Bachelorarbeit, 2021
48 Seiten, Note: 2,0
1. Einleitung
2. Lernmotivation
2.1 Motivationsarten
2.2 Notwendige und hinreichende Bedingungen für die Entstehung von Motivation
2.3 Emotionsentstehung
3. Unterrichtsgestaltung
3.1 Unterrichtsprinzipien
3.2 Sozialformen
3.3 Weitere Faktoren der Unterrichtsgestaltung
4. Förderung der Lernmotivation durch die Unterrichtsgestaltung
5. Fazit
Bereits in der Antike wurde die Thematik der Willensschwäche zur Diskussion gestellt. So greift Aristoteles das von Sokrates diskutierte Phänomen der Unbeherrschtheit auf und hebt die Problematik der Behauptung, dass „niemand gegen das handelt, was er für besser hält“ (NE VII, 1, 1145b30-35), hervor. Denn wie sonst wäre zu erklären, weshalb Menschen sich wohl wissend, dass bestimmte Handlungen für sie gesund und nützlich sind, gegen deren Vollzug entscheiden? Manchen fällt es leicht, sich Herausforderungen zu stellen und diese aktiv anzugehen. Andere wiederum haben bereits Schwierigkeiten bei der Bewältigung einfacher Aufgaben. Es scheint eine Art Antrieb in uns zu geben oder zu fehlen, der uns zum Vollzug oder Unterlassen einer Handlung bewegt. Obwohl bekannt ist, dass Sport gesund für den Körper ist, bleiben viele lieber auf der Couch sitzen. Die Suche nach der Antwort auf dieses Phänomen hält bis heute an. So werden in der Psychologie das Konstrukt ‚Motivation‘ und die erforderlichen Bedingungen für ihre Entstehung untersucht. Auch pädagogisch ist diese Frage im schulischen Kontext von hoher Relevanz. Motivierte Schüler*innen bringen Begeisterung für die Lerninhalte auf und erleichtern es nicht nur den Lehrpersonen, den Unterricht voranzutreiben, sondern auch sich selbst.1 Der Unterricht folgt bestimmten Vorgaben und Strukturen, sodass die Lehrpersonen vor großen Herausforderungen stehen. Es stellt sich die Frage, wie der Unterricht im Rahmen des Möglichen so gestaltet werden kann, dass dieser zur Lernmotivation bei Schüler*innen beiträgt. Die Kraft der Lernmotivation ist von hohem Wert für das Lernen und soll in der vorliegenden Bachelorarbeit untersucht werden. Der Fokus liegt dabei auf schulischer Lernmotivation und Möglichkeiten, diese durch die Unterrichtsgestaltung positiv und nachhaltig zu beeinflussen. Dabei werden praktische Hilfen für die Unterrichtsgestaltung erarbeitet, welche die Lernmotivation der Schüler*innen steigern können.
Auf die Einleitung der Bachelorarbeit folgt eine theoretische Definition des Themenbereichs ‚Lernmotivation‘. Zuerst werden verschiedene Arten von Motivation dargestellt. Dabei wird auf die Annahmen von Deci und Ryan Bezug genommen, welche extrinsische und intrinsische Motivationsarten nicht als scharf voneinander getrennt betrachten, sondern einen Übergang von einer zur anderen Motivationsart über verschiedene Formen extrinsischer Motivation postulieren. Darauffolgend wird ihre Selbstbestimmungstheorie in Grundzügen vorgestellt sowie deren Subtheorie der Basisbedürfnisse, welche sich mit Bedingungen auseinandersetzt, die für das Zustandekommen von Motivation verantwortlich sind. Selbstbestimmungstheorie sowie die darauf begründete Subtheorie der Basisbedürfnisse bieten Antworten für eine motivationsfördernde, soziale Umgebung. Hier werden Bedingungen dargestellt, die für Menschen notwendig erfüllt sein müssen, um motiviert zu werden. Deshalb werden beide Theorien skizziert. Anschließend daran findet sich eine Darstellung hinreichender Bedingungen von Prenzel, welche als Erweiterung der drei Bedingungen von Deci und Ryan gilt. Im nächsten Schritt folgt die Definition des Begriffs ‚Emotionen ‘ und deren Einfluss auf die Motivation. Das Entstehungsmodell der Emotion nach Knollmann und Wild erweitert den Blickwinkel auf Lernsituationen und bietet einen Eindruck auf einzelne Individuen und deren kognitive Prozesse. Das Modell stellt die Entstehung von Emotionen vor und betont die Bedeutung der Relevanz der Situation für Personen als wesentliches Merkmal von Emotionen (vgl. Knollmann und Wild, 2004, S. 69 f.). Die Darstllung des Modells ist wesentlich für diese Arbeit, weil es wichtige personale Aspekte berücksichtigt, wie etwa das Fähigkeitskonzept, Selbstwirksamkeitsüberzeugungen und Attributionsstile, welche bei der Lernmotivationsförderung unabdingbar sind.
Auf die Darstellung des Begriffs der ‚Lernmotivation‘ folgt ein Übergang in die Beschreibung der praktischen Unterrichtsgestaltung. Nach den dazu erforderlichen Begriffsdefinitionen werden Unterrichtsprinzipien vorgestellt und diejenigen hervorgehoben, die einen Bezug zur Motivationsförderung haben. Es wird auf die Kritik an Unterrichtsprinzipien verwiesen. Wichtig ist auch die Betrachtung möglicher Sozialformen und dessen Eignungen für entsprechende Unterrichtssituationen sowie die Verknüpfung zur Motivationsförderung. Im nächsten Kapitel werden weitere Faktoren der Unterrichtsgestaltung beschrieben, die Auswirkungen auf die Lernmotivation haben können. Dabei spielen Handlungsmuster, methodische Großformen, Medien sowie die Möglichkeiten der Leistungsbewertung und deren Auswirkung auf die Lernmotivation eine besondere Rolle.
