Masterarbeit, 2021
219 Seiten, Note: 1,3
1. Einleitung
1.1. Intention und Inhalt der Masterarbeit
1.2. Grundlagen
1.2.1. Der Klimawandel
1.2.2. Der Einfluss des Bausektors auf den Klimawandel
1.2.3. Der Handlungsdrang der EU / Deutschlands
1.2.4. Der Gebäude- und Wohnungsbestand in Deutschland
1.3. Begrifflichkeiten
1.3.1. Die Treibhausgase
1.3.2. Die Energie
1.3.3. Der Umweltschutz
1.3.4. Die Nachhaltigkeit
1.3.5. Die Ressourcen
1.3.6. Das Recycling
1.3.7. Die Ökobilanzierung
2. Planungsleitfaden
2.1. Allgemeines
2.1.1. Der Kontext des Planungsleitfadens
2.1.2. Der Fokus des Planungsleitfadens
2.1.3. Der anzustrebende Energieeffizienzstandard
2.1.4. Die generellen Handlungsempfehlungen
2.2. Städtebaulicher Kontext
2.2.1. Die energieeffiziente Stadt
2.2.2. Das Wohnungswesen und die Mobilität
2.2.3. Die städtebaulichen Qualitäten
2.2.4. Die Wohnformen
2.3. Gebäudestruktur
2.3.1. Die Figur des Gebäudes
2.3.2. Die Anordnung des Gebäudes
2.3.3. Die Gestaltung des Außenraumes
2.3.4. Die Gestaltung des Grundrisses
2.4. Baumaterial
2.4.1. Die grundsätzliche Bewertung der Materialien
2.4.2. Der Beton
2.4.3. Die Dämmstoffe
2.5. Konstruktion
2.5.1. Die Konstruktionsprinzipien
2.5.2. Der Skelettbau
2.5.3. Die Anfertigung
2.5.4. Der Holzbau
2.5.5. Die Abdichtung
2.5.6. Die Gebäudehülle einschließlich Photovoltaik
2.5.7. Die Wärmespeicherfähigkeit
2.5.8. Die baukonstruktive Optimierung
2.6. Bauteile
2.6.1. Die Bodenplatte - Der Sockelbereich
2.6.2. Die Außenwand
2.6.3. Die Fassadenöffnungen
2.6.4. Die Innenwände
2.6.5. Die Decken
2.6.6. Das Dach
2.7. Innenausbau
2.7.1. Die umwelt- und gesundheitsrelevanten Anforderungen
2.7.2. Der Innenputz
2.8. Technische Gebäudeausrüstung
2.8.1. Die Wärme
2.8.2. Die Lüftung
2.8.3. Das Wasser
2.8.4. Der Strom
2.9. Nachhaltiges Nutzen und Betreiben von Gebäuden
2.10. Sanierung von Bestandsgebäuden
2.10.1. Neubau oder Altbau
2.10.2. Der Energieverbrauch der Bestandsgebäude
2.10.3. Die Sanierungsziele
2.10.4. Die Besonderheiten bei der Sanierung
2.10.5. Die Klimaschutzstrategie
3. Resümee und Ausblick
4. Anhang 1 - Dämmstoffe
5. Anhang 2 – Kurzfassung
6. Abbildungsverzeichnis
7. Tabellenverzeichnis
8. Literaturverzeichnis
9. Danksagung
Zu den größten Bedrohungen für die Menschheit zählt der Klimawandel. Dies zeigten analog eine Befragung von 50 Nobelpreisträgern/-innen und eine Umfrage in den Ländern der Europäischen Union (s. Abb. 1).1 Durch den Klimawandel wird es zu Landeinbußen, Wasser- und Nahrungsmangel, Umsiedlungen von Bevölkerungsgruppen und zu erhöhten Risiken für die Gesundheit des Menschen und für seine finanzielle Situation kommen.2 3
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Ergebnis einer Umfrage in den Ländern der Europäischen Union zu den größten Problemen der Welt. Die Umfrage wurde im Auftrag der EU-Kommission zwischen dem 18. und 27. März 2017 durchgeführt. Quelle: modifiziert nach 3
Zur Begrenzung der schwerwiegenden Folgen des Klimawandels müssen enorme Anstrengungen unternommen werden. Dies betrifft unter anderem den Gebäudesektor, der zu einem erheblichen Anteil für die Klimaerwärmung verantwortlich ist (s. 1.2.2). Die Architektur kann durch ihr planerisches und gestalterisches Potential dazu beitragen, die gebäudetechnischen Ursachen für den Klimawandel einzuschränken und die Folgen der Klimaerwärmung zu begrenzen. Die Art und Weise, wie wir Architektur gestalten, wie neue Gebäude entworfen, wie alte Gebäude saniert und wie Wohnquartiere geplant werden, hat einen großen Einfluss auf die Treibhausgasemissionen und damit auf den Klimawandel.
Diese Masterarbeit soll konkrete Handlungsempfehlungen für Architekten/-innen und Planer/-innen geben, wie Wohngebäude mit einem möglichst geringen CO2-Fußabdruck in der gemäßigten Klimazone gebaut und saniert werden können. Inhaltlich werden zunächst die Grundlagen und Fakten zum Klimawandel dargelegt, um das notwendige Hintergrundwissen sowie ein tieferes Verständnis für die Rahmenbedingungen zu vermitteln. Da in der Literatur manche Begriffe inhaltlich unterschiedlich ausgelegt werden, werden zur Vereinheitlichung des Sprachverständnisses nachfolgend relevante Begrifflichkeiten definiert bzw. erläutert. Den Kern der Masterarbeit bildet der Planungsleitfaden als solcher (Kapitel 2). Nach der Analyse und Beschreibung des konzeptionellen Rahmens des Planungsleitfadens werden alle Aspekte und Bauteile eines typischen Mehrfamilienhauses in Bezug auf das Treibhauspotential beleuchtet und bewertet. Das Ziel ist es, die Entscheidungsfindung für zukünftige Bau- und Sanierungstätigkeiten hinsichtlich möglichst geringer Treibhausgasemissionen zu erleichtern.
In regelmäßigen Abständen veröffentlicht der Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) Sachstandsberichte mit den neuesten Ergebnissen der Klimaforschung und den Risiken und Folgen des Klimawandels. Die Qualität und Glaubwürdigkeit der Berichte wird durch ein mehrstufiges Begutachtungsverfahren unter weltweiter Expertenbeteiligung und Einhaltung detaillierter Verfahrensregeln gewährleistet. Der fünfte Sachstandsbericht des IPCC von 2014 stellt eindeutig fest, dass sich das Klimasystem erwärmt hat und dass die Menschheit einen Einfluss auf das Klimasystem hat. Darüber hinaus gilt es als äußerst wahrscheinlich, dass der Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen durch den menschlichen Einfluss der Hauptgrund für die seit 1950 beobachtete globale Erwärmung ist.4
In dem fünften Sachstandsbericht werden anhand von vier Repräsentativen Konzentrationspfaden (RCP) mögliche Änderungen der globalen Erdoberflächentemperatur projiziert. Im worst-case-Szenario RCP8.5 wird eine globale Erderwärmung von bis zu 4,8 °C zum Ende des 21. Jahrhunderts (2081 - 2100) gegenüber 1986 - 2005 prognostiziert (s. Abb. 2). Erfolgen grundlegende Veränderungen des menschlichen Handelns, kann die globale Erwärmung im bestmöglichen Fall auf 0,3 °C beschränkt werden.5
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: (A) Konzentrationen der Treibhausgase Kohlendioxid (CO2, blau), Methan (CH4, hellrot) und Lachgas (N2O, rot), ermittelt aus Eisbohrkerndaten (Punkte) und aus direkten atmosphärischen Messungen (Linien). (B) Änderung der mittleren globalen Oberflächentemperatur von 2006 bis 2100 bezogen auf den Zeitraum 1986 - 2005. Abhängig vom zukünftigen, menschlichen Handeln sind die prognostizierten Zielwerte von vier Szenarien mit ihren Unsicherheitsbereichen dargestellt (rechts neben dem Diagramm). Für RCP2.6 (blau, bestmöglich) und RCP8.5 (rot, worst-case) ist die globale Oberflächentemperatur im Jahresverlauf gezeigt. Quelle: modifiziert nach 6
„Der Zeitraum von 1983 bis 2012 war wahrscheinlich die wärmste 30-Jahres-Periode der letzten 1400 Jahre auf der Nordhalbkugel“6 7. Es ist ersichtlich, dass eindeutig eine Erwärmung der Erdoberfläche stattgefunden hat. Die Erderwärmung hat bereits tiefgreifende Veränderungen und Folgen für die Erde, die Menschheit und die Wirtschaft bewirkt und wird diese auch zukünftig bewirken. Der mittlere globale Meeresspiegel wird bis zum Ende des 21. Jahrhunderts um 0,26 bis 0,82 m ansteigen und die geographischen Küstenlinien verändern.8 Inselstaaten und Staaten, die im Mittel nur geringfügig über dem Niveau des Meeresspiegels liegen, werden erhebliche Landeinbußen haben, wodurch die Bevölkerungen zur Umsiedlung gezwungen werden.
Weitere ausgewählte Folgen sind:
„Für städtische Gebiete werden aufgrund des Klimawandels erhöhte Risiken für Menschen, Vermögenswerte, Ökonomien und Ökosysteme projiziert, darunter Risiken durch Hitzestress, Stürme und Extremniederschläge, Überschwemmungen im Binnenland und an den Küsten, Erdrutsche, Luftverschmutzung, Dürre, Wasserknappheit, Meeresspiegelanstieg und Sturmfluten. Diese Risiken betreffen verstärkt diejenigen, denen die notwendige Infrastruktur und Dienstleistungen fehlen oder die in exponierten Gebieten leben.
