Bachelorarbeit, 2020
46 Seiten, Note: 1,3
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Vorbemerkung
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Forschungsfragen
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Methodik
2.1 Das Erhebungsinstrument
2.2 Auswahl und Beschreibung der Experten
2.3 Datenauswertung
2.4 Gütekriterien
3 Theoretischer Hintergrund
3.1 Coach, Coachee und Coaching
3.2 Neurolinguistisches Programmieren (NLP)
3.3 Das Modell der neuro-logischen Ebenen
4 Ergebnisse
4.1 Anwendungsfelder
4.2 Verwendungsmöglichkeiten
4.3 Herangehensweisen und Ansatzmöglichkeiten
4.4 Spezifische Merkmale der Ebenen
4.5 Ebenen-Struktur
4.6 Zusatzformate /-modelle
5 Diskussion
5.1 Verwechselungsgefahr und Schwierigkeiten
5.2 Emotionalität
5.3 Kritik
5.4 Extrakt
6 Schlussbetrachtung
7 Literaturverzeichnis
Abbildung 1 Die psycho-logische Ebenen in Anlehnung an Schmidt-Tanger (2012)
Tabelle 1 Schema der psycho-logischen Ebenen in Anlehnung an Schmidt-Tanger (2013)
Um die Lesbarkeit in der vorliegenden Arbeit zu erleichtern wird auf geschlechterspezifische
Nennungen verzichtet und lediglich die maskuline Schreibweise verwendet. Diese Form versteht sich als geschlechtsneutral und bezieht sich auf alle Geschlechter gleichermaßen. Im Rahmen dieser wissenschaftlichen Untersuchung geht es in erster Linie darum, praktisches Expertenwissen zu generieren. Da es nicht um die Wertung von Richtig oder Falsch geht, wird von namentlichen Zitationen abgesehen. Um Neutralität zu gewährleisten wurden die Interviews anonymisiert. Die Einverständniserklärung zur Datenverwendung liegt von jedem Experten vor.
Angesichts der geführten Interviews und um Einheitlichkeit zu gewährleisten wird in der vorliegenden Arbeit, anders als im Titel, der Begriff neuro-logische Ebenen verwendet. Ob es sich bei den Ebenen nun um neuro-logische, psycho-logische oder logische Ebenen handelt, ist von der jeweils angenommenen wissenschaftlichen Perspektive abhängig.
„Problem space is not solution space.“
- Albert Einstein -
Menschen geraten nach Auffassung von Dannemeyer & Dannemeyer (2018) durch die Dualität von Tun und Sein immer wieder in Not (Dannemeyer & Dannemeyer, 2018).
Die Orientierung im persönlichen und beruflichen Leben und das Treffen von Entscheidungen stellen in der heutigen Zeit immer höhere Anforderungen (Loebbert, 2016). Ungelöste Konflikte, die sich beispielsweise zwischen beruflichen und privaten Werten oder Anforderungen entzünden, führen unter starker Belastung zu unverständlicher Lustlosigkeit, Abgeschlagenheit, innerem Missmut oder psychosomatischen Störungen. Auf der einen Seite rauben Konflikte Nerven, Zeit und Energie. Auf der anderen Seite verbirgt sich dahinter eine Quelle nicht wahrgenommener Möglichkeiten und Chancen. Menschen suchen in diesen Situationen nach Halt und Unterstützung, um eine subjektiv wahrgenommene notwendige Veränderung vorzunehmen.
Seit Menschengedenken ist die Veränderung der Gegenwart, um die Zukunft angenehmer zu gestalten, eine schöpferische Leistung und einer der großen Motivatoren für den Fortschritt. Das Erleben nützlicher Hilfestellungen und die Akzeptanz der unterschiedlichen Veränderungsphasen sind eine sinnvolle Unterstützung auf dem Weg der Veränderung. Die auf dem Veränderungsweg gesammelten Erfahrungen aktivieren Ressourcen für den nächsten Schritt (Schmidt-Tanger, 2012).
Coaching dient als Möglichkeit, diese Lebens- und Umbruchssituationen zu begleiten (Ohnesorge & Fitz, 2014). Mögliche konflikthafte Bereiche der Persönlichkeit und des Handelns werden mit Hilfe des Coachings erkannt. Dies führt zu mehr Klarheit und Bewusstsein über die Ziele und Wünsche, Schwierigkeiten und Möglichkeiten. Zudem ermöglicht es unvertraute, fremde Perspektiven und Standpunkte einzunehmen und stellt die Probleme und Ziele in ein neues Licht. In erster Linie geht es darum, den Betroffenen in einen Zustand zu versetzen, in dem er selbst Lösungen für sein Thema findet (Schmidt-Tanger, 2012).
