Diplomarbeit, 2004
164 Seiten, Note: 2,0
Geowissenschaften / Geographie - Bevölkerungsgeographie, Stadt- u. Raumplanung
1. Einführung in die Arbeit
1.1. Problemstellung
1.2. Zielsetzung und Fragestellungen
1.3. Methodisches Vorgehen
1.4. Aufbau der Arbeit
2. Strukturwandel und Wohnen in der Stadt
2.1. Definition und Ursachen
2.2. Folgen
2.2.1. Allgemeine Folgen
2.2.2. Räumliche Auswirkungen
2.2.3. Folgen im Bereich Wohnen
2.2.4. Folgen für Lebensstile und soziale Leben
3. Zwischen Konzentration und Zersiedlung
3.1. Europäische Stadt
3.2. Suburbia
3.3. Zwischenstadt
3.4. Dezentrale Konzentration
4. New Urbanism
4.1. Definition und Ursprünge
4.2. Ziele, Grundsätze und Prinzipien
4.3. Gestalterische Aspekte
4.3.1. Historismus
4.3.2. Neotraditionalismus
4.3.3. Regionalismus
4.4. Umsetzungsbeispiele
4.4.1. Seaside (USA)
4.4.2. Brandevoort (Niederlande)
4.4.3. Kirchsteigfeld (Potsdam)
4.4.4. Tacheles (Berlin)
4.4.5. Ostseebad Heiligendamm
4.5. Positionierung
4.5.1. Positive Ansätze
4.5.2. Negative Ansätze
5. Anforderungen an Revitalisierung 63
5.1. Grundbedürfnisse und Anforderungen
5.2. Ansprüche der Nutzer
5.3. Ansprüche an den Wohnungsmarkt
5.4. Ansprüche an den Standort
5.5. Hinderungsgründe am Bestand
6. Alter Schlachthof in Gladbeck – ein Denkanstoß 73
6.1. Die Stadt Gladbeck
6.2. Situation am ehemaligen Schlachthof
6.3. Der Entwurf
6.4. New Urbanism in Gladbeck
7. Textilfabriken an der Industriestraße in Bocholt 83
7.1. Die Stadt Bocholt
7.2. Makroanalyse
7.2.1. Erreichbarkeit
7.2.2. Bevölkerung und Arbeitsmarkt
7.2.3. Zentralörtliche Funktion
7.2.4. Einzelhandel
7.2.5. Wohnungsmarkt
7.3. Situation an der Industriestraße
7.4. Mikroanalyse
7.4.1. Erreichbarkeit
7.4.2. Bau- und Planungsrecht
7.4.3. Denkmäler und lokale Besonderheiten
7.5. SWOT-Analyse
7.6. Wohnwelt der Zukunft
7.7. New Urbanism in Bocholt
8. Übertragbarkeit des New Urbanism
9. Fazit
10. Abkürzungsverzeichnis
11. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
12. Literatur, Artikel und Vorträge
13. Internetlinks
Anhang (Interviews)
a. Regina Höbel (InWIS, Bochum)
b. Roswitha Sinz (VdW Rheinland Westfalen, Düsseldorf)
c. Rob van Gool (TU Karlsruhe)
d. Frank Roost (TU Berlin)
e. Wolfgang Kiehle (Wohnbund, Bochum)
f. Michael Stojan (Stadt Gladbeck)
g. Ulrich Paßlick (Stadt Bocholt)
In diesem einleitenden Kapitel wird ein Überblick über die Problemstellung, Zielsetzung und Fragestellungen gegeben sowie das methodische Vorgehen und der Aufbau der vorliegenden Arbeit beschrieben.
Nordrhein-Westfalen (NRW) als bevölkerungsreichstes Bundesland hat in den letzten Jahrzehnten einen Umbruch erlebt, wie ihn sonst nur wenige Regionen vorweisen können. Hatten Anfang des letzten Jahrhunderts noch der Bergbau und die Stahlproduktion den größten Anteil an der Wirtschaftsleistung des Ruhrgebiets, so sind bis heute auf Grund der Tertiärisierung der Wirtschaft viele Arbeitsplätze verloren gegangen, die durch den Dienstleistungssektor nicht vollständig kompensiert wurden. Die ehemaligen Produktionsstandorte nehmen große Flächen in Anspruch, haben zum Teil bis heute keine neue Nutzung erfahren und liegen brach.