Für ländliche Regionen werden erhebliche Folgen für Wasserverfügbarkeit und -versorgung, Ernährungssicherheit, Infrastruktur und landwirtschaftliche Einkommen erwartet, einschließlich weltweiter Verschiebungen der Anbaugebiete für Nahrungs- und Nutzpflanzen“9.
Durch aufwendige Berechnungen können Treibhausgasemissionen einzelnen Wirtschaftssektoren zugeordnet werden. Im Jahr 2010 wurden 18 % der globalen Treibhausgasemissionen vom Gebäudesektor freigesetzt, der damit hinter dem Industriesektor (32 %) und dem Sektor AFOLU (Landwirtschaft, Forstwirtschaft und andere Landnutzung) (25 %) rangiert (s. Abb. 3).
A) Treibhausgasemissionen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: (A) Globale Treibhausgasemissionen im Jahr 2010, anteilig nach Wirtschaftssektoren. Gesamt 49 Gigatonnen CO 2 -Äquivalente pro Jahr. Im Sektor AFOLU (Landwirtschaft, Forstwirtschaft und andere Landnutzung) sind die Emissionen aus Waldbränden, Torfbränden und Torfzerfall inkludiert. Der Sektor Strom- und Wärmeerzeugung wurde noch weiter aufgeschlüsselt. Quelle: modifiziert nach10. (B) Verteilung des Endenergieverbrauchs 2012 in Deutschland nach Sektoren. Quelle: modifiziert nach11
Neben den hohen CO2-Emissionen weist der Bausektor in Deutschland auch weitere große Umweltbelastungen auf, wie etwa die großen Abfallmengen (54 % des gesamten Abfallaufkommens) oder die enormen inländischen Rohstoffentnahmen (Baumaterialien beanspruchten 50 % der entnommenen Rohstoffe).12 Durch ein detailliert ausgearbeitetes Gesamtkonzept in Bezug auf Recycling und Rohstoffminimierung könnten zukünftig Ressourcen geschont und CO2-Emissionen reduziert werden. Derzeit fehlt jedoch ein derartiges Gesamtkonzept.
In Deutschland betrug der Endenergieverbrauch des Sektors „Haushalte“ im Jahr 2012 anteilig 27 % am gesamten Endenergieverbrauch des Landes (s. Abb. 3).13 In Bezug auf den Endenergieverbrauch aller Gebäude in Deutschland weisen die Wohngebäude einen Anteil von 64 % auf.14
Diese Zahlen zeigen, dass das Bauen und Betreiben von Gebäuden zu den Hauptverursachern von CO2-Emissionen zählen und damit zu den treibenden Kräften des Klimawandels. Durch diverse Gesetzesinitiativen der Bundesregierung wurden in den letzten Jahren Einsparungen bei den CO2-Emissionen im Bausektor erreicht. Diese sind aber nicht ausreichend, um die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen und der Klimaerwärmung entschieden entgegenzuwirken. Eine weitere Reduktion der CO2-Emissionen und des Ressourcenverbrauchs des Bausektors sind zwingend notwendig.
Die EU und ihre Mitgliedsländer erkennen die Erwärmung des Klimasystems und den Einfluss des menschlichen Handelns darauf an. Sie beteiligen sich an den internationalen Anstrengungen zur Bekämpfung des Klimawandels und stehen zu den Vereinbarungen der Klimaübereinkommen der Vereinten Nationen. Im Pariser Übereinkommen von 2015 wurde ein globaler Rahmen festgelegt, mit dem der Temperaturanstieg auf 1,5 °C begrenzt werden soll.15 Die EU hat eine schrittweise Verringerung ihrer Treibhausgasemissionen bis 2050 mit dem Zwischenziel der Senkung um mindestens 40 % bis 2030 gegenüber 1990 ausgerufen.16
Mit den Richtlinien (EU) 2010/31 und (EU) 2018/844 werden von der EU-Kommission Maßnahmen zur Erlangung eines hoch energieeffizienten und dekarbonisierten Gebäudebestands vorgegeben. Die Mitgliedsstaaten werden darin verpflichtet, den Begriff Niedrigstenergiehaus zu definieren und einen nationalen Plan zur Erhöhung der Zahl der Niedrigstenergiehäuser zu erstellen.17
Die Bundesrepublik Deutschland hat aufbauend auf den Zielen der EU als Bundesklimaschutzziel die Verminderung der eigenen Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80 bis 95 % ausgegeben.18 Im Gebäudesektor soll bis 2050 ein nahezu klimaneutraler Gebäudebestand erreicht werden, mit dem Zwischenziel die Treibhausgasemissionen bis 2030 um ein Drittel zu mindern (s. Tabelle 1).19 20
Tabelle 1: Aktuelle CO2-Emissionen der Wirtschaftssektoren in Deutschland mit den Zielwerten des Bundesklimaschutzplans. Quelle: 20
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
„Ziel unseres Handelns sollten deshalb möglichst nachhaltige Gebäude sein, die damit auch energiesparende und ressourcenschonende Qualitäten aufweisen. Die umfängliche Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten im Lebenszyklus eines Gebäudes, das heißt bei der Planung, Errichtung, Nutzung und Modernisierung sowie dem Rückbau, sollte aktiv gestaltet und beeinflusst werden“21.
Die Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen beziehen sich im Gebäudesektor nicht nur auf den Neubau von Gebäuden, sondern auch insbesondere auf die energetische Ertüchtigung von Bestandsgebäuden. Diese weisen in der Regel wesentlich höhere Transmissionswärmeverluste pro Quadratmeter Wohnfläche auf als Neubauten. Aufgrund ihrer niedrigen energetischen Qualitäten und ihres hohen Anteils am Gebäudebestand verursachen ältere Bestandsgebäude einen Großteil der Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor. (vgl. auch 2.10.2)
Nachfolgend ein Überblick zum Wohnungs- und Gebäudebestand in Deutschland: 2011 wurden in Deutschland ca. 19 Mio. Wohngebäude gezählt, die ca. 41 Mio. Wohnungen beinhalteten. Hierbei handelte es sich zu 96 % um Gebäude, die größtenteils zu Wohnzwecken genutzt wurden. Die Mehrzahl der Wohngebäude in Deutschland bildeten mit einem Anteil von 82 % Ein- und Zweifamilienhäuser (s. Abb. 4). Nur 6 % des Bestands waren große Mehrfamilienhäuser mit sieben und mehr Wohnungen. Dabei waren jedoch regionale Unterschiede festzustellen. Wohingegen in den ländlichen Regionen eher Einfamilienhäuser typisch waren, war im urbanen Umfeld eine größere Anzahl an Mehrfamilienhäusern festzustellen.22
Im Jahr 2015 wurde im Vergleich zu 2011 eine sehr ähnliche Verteilung an Ein- und Mehrfamilienhäusern (17 %) festgestellt. Im Detail zeigte sich, dass sich ca. die Hälfte (53 %) aller Wohnungen in Mehrfamilienhäusern befand, dies entsprach 41 % der Gesamtwohnfläche mit einem Anteil von 24 % am Gebäudeenergieverbrauch.23
Fast zwei Drittel der Gebäude in Deutschland waren freistehend. Die meisten Wohngebäude (84 %) und die meisten Wohnungen (58 %) in Deutschland befanden sich in privater Hand.24 25
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anzahl der Wohnungen pro Gebäude, (B) nach Gebäudetyp, (C) nach Eigentümer. Quelle: modifiziert nach 25
Die durchschnittliche Wohnfläche pro Wohneinheit betrug im Jahr 2011 bei den Ein- und Zweifamilienhäusern 117 m2 und bei den Mehrfamilienhäusern 69 m2.26 Fast die Hälfte der Wohnungen hatte drei oder vier Zimmer (s. Abb. 5).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 5: Prozentuale Verteilung der Wohnungen nach Raumanzahl. Quelle: modifiziert nach27
Das Alter der Wohngebäude hat in den Jahren 1950 bis heute relativ konstant zugenommen, sodass es eine relativ gleiche Verteilung der Gebäude dieser Altersklassen gibt. Vor 1949 wurden weniger Wohngebäude pro Jahrzehnt gebaut (s. Abb. 6).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 6: Prozentuale Verteilung der Wohngebäude und der darin befindlichen Wohnungen nach Baujahr. Quelle: modifiziert nach28
Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) wurden in dem Zeitraum 2011 bis 2019 insgesamt ca. 1 Mio. Wohngebäude neu errichtet, dies ergibt einen Durchschnitt von ca. 105.000 Gebäuden pro Jahr. Die Häuser, die nach Einführung der ENEV 2014 in dem Zeitraum 2015 - 2019 neu errichtet wurden, haben derzeit einen Anteil von 3 % am gesamten Wohngebäudebestand. Bei gleichbleibend starker Bautätigkeit würde der Gebäudebestand in Deutschland im Jahr 2030 auf ca. 21 Mio. und im Jahr 2050 auf ca. 23 Mio. Wohngebäude anwachsen. Die Anteile der Gebäude, die nach der ENEV 2014 errichtet wurden, würden dann 8 % bzw.16 % betragen.29 30
Bestandsgebäude weisen zum allergrößten Teil eine wesentlich schlechtere CO2-Bilanz als die für das Jahr 2050 angestrebte Netto-Null (klimaneutral) auf und sind derzeit für den größten Teil der Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor verantwortlich (vgl. auch Kapitel 2.10.2). Derzeit gibt es keine verbindliche Verordnung, die die vollständige, energetische Ertüchtigung von Bestandsgebäuden auf das Niveau eines EnEV- Energiestandards vorschreibt. Da der Anteil der Neubauten in Deutschland im Jahr 2050 ca. 16 % ausmachen wird, werden die Klimaziele der Bundesregierung allein durch die Verschärfung der Vorgaben für Neubauten verfehlt werden. Eine beschleunigte energetische Ertüchtigung der Bestandsgebäude ist unumgänglich.
