Masterarbeit, 2020
356 Seiten, Note: 1,0
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einführung
1.1 Relevanz
1.2 Zielsetzung
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Die Berufswahlentscheidung im Rubikonmodell der Handlungsphasen
2.2 Berufswahl im Vorfeld des ersten berufsqualifizierenden Abschlusses
2.2.1 Definition der Berufswahl
2.2.2 Allgemeine Einflüsse auf die Wahl der Erstausbildung
2.2.3 Zusammenhänge zwischen Persönlichkeit und Berufswahl
2.2.4 Zusammenfassung: Berufswahl
2.3 Die allgemeine Berufszufriedenheit
2.3.1 Begriffsdefinition und -abgrenzung
2.3.2 Bestimmung der ABZ
2.3.3 Aktuelle Forschungsergebnisse zur ABZ
2.3.4 Aktuelle Forschungsergebnisse zur ABZ-NBQ
2.3.5 Faktoren auf die ABZ
2.3.6 Faktoren speziell im Hinblickauf die ABZ-NBQ
2.3.7 Zusammenfassung: allgemeine Berufszufriedenheit
2.4 Die Bereitschaft zur beruflichen Veränderung
2.4.1 Aktuelle Forschungsergebnisse zur BVB
2.4.2 Aktuelle Forschungsergebnisse zur BVB-NBQ
2.4.3 Faktoren auf die BVB
2.4.4 Faktoren speziell auf die BVB-NBQ
2.4.5 Zusammenfassung: die berufliche Veränderungsbereitschaft
3 Methodik
3.1 Forschungsfragen und -design
3.1.1 Mixed-Methods-Ansatz
3.1.2 Forschungsfragen
3.2 Datenerhebung
3.2.1 Qualitative Befragung
3.2.2 Durchführung des B5T
3.2.3 Stichprobenbeschreibung und -rekrutierung
3.3 Auswertung der Daten
3.3.1 Auswertung des B5T
3.3.2 Transkription der Interviews
3.3.3 Strukturierende qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring
3.3.3 Analyse anhand der Persönlichkeitsdimensionen
4 Darstellung der Ergebnisse
4.1 Ergebnisse des B5T
4.2 Ergebnisse der qualitativen Befragung
4.2.1 Aktionale Phase
4.2.2 Prädezisionale Phase I
4.2.3 Präaktionale Phase I
4.2.4 Postaktionale Phase
4.2.5 Prädezisionale Phase II
4.2.6 Präaktionale Phase II/ Rubikon
5. Diskussion
5.1 Theoriebezogene Diskussion der Ergebnisse
5.1.1 Ablauf der Berufswahl vor dem Hintergrund des Rubikonmodells
5.1.2 Forschungsfrage 1: erlebte Faktoren auf die Berufswahl
5.1.3 Forschungsfrage 2: Bewertung der eigenen Berufswahlentscheidung
5.1.4 Forschungsfrage 3: berufliche Veränderungsbereitschaft
5.2 Praxisimplikationen
5.3 Limitationen und Forschungsausblick
5.3.1 Güte der vorgefundenen Ergebnisse
5.3.2 Mehrwert der Untersuchung
5.3.3 Forschungsausblick
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Das Rubikonmodell der Handlungsphasen
Abbildung 2: Das Modell der Arbeitszufriedenheit nach Bruggemann
Abbildung 3: Die Big Five und die allgemeine Berufszufriedenheit
Abbildung 4: Die Big Five und die Zufriedenheit mit dem Arbeitsinhalt
Abbildung 5: Der Berufswahlprozess nach der allgemeinen Tendenz
Abbildung 6: Besonderheiten bei NA und VA
Abbildung 7: Besonderheiten bei GC
Abbildung 8: Besonderheiten bei GB
Abbildung 9: Besonderheiten bei GA
Abbildung 10: Besonderheiten bei EC und OC
Tabelle 1: Überblick über die Gruppeneinteilung in Bezug auf die Big Five
Tabelle 2: Gegenüberstellung der Zufriedenheiten
„Fast 60 Prozent aller1 Arbeitnehmer sind nicht zufrieden mit der Wahl ihrer Ausbildung oder ihres Studiums.“ (Spiegel Online, 2017)
Mit dieser Schlagzeile berichtete Spiegel Online vor wenigen Jahren von den Zahlen einer Forsa-Studie im Auftrag der Bildungsplattform Udemy. (Spiegel Online, 2017)
Im Zuge der Studie waren rund tausend Arbeitnehmer in Deutschland zur Zufriedenheit mit ihrer Berufswahl befragt worden. Das Ergebnis zeigt, dass die Mehrheit der Studienteilnehmer rückblickend einen anderen Einstieg in das Berufsleben wählen würde:
Ein Drittel der befragten Personen hätte demnach retrospektiv fachlich eine andere Richtung eingeschlagen; ein Viertel der Befragungsteilnehmer würde heute eine andere Ausbildungsform wählen. Nur rund 40 Prozent sind rundum zufrieden mit ihrem Berufseinstieg und würden diesen auch jederzeit wieder so gestalten. (Spiegel Online, 2017)
Die Umfrage zeigt, dass scheinbar der überwiegende Teil der Deutschen seine ursprüngliche Berufswahlentscheidung und den eigenen Berufseinstieg in der Art und Weise, wie er erfolgt ist, bereut. (Spiegel Online, 2017)
Wirft man allerdings einen Blick auf aktuelle Studien zur Berufszufriedenheit in Deutschland, so zeichnet sich dabei ein anderes Bild ab:
Nach einer Statista-Umfrage aus dem Jahr 2016 war zu diesem Zeitpunkt die Mehrheit der befragten Erwerbstätigen zufrieden oder sehr zufrieden mit dem eigenen Beruf. (Statista, 2016)
Aus der Widersprüchlichkeit der beiden Studien ergibt sich zunächst die Frage, inwieweit sich eine zugrundeliegende Ausbildungs- oder Berufswahlentscheidung überhaupt auf die Berufszufriedenheit auswirkt.
Daneben ist fraglich, ob die im Rahmen der Statista-Umfrage ermittelte Berufszufriedenheit auch tatsächlich als eine solche zu werten ist: Nicht nur eine Befriedigung der persönlichen Erwartungen an einen Beruf könnte hier zu einem positiven Ergebnis führen; vielmehr kann eine suggerierte Berufszufriedenheit auch aus dem Verdrängen der eigenen Bedürfnisse resultieren. (Bruggemann, Groskurth & Ulich, 1975)
Dabei ist nicht nur interessant, durch welche Wirkmechanismen die gegenläufigen Forschungsergebnisse allgemein zu erklären sind. Vielmehr gilt es, zu ergründen, auf welche Weise Berufseinsteiger ganz individuell die eigene Berufswahl und die Bewertung ihres Karrierewegs erleben.
Jüngste Untersuchungen zeigen in diesem Zusammenhang, dass im Hinblick auf die Berufswahlmotivation, die allgemeine Berufszufriedenheit und auch die berufliche Veränderungsbereitschaft persönlichkeitsspezifische Unterschiede eine zentrale, aber bisher unterschätzte Rolle spielen. (Diedrich, Neubauer & Ortner, 2018) Auch diese Zusammenhänge gilt es deshalb genau zu beleuchten.
Um Antworten auf die aufgeworfenen Fragen zu finden, ist es das Ziel der Forschungsarbeit, die Berufswahlmotivation, die allgemeine Berufszufriedenheit und die berufliche Veränderungsbereitschaft speziell nach dem ersten berufsqualifizierenden Abschluss eingehend zu untersuchen.
Ein zentraler Aspekt ist dabei die Einflussnahme verschiedener Faktoren auf die Arbeitszufriedenheit und die berufliche Veränderungsbereitschaft: Zum einen soll untersucht werden, inwieweit die Merkmale des jeweils gewählten Berufes selbst die ABZ beeinflussen. Zum anderen sollen die Zusammenhänge zwischen der ABZ und der subjektiven Berufswahlmotivation sowie persönlichkeitsspezifischen Kriterien nach dem Big-Five-Modell herausgearbeitet werden.
Hinsichtlich der BVB ist besonders interessant, inwieweit diese mit einer beruflichen Unzufriedenheit in Verbindung steht. Daneben sollen auch für dieses Konstrukt mögliche Zusammenhänge mit den Persönlichkeitsfaktoren nach dem Big-Five-Modell erforscht werden.
Aufbauend auf den Ergebnissen sollen dann Strategien für gelingende berufliche Entscheidungen - sowohl im Vorfeld des Berufseinstiegs als auch hinsichtlich späterer Veränderungen - formuliert werden.
