Bachelorarbeit, 2021
79 Seiten, Note: 1,0
Darstellungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Relevanz von Lern-Apps
2.1 Die Relevanz des Lesenlernens
2.2 Lesemotivation und Leseanimation
2.3 Das Mehrebenenmodell nach Rosebrock und Nix
2.3.1 Die Prozessebene
2.3.2 Die Subjektebene
2.3.3 Die Soziale Ebene
3 Vorstellung der (Lern-)Apps
3.1 Die Moodle-App
3.2 Die Anton-App
3.3 Unterschiede der Apps Moodle und Anton
4 Lehrplanumsetzung - etablierte Unterrichtsmethoden und Potenziale der Apps
4.1 KurzeArbeitsaufträge undAnleitungen erlesen und danach handeln
4.2 Altersgemäße Kinderbücher lesen und über Leseerfahrungen sprechen
4.3 Kurze, unterschiedliche Texte lesen und Fragen beantworten
4.4 Einfache Texte gestalten
4.5 Interessenbezogene Bücher und andere Medien auswählen
5 Lehrpraxisbezug - Eindrücke über die Lern-Apps im Homeschooling
5.1 Auswertung der Erhebung
6 Die Diskussion über den Einsatz der Apps
7 Fazit
8 Literaturverzeichnis
9 Anhang
Abbildungen
Abbildung 1: Das Mehrebenenmodell des Lesens nach Rosebrock und Nix
Abbildung 2: Moodle-App Cover
Abbildung 3: Anton-App Cover
Diagramme
Diagramm 1: Digitale Medien und Lem-Apps
Diagramm 2: Die Nutzung von digitalen Medien und Lern-Apps
Diagramm 3: Damit Lehrkräfte das nötige Wissen über die Systeme Erlangen
Diagramm 4: Die Medienkompetenz über die Geräte
Diagramm 5: Ich fühle mich in meiner Medienkompetenz
Diagramm 6:Die Anton-App
Diagramm 7:Die Moodle-App
Tabellen
Tabelle 1: Tools derMoodle-App
Tabelle 2: Unterschiede der Apps Moodle und Anton Teil A
Tabelle 3: Unterschiede der Apps Moodle und Anton Teil B
Die seit Anfang des Jahres 2020 bestehende Ausnahmesituation an Schulen stellt besonders für Schulanfänger1 und für Lehrkräfte eine gänzlich neue Herausforderung dar. Während meiner Lehrtätigkeit an der Paul-Weyers-Grundschule in Viersen-Boisheim (NRW) zu Zeiten der Pandemie war ich zwangsläufig mit Fragen zu Fernunterricht mittels digitaler Medien beschäftigt, da es immer wieder zu Lockdowns und Teillockdowns in der Schule kam und ein Präsenzunterricht nicht immer möglich war. Ich merkte, dass für die Schüler eine verlässliche Unterrichtssituation nur hergestellt werden konnte, wenn sie in der Schule darauf vorbereitet wurden, auch zeitweise zuhause mithilfe von digitalen Medien zu lernen. So entstand meine Motivation, einerseits Lösungen für eine kindgerechte Beschulung unter besonderen Umständen zu finden und andererseits durch das Thema der Arbeit einen dauerhaften Nutzen zu erzeugen. Der Nutzen soll sein, dass das Ergebnis der Arbeit mir und anderen als hilfreiches Werkzeug für Homeschooling2 dienen kann. Zweierlei Herangehensweisen erschienen mir während der Auseinandersetzung mit der Themenformulierung der Arbeit sinnvoll. Entweder ich würde eine einzige spezielle App auf alle Kompetenzbereiche aus dem Fach Deutsch überprüfen oder ich würde mir einen speziellen Kompetenzbereich vornehmen und diesen auf mehrere Apps überprüfen. Der Umfang aller Kompetenzbereiche erschien mir zu groß, als dass ich deren Bearbeitung im Rahmen meiner Untersuchungen umfassend nachgehen könnte. Außerdem musste ich mir bei der Planung des Themas darüber klar werden, welche meiner beiden Überlegungen einen effektiveren Nutzen für meinen Werdegang haben könnte. Ich musste für das Thema einen roten Faden finden können, der sich durch die einzelnen Kapitel ziehen würde. Nach gründlicher Überlegung entschied ich, mich auf einen einzigen Kompetenzbereich Lesen - Mit Texten und Medien umgehen zu konzentrieren und danach zu forschen, mit welchen Apps der Unterricht im Homeschooling in diesem Kompetenzbereich auf eine angemessene Art und Weise ergänzt und unterstützt werden kann. Um mein Forschungsfeld näher einzugrenzen, beschränkte ich die Untersuchungen auf die Potenziale der Lem-Apps für die Schuleingangsphase: Welche Möglichkeiten und Potenziale implizieren die Apps Moodle und Antonfür das Lesenlernen im Homeschooling? Während der Untersuchungen wurden mir schnell die allgemeinen Aspekte bewusst, die von Lern-Apps eingehalten werden müssen, wenn sich diese Apps für Homeschooling eignen sollen. Zum Beispiel muss sichergestellt sein, dass Bildungsinhalte in den Apps in einer altersgemäßen und verständlichen Form dargestellt werden, wie die Schüler sie auch aus dem Unterricht kennen, sodass für das Homeschooling keine besondere Umstellung des Lernprozesses stattfinden muss. Eine weitere Voraussetzung für die Nutzung der Apps ist, dass Inhalte und Aufgaben der Apps auf die Ziele des Lehrplans abgestimmt sind und außerdem ein genügend umfangreiches Repertoire an Aufgaben vorhanden ist.
Der Aufbau der Arbeit folgt einer logischen Anordnung des Inhaltes, sodass der rote Faden dieser Arbeit in jedem Kapitel und Unterkapitel nachvollziehbar ist. Nachdem in der Einleitung Motivation und Ziel präsentiert wurden, soll im zweiten Kapitel die Relevanz des Kompetenzbereiches Lesen - Mit Texten und Medien umgehen verdeutlicht werden. Dabei wird dieser Kompetenzbereich ausführlich erläutert, sodass der theoretische Hintergrund dieser Arbeit aufgedeckt wird, denn eine gründliche Kenntnis des Gegenstandsbereich Lesenlernen ist Voraussetzung für das Arbeiten damit. Im dritten Kapitel werden die Apps Moodle und Anton präsentiert und ein gründlicher Einblick in die Struktur ihrer Systeme wird gewährt. Erst nachdem diese Grundsteine gelegt wurden, ist es möglich, spezifisch auf das Lesenlernen mit den Apps einzugehen. Es folgt der Hauptteil dieser Arbeit, worin zunächst die für diese Arbeit relevanten Zielkompetenzen3, die der Lehrplan vorgibt, im Hinblick auf ihre Umsetzung im Präsenzunterricht, beleuchtet werden. Vor diesem und dem theoretischen Hintergrund können die Möglichkeiten und Potenziale der Apps für den Kompetenzbereich Lesen - Mit Texten und Medien umgehen im Homeschooling untersucht werden. Die Auswertung einer themaergänzenden Erhebung4 soll Eindrücke von Lehrkräften zu den Potenzialen von Lern-Apps allgemein und speziell zu den Apps Anton und Moodle für das Lesenlernen darlegen. Die Erhebung entspricht dem standardisierten Verfahren nach Döring und Bortz.5 Anschließend werden die Untersuchungen und die Auswertung der Erhebung diskutiert, sodass ein abschließendes Fazit gezogen werden kann.