Bereits Albert Einstein postulierte, Probleme niemals mit derselben Denkweise zu lösen, durch die sie entstanden sind. Laut einer Grundannahme des Neurolinguistischen Programmierens, verfügen alle Personen und Systeme in der Regel über die erforderlichen Ressourcen, um positive Veränderungen zu bewirken. Steht hingegen das Problem im Vordergrund, ist die Person nicht fähig diese Ressource optimal zu nutzen (Schmidt-Tanger, 2012). Das Problem blockiert folglich die Fähigkeit. Aron Beck, ein Pionier der kognitiven Therapie, stellt heraus, dass den meisten Depressionsfällen eine Reihe falscher Skripte oder Überzeugungen zu Grunde liegen (Wilbert, 2004).
Laut Anthropologen sind manche Veränderungen innerhalb einer Kultur leichter als andere. Besonders resistent gegenüber Veränderungen gelten bestehende Werte, Einstellungen und Selbstdefinitionen. Der Veränderungsprozess wird hierbei durch Schwierigkeiten in Form von verdeckter Sabotage bis hin zu offenem Widerstand gehemmt.
Schmidt-Tanger (2012) unterscheidet zwei Arten von Veränderungen – Mikro- und Makroveränderungen. Mikroveränderungen beziehen sich auf das Verändern der Umwelt, des Verhaltens und der Fähigkeiten einer Person. Makroveränderungen erfordern die Veränderung einer Einstellung oder das Infrage stellen der Selbstdefinition. Die Bedrohung von Autonomie, die Gefährdung geltender Werte und Normen und der Verlust von Selbstwert und Anerkennung sind deutliche Hinweise auf Veränderungen auf der Makroebene. Der Umgang mit Makroveränderungen gilt als herausfordernd, zeitintensiv und bedarf enorme Kompetenz. Ein geeignetes Konzept, um Veränderungen ausgehend von den Mikro-und Makroveränderungen zu verstehen und zu gestalten, ist das Modell der neuro-logischen Ebenen der Veränderung nach Robert Dilts aus dem Neurolinguistischen Programmieren (NLP).
Richard Bateson fand heraus, dass es bei Prozessen des Lernens, der Veränderung und der Kommunikation, natürliche Hierarchien der Klassifikation gibt und Schwierigkeiten bei Veränderungsprozessen häufig durch Verwechselung dieser Ebenen entstehen. Auf Grundlage dessen behauptet Dilts, dass das Gehirn wie jedes biologische oder soziale System in Form von Ebenen organisiert ist. Daraus ergeben sich verschiedene Verarbeitungsebenen. Um das Gehirn zu verstehen und Verhaltensweisen zu verändern, gilt es sich mit diesen unterschiedlichen Ebenen zu befassen. Laut Dilts beeinflussen und gestalten diese Ebenen die Beziehungen und Interaktionen einer Person mit der Welt (Dilts, 2010).
NLP hat sich insbesondere in der Wirtschaft erfolgreich als effektive Methode zur Veränderung von menschlichem Erleben und Verhalten etabliert. Dieser Popularität steht eine verheerende Bilanz der wissenschaftlichen Forschung gegenüber. Witkowski (2012) kommt in einem Überblick über 280 Publikationen zu dem Schluss, dass nur etwa zehn Prozent davon NLP-Hypothesen überprüfen oder die Effektivität der Methoden hinterfragen. Im Feld der klinischen Psychologie liegt inzwischen eine Metaanalyse vor, die sich mit der Effektivität von NLP-Techniken im therapeutischen Kontext beschäftigt. Zaharia et al. (2015) finden zwölf Studien, die in ihre Auswertung einfließen. Die Auswertung von Zaharia et al. (2015) zeigt einen positiven Effekt (d = .54). Werden die verwendeten Studien näher beleuchtet, fällt jedoch auf, dass nur fünf der Untersuchungen mit Kontrollgruppen arbeiten. Zusätzlich fanden vier davon keine signifikanten Effekte. Der berichtete positive Effekt basiert somit im Wesentlichen auf Studien, die keine Kontrollgruppe aufweisen (Kanning, 2009). Da NLP trotzdem weitverbreitet als Ansatz dient, bezeichnen Kritiker NLP vermehrt als Pseudowissenschaft und die Anwendung steht unter Manipulationsverdacht. Dies gründet jedoch vermutlich auf dem Defizit an empirischen Studien.