Damit einhergehend wird angestrebt, aus den Befunden Empfehlungen für einen reflektierten und konstruktiven Umgang mit der eigenen Berufssituation abzuleiten.
Für die berufliche Beratung und den Bereich des Coachings sollen in diesem Zusammenhang schließlich Praxisimplikationen ausgesprochen werden.
Insgesamt liegt der Fokus der Forschungsarbeit also auf dem Themenkomplex der beruflichen Entscheidungen. Die Mechanismen hinter diesen Entscheidungen sollen nun zunächst theoretisch eingeordnet werden, bevor eine intensive Auseinandersetzung mit den einzelnen Entscheidungsphasen erfolgt.
Eine Theorie, die den Ablauf von Entscheidungen allgemein erklärt, ist das Rubikonmodell der Handlungsphasen nach Gollwitzer (2012).
Das Modell greift eine Bezeichnung aus der römischen Geschichte auf: Bei dem für die Theorie namensgebenden Rubikon handelt es sich um einen norditalienischen Fluss. Diesem Fluss kommt im Zusammenhang mit der römischen Historie eine tragende Bedeutung zu: Mit der Überquerung des Rubikon entschied sich Cäsar bewusst für den Angriff der gegnerischen Truppen und leitete damit endgültig und unwiderruflich den römischen Bürgerkrieg ein. (Poersch & Schmitt, 2009)
Auch im Modell der Handlungsphasen nach Gollwitzer markiert der Rubikon daher den Punkt im Entscheidungsprozess, an dem es zur endgültigen Entscheidung für eine Sache oder Handlung kommt. (Poersch & Schmitt, 2009)
Grundsätzlich sieht das Rubikonmodell der Handlungsphasen für jeden Entscheidungsprozess die folgende, jeweils identische Struktur vor:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Das Rubikonmodell der Handlungsphasen
Der Entscheidungsprozess beginnt mit der prädezisionalen Phase. Hier werden Argumente für bzw. gegen eine Entscheidung gesammelt und gegeneinander abgewogen. Am Ende dieser Phase und im Übergang zum nächsten Schritt im Entscheidungsprozess bildet sich dann eine Entscheidung heraus. Dieser Punkt markiert den Rubikon. (Gollwitzer, 2012)
In der präaktionalen Phase erfolgt dann die weitere und sich konkretisierende Planung der beabsichtigten Handlung. Eventuelle Meilensteine werden definiert und entsprechende Vorbereitungen werden getroffen. (Gollwitzer, 2012)
Ausgeführt wird die Handlung dann in der aktionalen Phase. (Gollwitzer, 2012)
Im Rahmen der postaktionalen Phase findet die Bewertung der eigenen Entscheidung und deren Folgen statt. Je nachdem, wie diese Bewertung ausfällt, gestaltet sich der weitere Entscheidungsverlauf:
Geht man von einem iterativen Prozess aus, so beeinflusst die Zufriedenheit mit der eigenen Entscheidung die Abwägungen in der zweiten prädezisionalen Phase, die sich an die postaktionale Phase des ersten Entscheidungszyklus anschließt. (Gollwitzer, 2012)
Wendet man das Rubikon-Modell der Handlungsphasen auf den Themenkomplex der beruflichen Entscheidungen an, so stellt man fest, dass die Berufswahlentscheidung im Vorfeld der Erstausbildung, die daraus resultierende Berufszufriedenheit und die anschließende Bereitschaft für eine berufliche Veränderung in einem sich wiederholenden Entscheidungsprozess untrennbar miteinander verwoben sind. (Gollwitzer, 2012)
Um die Bedingungen und Umstände der Berufswahl und ihrer Konsequenzen ganzheitlich zu durchleuchten, wird daher im Folgenden jeder dieser Begriffe eingehend erläutert. Aktuelle Forschungsergebnisse werden vorgestellt und wissenschaftlich bestätigte Zusammenhänge werden aufgezeigt und entsprechend analysiert.
Neben der ABZ und der BVB stellt auch die Wahl der beruflichen Erstausbildung und die ihr zugrunde liegende Motivation einen zentralen Aspekt der Forschungsarbeit dar.
Unter der Berufswahl versteht man nach Bußhoff „eine in eine lebenslange berufliche Entwicklung eingebundene, unter bestimmten gesellschaftlichen Bedingungen und Einflüssen stehende sowie in der Regel wiederholt sich einstellende, interaktive Lern- und Entscheidungsphase, deren jeweiliges Ergebnis dazu beiträgt, dass Menschen unterschiedliche berufliche Tätigkeiten ausüben.“ (Bußhoff, 1989, S. 58-59)
Die erstmalige Entscheidung für einen Beruf, die im Vorfeld des ersten berufsqualifizierenden Abschlusses erfolgt, steht dabei im Mittelpunkt der nachfolgenden Betrachtungen und Überlegungen.
Verschiedene Determinanten bedingen die Berufswahl von Berufseinsteigern.
Zum einen üben die persönlichen Bedürfnisse der Schulabgänger Einfluss auf die jeweilige Berufswahlentscheidung aus: Im Bereich der dualen Ausbildungen sind laut einer Studie aus dem Jahr 2013 von Laub & Fuchs hier vorrangig der Wunsch nach persönlicher Erfüllung, nach einer gewissen Sicherheit des künftigen Arbeitsplatzes sowie nach sozialen Kontakten zu nennen. (Laub & Fuchs, 2013) Auch generelle Überlegungen zu den berufswahlspezifischen Motiven der Generation Y stehen in Einklang mit diesen Ergebnissen. (Parment, 2009)
Neben den eigenen Interessen und Prioritäten der Berufseinsteiger kommt auch dem Einfluss ihrer Eltern eine große Bedeutung zu. Sowohl der Erziehungsstil, der sozioökonomische Status der Eltern als auch ihre subjektiven Erwartungen an die Karriereentwicklung des eigenen Kindes gestalten maßgeblich die berufliche Laufbahn des Kindes mit. (Steinmann & Maier, 2018)
Diese Einflüsse konnten Brämer et al. (2019) in ihrer Studie speziell zur Rolle der Eltern bei der Berufswahl junger Mädchen im Bereich der Naturwissenschaften bestätigen. (Brämer et al., 2019)
Dass sich die soziale Herkunft allgemein stark auf die Berufswahl auswirken kann, zeigen auch die Forschungsergebnisse von R. Becker, Haunberger & Schubert (2010) zur Studienfachwahl in Deutschland:
Demnach entscheiden sich Abiturienten aus gesellschaftlich wohl situierten Familien deutlich häufiger für ein Studium der Medizin oder der Rechtswissenschaften. Ebenso bedingen bei Haushalten mit geringerem Einkommen eher Aspekte wie die Kosten und die Finanzierbarkeit eines Studiums die jeweilige Entscheidung des Schulabgängers. (R. Becker et al., 2010)
Hinsichtlich der möglichen Motive und Einflussfaktoren auf die Berufswahl ist ebenfalls von Interesse, inwieweit diese inhaltlich und hinsichtlich ihrer Gewichtung von unterschiedlichen Persönlichkeitsstrukturen beeinflusst werden.