„Mit dem wirtschaftlichen Strukturwandel sind Industriebrachen zu einem zentralen Problem von Industrieregionen geworden. Die aufgegebenen Standorte behindern oft über Jahre die Entwicklung der Städte. (...) Die Wiedernutzung brachgefallener Areale mit integrierter Lage hat eine städtebauliche, ökologische und qualitative Dimension“ 1 .
Dem allgemein anhaltenden Trend zur Suburbanisierung, der so genannten Stadtflucht, konnte bisher nicht gänzlich Einhalt geboten werden. Viele Menschen sehen im Eigenheim vor den Toren der Stadt weiterhin das erstrebenswerte Wohnumfeld. In diesem Zusammenhang ist besonders die Tatsache interessant, dass in NRW auf Grund des Strukturwandels viele Industriebrachen entstanden sind, die mit neuen Nutzungen auszufüllen sind. Diese Brachflächen bergen innenstadtnah ein enormes Potenzial, aktuelle Bevölkerungsbewegungen zwar nicht vollständig umzukehren, wenigstens aber zu verlangsamen.
Die vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich in diesem Zusammenhang mit der aus den USA stammenden Städtebaureformbewegung des New Urbanism, die sich als Antwort auf die suburbane Zersiedlung versteht. Diese Bewegung steht mittlerweile in der Diskussion beiderseits des Atlantiks. Der großen Anzahl an Befürwortern steht eine ebenso große Anzahl an Kritikern gegenüber. Anhand eines konkreten Beispiels soll aufgezeigt werden, wie eine innerstädtische Brachfläche als Wohnwelt der Zukunft entwickelt werden kann.
Auf Grund der erwähnten Tatsachen – innerstädtische Brachflächen versus Stadtflucht – bietet es sich an, ehemalige Industrieareale aus NRW beziehungsweise dem Ruhrgebiet als Untersuchungsbeispiele zu behandeln.
Das Ergebnis beziehungsweise die Zielsetzung soll sein, nach der Bearbeitung dieser Diplomarbeit Aussagen darüber treffen zu können, wie sich eine Wohnwelt der Zukunft gestalten kann. Dies soll an einem konkreten Beispiel – den ehemaligen Textilfabriken an der Industriestraße in Bocholt – in einer Handlungsempfehlung geschildert werden. Dabei werden die verschiedenen Einflüsse und Ansprüche an den Standort, die sich auf die Wohnortentscheidung seitens der künftigen Nutzer auswirken, herausgearbeitet. In diesem Zusammenhang wird sich kritisch mit dem New Urbanism auseinandergesetzt und untersucht, ob und mit welchen Instrumenten oder Ansätzen er dazu beitragen kann, die Probleme der Stadtflucht und Zersiedlung zu lösen.
Der Fokus der Arbeit liegt in der Bearbeitung von Fragestellungen im Bereich des Wohnungsmarktes beziehungsweise der Wohnungswirtschaft. Folgende Fragen werden im Rahmen dieser Arbeit erforscht:
- Welche räumlichen und sozialen Auswirkungen hat der Strukturwandel?
- Was sind die aktuellen Anforderungen der Nutzer an das Wohnen und das direkte Wohnumfeld? Welche Einflüsse sind hierbei zu beachten?
- Wie reagieren die Wohnungswirtschaft und der Markt auf aktuelle demografische Tendenzen?
- Kann (Industriegebäude-) Bestand umgewandelt werden? Was sind Hinderungsgründe?
- Wie reagiert der New Urbanism auf die suburbane Zersiedlung?
- Was kann der New Urbanism für oder in Deutschland leisten? Ist er auf hiesige Verhältnisse übertragbar?
- Ist der New Urbanism eine geeignete Strategie, um den Abwanderungsprozess ins Umland der Städte zu stoppen?
- Wie kann mit innerstädtischen Brachflächen umgegangen werden?
- Welche Angebote versprechen Erfolg?
- Wie können Wohnwelten der Zukunft erschaffen werden, die der Markt tragen kann?
Zu Beginn erfolgte eine Literaturrecherche über den Strukturwandel, über verschiedene städtebauliche Leitbilder und Planungsansätze im Umgang mit der Stadt sowie über den New Urbanism. Eine große Hilfe stellte dabei das Internet dar, welches eine Fülle an aktuellsten Informationen bereithält.