Zunächst ist klarzustellen, dass die komplexen Lern- und Sozialformen eines interaktiven Präsenzunterricht im Fach Deutsch weder durch die später aufgezeigten Apps Moodle und Anton ersetzt werden können noch durch sie ersetzt werden sollen. Doch ist es zu heutiger Zeit und insbesondere unter der Berücksichtigung der besonderen Situation der CoronaPandemie unverzichtbar, den Unterricht mit Möglichkeiten digitaler Medien und Lernplattformen zu unterstützen. Die Medienkompetenz, die Schüler in diesem Zuge entwickeln und die sie selbstverständlich für die Verwendung von Apps im Homeschooling benötigen, ist im Lehrplan zudem schon ab der Schuleingangsphase vorgesehen. So ist es dringend an der Zeit, dass die Relevanz der Medienkompetenz im Unterricht von Schulbeginn an berücksichtigt wird. Widerspruchslos fordert nahezu jeder Beruf der modernen Gesellschaft, die nicht umsonst als Mediengesellschaft bezeichnet wird, die Kompetenz, selbstgesteuert, selbstreflektiert und verantwortungsvoll mit Medien umzugehen. Neben den Berufen betrifft der Umgang mit Texten und Medien nahezu alle Lebensbereiche und ist längst nicht mehr wegzudenken. Auf den Punkt bringen Tulodziecki und Grafe diese Perspektive mit folgender Formulierung:
„Den lebensweltlichen Ausgangspunkt für medienpädagogische Überlegungen bildet die Medienlandschaft, in der Presse und Buch, Hörfunk und Tonträger, Film und Fernsehen, Computer und Internet den Heranwachsenden ein weit gefächertes Programm für Informationen und Kommunikation, für Unterhaltung und Spiel, für Bildung und Beratung bieten.“6
Höchstes Ziel der Institution Schule ist es, Schüler auf das Leben in der Gesellschaft und auf die dazugehörigen Berufe vorzubereiten. So muss es von Schulbeginn an Teil ihres Bildungsauftrags sein, Schüler mit dem Umgang mit Medien zu befähigen.
Diese Arbeit problematisiert, ob und warum gerade die beiden Apps Moodle und Anton den Deutschunterricht in seinem Kompetenzbereich Lesen - Mit Texten und Medien umgehen unterstützen können, und warum das Zurückgreifen auf die beiden Systeme und deren angemessene Nutzung zielführend für die vom Lehrplan geforderten Ziele und Aufgaben des Deutschunterrichts der Schuleingangsphase sein kann. Selbstverständlich setzt eine Auseinandersetzung mit diesen Fragen voraus, dass die elementaren Ziele und Aufgaben des Deutschunterrichts für die Schuleingangsphase bekannt sind. Daher ist es ein spezielles Anliegen, die vom Lehrplan für Grundschulen des Landes NRW geforderten Ziele der Schuleingangsphase für den Kompetenzbereich Lesen - Mit Texten und Medien umgehen näher zu erläutern. Neben den verbindlichen Zielen wird im Lehrplan ausdrücklich auf die Evaluation von Fördermaßnahmen und auf die Evaluation deren Wirksamkeit verwiesen.7 Auch diese bedeutsamen Aspekte sollen in Anlehnung an das zentrale Thema der Arbeit Homeschooling konkret. Mögliche Potenziale der Apps Moodle und Anton für das Lesenlernen untersucht und diskutiert werden.
In diesem Unterkapitel wird begründet, weshalb der Kompetenzbereich Lesen -Mit Texten und Medien umgehen für diese Arbeit besonders geeignet ist. Für die Didaktik und für die Lehrpraxis allgemein ist dennoch unverzichtbar, alle Kompetenzbereiche aus dem Fach Deutsch in der Schuleingangsphase gleichwertig in den Deutschunterricht zu integrieren. Auch sollten alle Lernbereiche im Falle von Homeschooling für Schüler von zuhause aus zugänglich sein und ebenfalls von dort aus bearbeitet und geübt werden können. Wie bereits in der Einleitung erwähnt, wäre eine Betrachtung aller Kompetenzbereiche im Fach Deutsch im Rahmen dieser Arbeit zu umfangreich. Zur Vermeidung einer lediglich oberflächlichen Bearbeitung, ist eine Beschränkung auf den Kompetenzbereich Lesen - Mit Texten undMedien umgehen sinnvoll und eine ausführliche Befassung möglich.