Aus diesem Grund soll zunächst erläutert werden, was die Wissenschaft unter dem Begriff der Persönlichkeit generell versteht:
Persönlichkeit wird definiert als „die Gesamtheit aller nichtpathologischen Persönlichkeitseigenschaften, nämlich individueller Besonderheiten in der körperlichen Erscheinung und in Regelmäßigkeiten des Verhaltens und Erlebens, in denen sich jemand von Gleichaltrigen derselben Kultur unterscheidet.“ (Asendorpf, 2018, S. 8)
Bei der Persönlichkeit handelt es sich damit um ein mehrdimensionales Konstrukt, das aus unterschiedlichen und voneinander weitestgehend unabhängigen Faktoren besteht. (Asendorpf, 2018)
Die Herausarbeitung der Persönlichkeitsfaktoren erstreckte sich über mehrere Jahre und Forschungsarbeiten. Ausgangspunkt aller Forschungen war dabei die Sedimentationsanalyse. Hier nimmt man an, dass sich alle Möglichkeiten, ein Individuum zu beschreiben, in der Gesamtheit aller Adjektive in einem Wörterbuch wiederfinden. Durch Clusterverfahren und Faktoranalysen wurden die Eigenschaftswörter im Laufe der Zeit letztlich von Goldberg zu fünf Persönlichkeitsfaktoren zusammengefasst. (Asendorpf, 2018)
Diese fünf Persönlichkeitsfaktoren, die Big Five, sind zu benennen als „Offenheit gegenüber neuen Erfahrungen[,] [...] Gewissenhaftigkeit^] [...] Extraversion[,] [...] Verträglichkeit [und] [...] Neurotizismus“. (Asendorpf, 2018, S. 26)
Personen, die offen gegenüber neuen Erfahrungen sind, erweisen sich in der Regel als kreativ, intellektuell und innovativ. (Fehr, 2006, S. 119)
Gewissenhafte Menschen fühlen sich eng mit den eigenen Aufgaben und Zielen verbunden. Sie zeichnen sich durch ein hohes Maß an Selbstdisziplin und Selbstkontrolle aus. (Fehr, 2006, S. 121)
Personen, die eine hohe Ausprägung beim Kriterium Extraversion aufweisen, gelten als fröhlich, aktiv, unternehmungslustig und gesellig. (Fehr, 2006, S. 119)
Verträgliche Menschen neigen dazu, anderen entgegen zu kommen und Konflikte zu meiden. Die Durchsetzung eigener Überzeugungen ist ihnen nicht so wichtig wie der Konsens mit dem Gegenüber und ein harmonisches Miteinander. (Fehr, 2006, S. 120)
Einen hohen Wert beim Persönlichkeitsfaktor Neurotizismus erreichen üblicherweise Personen, die eher ängstlich sind und zu Nervosität neigen. (Satow, 2012b, S. 6) Sie sind tendenziell weniger stressresistent und im Vergleich zu anderen anfälliger für psychische Erkrankungen. (Satow, 2012b, S. 6)
Nach einer Metaanalyse von Larson, Rottinghaus & Borgenaus dem Jahr 2002 hängen Berufswahlentscheidungen zu Gunsten des kreativen Bereichs und zu Gunsten der Forschung mit einer hohen Ausprägung beim Persönlichkeitsfaktor Offenheit zusammen.
Ein hohes Maß an Extraversion und Verträglichkeit dagegen werden eher mit solchen Tätigkeiten in Verbindung gebracht, die häufigen Menschenkontakt erfordern - wie zum Beispiel Tätigkeiten im Verkauf oder in der Kinderbetreuung. (Larson, Rottinghaus & Borgen, 2002)
Daneben scheinen sich bestimmte Persönlichkeitsmerkmale auch auf die Einflussstärke anderer Motive und Faktoren auszuwirken. So lassen sich beispielsweise emotional eher instabile Personen bei ihrer Berufswahl tendenziell stärker von ihren Eltern beeinflussen, wie die Forschungen von Datu (2012) zum Zusammenhang zwischen Neurotizismus und der Berufswahl zeigen. (Datu, 2012)
Dass unterschiedliche Ausprägungen bei den Big Five im Hinblick auf die Berufswahl von großer Bedeutung sind, zeigen auch Studien, die sich auf bestimmte Berufsgruppen konzentrieren. Besonders im medizinischen Bereich wurde in dieser Hinsicht bereits viel geforscht:
Young Kwon & Youn Park (2016) untersuchten beispielsweise den Zusammenhang zwischen den Big Five und der gewählten Fachrichtung koreanischer Mediziner. Sie fanden heraus, dass eine hohe Verträglichkeit und eine Tätigkeit im klinischen Bereich positiv miteinander korrelieren. Besonders offene und gewissenhafte Ärzte ließen sich bei ihrer beruflichen Entscheidung vorrangig von ihren persönlichen Interessen und weniger von materiellen Anreizen lenken. (Young Kwon & Youn Park, 2016)
Ähnliche Ergebnisse liefert eine aktuelle Studie zur Wahl der medizinischen Spezialisierungsrichtung junger Ärzte aus dem mexikanischen Raum: Hier zeigen die Ergebnisse, dass sich überdurchschnittlich extravertierte, gewissenhafte und emotional stabile Mediziner tendenziell eher für eine Tätigkeit im chirurgischen Bereich entscheiden. Eine Tätigkeit im klinischen Kontext dagegen wurde eher von Ärzten mit einer hohen Ausprägung von Verträglichkeit favorisiert. (Barbosa-Camacho et al., 2020)
Insgesamt lässt sich also festhalten, dass die Berufswahl eine sich wiederholende Entscheidung ist, die bestimmten internen und externen Einflüssen unterliegt. (Bußhoff, 1989, S. 58-59)
Die erstmalige Berufswahl direkt im Anschluss an den Schulabschluss wird dabei vor allem durch die Interessen und Prioritäten des Jugendlichen und durch das Elternhaus bedingt. (Steinmann & Maier, 2018)
Was die Erwartungen des Berufseinsteigers an seinen künftigen Job angeht, so sind hier vor allem der Wunsch nach einer freudebringenden und abwechslungsreichen Tätigkeit, die auch soziale Kontakte beinhaltet, sowie das Bedürfnis nach Sicherheit zu nennen. (Laub & Fuchs, 2013)
Dabei wirkt sich die jeweilige Persönlichkeitsstruktur durchaus auf die individuellen Ansprüche und entscheidungsbedingten Vorgehensweisen der Berufsstarter aus. (Larson et al., 2002; Datu, 2012)
Neben der Berufswahl ist die damit einhergehende allgemeine Berufszufriedenheit ein zentrales Konstrukt dieser Forschungsarbeit.
Zur Definition dieses Konstrukts bedarf es der Abgrenzung zweier Begriffspaare: Zum einen müssen Arbeits- und Berufszufriedenheit klar voneinander getrennt werden; zum anderen ist zwischen der globalen und der allgemeinen Berufszufriedenheit zu differenzieren.
Bei der Arbeitszufriedenheit handelt es sich um ein mehrdimensionales Konstrukt, zu welchem zahlreiche wissenschaftliche Definitionen existieren. (Liebig, 2006, S. 27)
Nach Locke beispielsweise versteht man unter der AZ einen positiven Gefühlszustand in Folge der Bewertung der eigenen Arbeit bzw. der eigenen Arbeitssituation. (Locke, 1976)
Der evaluative und auch emotionale Charakter der AZ, der in dieser Definition betont wird, findet auch in anderen Umschreibungen Bestätigung. So betrachtet Merz die AZ als „ein[en] innerseelische[n] Zustand, der aus der emotional-affektiven und rationalen Beurteilung des Arbeitsverhältnisses resultiert und mit dem Verhalten in einem gewissen Zusammenhang steht.“ (Merz, 1979, S. 29)
Insgesamt wird die AZ zumeist als Einstellung klassifiziert. (Nerdinger, 2014, S. 419)
Dem Konzept der Berufszufriedenheit liegt im Unterschied zur Arbeitszufriedenheit nicht allein die Bewertung des aktuellen Arbeitsverhältnisses zu Grunde. Die BZ umfasst vielmehr die langfristige Zufriedenheit mit der eigenen Berufswahl. (Fischer, 1989, S. 17)
In Anlehnung Merz (1979), Locke (1976), Nerdinger (2014) und Fischer (1989) kann die BZ somit definiert werden als die Einstellung zum eigenen Beruf, die sich aus der langfristigen und sowohl emotionalen als auch rationalen Bewertung des gewählten Berufes ergibt.
Im Rahmen der Untersuchung der AZ wird in die globale AZ und die allgemeine AZ unterschieden. Auch im Hinblick auf die BZ ist damit zwischen der ABZ und der GBZ zu unterscheiden.