Anschließend wurde die Suche nach einem passenden Untersuchungsgebiet durchgeführt. Im Rahmen eines Gespräches über „NRWurbanism“ im Europäischen Haus der Stadtkultur in Gelsenkirchen im Sommer 2003 boten sich zwei potenzielle innerstädtische Brachflächen an: zum Einen das Areal des ehemaligen Schlachthofes in Gladbeck und zum Anderen eine Fläche an der Industriestraße in Bocholt. Nachdem beide Standorte besichtigt wurden, stellte sich heraus, dass das Gladbecker Beispiel, für das bereits ein fertiger Entwurf mit dem Label New Urbanism existiert, als Einstieg für den analytischen Teil dienen kann. Mit den gewonnenen Erkenntnissen aus Gladbeck und der theoretischen Arbeit zu den oben genannten Bereichen konnte das Beispiel in Bocholt nach mehreren Ortsbegehungen und geführten Gesprächen mit verschiedenen Ansprechpartnern aus der Stadtverwaltung in Bocholt näher beleuchtet werden.
„Da Experten Sachverständige für ihr spezielles Arbeits- oder Forschungsfeld sind und sich bei ihnen theoretisches Wissen und praktische Erfahrung miteinander verbinden, können Experten qualifiziert Auskunft und Hinweise bezüglich einer Problemstellung geben“ 2 .
Insgesamt wurden sieben Experteninterviews zwischen Dezember 2003 und März 2004 mit Fachleuten aus der Wohnungswirtschaft und dem universitären Lehrbetrieb sowie mit Verantwortlichen der Stadtplanung in Gladbeck und Bocholt geführt, um Informationen über die Anforderungen der Nutzer an das Wohnen und Wohnumfeld zu erhalten. Die interviewten Personen waren – abgesehen von einer Ausnahme – beim erwähnten „NRWurbanism“-Gespräch anwesend und konnten daher Aussagen über den New Urbanism treffen. Eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Reformbewegung war damit gewährleistet. Die Gespräche wurden als fokussierte Interviews geführt. Dabei handelt es sich um eine teilstrukturierte Form der Befragung. Das Gespräch basiert auf vorgefertigten Fragen in Form eines Leitfadens, deren Reihenfolge jedoch offen bleibt. Dem Befragten bietet sich dadurch die Möglichkeit, sehr frei zu erzählen. Sich durch die Antwort ergebene Themen können vom Interviewer aufgenommen und verfolgt werden. Alle Gespräche wurden aufgezeichnet und konnten daher später niedergeschrieben werden.
Die gesammelten Informationen wurden anschließend analysiert und für die weitere Arbeit im konzeptionellen Teil ausgewertet. Die Aussagen aus den Interviews wurden jedoch nicht nur im Konzept verwendet, sondern fanden auch in anderen Abschnitten Berücksichtigung, da die Experten zu mehreren Themenfeldern wie zum Beispiel den Anforderungen der Nutzer an das Wohnen oder zum New Urbanism fachlich versierte Aussagen treffen konnten.
Die Analyse wurde durch die Auswertung der Interviews und des Einstiegsbeispiels in Gladbeck eingeleitet. Auf Bocholter Ebene wurden drei verschiedene Analysen durchgeführt: die Makro-, Mikro- und SWOT-Analyse. Diese – ursprünglich in der Betriebswirtschaft beheimateten – Analysen untersuchen die städtischen Rahmenbedingungen (Makroanalyse), die sich auf das Areal an der Industriestraße auswirken, sowie das Gelände der Textilfabriken (Mikroanalyse). In den Analysen wurden Stärken und Schwächen herausgearbeitet und in der SWOT-Analyse durch Chancen und Risiken ergänzt. Stärken und Schwächen sind Gegebenheiten, die es aus- beziehungsweise abzubauen gilt; Chancen und Risiken hingegen stellen Ansatzpunkte dar, die hin zu Stärken entwickelt oder aber denen entgegen gewirkt werden sollten.
Das Konzept wurde nach Durchführung der verschiedenen Analysen verfasst und stellt im Fall Bocholt eine Handlungsempfehlung für den Umgang mit der Fläche und im Fall der Übertragbarkeit des New Urbanism einen Lösungsansatz dar.
Hinweis:
Aus Gründen der Übersichtlichkeit erfolgen Quellen- und Literaturangaben nicht im Fließtext, sondern in den Fußnoten. Bei Quellen aus dem Internet werden nur die Domains angegeben, jedoch ist im Linkverzeichnis der vollständige Pfad mit Datum angegeben, der damit eindeutig zuzuordnen ist.