Treibhausgase absorbieren den von der Erdoberfläche reflektierten Anteil der langwelligen Sonnenstrahlung, wodurch die Wärmeenergie in der Atmosphäre gespeichert wird (s. Abb. 7).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Je höher die Konzentration der Treibhausgase, desto höher ist der Grad der Erderwärmung. Zu den wichtigsten, direkten Treibhausgasen zählen Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Lachgas (N2O), fluorierte Treibhausgase (F-Gase) und Stickstofftrifluorid (NF3). Die Gase sind unterschiedlich effektiv in Bezug auf die Erderwärmung und werden zur Vereinfachung zu CO2-Äquivalenten (GWP, Global Warming Potential) verrechnet. Zur Verbesserung der Lesbarkeit wird im Folgenden zumeist der Begriff CO2 anstatt CO2-Äquivalente verwendet.
Die Primärenergie ist die Energie, die keinem Umsetzungs- oder Umwandlungsprozess unterzogen wurde. Sie beinhaltet die Endenergie und die in der vorgelagerten Prozesskette verlorenen Energiemengen durch Gewinnung, Umwandlung und Verteilung (s. Abb. 8).
Die Endenergie ist die Energiemenge, die je Energieträger an die Gebäudetechnik geliefert wird. Sie beinhaltet die Nutzenergie für z. B. Heizen, Kühlen, Lüften oder Elektrifizieren und für die gebäudeinternen Verluste.
Die Nutzenergie ist die Energiemenge, die zur Konditionierung und Versorgung der Gebäude benötigt wird.
Als Graue Energie wird umgangssprachlich die Primärenergiemenge bezeichnet, die im Bauwerk vergegenständlicht wurde.
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Seit der industriellen Revolution hat der Verbrauch an Primärenergie drastisch zugenommen (s. Abb. 9). Der hohe Energieverbrauch ermöglicht einen hohen Lebensstandard und gilt als Indikator für Wohlstand. Alle Bevölkerungen der Erde streben nach Wohlstand, jedoch reichen die nicht erneuerbaren Ressourcen dafür nicht aus. Daher ist es notwendig, den Anteil an erneuerbaren Energiequellen zu erhöhen. In den letzten Jahren hat sich die Entwicklung des Energieverbrauchs von der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts eines31 32
Landes etwas entkoppelt. Dies zeigt, dass die Bemühungen des Klimaschutzes auch dazu beitragen, dass die Schaffung von Wohlstand weniger vom Energieverbrauch abhängig sein wird.33
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 9: (A) Entwicklung des Bevölkerungswachstums, des Primärenergieverbrauchs und der CO2-Emissionen von 1870 bis 2000. Quelle34. (B) Primärenergieverbrauch nach Energieträgern in Deutschland im Jahr 2019. Gesamt 12.779 Petajoule. Quelle: modifiziert nach35
Das Ausmaß der Treibhausgasemissionen ist eng mit dem Energieverbrauch verbunden. In vielen Literaturquellen und den Energiegesetzen der Bundesregierung werden die Maßnahmen zur Reduktion der CO2-Emissionen durch Kennzahlen für den Primärenergiebedarf beschrieben bzw. vorgegeben. In einigen Fällen wie z.B. bei der Zementproduktion werden Treibhausgase aber auch durch chemische Prozesse und somit unabhängig vom Energieverbrauch emittiert. Daher bildet der Energieverbrauch nur unzureichend das Treibhauspotential von bestimmten Prozessen ab. Da in dieser Arbeit der Fokus auf der Reduktion von Treibhausgasen liegt, werden die Bewertungen vorzugsweise anhand von CO2-Äquivalenten (GWP) vorgenommen, die alle Emissionsquellen einschließen.
„Ziel des Umweltschutzes ist die Wahrung von Lebensbedingungen, unter denen die Menschheit langfristig bestehen kann. Ein Umweltschützer schützt Tiere und Natur, weil deren Erhalt und Schutz für den Erhalt der Menschheit von Bedeutung ist. Biodiversität sichert aus Sicht des Umweltschützers den Fortbestand der Menschheit. Artensterben stellt eine Bedrohung dar. Ziel des Naturschutzes ist der Schutz der Natur, seien es Pflanzen, Tiere oder Regionen. Ein Naturschützer schützt Tiere und Pflanzen also der Tiere und Pflanzen wegen. Artenschutz ist aus Sicht des Naturschützers deshalb so wichtig, weil die Tiere selbst schützenswert sind. Nur indirekt spielt die Bedrohung für den Menschen durch eine geringere Biodiversität eine Rolle. Beide Bewegungen verfolgen meist gleiche Ziele, jedoch aus verschiedenen Beweggründen“36.
Ein gutes Beispiel liegt in der unterschiedlichen Sichtweise auf Windkrafträder. Umweltschützer bejahen den Bau und Betrieb von Windkrafträdern, da so Strom auf regenerative Weise erzeugt, weniger CO2-Emissionen verursacht und die Folgen des Klimawandels für den Menschen reduziert werden. Dahingegen sind Naturschützer im Allgemeinen gegen den Bau und Betrieb von Windkrafträdern, da Tiere und Pflanzen, insbesondere Zugvögel, durch Windkrafträder gefährdet bzw. getötet werden.
Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt in der Reduktion der Treibhausgasemissionen, um die negativen Folgen für die Menschheit zu reduzieren. Wie oben beschrieben, werden diese Maßnahmen zu den Umweltschutzaktivitäten gezählt. In einigen Punkten dieser Arbeit wird aber auch auf die Folgen für die Umwelt und den Artenschutz eingegangen.
„Nachhaltiges Handeln bedeutet, ökologische, ökonomische und soziale Gesichtspunkte gleichberechtigt zu berücksichtigen, um nachfolgenden Generationen eine intakte Umwelt und gleiche Lebenschancen hinterlassen zu können“37 38. Vielfach wird in Bezug auf die drei Aspekte der Nachhaltigkeit auf den Brundtland-Bericht des WCED (World Commission on Environment and Development) verwiesen. Zur Konkretisierung der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung für den Bereich Bauen und Wohnen wurden entsprechende Ziele für jede der drei Dimension benannt (s. Tabelle 2).
Tabelle 2: Nachhaltigkeitsziele der Bundesregierung für den Bereich „Bauen und Wohnen“. Quelle: 38
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Es ist ersichtlich, dass unter dem Begriff der Nachhaltigkeit nicht nur ökologische Aspekte, sondern auch finanziell verträgliche, ökonomische und soziale Komponenten zu verstehen sind. Bei den ökonomischen Qualitäten stehen vor allem die Kosten, der Ertrag und die Wertstabilität im Fokus.39 Zu den sozialen Dimensionen zählen unter anderem immaterielle Werte wie Gesundheit, Mobilität, Lebensqualität, Chancengleichheit, Partizipation, Bildung und kulturelle Vielfalt.40 In dieser Hinsicht haben Gebäude u. a. nutzerspezifische, funktionelle, kulturelle und ästhetische Ansprüche zu erfüllen.
Das Hauptanliegen im Bereich der ökologischen Qualitäten ist, „die zur Verfügung stehenden natürlichen Ressourcen bestmöglich unter den Gesichtspunkten von schonender Entnahme, effizientem Einsatz und Vermeidung von Umweltbelastungen zu verwenden“41. Zu den ökologischen Kriterien zählen Klimaerwärmung, Zerstörungs- und Bildungspotential für die Ozonschicht, Versauerung von Böden und Gewässern, Reduzierung von Schadstoffen zur Risikominimierung für die lokale Umwelt sowie nachhaltige Materialgewinnung für den Erhalt der Biodiversität.
Die drei Aspekte der Nachhaltigkeit mit ihren Untergliederungen bilden die Grundlage für das Bewertungssystem für öffentliche Gebäude BNB (Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen) und das Zertifizierungssystem für allgemein nachhaltige Bauten DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen).
Bei dieser Arbeit liegt der Fokus auf dem Gesichtspunkt der ökologischen Dimension. Aufgrund der imminenten, verheerenden Folgen des Klimawandels für die Umwelt und die Menschheit, wird insbesondere die Reduktion der CO2-Emissionen im Gebäudesektor näher betrachtet. Dabei soll nicht nur der Betrieb eines Gebäudes, sondern der gesamte Lebenszyklus einschließlich Herstellung, Instandsetzung, Nutzung und Entsorgung berücksichtigt werden.