Die GAZ ist die AZ, die aus der objektiv gebildeten Summe verschiedener Teilzufriedenheiten entsteht. Die Teilzufriedenheiten wiederum sind das Ergebnis eines Soll-Ist-Abgleichs der individuellen Erwartungen und der tatsächlichen Situation im Hinblick auf verschiedene Teilbereiche der eigenen Arbeit. (Merz, 1979, S. 95)
Als Facetten der GAZ gelten beispielsweise die Zufriedenheit mit der „Tätigkeit selbst[,] [...] [den] Arbeitsbedingungen^] [...] [der] formale[n] Ablauforganisation [...] [oder auch mit den] Sozialleistungen des Unternehmens[, in dem man aktuell arbeitet.]“ (Liebig, 2006, S. 32)
Entsprechend der Definitionen der AZ und BZ ergeben sich für die GBZ andere Dimensionen als für die GAZ: Da die BZ auf einer langfristigen Bewertung des eigenen Berufes fußt, sind kurzfristige und arbeitsplatz- oder arbeitgeberspezifische Aspekte bei der GBZ in der Regel auszuklammern. (Nerdinger, 2014)
Die AAZ wird verstanden als eine allgemeine, subjektive Bewertung der eigenen Arbeit. Auf die AAZ wirken sich einzelne Teilzufriedenheiten und Komponenten der GAZ stärker aus als andere. (Merz, 1979)
In der Konsequenz gibt auch die ABZ nicht die objektiv gebildete Summe der jeweiligen Teilzufriedenheiten mit allen Facetten des Berufsbegriffes wieder. Vielmehr stellt sie die allgemeine und subjektive Einstellung gegenüber dem gewählten Beruf dar, die sich - entsprechend der Definition der BZ - aus einer langfristigen, sowohl emotionalen als auch rationalen Bewertung des eigenen Berufes ergibt, und die wiederum unterschiedlich stark von einzelnen Komponenten und Aspekten des Berufes beeinflusst wird. (Merz, 1979; Locke, 1976; Nerdinger, 2014; Fischer, 1989)
Zur Messung der GAZ werden überwiegend Facettenskalen oder -items herangezogen, um die jeweiligen Teilzufriedenheiten zu bestimmen. Aus diesen Teilzufriedenheiten wird dann die GAZ ermittelt. (Lepold, Tanzer, Bregenzer & Jiménez, 2018)
Dieses Vorgehen empfiehlt sich für die Messung der AAZ nicht: Dadurch, dass sich die unterschiedlichen Facetten der Arbeit auch unterschiedlich stark auf die AAZ auswirken, bietet sich hier vorrangig eine Single-Item-Messung an. (Liebig, 2006, S. 30)
Überträgt man diese Überlegungen nunmehr auf die Bestimmung der BAZ, so wird man auch hier eine Single-Item-Messung favorisieren.
Die Statista-Umfrage zur Berufszufriedenheit der Deutschen im Jahr 2016 liefert einige Erkenntnisse zur ABZ in Deutschland:
Im Rahmen einer Single-Item-Messung wurden die Teilnehmenden hier darum gebeten, ihre ABZ auf der vorgegebenen fünfstufigen Likertskala anzugeben.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass etwa ein Fünftel der Teilnehmenden völlig zufrieden mit dem eigenen Beruf war. 37 Prozent der Männer und 28 Prozent der Frauen waren sehr zufrieden, 26 Prozent der Männer und 31 Prozent der Frauen waren ziemlich zufrieden. Jeweils weniger als 15 Prozent waren weder zufrieden noch unzufrieden, ziemlich unzufrieden oder sehr unzufrieden mit ihrem Beruf. (Statista, 2016)
Daneben existieren kaum aktuelle Studien zur ABZ bei einer jobspezifisch heterogenen Stichprobe. Stattdessen konzentrieren sich die jeweiligen Untersuchungen speziell auf einzelne Berufsgruppen. Hier liegt der Fokus der Forschung besonders auf dem medizinischen Bereich (Bauer, Bendels & Groneberg, 2016; Bauer & Groneberg, 2015; Obermann & Müller, 2017) sowie auf der Arbeits- und Berufszufriedenheit von Lehrern (Miklas, Pollitt & Ritzer, 2015; Eckert & Sieland, 2017).
Bauer et al. (2016) untersuchten in ihrer Studie die Berufszufriedenheit von Neurologen im deutschsprachigen Raum. Bei der entsprechenden Befragung gaben knapp 60 Prozent der Teilnehmenden an, sehr zufrieden mit ihrem Beruf zu sein. Dabei waren Oberärzte signifikant zufriedener mit ihrem Beruf als Assistenzärzte. (Bauer et al., 2016)
Miklas et al. (2015) forschten zur Berufszufriedenheit evangelischer Religionslehrer in Deutschland. In ihrem Fall gaben 53 Prozent der Befragungsteilnehmer an, mit dem gewählten Beruf sehr zufrieden zu sein. (Miklas et al., 2015, S. 32)
Die jeweilige Datenerhebung bzw. -auswertung erfolgte dabei sowohl bei Bauer et al. (2016) als auch bei Miklas et al. (2015) wie schon bei der Statista-Umfrage vom Jahr 2016 über eine fünfstufige Likertskala. (Statista, 2016; Miklas et al., 2015; Bauer et al., 2016)
Birkelbach & Meulemann (2017) gehen davon aus, dass die ABZ unmittelbar nach dem ersten berufsqualifizierenden Abschluss geringer ist als zu einem späteren Zeitpunkt im Berufsleben:
In ihrer Studie zur beruflichen Zufriedenheit über die Lebensspanne hinweg konnten die Forscher zeigen, dass die ABZ vor allem zwischen dem 30. und 43. Lebensjahr stark ansteigt, um dann zu stagnieren.
Birkelbach & Meulemann (2017) führen diesen Effekt darauf zurück, dass zwischen dem 30. und 43. Lebensjahr die größten Fortschritte und Entwicklungen der beruflichen Karriere stattfinden. (Birkelbach & Meulemann, 2017).
Konkrete Werte für die ABZ-NBQ unabhängig von einer bestimmten Berufsgruppe sind in der Forschung aktuell nicht zu finden. Stattdessen sind auch in diesem Bereich Studien vorhanden, die sich auf die Untersuchung der ABZ-NBQ spezieller beruflicher Fachrichtungen konzentrieren:
Paulmann (2016) beispielsweise befragte junge Mediziner zur allgemeinen Zufriedenheit mit dem gewählten Beruf. Die Einschätzung der ABZ erfolgte im Rahmen dieser Studie wie schon bei den anderen Untersuchungen auf einer fünfstufigen Likertskala. Der Wert 1 stand dabei für sehr unzufrieden; der Wert 5 für sehr zufrieden. Im Durchschnitt wiesen die Teilnehmenden ihrer ABZ einen Wert von 3,6 zu. Einen Wert von 1 oder 2 vergaben nur rund 9 Prozent der Versuchspersonen. (Paulmann, 2016, S. 93)
Nowak & Schneckenleithner (2017) ermittelten in ihrer Studie zur ABZ junger Bibliothekare einen Anteil von über 90 Prozent der Befragungsteilnehmer, der mit ihrem Beruf zufrieden oder sehr zufrieden waren. (Nowak & Schneckenleithner, 2017)
Nach dem aktuellen Stand der Forschung können die Gründe für eine Zufriedenheit oder Unzufriedenheit mit der eigenen Berufswahl sowohl im gewählten Beruf als auch in der Person des Berufstätigen selbst liegen.
Ein Modell zur Entstehung von Zufriedenheit im Job ist die Zwei-Faktoren-Theorie nach Herzberg. Diese Theorie unterscheidet die Faktoren für die AZ in Hygienefaktoren und Motivatoren. In seiner Theorie schreibt Herzberg den Hygienefaktoren zwar die Eigenschaft zu, Unzufriedenheit verhindern zu können; diese Faktoren aber sind nicht dazu imstande, eine Zufriedenheit herzustellen. Tatsächliche Zufriedenheit dagegen lässt sich nur über die Motivatoren erzeugen. (Herzberg, Mausner & Bloch Snyderman, 2017)
Zu den Hygienefaktoren zählen dabei die extrinsischen Aspekte wie das Gehalt, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder die Sicherheit des Jobs. Als Motivatoren gelten die Tätigkeit an sich, die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung, die Verantwortung im Beruf und auch die darin erfahrene Anerkennung. (Herzberg et al., 2017)
Die Zwei-Faktoren-Theorie wird oftmals zur Erklärung von Arbeits- und Berufszufriedenheit herangezogen. Nichtsdestotrotz wird in der Literatur bezüglich einiger inhaltlicher Aspekte des Modells auch Kritik geübt:
So wird oftmals die strikte Trennung der unterschiedlichen Berufskomponenten, wie Herzberg et al. (2017) sie bei ihren Überlegungen verfolgen, kritisiert. (F. Becker, 2019)
Daneben ist aus wissenschaftlicher Sicht fraglich, inwieweit die Ursachen für Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit im Rahmen der Zwei-Faktoren-Theorie vollständig erfasst werden: Herzberg et al. suchen hier den Grund für ein positives oder negatives Ergebnis stets in den Merkmalen des jeweiligen Berufes; dass aber auch in der Person des Berufstätigen liegende Gründe die ABZ begünstigen oder verhindern können, bleibt dabei außer Betracht. (F. Becker, 2019)
Ein weiteres Instrument zur Untersuchung von Arbeits- bzw. Berufszufriedenheit ist das Job-Characteristics-Modell. Hackman & Oldham (1975) beschreiben darin die Entstehung von Motivation im Job und leiten daraus ab, welche Tätigkeiten besonders dazu geeignet sind, Zufriedenheit im Beruf auszulösen.