Selbstverständlich ist, dass man mit Medien umgeht, wenn man eine Lern-App benutzt. So liegt es auf der Hand, dass für eine Arbeit, in der Lern-Apps die zentrale Stellung einnehmen, nur der Kompetenzbereich Lesen - Mit Texten undMedien umgehen in Frage kommt. Noch ausschlaggebenderes Kriterium für die Beschränkung auf diesen Kompetenzbereich ist allerdings dessen Kernthema, das Lesen. In diesem Zusammenhang wird im Folgenden der Frage nachgegangen, warum die Lesekompetenz in unserer Mediengesellschaft neben dem Rechnen und dem Schreiben als eine der wichtigsten Kulturtechniken gilt und als grundlegend fürs Lernen überhaupt. Um diese Frage zu beantworten, müssen drei Kriterien der Lesekompetenz herangezogen werden:
„Lesen ist ein eigenaktiver Prozess der Sinnkonstruktion. Über Lesen wird eine Vielzahl von Lebensbereichen erschlossen, neben Informationen werden Wertvorstellungen und kulturelle Inhalte vermittelt. Damit nimmt das Lesen eine Schlüsselfunktion für erfolgreiches Lernen ein.“8
Dieses Zitat aus dem Lehrplan für Grundschulen in NRW beinhaltet bereits zwei der drei Kriterien der Lesekompetenz. Das erste Kriterium wird im oberen Teil des Zitats kenntlich: Das Lesen dürfe nicht ausschließlich als „passiver Rezeptionsvorgang“9 betrachtet werden. Nach Pfeiffer geht es für den Leser nicht bloß um das Dekodieren von Schriftzeichen. Für den Leser geht es Pfeiffer zufolge vielmehr darum, das Lesen als einen aktiven Konstruktionsprozess zu verstehen. Dieser Konstruktionsprozess bedarf einer Interaktion zwischen Leser und Text. Das heißt, dass eine echte Kommunikation zwischen Leser und Text stattfindet, in der der Leser in Abhängigkeit von seinem Vorwissen und seinen Erwartungen syntaktische und semantische Relationen herstellt.10
Das zweite Kriterium tritt im mittleren Teil des Zitats besonders deutlich hervor: Die Lesekompetenz ist für die Vermittlung von Bildungsinhalten im Fach Deutsch, aber darüber hinaus auch für alle anderen Schulfächer nötig, eben um diese kulturellen Inhalte und Wertvorstellungen vermittelbar zu machen. Kretschmer beschreibt die Lesekompetenz als „die Voraussetzung für schulischen Erfolg“11. In jedem Schulfach werden Aufgaben schriftlich erfasst und Informationen aus schriftlichen Texten gezogen - die Lesekompetenz ist der Schlüssel, um Kultur zu begreifen, kurz: Sie ist der Schlüssel zur Bildung. Außerdem versetzt die Lesekompetenz den Leser in die Lage, eine eigene Lesekultur zu entwickeln, damit dieser sich auch über Schulfächer und über die Schulausbildung hinaus weiterbilden kann. Sie ermöglicht dem Leser also ein erfolgreiches, lebenslanges Lernen.
Das dritte Kriterium sagt aus, dass die Lesekompetenz als Schlüsselkompetenz zu verstehen ist: Unter dem Gesichtspunkt des Bildungs- und Erziehungsauftrags der Institution Schule nimmt sie die besondere Position ein, einen wesentlichen Beitrag zur Sozialisationsfähigkeit des heranwachsendenden Individuums zu leisten. Genauer ist damit nach Buhl et al. gemeint, dass die Lesekompetenz dazu verhilft, ein mündiges, gesellschaftsfähiges Subjekt und schließlich ein Teil der Gesellschaft zu werden. Sie berührt in diesem Zusammenhang beispielsweise die Verständigung, die Gesprächsfähigkeit und die Perspektivenübernahme.12 Daher gilt die Lesekompetenz als elementare Fähigkeit, mit der Gesellschaft in Kontakt zu treten und sich in ihr zurechtzufmden. In Bezug auf die Gesellschaftsfähigkeit fördert die Lesekompetenz die Wahrnehmungsfähigkeit sowie das Hervortreten und die Regulierung von Emotionen. Emotionen können sich laut Hurrelmann durch die Identifikation mit dem Text bilden, bis hin zur Freude, einen Text kognitiv durchdrungen zu haben.13 Daraus resultiert, dass die beim Lesen entstehenden Emotionen einen Beitrag für die Rezeptionsfähigkeit leisten. Die individuelle Interpretation des Textes und die persönliche Übereinstimmung oder Abneigung gegenüber dem Text erlauben dem Leser eine Anschlusskommunikation. Die Fähigkeit zur Entwicklung solch einer Anschlusskommunikation bedeutet, dass man in der Lage ist, sich über Gelesenes auszutauschen, unterschiedliche Interpretationen zu tolerieren und unterschiedliche Bedeutungskonsense aushandeln zu können.14
Im Hinblick auf die Nutzung von Lern-Apps lässt sich ein Vergleich zu der Aussage aus dem Zitat “Über Lesen wird eine Vielzahl von Lebensbereichen erschlossen“15 aufstellen. In diesem Zusammenhang äußert Willenberg: „Kompetenz heißt also im Kern, ein vorhandenes Muster auf neue Stoffe oder auch Probleme übertragen zu können.“16 So wie die Lesekompetenz den Zugang zu allen anderen Schulfächern gewährt, gewährt sie auch den Zugang, selbstbestimmt und reflektiert mit Medien umzugehen. Ohne Lesekompetenz gestaltet sich schließlich auch die Bedienung von Lern-Apps recht schwierig. Daher ist es sinnvoll dem Lernbereich Lesen17 qine hohe Relevanz zuzusprechen, mit dem Ziel, dass Schüler Verantwortung über ihren sprachlichen Gebrauch und über ihr sprachliches Handeln übernehmen.
Weiterhin verschafft die Auseinandersetzung mit dem Kompetenzbereich Lesen den speziellen Vorteil, dass das dringend zu verfolgende Lehrplanziel Texte verstehen in den Untersuchungen dieser Arbeit in besonderer Form berücksichtigt werden kann. Dieses Ziel erfordert laut der Ergebnisse der PISA- und DESI-Studien in der Schule besonders viel Training18 und genau diesem Training wird im Hauptteil der Arbeit ein entsprechend hohes Maß an Aufmerksamkeit zukommen.
Zusätzlich ist die Untersuchung geeigneter Lern-Apps für das Lesenlernen besonders relevant, da sich die Lern-Apps möglicherweise nicht nur für das Homeschooling eignen können, sondern auch ein zusätzliches Lernangebot für leseschwache Schüler darstellen können, die neben dem Unterricht in der Schule zuhause und in den Ferien darauf zurückgreifen können.