Wie bereits erwähnt, haben Gebäude durch ihre beträchtlichen Energie- und Stoffströme große Auswirkungen auf die lokale und globale Umwelt. Zur Reduktion der Umweltwirkungen werden drei Nachhaltigkeitsstrategien, vielfach auch parallel, verfolgt. Bei der Effizienzstrategie wird beabsichtigt, mit möglichst geringem Ressourceneinsatz möglichst viel zu erreichen. Die Nutzung möglichst naturverträglicher Ressourcen bildet die Basis der Konsistenzstrategie. Bei der Suffizienzstrategie stehen die Reduktion des Ressourcenverbrauchs, Genügsamkeit und reduzierter Konsum im Fokus.42
Im Sinne der Effizienzstrategie sollte möglichst vielen Personen auf einem Grundstück Wohnraum zur Verfügung gestellt werden. Allerdings sind der Wohnflächendichte Grenzen gesetzt, da bei einem zu beengten Wohnverhältnis die Attraktivität der Wohnungen nachlässt und es zu Wohnungsleerstand kommen kann. Der derzeitige Trend, eine größere Wohnraumfläche pro Person einzuplanen, zeigt, wie schwierig die Umsetzung einer höheren Nutzungsdichte ist. Im Sinne der Effizienzstrategie gilt es außerdem, neben dem Raum auch die Materialeigenschaften, wie z. B. die Tragfähigkeit, möglichst gut auszunutzen, um dadurch Material einzusparen. Neben diesen Aspekten wird in dem Planungsleitfaden zudem darauf eingegangen, wie durch eine geschickte Planung der Ausrichtung, Kubatur, Grundrisse und Nachbarbebauung von Gebäuden weniger Heizenergie verbraucht wird.
Die Konsistenzstrategie findet vor allem in den Kapiteln zu den Materialien, Konstruktionsweisen und Techniken Anwendung. Hierbei liegt der Fokus auf der Auswahl der Stoffe und Möglichkeiten, die die geringsten Treibhausgasemissionen in Bezug auf den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes verursachen.
Das Kapitel „Nachhaltiges Nutzen und Betreiben von Gebäuden“ bezieht sich verstärkt auf die Suffizienzstrategie.
Ein eindeutiges Ziel der Suffizienzstrategie ist die Schonung der natürlichen Ressourcen. Die natürlichen Ressourcen sind die natürlich vorhandenen Rohstoffe, Produktionsmittel und Hilfsquellen, die für einen bestimmten Zweck, insbesondere für die wirtschaftliche Produktion und die Ernährung der Menschheit, benötigt werden. Man unterscheidet zwischen den erneuerbaren und den nicht erneuerbaren Ressourcen. Nicht erneuerbare Ressourcen sind nur in einer begrenzten Menge verfügbar, wie z. B. Erze, Kohle, Erdöl und Gesteine. Sie sind im menschlichen Zeithorizont nicht wieder herstellbar. Erneuerbare Ressourcen wachsen nach oder erneuern sich auf natürliche Art innerhalb des menschlichen Zeithorizonts. Zu ihnen zählen z. B. fruchtbare Böden, Wasservorkommen, Luft, in beschränktem Maße die Pflanzen- und Tierwelt sowie die erneuerbaren Energiequellen Sonne, Wind und Gezeiten. (vgl.43 )
Im Gebäudesektor ist der Ressourcen- und Energieverbrauch sehr groß. Die Ressourcen an Baumaterial reichen nicht aus, um weltweit einen moderaten Wohlstand zu ermöglichen. Der Abbau, die Weiterverarbeitung und die Entsorgung der nicht regenerierbaren Ressourcen haben verheerende Auswirkungen auf die Umwelt und den Menschen. So verursacht die Rohstoffverknappung u. a. geopolitische Spannungen, die in Konflikten und Kriegen enden können. Eine solche Zuspitzung zeigt sich bereits jetzt beim Abbau von seltenen Erden.44
Im Sinne eines nachhaltigen Handelns und der Konsistenzstrategie sollten die nicht regenerierbaren Ressourcen geschont und stattdessen nachwachsende Rohstoffe, wie z. B. Holz oder Biogas, verwendet werden, die zudem CO2-neutral sind oder sogar eine positive CO2-Bilanz aufweisen.
Recycling ist die Rückführung von Produktions- und Konsumabfällen in den Wirtschaftskreislauf zur Gewinnung von Rohstoffen.45
Recycling trägt dazu bei, dass die natürlichen Ressourcen geschont, dass neue Bauprodukte mit geringeren CO2-Emissionen hergestellt und dass die zu deponierenden Abfallmengen reduziert werden. Hinsichtlich der Recyclingfähigkeit ist im Bauwesen zu überprüfen, ob Bauteile, Einbauten sowie recycelte oder recyclingfähige Baustoffe wiederverwendet werden können. Bei den Bauteilkonstruktionen und der Bauausführung sind abfallarme Systeme zu bevorzugen.46
Wenn möglich, sollten die Bauteile so konstruiert werden, dass sie gut demontierbar und rückbaubar sind. Die Trennbarkeit sollte durch Techniken wie z. B. Klemmen, Schütten, Auflegen oder Stecken gefördert werden. Auf unlösbare Verbindungstechniken wie Verkleben und Verspachteln sollte verzichtet werden.47
Um die Umweltauswirkung eines Gebäudes, eines Bauteils, eines Baustoffs oder eines Prozesses einheitlich und vergleichbar zu bewerten, werden Ökobilanzierungen auf Basis aller wesentlichen Stoff- und Energieströme durchgeführt. Für einen objektiven und quantifizierbaren Vergleich gelten für alle Varianten die gleichen Rahmenbedingungen, die sich für die Bewertung der umweltbezogenen Qualität auf den gesamten Lebenszyklus ab Beginn der Baumaßnahme beziehen. Die Ökobilanzierung wird auch als Lebenszyklusanalyse (LCA) bezeichnet.48
In Deutschland erfolgt die Ökobilanzierung auf Grundlage der Normen ISO EN 14040, DIN EN 15463, DIN EN 15978, DIN EN 15804 und DIN V 18599.
Es existieren verschiedene Zertifizierungssysteme, die sich in ihrer Gewichtung der Schwerpunkte unterscheiden, sich aber im Wesentlichen auf die oben beschriebenen Nachhaltigkeitskriterien (vgl. 1.3.4) beziehen (s. Tabelle 3). Beispiele für Zertifizierungssysteme sind z. B. BNB (Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen, für öffentliche Bauten in Deutschland), DGNB (Deutsches Gütesiegel Nachhaltiges Bauen), LEED (Leadership in Energy and Environmental Design, US), BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Method, GB) oder Minergie (Schweiz). Die Zertifizierungssysteme sind international bekannt, werden aber nur bei unter zwei Prozent der Neubauten angewendet.49
Tabelle 3: Vergleich verschiedener Zertifizierungssysteme für Nachhaltige Gebäude. Quelle:50
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Für die einzelnen Bauprodukte, die in die Bilanzierung einfließen, werden die Umweltwirkungen aus den Lebenszyklusphasen Herstellung, Transport, Einbau, Betrieb, Rückbau und Recycling in den sogenannten Umwelt-Produktdeklarationen (EPD, Environmental Product Declaration) zusammengefasst. In der qualitativ hochwertigen Datenbank des Bundes ÖKOBAUDAT werden branchenspezifische Durchschnittsdaten für Bauprodukte zur Verfügung gestellt. Die Daten und Informationen sind im Internet frei verfügbar und können z. B. als Excel-Tabelle ausgegeben oder in andere Softwareprogramme übertragen werden. Mit dem kostenfreien, internetbasierten Bauteileditor eLCA, der vom BBSR (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung) bereitgestellt wird, können einzelne Bauteile bis hin zu ganzen Gebäuden modelliert werden und mit den verknüpften Daten der Online-Baustoffdatenbank ÖKOBAUDAT für die Ökobilanzierung analysiert werden.51
Weitere nützliche Anwendungshilfen zur Ökobilanzierung sind z. B. eBNB (internetgestütztes Bewertungs- und Dokumentationsinstrument), WECOBIS (Datenbank mit umwelt- und gesundheitsrelevanten Baustoffinformationen), PLAKODA (Kostendatenprogramm), SNAP (Systematik für Nachhaltigkeitsanforderungen in Planungswettbewerben) und die Informationsportale www.nachhaltigesbauen.de, www.nachhaltige-beschaffung.info oder www.kompass-nachhaltigkeit.de.
Wie in der Einleitung beschrieben, stellt der Klimawandel eine der größten Gefahren für die Menschheit dar. Der Gebäudesektor ist für einen großen Anteil der Treibhausgasemissionen verantwortlich, bietet deshalb aber auch das Potential zu großen CO2-Einsparungen. Die Umsetzung der Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgase und zur Begrenzung der Folgen des Klimawandels sind jedoch von jedem Einzelnen abhängig. Vielen Bürgern in der EU (ca. 75 %) ist bewusst, dass der Klimawandel ein ernsthaftes Problem darstellt und 65 % der Deutschen geben an, dass sie sich aktiv gegen die Klimaerwärmung einsetzen.52 Vielfach beziehen sich die von sich selbst wahrgenommenen Handlungen jedoch nur auf das Recycling und die Vermeidung von Abfällen und nur zu geringen Anteilen auf die Vermeidung von Wärmeenergie, die Nutzung von erneuerbaren Energien oder den Kauf eines e-Autos.53
Im Allgemeinen sind die Bewohner in Deutschland an einen sehr hohen Wohnstandard gewöhnt. Die Wohnungen sind fast immer angenehm temperiert und es gibt stets warmes Wasser aus dem Wasserhahn. Dabei ist zu bedenken, dass es bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts noch üblich war, nur wenige Räume zu beheizen und das Warmwasser auf dem Herd oder Ofen zu erwärmen. Verständlicherweise möchte niemand den errungenen Standard wieder aufgeben und man ist eher bestrebt, seine Wohnqualitäten durch größere Wohnflächen weiter zu steigern. In den letzten Jahren ist die Pro-Kopf-Wohnfläche bundesweit immer weiter angestiegen54, wobei der gesteigerte Flächenverbrauch gegen den Gedanken der Nachhaltigkeit spricht. Die individuelle Abwägung der politischen und kulturellen Grundwerte unserer Gesellschaft, wie privates Eigentum, Abgeschlossenheit und Unabhängigkeit der Privatsphäre mit der Hoffnung auf individuelle Autonomie auf der einen Seite und das nachhaltige Handeln mit geringem Flächenverbrauch auf der anderen Seite, spielt hier ein entscheidende Rolle.55
„Nur wenn es gelingt, ein neues, identitätsstiftendes Bild vom Bauen und Wohnen zu formulieren, in dem das Streben nach einem angenehmen Leben mit den Grenzen seiner natürlichen Grundlagen versöhnt ist, kann das ökologisch Notwendige auch politisch machbar und mehrheitsfähig werden“56.
