Bachelorarbeit, 2021
52 Seiten, Note: 1,6
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung,
1.1 Hintergrund
1.2 Aufbau und Zielsetzung der Arbeit
2 Methodik
3 Ergebnisse der Literaturrecherche
3.1 Krankheitsbild Depression
3.1.1 Klassifikation
3.1.2 Affektive Störungen
3.1.3 Bipolare Störung
3.1.4 Dysthymie
3.1.5 Vulnerabilitäts-Stress-Modell
3.1.6 Zusammenfassung von 3.1 -3.1.5
3.2 Definition „Gesunde Ernährung“
3.2.1 Kohl enhy drate
3.2.2 Fette
3.2.3 Proteine
3.2.4 Empfehlungen der DGE
3.3 Bedeutung der Neurotransmitter
3.3.1 Serotonin
3.3.2 Dopamin
3.3.3 Neurotransmitter bei Depressionen
3.3.4 Zusammenfassung 3.2-3.3.3
4 Vorstellung der Studien
5 Ableitung einer Ernährungsempfehlung
6 Diskussion
7 Fazit und Ausblick
Anhang
Literaturverzeichnis
Abbildung 1: Verläufe affektiver Störungen
Abbildung 2: Vulnerabilitäts-Stress-Modell
Abbildung 3: Depressionswerte bei Baseline, 3 und 6 Monaten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Depressionen sind ein aktuelles Thema, welches zunehmend in den Fokus der Gesellschaft rückt. Laut aktuellen Zahlen des Robert Koch-Instituts erkranken in Deutschland pro Jahr 9,2 % der Menschen an einer Depression (vgl. Hapke et al. 2019, S. 62). Besonders lange Ausfallzeiten im Job kennzeichnen die Diagnose der Erkrankung. Die Häufigkeit der Arbeitsunfähigkeit aufgrund psychischer Störungen war im Jahr 2018 mit 5,5 % zwar gering, dreimal so hoch waren jedoch die Ausfalltage mit 15,7 %, was den Schweregrad der Erkrankung deutlich macht (vgl. Knieps/Pfaff, 2019, S. 60-61). Neben den gesamtwirtschaftlichen Schäden, die diese Entwicklungen verursachen, haben Depressionen weitreichendere Folgen. Nicht nur das Erwerbsleben ist beeinträchtigt, auch das soziale Umfeld und der Körper werden bei einer Depressionsdiagnose in Mitleidenschaft gezogen. Obwohl die Prävention von Depressionen ein weltweites Gesundheitsziel ist (vgl. Schwarz et al., 2018, o. A.), erschweren Stigmatisierungen und Bagatellisierungen nicht nur die Prävention, sondern verhindern Früherkennungen der Krankheit. Der rasante Wandel verändert dabei nicht nur die Häufigkeit von psychischen Erkrankungen, auch die Ernährungsweise der Menschen ändert sich. Aus dem Ernährungsreport „BMEL 2019“ geht hervor, dass es der deutschen Bevölkerung neben dem Geschmack darauf ankommt, dass das Essen „gesund“ ist (vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, 2019, S. 7).
„Führe ein gesundes Leben und du wirst kaum Erkranken, es sei denn, durch einen Unfall oder eine Epidemie. Wirst du krank, so gewährt dir die richtige Diät die beste Möglichkeit, wieder gesund zu werden.“ (vgl. Sojall-Naturen, 2019, o. A.)
Schon in der frühen griechischen Medizin ging man davon aus, dass eine gesunde Ernährung einen Einfluss auf den Körper hat. Gegenwärtig weiß man, dass sich heutige Zivilisationskrankheiten dadurch sogar verhindern lassen. Neben der Vermutung, dass Depression bis zum Jahr 2020 die zweithäufigste Volkskrankheit sein soll (vgl. Bundesministerium für Gesundheit, 2020, o. D.), bleibt die Frage offen, ob sich psychische Erkrankungen durch eine gesunde Ernährung vorbeugen und sich der Krankheitsverlauf beeinflussen lässt. Die Forschungsfrage dieser Arbeit lautet: Kann eine gesunde Ernährung den Verlauf einer Depression beeinflussen?