Es wurde bereits darauf aufmerksam gemacht, dass der Leseprozess, der sich spezifisch aus der Textaufnahme und dem Textverständnis zusammensetzt, emotional begleitet wird.19 Das Lesen umfasst also als ein Moment realer kultureller Praxis nicht nur kognitive Aspekte. Hier lautet das Stichwort Motivation. Richter und Plath bezeichnen die Lesemotivation als „Energiequelle des Lesens“20 und bringen die Bedeutung damit genauestens auf Punkt. Hurrelmann erläutert die Lesekompetenz in ihrem Artikel Lesekompetenz und Leseleistung ausführlicher mit folgenden Worten:
„Es geht bei der Lesemotivation um die Fähigkeit, schriftsprachliche Texte als etwas Bedeutungsvolles wahrzunehmen, ihnen mit einer positiven Gratifikationserwartung zu begegnen, in der Rezeption Zielstrebigkeit, Ausdauer und das Bedürfnis nach Verstehen aufrechtzuerhalten, von der Überzeugung auszugehen, dass Lesen auch im interpersonalen Kontext sinnvoll ist.“21
Möller und Schiefele präzisieren den Inhalt des Zitates von Hurrelmann mit den Worten, dass Lesemotivation den Wunsch einer Person bezeichnet, in einer bestimmten Situation einen spezifischen Text zu lesen.22 Ergreift ein Grundschüler also eigenständig die Initiative, einen Text zu lesen oder hat den Wunsch, ein Buch oder einen Text zu lesen, so verfügt dieser über Lesemotivation. Bezüglich Hurrelmanns Zitat bleibt noch zu klären, warum Lesen im interpersonalen Kontext sinnvoll ist. Dazu muss ein noch genauerer Blick auf die Rolle der Emotionen beim Lesen geworfen werden. Emotionen werden nicht nur beim Leseprozess hervorgerufen, sie motivieren den Leser außerdem dazu, einen Text bedürfnisbezogen auszuwählen.23 Interpersonal gesehen, geht es nun bei der Wahl eines Textes darum, persönliche Absichten, Interessen oder Ziele verfolgen zu können - also eine persönliche Motivation, ein persönliches Motiv bei der Textwahl zu haben. Ergänzend zu den Erläuterungen zur Lesekompetenz kann man sagen, dass das Motiviertsein zum Lesen als ein weiterer Aspekt der Lesekompetenz klassifiziert werden kann24, denn ein kompetenter Leser sollte dazu in der Lage sein, einen Text in Abhängigkeit von seinen persönlichen Motiven zu wählen.
Durch die Schilderungen über die Lesemotivation ergibt sich eine spezielle und unabdingbare Konsequenz für die Didaktik, den Unterricht und für die Untersuchungen in dieser Arbeit: Die Motivation der Schüler muss zum einen für das Lesen geweckt werden und zum anderen beim Lesen aufrechterhalten werden. Nur dann können Schüler eine gewisse Leseausdauer entwickeln. Dabei gilt es, stets auf emotionale Bedürfnisse der Schüler zu achten und auch die ontogenetische Perspektive der Schüler zu bedenken, da Motivationen und Emotionen entwicklungsspezifisch beeinflusst werden.25 Mit der Förderung der Lesemotivation und der Förderung einer positiven Einstellung gegenüber dem Lesen - wodurch letztendlich die persönliche Lesekultur ausgebildet werden soll - werden in der Didaktik meist Verfahren assoziiert, die beabsichtigen, zum literarischen Lesen zu verlocken. Diese Verfahren werden Leseanimationen genannt. Laut Rosebrock machen Leseanimationen Bücher schmackhaft und literarische Kultur wird dadurch inszeniert.26 Für das Lesen im Deutschunterricht sind sie eine große Bereicherung. Cornelia Rosebrock formuliert die Charakteristika der Leseanimationen zu einem späteren Zeitpunkt ausführlicher:
„Der gemeinsame Nenner aller Leseanimationen ist es, in einem empathischen und kulturellen Sinne Werbung für ein Buch und das Lesen zu machen und Lektüre als anregende, genuss- und gewinnreiche Freizeitaktivität und Lebenspraxis vorzuführen.“27
Zwischen den Zeilen des Zitats wird das zuvor aufgeführte zweite Kriterium der Lesekompetenz erneut kenntlich, Lesen als Gut für die Lebenspraxis, also für eine erfolgreiche Bildung über die Schule hinaus und neben der Schule und in der Freizeit zu nutzen. Weiter lässt sich über leseanimierende Verfahren sagen, dass sie neben der Motivationssteigerung Selbststeuerung auf der Handlungsebene anstreben und das Selbstbild als Leser fördern.28 Beispiele für leseanimierende Verfahren werden im vierten Kapitel der Arbeit aufgezeigt.
Das Mehrebenenmodell nach Rosebrock und Nix erlaubt einen Einblick in die Vielschichtigkeit der Lesekompetenz. Mit ausführlichen Erläuterungen zu den in ihrem Modell implizierten Schichten, die grundsätzlich und im Folgenden als Ebenen bezeichnet werden, sollen alle Teilaspekte der Lesekompetenz identifiziert werden. Dadurch soll aufgedeckt werden, dass sich die Lesekompetenz nicht nur aus messbaren Aspekten zusammensetzt. Es gibt bestimmte Aspekte, die sich nicht am Lesevorgang selbst bemerkbar machen, die im Inneren des Individuums Vorgehen, die subjektiv sind und auf sozialer Ebene zum Vorschein treten. Kongruent dazu basiert das Mehrebenenmodell von Rosebrock und Nix auf der Annahme, dass der Lesevorgang nicht nur auf kognitiver Ebene abläuft, sondern gleichzeitig auch auf der subjektiven und sozialen Ebene stattfmdet. Die Autoren stellten Untersuchungen zu diesen mehreren Ebenen des Lesevorgangs und der Lesekompetenz an und lieferten daraufhin das danach benannte Mehrebenenmodell. Laut Camilla Rosebrock reicht die mentale Dimension zum Lesen nicht aus. Im Gegenteil, ein ganzes Bündel von Teilfähigkeiten sei zum Lesen nötig.29 All diese notwendigen Teilfähigkeiten werden im Mehrebenenmodell aufgefächert und sind jeweils einer bestimmten Ebene des Lesevorgangs zugeordnet.30 Somit richten die Autoren einen systematischen Blick auf den Lesevorgang.31
Man kann sich das Mehrebenenmodell als einen Kreis vorstellen, den drei Ringe durchlaufen. Jeder Ring steht für eine bestimmte Ebene des Lesevorgangs. In der Literatur findet sich das Modell als ein Ausschnitt des Kreises, der einem Kuchenstück ähnelt. Die drei Ringe bzw. Ebenen ziehen sich nicht anders als durch den Kreis auch durch das Kuchenstück. Die Ebenen sind von der Spitze des Kuchenstücks bis zum äußeren Ring hierarchisch angeordnet: von leichteren kognitiven Anforderungen des Lesevorgangs bis hin zu komplexeren, über die Kognition hinausragenden situativen und sozialen Anforderungen an das Individuum beim Lesen. Die Hierarchie soll im Sinne des Modells allerdings bloß bedeuten, dass man bestimmte Fähigkeiten besitzen muss, damit sich weitere Fähigkeiten daraus entwickeln können, und zwar von der Schriftwahrnehmung über die Verarbeitungsund Erfahrungsdimension zur sozialen Interaktion. Dennoch gilt wie bereits angedeutet und wie Rosebrock und Nix es in ihren Ausführungen besonders betonen: alle Ebenen tragen für den Lesevorgang eine gleich große Bedeutung.32 Den inneren Ring und gleichzeitig die Spitze des Kuchenstücks bildet die Prozessebene. Auf dieser Ebene werden ausschließlich kognitive Teilfähigkeiten der Lesekompetenz in den Blick genommen. Der mittlere Ring stellt die Subjektebene dar. Den Autoren zufolge wird im Lesevorgang nun das Subjekt und dessen oben angerissenes Selbstkonzept miteingeschlossen. Der äußerste Ring zeigt die soziale Ebene. Nach den Autoren bezieht sich die soziale Ebene auf soziale Interaktionen bzw. Anschlusskommunikationen, die durch Leseprozesse zustande kommen.33 Damit das Mehrebenenmodell von Rosebrock und Nix besser nachvollzogen werden kann, folgt auf der nächsten Seite eine Abbildung:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: DasMehrebenenmodell des Lesens nach Rosebrock und Nix
Quelle: Hochstadt et al. (2015), S. 120.