Joo’s (2005) Review über die Coaching Literatur gibt an, dass 71 % der publizierten Artikel über Führungskräftecoaching in Praktiker-Journals, 15 % in akademischen Journals und 14 % in sonstigen Zeitschriften erschienen sind. Demnach resümieren die Autoren, dass Coaching in der Praktiker-Welt mehr Aufmerksamkeit bekommt als in der Wissenschaft (Schreyögg & Schmidt-Lellek, 2015). Diesem Bild wird laut Kotte et al. (2015) auch nicht widersprochen (Kotte et al., 2015). Coaching im Einzelsetting versteht sich als intime Veränderungsarbeit und findet in einem geschützten Rahmen zwischen dem Coach und dem Coachee statt. Die Vertrauensarbeit ist durchweg zentral. Von wesentlicher Bedeutung für den Coaching-Erfolg ist der Aufbau einer tragfähigen Arbeitsbeziehung. Die Coaching-Forschung dagegen braucht einen möglichst direkten Zugang zum Coaching-Prozess. Video- oder Audioaufnahmen sind neben Fragebögen das Mittel der Forschung, um einen möglichst unverstellten Zugang zu bekommen (Wegener & Loebbert, 2014). Damit dringt die Forschung jedoch in den intimen Raum zwischen Coach und Coachee ein und der Coaching-Prozess wird dadurch möglicherweise gehemmt. Voranliegende Befürchtung wird laut Kotte et al. (2015) von vielen Coachs als Hinderungsgrund an der Teilnahme an Coaching-Forschung benannt.
Hieraus ergibt sich ein Spannungsfeld zwischen dem wissenschaftlichen Aufmerksamkeitsdefizit hinsichtlich der Wirksamkeit von NLP im Coaching und der kritisch durchführbaren Coaching-Forschung. Die vorliegende Arbeit nähert sich diesem Spannungsfeld vorsichtig an. Anhand von Experteninterviews wird das Modell der neuro-logischen Ebenen aus dem Neurolinguistischen Programmieren untersucht. Der Untersuchungsrahmen bezieht sich auf die Veränderungsarbeit im Einzelcoaching. Die subjektiven Erfahrungswerte und das implizite Wissen der Befragten (Kotte et al., 2015) geben Aufschluss über den Einsatz, den Umgang und möglichen Besonderheiten, sowie Grenzen des Modells der neuro-logischen Ebenen.
Ziel der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit ist es, anhand des gesammelten Expertenwissens einen Einblick in die angewandte Praxis des Modells zu erhalten. Die Untersuchung dient dazu, die Verwendungs-, sowie Ansatzmöglichkeiten des Modells näher zu beleuchten. Es gilt herauszustellen, welche Sicht- und Herangehensweisen sich bewährt haben und inwiefern sich die Ebenen untereinander strukturieren.
Folgende Forschungsfragen werden mittels der Experteninterviews aufgeklärt.
Hauptforschungsfrage:
- Wie wird das Modell der neuro-logischen Ebenen in der Veränderungsarbeit im Einzelcoaching verwendet?
Unterforschungsfragen:
- Wozu dient das Modell der neuro-logischen Ebenen in der Veränderungsarbeit im Einzelcoaching?
- Welche Ansatzmöglichkeiten und Herangehensweisen bietet das Modell der neuro-logischen Ebenen in der Veränderungsarbeit im Einzelcoaching?
- Inwiefern strukturieren sich die Ebenen des Modells untereinander?
Im Rahmen dieser wissenschaftlichen Arbeit findet eine qualitative Untersuchung anhand von Expertengesprächen statt. Diese Methode hat den Charakter einer Heuristik. Dabei geht es um das Entdecken bisher noch unbekannter und unausgearbeiteter Ideen (Mey & Mruck, 2010). Die Experteninterviews ermöglichen einen direkten Einblick in das Fach- sowie Hintergrundwissen. Die eingegangene Kommunikationsbeziehung mit sogenannten Experten, ermöglicht einen direkten Zugang zu bedeutungsstrukturierten Daten. Diese Daten werden unverzerrt und authentisch gebildet. Hinsichtlich des in der Problemstellung aufgezeigten Spannungsfeldes, beginnt die Arbeit mit dem methodischen Vorgehen. Eingangs erfolgt ein kurzer Einblick in die empirische Sozialforschung und deren Merkmale. Anschließend wird das Erhebungsinstrument kurz theoretisch erklärt und hinsichtlich der vorliegenden Arbeit beschrieben. Gefolgt von der Auswahl und Beschreibung der Experten. In einem nächsten Schritt wird das Vorgehen der Datenauswertung nach Mayring (2003) beschrieben sowie auf die Gütekriterien eingegangen. Nachfolgend werden die theoretischen Hintergründe zum Modell, die sich aus der Literaturrecherche ergeben, dargestellt. Im darauffolgenden Ergebnisteil eröffnet sich ein erweiternder Einblick in das Feld der angewandten Praxis des Modells. In der Diskussion werden zusätzliche Erkenntnisse, außerhalb des Forschungsvorhabens dargestellt und abschließend ein Extrakt aus den gesammelten Erkenntnissen gebildet. Zum Schluss folgt eine Schlussbetrachtung, die einen Blick in mögliche Forschungsprojekte wirft.
