Bachelorarbeit, 2021
38 Seiten, Note: 1,7
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
1 Einleitung
2 Chartanalyse, Indikatoren und Oszillatoren
2.1 Chartanalyse
2.1.1 Definition Chartanalyse
2.1.2 Definition Devisenmarkt
2.1.3 Charttypen
2.1.4 Unterstützungen & Widerstände
2.1.5 Trendlinien/Trendkanäle
2.1.6 Korrekturen
2.2 Indikatoren & Oszillatoren
2.2.1 Allgemein
2.2.2 Gleitende Durchschnitte
2.2.3 Momentum
2.2.4 Relative Stärke Index
3 Trendfolge
3.1 Definition
3.2 Trendumkehrformationen
3.2.1 S-K-S-Formation/inverse S-K-S-Formation
3.2.2 Doppeltop & Doppeltief (M & W-Formation)
3.3 Trendfortsetzungsformationen
3.3.1 Flaggen und Wimpel
3.3.2 Dreiecke
3.4 Tradingmöglichkeiten
4 BEZUG ZUR PRAXIS
5 FAZIT
6 Literaturverzeichnis
Abbildung 1: Bullische Kerze
Abbildung 2: Unterstützungslinie/-zone
Abbildung 3: Trendkanal
Abbildung 4: 38,2%-Korrektur
Abbildung 5: Bärischer Crossover
Abbildung 6: 10-Tage-Momentum
Abbildung 7: RSI-Divergenz
Abbildung 8: Aufwärts-, Abwärts- und Seitwärtstrend
Abbildung 9: Primär-, Sekundär- und Tertiärtrend
Abbildung 10: Schulter-Kopf-Schulter-Formation, inverse S-K-S-Formation
Abbildung 11: Doppeltop und Doppeltief
Abbildung 12: Musterwimpel und Flagge
Abbildung 13: Symmetrisches Dreieck
Abbildung 14: Aufsteigendes- und absteigendes Dreieck
Abbildung 15: Trendlinie, Widerstandslinie und SMA 200
Abbildung 16: Trendlinie, Inverse S-K-S-Formation, RSI und SMA 50
AUD Australischer Dollar
CAD Kanadischer Dollar
CHF Schweizer Franken
engl. englisch
EMA Exponential Moving Average
EUR Euro
Forex Foreign Exchange Market
GBP Britisches Pfund
HKD Hongkong Dollar
JPY Japanischer Yen
LMA Linerarly Weighted Moving Average
MA Moving Average
M-Formation Doppeltop
NZD Neuseeländischer Dollar
OTC-Markt Over the Counter Market
RSI Relative Strength Index
SKS oder
S-K-S-Formation Schulter-Kopf-Schulter-Formation
SMA Simple Moving Average
USD US-Dollar
W-Formation Doppeltief
€ Euro
$ US-Dollar
% Prozent
Heutzutage ist es sehr schwierig mit Anlagen wie dem Sparbuch oder dem Tagesgeldkonto gute Zinsen zu erwirtschaften. Bei Vergleichsportalen liegt die Jahresrendite meist weit unter einem Prozent. Dies ist für einige Privatanleger zu wenig, weshalb sie sich Gedanken darüber machen, wie sie mehr Rendite aus ihrem ersparten Geld erwirtschaften können. Durch vermehrte Werbung über sogenannte Broker finden diese Personen den Weg zur Börse. Börsengeschäfte bergen höhere Risiken, jedoch auch wesentlich höhere Renditemöglichkeiten. Werte, die an der Börse gehandelt werden können, sind bspw. Wechselkurse zwischen größeren Währungen (Devisen) wie dem Euro, US-Dollar, Britischem Pfund und den Schweizer Franken. Durch Angebots- und Nachfrageschwankungen ändern sich die Verhältnisse unter diesen Währungen und dadurch auch ihr Wert. Von diesen Schwankungen kann der Händler (Trader) profitieren.
Aber ist es wirklich so einfach, sein Geld an der Börse durch diese Schwankungen zu vermehren? Woher weiß der Trader, wie sich der Wert ändert? Welche Möglichkeiten gibt es einen Wechselkurs zu prognostizieren, danach zu handeln und somit Gewinne zu erzielen?