Im vierten Kapitel werden lernmotivationsfördernde Einzelaspekte der Unterrichtsgestaltung zusammenfassend dargestellt, die unter Einbezug der drei Basisbedürfnisse von Deci und Ryan und dessen Erweiterung durch Prenzel sowie des Emotionsentstehungsmodells von Knollmann und Wild herausgearbeitet wurden. Anhand der daraus resultierenden Ergebnisse werden praktische Hilfen für die Unterrichtsgestaltung herausgearbeitet, die dazu dienen die Lernmotivation zu steigern und idealerweise nachhaltig positiv zu beeinflussen. Es werden außerdem diejenigen Unterrichtskonzepte vorgeschlagen, die sich anhand der zuvor erarbeiteten Ergebnisse, als optimal für die Lernmotivationsentwicklung erweisen.2 Im Fazit erfolgen eine Zusammenfassung wichtiger Aspekte dieser Arbeit und der daraus abgeleiteten Ergebnisse für die Unterrichtsgestaltung sowie ein Ausblick mit möglichen Anregungen für weitere Forschungen und Kritik.
Eine Situation, in welcher der Wille zur Aneignung bestimmten Wissens besteht, zeichnet sich durch das Vorhandensein von Motivation beim Menschen aus. Die Person ist demnach motiviert, bestimmte Lerninhalte zu verinnerlichen und anzuwenden. Die Motivation scheint der Schlüssel zur Vermeidung widerwilliger Lernsituationen zu sein.
Der Begriff ‚Motiv‘ leitet sich von dem Lateinischen Verb ‚movere‘ ab, was ‚bewegen‘ bedeutet. Motiv bezeichnet die ‚Beweggründe des Handelns‘ (vgl. Schlag, 2004, S. 11). Lefrançois versteht unter einem Motiv eine Kraft, die einen Menschen bewusst oder unbewusst zu einer bestimmten Tätigkeit oder in bestimmten Fällen zum Unterlassen eben solcher bewegt. Somit bezeichnet er ein ‚Motiv‘ als eine Ursache, die eine Tätigkeit oder Wirkung auslöst. Lefrançois grenzt die Begriffe ‚Motiv‘ und ‚Motivation‘ voneinander ab. Motivation schließt in seinem Verständnis nicht nur Ursachen, sondern auch Gründe ein. Dabei werden Gründe als rationale Erklärungen beschrieben, die durch Vernunft zustande kommen (vgl. Lefrançois, 2015, S. 318). Ein Beispiel zur Verdeutlichung des Unterschieds einer Handlung aus einer bestimmten Ursache oder einem Grund heraus wäre: ein Kind rennt weg, weil es von einer Katze gekratzt und angefaucht wurde. Die aggressive Reaktion der Katze ist eine Ursache dafür, dass das Kind sich von ihr entfernt. Dass das Kind Angstzustände oder eventuelle Verletzungen vermeiden möchte, ist ein Grund für das zukünftig vorsichtige und distanzierte Verhalten in Anwesenheit von Katzen. Schiefele (1974) definiert Motive als „relativ dauerhafte psychische Dispositionen“ (S.31). Die Aktivierung der Motive findet im Prozess der Motivation statt. Demnach werden Motive mit Ursachen einer Handlung gleichgesetzt (vgl. ebd., S. 31). Laut den zwei genannten Definitionen gibt es entweder die Option, dass Motivation besteht oder dass sie fehlt. Deci und Ryan definieren Motivation differenzierter. Sie erklären die Steuerung des Verhaltens in Anlehnung an das Konzept der Intentionalität. Dies bedeutet, dass ein Mensch als motiviert gilt, wenn er ein bestimmtes Ziel verfolgt und sein Verhalten auf dessen Erreichung ausrichtet (vgl. Deci und Ryan, 1993, S. 224). Diese Vorstellung deckt sich mit den genannten Definitionen von Schiefele und Lefrançois. Die Intention strebt laut Deci und Ryan einen zukünftigen Zustand an, wobei die Dauer der Zeitspanne beliebig sein kann. Eine motivierte Person soll dabei imstande sein die Bereitschaft zum Einsatz der Mittel aufzuzeigen, die zum Ziel führen. Dabei geht die intentionale und somit motivierte Handlung von einer Person aus und strebt ein längerfristiges Handlungsergebnis (z. B. einen Schulabschluss) oder eine befriedigende Erfahrung (z. B. eine an sich lustvolle Tätigkeit) an. Deci und Ryan (vgl. ebd., S. 224) betrachten Motivation insofern differenzierter als die zuvor genannten Autoren, weil sie verschiedene Grade motivierten Verhaltens anführen und diese jeweils beschreiben. Somit wird die extrinsische Motivation in vier Formen von Motivation unterteilt, welche sich durch die Steigerung des Grads an Motiviertheit auszeichnen (vgl. Deci und Ryan, 2018, S. 227 f.). Die intrinsische Motivation stellt den höchsten Grad an Motivation dar (vgl. ebd., S. 226). Je höher die Ausprägung der Motivation, desto selbstbestimmter erlebt sich eine Person (vgl. ebd., S. 224). Die intrinsische Motivationsart impliziert zwar den höchsten Grad an Selbstbestimmtheit, aber auch bestimmte Formen extrinsischer Motivation weisen ein gewisses Maß an Selbstbestimmtheit auf (vgl. ebd., S. 225). Das amotivierte Verhalten wird von Deci und Ryan ebenfalls berücksichtigt und dabei als Fehlen von Intention beschrieben. Darunter sind entweder unkontrollierte Verhaltensweisen gedacht, die einem Impuls entstammen oder Handlungen, die keinem Ziel entspringen (vgl. ebd., S. 224). Bei diesen Verhaltensweisen handelt es sich nicht um motivierte Handlungen, da sie nicht durch „intentionale Prozesse gesteuert werden“ (ebd., S. 224). In der vorliegenden Arbeit wird die Auffassung der Motivation von Deci und Ryan übernommen, da sie eine detailliertere Betrachtungsweise der Motivationsarten bieten.