Abb. 1: Aufbau der Arbeit 3
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bisher wurde in der Einführung (Kapitel 1) auf die Problemstellung, Zielsetzung und Fragestellungen sowie methodische Vorgehensweise eingegangen.
Die theoretischen Grundlagen für die Arbeit werden in den folgenden Kapiteln 2 bis 4 behandelt. Kapitel 2 geht auf den Strukturwandel vor dem Hintergrund Wohnen in der Stadt ein. In Kapitel 3 werden verschiedene Leitbilder im Umgang mit der Stadt thematisiert. Kapitel 4 setzt sich mit der Städtebaubewegung des New Urbanism als ein zentrales Element der Diplomarbeit auseinander.
Die Analyse beginnt in Kapitel 5. Dort werden Anforderungen seitens der Nutzer an den Wohnungsmarkt dargestellt. Verschiedene Ansprüche sowie Hinderungsgründe, die sich bei der Revitalisierung eines Standortes ergeben können, werden daraufhin thematisiert. Das Beispiel Schlachthofgelände in Gladbeck dient als Anregung für den konzeptionellen Teil und wird in Kapitel 6 betrachtet. Kapitel 7 beleuchtet das Fallbeispiel der ehemaligen Textilfabriken an der Industriestraße in Bocholt aus verschiedenen Perspektiven hinsichtlich der Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken mit Hilfe der verschiedenen Analysen: Makro-, Mikro- und SWOT-Analyse.
Der konzeptionelle Teil behandelt das Untersuchungsgebiet an der Industriestraße als Wohnwelt der Zukunft und beginnt im letzten Abschnitt des Kapitels 7. Die Übertragbarkeit des New Urbanism auf hiesige Verhältnisse wird im Kapitel 8 auf der Basis der Darstellungen aus dem theoretischen und analytischen Teil untersucht.
Abschließende Aussagen und Schlussfolgerungen aus der Bearbeitung der Diplomarbeit werden in Kapitel 9, dem Fazit, getroffen.
Der Strukturwandel hat in den letzten Jahrzehnten enorme Veränderungen nicht nur in den Städten verursacht. Daher beschäftigt sich das Einstiegskapitel mit diesem, weiterhin aktuellen, Phänomen. Zunächst wird der Strukturwandel definiert, um daraufhin auf Ursachen und Folgen für den Städtebau und das Wohnen in der Stadt einzugehen.
Das Kompositum Strukturwandel setzt sich aus zwei Begriffen zusammen; die hier aufgeführten Definitionen verstehen sich als Grundlage für die weitere Arbeit.
Der Begriff Struktur kommt aus dem Lateinischen und bezeichnet Ordnung, Bauart, gegliederter Aufbau, innere Gliederung, relativ stabile oder auch bestimmte Gesetzmäßigkeit. Das Wort Wandel bedeutet Veränderung oder Metamorphose einer bestehenden Sache.
Abb. 2: Strukturwandel im Vier-Sektoren-Modell4
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Unter Strukturwandel wird die kontinuierliche Veränderung der Gesellschaft beziehungsweise der wirtschaftlichen Produktionsfaktoren von der Agrar- über die Industrie- hin zur Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft verstanden, die durch die Veränderung von Arbeitsplatzanteilen beziehungsweise Anteilen der Bruttowertschöpfung der einzelnen Sektoren an der Gesamtwirtschaft beschrieben wird. Als primärer Sektor wird die Landwirtschaft bezeichnet, der sekundäre Sektor umfasst die Industrie und das produzierende Gewerbe, den tertiären Sektor nehmen die Dienstleistungen ein. Das in der obigen Abbildung dargestellte Vier-Sektoren-Modell ist eine Differenzierung des Drei- Sektoren-Modells: Informationsberufe sind dort Teil der Dienstleistung. Der Strukturwandel manifestiert sich in längerfristigen Prozessen, die unabhängig von der Konjunktur und saisonal bedingten Schwankungen am Arbeitsmarkt eintreten5.
„Gemessen an der Bruttowertschöpfung, betrug der Anteil der Landwirtschaft 1973 noch 3%, 1992 nur noch 1.2%; das Waren produzierende Gewerbe konnte 1973 noch 48.7% auf sich vereinigen und trug 1992 nur noch mit 38.1% zur gesamtwirtschaftlichen Produktion bei. Die Dienstleistungen erhöhten somit in dieser Periode ihr Gewicht von 48.3% auf 60.6%“ 6 .