Das Modell wird dabei sowohl zur Erklärung von Arbeitsmotivation als auch zur Untersuchung von Arbeitszufriedenheit genutzt. (Abhilasha Singh, Sanjay Kumar Singh & Saleena Khan, 2016)
Wie schon Herzberg schreiben auch Hackman & Oldman der jeweiligen ausgeübten Tätigkeit die Verantwortung für die daraus resultierende Zufriedenheit zu: Nach dem Job- Characteristics-Modell entsteht Arbeitszufriedenheit bzw.-motivation aus drei kritischen Erlebniszuständen heraus. (Hackman & Oldham, 1975)
Diese Erlebniszustände umfassen die erlebte Bedeutsamkeit der eigenen Aufgabe, die erlebte Verantwortlichkeit dafür sowie das Wissen über die Ergebnisse der eigenen Arbeit. (Hackman & Oldham, 1975)
Die erlebte Bedeutsamkeit wird dabei beeinflusst durch die Anforderungsvielfalt, den Aufbau und die individuelle und subjektive Bedeutung der eigenen Aufgabe. (Hackman & Oldham, 1975)
Die erlebte Verantwortlichkeit wird maßgeblich bestimmt von der Autonomie bei der Ausführung der Tätigkeit. Das erhaltene Feedback beeinflusst das Wissen über die Ergebnisse der eigenen Arbeit. (Hackman & Oldham, 1975)
Um das Motivations- bzw. Zufriedenheitspotenzial eines Jobs zu ermitteln, schlagen Hackman & Oldham (1975) die folgende Formel vor: Zunächst wird aus den Bewertungen der Anforderungsvielfalt, des Aufbaus und der Bedeutung einer Aufgabe der Mittelwert gebildet. Dieser wird dann mit den entsprechenden Werten bei den Kategorien Autonomie und Feedback multipliziert. Das entstandene Produkt ist dann das Motivations- bzw. Zufriedenheitspotenzial der jeweiligen Tätigkeit. (Hackman & Oldham, 1975)
Dass sich intrinsische Aspekte maßgeblich auf AAZ und ABZ auswirken, bestätigen neben den oben angeführten Theorien auch aktuelle Forschungsergebnisse:
So wirken sich nach Hilgenfeld (2012) vor allem ein positiv bewerteter Arbeitsinhalt sowie eine in diesem Zusammenhang vorhandene hohe Gestaltungfreiheit positiv auf die Berufszufriedenheit der befragten Lehrer aus. (Hilgenfeld, 2012)
Auch die Studie von Bauer & Gronberg (2014) zur Berufszufriedenheit von Ärzten der inneren Medizin stützt die Annahmen von Herzberg und Hackman & Oldham:
Hier war knapp ein Drittel der Studienteilnehmer sehr zufrieden mit dem eigenen Beruf, obwohl die berufstypischen Arbeitsbedingungen als sehr schlecht eingestuft wurden. (Bauer & Groneberg, 2014, S. 1248)
Zu einem Teil stehen die Ergebnisse von Löffler et al. (2015) diesem Befund entgegen: Auch hier wurde die Berufszufriedenheit von Ärzten - speziell in Mecklenburg- Vorpommern - untersucht. Die Forscher fanden heraus, dass die ABZ mit dem eigenen Gehalt sowie mit einem guten Verhältnis zum Patienten und damit auch mit extrinsischen Faktoren in Zusammenhang steht. (Löffler et al., 2015)
Nichtsdestotrotz konnten Löffler et al. bestätigen, dass die Berufszufriedenheit positiv von der Vielfalt der anfallenden Aufgaben beeinflusst wird. (Löffler et al., 2015)
Auch die Persönlichkeit von Berufstätigen steht in einem gewissen, aber noch nicht gänzlich erforschten Zusammenhang mit der ABZ:
Hinweise auf eine solche Korrelation liefern u. a. die Ergebnisse von Diedrich, Neubauer & Ortner (2018). Sie untersuchten die BZ über verschiedene Berufsgruppen und Branchen hinweg. Sie stellten fest, dass zwischen dem Persönlichkeitsfaktor Gewissenhaftigkeit und der Arbeitszufriedenheit der Versuchspersonen eine starke positive Korrelation bestand. (Diedrich et al., 2018)
Zudem legt die Definition der ABZ als Einstellung einen Zusammenhang mit persönlichkeitsspezifischen Besonderheiten nahe: Dass Einstellungen allgemein von bestimmten Persönlichkeitsstrukturen beeinflusst werden, zeigen Studien in anderen Bereichen der Einstellungsforschung, z. B. im Bereich der Politik und der Wahlen. (Pötzschke, Rattinger & Schoen, 2012; Schumann, 2016)
Diedrich et al. (2018) konnten also Gewissenhaftigkeit als maßgebenden Prädiktor für AZ identifizieren. Die anderen Persönlichkeitsfaktoren nach dem Big Five Modell korrelieren nach dieser Studie nur in bestimmten Berufsgruppen bzw. Branchen mit der AZ. (Diedrich et al., 2018)
Auch Ward (2019) stellte in seiner Studie zur BZ von Bankangestellten im Südosten der USA lediglich einen signifikanten Zusammenhang zwischen Gewissenhaftigkeit und der ABZ fest. (Ward, 2019)
Kluyts & Kisten (2018) gelangten im Hinblick auf die Berufszufriedenheit südafrikanischer Anästhesisten zu dem Ergebnis, dass die ABZ am stärksten vom Persönlichkeitsmerkmal des Neurotizismus beeinflusst wird: Hier wurde ein negativer statistischer Zusammenhang gefunden. (Kluyts & Kisten, 2018)
Auch Verträglichkeit korrelierte nach den Ergebnissen ihrer Studie mit der BZ, allerdings positiv und weniger stark als Neurotizismus. (Kluyts & Kisten, 2018)
Zwischen den anderen Persönlichkeitsfaktoren nach dem Big Five Modell und der ABZ lag dagegen kein signifikanter Zusammenhang vor. (Kluyts & Kisten, 2018)
Wieder andere Ergebnisse liefern die Ergebnisse der Studie von Husin & Zaidi (2011) zur BZ von Support-Mitarbeitern eines malaysischen betriebswirtschaftlichen Beratungsdienstes:
Hier konnte ein schwacher statistischer Zusammenhang zwischen der Kombination aus allen fünf Persönlichkeitsfaktoren mit der BZ festgestellt werden. (Husin & Zaidi, 2011)
Eine starke positive Korrelation wurde für die ABZ und der Offenheit für neue Erlebnisse sowie der Extraversion gefunden. Die anderen Big Five Faktoren wiesen - isoliert betrachtet - dagegen keinen Zusammenhang mit der BZ auf. (Husin & Zaidi, 2011)
Neben den allgemeinen Faktoren auf die ABZ sollen nun auch noch mögliche Besonderheiten für die ABZ-NBQ herausgearbeitet werden.
Zunächst ist festzuhalten, dass die Personengruppe, die im Zentrum dieser Forschungsarbeit steht, allein durch ihre Zugehörigkeit zur Generation Y möglicherweise andere Ansprüche und Vorstellungen bezüglich des eigenen Berufes pflegt.