Anhand der Definition von Motivation von Deci und Ryan lässt sich ableiten, was unter Lernmotivation zu verstehen ist. Lernmotivation besteht dann, wenn eine Person das Ziel verfolgt zu Lernen und ihr Verhalten auf eine Lerntätigkeit ausrichtet. Dabei kann die Verfolgung des Lernziels je nach Ausprägung der Motivation als mehr oder weniger selbstbestimmt erlebt werden. Wenn eine Person die Absicht hat, sich eine Sprache anzueignen, weil sie ein Praktikum im Ausland absolvieren möchte, dann spricht man von Lernmotivation. Die Lernmotivation besteht ebenfalls, wenn Menschen sich in bestimmte Lerninhalte vertiefen, weil diese an sich als interessant und wertvoll empfunden werden.
Im letzten Abschnitt des vorherigen Kapitels wurden zwei verschiedene Menschen in unterschiedlichen Lernsituationen beschrieben, deren Verhalten sich durch Motivation auszeichnet. Zwar trifft es auf beide Darstellungen zu, dass die Handlungen der Figuren in Bezug auf die Lernsituation durch Motivation geleitet sind, jedoch gibt es einen spürbaren Unterschied in der Qualität der Motivation der Figuren, die ihre Handlungen begleitet. Im Falle des Erlernens einer Sprache, um die Möglichkeit zu erhalten ein Auslandspraktikum zu machen, hat die Tätigkeit des Erlernens einer Sprache einen instrumentellen Charakter, weil diese Tätigkeit einem bestimmten Zweck dient. Im zweiten Beispiel werden die Lerninhalte für sich als interessant befunden, wodurch die Lerntätigkeit keinen weiteren Zweck verfolgt außer der Lerntätigkeit selbst. Durch die Unterscheidung zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation wird versucht, die Qualitätsunterschiede der Motivationsarten zu verdeutlichen. Eine eindeutige Unterscheidung gestaltet sich in einigen Fällen schwierig, da in der Fachliteratur verschiedene Bedeutungen für intrinsische Motivation genutzt werden. Die Begriffsdefinition der intrinsischen Motivation wird mit verschiedenen Kategorien in Verbindung gebracht wie die Thematik der Handlung, das Selbst, die Person oder die Tätigkeit an sich (vgl. Kretschmann und Rose, 2007, S. 18). Schiefele (1974) definiert intrinsische Motivation als solche, bei welcher „der Sinn der Handlung in der Handlung selbst liegt“ (S. 164). Als extrinsisch motiviert beschreibt er diejenige Handlung, die als erzwungen und als Nötigung erlebt wird. Handlungen, die extrinsisch motiviert sind, besitzen demnach instrumentellen Charakter (vgl. ebd., S. 183). Rheinberg (2008) legt fest, dass intrinsische Motivation dann vorhanden ist, wenn „die Person aus eigenem Antrieb handelt“ (S. 149). Dementsprechend impliziert extrinsisch motiviertes Verhalten die Steuerung von außen (vgl. ebd., S. 149). Wie bereits im zweiten Kapitel erläutert, unternehmen Deci und Ryan keinen Versuch strikter Trennung beider Motivationsarten. Es wird sich an ihre Auffassung von Motivationsformen gehalten, da sie eine differenzierte Betrachtung von Motivationsarten ermöglicht. Das begleitende Erlebnis bei intrinsischer Motivation ist laut Deci und Ryan die Selbstbestimmung. Wenn das Individuum sich in seiner subjektiven Wahrnehmung als selbstbestimmt erlebt und das Gefühl der Kontrolle über das Lernen hat, wird seine Motivation dadurch angeregt (vgl. Deci und Ryan, 1993, S. 226).
Wenn eine Handlung durch eine Mittel-Zweck-Konsequenz gekennzeichnet ist, handelt es sich laut Deci und Ryan (vgl. ebd., S. 225) um eine extrinsisch motivierte Handlung. Dabei erfolgt die Kontrolle extrinsisch motivierten Verhaltens von außen.3 Deci und Ryan teilen extrinsische Motivation in vier Formen auf. Die Klassifizierung erfolgt in externale und introjizierte Regulationen, welche fremdbestimmten Formen extrinsischer Motivation angehören. Des Weiteren gibt es identifizierte und integrierte Regulationen, die selbstbestimmten Formen zugeordnet werden (vgl. Deci und Ryan, 1993, S. 227 f.).