Im Sinne der Untersuchungen und didaktischer Überlegungen dieser Arbeit dienen die folgenden Unterkapitel dazu, die einzelnen Ebenen und Dimensionen des Mehrebenenmodells zu beschreiben. Insbesondere für spätere Rückbezüge sind diese Beschreibungen essentiell. Die Dimensionen des Mehrebenenmodells, die im Rahmen dieser Arbeit relevant sind, werden im Folgenden ausführlich beleuchtet. Dimensionen dagegen, die vorwiegend für Lesende höherer Altersstufen der Sekundarstufe relevant sind34, werden kürzer gefasst.
Ausgehend von kognitionstheoretischen Modellen ist Lesen ein aktiver Prozess, in dem mit Hilfe unserer kognitiven Fähigkeiten Bedeutungen des Gelesenen konstruiert werden. Demnach ist Lesen also ein Prozess der Bedeutungskonstruktion35, weshalb die in Rede stehende Ebene den Namen Prozessebene trägt. Es werden auf dieser Ebene fünf kognitive Anforderungsdimensionen veranschaulicht. An der Spitze der Prozessebene befindet sich die Anforderungsdimension Buchstaben-, Wort-, und Satzidentifikation. Nach Christmann und Schreiner beginnt hier die Textverarbeitung auf der Wortebene. Buchstaben und Wörter werden, eingebettet in einen bestimmten sprachlichen Kontext, im Gehirn gespeichert. Beim Lesevorgang wird auf das Abgespeicherte zurückgegriffen.36 Rosebrock weist in diesem Zusammenhang daraufhin, dass Schüler erst gegen Ende der Kindheit ausreichend Buchstaben und Wörter abgespeichert haben, um sich beim Lesen von Texten angemessen mit dem Verstehen des Inhaltes auseinanderzusetzen und weniger mit der Identifikation von Wörtern.37 Didaktisch notwendig ist es also, dass in der Grundschule entsprechend viel Wert auf das Arbeiten auf dieser Ebene gelegt werden muss. Eine einfache Möglichkeit zur Überprüfung des Wortverständnisses wäre, nach der Bedeutung eines Wortes zu fragen.38 Weiterhin verlangt diese Dimension vom Leser, dass er über syntaktisches Wissen verfügt, was ihn dazu befähigt, Wortfolgen aufeinander beziehen und strukturieren zu können.39 Zur Überprüfung dieses Satzverständnisses könnte man nach bestimmten Informationen aus dem Satz fragen. Im Rahmen der Förderung der Anforderungsdimension Buchstaben-, Wort- und Satzerkennung werden in der Praxis Laut- und Vielleseverfahren eingesetzt.40 Diese Verfahren werden im vierten Kapitel noch einmal genauer betrachtet. An zweiter Stelle abgebildet ist die Anforderungsdimension der lokalen Kohärenz. Satzfolgen werden verknüpft und zusätzlich wird für die Bedeutungskonstruktion vorhandenes Sprach- und Weltwissen einbezogen.41 Dieser Einbezug befähigt den Leser, Leerstellen im Text zu füllen.42 Laut Rosebrock stoßen Leseanfänger dabei allerdings an Grenzen. Trotz aller Anstrengungen scheitern sie an der Erfassung des Textzusammenhangs. Aufbauend auf der lokalen Kohärenz ergibt sich die dritte Anforderungsdimension der globalen Kohärenz. Wenn alle lokalen Kohärenzen verknüpft wurden und der Leser eine Vorstellung über den gesamten Textinhalt entwickelt hat, verfügt er über die globale Kohärenz. Komplexe sprachliche Strukturen wie zum Beispiel Metaphern oder Ironie können in dieser Dimension vom Leser erfasst werden. An vierter Stelle steht die Anforderungsdimension der Suprastrukturen. Ein Leser beherrscht Suprastrukturen von Texten, wenn er anhand der Textstruktur die Textsorte differenzieren kann. Die fünfte und letzte Anforderungsdimension der Prozessebene bildet das Identifizieren von Darstellungsstrategien. Es geht darum, dass der Leser neue Informationen aus dem Text mit seinen eigenen Gedanken in Einklang bringen kann.43
Während auf der Prozessebene der Fokus auf dem Text selbst liegt, verschiebt sich dieser auf der Subjektebene auf das Individuum mit seinem lesebezogenen Selbstkonzept. Damit ist ein Selbstkonzept als (Nicht-)LeserZin gemeint, das sich im Laufe der Zeit als ein Teil der Identität verfestigt.44 Rosebrock und Nix führen hierzu aus, dass sich dieses Selbstkonzept im Zuge der individuellen Lemgeschichte durch eigene Leseerfahrungen und durch Vorbilder, durch Rückmeldungen sowie durch die Lesesozialisation ausbildet.45 In das lesebezogene Selbstkonzept fließen nicht mehr nur kognitive Aspekte ein, sondern auch affektive Aspekte.46 Damit sind Aspekte der Lesemotivation, des Weltwissens, der Lesereflexion und der inneren Beteiligung gemeint. Unter der Betrachtung dieser Aspekte, so die Autoren, müsse ein Leser also auch dazu in der Lage sein, die Erfahrungen anderer zu reflektieren.47 Von dieser Reflexion ist die innere Beteiligung am Text zum Teil abhängig: Wenn Kinder lesen, ist es für sie reizvoll, das Gelesene auf ihre Lebenswelt umzulegen.48 Weiterhin spielt für die innere Beteiligung am Text das „Begehren nach Sinn“49 eine wichtige Rolle. Daher sollte der Text für den Leser ansprechend sein.50 Wurde ein Text zum Lesen ausgewählt, der dem Leser ansprechend erscheint, ist ein fruchtbarer Leseprozess aber immer noch kein Muss. Denn überdies kommt es auf die Lesebereitschaft - die Einstellung, dass „Lesen als Modus positiver Erfahrungen zur Verfolgung von Interessen lebensgeschichtlich erschlossen wurde“51 - und auf die aktuelle Lesemotivation an. Die Didaktik beruft sich zur Förderung der Subjektebene aufVerfahren der Leseanimation und des Literaturunterrichts,52 Diese Verfahren werden im vierten Kapitel ebenfalls ausführlicher beleuchtet.