Die empirische Sozialforschung unterteilt sich in quantitative und qualitative Forschung. Das zentrale Unterscheidungsmerkmal zeichnet sich durch die Art aus, wie das gefundene Datenmaterial Verwendung findet. Diese Unterschiede ergeben sich aus dem Einsatz verschiedener Forschungsmethoden (Schwaiger & Meyer, 2011). Die Vorgehensweise zur Theoriegewinnung unterscheidet sich dabei. In der quantitativen Sozialforschung wird deduktiv und in der qualitativen Methodik induktiv vorgegangen Ein Merkmal des qualitativen Forschungsstils ist die Intention des Entdeckens von theoretisch Neuem. Ausgehend von bestimmten empirischen Phänomenen wird nach Abstraktionen und Verallgemeinerungen geforscht. Die qualitative Sozialforschung geht den Weg der Überwindung des Vorverständnisses, während des Forschungsprozesses. Erst aufgrund der Ergebnisse der Datenerhebung kommt der Forscher durch Techniken der Interpretation zu typisierenden Aussagen. Und über diese Aussagen letztlich zu theoretischen Konzepten über Konstellationen der sozialen Wirklichkeit (Lamnek & Krell, 2016). Qualitative Forschung ermöglicht einen differenzierten Einblick in die subjektive Sichtweise der Befragten (Bortz & Döring, 2007). Eine weitere Besonderheit qualitativer Verfahren ist der oftmals parallel ablaufende Prozess der Datenerhebung und Datenanalyse. Dies setzt voraus, dass der Interviewer bereits während des Gesprächs den Gesprächsinhalt analysiert, um anschließend adäquate Anschlussfragen zu stellen. Helfferich (2011) sieht qualitative Interviews gekennzeichnet als Kommunikationssituation. Das heißt, die entscheidenden Daten werden in einer hochkomplexen und die Subjektivität der Beteiligten einbeziehenden Situation erzeugt (Helfferich, 2011). Die Methode der Einzelbefragung ermöglicht einen einfacheren Zugang zum sozialen Feld, als dies die Beobachtung beispielsweise bietet. Zudem sind sozialwissenschaftlich relevante Themen leichter über qualitative Interviews zugänglich, als das bei der Beobachtung der Fall ist. Im qualitativen Interview hat der Befragte die Möglichkeit dem Forscher seine Wirklichkeitsdefinitionen mitzuteilen. Der Konstitutionsprozess von sozialer Realität wird durch das qualitative Interview dokumentiert, rekonstruiert, interpretiert und letztlich erklärt. Gerade durch den Vergleich von Text und seiner Interpretation ergeben sich Kontrollmöglichkeiten, die dem qualitativen Interview einen methodischen und methodologischen hohen Status zuweisen. Es handelt sich um eine mündlich-personale Kommunikation, die durch die Sprache des Befragten bestimmt wird. Das Prinzip der Offenheit wird befolgt, da in der qualitativen Form des Interviews keine Vorabstrukturierung und Standardisierung erfolgt. Damit wird die Bedeutungsstruktur durch den Befragten erst möglich.
Das qualitative, leitfadengestützte Experteninterview nach Meuser und Nagel (1991) ist eine verbreitete, ausdifferenzierte und methodologisch vergleichsweise gut ausgearbeitete Methode, qualitative Daten zu erheben (Baur & Blasius, 2019). Die spezielle Auswahl und der Status der Befragten sind Kennzeichen eines Experteninterviews (Baur & Blasius, 2019). Das Experteninterview dient der Aufnahme spezieller Erfahrungen, die der Experte in seinem Handlungsumfeld gemacht hat (Mey & Mruck, 2010). Es werden verschiedene Arten des Interviewkontaktes unterschieden. Die traditionelle persönliche Erhebung findet in Raum und Zeit synchroner Kommunikation statt. Seit ungefähr einem Jahrzehnt finden neben der traditionellen persönlichen Erhebung zusätzliche Interviewmöglichkeiten starke Verbreitung. Hierzu gehört insbesondere das Telefoninterview. Die telefonische Interviewform gilt als zeitlich synchron, ist jedoch an verschiedenen Orten durchführbar (Mey & Mruck, 2010).