Bei externaler Regulation ist ein Verhalten gemeint, welches eine Abhängigkeit von äußeren Anregungs- und Steuerungsfaktoren aufweist (z. B. Belohnung oder Strafe). Dieser Typ der Verhaltensregulation erfüllt nicht das Prinzip der Autonomie oder Freiwilligkeit (vgl. ebd., S. 227). Als Beispiel könnte hier widerwilliges Lernen für die Klausur gelten, welches nur ausgeführt wird, um die Klasse wegen schlechter Noten nicht wiederholen zu müssen. Die introjizierte Regulation stellt die nächste Stufe dar, da sie sich durch einen etwas höheren Grad an Selbstbestimmtheit auszeichnet. Diese Motivationsart schließt die Übernahme der von außen gesetzten Anforderungen oder Ziele ein, mit der Intention Angst oder Schuldgefühle zu meiden und Stolz oder Anerkennung zu erlangen. Hierbei erfolgt kein direkter äußerer Anstoß, obwohl die Person sich für eine bestimmte Tätigkeit entscheidet, um ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen, weil bekannt ist, dass die Ausführung dieser Tätigkeit erwünscht ist (vgl. ebd., S. 227 f.). Unter identifizierter Regulation ist ein Verhalten zu verstehen, welches dadurch gesteuert wird, dass die Person sich mit den von außen vorgegebenen Zielen identifiziert (vgl. ebd., S. 228). Diese Motivationsform lässt sich beispielsweise an Personen veranschaulichen, die den Lehrberuf ausüben wollen, die Wichtigkeit des universitären Abschlusses dafür begreifen und sich daher um diesen bemühen. Die Person hat somit das Ziel des dazu erforderlichen Abschlusses identifiziert und in das individuelle Selbstkonzept integriert, wodurch das Ziel an persönlicher Relevanz gewonnen hat. Die integrierte Regulation als weitere Motivationsform ist der intrinsischen Motivation nahe, da bei dieser das Verhalten dadurch reguliert wird, dass die Person die von außen vorgegebenen Ziele und Anforderungen vollständig in das Selbst integriert und in das eigene Wertesystem einordnet (vgl. ebd., S. 228). Als Beispiel könnte hierbei das Vertreten des Veganismus gelten. Wenn eine Person zuvor nie über ihren Fleischkonsum reflektiert hat und auf eine Menschengruppe trifft, die den Veganismus vertritt, gehört Veganismus vorerst nicht zu ihren eigenen Werten. Nachdem die Person sich darüber informiert und den Verzicht auf Fleisch als sinnvoll empfindet und sich außerdem gerne mit der Gruppe von Menschen identifizieren möchte, ist die Vermeidung von Tiertötung in das eigene Wertesystem integriert. Dabei waren es erst von außen vorgegebene Ziele, die in das Selbst integriert wurden. Beim integrierten Regulationsstil handelt es sich um eine Motivationsart, welche den höchsten Grad an Selbstbestimmung von allen vorhergehenden extrinsischen Motivationsarten aufweist. Der Unterschied zwischen integriertem Regulationsstil und intrinsischer Motivation besteht darin, dass die intrinsische Form der Motivation keinen instrumentellen Charakter aufweist und autotelischer Natur ist (vgl. ebd., S. 228).
Durch die Ähnlichkeit zwischen integriertem Regulationsstil und intrinsischer Motivation, welche sich in ihrer autonomen Art äußert, ist ein weicher Übergang zwischen beiden Motivationsformen festzustellen. Durch diese komplexere Aufteilung extrinsischer Motivation wird die Dichotomie zwischen ihr und der intrinsischen Motivation aufgehoben (vgl. Hagenauer, 2011, S. 91). „Selbstbestimmtes und kontrolliertes Verhalten definieren somit die Endpunkte eines Kontinuums, das die ‚Qualität‘ oder ‚Orientierung‘ einer motivierten Handlung festlegt.“ (Deci und Ryan 1993, S. 225).
Deci und Ryan sehen eine Möglichkeit der Übernahme extern motivierter Handlungsziele in das eigene Handlungsregulationssystem. Diese erfolgt über die vier genannten Stufen extrinsischer Motivation hin zur intrinsischen Motivation. Die Überführung extrinsisch motivierter Handlungen wird durch Internalisation und Integration ermöglicht, wobei die Internalisation den Prozess meint, welcher die Übernahme der externalen Werte in die internalen Regulationsprozesse einer Person beschreibt. Bei Integration handelt es sich um einen Prozess, welcher die bereits internalisierten Regulationsprinzipen und Werte dem individuellen Selbst angleicht (vgl. ebd., S. 227). Deci und Ryan gehen davon aus, dass die Menschen von Natur aus dazu geneigt sind, sich mit ihrem sozialen Umfeld verbunden zu fühlen, weshalb sie die Regulationsmechanismen des sozialen Umfelds internalisieren. Um das Gefühl der Selbstbestimmung eigener Handlungen dabei zu erleben, werden die Verhaltensnormen und Ziele in das eigene Selbst integriert. Je nach Erfolg der Internalisation und Integration bestimmter Verhaltensregeln, erlebt sich die Person als mehr oder weniger selbstbestimmt (vgl. ebd., S. 227).
Da sich die vorliegende Bachelorarbeit mit der Frage nach der Lernmotivation im Unterricht und dessen Förderung befasst, ist die Aufschlüsselung, wie Motivation angeregt werden kann, ein entscheidender Aspekt. Deci und Ryan arbeiten diesbezüglich eine Teiltheorie heraus, welche drei Basisbedürfnisse beinhaltet, die erfüllt sein müssen, um Motivationsentstehung zu fördern. Dabei werden die Ergebnisse der Untersuchungen von Deci und Ryan erläutert, welche die Aspekte herausgearbeitet haben, die förderlich oder hinderlich für die jeweiligen Bedürfnisse sind. Durch die Kenntnis der Basisbedürfnisse besteht die Möglichkeit, die Umgebung so zu gestalten, dass diese für deren Erfüllung optimal ist. Anschließend erfolgt eine Darstellung hinreichender Bedürfnisse, die von Prenzel als Erweiterung der drei Bedürfnisse von Deci und Ryan entwickelt wurden. Bevor auf die Theorie der Basisbedürfnisse als Teiltheorie der Selbstbestimmungstheorie eingegangen werden kann, erfolgt eine Darstellung der Selbstbestimmungstheorie, um die Annahmen zu benennen, die den Grundstein der Teiltheorie darstellen.