Eine dieser Möglichkeiten der Kursprognose stellt die Technische Analyse dar. Diese zeigt Situationen auf, bei dem der Trader weiß, ob er den Wert kaufen oder verkaufen soll.
Da der Autor der vorliegenden Arbeit schon mehrere Jahre an Erfahrung mit der Technischen Analyse sammeln konnte, beschäftigt sich die Thesis ausschließlich mit dieser Form der Kursprognose. Da dieses Sachgebiet jedoch sehr umfangreich und komplex ist, wird nur ein Bruchteil davon erwähnt. Des Weiteren wird die Thematik zum besseren Verständnis zu großen Teilen anhand von Grafiken veranschaulicht.
Im Folgenden wird die Technische Analyse sowie der Devisenmarkt definiert. Grundlagen der Technischen Analyse wie Charttypen, Unterstützungen & Widerstände, Trendlinien & Trendkanäle sowie Korrekturen werden aufgegriffen und erläutert. Danach werden technische Hilfsmittel wie Indikatoren und Oszillatoren vorgestellt. Es folgt die Erläuterung der Trendfolge und Gründe dafür, warum dieser eine solch hohe Aufmerksamkeit im Trading geschenkt wird. Betrachtet werden Trendfortsetzungs- sowie Trendumkehrformationen und die Nutzung dergleichen. Im folgenden Kapitel werden Situationen analysiert, in denen einige der bereits aufgeführten Techniken kombiniert werden. Das vorletzte Kapitel zeigt den Einsatz der Technischen Analyse in der Praxis. Ihre Prognosefähigkeit wird anhand von Studien überprüft sowie die Anwendungshäufigkeit unter Devisenhändlern festgestellt. Abschließend werden im Fazit die wichtigsten Merkmale der Technischen Analyse aufgegriffen. Zudem gibt der Verfasser aufgrund seiner mehrjährigen Erfahrung auf diesem Gebiet eigene Tipps zum Thema der Arbeit.
Die Technische Analyse, welche auch Chartanalyse genannt wird, zeigt das Verhalten der Käufer gegenüber den Verkäufern. Hierbei geht es also um den Zusammenhang zwischen Angebot und Nachfrage, wodurch der Kurs entsteht. Der Anwender der Chartanalyse, welcher u. a. Chartist genannt wird, kann mit Hilfe der Technischen Analyse entscheiden ob er einen Vermögensgegenstand kaufen, verkaufen, nicht kaufen oder nicht verkaufen soll. Dies kann bei verschiedenen Vermögensgegenständen wie bspw. Rohstoffen, Aktien oder Devisen der Fall sein.1 Aus diesem Grund werden auch Bücher aus dem Aktienbereich zitiert, da diese in vielen charttechnischen Bereichen identisch zum Devisenmarkt sind.
Der US-Amerikaner Charles Dow (1851-1902) gilt als Grundvater der Technischen Analyse. Nachdem 20 Jahre zuvor zwei Deutsche namens „Laspeyres“ und „Paasche“ die ersten Preisindizes entwickelt hatten, veröffentlichte Dow ab 1884 im Wall Steet Journal seine Thesen über die Chartanalyse. Jedoch sah er seine Arbeit als Hilfe für Analysten und nicht als Ruhm für eine Anfertigung einer wissenschaftlichen Annahme. Sein Ziel war die bessere Identifizierung von Trends. Märkte sind zyklisch und verlaufen in Wellen, welche sich in kurz-, mittel- und langfristig einteilen lassen.2
In seiner Theorie erwähnt Dow, dass in den Marktkursen sämtliche Vorkommnisse aus Wirtschaft, Politik usw., sowie alle anderen Einflüsse enthalten sind und diese in den Kursentwicklungen durch die Teilnehmer des Marktes wiedergegeben werden. Daher existieren mehrere Trendarten und ebenfalls Definitionen, wie diese Trends charakterisiert sind.3 Weiterhin wird angenommen, dass sich vergangene Kursbewegungen wiederholen.4 Der sogenannte Trend wird in Kapitel 3.1 näher erläutert und grafisch dargestellt.