Ursächlich für den Strukturwandel zeichnet die voranschreitende Automatisierung in der Landwirtschaft und der Industrie. Die Intensivierung der Agrarwirtschaft zum Beispiel durch den Einsatz von Düngemitteln und Maschinen hat zur Folge, dass zunehmend weniger menschliche Arbeitskraft benötigt wird. Im industriellen Bereich setzte zunächst die Spezialisierung und Arbeitsteilung ein. Die Massenproduktion, die Anfang des letzten Jahrhunderts von Henry Ford in großem Stil angestoßen wurde, trug einen wesentlichen Anteil zur personellen und räumlichen Arbeitsteilung bei. Heute werden verstärkt Roboter und Computer eingesetzt und weiter entwickelt. Hier fand eine Verlagerung von manueller Arbeit auf die Anwendung, Programmierung und Betreuung von Computern und Software statt, deren Automatisierung und Effizienzsteigerung geht besonders schnell voran7.
„Strukturwandel geht also einher mit der elektrischen, technischen und wirtschaftlichen Weiterentwicklung. Mit der Entstehung neuer Technologien entstehen neue Fachbereiche. Das heißt, es entstehen neue Berufe mit relativ hoher Qualifizierung und Spezifikation“ 8 .
Fortschritte in Landwirtschaft und Produktion führten einerseits zur Freisetzung von Arbeitskräften durch Rationalisierungsmaßnahmen zur Kostensenkung, andererseits jedoch auch zu mehr Wohlstand. Als unmittelbare Folge eines gestiegenen Wohlstands, welcher besonders nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzte, entstand die Nachfrage nach Dienstleistungen. Außerdem ist der Anstieg des Anteils der Dienstleistungen auf die Ausgliederung von Unternehmensteilen zurückzuführen. Eine internationale Definition bei der Einordnung von Arbeitsplätzen ist jedoch nicht vorhanden: dieselbe Tätigkeit kann beispielsweise in den USA als Dienstleistung deklariert werden, während diese Beschäftigung hierzulande in den produzierenden Sektor fällt9.
Im folgenden Abschnitt wird auf die Folgen des Strukturwandels eingegangen. Zunächst werden allgemeine Effekte für Arbeitskräfte und sonstige aktuelle Trends dargestellt, worauf die städtebauliche Auswirkungen und die Veränderungen, die sich im Wohnbereich und den Lebensstilen verdeutlichen, beschrieben werden. An dieser Stelle sei explizit darauf hingewiesen, dass die Folgen nicht isoliert von einander zu betrachten sind, sondern sich gegenseitig bedingen können.
Beim Wandel von der fordistischen Arbeitswelt zur so genannten Dienstleistungsgesellschaft sind die offensichtlichsten Folgen, dass Arbeitsplätze für Ungelernte tendenziell abnehmen. Durch spezialisierte Schlüsseltechnologien und vermehrten Einsatz von Computern und Maschinen werden durch Rationalisierung einerseits immer größere Einheiten produziert und andererseits immer weniger Arbeitskräfte in der Produktion, deren Qualifikation außerdem sehr hoch sein muss, gebraucht10. Daraus resultiert ein Verlust der Arbeit vieler Menschen wegen Unterqualifizierung. Tätigkeiten in Dienstleistungen sind hoch bezahlt und bedürfen einer höheren Ausbildung als Facharbeiterberufe. Eine Art Teufelskreis entsteht: ohne nötige Qualifikation ist ein neuer Arbeitsplatz nicht in Sicht, weiterhin sind viele entlassene Arbeitnehmer mittlerweile zu alt oder bereits von Arbeitslosigkeit betroffen und können diesem Teufelskreis nur schwer entgehen. Von den erwähnten Rationalisierungen profitieren zunächst die Unternehmer durch Zusatzprofite oder die Konsumenten durch Preissenkungen. Preissenkungen erhöhen das Realeinkommen, was für die Entlassenen nun nicht zutrifft, da sie sich in der Arbeitslosigkeit befinden und ihnen in der Regel weniger Geld zur Verfügung steht11.