Die Selbstbestimmungstheorie begreift auf der Grundlage einer Theorie des Selbst das Verhältnis zwischen Lernen und Motivation neu. Sie wird als eine „organismische und dialektische Theorie der menschlichen Motivation“ (Deci und Ryan, 1993, S. 223) beschrieben. Sie wird als organismisch bezeichnet, weil sie davon ausgeht, dass eine kontinuierliche Integration menschlicher Entwicklung vom Zeitpunkt der Existenz des Menschen stattfindet und stets voranschreitet. Dabei erweisen sich intrinsisch motivationale Faktoren als Lieferanten psychischer Energie für die genannte Entwicklung, welche als ‚organismischer Integrationsprozess‘ bezeichnet wird (vgl. ebd., S. 223). Der dialektische Teil der Theorie erklärt sich dadurch, dass interaktive Beziehung zwischen dem organismischen Integrationsprozess und dem Einfluss sozialer Umwelt angenommen wird. Die zentrale Rolle in der Theorie übernimmt das Selbst, dessen Entwicklung vom Prinzip des organismischen Integrationsprozesses bestimmt wird. Während der Entwicklung und der Veränderung des Selbst, welches sich zugleich mit der sozialen Umwelt auseinandersetzt, spielen angeborene Interessen des Individuums sowie seine grundlegenden psychologischen Bedürfnisse und Fähigkeiten eine bedeutende Rolle (vgl. ebd., S. 223). Die Struktur des Selbst ist „das sich ständig ändernde Produkt von Prozessen und Strukturen dieser organismischen Dialektik“ (ebd., S. 223).
Die Selbstbestimmungstheorie betrachtet das Vorhandensein psychischer Energie, welche für die Zielverfolgung notwendig ist, nicht als automatisch gegeben. Die Teiltheorie der Basisbedürfnisse führt drei psychologische Bedürfnisse an, die erfüllt sein müssen, um die genannte Energie zu erzeugen: Kompetenz- und Autonomieerleben sowie soziale Eingebundenheit. Die drei genannten Basisbedürfnisse wurden durch Untersuchungen vom Einfluss verschiedener Motivationsprozesse auf Lernen und Leistung herausgearbeitet.4 Neben psychologischen Bedürfnissen werden Emotionen und Triebe ebenfalls als Erzeuger psychischer Energie genannt, jedoch wird ihnen eine geringere Bedeutung zugeschrieben, da angenommen wird, dass psychologische Bedürfnisse einen Einfluss auf die autonome Steuerung von Emotionen und Trieben haben und deshalb von größerer Wichtigkeit sind (vgl. ebd., S. 229). Wenn psychologische Bedürfnisse erfüllt sind, führt dies zur Herausbildung von intrinsischer Motivation und zur Erleichterung der Integration extrinsischer Motivation (vgl. ebd., S. 229 f.).
Das Bedürfnis nach Autonomie-Erleben bedeutet, sich selbst als Verursacher*in der eigenen Taten und Entscheidungen wahrzunehmen und nach eigenen Werten und Interessen zu handeln (vgl. Deci und Ryan, 2000, S. 241 f.). Die autonome Regulation steht im Gegensatz zu einer Regulation, die von äußeren Zwängen oder Verlockungen geleitet ist und als Druck und Kontrolle wahrgenommen wird (vgl. ebd., S. 253). Eine Person fühlt sich autonom, wenn ihre Handlungen in Bezug auf die äußeren und inneren Umstände selbstorganisiert sind und nicht durch nicht integrierte Prozesse oder Druck verursacht werden (vgl. ebd., S. 254). Die Konsequenzen der durch unintegrierte Kräfte verursachten Handlungen können fatal ausfallen, da wichtige Bedürfnisse der Personen außer Acht gelassen werden. In diesem Kontext führen Deci und Ryan (vgl. ebd., S. 254) ein Experiment von Olds als Beispiel an, welches zeigte, dass Ratten, deren Verhalten durch den Einsatz von Belohnungen (elektrische Hirnstimulation) gesteuert wurde, ihre Bedürfnisse vernachlässigten und sich in den Tod gearbeitet haben. Daraus wird deutlich, dass die Passung der Handlungen an die eigenen Bedürfnisse zur effektiven Selbsterhaltung beiträgt. Mit autonomen Entscheidungen geht auch Verantwortung einher (vgl. Mank, 2011, S.19). Damit ist die Übernahme der Verantwortung für eigene Handlungen eine begleitende Konsequenz von Autonomie. Deci und Ryans (vgl. 1993, S. 230) Experimente über den Effekt externaler Belohnungen ergeben, dass Kontrollbedingungen wie Noten, Wettbewerbssituationen, Strafandrohungen, materielle Belohnungen, Bewertungen und aufgezwungene Ziele, als äußerer Zwang erlebt werden und daher zu reduzieren sind.