Unter der Generation Y versteht man in der Literatur vorrangig die Gesamtheit die Personen, die zwischen 1980 und 2000 geboren sind und sich aufgrund ihrer Werte und Lebensvorstellung maßgeblich von der vorhergehenden Generation unterscheiden. (Cekada, 2012)
Bezüglich ihrer Prioritäten hinsichtlich der Berufswahl wird die Generation Y vor allem mit der Favorisierung von inhaltlich interessanten und abwechslungsreichen Jobs in Verbindung gebracht, die daneben sehr gute Arbeitsbedingungen bieten und als sicher gelten. (Parry, Strohmeier, Guillot-Soulez & Soulez, 2014; Einramhof-Florian, 2017)
Das gesellschaftliche Ansehen der Arbeit ist den Ypsilonern dabei nicht so wichtig wie der älteren Generation. Sie achten dagegen stärker darauf, sich mit den Werten des jeweiligen Unternehmens oder der jeweiligen Branche identifizieren zu können. Den Themen Nachhaltigkeit und Ökologie messen sie dabei eine besonders hohe Bedeutung zu. (Einramhof-Florian, 2017; Parry et al., 2014)
Daneben favorisiert die Generation Y im Vergleich zu anderen Generationen eher solche Jobs, die eine gute Work-Life-Balance ermöglichen. Oftmals sind das Berufe, die ortsunabhängiges Arbeiten und eine flexible Zeiteinteilung vorsehen. (Ciarniene & Vienazindiene, 2018)
Die Generation Y schätzt daran den positiven Effekt auf das Wohlbefinden und die Gesundheit, die eigene Leistungsfähigkeit und damit auch die eigenen Arbeitsergebnisse. Im Gegensatz dazu bringen andere Generationen mit diesen Möglichkeiten vor allem zeit- und geldwerte Ersparnisse in Verbindung. (Ciarniene & Vienazindiene, 2018)
Insgesamt zeigt sich, dass der finanzielle Faktor bei den Ypsilonern weniger Einfluss auf Berufswahl und -zufriedenheit ausübt als bei anderen Generationen. (Ciarniene & Vienazindiene, 2018; Einramhof-Florian, 2017)
Unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Generation üben bestimmte Faktoren im Anschluss an den ersten berufsqualifizierenden Abschluss in der Regel mehr bzw. weniger Einfluss auf die ABZ aus als im fortgeschrittenen Berufsalter. (Malik & Subramanian, 2015)
So gewinnt die Sicherheit des Berufes allgemein erst mit fortschreitendem Berufsalter an Bedeutung. (Malik & Subramanian, 2015)
Ebenso werden die Modalitäten der Berufsausübung und die damit einhergehenden körperlichen oder psychischen Belastungen vor allem von Personen, die schon längere Zeit in ihrem Beruf tätig sind, zur Bewertung der eigenen beruflichen Situation und Zufriedenheit herangezogen. (Malik & Subramanian, 2015)
Bei der ABZ handelt es sich also um die allgemeine und subjektive Einstellung gegenüber dem gewählten Beruf, die sich aus einer langfristigen, sowohl emotionalen als auch rationalen Bewertung des eigenen Berufes ergibt, und die wiederum unterschiedlich stark von einzelnen Komponenten und Aspekten des Berufes beeinflusst wird. (Merz, 1979; Locke, 1976; Nerdinger, 2014; Fischer, 1989)
Nach einer Statista-Umfrage aus dem Jahr 2016 war damals etwa ein Drittel der Deutschen sehr zufrieden mit dem eigenen Beruf. (Statista, 2016)
Forschungen zur ABZ von Medizinern und Lehrern im deutschsprachigen Raum liefern vergleichsweise höhere Werte. Insgesamt zeigt sich, dass die ABZ je nach Berufsgruppe variiert. (Miklas et al., 2015; Bauer & Groneberg, 2015)
Hinsichtlich der ABZ speziell nach dem ersten berufsqualifizierenden Abschluss gibt es in der Forschung bislang keine berufsunabhängigen Werte. Jedoch ist die ABZ-NBQ nach allgemeinen Überlegungen geringer als im fortgeschrittenem Berufsalter. (Birkelbach & Meulemann, 2017)
Was die Faktoren auf die ABZ angeht, so erweisen sich nach Herzberg et al. (2017) und Hackman & Oldham (1975) vor allem die inhaltlichen Komponenten des Berufes als maßgebend. Diese Annahmen werden auch vom Großteil der aktuellen Forschungsergebnisse gestützt. (Bauer & Groneberg, 2014; Hilgenfeld, 2012; Löffler et al., 2015)
Daneben werden bestimmte personenbezogene Merkmale in Zusammenhang mit hohen bzw. niedrigen Werten bei der ABZ gebracht. Die entsprechenden Korrelationen konnten bislang aber nicht allgemeingültig bestätigt und erklärt werden. (Diedrich et al., 2018; Husin & Zaidi, 2011; Kluyts & Kisten, 2018)
Besonderheiten hinsichtlich der Faktoren auf die ABZ-NBQ ergeben sich durch die Zugehörigkeit der Berufseinsteiger zur Generation Y. (Ciarniene & Vienazindiene, 2018; Einramhof-Florian, 2017)
Zudem üben bestimmte Aspekte zu Beginn der beruflichen Laufbahn generell weniger Einfluss auf die ABZ aus als im späteren Karriereverlauf. (Malik & Subramanian, 2015)
Im Hinblick auf die BVB wird im Rahmen dieser Forschungsarbeit sowohl untersucht, inwieweit ein jeweiliger Wechsel der Branche, des Arbeitgebers, der Hierarchieebene oder des Berufsfelds an sich für die Befragungsteilnehmer möglich erscheint. Auch die Literaturrecherche befasst sich aus diesem Grund mit jeglichen Formen einer beruflichen Veränderung.
Laut einer Statista-Umfrage aus dem Jahr 2017 haben 43 Prozent der Deutschen, die älter sind als 17 Jahre, noch nie in ihrem Berufsleben die Branche gewechselt. 18 Prozent der Befragungsteilnehmer können sich das auch in Zukunft nicht vorstellen. (Statista, 2017)
Was einen Arbeitgeberwechsel angeht, so zeigen Umfrageergebnisse aus dem Jahr 2009, dass zum damaligen Zeitpunkt 86 Prozent der Deutschen, die älter waren als 14 Jahre, bereits mindestens einmal in ihrem Berufsleben den Arbeitgeber gewechselt haben. Im EU-weiten Vergleich lag der Anteil derer, die bereits in mehr als einem Unternehmen gearbeitet haben, mit 87 Prozent etwas darüber. (European Commission, 2009)
Eine weitere Studie befasste sich im Jahr 2019 mit der BVB von unselbständig Erwerbstätigen in Österreich. Hier konnte festgestellt werden, dass 38 Prozent der Personen, die als Kellner oder im Gastgewerbe tätig waren, 36 Prozent der Regalbetreuer und 32 Prozent der Gastronomie- oder Tourismusangestellten auf längere Sicht einen Jobwechsel anstrebten. Im Bereich der öffentlichen Sicherheit und Polizei, bei den Pflegeberufen, im öffentlichen Dienst und bei den Bankangestellten waren es nur jeweils 8 Prozent oder weniger. (Arbeiterkammer Österreich, 2019)
Im Rahmen einer Untersuchung aus dem Jahr 2010 zeigte sich, dass knapp 15 Prozent der 18- bis 21-Jährigen in Deutschland zum Zeitpunkt der Befragung schon einmal ihren Arbeitgeber gewechselt hatten. (DAK, 2011)
Bei den 22- bis 25-Jährigen waren es mehr als 30 Prozent und bei den 26- bis 29-Jährigen schließlich knapp 40 Prozent. (DAK, 2011)
Einen ersten Anhaltspunkt über die BVB speziell bei Berufseinsteigern liefert auch der Berufsbildungsbericht aus dem Jahr 2019:
Demzufolge kam es im Jahr 2017 bei ca. einem Viertel der Berufsausbildungsverträge in Deutschland zu einer Auflösung des Vertrags. Seit 2009 zeichnet sich dabei eine steigende Tendenz ab. (BMBF, 2019)
Im Studienbereich verhalten sich die Zahlen ähnlich: An deutschen Hochschulen brachen im Jahr 2016 28 Prozent der Bacheloranden das Studium ab. (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2018)
Wie die ABZ wird auch die BVB von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Das Modell der Arbeitszufriedenheit nach Bruggemann
Bruggemann erklärt mit dem Modell zur Arbeitszufriedenheit, unter welchen Umständen eine Unzufriedenheit der Arbeit zu einer beruflichen Veränderung führt. (Bruggemann et al., 1975, S. 19)
Grundsätzlich geht das Modell davon aus, dass eine Zufriedenheit oder Unzufriedenheit über das Ergebnis eines Soll-Ist-Abgleichs entsteht: Die aktuelle Situation einer Person wird von dieser anhand ihrer individuellen Erwartungen und Prioritäten bewertet. (Bruggemann et al., 1975, S. 19)
Fällt diese Bewertung positiv aus, so liegt eine stabilisierende Zufriedenheit vor; fällt die Bewertung negativ aus, geht man von einer diffusen Unzufriedenheit aus. (Bruggemann, 1974, S. 283-284)
Je nachdem, wie eine Person auf das Ergebnis ihres Soll-Ist-Abgleichs reagiert, ergeben sich unterschiedliche Konsequenzen: (Bruggemann et al., 1975, S. 19)
Führt der Soll-Ist-Abgleich zu einem positiven Ergebnis und die jeweils zugrunde gelegten Ansprüche werden daraufhin beibehalten, so liegt eine stabilisierte Zufriedenheit vor. (Bruggemann et al., 1975, S. 19)
Werden die Ansprüche gesteigert, spricht man von einer progressiven Zufriedenheit. (Bruggemann, 1974, S. 283-284)