Das Ziel dieser Arbeit ist es, den aktuellen Forschungsstand über die Themen Depression und gesunde Ernährung darzustellen und aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse abschließend eine Ernährungsempfehlung für Menschen mit einer Depressionsdiagnose abzuleiten. Der aktuelle Forschungsstand bezieht sich dabei auf die Ergebnisse aktueller Studien, welche sich mit dem Zusammenhang von Depressionen und der Ernährung beschäftigt haben. Die Studien wurden in verschiedenen Ländern durchgeführt und ausschließlich in englischer Sprache veröffentlicht. Diese wurden über das Suchportal „PubMed“ ausgewählt. Ergänzende Literatur wurde über die Suchportale „Wiso Datenbank“, „Ebsco“ und „Livivo“ gesichtet und ausgewählt. Aufgrund der Aktualität der Thematik wurde hauptsächlich aktuelle Literatur zur Bearbeitung herangezogen. Ausnahmen bilden Grundlagenliteraturen, die auf Erstveröffentlichungen zurückzuführen sind. Die Arbeit gliedert sich in zwei Themenblöcke. Im ersten Themenblock geht es um das Thema der Depression. Neben einer Erläuterung der Erkrankung in der „Internationalen Statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme“ (ICD-10- GM) und des „Diagnostical and Statistical Manual of Mental Disorders“ (DSM) der fünften Auflage werden die Ätiologie, der Verlauf und die Prognose von Depressionen beschrieben. Abgeschlossen wird der Thementeil mit dem VulnerabilitätsStress-Modell, um die Verletzlichkeit eines Menschen und die damit zusammenhängende individuelle Krankheitsneigung zu beschreiben. Im zweiten Teil wird das Thema „Gesunde Ernährung“ bearbeitet. Dafür werden die Makronährstoffe näher betrachtet und die aktuellen Ernährungsempfehlungen der „Deutschen Gesellschaft für Ernährung“ (DGE) analysiert. Abgerundet wird der Themenblock mit der Wirkung von relevanten Neurotransmittern bei Depressionen. Nach der Bearbeitung der beiden Themenblöcke werden ausgewählte Studien dargelegt und analysiert. Auf der Grundlage der dargestellten Ergebnisse wird eine Ernährungsempfehlung für Menschen mit einer Depressionsdiagnose abgeleitet.
Die Grundlage für die Literaturrecherche bildet neben Stichwortsuchen in den wissenschaftlichen Datenbanken auch die systematische Auswahl von Journalen, Fachzeitschriften und Beiträgen, welche in englischer Sprache veröffentlicht wurden. Für die Auswahl der Studien über das Portal „PubMed“ wurden die Phrasen „nutrition“, „depression“ und „diet“ verwendet. Aus den Ergebnissen wurden insgesamt vier Studien ausgewählt, welche tabellarisch im Anhang dargestellt sind. Ergänzende Literaturen zu den Themen Depression, Psychologie, Ernährung und Ernährungspsychologie wurden sowohl über „Springer Link“, als auch über „Wiso“ und „Livivo“ ausgewählt. Die vorliegende Arbeit richtet sich nach dem Leitfaden für wissenschaftliches Arbeiten der Fachhochschule für Ökonomie und Management Essen mit Stand Mai 2020. Aufgrund der COVID-19-Pandemie und den damit zusammenhängenden Kontaktbeschränkungen wurden hauptsächlich Quellen und Literaturen gewählt, welche online zugänglich sind. Bei der Auswahl der Studien waren die interne Validität, die Größe, die Übertragbarkeit und die Anwendung der Ergebnisse auf die Erstellung der Ernährungsempfehlung stets von höchster Priorität.