Die Fundamentalanalyse stellt eine weitere Form der Kursprognose dar. Bei dieser wird jede Komponente untersucht, welche den Markt beeinflussen könnte. Der Anwender der Fundamentalanalyse (Fundamentalist) untersucht die Gründe von Kursbewegungen, der Anwender der Technischen Analyse (u. a. auch Techniker genannt) hingegen analysiert die Konsequenzen.5
Der Techniker (oder Chartist) betrachtet und bewertet sozusagen die Historie der Finanzmärkte, um dadurch Annahmen für die Zukunft zu treffen.6 Als „Werkzeug“ dieser Annahme behilft sich der Techniker des Charts, welcher gleichzeitig die absolute Grundlage für jede Analyse darstellt.7
Charts können in verschiedenen Zeitzonen dargestellt werden. Beispiele hierfür sind Stunden-, Tages-, Wochen-, und Monatscharts. Am häufigsten wird von Anfängern der Tageschart angesehen. Jedoch ist es durch die Komplexität der Märkte notwendig, dass mehrerer Zeitzonen betrachtet werden, um gute Erfolge erzielen zu können.8
Zum Finanzmarkt gehört u. a. der Devisenmarkt, welcher unter dem Namen Forex (engl. Foreign Exchange Market) höhere Bekanntheit hat. Auf diesem treffen Währungen unterschiedlicher Länder aufeinander. Devisen sind daher Fremdwährungen, die auf dem Devisenmarkt virtuell gehandelt werden. Der Wechselkurs bildet das Preisverhältnis unter Devisen. Dieser Kurs bestimmt, wie viel Währungen von einer Devise benötigt werden, um eine andere Währung zu kaufen. Beispielsweise wenn das Währungspaar EUR/USD (Euro/US-Dollar) den Wechselkurs 1,1234 besitzt, werden 1 € benötigt, um 1,1234 $ zu bekommen. Anders ausgedrückt können 100 € mit gegebenem Wechselkurs in genau 112,34 $ getauscht werden. Umgekehrt müssen 112,34 $ gezahlt werden, um 100 € zu erhalten.9 Der Preis einer Währung wird wie bei einem Handelsobjekt durch Angebot und Nachfrage bestimmt.10 Dieses Zusammentreffen von Devisenangebot und Devisennachfrage findet über den OTC-Markt (Over the Counter Market) statt, da der Handel elektronisch durch die Händler (Banken und Broker) abgewickelt wird. Es existieren keine lokalen Handelsplätze wie dies z. B. bei Börsen wie New York, Frankfurt, London usw. der Fall ist.11 Jeden Sonntag um 23 Uhr Mitteleuropäischer Zeit startet der Handel, ist 24 Stunden geöffnet und endet freitags um 23 Uhr Mitteleuropäischer Zeit. Am Volumen gemessen ist der Devisenmarkt der größte und lebendigste Finanzmarkt weltweit. Volumen ist das Geld, welches an einem Tag an einem Handelsplatz den Besitzer wechselt. Täglich werden im Durchschnitt auf dem Devisenmarkt über 5000 Mrd. $ Volumen gehandelt.12
Die größten Marktteilnehmer des Devisenhandels sind Geschäftsbanken, Unternehmen, Makler und Zentralbanken. Mit dem Handel beabsichtigen diese Teilnehmer verschiedenen Ziele, wie bspw. Zins- und Währungsrisiken zu minimieren oder zu verhindern. Ein weiteres Ziel von Teilnehmern ist der Eigenhandel. Bei diesem wird der Gewinn aus dem Kauf und Verkauf von unterschiedlichen Währungen verstanden, der durch die Änderung der Wechselkurse entsteht. Dieses Geschäft findet sehr oft zwischen Banken statt, welches als Interbankenmarkt bezeichnet wird.13 Wie schon erwähnt, ist diese Tatsache auch für Privatanleger interessant, um ihr Geld zu vermehren. Der Trader könnte im obigen Beispiel den Euro kaufen, wenn er eine Prognose erstellt hat, in dem der Euro wertvoller wird als der US-Dollar. Er könnte beispielsweise eine Prognose aufstellen, in dem der Wechselkurs EUR/USD in der Zukunft einen Kurs von 1,1500 besitzt. Hier würde er dann für 100 €, 115 $ anstatt wie oben 112,34 $ bekommen. Die Differenz von 2,66 $ wäre sein Gewinn (Transaktionskosten und Spread nicht berücksichtigt). Umgekehrt könnte er auch darauf spekulieren, dass der Euro gegenüber dem US-Dollar schwächer wird, dann würde er den Euro verkaufen.