Im Rahmen dieser wissenschaftlichen Arbeit erfolgen die Experteninterviews persönlich und aufgrund der verschiedenen Wohnorte der Befragten in Deutschland auch telefonisch. Es wird auf das Format eines halb- oder teilstandardisierten Interviews zurückgegriffen. Charakteristisch für diese Befragungsform ist ein Interviewleitfaden. Dieser Leitfaden beschreibt die Art und die Inhalte des Gesprächs. Die Interviewfragen entwickelten sich während der Literaturrecherche und wurden im Laufe des Erhebungsprozesses teilweise angepasst, gekürzt und erweitert. Der Interviewleitfaden dient letztlich als Orientierung und Fragenpool. Die darin aufgeführten Fragen wurden individuell je nach Gesprächsfluss und -inhalt gestellt. Allgemeine Rahmendaten der Experten wurden mittels Fragebogen vor dem Interview ermittelt. Fließend jedoch aufgrund der Anonymität nicht in die vorliegende Arbeit ein. Zur stetigen Verbesserung des Erhebungsprozesses und zur persönlichen Entwicklung der Autorin gaben die Experten nach dem Interview ihr Feedback in Form eines vorgefertigten Feedbackbogens. Interviewleitfaden, Fragebogen, sowie Feedbackbogen sind im Anhang ersichtlich.
Die Expertenauswahl ergibt sich aus Internetrecherche, Empfehlungen und Kontakten aus einer Praktikantentätigkeit der Autorin in Aying. Die erste Kontaktaufnahme erfolgte mittels E-Mail. An der Befragung nahmen 7 Experten teil. Die Experten kommen aus den Bereichen Coaching und Coaching-Lehre, Beratung, Therapie sowie NLP-Lehrtätigkeitsbereich. Vier der Experten wenden das Modell der neuro-logischen Ebenen derzeit in ihrer Praxis an. Ein Experteninterview ist aufgrund einer Fehlaufnahme nicht Teil der Datenauswertung.
Die Transformation qualitativer Daten erfolgt mittels einer Inhaltsanalyse nach Mayring (2003). Um die Aussagen der Interviewpartner für eine sorgfältige Auswertung zugänglich zu machen, werden die audio-protokollierten Interviews mittels der Transkription verschriftlicht. Die Analyse der Inhalte wird mithilfe von Excel und Word durchgeführt. In einem ersten Schritt wurde das Interviewtextmaterial kodiert und in Kategorien eingeteilt. Die induktive Kategorienbildung erfolgt im Hinblick der zu untersuchenden Forschungsfragen. Anschließend erfolgt eine Extrahierung des Textmaterials auf die wesentlichen Kerninhalte. Zusätzlich wurden die Kerninhalte um unklare Textbestandteile durch zusätzliches Material verständlich gemacht. Die Ergebnisdarstellung wird im Ergebnisteil dieser Arbeit präsentiert. Etwaige Unterschiede, Interpretationen und Zusatzinformationen der Expertenbefragung finden sich im Diskussionsteil wider. Der dazugehörige Codierleitfaden, die Codierungstabelle und die systematische Extrahierung der Daten ist dem Anhang zu entnehmen.
Der systemische Einsatz von Gütekriterien gilt bei der qualitativen Inhaltsanalyse als besonders wichtig. Mindestens zwei Kriterien werden bei jeder Inhaltsanalyse überprüft. Die Intra-Koderreliabilität wurde überprüft, indem nach Abschluss der Analyse Teile des Materials erneut durchgearbeitet wurden. Eine hohe Übereinstimmung gilt als Indikator für die Stabilität des Verfahrens. Die Inter-Koderreliabilität wird überprüft, indem ein Ausschnitt des Materials einem zweiten Kodierer vorgelegt wird (Mey & Mruck, 2010). Die Inter-Koderreliabilität ist im Rahmen dieser Arbeit nicht gewährleistet.
Aus der Literaturrecherche ergibt sich der folgende theoretische Hintergrund. Dies dient dem Erstverständnis hinsichtlich der Ergebnisdarstellung und führt die Grundlagen der Themen zusammen. In diesem Abschnitt werden einige Coachingdefinitionen unterschieden sowie der Coach und der Coachee, näher beleuchtet. Gefolgt von einem Einblick in das Neurolinguistische Programmieren. In einem nächsten Schritt wird das Modell der neuro-logischen Ebenen betrachtet, und die Herkunft, sowie die Entwicklung und etwaige Erweiterungen beschrieben. Darauf folgt eine Detaillierung der einzelnen Ebenen sowie ein Einblick in die Struktur der Ebenen.