In der Psychologie wird die Depression als eine Krankheit definiert, welche sich unter anderem durch Konzentrationsstörungen, Niedergeschlagenheit, Traurigkeit und reduzierter Leistungsfähigkeit äußert (vgl. S3-Leitlinien Unipolare Depression, 2015, S. 29). Weitere Symptome variieren hinsichtlich der Schwere einzelner depressiver Episoden und reichen von Appetitlosigkeit bis hin zu Suizidgedanken (vgl. Wolfersdorf, 1994, S. 18-19). Hinsichtlich der Pathologie lässt sich festhalten, dass Depressionen von verschiedenen Faktoren abhängig sind. Sowohl biologische, psychosoziale, als auch individuelle Dispositionen der betroffenen Person spielen eine zentrale Rolle. Welche Faktoren die Entwicklung einer Depression bedingen, wird im weiteren Verlauf anhand des Vulnerabilitäts-Stress-Modells erarbeitet. Eine Depression grenzt sich von einer Reaktion auf ein belastendes Ereignis ab. Um die Diagnose einer Depression zu erhalten, müssen in einem Zeitraum von mindestens zwei Wochen zwei von drei Hauptsymptomen und zusätzlich zwei Nebensymptome vorhanden sein (vgl. Stiftung Deutsche Depressionshilfe, 2020, o. D.). Die Hauptsymptome sind der Verlust von Freude und Interesse, Niedergeschlagenheit und ein verminderter Antrieb, während die Nebensymptome von Schlafstörungen bis hin zu Suizidgedanken reichen (vgl. ebd.). Sind diese Kriterien in einem Zeitraum von mindestens zwei Wochen täglich vorhanden, kann eine Depression vom Arzt diagnostiziert werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Inanspruchnahme eines Arztes oder eines Psychotherapeuten erfolgt. Die Realität zeigt jedoch, dass ca. 50 % der schweren Depressionen nicht behandelt werden, da sie von Betroffenen mit Stigmatisierungen assoziiert werden (vgl. Aerzteblatt, 2012, o. D.). Besonders Männer sind von Stigmatisierungen in Bezug auf die Inanspruchnahme von professioneller Hilfe und geschlechtsspezifischen Vorurteilen betroffen. Daher gibt es hinsichtlich der Prävalenz von Depressionen erhebliche Unterschiede. Während jährlich 11,2 % der Frauen mit einer Depression diagnostiziert werden, sind es bei den Männern lediglich 5,5 % (vgl. Wittchen et al., 2010, S. 19).
Die ICD-10-GM ist eine amtliche Klassifikation zur Verschlüsselung von Diagnosen der ambulanten und stationären Versorgung in Deutschland (vgl. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, 2020, o. D.). Der Begriff ICD ist eine Abkürzung für „International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems“. Aktuell ist es in der 10. Revision, in der „German Modification“ (GM), verfügbar und hat in Deutschland zwei wesentliche Aufgaben: Über die verschlüsselten Diagnosen werden gemäß dem EBM, dem einheitlichen Bewertungsmaßstab und des pauschalisierten Entgeldsystems G-DRG, Abrechnungen erstellt. Zum anderen werden mit Hilfe des ICD-10-GM-Codes Todesursachen verschlüsselt, um diese für internationale Todesursachenstatistiken nutzen zu können (vgl. ebd.). Unter dem Kapitel fünf sind „Psychische und Verhaltensstörungen“ aufgelistet. Das Unterkapitel F30 bis F39 beschreibt die Gruppe der affektiven Störungen, unter der das Krankheitsbild der Depression zu finden ist. Je nach Art und Häufigkeit der Symptomatik lassen sich Depressionen in leichte (F32.0), mittelgradige (F32.1) und schwere (F32.2, F32.3) Episoden einteilen (vgl. ebd.). Je nach Schwere der Episoden sind folgende Symptome wenig oder stark ausgeprägt: gedrückte Stimmung, ein verminderter Antrieb und verminderte Aktivität, die Fähigkeit zur Freude, Interesse und Konzentration sind gemindert, ausgeprägte Müdigkeit und Gedanken über eigene Wertlosigkeit sind präsent, welche von körperlichen Symptomen begleiten werden können (vgl. ebd.). Im Gegensatz zum ICD-10-GM, welcher eine weltoffene Orientierung mit Einbezug des Geistes, des Körpers und aller Menschen dieser Welt besitzt, ist das amerikanische Klassifikationssystem, das DSM-V, vorwiegend auf wissenschaftliche Befunde gestützt. Das hat den Vorteil, dass Symptome spezifischer einer Diagnose zugeordnet werden können. Durch die Spezifikation einzelner Symptome lassen sich Diagnosen in Hinblick auf die einzelnen Unterformen von Depressionen genauer ableiten (vgl. Berking/Rief, 2020, S. 12-14). DSM-V steht für die fünfte Auflage des „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders“ und ist das dominierende Klassifikationssystem von psychischen Erkrankungen in den USA. In Deutschland bietet es hinsichtlich der Diagnosestellung lediglich eine Unterstützung. Gesetzlich ist es laut Paragraph § 295 SGB V vorgeschrieben, dass die einheitliche Codierung über das ICD-10-GM erfolgen muss (vgl. Kassenärztliche Bundesvereinigung, o. D.).