Ein weiterer Schritt ist der aktuelle Trend zur Wissens- und Informationsgesellschaft. Die Dienstleistungen im Drei-Sektoren-Modell erfahren hier eine Differenzierung durch das Internet und die verschiedenen Medien als vierten Arbeitgeber. Die Zuwächse in diesem Bereich sind in der Effizienzsteigerung begründet.
„Durch die Globalisierung und den Strukturwandel ist ein starker Wettbewerb zwischen den Standorten entstanden: Firmen siedeln sich dort an, wo die besten Arbeitskräfte zum niedrigsten Lohn, sowie die beste Infrastruktur und Verkehrsanbindung verfügbar sind“ 12 .
Auf Grund dessen müssen Kommunen darauf achten, Zukunftstechnologien anzusiedeln, damit freigesetzte Arbeitnehmer nicht abwandern und ganze Regionen in der Entwicklung zurückbleiben und somit ökonomisch, sozial und ökologisch instabil werden. Hier muss sich die Wirtschaftsförderung in Verbindung mit dem Stadtmarketing in die Pflicht genommen sehen13.
Indes steht noch nicht fest, in welche Richtung sich die Gesellschaft entwickelt: Postindustrialisierung, Single-Haushalte, Überalterung oder Globalisierung. Diese Begriffe sind zu ungenau, um die aktuellen Trends hinreichend zu beschreiben14. Der demografische und sozioökonomische Wandel der Gesellschaft ist mit einigen Schlagworten zu benennen:
„Weniger. Älter. Bunter“ 15 .
Die Bevölkerung nimmt ab, der Anteil der älteren Menschen steigt rapide an, ebenso die absolute und relative Anzahl der Menschen mit Migrationshintergrund. In der Sozialstruktur drückt sich das in Form einer steigenden Anzahl von Single-Haushalten – wobei darauf hinzuweisen ist, dass auch eine Zunahme von Witwen in höherem Alter mit einbezogen werden muss – und alleinerziehenden Eltern sowie so genannten DINKs (Double Income, no Kids) aus16.
Der Strukturwandel hat auf das städtebauliche Nutzungsgefüge einen permanenten und tief greifenden Einfluss.
„Einerseits ändert sich die Bedeutung der einzelnen Grundfunktionen wie Wohnen, Arbeiten, Freizeit, Erholung, Versorgung und Mobilität im Verhältnis zueinander kontinuierlich; andererseits ändert sich die Art und Weise, wie diese Grundfunktionen erfüllt werden, beispielsweise, wie sich die für die jeweilige Nutzung erforderlichen Räume/Flächen nach Dimension, Emissionen, Verkehrsaffinität und weiteren Eigenschaften konkret darstellen“ 17 .
Diese Veränderung geht mit einem unverminderten Landschaftsverbrauch einher; der Ausdruck
„Flächenfraß“ erscheint indes angebrachter. Täglich werden über 100 Hektar Land für Wohn-, Gewerbe- und Verkehrszwecke auf bis dato unbebauter Fläche neu besiedelt. Gleichzeitig liegen paradoxer Weise in den Agglomerationen über 40.000 Hektar brach18.
„(...) [Am] 19. April 2004 [wurde] unter dem Titel ‚Mehr Wert für die Fläche – das 30-Hektar-Ziel 2020’ die Empfehlung des ‚Rates für Nachhaltige Entwicklung’ zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme der Öffentlichkeit vorgestellt.
Die Bundesregierung möchte die Inanspruchnahme von Flächen durch Gewerbe- und Wohnbauten sowie den Verkehr von derzeit 105 Hektar auf maximal 30 Hektar pro Tag reduzieren. Dies soll verhindern, dass in 80 Jahren die gesamte Fläche der Bundesrepublik baulich genutzt würde“ 19 .
Steigender Flächenverbrauch ist nach dem Zweiten Weltkrieg als Wohlstandseffekt zu betrachten, denn real steigende Einkommen drücken sich unmittelbar in privatwirtschaftlicher Bautätigkeit aus20.
Im Rahmen des Strukturwandels, der vielerorts mit dem Erliegen der Industrie verbunden ist, sind viele Flächen brachgefallen. Besonders flächenintensiv sind dem Bergbau folgende Industriezweige wie die Stahlindustrie. Diese ehemaligen Werke befanden sich nicht selten in direkter Nähe zur Innenstadt, zumindest aber in der Nähe des Wohnortes der Arbeiter. In vielen Städten stellen sie heute ein Makel im öffentlichen Stadtbild dar und warten weiterhin auf Revitalisierung und Nachnutzung. Diese Ruinen entwickeln durch eine Umkodierung dennoch einen gewissen Charme, denn häufig sind die Gebäude mit einer als schön empfundenen Architektur versehen, die beispielsweise im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Emscherpark kulturellen Nutzungen zugeführt wurden21.