Die bedeutendsten Währungen sind der US-Dollar (USD), Euro (EUR), Britisches Pfund (GBP), Schweizer Franken (CHF), Japanischer Yen (JPY), Kanadischer Dollar (CAD), Australischer Dollar (AUD), Neuseeländischer Dollar (NZD) und der Hongkong Dollar (HKD).14
Wie bereits in Kapitel 2.1.1 erwähnt, ist der Chart das Instrument der Technischen Analyse. Für die Chartanalyse stehen mehrere Veranschaulichungen zur Verfügung. Die bekanntesten Charttypen sind Linien-, Balken-, Point & Figur- und Kerzencharts. Jede der genannten Typen haben ihre Vor- und Nachteile. Aufgrund des Umfangs dieser Arbeit und auch der steigenden Beliebtheit von japanischen Kerzenmustern, im englischen Candlesticks genannt, werden ausschließlich diese näher erläutert.15
Wie der Name verrät, gleicht diese Form der einer Kerze, wie in Abbildung 1 auf Seite 5 zu sehen ist. In ihr wird eine bullische, also eine steigende Kerze gezeigt, da der Schlusskurs über dem Eröffnungskurs liegt. Die Kerzen treten in allen Zeitebenen auf. Beispielsweise im Monatschart bedeutet dies, dass eine Kerze einen Monat darstellt. Im M1 (Minute 1) beträgt die Ausbildung der Kerze nur 1 Minute. Die langen Linien an den Körpern oben und unten, welche auch Schatten genannt werden, bilden die Extremwerte der Kerze ab. Den Maximalwert (Kerzenhoch) sowie den Minimalwert (Kerzentief) des Währungspaares in der jeweiligen Zeitebene. Steigende Kerzen werden weiß dargestellt, fallende Kerzen hingegen schwarz .16
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 : Bullische17 Kerze18
Üblich sind auch rote anstatt schwarze Körper und grüne anstatt weiße Körper, wie in Abbildung 1 zu sehen ist.19 Ein nicht zu missachtender Vorteil von Candlesticks ist der, dass die Stimmung in der jeweiligen Zeitperiode schnell erkannt werden kann. Beispielsweise eine weiße Kerze im Tageschart lässt darauf schließen, dass die Stimmung während des Tages positiver wurde. Die übliche Marktsituation kann dadurch mit Blick auf die Kerzen vorab analysiert werden.20
Es existieren mehrere Kerzen-Formationen, welche aus einer oder aus mehreren Kerzen bestehen können. Die japanische Literatur umfasst ca. 40 Candlestick-Umkehrformationen und 16 Candlestick-Fortsetzungsformationen. Diese werden als Sekundärwerkzeuge angesehen und es sollten diese Kerzenmuster nur mit anderen technischen Hilfsmitteln verwendet werden.21 Aufgrund dieser Tatsachen und weiterer Fakten, welche im Verlauf der Arbeit noch angesprochen werden, wird auf reine Candlestick-Formationen nicht eingegangen.