Sowohl die unipolare, als auch die bipolare Störung und das eigenständige Krankheitsbild der Dysthymie werden zu den affektiven Störungen gezählt (vgl. S3-Leit- linien Unipolare Depression, 2015, S. 17). Im Gegensatz zu einem bipolaren Verlauf fehlen bei einer unipolaren Depression die Phasen der Manie. Eine Manie ist durch eine gehobene Stimmung, Rededrang, und Ruhelosigkeit gekennzeichnet (vgl. Deutsche Gesellschaft für Bipolare Störungen, 2016, S. 2). Kehren einzelne Episoden mit depressiver Symptomatik in regelmäßigen Abständen wieder, spricht man von einer rezidivierenden unipolaren Depression (vgl. ebd.). Beide Verlaufsformen und das eigenständige Krankheitsbild der Dysthymie sind in der folgenden Abbildung visualisiert.
Abbildung 1: Verläufe affektiver Störungen
1. Unipolare Depression (Dauer: mind. 2 Wochen)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2. Bipolare Depression (Dauer: mind. 2 Wochen)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3. Dysthymie (Dauer: mind. 2 Jahre)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an S3-Leitlinien Unipolare Depression, 2007, S. 26.
Die rezidivierende unipolare Depression, welche unter Punkt eins zu finden ist, zeichnet sich durch wiederkehrende depressive Episoden aus. Während die Dauer und Intensität der einzelnen Episoden variieren können, ist folgende Symptomatik immer vorhanden: Eine psychomotorische Hemmung, die sich in einerseits von stockender Mimik und monotoner Sprache bis hin zu einem depressiven Stupor erstrecken und andererseits, in einem umgekehrten Sinne, auch in einer Agitiertheit äußern (vgl. Laux, 2011, S. 372). Innerhalb der einzelnen Episoden fällt es Erkrankten schwer, Freude zu empfinden, das Denken ist gehemmt und Gedanken über die eigene Minderwertigkeit bestimmen den Alltag der Betroffenen. Durch das Ausbleiben einer manischen Episode, in der die Stimmung aufhellt, dominiert das pessimistische Denken in der gesamten Lebenszeit der Erkrankten (vgl. ebd.). Daraus resultiert eine erhöhte Suizidgefahr. Derzeit wird vermutet, dass ca. 65 bis 90 % aller Suizide auf psychische Erkrankungen - vor allem auf Depressionen - zurückzuführen sind (vgl. Wittchen et al., 2010, S. 25). Rezidivierend bedeutet „wiederkehrend“ und beschreibt in diesem Zusammenhang, dass die einzelnen Episoden über Jahre hinweg immer wieder auftreten. Nach einer abgeschlossenen Behandlung gilt die Hälfte der Erkrankten zwar wieder als geheilt, jedoch beträgt die Rückfallquote in eine depressive Episode 50 % im Vergleich zu Denjenigen, die bisher keine depressiven Erfahrungen in ihrem Leben gemacht haben (vgl. S3-Leitlinien Unipolare Depression, 2015, S. 27).