Wenn eine Person sich als kompetent und effektiv bei der Ausführung bestimmter Tätigkeiten empfindet, spricht man vom Kompetenzerleben (vgl. Deci und Ryan, 2000, S. 252). Die Aneignung verschiedener Kompetenzen beginnt schon im frühen Kindesalter in Form von Erkundung der Umgebung oder motorischen Spielen und entwickelt sich zur allgemeinen Kompetenztendenz, welche sich im Streben nach Aktivitäten zeigt, die für soziale die Interaktion und das physische Überleben relevant sind. Das Bedürfnis nach Kompetenz ist für Menschen hilfreich, denn je offener und neugieriger ein Organismus ist, desto anpassungsfähiger ist er in verschiedenen Lebenskontexten. Wenn Personen während der Aneignung neuer Kompetenzen intrinsisch motiviert sind, wird das kognitive, motorische und soziale Wachstum gefördert. Der Einsatz externaler Verstärkungen, mit dem Ziel Aneignung von Kompetenzen zu erzwingen, verhindert Entwicklung neuer Potenziale und domänenspezifischer Fähigkeiten und Fertigkeiten. Dies hat zur Konsequenz, dass die Entwicklung von Anpassungsfähigkeit dadurch behindert wird (ebd., S. 252). Experimente zur Kompetenzförderung von Deci und Ryan (vgl. 1993, S. 231) ergeben, dass ein mittlerer Schwierigkeitsgrad der Aufgaben und positives Feedback die intrinsische Motivation fördern und die wahrgenommene Kompetenz stärken. Die Anpassung des Schwierigkeitsgrades ist dafür wichtig, dass ein Erfolgserleben und damit das Gefühl von Effektivität bei der Bewältigung von Aufgaben möglich sein kann. Ein positives Feedback meldet den Erfolg zurück und bestätigt dadurch die Kompetenz der Lernenden. Beim positiven Feedback ist darauf zu achten, dass es einen Bezug zu einer selbstbestimmt ausgeführten Handlung der Person aufweist und nicht als kontrollierend wahrgenommen wird. Ein mittlerer Schwierigkeitsgrad ist dann gegeben, wenn die Aufgabe nicht als zu leicht und folglich als langweilig empfunden wird, sondern eine Herausforderung darstellt, aber die Schüler*innen gleichzeitig nicht überfordert (vgl. Deci und Ryan, 1993, S. 231). Ein negatives Feedback, welches im kontrollierenden Kontext erbracht wird, hat sich dagegen als hinderlich für die wahrgenommene Kompetenz und intrinsische Motivation herausgestellt. Wenn es jedoch auf eine informierende und autonomieunterstützende Art geäußert wird, kann es als Hilfe und Antrieb zur Besserung aufgefasst werden (vgl. ebd., S. 231).5
Das Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit meint das Bedürfnis nach dem Erleben von Verbundenheit mit anderen Menschen oder Gruppen und nach Zugehörigkeit zur sozialen Umwelt (vgl. ebd., S. 229). Dieses Bedürfnis ist zwar im Laufe der Geschichte in verschiedenen Formen erkennbar, aber die Neigung des Menschen sozial eingebunden zu sein ist an sich konstant geblieben (vgl. Deci und Ryan, 2000, S. 253). Die Tendenz zu sozialer Zugehörigkeit ist durch einen Selektionsdruck entstanden mit dem Ziel die Nachkommen zu schützen (z. B. gemeinsames Jagen und Sammeln, gegenseitiger Schutz). Darüber hinaus kann soziale Zugehörigkeit eine motivierende Wirkung für die Internalisierung von Zielen haben, weil diese durch die Gruppe effektiver an das Individuum herangetragen werden (vgl. ebd., S. 253). Wenn Schüler*innen sich nicht als akzeptiert erleben, zurückgewiesen werden, sich nicht ernstgenommen fühlen, kein Gefühl von Fürsorge oder Vertrauen wahrnehmen und keine Berücksichtigung ihrer Perspektive erfolgt, erscheint die Lehrperson als unerreichbar, wodurch mit einer Verringerung oder dem Ausbleiben von Motivation zu rechnen ist (vgl. Prenzel, 1997, S. 40). Diese drei genannten Bedürfnisse gelten laut Deci und Ryan für alle Menschen und sind von großer Notwendigkeit für das psychische Wachstum (vgl. Deci und Ryan, 2000, S. 229). Aus dem Fehlen der drei Basisbedürfnisse resultieren negative Konsequenzen für die psychische Gesundheit und das Fortbestehen von Motivation (vgl. ebd., S. 262).
Durch die Schilderung der notwendigen Grundbedürfnisse, deren Erfüllung jeder Mensch bedarf, um entweder extrinsisch oder intrinsisch motiviert zu sein, bietet die Theorie der Basisbedürfnisse Antworten darauf, warum bestimmte Handlungsziele als motivierend gelten (vgl. Theobald, 2012, S. 16). In der Schule werden die Lerninhalte und Lernziele vorgegeben. Dass diese mit denen der Schüler*innen in jeder Hinsicht übereinstimmen, ist äußerst unwahrscheinlich. Allerdings ist es wichtig, dass die Schüler*innen die schulisch vorgegebenen Lerninhalte und Leistungsanforderungen internalisieren und sich somit im schulischen Kontext als selbstbestimmt erleben können. Dies wiederum fördert je nach Grad des Gelingens der Integration extern vorgegebener Ziele, einen höheren oder niedrigeren Motivationsgrad und verhindert Abwehrreaktionen, die durch das Gefühl der Fremdbestimmtheit zustande kommen (vgl. Hagenauer, 2011, S. 90).