Als unmittelbare Folge des Strukturwandels hat sich mit fortschreitender Zeit die Suburbanisierung beschleunigt und umfasst alle Lebensbereiche, denn die Flächenverfügbarkeit steigt mit dem Quadrat der Entfernung vom Stadtzentrum. In der ersten Phase ziehen zunächst zahlungskräftige Familien in die Vorstädte; Arbeitsplätze, Einkaufsangebote und Kultureinrichtungen befinden sich weiterhin in der Kernstadt. Ihnen folgen in der nächsten Phase Supermärkte mit Waren des täglichen Bedarfs, einzelne Fachmärkte und später qualitativ hochwertige Shopping Malls. In der dritten Phase verlagern sich die Wohnfolgeeinrichtungen wie Kindergärten und Grundschulen sowie weitere Einrichtungen der sozialen Infrastruktur. In dieser Zeit haben sich gewerbliche Betriebe noch billiges Bauland beschafft und expandieren weiter; Agglomerationsvorteile werden durch Gewerbeparks geschaffen. Als nächster Schritt verlegen Büronutzungen und Headquarters von Firmen ihre Sitze in die prestigeträchtigen, verkehrlich bestens angeschlossenen Vororte. Da sich nun ein Großteil der Bevölkerung an den Rändern der Städte konzentriert und alle anderen Nutzungen dort vorhanden sind, fehlen letztlich die kulturellen Einrichtungen, die in großen Dimensionen als Kunstwelten an der Peripherie errichtet werden22.
Als Folge davon, dass durch Suburbanisierung die Vororte wuchsen und die größten Bevölkerungszuwächse in diesen so genannten Edge Cities zu verzeichnen waren, sahen sich die Betriebe, Einzelhandels- und Freizeiteinrichtungen gezwungen, ihre Arbeitsplätze zu verlagern und wanderten auf die „grüne Wiese“ ab, in deren Folge die Stadtzentren an Attraktivität verloren und verwahrlosten23. Neuerdings steht aber ein Wandel dieser Peripherie an:
„Deren monofunktionale, qualitativ wenig anspruchsvolle Strukturen lösen sich zunehmend von ihrer Abhängigkeit zur Kernstadt, gleichzeitig stehen sie nach jahrzehntelangem rapiden Wachstum erstmals zur Transformation an“ 24 .
Die räumlichen Auswirkungen des einzelhändlerischen Strukturwandels sind enorm. Unter beträchtlichen Druck geraten seit geraumer Zeit neben den Stadtteilzentren vor allem die Standorte der Nahversorgung. Innerstädtische 1a-Lagen florieren nicht mehr wie in früheren Zeiten. Selbst Standorte auf der „grünen Wiese“ sind nicht mehr das Non-plus-Ultra, seitdem kleinere und unattraktivere Standorte an Kundengunst verlieren25.
Als städtebauliche Missstände wurden vom am 06. November 2003 in Stockholm neu gegründeten Netzwerk für eine Städtebaureform Council for European Urbanism (CEU) folgende Herausforderungen identifiziert: unzulängliche Wohngebiete, Trennung der öffentlichen Funktionen auf der „grünen Wiese“, verschwindende Unterscheidbarkeit lokaler, regionaler und nationaler Besonderheiten, Abwertung des öffentlichen Raumes, Dominanz der automobilen Infrastruktur, inakzeptable Gestaltung von Fuß- und Radwegen sowie deren fehlende Netzstruktur, Vernachlässigung von Dörfern und deren Verfall sowie unmaßstäbliche Bauprojekte in historischen Stadtvierteln26.
Der Strukturwandel hinterlässt auch im Bereich Wohnen seine Spuren. Seit einiger Zeit sind veränderte Gegebenheiten zu beobachten. Ursächlich hierfür sind neben dem Abbau von Arbeitsplätzen und der damit verbundenen erzwungenen veränderten flexibleren Lebensweise insbesondere die demografische Entwicklung zu benennen. Auswirkungen sind auf die Standortverteilung, Wohnungsnachfrage und die Struktur der Wohnungsangebote festzustellen27.