Auch Architekten/-innen und Planer/-innen würden gerne ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten, jedoch sehen viele Architekten/-innen nachhaltige Baumaßnahmen häufig im Widerspruch zu den architektonischen, baukonstruktiven und städtebaulichen Qualitäten eines Gebäudes. Allein der Begriff Ökologische Architektur schreckt viele ab, da dieser häufig mit alternativen Lebensformen wie Landkommunen und Aussteigermodelle oder mit begrünten Höhlenwohnungen assoziiert wurde (vgl.57 ). Allein schon offensichtlich plausible Maßnahmen zur CO2-Reduktion im Gebäudesektor wie z. B. die Umsetzung von Wärmedämmung oder effizienter Lüftung widerstrebt einigen Architekten/-innen. „Ein Gebäude ist nicht effizient, weil es eine dicke Dämmung hat“58 59. Hinzu kommen weitere Vorurteile wie „die Häuser können nicht atmen“, „die Wärmedämmung ist feuergefährlich“, „innen wachsen die Schimmelpilze und außen die Algen“ oder „die Kosten sind zu hoch“. Vielfach beziehen sich diese Aussagen auf die häufig verbreitete Nutzung von Wärmedämmelementen aus Polystyrol oder auf maschinelle Lüftungstechniken. Diese Maßnahmen sind in der Tat zu hinterfragen und werden nachfolgend diskutiert werden.
Das Vorurteil der hohen Kosten wurde bereits mehrfach widerlegt. Z. B. zeigt eine Studie des DGNB, dass eine hohe ökologische Qualität nicht zwangsweise mit höheren Baukosten verbunden sein muss (s. Abb. 10). Zudem haben viele Studien gezeigt, dass sich die höheren Investitionskosten für einen wesentlich höheren ökologischen Standard bereits nach wenigen Jahren amortisiert haben.
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Abb. 10: Die Höhe der Baukosten in Relation zu der erreichten, zertifizierten Qualität nach DGNB-Kriterien. Ein Haussymbol steht für ein konkretes Bauprojekt. Zunehmende ökologische Qualität von Silber über Gold nach Platin. Quelle: modifiziert nach 59
Aber, wie zeichnet sich eine umfassende Architektur des nachhaltigen Bauens überhaupt aus? Im Prinzip gibt es nicht den einen Öko-Stil. „Ein solches Bauen verlangt keine einheitliche Ästhetik und keine allgemeinverbindlichen Regeln, außer die eines vernünftigen, die Umwelt nicht zerstörenden (zumindest nicht verschmutzenden) Verhaltens. Insofern ist auch der gerne angeführte Widerspruch zwischen Gestaltung und Umweltanspruch lediglich virtuell“60.
Natürlich müssen bei der Planung und Errichtung eines Gebäudes verschiedenste Anforderungen erfüllt werden, wie z. B. jene aus dem Lastenheft des Auftraggebers und die des Gesetzgebers sowie die technischen, die funktionalen, die sozialen, die umweltbezogenen und die ökonomischen Anforderungen. Die Folgen und Gefahren des Klimawandels zwingen uns aber dazu, Gebäude zu errichten, die in ihrem gesamten Lebenszyklus angefangen bei der Herstellung über die Nutzung und Instandsetzung bis hin zur Entsorgung möglichst wenig CO2-Emissionen verursachen. In der Praxis fehlen den Architekten/-innen und Planer/-innen einfache und konkrete Handlungsempfehlungen, wie die erforderliche ökologische Qualität mit den anderen Anforderungen in Einklang gebracht werden kann.
Mit diesem Planungsleitfaden wird den Architekten/-innen ein Maßnahmenkatalog zur Verfügung gestellt, aus dem sie die ökologisch sinnvollsten Bausteine für das jeweilige Bauvorhaben heraussuchen können. Das Ziel bei allen Bauvorhaben sollte die Reduktion der CO2-Emissionen sein. Die Erreichung dieses Ziels ist individuell verschieden. Die Architekten/-innen entscheiden darüber mit der Auswahl geeigneter Maßnahmenkombinationen. Schritt für Schritt werden alle Aspekte und Bauteile eines typischen Mehrfamilienhauses mit Hilfe des Planungsleitfadens nach ökologischen Kriterien bewertet. So wird aufgezeigt, welche jeweiligen Optionen eher mehr Treibhausgase und welche eher weniger Treibhausgase verursachen.
Die Handlungsempfehlungen beziehen sich sowohl auf den Neubau von Gebäuden als auch auf die Sanierung von Bestandsgebäuden. Im Kapitel 2.10 wird nochmals auf die Besonderheiten bei der Sanierung eingegangen.
Im Anhang dieser Masterarbeit ist eine Kurzfassung des Planungsleitfadens zu finden. Dabei sind die Ergebnisse und Empfehlungen für eine Reduktion der Treibhausgasemissionen in komprimierter und bebilderter Form dargestellt.
Der Planungsleitfaden fokussiert sich in Bezug auf die Nachhaltigkeitsaspekte hauptsächlich auf die Einsparung von CO2-Emissionen (vgl. 1.3.4). Viele staatliche Vorgaben, Normen und Empfehlungen beziehen sich auf den Bedarf an Primärenergie als ökologisches Entscheidungskriterium zur Reduktion der Erderwärmung. Der Primärenergiebedarf korreliert zwar in bestimmtem Maße mit den CO2-Emissionen, wenn möglich wird in diesem Planungsleitfaden aber auf die direkten CO2-Emissionen Bezug genommen, da die CO2- Reduktion das eigentliche Ziel des Klimaschutzes ist. (vgl. auch61 )
Eine weitere Fokussierung betrifft die klimatische Zone. Auf der Erde gibt es sehr unterschiedliche Klimazonen, die bezüglich Temperaturbereich, Sonneneinstrahlung, Niederschlagsmenge und Luftfeuchtigkeit sehr unterschiedliche Charakteristika aufweisen. Somit sind die baulichen Anforderungen in den entsprechenden Regionen auch sehr unterschiedlich. Dieser Planungsleitfaden ist für den Wohnungsbau in der gemäßigten Klimazone der Nordhalbkugel gedacht.
Ein typisches Beispiel hierfür ist München, wobei sich Jahreszeiten ohne Extremwerte hinsichtlich Außenlufttemperatur und Luftfeuchte abwechseln. Die Temperaturen schwanken in München typischerweise zwischen -15 °C im Winter und 29 °C im Sommer. Die Luftfeuchte variiert zwischen 1 und 15 g/kg. Die Globalstrahlung beträgt im Jahr in Summe 1.147 kWh/m^a.62
Abhängig von der klimatischen Zone müssen unterschiedliche Anforderungen an den Wärmeschutz erfüllt werden. In der gemäßigten Klimazone muss aufgrund der kühlen Winter die Gebäudehülle über einen guten Wärmeschutz verfügen, zudem wird Heizenergie und im Sommer gelegentlich auch Kühlenergie benötigt.63 Der Heizenergiebedarf ist abhängig von dem Transmissionswärmeverlust des Gebäudes und den U-Werten der umgebenden Bauteile.
Der Primärenergiebedarf eines Gebäudes während der Nutzungsphase hat einen großen Einfluss auf die CO2-Emissionen des gesamten Lebenszyklus des Gebäudes. Aber welcher Energieeffizienzstandard sollte sinnvollerweise angestrebt werden, um die Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor entschieden zu reduzieren und um die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen? Durch einen größeren Materialeinsatz können die Treibhausgasemissionen während des Betriebs verringert werden, jedoch steigt dadurch das Treibhauspotential der Grauen Energie an. Das Ziel ist es, die CO2-Emissionen des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes auf ein möglichst niedriges Niveau zu bringen.
Im Folgenden werden die gesetzlichen Mindestanforderungen und aktuellen Erkenntnisse aus der Literatur dargelegt und bewertet, um abschließend einen sinnvollen Energieeffizienzstandard zu bestimmen, der ein möglichst geringes Treibhauspotential über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes gewährleistet.
„Der Klimaschutzplan enthält einen Fahrplan für einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand. Zentral ist die schrittweise Weiterentwicklung der energetischen Standards für Neubau und Bestand bei umfangreichen Sanierungen“64. Laut DGNB ist bei einem klimaneutralen Gebäude „die Differenz der ausgestoßenen Emissionen und den Emissionen, die durch Produktion und Bereitstellung nach extern von CO2-freier Energie eingespart werden, [ist] auf ein Jahr hin betrachtet null oder kleiner als null“65.
Von Seiten der EU werden die Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, den Begriff Niedrigstenergiehaus zu definieren und zudem einen nationalen Plan zur Erhöhung der Zahl der Niedrigstenergiehäuser zu erstellen.66 Im Gebäudeenergiegesetz (GEG; in Kraft seit 01.11.2020) wurden das Energieeinspargesetz (EnEG), die Energieeinsparverordnung (EnEV) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zusammengeführt.