Rosebrock schreibt: „Der Austausch über das Gelesene bietet zum einen eine Intensivierung des Textverstehens, zum anderen bildet er einen starken Leseanlass.“53 Gemeint ist mit dem Austausch nach dem Leseprozess die o.g. Anschlusskommunikation. Rosebrock und Nix nennen dazu folgendes Beispiel: Unterrichtsgespräche, in denen ein bestimmter Text behandelt wird, dienen den Schülern zur Erlangung eines intensiveren Verständnisses des Textes. Gleichzeitig können Unterrichtsgespräche aber auch Leseanlässe für Schüler sein. Ein weiteres Beispiel für einen Austausch, der das Lesen veranlasst, wäre eine Unterhaltung zwischen Schülern in der Pause. Weil sie Bescheid wissen und mitreden wollen, könnten sie dazu veranlasst sein, Nachrichten in entsprechenden Apps zu lesen. Oder aber man liest, um mit einer Gruppe ins Gespräch zu kommen und um gegebenenfalls den Zugang zu dieser zu realisieren.54 Auch die soziale Ebene betrifft, dass sich leseanimierende Verfahren und Verfahren des Literaturunterrichts besonders gut eignen, um Anschlusskommunikation auf dieser Ebene bewirken.55
Bevor die Apps im Hinblick auf deren Potenziale für das Lesenlernen im Homeschooling in Zusammenhang mit den Zielen des Lehrplans und in Zusammenhang mit den drei Ebenen des Mehrebenenmodells gebracht werden, soll dieses Kapitel zunächst einen Einblick in den Umgang mit den Apps Moodle und Anton verschaffen. Die Beherrschung der strukturellen Aspekte der Apps ist Voraussetzung für Lehrende, um Schülern den Umgang und die Arbeit mit den Apps vermitteln zu können. Diese strukturellen Aspekte der Apps werden in den Unterkapiteln in Bezug auf die jeweilige App erläutert. So soll im Voraus erst einmal nachvollzogen werden können, warum die Apps Moodle und Anton sich grundsätzlich als digitale Lernplattformen eignen und warum sie zu Recht als Lern-App bezeichnet werden. Bereits im Hinblick auf das Homeschooling werden in den Unterkapiteln organisatorische und kommunikative Möglichkeiten beider Apps besprochen, da organisatorische und kommunikative Aktivitäten zwischen Lehrenden und Schülern in Zeiten von Distanzunterricht weiter stattfmden müssen. Anschließend werden im dritten Unterkapitel Unterschiede der beiden Apps in verschiedenen Bereichen anhand einer Tabelle aufgestellt. Zum besseren Verständnis verweisen Fußnoten auf Screenshots im Anhang, auf denen das Erläuterte visualisiert wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: CoverMoodle-App Quelle: Eigene Darstellung
Durch ihren strukturierten Aufbau bietet die Moodle-App dem Unterricht ein durchschaubares digitales Lemmanagement-System, in dem Lehrende ihr Fach und dessen Inhalte in einem Kursraum für die Schüler organisieren und leicht zugänglich machen können. Auf den Punkt gebracht: Moodle ist eine strukturierte, digitale Lernplattform. Nutzer der App erhalten zunächst unterschiedliche Rollen, denen verschiedene Berechtigungen zustehen. Lehrende nehmen i.d.R. die Rolle Administrator ein. Als Administrator erstellt man einen Kursraum und fügt Teilnehmer in diesem Raum hinzu. Außerdem füllt der Administrator den Kursraum mit Arbeitsmaterialien und Lernaktivitäten und ist für deren sinnvolle und übersichtliche Anordnung verantwortlich. Schüler erhalten durch den Administrator die Rolle Teilnehmer. Sie haben somit die Berechtigung, die Arbeitsmaterialien und Lernaktivitäten zu nutzen. Der Administrator kann die Rolle der Teilnehmer verändern und ihnen verschiedene Unterrollen zuteilen. Drei Unterrollen sind dabei zu unterscheiden. Die Unterrolle Gast, die nur eine eingeschränkte Sicht auf die Kursinhalte zulässt, die Unterrolle Kursverwalter, womit ebenfalls Teilnehmer verwaltet werden können und letztlich die Unterrolle Trainer 56 Der Trainer kann neben dem Administrator den Kursraum mitgestalten.56 57
Im Rahmen dieser Arbeit und für die Nutzung der Moodle-App in der Grundschule reicht es für Schüler aus, die Funktionen der Rollen Administrator und Teilnehmer zu kennen. Neben den unterschiedlichen Rollen kommt den Inhalten des Kursraums eine wichtige Funktion zu. Sie erschließen sich aus multiplen Tools, die man auch als Arbeitsmaterialien oder Lernaktivitäten bezeichnen kann. Jedes Tool besitzt ein eigenes Zeichen. Dieses Symbol steht in der Regel durch seine ikonische Darstellungsform direkt mit der Funktionalität des Tools in Verbindung. Die folgende Tabelle soll einen Überblick über alle relevanten Tools der Moodle-App geben:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Tools derMoodle-App Quelle: Eigene Darstellung
Für die Vorbereitung auf das Homeschooling in der Schuleingangsphase ist es dringend nötig, den Teilnehmern eine ausführliche Einführung in die Arbeit mit der App zu geben. Für Schüler ist es wichtig, die Funktion und die Berechtigungen ihrer Rolle als Teilnehmer zu verstehen. Die in der Tabelle aufgeführten Leminhalte müssen anhand der ihnen zugewiesenen Zeichen erklärt werden, da in der App kein zusätzlicher Text zu den Zeichen angezeigt wird. Den Teilnehmern muss klar werden, dass der Lehrende als Administrator die Arbeitsmaterialien und Lernaktivitäten im Kursraum zur Verfügung stellt und alle Ergebnisse einsieht und bewertet. Auch der Unterschied zwischen einem Schultest und einem Moodle-Test sollte erklärt werden: Der Moodle-Test ist nicht mit einem Test in der Schule gleichzusetzen. Der Umfang des Moodle-Tests ist meist geringer und wird nicht überwiegend für den Abschluss eines bestimmten Themas eingesetzt. Die für den Moodle- Test erforderlichen Informationen befinden sich im Test selbst. So ist der Moodle-Test besser mit einer Art Übung zu vergleichen. Natürlich kann er aber auch der Form eines Schultests entsprechen, was im Vorfeld selbstverständlich anzukündigen ist. Zur Ankündigung kann beispielsweise das Forum oder ein Freitext eingesetzt werden. Eine deutliche Parallele zu gewöhnlichen Tests besteht darin, dass im Moodle-Test, wie bereits erwähnt, individuelle Antworten nur deutlich eingeschränkt möglich sind. Den Schülern muss außerdem klar werden, dass bei einer Aufgabe eine Abgabe gefordert wird, in der Abgabe wird normalerweise ein Text eingetippt. Es besteht aber auch die Möglichkeit, diesen Text handschriftlich auf einem Blatt zu verfassen und ihn durch einen Button, der in der Abgabe erscheint, zu fotografieren. Nicht nur Texte, auch Bilder oder Gegenstände können, sofern diese als Antwort einen Sinn machen, fotografiert werden.