Der Begriff Coach leitet sich vom mittelenglischen Wort coche, der Wagen oder das Gefährt, ab. Ein Coach ist demzufolge ein Fahrzeug, das den Einzelnen oder eine Gruppe von Menschen vom Ausgangspunkt der Reise an das gewünschte Ziel bringt (Dilts, 2005). Für Auftraggeber, Coachees und nicht zuletzt Coachs ist es von grundlegender Bedeutung, sich mit unterschiedlichen Coaching-Definitionen auseinanderzusetzen. Coaching wird als eine systemische und intensive Förderung ergebnisorientierter Probleme und Selbstreflexionen beschrieben, sowie als Beratung von Prozessen oder Gruppen zur Verbesserung der Erreichung selbstkongruenter Ziele oder zur bewussten Selbstveränderung und Selbstentwicklung. Die Beratungsleistung eines Coachs besteht in der Entwicklung von Expertise im Beratungsgeschehen selbst. Dies geschieht, indem der reflexive Selbstbezug des Coachees auf seine Intentionen, Wahrnehmungen oder Handlungen, systematisch angeregt und berücksichtig wird (Greif et al., 2018). Im Selbstverständnis eines Coachs hat der Coach gegenüber dem Coachee keinen Wissensvorsprung, sondern unterstützt dabei, die Expertise des Coachee als Ressource zu nutzen. Die Beratung und Psychotherapie vorhandener psychischer Störungen wird dabei ausgenommen (Greif et al., 2018).
Zudem wird Coaching als Beratung ohne Ratschlag definiert. Hinsichtlich dessen, dass Ratschläge grundsätzlich nicht funktionieren. Coaching wird auch als individuelle Prozessberatung im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe und zur Selbstverantwortung verstanden. Dies drückt aus, dass Coaching darauf abzielt, die vorhandenen Ressourcen und Potenziale des Coachees zu aktivieren (Radatz, 2006). Coaching versteht sich vor allem als Anleitung zu einer ergebnisorientierten Selbstreflexion. Die Toleranz gegenüber der Einflechtung von Informationsweitergabe oder der Kombination mit Trainingsanteilen hingegen wächst. Vorausgesetzt, der damit einhergehende Rollenwechsel wird kenntlich gemacht (Schreyögg & Schmidt-Lellek, 2015). Ein wesentliches Kennzeichen von Coaching ist die grundsätzliche Zielbezogenheit (Böhm, 2016). Der Schwerpunkt konzentriert sich hierbei auf das Definieren und Erreichen spezifischer Ziele. Demnach sind Coaching-Methoden vornehmlich ergebnisorientiert als problemorientiert. Die Methoden richten sich generell auf das Erreichen von Lösungen und fördern die Entwicklung neuer Strategien des Denken und Handelns (Dilts, 2005). Coaching im Einzelsetting versteht sich als intime Veränderungsarbeit und findet in einem geschützten Rahmen unter vier Augen zwischen dem Coach und dem Coachee statt (Wegener & Loebbert, 2014).
Bereits Watzlawick weist auf die bedeutende Rolle der Kommunikation in der Konstruktion von Wirklichkeit hin. Veränderung beginnt auf sprachlicher Ebene. Mit konkretisierenden Nachfragen und Anreicherungen durch den Coach, werden die Ressourcen des Coachees weiterentwickelt und anschließend in einer alltäglich handbaren Weise in die Sprache rückübersetzt. Die Ressourcen, die gegebenenfalls zunächst unbewusst sind, werden dadurch für den Coachee nutzbar gemacht. Mit Sprache werden Lösungen hergestellt und verfestigt. Das heißt, mittels Sprache wird die Wahrnehmung des Themas erweitert und eigene Ressourcen des Coachees vom Coach aufgezeigt. Dies führt zu vorab nicht festgelegten, individuellen Lösungen (Pokora, 2012).
Der Informatiker und Psychologe Richard Bandler und der Linguist John Grinder entwickelten durch Einflüsse aus Workshops am Esalen Institut1 und durch die Familienpsychotherapeutin Virginia Satir das Neurolinguistische Programmieren (NLP). In den 1970er-Jahren analysierten Bandler und Grinder die sprachlichen Interventionen der erfolgreichen Psychotherapie der Familientherapeutin Virginia Satir, des Gestalttherapeuten Fritz Perls und des Hypnotherapeuten Milton Erickson. Diese und andere bewährte therapeutischen Methoden wurden auf Grundlage eines konstruktivistischen Kommunikationsmodells zusammengeführt (Greif et al., 2018).