Im Gegensatz zu einer unipolaren Depression ist die Bipolare Störung durch das Auftreten einer manischen Episode gekennzeichnet, wie in der Abbildung eins dargestellt ist. Hierbei wechseln sich depressive Episoden mit manischen Episoden ab. Die manischen Phasen sind durch folgende Symptome gekennzeichnet: Betroffene zeigen eine stark erhöhte Antriebssteigerung, sind unruhig, haben eine übermäßig gehobene Stimmung und ein stark gesteigertes Selbstwertgefühl (vgl. Rothenhöfer et al., 2009, S. 447). Im Gegensatz zur unipolaren Depression müssen bei einer Bipolaren Störung manische oder hypomanische Episoden vorliegen. Eine Manie kennzeichnet sich durch eine deutlich erhöhte Antriebssteigerung, riskantes Verhalten und durch eine allgemein gereizte Stimmung, während die Hypomanie die abgeschwächte Form der Symptomatik darstellt (vgl. Deutsche Gesellschaft für Bipolare Störungen, 2016, S. 3).
Im Gegensatz zu der unipolaren Depression erfüllt das Krankheitsbild der Dysthymie nicht die Kriterien des ICD-10-GM, nachdem die depressiven Symptome über einen Zeitraum von zwei Wochen vorliegen müssen, und grenzt sich damit von einer Depression und einer Bipolaren Störung ab (vgl. S3-Leitlinien Unipolare Depression, 2015, S. 28). Das Wort „Dysthymie“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Missmut“ (vgl. Duden, 2020). Damit ist eine lange andauernde, leichte depressive Verstimmung gemeint, die sich hinsichtlich der geforderten Symptomdauer von der Depression abgrenzt. Im Gegensatz zu zwei Wochen muss eine depressive Symptomatik über mind. zwei Jahre andauern, ohne dabei in ein Extrem der Manie oder einer depressiven Episode auszuschlagen (vgl. Petermann et al., 2020, S. 224). Bereits in der frühen griechischen Medizin begründete der Arzt Hip- pokrates von Kos innerhalb seiner Vier-Säfte-Lehre die Theorie, dass ein Übermaß an schwarzer Galle die Ursache für das Auftreten von Melancholie darstellt (vgl. Kappelhoff et al., 2019, S. 119). Damals wurde die Melancholie mit Lähmungserscheinungen und mentaler Abstumpfung assoziiert, welche Parallelen zur heutigen Klassifikation der Dysthymie aufweist. Wie in Abbildung eins dargestellt ist, zeigen die Episoden bei einer Dysthymie im Vergleich zur Depression die Phasen an, in denen sich die Betroffenen „gut“ fühlen. Den Hauptteil ihrer Lebenszeit berichten sie jedoch von Müdigkeit, Depressivität und der Tatsache, dass sie unfähig sind, Dinge zu genießen (vgl. S3-Leitlinien Unipolare Depression, 2015, S. 32). Die Störung tritt häufig im jungen Erwachsenenalter auf und im Gegensatz zu einer schwer verlaufenden unipolaren Depression sind Betroffene weiterhin in der Lage, den Anforderungen ihres Alltags gerecht zu werden (vgl. ebd.).
Warum gibt es Menscheu, die eher dazu neigen an einer Depression zu erkranken und solche, die trotz schwierigen Situationen immer wieder neue Energien aus diesen schöpfen? Um diese Fragen zu beantworten, wurde das Vulnerabilitäts-Stress- Modell entwickelt (vgl. Brakemeier et al., 2008, S. 389). Es versucht menschliches Verhalten imd das Auftreten von psychischen Störungen zu erklären. Dabei geht das Modell auf soziale, biologische, psychologische und umweltbezogene Faktoren ein, die das Entstehen einer psychischen Störung bedingen (vgl. ebd.). Die nachfolgende Abbildung zeigt ein multifaktorielles Geschehen, welches die Entstehung einer akuten und einer chronischen Depression bedingt.