Ist das Ergebnis des Soll-Ist-Abgleichs negativ, sind ebenfalls verschiedene Szenarien denkbar (Bruggemann et al., 1975, S. 19):
Versucht man, die Unzufriedenheit aktiv zu beseitigen und die entsprechenden Probleme zu lösen, so geht man von einer konstruktiven Unzufriedenheit aus. (Bruggemann, 1974, S. 283-284)
Werden dagegen keine Problemlösungsversuche unternommen, sondern die Situation vielmehr so akzeptiert, wie sie ist, dann ist von einer resignativen Unzufriedenheit die Rede. (Bruggemann, 1974, S. 283-284)
Kommt es bei einer Person zur Verdrängung der eigenen Unzufriedenheit, so liegt eine sogenannte Pseudozufriedenheit vor. (Bruggemann et al., 1975, S. 19)
Dieser Verdrängungseffekt lässt sich auch mit den Mechanismen und Wirkungsweisen der sogenannten kognitiven Dissonanz erklären:
Unter kognitiver Dissonanz versteht man den Widerspruch zwischen verschiedenen Kognitionen, Werten, Einstellungen und Verhaltensweisen. (Felser, 2015, S. 224)
Dieser Widerspruch wird in der Regel als unangenehm empfunden. Um ihn aufzulösen, verändert eine Person üblicherweise entweder ihre Einstellung oder ihr Verhalten. Hat eine Person entgegen ihrer eigentlichen Prinzipien gehandelt, wird sie also entweder versuchen, die Handlung rückgängig zu machen, oder aber sich selbst davon überzeugen, dass die ursprünglichen Prinzipien nunmehr keine Gültigkeit mehr haben. (Felser, 2015)
Studien zeigen, dass eine Person direkt nach einer Entscheidung die eigene Wahrnehmung unterbewusst so steuert, dass kognitive Dissonanz gar nicht erst entsteht: Nach einer Kaufentscheidung werden beispielsweise solche Argumente, die gegen den Kauf sprächen, gar nicht erst wahrgenommen. Vielmehr konzentriert sich die Person ausschließlich auf solche Reize, aus denen sich Gründe und Bestätigungen zu Gunsten der jeweiligen Kaufentscheidung ableiten lassen. (Felser, 2015, S. 229)
Im Hinblick auf die Reflektion der eigenen Berufswahlentscheidung bedeutet das, dass eine Person solche Gesichtspunkte, die rückblickend gegen diese Entscheidung sprechen, nur begrenzt wahrnimmt. Die selektive Wahrnehmung und die damit einhergehende selektive Bewertung der eigenen Berufswahlentscheidung schützen den Berufstätigen davor, die eigene Berufswahlentscheidung als falsch anerkennen und revidieren zu müssen. (Felser, 2015)
Als Motiv für eine berufliche Veränderung gaben bei einer Umfrage des Handelsblattes aus dem Jahr 2011 die meisten Befragten die Aussicht auf eine bessere Bezahlung an, gefolgt von einer möglichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Inhaltliche Aspekte spielten nur eine stark untergeordnete Rolle. (Handelsblatt, 2011)
Sehr ähnliche Ergebnisse liefern auch Umfragewerte zu den Gründen für einen in Erwägung gezogenen Arbeitsplatzwechsel aus dem Jahr 2015. (EY, 2015)
Inwieweit sich bestimmte Ausprägungen bei den Persönlichkeitsfaktoren positiv oder negativ auf die BVB auswirken, ist eine Frage, die nach dem aktuellen Stand der Forschung noch nicht vollständig geklärt ist.
Grundsätzlich geht man davon aus, dass Personen mit einer hohen Ausprägung bei dem Persönlichkeitsfaktor Offenheit für neue Erfahrungen auch offen für berufliche Veränderungen sind: Sie gelten als besonders innovativ und treten im Vergleich zu weniger offenen Personen besonders häufig als Reformer und Erneuerer auf. (Fehr, 2006)
Eine hohe Verträglichkeit impliziert einen starken Fokus auf die Bedürfnisse von anderen. Auch im Hinblick auf die Berufswahl dürften überdurchschnittlich verträgliche Personen damit die eigenen beruflichen Entscheidungen häufiger als weniger verträgliche Personen von den Vorgaben und Empfehlungen von Bezugspersonen abhängig machen. (Fehr, 2006)
Personen mit stark ausgeprägtem Neurotizismus werden aufgrund ihrer eingeschränkten Stressresistenz und ihrer Ängstlichkeit einschneidende berufliche Veränderungen eher meiden. (Fehr, 2006)
Neben den allgemeinen Faktoren, die die berufliche Veränderungsbereitschaft bedingen können, sollen auch mögliche Besonderheiten für Personen, die gerade ihren ersten berufsqualifizierenden Abschluss erworben haben, beleuchtet werden.
Die Generation Y ist eine Generation, die im beruflichen Wandel eine Chance für Wachstum sieht. Der positive Effekt von Veränderungen im beruflichen Kontext wird den Studenten dabei heute bereits an den Hochschulen und Universitäten vermittelt. (Parment, 2009, S. 27)
In der einschlägigen Literatur geht man in diesem Zusammenhang davon aus, dass die Generation Y berufliche Veränderungen allgemein nicht primär zu monetären Zwecken verfolgt. Stattdessen vermutet man, dass die Ypsiloner durch ihren Drang nach individueller und stetiger Weiterentwicklung gerne verschiedene Tätigkeiten ausprobieren. (Parment, 2009)
Auch das Streben nach einem abwechslungsreichen Leben mit vielfältigen Erfahrungen ist dabei ausschlaggebend. (Parment, 2009, S. 28)
Wenn es darum geht, den Arbeitgeber und nicht die beruflichen Aufgaben zu wechseln, so weisen aktuelle Umfragewerte auf eine gegenläufige Entwicklung hin: Im Rahmen der Deloitte-Studie aus dem Jahr 2019 wurden Ypsiloner zu ihren Motiven für einen möglichen Arbeitgeberwechsel innerhalb der nächsten zwei Jahre befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass ein solcher am häufigsten zu Gunsten einer höheren Entlohnung in Erwägung gezogen wurde. (Deloitte, 2019)
Die Generation Y zeigt sich dabei insgesamt veränderungsfreudiger als die ihr vorangegangenen Generationen: „Immer weniger junge Menschen wollen lebenslang bei einer einzigen Organisation arbeiten.“ (Parment, 2009, S. 28)
Diese Entwicklung ist auch darauf zurückzuführen, dass die Ypsiloner seltener als die Baby Boomer eine Verpflichtung gegenüber dem jeweiligen Arbeitgeber empfinden. Ausschließlich aus Loyalität kommt für sie ein Verbleib im Unternehmen nicht in Betracht. (Parment, 2009, S. 27)
Es wird davon ausgegangen, dass berufsältere Personen weniger offen für eine berufliche Neuorientierung sind als Personen, die gerade ihren ersten berufsqualifizierenden Abschluss erworben haben. Dies zeigen Überlegungen zur Anwendung des Sunk-Cost- Effektes auf berufliche Entscheidungen. (Ceschi, Costantini, Phillips & Sartori, 2017) Üblicherweise wird der Sunk-Cost-Effekt zur Erklärung von Kaufentscheidungen genutzt. (Robbert, 2013)
Er beschreibt das Phänomen, dass an einem bestimmten Ziel länger festgehalten wird, wenn in die Zielerreichung bereits ein monetärer, zeitwerter oder sonstiger Aufwand geflossen ist. (Arkes & Blumer, 1985, S. 124)
Beispielsweise geht man davon aus, dass Investoren, die bereits viel Geld für den Kauf einer bestimmten Aktie verwendet haben, diese auch bei langfristig schlechter Rendite nicht verkaufen werden. Eher werden sie noch weiteres Geld in die Aktie investieren. (Robbert, 2013)
Der Sunk-Cost-Effekt gibt folglich Antworten auf die Frage, weshalb Kaufentscheidungen nicht immer nach der Maxime des größtmöglichen Nutzens getroffen werden. Er erklärt insoweit die Irrationalität menschlichen Handelns und verdeutlicht den Einfluss von Emotionen und Heuristiken im Hinblick auf Entscheidungsmechanismen. (Robbert, 2013)
Ceschi, Costantini, Phillips & Sartori (2017) nehmen nun an, dass der Sunk-Cost-Effekt auch im Rahmen beruflicher Entscheidungen zum Tragen kommt. Je länger ein jeweiliger Beruf also bereits ausgeübt worden ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person sich für einen beruflichen Neustart entscheidet. In der Konsequenz ergibt sich für berufsältere Personen eine deutlich eingeschränkte BVB und für Berufsanfänger im Umkehrschluss eine stärker ausgeprägte BVB. (Ceschi et al., 2017)
Insgesamt scheint die berufliche Veränderungsbereitschaft je nach Berufsgruppe zu variieren. (Arbeiterkammer Österreich, 2019)
Vorrangige Anreize für einen Arbeitsplatz- bzw. Arbeitgeberwechsel sind dabei die Hoffnung auf eine höhere Bezahlung und die Aussicht auf bessere Arbeitsbedingungen. (EY, 2015; Handelsblatt, 2011)
Im entsprechenden Abwägungsprozess rund um einen beruflichen Wechsel oder Neustart spielt nach den Überlegungen von Gollwitzer (2012) und Bruggemann (1974) vor allem die jeweilige aktuelle Situation eine entscheidende Rolle: Die Bewertung des aktuell ausgeübten Berufes wirkt sich demnach maßgeblich auf die Bereitschaft für eine berufliche Veränderung aus.