§ 10 des GEG besagt, dass Neubauten als Niedrigstenergiegebäude zu bauen sind. Nach § 15 entspricht bei einem Niedrigstenergiegebäude der Jahres-Primärenergiebedarf für Heizung, Warmwasserbereitung, Lüftung und Kühlung dem 0,75fachen eines gleichartigen Referenzgebäudes. Das Referenzgebäude des GEG entspricht dem Referenzgebäude der ENEV 2014. Somit entspricht der Jahres-Primärenergiebedarf des GEG- Niedrigstenergiegebäudes dem des ENEV 2016-Referenzgebäudes. (vgl. 67 )
Als langfristiges Ziel wird ein klimaneutraler Gebäudestandard angestrebt, wobei aktuell für Neubauten das Niveau des GEG- bzw. ENEV2016-Referenzgebäudes als verpflichtender Energieeffizienzstandard einzuhalten ist. In Bezug auf die Graue Energie, d. h. die Primärenergiemenge, die während des Bauprozesses im Bauwerk vergegenständlicht wird, gibt es keine staatlichen Vorgaben.
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Abb. 11: Übersicht der rechtlichen Zusammenhänge in Europa und Deutschland. Das EnEG, die ENEV und das EEWärmeG sind seit dem 1.11.2020 in dem GEG zusammengeführt. Quelle: modifiziert nach68
Für Bestandsgebäude wurde bisher kein genereller Mindesteffizienzstandard festgelegt. Immerhin wurde gesetzlich vorgeschrieben, dass nach § 46 GEG Außenbauteile prinzipiell nicht in einer Weise verändert werden dürfen, dass die energetische Qualität des Gebäudes verschlechtert wird. Zudem dürfen die oberste Geschossdecke bzw. das Dach in der Regel einen U-Wert von maximal 0,24 W/(m2K) aufweisen. Werden größere Veränderungen an dem Gebäude vorgenommen, so müssen die in Tabelle 4 (Seite 27) aufgelisteten U-Werte eingehalten werden (§ 48 GEG). Größere Veränderungen sind Änderungen an Außenbauteilen, die mehr als 10 % der gesamten Fläche der jeweiligen Bauteilgruppe eines Gebäudes betreffen.
GEG-, EnEV-2014-, EnEV-2016-Referenzhaus. In den aufgeführten Gesetzen und Verordnungen wurden bautechnische Mindestanforderungen für den energiesparenden Wärmeschutz und die energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden verpflichtend vorgegeben. Der Primärenergieverbrauch nach GEG und EnEV-2016 beträgt das 0,75fache der EnEV-2014. Die Referenzgebäude sind unter anderem durch die U-Werte der Außenbauteile definiert (s. Tabelle 4).
KfW55, KfW40 und KfW40 Plus. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) unterstützt finanziell den Bau von neuen Wohngebäuden, die ein bestimmtes Energieeffizienzniveau erreichen. Je besser der energetische Standard, desto höher ist die Förderung. Die Zahlen geben an, dass der Primärenergiebedarf 55 % bzw. 40 % des EnEV-2014-Referenzgebäudes betragen darf. Bei KfW40 Plus ist zusätzlich eine stromerzeugende Anlage (z. B. Photovoltaik), ein Batteriespeicher und eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung gefordert.
Passivhaus. Passivhäuser sind sehr stark gedämmt und absolut luftdicht konstruiert, um die Wärmeverluste zu minimieren. Der Jahres-Heizwärmebedarf darf 15 kWh/(m2^a) und der Primärenergiebedarf darf inklusive Haushaltsstrom 120 kWh/(m2^a) nicht überschreiten.69
Nullenergiehaus. Ein Nullenergiehaus entspricht den Anforderungen eines Passivhauses, erzeugt aber zusätzlich über das Jahr gesehen mindestens so viel Energie wie es verbraucht. Die Energiegewinnung erfolgt z. B. über Photovoltaikanlagen. Das bedeutet nicht, dass das Gebäude energieautark ist, sondern dass die Energieüberproduktion, z. B. im Sommer, mit der Menge der anderweitig zugeführten Energiemenge, z. B. im Winter, verrechnet wird.
Effizienzhaus Plus. Ein Effizienzhaus Plus ist ein von der Bundesregierung geprägter Begriff eines P lusenergiehauses. Hierbei gewinnt das Gebäude über das Jahr gesehen mehr Energie aus erneuerbaren Energiequellen vor Ort als es für seinen Betrieb benötigt. Der Jahres-Primärenergiebedarf und der Jahres-Endenergiebedarf sind somit kleiner null. Die gesetzlichen Mindestanforderungen nach GEG müssen erfüllt werden, ansonsten besitzen die Architekten/-innen und die Bauherren/-innen aber volle Flexibilität, wie das Energieplus erzielt wird. Dies ist der wesentliche Unterschied zum Nullenergiehaus, bei dem die baulichen Anforderungen des Passivhauses erfüllt werden müssen.70
Energieautark. Energieautarke Gebäude haben in der Regel einen sehr hohen Energieeffizienzstandard und produzieren mindestens die gleiche Energiemenge, die sie selbst verbrauchen. Sie beziehen zu keiner Zeit Energie aus externen Quellen, auch nicht aus Festbrennstoffen, und speichern selbstproduzierte überschüssige Energie z. B. in Akkus oder in Form von Wasserstoff, um die Energie bei Bedarf selbst wieder abrufen zu können.
Aktivhaus. „Der Begriff Aktivhaus bezeichnet nicht primär einen qualitativ definierten Standard, sondern eine Planungsstrategie“71. Neben den gesetzlichen Anforderungen an die Energieeffizienz spielen technische (vernetzte) Systeme zur Minimierung der Energieverluste und des Energieverbrauchs eine entscheidende Rolle. Mit einem einfachen Gebäudemanagementsystem soll dem Nutzer eine einfache Steuerung des Gebäudes ermöglicht werden.72
In der Tabelle 4 sind der Heizwärmebedarf und die U-Werte der wichtigsten Energieeffizienzhaustypen zusammengestellt. Zum Vergleich, der durchschnittliche Heizwärmebedarf betrug in Deutschland im Jahr 2015 172 kWh/(m2^a).73 74 75 76 77 78 79 Für Gebäude nach GEG-Standard variieren die eingeforderten U-Werte der Bauteile je nach verwendeter Wärmequelle für Heizzwecke. Für das KfW40-Haus werden keine genauen U-Werte vorgegeben. Daher wurde hier eine Bandbreite von U-Werten aus realisierten Bauprojekten mit KfW40-Standard beispielhaft angegeben. In Tabelle 5 werden zur Veranschaulichung die Wandaufbauten und deren Wandstärken für drei Energieeffizienzstandards mit drei verschiedenen Materialkombinationen aufgelistet.
Tabelle 4: Heizwärmebedarf und U-Werte verschiedener Energieeffizienzhaustypen.
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Tabelle 5: Beispielhafte Wandaufbauten mit Kalksandstein, mit Tonziegeln oder in Holzständerbauweise für drei Energieeffizienzstandards. Alle Varianten sind mit jeweils 2 cm Putzsystem außen und innen zu verstehen. Quelle: Eigene Berechnung.
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Nach den gesetzlichen Vorgaben müssen für Neubauten der Mindestenergieeffizienzstandard des GEG und für Bestandsgebäude die oben beschriebenen Minimalanforderungen eingehalten werden (s. 2.1.3.1). Aber entsprechen diese Mindestvorgaben einem sinnvollerweise anzustrebenden Energieeffizienzstandard? Die Deutsche Energie-Agentur schreibt dazu: „Selbst bei einer zügigen Umsetzung aller anvisierten Maßnahmen wird es voraussichtlich nicht gelingen, die im Klimaschutzplan vorgesehene Reduktion der Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor auf 72 - 70 Mio. t zu erreichen“80.
Das bedeutet, dass für eine Einhaltung der Klimaschutzziele der Bundesregierung striktere Grenzwerte für die Transmissionswärmeverluste angestrebt werden müssen. „Laut Energieeffizienzstrategie (ESG) der Bundesregierung müssen Gebäude zum Erreichen der Klimaziele (Primärenergiebedarf des Gebäudesektors minus 80 Prozent bis 2050) im Mittel das Niveau eines KfW-Effizienzhauses 55 erreichen. Da dies nicht für alle Altbauten möglich ist, müssen Neubauten einen deutlich höheren Standard erreichen. Das KfW-Effizienzhaus 40-Niveau darf daher von Neubauten ab 2021 kaum noch überschritten werden“81.
Ein ähnliches Energieeffizienzniveau empfiehlt die Kommission für Nachhaltiges Bauen am Umweltbundesamt. „Grundlage für eine wirtschaftlich sinnvolle Umsetzung der Energiewende ist ein zukunftsfähiger Effizienzstandard, der ab 2021 eine wirtschaftliche Form heutiger Best-Practice-Techniken darstellen muss. Dazu erfordert das Referenzgebäude folgende Standards: Außenwand U < 0,16 W/(m2K) [bei sehr kompakten MFH U < 0,20 W/(m2K)], Dach U < 0,14 W/(m2K), Grund U < 0,20 W/(m2K), Fenster Uw < 0,8 W/(m2K)“82. Diese U-Werte bewegen sich im Bereich des KfW55- und KfW40- Standards.