NLP befasst sich mit dem Zusammenhang von Körper, Sprache und Denken. Die verschiedenen Arten der Wahrnehmung, beispielsweise Bilder, Worte, Geräusche, Empfindungen und Gefühle, werden sprachlich gedeutet, verarbeitet und neurologisch gespeichert. Diese Denkprozesse und inneren Reaktionen gelten als entscheidend, für das menschliche Verhalten. Diese Programme laufen in der Regel unbewusst. Angesichts dessen ist das Verhalten einer Person veränderbar und neu programmierbar. Neurolinguistische Programme steuern demnach das Denken, Verhalten und Lernen einer Person.
Der Name besteht aus den Bestandteilen, Neuro – Prozesse im Nervensystem, linguistisch – Sprache und Programme – Denk- und Verhaltensmuster. NLP geht davon aus, dass jedes menschliche Verhalten aus neurologischen Prozessen besteht. Nerven nehmen Reize auf und transportieren diese zum Gehirn. Das Gehirn filtert und verarbeitet die aufgenommenen Reize. Das Verhalten eines Menschen entwickelt sich durch Sehen (visueller Reiz), Hören (auditiver Reiz), Berühren (kinästhetischer Reiz), Riechen (olfaktorischer Reiz) und Schmecken (gustatorischer Reiz). Die eben genannten fünf Sinne filtern Informationen, Signale und Reize aus der Umwelt, die auf den Menschen einwirken. Die Sprache gilt als der individuelle Ausdruck der subjektiven Wahrnehmung eines Menschen. Die Sprache codiert die Erfahrungen einer Person, verknüpft und tauscht sie mit anderen Personen aus. Hierzu zählt nicht nur das gesprochene Wort, sondern auch die Körpersprache. Letztlich geht es um jede verbale und nonverbale übermittelte Botschaft. Programmieren beschreibt Lernprozesse durch sinnvoll aufeinander aufbauende Erfahrung. Somit ist Lernen die Ergänzung bekannter Dinge oder Wege durch neue oder bessere Alternativen. Zusammenfassend repräsentiert das Neurolinguistische Programmieren eine Sammlung von Verfahrensweisen zur Verbesserung der Kommunikation. Es erklärt die Zusammenhänge zwischen Geist - Neuro und Sprache - Linguistik sowie die Auswirkungen ihres Wechselspiels auf Körper und Verhalten – Programmierung.
NLP verfolgt einen weltanschaulichen freien psychologischen Ansatz, der sich an einem aus der humanistischen Psychologie positiven, entwicklungsorientierten Menschenbild orientiert. NLP unterstützt dabei Ressourcen, die längst vorhanden sind, zu aktivieren und hilft die Wahlmöglichkeiten zu erweitern. Das bedeutet, das Denken, Fühlen und Handeln zu flexibilisieren (Walter, 2010).
„NLP ist ein intra-systemisches Kommunikationsmodell, dass durch das Prinzip der magischen Wirkung einseitiger Veränderungen positive Wirkungen im inter-systemischen Beziehungsgeflecht auslöst“ (Derks, 2000, S. 134). Die Basis des NLP ist konstruktivistisch. Das bedeutet, dass jeder seine Landkarte der Welt konstruiert und somit nutzt, um sich in der Welt zurechtzufinden.
Das NLP-Modell beschreibt die Handlungsschritte eines Kommunikators in linearer, nicht systemischer Sprache. Unterschiedliche Herangehensweisen oder Werkzeuge werden in eine einheitliche Form gebracht und bilden die sogenannten Formate. Die Formate präsentieren sich als transparente, leicht nachvollziehbare Schrittabfolgen. Die Kommunikation wird mithilfe dieses pragmatischen, anwenderorientierten Ansatzes auf das für konkrete Handlungsschritte Wesentliche reduziert. NLP zielt dabei auf die intra-systemische Kommunikation. Und nimmt dabei die individuelle mentale Landkarte eines Menschen in den Fokus. Diese Landkarte entsteht durch die Kommunikation der Teile beziehungsweise Subsysteme des Körper-Geist-Systems in Rückkoppelung an die Umwelt. Diese Sicht fußt auf dem Wissen um die enge Verbindung von Körper und Geist. Demnach ist Kommunikation primär Körperausdruck und erst in zweiter Linie verbal. Durch das kommunikative Verändern der subjektiven mentalen Landkarte nimmt eine Person Einfluss auf das eigene Erleben und damit unmittelbar auch Einfluss auf das Erleben anderer. Systemischer Wandel beginnt hinsichtlich dessen stets beim Individuum (Marquardt, 2016).