Nicht nur bei Wechselkursen, sondern auch u. a. bei Aktien kann auf dem Chart erkannt werden, dass bei manchen Werten die Kurse entweder wieder steigen nachdem diese gefallen waren oder auf einmal fallen, obwohl diese gestiegen waren. Diese Tatsache kann des Öfteren im Stunden-, Tages- oder Wochenchart beobachtet werden.22 Als Unterstützung wird ein Bereich angesehen, welcher unter den jetzigen Werten liegt. Der Kaufdruck übersteigt den Verkaufsdruck. Dadurch wird der Kursrutsch gestoppt, um danach wieder an Wert zu gewinnen. Das Gegenstück dazu wird als Widerstand angesehen. Das Niveau befindet sich über den Kursen und diese beginnen zu sinken, da der Verkaufsdruck größer ist als der Kaufdruck. Diese beiden Zonen entstehen daher gewöhnlich aus der Vergangenheit.23
Ein nachhaltiger Durchbruch einer dieser Zonen wechselt öfters zum Gegenteil um. Beispielsweise wird das Hoch in der Vergangenheit, welches die Widerstandszone darstellt, zur Unterstützungszone. Umgekehrt wird die Unterstützungszone zum Widerstand.24 Für den Trader ergeben sich bei solchen Zonen Möglichkeiten zum Kauf oder Verkauf eines Währungspaars. Das Risiko wird minimiert, da der Trader beim Schlusskurs unterhalb bzw. oberhalb dieser Zonen seine Position wieder mit geringem Verlust schließen kann.25 Ein Beispiel in Abbildung 2 veranschaulicht eine dieser Situationen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 : Unterstützungslinie/-zone26
Im Währungspaar EUR/GBP ist es den Verkäufern des Euro nicht gelungen, den Preis unter die blaue Zone von ca. 0,6923 zu drücken. Der Trader hätte in der Zone im November 2016 kaufen können, da der Kurs schon das fünfte Mal bei ungefähr diesem Wert abgeprallt war. Der Kauf wäre erfolgreich gewesen, da der Kurs nach ein paar Wochen wieder gestiegen ist. Wäre der Kurs jedoch unter die blaue Zone gefallen, hätte der Trader die Kaufposition wieder schließen können. Dadurch hätte er nur einen prozentual geringen Verlust erlitten.
Eine besondere Art von Unterstützungen und Widerständen bilden Trendlinien. Obwohl horizontale Linien am zuverlässigsten sind, sollten auch diagonale Linien beachtet werden.27 Der Winkel dieser Trendlinien kann beliebig sein und spiegelt das Marktgeschehen wider. Bei flach ansteigenden oder fallenden Linien dauert die Bewegung länger als bei sehr steilen Linien. Verläuft eine solche Trendlinie aufwärts, dann sind die Käufer in der Überlegenheit. Verläuft diese abwärts, dann haben die Verkäufer die Oberhand. Die Trendlinie wird aussagekräftiger, umso länger diese dargestellt ist und wie oft diese den Kurs abprallen lässt.28 Um eine Trendgerade zu konstruieren sind mindestens zwei Punkte notwendig. Die Trendlinie wird bestätigt, wenn diese am dritten Berührungspunkt ihre ursprüngliche Richtung fortsetzt.29 Falls eine Trendlinie, die eine Unterstützung darstellt, parallel zu einer Trendlinie, die einen Widerstand darstellt, verläuft, wird dies als Trendkanal angesehen. Kanäle bieten Kauf- und Verkaufsmöglichkeiten. Die untere Unterstützungslinie stellt eine Kaufgelegenheit, die obere Widerstandslinie eine Verkaufsmöglichkeit dar.30
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3 : Trendkanal31
In Abbildung 3 auf Seite 7 sind die beschriebenen Tatsachen gut zu beobachten. Ab Punkt 3 ist die Trendlinie, welche eine Widerstandslinie darstellt, bestätigt. Die Unterstützungstrendlinie ist ab Punkt 7 gültig. Die Punkte 3 und 4 stellen daher Verkaufsgelegenheiten dar. Der Punkt 7 eine Kaufmöglichkeit. Der gelbe Kreis zeigt den Durchbruch der Widerstandslinie. Hier haben die Verkäufer des Euros es nicht geschafft, den Kurs wieder nach unten zu drücken. Hier könnten Trader sich ebenfalls mit einer Kauforder platzieren, da der Widerstand zur Unterstützung wird.