Abbildung 2: Vulnerabilitäts-Stress-Modell
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Ätiopathogenese der unipolaren Depression, 2008, S. 389
Sie zeigt, dass beide Verlaufsfonnen zum einen von der Vulnerabilität eines Menschen, der Exposition eines Stressors und der genetischen Ausstattung abhängig sind. Ob und wie stark eine depressive Episode ausgelöst wird, hängt von individuellen Faktoren ab, die in einer Wechselwirkung zueinanderstehen. Die Grundlage für die Entstehung einer Depression ist die Vulnerabilität eines jeden Menschen, die stark oder schwach ausgeprägt sein kann (vgl. Brakemeier et al., 2008, S. 390). Das Wort „Vulnerabilität“ bedeutet „Verletzbarkeit“ und setzt sich aus der biologischen, der psychologischen und aus umweltbezogenen Vulnerabilitäten zusammen (vgl. ebd.). Je geringer die Vulnerabilität eines Menschen ausgeprägt ist, desto niedriger ist die Krankheitsneigung. Und umgekehrt: je höher die Vulnerabilität ausgeprägt ist, desto höher ist die Krankheitsneigung. In diesem Zusammenhang sind die Begriffe „Resilienz“ und „Coping“ relevant. In der Psychologie beschreibt das Wort „Resilienz“ die „seelische Widerstandskraft“ (vgl. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik, o. D.). Menschen, die hohe Resilienz besitzen, sehen Probleme als Herausforderung und als Chance an, aus diesen neue Erfahrungen zu generieren. Menschen mit einer niedrigen Resilienz wachsen nicht durch Problemsituationen. Sie sind dazu geneigt, sich aufgrund der belastenden Situation in der Opferrolle zu sehen und fühlen sich ihr hilflos ausgeliefert (vgl. ebd.). Dementsprechend hoch ist das Risiko, dass diese Menschen destruktive Coping-Strategien wählen, um aus der Situation zu flüchten. Diese können von einem übermäßigen Alkoholkonsum über die Einnahme von Drogen bis hin zu einem selbstverletzenden Verhalten reichen. Konstruktives Coping kann die Suche nach professioneller Hilfe, Meditation, Sport oder die Ausübung von Hobbys beinhalten, die das eigene Wohlbefinden stärken (vgl. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik, o. D.). Folglich können sich Menschen mit einer hohen Resilienz und gleichzeitigem Vorliegen einer niedrigen Vulnerabilität in kurzer Zeit erfolgreich an neue Situationen und an auftretende Stressereignisse anpassen. Gleichzeitig wird dadurch das Risiko, an einer Depression oder anderen psychischen Erkrankungen zu erkranken, gemindert (vgl. ebd.).
Um die Diagnose einer Depression zu erhalten, müssen in einem Zeitraum von mindestens zwei Wochen zwei Hauptsymptome sowie drei Nebensymptome auftreten (vgl. Stiftung Deutsche Depressionshilfe, 2020, o. D.). Bereits im ersten Teil dieser Arbeit wurde herausgearbeitet, dass eine Depression von einer schwierigen Lebensphase und der Reaktion auf ein besonderes Lebensereignis zu unterscheiden ist. Die Diagnose einer Depression wird mit verschlüsselten Codes angegeben, welche in der „Internationalen Statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme“, dem ICD-10-GM, angegeben wird (vgl. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, 2020, o. D.). Es bildet die Grundlage für die Abrechnungen medizinischer Leistungen im Gesundheitswesen. Weiterhin wird es zur Diagnoseverschlüsselung in der ambulanten sowie der stationären Versorgung und zur Todesursachenverschlüsselung genutzt, um die Daten für statistische Zwecke auswerten zu können (vgl. ebd.). Im Unterschied zum ICD-10-GM ist das DSM-V lediglich eine Hilfestellung für die Diagnosestellung psychischer Krankheiten. In Deutschland kann die Diagnose anhand des DSM-V nicht gestellt werden, da die Codierung und die Abrechnung über das ICD-10-GM gesetzlich vorgeschrieben ist (vgl. Kassenärztliche Bundesvereinigung, o. D.). Eine rezidivierende unipolare Depression ist durch das Auftreten regelmäßig wiederkehrender depressiver Episoden gekennzeichnet. Betroffene sind dann nicht mehr in der Lage, Freude