Prenzel (vgl. et. al., 2001, S. 39; 1992, S. 343) greift die drei Basisbedürfnisse auf und ergänzt sie in Anlehnung an weitere Forschungen zur Lernmotivation, um weitere drei Aspekte, welche als hinreichend gelten: wahrgenommenes inhaltliches Interesse bei der Lehrkraft, wahrgenommene inhaltliche Relevanz und wahrgenommene Instruktions- und Unterrichtsqualität. Bei wahrgenommener inhaltlicher Relevanz geht es darum, dass der Wissenserwerb mit erkennbaren Anwendungsbezügen erfolgt. Für Lernende muss einsichtig sein, warum bestimmte Inhalte gelernt werden müssen und inwiefern diese als Voraussetzung für weitere wichtige Lerninhalte gelten (vgl. Prenzel, 1997, S. 37; vgl. Prenzel et. al., 2000, S. 170). Außerdem ist ein größerer funktionaler Zusammenhang zu entwickeln, damit der Stellenwert für Details offengelegt werden kann. Wenn eine Zielexplikation strukturiert und begründet ist, verhindert das, dass es den Lernenden selbst überlassen wird, die Bedeutung des vermittelten Wissens zu generieren (vgl. ebd., S. 37; vgl. ebd., S. 170). Ansonsten besteht die Gefahr, dass sie kaum oder keine Beziehung zwischen ihrem eigenen Anliegen und dem Anliegen der Lehrenden herstellen können (vgl. Prenzel, 1997, S. 37). Wenn keine Offenlegung der Zieltransparenz gelingt, wirkt es sich nicht nur hinderlich auf die Motivationsentstehung aus, sondern führt auch zum Verlust der Orientierung. Eine solche Desorientierung äußert sich darin, dass Lernende nicht wissen, wie es um ihren Lernfortschritt steht (vgl. ebd., S. 37 f.). Beim Aspekt der wahrgenommenen Instruktions- und Unterrichtsqualität ist vor allem die Anpassung des Lehrstoffs an die Ausgangsbedingungen der Lernenden gedacht (vgl. ebd., S. 38). Die Aufgaben müssen auf dem nächsthöheren Schwierigkeitsgrad liegen, damit sie motivationsfördernd sind. Zudem ist auf die Klarheit und Strukturiertheit des Lernstoffes sowie auf präzise Aufgabenstellungen zu achten (vgl. Prenzel et. al., 2000, S. 170). Das wahrgenommene inhaltliche Interesse der Lehrenden impliziert ihr Interesse für den Lehrstoff, den sie unterrichten. Wenn die Lehrkraft eine eigene Begeisterung für das Fach und die Unterrichtsinhalte zeigt, ändert das die Stimmung im Raum und der Enthusiasmus der Lehrperson kann sich auf die Lernenden übertragen, was motivationsfördernd wirkt (vgl. Prenzel, 1997, S. 41).
Der Fokus dieses Kapitels liegt auf Emotionen und deren Entstehung. Sie sind von Bedeutung, da Individuen in verschiedenen Situationen Emotionen erleben, welche einen Einfluss auf ihr Verhalten und ihre Motivation haben (vgl. Lefrançois, 2015, S. 318; vgl. Brandstätter et. al., 2018, S. 169). Um als Lehrperson im Unterricht die Lernmotivation fördern zu können, reicht es nicht aus, sich mit den allgemeinen Umweltbedingungen auszukennen, die herzustellen sind, um Lernmotivation zu fördern. Es bedarf eines Einblicks in menschliche Emotionen und kognitive Vorgänge sowie des Wissens, wie diejenigen Emotionen hervorgerufen werden können, die sich positiv auf die Motivation auswirken.
Zuerst gilt es zu klären, was Emotionen sind. Die Definition der Emotion ist nicht eindeutig, da dieser Begriff ein hypothetisches Gebilde ist, wodurch dessen direkte Beobachtung nicht gegeben sein kann (vgl. Schmidt-Atzert, 1996, S. 27). Nach Brandstätter, Schüler, Puca und Lozo (2018) „ [haben] [Emotionen] subjektive und objektive erfassbare Komponenten, die zielgerichtetes Verhalten begleiten bzw. fördern, das dem Organismus eine Anpassung an seine Lebensbedingungen ermöglicht“ (S. 164). Die subjektive Komponente ist ein Gefühl, welches nur den Betroffenen selbst zugänglich ist. Der einzige Weg die Gefühle mitzuteilen ist die verbale Äußerung. Die physiologische Komponente und die Verhaltenskomponente werden den objektiv erfassbaren zugeordnet. Zur physiologischen Komponente zählen Reaktionen des hormonellen und neuronalen Systems, welche sich messen lassen (z. B. Blutdruck und Hauttemperatur). Die Verhaltenskomponente äußert sich in der Mimik und Körperhaltung (vgl. ebd., S. 168 f.). Emotionen sind von Stimmungen abzugrenzen, da Emotionen auf konkrete Objekte oder Ereignisse bezogen sind (z. B. Angst beim Entdecken einer Spinne in der Wohnung) (vgl. ebd., S. 164). Emotionen sind für Motivationsprozesse von Bedeutung. Bei der Entstehung von Bedürfnissen und bestehender Aussicht auf deren Befriedigung initiieren Emotionen die Bedürfnisbefriedigung und begleiten sie. Motiviertes Verhalten zielt auf die Erlangung positiver und Vermeidung negativer Emotionen ab (vgl. ebd., S. 169).
Um die Frage beantworten zu können, wie eine Förderung und eine Verminderung motivationshinderlicher Emotionen gestaltet werden kann, wird das Entstehungsmodell der Emotionen nach Knollmann und Wild vorgestellt. Dieses Modell wurde gewählt, da es eine Erklärung für die Entstehung einer Vielfalt emotionalen Erlebens und der dafür nötigen Bedingungen bietet und sich auf die Entstehung von Lernemotionen bezieht (vgl. Hagenauer, 2011, S. 63, S. 71; vgl. Knollmann und Wild, 2004).