Trends korrigieren ihre Kursbewegung um einen bestimmten Prozentanteil, bevor diese ihre vorangegangene Richtung wieder fortsetzen. Diese Korrekturen (engl. Retracements) und wie weit diese Bewegungen laufen könnten lassen sich bspw. durch die sogenannten Fibonacci-Zahlen (1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21…) vorhersagen. Die Fibonacci-Zahlen erklärten ursprünglich einige Naturschauspiele. Der Namen stammt vom Mathematiker Leonardo Fibonacci, der im 13. Jahrhundert lebte und diese Zahlen in der Finanzwelt anwandte.32
Der Quotient zwei nebeneinanderstehender Fibonacci-Zahlen nähert sich der Zahl 0,618. Dieser Wert wird als „Goldener Schnitt“ bezeichnet und besitzt zugleich eine hohe Bedeutung bei Korrekturbewegungen.33 Die ersten drei Zahlenverhältnisse der Zahlenreihe sind 1,0 (1/1), 0,5 (1/2) und 0,67 (2/3). Chartisten ist schon länger bekannt, dass diese drei Korrekturen wiederholt vorkommen. Diese werden schon lange von Tradern verwendet. Daher sind die weitverbreitetsten Korrekturen die 33 % (38,2 %) 50 % und 66 % (61,8 %). Die Zahlen in Klammern ergeben sich durch die noch genaueren Fibonnaci-Zahlen.34
Bei Betrachtung der Aufwärtsbewegung in Abbildung 4 auf Seite 9 des Währungspaars GBP/USD von Mitte März 2020 bis September 2020 fällt auf, dass diese Bewegung um genau 38,2 % beim Wechselkurs von 1,26942 korrigierte. Danach wurde der Aufwärtstrend fortgesetzt. Der Kurs hätte nach Korrekturregeln jedoch auch bis zum 50er Korrekturlevel bei ca. 1,2451 oder sogar bis zum 61,8er Korrekturlevel bei 1,2208 laufen können. Der Einstieg ist beim 38,2er Korrekturlevel am risikoreichsten, da der Trader die Kaufposition bis zum 61,8er Korrekturlevel hätte halten sollen. Wäre der Kurs bei diesem Wert immer noch nicht in die ursprüngliche Richtung gedreht, hätte der Trader die Kaufposition mit höherem Verlust geschlossen, als wenn er erst am 61,8er Korrekturlevel eingestiegen wäre. Jedoch wäre in diesem Beispiel der Trader mit leeren Händen ausgegangen, da das 61,8er Korrekturlevel nie erreicht wurde. Daher sollten Korrekturen mit anderen Handelstechniken verknüpft werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4 : 38,2%-Korrektur35
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit Indikatoren und deren Teilbereich, den Oszillatoren. Vor allem Oszillatoren gelten als zweitrangig in der Technischen Analyse, können jedoch sehr hilfreich sein.36
Da Trends vorwiegend erst dann zu erkennen sind, nachdem sie schon eine längere Zeit existieren, suchen Chartisten Möglichkeiten, um Trendumkehrungen früher zu entdecken. Dafür werden Oszillatoren angewandt. Durch die Mathematik können Formeln gewisse Werte auf Schlusskursbasis in einer gewissen Zeitspanne errechnen. Diese Werte zeigen an, wie stark ein Finanzmarkt überkauft oder überverkauft ist. Frühwarnindikatoren, Stärke einer Bewegung oder auch Trendumkehrhinweise sind ebenfalls Eigenschaften eines Oszillators. Insbesondere in Seitwärtstrends stellen technische Indikatoren ein wertvolles Werkzeug dar. Nachfolgend werden die wichtigsten Indikatoren erläutert. Jedoch sollte sich ein Chartist nie nur auf das Ergebnis eines Indikators verlassen, sondern mehrere Indikatoren miteinander kombinieren.37
Die nachfolgenden Erklärungen werden aufgrund des Umfangs dieser Arbeit und Komplexität der Indikatoren nur vereinfacht und komprimiert dargestellt.
Gleitende Durchschnitte (engl. moving averages, MAs) gehören zu den sinnvollsten Werkzeugen eines Traders. Diese werden schon sehr lange verwendet und finden leichte Anwendung. Durch MAs werden Trends leichter erkennbar und zeigen dem Marktteilnehmer, wann er in den Markt einsteigen könnte. Dieser Indikator wird als Linie im Chart sichtbar und ergibt sich durch die Verbindung der Durchschnittsschlusskurse einer gewissen Zeitspanne.38 Beispielsweise jeder Schlusskurs eines Tages.
