenen attestieren lässt. Daher stiegen das Selbstbewusstsein und das Selbstwertgefühl vieler Ultras an, was auch am Gelingen größerer Projekte während des Spiels lag, die zunehmende mediale Aufmerksamkeit erlangten. Die Ultras bezogen beim Präsentieren von Choreographien die gesamte Kurve mit ein und sorgten dadurch für einen gruppenübergreifenden Zusammenschnitt aller sichtbaren Darstellungen (vgl. Kathöfer & Kotthaus, 2013, S. 67ff.). Ein anderes Mittel zur Außendarstellung waren die Gruppenbanner, die auch Zaunfahnen genannt werden, die das Territorium der jeweiligen Gruppe markierten. Den Verlust, unabhängig vom Vorgang des Abhandenkommens, dieses „Heiligtums gleicht einer enormen Blamage und Erniedrigung“ (Pilz & Wölki, 2006, S.126), sodass eine Ultra-Gruppierung dieses Banner auch heute noch um jeden Preis zu verteidigen hat. Dieses Ritual, wie das Präsentieren der gestohlenen Zaunfahne im Stadion, übernahm die deutsche Ultra-Kultur aus Italien. Indem gegnerische Ultras die Zaunfahne vor den Augen ihrer ursprünglichen Besitzer umgekehrt präsentierten, zerrissen oder verbrannten, demonstrierte die Gruppe so ihre Überlegenheit und demütigte gleichzeitig ihre Kontrahenten (vgl. Gabler, 2010, S. 74; Pilz & Wölki, 2006, S. 126). Dem ungeschriebenen Gesetz der Ultras, dem sog. Ultrakodex folgend, fordert der Verlust der eigenen Zaunfahne die Auflösung der Gruppe. Nimmt eine Gruppe diesen moralischen Vorschriften nicht an, so steht sie in der Kritik anderer Gruppen, die ihnen, so Gabler (2010, S. 72f.), ihre „wahre Ultramentalität“ absprechen.
[...]
1 Wort-Zusammensetzung aus „Fan" und „Magazin"; das Wort steht für ein Magazin, welches von Fans für Fans geschrieben und vertrieben wird.
2 Dabei handelt es sich um Personen, die Spiele in möglichst vielen verschiedenen Stadien der Welt besuchen und ihr Hobby wie eine Sammelleidenschaft ausleben
3 Sie unterstützen ihren Verein bei jedem Spiel, sehen sich selbst aber i.d.R. nicht als Ultras
4 Im Zuge des Endspiels des Fußball-Europapokals der Landesmeister 1984/ 1985 zwischen dem FC Liverpool und Juventus Turin kam es im Heysel-Stadion in Belgien zu einer Massenpanik durch Hooligan-Ausschreitungen, bei denen 39 Menschen getötet wurden.
5 Siehe Kap. 3.5.2
6 Siehe Kap. 3.5.1
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