zu empfinden, sind niedergeschlagen, ihnen fehlt der Antrieb und der Appetit bleibt aus. Damit unterscheidet sich die unipolare Depression von der bipolaren Depression, welche durch Episoden manischer Symptomatik gekennzeichnet ist. Beide Krankheitsbilder sind ebenfalls von der Dysthymie abzugrenzen. Diese dominiert durch eine unterschwellige depressive Symptomatik, welche über Jahre hinweg bestehen bleibt, ohne die Kriterien einer Depressionsdiagnose nach dem ICD-10-GM zu erfüllen (vgl. S3-Leitlinien Unipolare Depression, 2015, S. 28). Um nachzuvollziehen, warum es Menschen gibt, die trotz Stressbelastungen weniger dazu geneigt sind, eine Depression zu entwickeln, wurde das Vulnerabilitäts-Stress-Modell beschrieben. Dabei bedingen die Vulnerabilität, die Exposition eines kritischen Lebensereignisses, entwicklungsbiologische Veränderungen und das Vorhandensein genetischer Prädispositionen das Risiko, an einer Depression zu erkranken (vgl. Brakemeier et al., 2008, S. 11). Die Begriffe „Resilienz“ und „Coping“ wurden als besonders relevant herausgestellt. Menschen, die über eine hohe Resilienz bei gleichzeitig niedriger Vulnerabilität verfügen, können starken Stressbelastungen ausgesetzt sein, ohne Folgeschäden davonzutragen. Menschen mit niedriger Resi- lienz und hoher Vulnerabilität dagegen sind nicht in der Lage, Stresssituationen auszuhalten und sind eher dazu geneigt, Folgeschäden und Krankheiten zu erleiden. Diese Menschen greifen vermehrt zu destruktiven Coping-Strategien, die von der bestehenden Problemsituation ablenken, diese jedoch nicht lösen (vgl. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik, o. D.). Im weiteren Teil der Arbeit geht es um die Thematik der gesunden Ernährung. Dazu werden Makronährstoffe vorgestellt, um deren Wirkung mit dem Krankheitsbild der Depression in Verbindung zu bringen.
In einer Gesellschaft, welche von Selbstoptimierung und Leistung geprägt ist, fällt der Begriff „Gesundheit“ in vielen Bereichen. Oft wird er mit einem Zustand von Wohlbefinden assoziiert, welches dafür Sorge trägt, dass die gewünschte Funktionalität bewahrt bleibt. Einen Grundstein für die Neuorientierung dieses Begriffs legte die Weltgesundheitsorganisation im Jahr 1948 mit folgender Umschreibung: „Gesundheit ist der Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur des Freiseins von Krankheit und Gebrechen“ (vgl. Franzkowiak/Hurrelmann, 2018, o. D.). Damit wurde eine multidimensionale Sichtweise begründet, welche sowohl soziologische, seelische als auch körperliche Dimensionen einbezieht. Eine einheitliche Definition der „gesunden“ Ernährung existiert nicht. Daher lassen sich beide Wörter getrennt voneinander umschreiben und zusammenfügen. Ernährung beschreibt den Prozess der Nahrungsaufnahme, welche unter Berücksichtigung der zuvor erläuterten Definition von Gesundheit, „gesund“ sein sollte. Doch wann ist eine Ernährung gesund? Gesund ist sie demnach dann, wenn man durch die Aufnahme von Nahrungsmitteln einen Zustand des völligen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens erfährt und frei von Krankheiten ist (vgl. ebd.). Damit wird der Ernährung nicht nur eine präventive Wirkung für körperliche Erkrankungen zugeschrieben, auch die seelische Gesundheit steht in einer Wechselwirkung zu der jeweiligen Ernährung. Um diesen Zustand zu erreichen, plädiert die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. für eine „vollwertige“ Ernährung (vgl. DGE, 2020, o. D.). Diese ist nicht nur durch die Aufnahme von ausreichend Flüssigkeit und ausreichend Energie gekennzeichnet, sie liefert außerdem wichtige Vitamine, Ballaststoffe, Mineralien und sekundäre Pflanzenstoffe (vgl. ebd.). Diese werden durch komplexe Kohlenhydrate, Proteine und Fette gedeckt, welche besondere Funktionen im menschlichen Organismus erfüllen. Diese werden im Folgenden genauer vorgestellt.
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