Da gleitende Durchschnitte exakt durch Formeln berechnet werden können, sind diese frei von Interpretationen und daher sehr genau. Die Anwendung dieser Formeln können computerisierte, automatische Kauf- oder Verkaufsorders bewirken.39
Das arithmetische Mittel einer gewissen Datenmenge stellt den gleitenden Durchschnitt dar. Wird bspw. der Moving Average 200 (MA 200) auf Tagesbasis berechnet, dann werden die Schlusskurse der letzten 200 Tage herangezogen, addiert und durch 200 dividiert. Gleitend daher, da in diesem Beispiel am nächsten Tag der älteste Kurs aus der Berechnung eliminiert und der aktuelle Tageschlusskurs neu herangezogen wird. Kurzfristigen Wechselkursänderungen werden daher keine Beachtung geschenkt und somit wird eine glättende Linie dargestellt. Ein Aufwärtstrend wird charakterisiert, indem die gleitende Durchschnittslinie unter den Schlusskursen liegt und diese steigt. Genau das Gegenteil zeigt einen Abwärtstrend, wie in Abbildung 5 auf Seite 12 zu sehen ist. Die Kurse sind ab November 2020 fallend und unter den MA-Linien.40
Der Chart zeigt dem Trader ein Kaufsignal auf, sobald die Durchschnittslinie unter den Kursen läuft. Ein Verkaufssignal wird dementsprechend angezeigt, wenn die Linie sich über den Kursen befindet.41 Weitere Kauf- oder Verkaufssignale werden im Folgenden noch näher erläutert. Auf die Formel der Berechnungen wird bewusst verzichtet, da diese Linien so gut wie in jeder Tradingsoftware enthalten sind und der Trader sich diese anzeigen lassen kann.
Einfacher gleitender Durchschnitt
Der einfache gleitende Durchschnitt (engl. Simple Moving Average, SMA) wird wie oben in Kapitel 2.2.3 erwähnt, berechnet. Die Schlusskurse werden hierbei gleich gewichtet.42
Kritisch ist hierbei, dass jeder Wert im Durchschnitt zweimal enthalten ist. Am Anfang wird er in der Berechnung mitberücksichtigt. Nachdem das Zeitfenster abgelaufen ist und der Wert aus der Berechnung herausfällt, beeinflusst er noch einmal den Kurs. Beispielsweise steigt der gleitende Durchschnitt bei einem neuen Hochpunkt. Je nachdem welche Zeitspanne gewählt wird, fällt dieser Hochpunkt aus der Berechnung und der gleitende Durchschnitt sinkt wieder. Daher lassen sich gleitende Durchschnitte ganz einfach verfälschen, indem beispielsweise ein Tag mehr oder weniger mit in die Berechnung einbezogen wird.43 Ein Beispiel hierfür wäre der MA 9, anstatt der MA 10. Kürzere Zeitspannen sorgen daher dafür, dass MAs sensibler reagieren als bei längeren Zeitspannen.
Exponentieller gleitender Durchschnitt
Den beim SMA angesprochenen Kritikpunkt löst der exponentielle gleitende Durchschnitt (engl. exponential moving average, EMA). Der EMA gewichtet heutige Kurse mehr als gestrige. Kurse der Vergangenheit werden nicht einfach aus der Berechnung eliminiert, sondern werden von Zeit zu Zeit aus der Zeitspanne verdrängt.44 Neben dem SMA und EMA gibt es noch den linear gewichteten gleitenden Durchschnitt (linerarly weighted moving average, LMA) welcher die Kurse zwar gewichtet, jedoch als zu starr angesehen wird. Aus diesem Grund wurde der EMA entwickelt.45
Crossover-Methode
Wie bereits erwähnt, reagieren MAs bei verschiedenen Zeitspannen unterschiedlich.