Weiter bedeutsam im Kontext mit dem Fach Deutsch im schulischen Umgang mit der Moodle-App sind die Evaluation von Fördermaßnahmen und die Evaluation deren Wirksamkeit. Der Administrator kann sowohl für Aufgaben als auch für Moodle-Tests die Bearbeitungszeit und die Anzahl der Versuche, die die Teilnehmer durchführen dürfen, einstellen. Er kann alle gemachten Versuche nachvollziehen und begutachten. Sobald ein Teilnehmer den Moodle-Test beendet hat, wird die Auswertung automatisch vom System durchgeführt. Der Administrator stellt zuvor ein, ob eine reine Prozentzahl der richtigen Ergebnisse angezeigt werden soll, oder er verfasst im Vorfeld motivierende Feedbacksätze, die anstelle der Prozentzahlen nach der Auswertung angezeigt werden.58 Bei einem Moodle-Test mit dem blauen Button, auf dem H5P zu lesen ist, werdenje nach Ergebnissen Punkte in Form von Sternen vergeben, dabei variiert die Anzahl der erreichbaren Sterne von Test zu Test. Es erscheint auch hier ein kurzes Feedback.59 Wirft man einen Blick auf die Evaluation von Aufgaben, so lässt sich ein Unterschied erkennen. Für Aufgaben erhalten die Teilnehmer üblicherweise ein individuelles Feedback vom Administrator, das dieser in Form eines Kommentars verfasst.60
Insgesamt kann für die Evaluation von Fördermaßnahmen und die Evaluation deren Wirksamkeit festgehalten werden, dass sie für alle am Lernprozess beteiligten Personen transparent sind. Lernfortschritte sind gut zu verfolgen. Dies wird durch die zuverlässige Auswertung des Systems und die individuelle Begutachtung des Administrators und durch die Feedbackgabe sichergestellt. Auch differenzierte Vorgehensweisen und differenziertes Arbeiten sind möglich, da der Administrator die Sichtbarkeit der Tools, Aufgaben und Tests einstellen kann und so bestimmte Aufgaben bestimmten Teilnehmern zuordnen kann.
Zwei Voraussetzungen müssen nun erfüllt werden, um die Moodle-App für das Homeschooling effektiv nutzen zu können: erstens die erläuterte ausführliche Einführung der Teilnehmer in das System und zweitens die notwendige Bedingung, ein einsetzbares Endgerät inklusive Breitband-Internetzugang zu besitzen. Ist beides gewährleistet, so können die Teilnehmer die App zu jeder Zeit und an jedem Ort aufrufen. Die Anmeldung bzw. das Log-in findet einmalig zum Zeitpunkt der Einrichtung der App, die in der Grundschule von Lehrenden in der Einführung durchgeführt wird, statt. Zur Anmeldung steht dem Lehrenden für jeden Teilnehmer ein vom System generierter QR-Code zur Verfügung. Nach dem Log-in erscheint auf dem Startbildschirm bereits der Kursraum. Der Administrator erstellt einen Button für den Kursraum, sodass die Teilnehmer den Raum leicht erkennen und betreten können. Im Anhang befindet sich ein Bild mit dem von mir erstellten Kursraum, der den Namen Tigerklasse trägt. Für den dazugehörigen Button habe ich ein Namensschild in Kreide-Optik erstellt.61 Durch einen Klick auf den Button betreten die Teilnehmer den Kursraum und es erscheinen die vielfältigen Tools und Lerninhalte.62
[...]
1 In dieser Arbeit wird grundsätzlich aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und andere Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint.
2 Im weitesten Sinne versteht man unter Homeschooling die Bildung von Schülern unter Aufsicht der Eltern. Im engeren Sinne findet sich zu heutiger Zeit keine eindeutige Definition für Homeschooling, da Praxis und Umsetzung von Homeschooling in Deutschland am Anfang ihrer Entwicklung stehen und daher aktuell noch sehr breit gefächert sind. Lehrkräfte entscheiden für das Homeschooling individuell mit welchen Methoden und Instrumenten Sie dieses durchführen. So reicht das Band der breit gefächerten Praktiken von speziellen angefertigten analogen Arbeitsmappen, die Schüler zuhause selbstständig bearbeiten, bis hin zu digital durchgeführtem Unterricht, an dem die gesamte Klasse teilnimmt. Diese Arbeit nimmt nur eine mögliche, durch Lem-Apps unterstützte, digitale Umsetzung des Homeschoolings in den Blick.
3 Die Zielkompetenzen oder Kompetenzerwartungen finden sich explizit in: Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW (Hg.) (2008): Grundschule. Deutsch. Sachunterricht. Mathematik. Englisch. Musik. Kunst. Sport. Evangelische Religionslehre. Katholische Religionslehre. Richtlinien und Lehrpläne Nr. 2012. Frechen: RitterbachVerlag, S. 31-33.
4 Bezüglich der Erhebung ist festzuhalten, dass es wegen der andauernden Einschränkungen im Lockdown ausschließlich möglich war, Eindrücke von Lehrkräften und OGS-Mitarbeitem zu erfassen. Die Erfassung der Eindrücke von Schülern und Eltern, wie sie im Vorfeld geplant war, konnte dadurch nicht unternommen werden.