Die im Folgenden skizzierte Emotionsentstehungstheorie baut auf einem kognitiven Ansatz auf.6 Das Entstehungsmodell der Emotionen von Knollmann und Wild (vgl. 2004, S. 68, auch Hagenauer, 2011, S. 71) beschreibt aktuelles emotionales Erleben mittels einer Analyse einer ‚emotionalen Episode‘, welche den Prozess der Motivation miteinbezieht.7 Im Mittelpunkt einer Situation steht das Subjekt, welches als aktive*r Akteur*in aufgefasst werden kann und die Funktion übernimmt, die Passung zwischen Situations- und Umweltmerkmalen und eigenen Bedürfnissen und Zielen zu prüfen (vgl. ebd., S. 67 f.; vgl. ebd., S. 71 f.). Dieser Vorgang wird ‚emotionale Bewertung‘ (= ‚appraisal‘) genannt und beschäftigt sich nicht nur mit der Frage danach, ob die Situationsmerkmale so beschaffen sind, dass die eigenen Ziele und Bedürfnisse erreicht werden können, sondern auch mit der Einschätzung dessen, ob eine Situation kontrollierbar ist (vgl. Knollmann und Wild, 2004, S. 68 f., 2007, S. 336).
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1 Um allen Geschlechtsidentitäten gerecht zu werden, wird in der vorliegenden Arbeit mit Sternchen gegendert.
2 Hierbei ist zu erwähnen, dass Unterrichtsgestaltung zwar einen großen Teil zur Lernmotivationsförderung beitragen kann, jedoch noch weitere Faktoren berücksichtigt werden müssen wie die Rolle der Peers, familiäre Sozialisationsbedingungen, Persönlichkeit der Lehrkräfte und weitere Aspekte. Darauf wird in dieser Arbeit nicht eingegangen, weil dies den Rahmen sprengen würde.
3 Es ist empirisch belegt, dass Schüler*innen, die intrinsisch motiviert sind, ein stärkeres Engagement in Bezug auf das Lernen aufweisen als extrinsisch motivierte. Durch das Interesse an der Aktivität erfolgt eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Lernstoff. Es besteht eine größere Zufriedenheit mit der Lernaktivität und die Schüler*innen resignieren nicht beim Auftreten von Schwierigkeiten (vgl. Mietzel, 2017, S. 454). Extrinsische Motivation dagegen geht oft mit negativen Emotionen wie Beschämung oder Vermeidungsangst einher. Außerdem ziehen extrinsisch Motivierte unschickliche Lösungsstrategien für Probleme hinzu und entscheiden sich für den einfachsten Weg, der zur Zielerreichung führt - was nicht zwangsläufig der beste ist. Insofern erscheint intrinsische Motivation als die erstrebenswertere Motivationsart, jedoch stellt sich die Frage nach ihrer Umsetzbarkeit hinsichtlich der Schulfächer in allen Bereichen. Extrinsische Motivation kann demnach eine Lösung für Personen darstellen, die anders nicht zu motivieren sind (vgl. ebd., S. 458). Dass extrinsische Motivation durch eine Mittel-Zweck-Konsequenz ausgezeichnet ist, bedeutet nicht, dass diese Art der Motivation negativ behaftet sein muss, da nicht alle Tätigkeiten intrinsisch motiviert sein können. Bei vielen Tätigkeiten, die beispielsweise routiniert im Alltag ablaufen, handelt es sich um extrinsisch motivierte Tätigkeiten. Zudem kann aus einer extrinsisch motivierten Handlung eine intrinsisch motivierte werden (z. B. durch Überführung extern vorgegebener Ziele in das eigene Selbst), weshalb sie als Ausgangspunkt für die Entstehung intrinsischer Motivation gesehen werden kann (vgl. ebd., S. 457).
4 Die Untersuchungen zu den jeweiligen Basisbedürfnissen von Deci und Ryan (vgl. 1993) können in den Kapiteln 2.1-3.2 näher verfolgt werden.
5 Als Beispiel für das Scheitern von Kompetenzunterstützung gibt Prenzel die Situation einer Studentin der Naturwissenschaften wieder, welche das unbewusste und nicht absichtlich durchgeführte Verhalten eines Dozenten schildert, der bei einem Experimentalpraktikum nur bei weiblichen Studierenden prüfte, ob die Gashähne zugedreht seien. Dieses Verhalten wurde so aufgefasst, als würde der Dozent es den weiblichen Studierenden nicht zutrauen, eine solch triviale Aufgabe zu bewältigen, wodurch dies bei Betroffenen zum Gefühl von Mangel an Zutrauen von Kompetenz und somit zur Verminderung der Motivation führte. Dieses Beispiel zeigt sowohl fehlende Kompetenzunterstützung auf, als auch wie unbewusst bestimmte Verhaltensweisen ablaufen. Hierbei sind die eigene Reflexion und Bereitschaft zur Sensibilisierung für die Thematik gefragt (vgl. Prenzel, 1997, S. 39).
6 Kognitionstheoretische Ansätze schenken kognitiven Prozessen, die in Personen während der Auseinandersetzung mit der Umwelt stattfinden, besondere Aufmerksamkeit und untersuchen das Erleben und Verhalten nicht nur anhand von außen beobachtbarer Erscheinungsformen (vgl. Madl und Reiserer, 2000, S. 95).
7 Es wird zwischen Emotionen unterschieden, die aus überdauernden emotionalen Dispositionen bestehen und durch wiederholte Erfahrungen entwickelt werden und solchen, die in einer aktuellen Situation entstehen. In diesem Kontext werden Letztere thematisiert. Diese Betrachtungsweise wird als ‚aktualgenetischer Blickwinkel‘ bezeichnet. Die zuerst genannte Art von Emotion nennt sich ‚habitualisierte Emotion‘ und ihre Betrachtungsweise ‚ontogenetisch‘ (vgl. Hagenauer, 2011, S. 68).
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