Die Crossover-Strategie baut auf diese Tatsache auf. Bei dieser Methode werden zwei MAs mit unterschiedlichen Zeitfenstern verwendet. Ein kürzerer MA (z. B. 50) und ein längerer MA (z. B. 200). Diese werden unterschiedlich auf dem Chartbild angezeigt. Der MA 50 wäre hier die Durchschnittslinie, welche auf dem Chart schnellere Bewegungen darstellt.46
Nach einer gewissen Zeit kreuzen sich diese zwei Durchschnitte, und zwar so, dass die schnellere Linie (MA 50) sich der langsameren Linie (MA 200) nähert und diese dann schneidet. Kreuzt die schnellere Linie die langsamere Linie von unten nach oben, dann ist die Rede von einem „bullischen Crossover“ oder „golden cross“. Ein Kaufsignal wird generiert. Das Gegenstück, wenn die schnellere Linie von oben nach unten die langsamere Linie kreuzt, wird von einem „bärischen Crossover“ oder von einem „death cross“ gesprochen. Ein Verkaufssignal wird generiert. Typisch für die Verwendung dieser Methode sind SMAs mit den Zeitfenstern 50 und 100. Falls wie im Beispiel zwei MAs verwendet werden, wird dies als Double Crossover Methode bezeichnet. Jedoch ist auch der Einsatz von mehr als zwei gleitenden Durchschnitten möglich.47
[...]
1 Vgl. Salomon 2019, S. 29.
2 Vgl. Heese und Riedel 2016, S. 74.
3 Vgl. Voigt 2016, S. 107.
4 Vgl. Murphy 2017, S. 24.
5 Vgl. Murphy 2017, S. 24.
6 Vgl. Daeubner 2004, S. 10.
7 Vgl. Daeubner 2004, S. 13.
8 Vgl. Elder und Villiger 2005, S. 104–105.
9 Vgl. Peyrolón 2019, S. 1–4.
10 Vgl. Souren 1995, S. 13.
11 Vgl. Peyrolón 2019, S. 3–4.
12 Vgl. Peyrolón 2019, S. 2–3.
13 Vgl. Souren 1995, S. 5–12.
14 Vgl. Peyrolón 2019, S. 5.
15 Vgl. Murphy 2017, S. 51–54.
16 Vgl. Nison 2003, S. 10–12.
17 Ein länger anhaltender Aufwärtstrend wird als Bullenmarkt bezeichnet, daher der Begriff „bullisch“ für steigende Märkte. Der Bulle wird als Sinnbild herangezogen, da dieser beim Stoßen mit seinen Hörner von unten nach oben schwingt. Der Abwärtstrend dagegen wird als Bärenmarkt bezeichnet, da der Bär seinen Kopf hängen lässt. Daher steht „bärisch“ für fallende Märkte (Vgl. Tvede 1991, S. 26.).
18 Eigene Darstellung in Anlehnung an Schwager und Etzkorn 2017, S. 43–44.
19 Vgl. Wittmer 2009, S. 19–20.
20 Vgl. Geyer und Uttner 2007, S. 243.
21 Vgl. Murphy 2017, S. 297–303.
22 Vgl. Brock 1995, S. 42–43.
23 Vgl. Murphy 2017, S. 68–70.
24 Vgl. Murphy 2017, S. 71–72.
25 Vgl. Wittmer 2009, S. 32–33.
26 Eigene Darstellung (Datenquelle: Tradingview).
27 Vgl. Wittmer 2009, S. 37.
28 Vgl. Elder und Villiger 2005, S. 90.
29 Vgl. Murphy 2017, S. 80.
30 Vgl. Geyer und Uttner 2007, S. 247–248.
31 Eigene Darstellung (Quelle: Tradingview).
32 Vgl. Kahn 2010, S. 286.
33 Vgl. Brock 1995, S. 33.
34 Vgl. Murphy 2017, S. 329–331.
35 Vgl. Eigene Darstellung (Quelle: Tradingview).
36 Vgl. Murphy 2017, S. 228.
37 Vgl. Geyer und Uttner 2007, S. 265–266.
38 Vgl. Elder und Villiger 2005, S. 106.
39 Vgl. Murphy 2017, S. 201.
40 Vgl. Geyer und Uttner 2007, S. 249.
41 Vgl. Jaffarian 2007, S. 70.
42 Vgl. Hilpold und Kaiser 2010, S. 34.
43 Vgl. Elder und Villiger 2005, S. 108.
44 Vgl. Elder und Villiger 2005, S. 108.
45 Vgl. Zakamulin 2017, 24-30.
46 Vgl. Voigt 2016, S. 103.
47 Vgl. Zakamulin 2017, S. 60–63.
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