Das Bundesbauministerium initiiert selbst Zukunftsprojekte mit Gebäuden, die ein höheres Energieeffizienzniveau als das gesetzlich vorgeschriebene Mindestmaß aufweisen. „Im Living Lab der FertighausWelt in Wuppertal sind 19 Effizienzhäuser Plus zentral in einer Siedlung untereinander vernetzt Die mittlere energetische Qualität der Modellvorhaben liegt schwerpunktmäßig beim KfW-Effizienzhaus 55 Niveau“83.
Es stellt sich die Frage, ob es sinnvoll wäre, einen noch höheren Standard, z. B. den des Passivhauses, anzustreben. Bei der Bewertung des Passivhauses ist zu bedenken, „dass ein Passivhaus, bedingt durch seinen systemischen Ansatz, stets als suboptimales Ergebnis zu bewerten ist. Der wesentliche Grund hierfür liegt darin, dass das Passivhaus über konstante, also invariante physikalische Eigenschaften verfügt. Es kann damit weder auf Veränderungen von außen (wie z. B. tages- oder jahreszeitabhängige solare Einstrahlungsintensitäten, Temperaturveränderungen, Regen- und Windverhältnisse) noch auf Veränderungen von innen (z. B. anwesende oder abwesende Bewohner) reagieren“84. In gewissem Maße werden die Nutzer diese Komforteinbußen sicherlich tolerieren. Der Passivhausstandard bietet den Vorteil, dass die Treibhausgasemissionen während des Betriebs des Gebäudes weiter gesenkt werden können. Allerdings nimmt durch den größeren Materialaufwand das Treibhauspotential der Grauen Energie stark zu. Entscheidend ist die Gesamtbilanz des Gebäudes, so dass alle Abschnitte des Lebenszyklus als Ganzes betrachtet werden müssen.
„Eine Diskussion besteht, ob und mit welchen Maßnahmenkombinationen ein klimaneutraler Gebäudebestand zu erreichen sei und welche Kosten damit verbunden sind. Bei der Ermittlung des Energiebedarfs von Gebäuden lag der Schwerpunkt bislang auf der Nutzungsphase der Gebäude. Bei einer ganzheitlichen energetischen Betrachtung von Gebäuden ist jedoch nicht nur der Energiebedarf im Gebäudebetrieb, sondern auch der Energieaufwand für die Herstellung, Instandhaltung und das Lebensende der Gebäudekonstruktion, die sogenannten „Grauen Energie“, von Bedeutung“85. Dies wird nachfolgend betrachtet.
Im Auftrag des Umweltbundesamtes wurde im Jahr 2019 eine Studie durchgeführt, in der der Energieaufwand für den gesamten Lebenszyklus von verschiedenen Gebäudetypen im Wohnungsbau untersucht wurde.86 Aufbauend auf einer Analyse der Bestandsgebäude wurden sogenannte Typengebäude mit den am häufigsten umgesetzten Kombinationen aus Gebäudehülle und Anlagentechnik definiert. Sowohl der Energieaufwand für die Konstruktion in der Herstellung, Instandsetzung und für das Lebensende (EoL) als auch der Energiebedarf im Betrieb wurden für zwei Typgebäude im Neubau und vier Typgebäude im Bestand mit insgesamt 400 verschiedenen Kombinationen untersucht (s. Tabelle 6). Betrachtet wurde die Höhe des Treibhauspotentials (GWP) und des kumulierten Energiebedarfs nicht erneuerbarer Energiequellen (KEAnr) auf Datenbasis der ÖKOBAUDAT 2015 in Relation zu den Lebenszykluskosten.87
Tabelle 6: Übersicht der untersuchten Parameter und Kombinationen in der Studie des Umweltbundesamtes.
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Die Auswertung der Studie zeigte, dass bei allen Gebäudetypen - Neubau-MFH (4,5 Geschosse, 20 Wohneinheiten), saniertes MFH, Neubau-EFH (2,5 Geschosse, eine Wohneinheit), zwei sanierte EFH-Typen, ein saniertes GMH (großes MFH, 8 Geschosse, 48 Wohneinheiten) - relativ ähnliche Ergebnisse ermittelt wurden. Beispielhaft sind in Abb. 12 die Ergebnisse der vergleichenden Untersuchung der Neubau-MehrfamilienhausVarianten dargestellt.
Einen großen Einfluss auf das Treibhauspotential hat laut der Studie die Art der Wärmeversorgung. Durch eine regenerative Wärmeversorgung können die CO2-Emissionen im Vergleich zu einer fossilen Versorgung stark reduziert werden (s. Abb. 12, links).
Die Installation einer Photovoltaikanlage (PV) führt bei allen Varianten zu einer wesentlichen Reduzierung der CO2-Emissionen bei nur minimal höheren Lebenszykluskosten.
Die Auswirkungen der unterschiedlichen Energieeffizienzstandards müssen für die Nutzung von fossilen und erneuerbaren Energieträgern getrennt betrachtet werden. Bei den Modellen mit fossiler Wärmeversorgung wird durch die Verbesserung der Energieeffizienz von EnEV- auf KfW55-Standard das Treibhauspotential deutlich gemindert und bei einer weiteren Verbesserung hin zum KfW40-Standard weiter reduziert. Bei der Nutzung von erneuerbaren Energiequellen zu Heizzwecken führt die Verbesserung des Dämmstandards von EnEV auf KfW55 nur zu einer leichten Reduzierung der CO2-Emissionen. Bei einer weiteren Verbesserung auf ein KfW40-Niveau sind in den meisten Varianten nur geringe Reduzierungen und in manchen Fällen sogar eine Erhöhung der CO2-Emissionen festzustellen. Dies begründet sich dadurch, dass der Konstruktionsaufwand für einen KfW40- Standard sehr hoch ist und der Anteil an Grauer Energie dadurch enorm gesteigert wird.
Dieser Effekt ist in ähnlicher Weise bei der Nutzung einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung zu beobachten. Bei den fossilen Heizsystemen erfolgt eine klare Reduzierung und bei den regenerativen Heizsystemen eine gleichbleibende Nivellierung bzw. sogar eine Zunahme der CO2-Emissionen. Hierbei ist zudem zu beachten, dass die Lebenszykluskosten durch die Installation einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung stark ansteigen (s. Abb. 12).
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Abb. 12: Verursachte CO2-Emissionen (Treibhauspotential GWP) im Verhältnis zu den Jahresgesamtkosten der Energiekonzepte eines Neubau-Mehrfamilienhauses. Die Kosten werden hierbei ohne und mit Förderungen differenziert betrachtet (linkes, rechtes Diagramm). In beiden Diagrammen werden unterschiedliche Heizsysteme, Dämmvarianten und Lüftungsarten vergleichend dargestellt. Bei der Fernwärme wurde zwischen fossilen Energiequellen (Primärenergiefaktor von fP = 0,7) und mit Anteil an regenerativen Energien (fP = 0,35) unterschieden. Quelle: modifiziert nach88
Werden die Förderprogramme der KfW und BAFA in Anspruch genommen, so können die Mehrkosten für eine verbesserte Dämmung gemäß KfW-Effizienzhaus 55 und KfW- Effizienzhaus 40 kompensiert werden (s. Abb. 12, rechts). Die Jahresgesamtkosten für Gebäude, die die Effizienzklassen KfW55 oder KfW40 erreichen, sind sogar niedriger als die vergleichbaren EnEV2016-Varianten.
In der Studie wurde vermerkt, durch welche Maßnahmenkombination welches Effizienzhausniveau erreicht wurde. Ausgehend von diesen gruppierten Varianten wurden die jeweils am häufigsten im Bestand umgesetzten Maßnahmenkombinationen aus Gebäudehülle und Anlagentechnik als übliche Varianten für ein EnEV2016-, Passiv-, Nullenergie- und Plusenergie-Haus definiert (s. Tabelle 7).
Tabelle 7: Übliche Varianten eines Neubau-MFH innerhalb der Studie. Quelle: 89
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Für diese üblichen Varianten wurde die Aufteilung der CO2-Emissionen im gesamten Lebenszyklus in Abb. 13 dargestellt. Wie erwartet, nehmen mit einer Verbesserung des Energieeffizienzstandards die CO2-Emissionen für den Gebäudebetrieb ab und die für die Konstruktion zu. Die konsequente Nutzung von lokal erzeugtem Strom führt zu einer Kompensation der nutzungsbedingten CO2-Emissionen.89 90 91
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Abb. 13: Aufteilung der CO2-Emissionen im Lebenszyklus für die üblichen Energieeffizienzhaustypen. Die linke Säulenseite zeigt die jeweiligen CO2-Emissionen für Konstruktion, Gebäudebetrieb und Nutzerstrom. Die rechte Säulenseite zeigt die CO2-Netto-Emissionen, die gegebenenfalls durch Gutschriften für den Strom, der mit Hilfe einer Photovoltaikanlage selbst produziert wurde, reduziert werden. Quelle: modifiziert nach 91
Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen wurden ökooptimierte Varianten des NeubauMFH entwickelt und untersucht (s. Tabelle 8). Hierbei wurden die üblichen Varianten soweit angepasst, dass in der Betrachtung des gesamten Lebenszyklus weniger Treibhausgasemissionen freigesetzt werden sollen.