So löst im Fall einer Unzufriedenheit die sachliche Reflektion der eigenen Situation in der Regel das Bedürfnis aus, die jeweiligen Probleme zu beheben: Die betreffende Person wird selbst aktiv und geht damit konstruktiv mit der eigenen Unzufriedenheit um. Die Bereitschaft für eine berufliche Veränderung ist hier gegeben. (Bruggemann, 1974, S. 283-284)
Werden die jeweiligen Probleme dagegen verdrängt, zeigt sich ein gegenteiliger Effekt: Eine sogenannte Pseudozufriedenheit stellt sich ein. Der Verdrängungseffekt führt dazu, dass die Person eben gerade nicht aktiv wird und die eigene Situation nicht zum Anlass für eine berufliche Veränderung nimmt. (Bruggemann, 1974, S. 283-284) Dieses Phänomen lässt sich auch durch die Theorie der kognitiven Dissonanz erklären. (Felser, 2015)
Nach dem Sunk-Cost-Effekt sind Berufsanfänger dabei tendenziell eher bereit, den eigenen Job zu wechseln als berufsältere Personen. (Ceschi et al., 2017)
Generell ist für Berufsanfänger, die der Generation Y zuzurechnen sind, ein beruflicher Wechsel mittlerweile fester Bestandteil der eigenen Laufbahn- und Karriereplanung. (Parment, 2009)
Nach den Überlegungen in der einschlägigen Literatur fassen die Ypsiloner dabei eine berufliche Veränderung vor allem zugunsten einer abwechslungsreichen und sinnstiftenden Tätigkeit ins Auge, die gleichzeitig Sicherheit bietet und eine gute WorkLife-Balance ermöglicht. (Parment, 2009)
Speziell im Hinblick auf einen möglichen Arbeitgeberwechsel lassen aktuelle Umfragewerte jedoch auch hier einen Fokus auf monetäre Motive vermuten. (Deloitte, 2019)
Ein Zusammenhang zwischen den Big Five und der BVB konnte in der Forschung bislang nicht allgemein bestätigt werden.
Im Mittelpunkt der Forschungsarbeit steht die Untersuchung des individuellen Erlebens der Berufswahlentscheidung, der daraus resultierenden Berufszufriedenheit und den damit einhergehenden Konsequenzen für die weitere Karriereplanung. Die subjektiven Motive und Beweggründe der Versuchspersonen sollen dabei im Vordergrund stehen. Aus diesem Grund bildet eine qualitative Befragung der Berufsanfänger die erste Säule des Untersuchungsdesigns. (Schumann, 2018)
Um gleichzeitig einen Einblick in die Relevanz persönlichkeitsspezifischer Besonderheiten zu erhalten, kam parallel zur qualitativen Befragung ein diagnostisches Verfahren zum Einsatz. Konkret wurde der B5T zur Untersuchung der Big Five durchgeführt.
Die Forschungsfragen befassen sich mit der Berufswahlmotivation, der allgemeinen Berufszufriedenheit und der beruflichen Veränderungsbereitschaft und gestalten sich wie folgt:
F1: Von welchen Faktoren berichten die Befragungsteilnehmer im Hinblick auf ihre Berufswahlentscheidung im Vorfeld ihrer Erstausbildung?
Im Rahmen der ersten Forschungsfrage wird untersucht, inwieweit persönliche Interessen und auch äußere Determinanten Einfluss auf die jeweilige Berufswahlentscheidung geübt haben.
F2: Wie bewerten die Befragungsteilnehmer aus heutiger Sicht ihre Berufswahl?
Die zweite Forschungsfrage beleuchtet die aktuelle Zufriedenheit mit der eigenen Berufswahlentscheidung. Hier wird die ABZ ebenso ermittelt wie die zugrundeliegenden Maßstäbe der Befragungsteilnehmer und ihr aktueller Traumberuf.
F3: Inwieweit sind die Befragungsteilnehmer dazu bereit, sich beruflich zu verändern?
Nicht zuletzt wird untersucht, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen eine berufliche Veränderung für die Befragungsteilnehmer aus heutiger Sicht in Frage kommt.
Im Rahmen der qualitativen Befragung wurden sechs leitfadengestützte Interviews durchgeführt. Dabei wurden die Interviews per Skype-Call von der Verfasserin selbst und ohne Einbeziehung Dritter durchgeführt. Die Dauer der Interviews belief sich je nach Befragungsteilnehmer auf rund 23 bis 29 Minuten.
Für eine einheitliche Gestaltung der Interviews und eine bessere Vergleichbarkeit der einzelnen Befragungen wurde vorab ein Interviewleitfaden entwickelt. (Helfferich, 2014) Die Formulierungen aus dem Leitfaden wurden sinngemäß, aber nicht wörtlich in die Interviews eingebaut.
Der Interviewleitfaden (Anhang 1) ist nach dem Aufbau des Rubikon-Modells der Handlungsphasen gestaltet und aus diesem Grund in sechs Frageblöcke entsprechend der verschiedenen Handlungsphasen unterteilt:
In der prädezisionalen Phase I werden die Überlegungen untersucht, die der jeweiligen Berufswahlentscheidung zugrunde lagen.
In der präaktionalen Phase I geht es dann darum, wie die Befragungsteilnehmer ihren Berufseinstieg konkret geplant und vorbereitet haben.
Die aktionale Phase befasst sich mit der aktuell ausgeführten Tätigkeit. In der postaktionalen Phase folgen dann Fragen rund um die Berufszufriedenheit und die Bewertung der eigenen Berufswahlentscheidung.
In der prädezisionalen Phase II werden aktuelle Überlegungen zu einer beruflichen Veränderung thematisiert.
Die konkreten Voraussetzungen bzw. der sogenannte Rubikon für eine solche Veränderung werden dann im Übergang zur präaktionalen Phase II ermittelt.
Der Interviewleitfaden enthält für jeden Frageblock mindestens eine erzählgenerierende Frage und damit für die Befragungsteilnehmer die „Möglichkeit [...], sich so frei wie möglich zu äußern.“ (Helfferich, 2014, S. 566) Insgesamt sieht der Interviewleitfaden dabei acht erzählgenerierende Fragen vor. Für jede erzählgenerierende Frage waren vorab sogenannte Checkfragen vorbereitet worden, die im Verlauf des jeweiligen Interviews dann gestellt wurden, wenn der Befragungsteilnehmer von sich aus noch nicht alle relevanten Aspekte angesprochen hat. (Helfferich, 2014, S. 566)
Jeweils ca. eine Woche vor dem Interview wurde den Befragungsteilnehmern der B5T zugesandt und zur Bearbeitung zur Verfügung gestellt. Vorab fand in einem kurzen Erstgespräch - ebenfalls per Skype - eine Einweisung in die Bearbeitung des Tests statt.
Der B5T ist ein von Dr. Satow entwickelter Persönlichkeitstest zur Messung der Big Five sowie zur Messung menschlicher Grundmotive. In seiner ursprünglichen Form enthält der B5T insgesamt 72 Items zur Messung der Persönlichkeitsdimensionen, der Grundmotive und der Überprüfung der Ehrlichkeit der Beantwortung. (Satow, 2012a)
Die insgesamt 72 Items verteilen sich auf neun Skalen: Entsprechend den Big Five existiert je eine Skala für Neurotizismus, Offenheit für neue Erfahrungen, Extraversion, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit. Eine Skala misst die Ehrlichkeit der Beantwortung und insgesamt drei Skalen widmen sich den Grundmotiven. (Satow, 2012b)
[...]
1 Hinweis: Die Formulierungen, die in der Forschungsarbeit verwendet werden, sollen ausdrücklich als geschlechtsunabhängig verstanden werden. Um eine bessere und flüssigere Lesbarkeit zu gewährleisten, wird auf die Nennung der femininen und diversen Form verzichtet. Die maskuline Form wird stellvertretend für alle Geschlechter verwendet.
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