5 Vgl. dazu Döring, Nicola / Bortz, Jürgen (Hg.) (2016): Forschungsmethoden und Evaluation. In den Sozial- und Humanwissenschaften. 5., vollständig überarbeitete, aktualisierte und erweiterte Auflage. Berlin; Heidelberg: Springer-Verlag, S. 398-401.
6 Tulodziecki, Gerhard / Grafe, Silke (2013): Digitale Medien und Schule aus medienpädagogischer Sicht - konzeptuelle Entwicklung und empirische Forschung. In: Karpa, Dietrich et al. (Hg.): Digitale Medien und Schule. Zur Rolle digitaler Medien in Schulpädagogik und Lehrerbildung. Immenhausen: Prolog Verlag (= Theorie und Praxis der Schulpädagogik, Bd. 19), S. 12.
7 Vgl. Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW (2008), S. 23.
8 Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW (2008), S.26.
9 Vgl. dazu Pfeiffer, Joachim (2018): Psychologische Dimensionen des Lesens. In: Honold, Alexander/Parr, Rolf (Hg.): Grundthemen der Literaturwissenschaft: Lesen. Berlin: Walter de Gruyter Verlag, S. 456.
10 Ebd.
11 Kretschmer, Christine (2008): Lesekompetenz entwickelninallenFächem. In: Praxis Grundschule (02/ 2008), S. 4.
12 Vgl. Buhl, Heike M. et al. (2009): Zusammenhänge zwischen der Fähigkeit zur Perspektivenübemahme und dem Textverstehen in Vor- und Grundschulalter. In: Diskurs Kindheits- und Jugendforschung 4 (01/ 2009), S.75-89.
13 Vgl. Hurrelmann, Bettina (2002): Leseleistung - Lesekompetenz. Folgerung aus PISA, mit einem Plädoyer für ein didaktisches Konzept des Lernens als kultureller Praxis. In: Praxis Deutsch 29 (2002), H. 176, S. 618.
14 Ebd.
15 Vgl. Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW (2008), S.26.
16 Willenberg, Heiner (2007): Kompetenzhandbuch für den Deutschunterricht: auf der empirischen Basis des DESI-Projekts. Baltmannsweiler: Schneider Verlag, S. 7.
17 Aus Gründen des Leseflusses wird der Begriff Lesen -Mit Texten undMedien umgehen im Folgenden zumeist nicht mehr ausgeschrieben. Stattdessen wird auf die kürzere Variante Lesen zurückgegriffen.
18 Vgl. Hochstadt, Christiane et al. (2015): Deutschdidaktik. Konzeptionen für die Praxis. 2., überarbeitete u. erweiterte Auflage. Tübingen: NarrFrancke Attempto Verlag, S. 123.
19 Vgl. Hurrelmann, Bettina (2002), S. 13.
20 Plath, Monika / Richter, Karin (2005): Lesemotivation in der Grundschule. Empirische Befunde und Modelle für den Unterricht. Weinheim: Beltz Juventa Verlag, S. 5, zit. n. Pfaff, 2010, S. 31.
21 Hurrelmann, Bettina (2002), S. 13.
22 Vgl. Möller, Jens / Schiefele, Ulrich (2004): Motivationale Grundlage derLesekompetenz. In: Schiefele, Ulrich et al. (Hg.): Struktur, Entwicklung und Förderung von Lesekompetenz. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, S. 102.
23 Vgl. dazu Hurrelmann, Bettina (2002), S.13.
24 Ebd.
25 Ebd.
26 Vgl. Rosebrock, Cornelia (2012): Was ist Lesekompetenz, und wie kann sie gefördert werden? In: För- derungvonLiteralitätinallenFächem (03/2012), S. 2. https://www.leseforum.ch/sysModules/obxLese- forum/Artikel/480/2012_3_Rosebrock.pdf (zuletztabgerufenam: 18.02.2021, um 12:21 Uhr).
27 Vgl. Rosebrock, Cornelia / Nix, Daniel (Hg.) (2017): Grundlagen der Lesedidaktik und der systematischen schulischenLeseförderung. 8., korrigierte Auflage. Baltmannsweiler: Schneiderverlag, S. 111.
28 Vgl. Rosebrock, Cornelia (2012), S. 10.
29 Vgl. Rosebrock, Cornelia (2012), S. 2.
30 Mit Lesevorgang ist gleichermaßen die Lesekompetenz gemeint.
31 Vgl. Rosebrock, Cornelia (2012), S. 2.
32 Vgl. Rosebrock, Cornelia / Nix, Daniel (2017): S. 14-24.
33 Vgl. Hochstadt et al. (2015), S. 120.
34 Vgl. Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW (2008), S. 31-33.
35 Vgl. Rosebrock, Cornelia / Nix, Daniel (2008), S. 17.
36 Vgl. Hochstadt, Christiane etal. (2015), S. 120.
37 Ebd.
38 Vgl. Rosebrock, Cornelia (2012), S 4.
39 Vgl. Hochstadt, Christiane etal. (2015), S. 120.
40 Vgl. Hochstadt, Christiane etal. (2015), S. 121.
41 Vgl. dazu Rosebrock, Cornelia / Nix, Daniel (2008), S. 18-19.
42 Ebd.
43 Vgl. dazu Rosebrock, Cornelia / Nix, Daniel (2008), S. 18-19.
44 Vgl. dazu Rosebrock, Cornelia. / Nix, Daniel (2008), S. 22.
45 Ebd.
46 Ebd.
47 Ebd.
48 Vgl. Rosebrock, Comelia/Nix, Daniel (2008), S. 21.
49 Ebd.
50 Ebd.
51 Rosebrock, Comelia/Nix, Daniel (2008), S. 21-22.
52 Vgl. Hochstadt, Christiane et al. (2015), S. 128.
53 Rosebrock, Cornelia / Nix, Daniel (2008), S. 23.
54 Vgl. Ebd.
55 Vgl. Hochstadt, Christiane et al. (2015), S. 128.
56 Vgl. Wiegrefe, Carsten (2011): Das Moodle 2 Praxisbuch. Gemeinsam online lemeninHochschule, Schule und Unternehmen. München: Adison-Wesley-Verlag, S. 24-28.
57 Ebd.
58 Anhang A: Moodle-Test: Automatisches Feedback
59 AnhangB: Moodle-Test H5P: Automatisches Feedback
60 Anhang C: Moodle-Aufgabe: Individuelles Feedback
61 AnhangD: Moodle-App: Kursübersicht
62 Anhang E: Moodle-App: Leminhalte
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