Tabelle 8: Ökooptimierte Varianten eines Neubau-MFH innerhalb der Studie. Quelle: 92
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Bei allen Varianten ist eine deutliche Reduktion der CO2-Emissionen insgesamt und mit Ausnahme des Plusenergie-Standards auch für den Gebäudebetrieb festzustellen (s. Abb. 14 und Abb. 15). Bei den verbesserten Massivhaus-Varianten nimmt der Energieaufwand für die Konstruktion zu. Durch den Wechsel auf eine Holzbauweise nimmt die CO2-Belastung bei dem Nullenergie- und dem Plusenergiehaus weiter ab. Durch den Einsatz von Photovoltaik-Anlagen lassen sich die nutzungsbedingten CO2-Emissionen bei allen Varianten kompensieren, so dass bilanziell lediglich Emissionen im Umfang der Konstruktion verbleiben.
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Abb. 14: Aufteilung der CO2-Emissionen im Lebenszyklus für die ökooptimierten Energieeffizienzhaustypen. Die linke Säulenseite zeigt die jeweiligen CO2-Emissionen für Konstruktion, Gebäudebetrieb und Nutzerstrom Die rechte Säulenseite zeigt die CO2-Netto-Emissionen, die hier in allen Fällen durch Gutschriften für den Strom, der mit Hilfe einer Photovoltaikanlage selbst produzierten wurde, reduziert werden. Quelle: modifiziert nach92 93
[...]
1 Europäische Kommission. Directorate-General for Climate Action (DG CLIMA) 2017, S. 11; Fleig 2017.
2 Pachauri und Meyer 2016, S. 16.
3 Europäische Kommission 2020.
4 Pachauri und Meyer 2016, S. 2-5.
5 Pachauri und Meyer 2016, S. 61.
6 Pachauri und Meyer 2016.
7 Pachauri und Meyer 2016, S. 2.
8 Pachauri und Meyer 2016, S. 13.
9 Pachauri und Meyer 2016, S. 16.
10 Pachauri und Meyer 2016, S. 47.
11 Friedrichsen 2018, S. 95.
12 Duran et al. 2019, S. 12.
13 Friedrichsen 2018, S. 95.
14 DENA, Deutsche Energie-Agentur GmbH 2019, S. 10.
15 Europäische Kommission. Directorate-General for Climate Action (DG CLIMA) 2019.
16 Europäische Kommission. Directorate-General for Climate Action (DG CLIMA) 2018.
17 Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union 30.05.2018.
18 BMU, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit 2016, S. 28.
19 BMU, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit 2016, S. 8.
20 BMU, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit 2016, S. 8.
21 BBSR, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2019a, S. 7.
22 Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2014, S. 8-14.
23 Bigalke 2016, S. 14 f.
24 Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2014, S. 8-14.
25 Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2014, S. 8-14.
26 Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2014, S. 23.
27 Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2014, S. 23.
28 Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2014, S. 11.
29 Destatis 2018, 2020.
30 Busemann 2013.
31 DIN EN 15643-2, S. 10-15; Fisch et al. 2018, S. 97 f.
32 Dettmar et al. 2020, S. 136.
33 Hegger 2013, S. 59.
34 Hegger et al. 2008, S. 44.
35 UBA 2020b.
36 Hoffmann 2016.
37 BBSR, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2019a, S. 7.
38 Mösle et al. 2018, S. 64.
39 BBSR, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2019a, S. 33.
40 BBSR, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2019a, S. 15.
41 BBSR, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2019a, S. 9.
42 BBSR, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2019a, S. 29; Hegger et al. 2008, S. 50.
43 DIN EN 15643-2, S. 14-16; Bibliographisches Institut GmbH und Munzinger-Archiv GmbH 2019; Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH 2018.
44 Braune et al. 2018, S. 13; Duran et al. 2019, S. 7.
45 Günther 2018; Gebhardt 2020.
46 BBSR, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2019a, S. 73.
47 Duran et al. 2019, S. 37; Cillia 2019, S. 44.
48 DIN EN 15643-2, S. 8; BBSR, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2019a, S. 18.
49 Hegger 2013, S. 41.
50 Bauer et al. 2013, S. 15.
51 BBSR, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2019b, S. 8; BBSR, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2019a, S. 26-33.
52 Europäische Kommission. Directorate-General for Climate Action (DG CLIMA) 2017, S. 18-32.
53 Europäische Kommission. Directorate-General for Climate Action (DG CLIMA) 2017, S. 37.
54 Destatis 2020.
55 Hegger et al. 2008, S. 20.
56 Hegger et al. 2008, S. 20.
57 Hegger et al. 2008, S. 21.
58 Mäckler et al. 2014, S. 16.
59 Braune et al. 2018, S. 10.
60 Hegger et al. 2008, S. 22.
61 Braune et al. 2020b, S. 6.
62 Hausladen et al. 2012, S. 32, 36, 64.
63 Hausladen et al. 2012, S. 70.
64 BMU, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit 2016, S. 8.
65 Braune et al. 2020b, S. 8.
66 Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union 30.05.2018.
67 GEG_BGBl. I 2020.
68 Fisch et al. 2018, S. 10.
69 Maas 2016, S. 9.
70 Fisch et al. 2018, S. 11.
71 Hegger 2013, S. 72.
72 Hegger 2013, S. 92.
73 Bigalke 2016, S. 14 f.
74 ENEV2016-BGBl. I 2013.
75 GEG_BGBl. I 2020, S. 1780, Anhang 5.
76 GEG_BGBl. I 2020, S. 1783, Anhang 7.
77 KfW Bankengruppe 2020, S. 3.
78 Beispieldatensätze aus: Mahler et al. 2019, S. 143-147; Energieberatung Leppig 2020.
79 Passivhaus Institut 2016.
80 DENA, Deutsche Energie-Agentur GmbH 2019, S. 31.
81 Tuschinski 2017, S. 13.
82 Kommission Nachhaltiges Bauen am Umweltbundesamt 2019, S. 7.
83 Alten 2018, S. 39.
84 Hegger 2013, S. 16.
85 Mahler et al. 2019, S. 19.
86 Mahler et al. 2019.
87 Mahler et al. 2019, S. 8, 34.
88 Mahler et al. 2019, S. 47.
89 Mahler et al. 2019, S. 44.
90 Mahler et al. 2019, S. 48.
91 Mahler et al. 2019, S. 49.
92 Mahler et al. 2019, S. 52.
Die Masterarbeit soll Architekten und Planern konkrete Handlungsempfehlungen geben, wie Wohngebäude mit einem möglichst geringen CO2-Fußabdruck in der gemäßigten Klimazone gebaut und saniert werden können. Der Planungsleitfaden ist ein Maßnahmenkatalog, aus dem die ökologisch sinnvollsten Bausteine für das jeweilige Bauvorhaben ausgewählt werden können, um CO2-Emissionen zu reduzieren.
Die Masterarbeit legt die Grundlagen und Fakten zum Klimawandel dar, definiert relevante Begrifflichkeiten (Treibhausgase, Energie, Umweltschutz, Nachhaltigkeit, Ressourcen, Recycling, Ökobilanzierung) und analysiert den Einfluss des Bausektors auf den Klimawandel.
Der Planungsleitfaden konzentriert sich hauptsächlich auf die Einsparung von CO2-Emissionen im gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes (Herstellung, Nutzung, Instandsetzung, Entsorgung) und berücksichtigt die Besonderheiten des Wohnungsbaus in der gemäßigten Klimazone der Nordhalbkugel.
Der Planungsleitfaden diskutiert verschiedene Energieeffizienzstandards (GEG-Referenzhaus, KfW-Effizienzhäuser, Passivhaus, etc.) und empfiehlt einen sinnvollerweise anzustrebenden Standard, der ein möglichst geringes Treibhauspotential über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes gewährleistet. Er berücksichtigt die Erkenntnisse aus der Studie des Umweltbundesamtes von 2019 zum Energieaufwand für den gesamten Lebenszyklus von verschiedenen Gebäudetypen.
Die Studie des Umweltbundesamtes 2019 zeigt, dass die Art der Wärmeversorgung einen großen Einfluss auf das Treibhauspotential hat und dass durch eine regenerative Wärmeversorgung die CO2-Emissionen stark reduziert werden können. Die Installation einer Photovoltaikanlage führt zu einer wesentlichen Reduzierung der CO2-Emissionen. Die Auswirkungen der unterschiedlichen Energieeffizienzstandards müssen für die Nutzung von fossilen und erneuerbaren Energieträgern getrennt betrachtet werden. Bei der Nutzung von erneuerbaren Energiequellen führt die Verbesserung des Dämmstandards von EnEV auf KfW55 nur zu einer leichten Reduzierung der CO2-Emissionen und bei einer weiteren Verbesserung auf ein KfW40-Niveau sind in manchen Fällen sogar eine Erhöhung der CO2-Emissionen festzustellen.
Der Planungsleitfaden berücksichtigt die drei Nachhaltigkeitsstrategien: Effizienzstrategie (mit möglichst geringem Ressourceneinsatz möglichst viel erreichen), Konsistenzstrategie (Nutzung möglichst naturverträglicher Ressourcen) und Suffizienzstrategie (Reduktion des Ressourcenverbrauchs, Genügsamkeit und reduzierter Konsum).
Die wichtigsten Begrifflichkeiten sind Treibhausgase (CO2-Äquivalente), Primärenergie, Endenergie, Nutzenergie, Graue Energie, Umweltschutz, Nachhaltigkeit (ökologische, ökonomische und soziale Aspekte), Ressourcen (erneuerbare und nicht erneuerbare), Recycling und Ökobilanzierung (Lebenszyklusanalyse).
Bei der Bewertung von Baumaterialien und Bauteilen liegt der Fokus auf dem geringsten CO2-Ausstoß über den gesamten Lebenszyklus, einschließlich Herstellung, Transport, Einbau, Betrieb, Rückbau und Recycling.
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