Eine wichtige Entwicklung der letzten dreißig Jahre im Bereich des Neurolinguistischen Programmierens, ist das Konzept der verschiedenen Ebenen von Veränderung und Interaktion. Die Idee, der verschiedenen Ebenen von Veränderung und Interaktion bezieht sich darauf, dass einige Prozesse und Phänomene aus Beziehungen und Interaktionen zwischen anderen Prozessen und Phänomenen hervorgehen. Jedes Handlungssystem ist zugleich ein Subsystem, das in ein anderes System eingebunden ist. Diese Art der Beziehungen unter den Systemen schafft verschiedene Ebenen von Prozessen. Die Gehirnstruktur, die Sprache und soziale Systeme bilden natürliche Hierarchien oder Prozessebenen. Ein Gedanke liegt beispielsweise auf einem anderen Level als die Neuronen im Gehirn, die diese Idee hervorbringen. Ebenso liegt die Sprache, die einen Gedanken ausdrückt, auf einer anderen Stufe des Prozesses, als der Gedanke selbst. Die genannten Beispiele bilden Schlüsselelemente im System des menschlichen Geistes. Ohne dieses Zusammenwirken würde dieser nicht existieren.
Auf Grundlage der Arbeiten von Gregory Bateson, der das Lernen auf vier aufeinander aufbauenden Ebenen beschreibt, beruht das Modell der neuro-logischen Ebenen. Nach Bateson verläuft jeder Lern-, Veränderungs- oder Kommunikationsprozess auf verschiedenen „logischen Ebenen“, die hierarchisch geordnet sind. Bateson bezieht sich wiederum auf die Theorie der Logischen Typen des englischen Philosophen und Mathematikers Bertrand Russel. Nach Russel besteht die Persönlichkeit des Menschen aus den Elementen Umwelt, Verhalten, Fähigkeiten, Glaubenssätze und Werte, sowie Identität. Nach Dilts Auffassung ist das menschliche Gehirn in Form hierarchisch geordneter Ebenen organisiert. Der Ansatz erklärt eine Hierarchie von Prozessebenen, welche die Handlungen und Interaktionen Einzelner oder Gruppen beeinflussen. Das Modell liefert Informationen darüber, auf welcher Ebene Veränderungsarbeit idealerweise ansetzt. Die Ebenen dienen der Klärung, auf welcher Ebene beispielsweise ein Veränderungsthema, ein Problem, ein Ziel oder die Mission einer Person angesiedelt ist (Dilts, 2010). Das Modell eignet sich zur Analyse, Beschreibung und Durchführung von Veränderungsprozessen.
Die Ebenen werden überwiegend in einer Pyramidenform dargestellt, um ihre Abhängigkeiten und wie sie sich untereinander beeinflussen aufzuzeigen. Veränderungen auf den oberen Ebenen wirken auf den darunterliegenden Instanzen. Eine Veränderung auf einer niedrigeren Ebene beeinflusst hingegen nicht zwingend die oberen Ebenen. Umso höher die Veränderung adressiert ist, desto gravierender sind die Auswirkungen. Und desto länger dauert auch der Veränderungsprozess, da die unteren Ebenen operativ mitziehen müssen. Es bieten sich durchaus weitere Darstellungsmöglichkeiten in Form von Linien, die nebeneinander herlaufen, konzentrische Kreise oder andere grafische Modelle, die aufgrund ihrer Darstellung weiteren theoretischen Fragestellungen Raum geben. Die derzeitig geläufige Darbietung des Modells betrachtet sich am einfachsten als Ordnungsmöglichkeit. Ein Schema, das als Bildungsgrundlage vielfältigster Hypothesen dient. Probleme oder Ziele lokalisieren sich keineswegs ausschließlich auf einer bestimmten Ebene. Es sind immer alle Ebenen beteiligt (Schmidt-Tanger, 2012).
[...]
1 Das Esalen-Institut ist ein gemeinnütziges Zentrum für humanistisch ausgerichtete Alternativen in der Bildung in Big Sur, Kalifornien. Teils Denkfabrik für die aufkommende Weltkultur, teils Schule und Experimentierfeld für transformative Praxis und teils Refugium ist Esalen in der Erforschung des menschlichen Wesens und der Wissenschaften engagiert und fördert damit die volle Realisierung von dem, was Aldous Huxley das "menschliche Potential" nannte (https://deacademic.com/dic.nsf/dewiki/408641).
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