Lange Zeit war der Wohnungsmarkt ein Anbietermarkt, das heißt jede fertiggestellte Wohnung fand einen Abnehmer. Dies hat sich in den letzten Jahren grundlegend geändert, es sind kaum noch Bewerber vorhanden und man hat mit zum Teil enormen Leerständen zu kämpfen. Die Gründe hierfür finden sich in der hohen Fertigungsrate von Wohnraum, insbesondere in den 1990-er Jahren, und der sich ändernden Demografie. Mittlerweile liegt die Geburtenrate bei 1,3 Kindern je Frau, wodurch sich einerseits die Bevölkerung verringert und zeitverzögert nach den geburtenstarken Jahrgängen 1955 bis 1965 die Haushaltsgröße abnimmt28. Im letzten halben Jahrhundert wurden maßgeblich Wohnungen für Familien gebaut, die Nachfrage nach diesen Wohnungen liegt aktuell bei nur noch etwa 25%. Senioren werden bald als stärkste Nachfragegruppe die jungen Familien überholt haben, die höchsten Zuwächse weisen die Haushaltstypen Singles, DINKs und Alleinerziehende auf29.
Ein großes Problem, mit dem sich der Wohnungsmarkt konfrontiert sieht, ist die künftige Abnahme der eigentumsbildenden Haushalte im Alter zwischen 30 und 40 Jahren. Die Wohnungspolitik und –wirtschaft sieht sich gezwungen umzudenken, was neben der Eigentumsbildung und Bestandsförderung, den sozialen Wohnungsbau und den Stadtumbau betrifft. Jedoch hat die sozialräumliche Konzentration von Problemgruppen in einzelnen Stadtquartieren in Deutschland ein bis dato niedriges Niveau im internationalen Vergleich30.
„Auf Grund des demografischen Wandels und sozioökonomischer Veränderungen steigt (...) der Anteil der Haushalte mit Zugangsschwierigkeiten (...). Während die Nachfrage nach preisgünstigem Wohnraum steigt, wird das Angebot an öffentlich gebundenen Wohnungsbestand durch das Auslaufen von Bindungen und die vorzeitige Rückzahlung von Fördermitteln immer kleiner. In Folge dessen kommt es in den verbleibenden Beständen zu einer räumlichen Konzentration sozial schwächerer Bevölkerungsgruppen und der Akkumulation von Problemen, die von diesen Mietergruppen in den Wohnungsbestand eingetragen werden“ 31 .
Es ist eine differenzierte Wohnungsnachfrage zu beobachten, die durch Zunahme von Single- Haushalten32 (Verkleinerung der Haushalte) und Wohnfläche pro Person33 sowie durch neue Wohnformen (Grundrisse, Multifunktionalität) mit veränderten Ansprüchen an das Wohnumfeld verursacht werden. Dabei steht ein nicht unerheblicher Leerstand einer gewissen Wohnungsnot in verschiedenen Teilmärkten gegenüber. Auf der Angebotsseite tritt ebenfalls eine Differenzierung zutage. Die Eigentümer oder Vermieter haben höhere Qualitätsansprüche und bieten eigentumsfähige urbane Wohnungen und Häuser an, die mit einer Vielfalt von spezifischen Wohnangeboten (Nischen) kombiniert werden können34.
Durch den Rückzug der Bürger der Mittelschicht aus den Städten in die Vororte kam es zunächst zur Abnahme der Bewohnerdichte in den Innenstädten, was durch die Renaissance der Beliebtheit bei einigen Bevölkerungsschichten, die einen größeren Wohnraumbedarf aufweisen, noch verschärft wird. Nichtsdestotrotz ist eine steigende Nachfrage, die zum Teil nicht gedeckt werden kann, in den Innenstädten zu beobachten. Zahlungskräftige Haushalte drängen zurück in die Innenstädte, da sie von Suburbia aus den verschiedensten Gründen wie beispielsweise vom täglichen Stau auf den Zubringerstraßen und einer fehlenden wohnortnahen Infrastruktur enttäuscht worden sind. In diesem Zusammenhang wird oft von Gentrification gesprochen. Dies bedeutet die Vertreibung von angestammten Bewohnern der von Altbau geprägten Kernstadt durch die Yuppies (Young Urban Professionals) der Mittel- und Oberschicht und ist in der Stadtentwicklungspolitik nicht unumstritten35.
Der Vorteil der suburbanen Räume hingegen liegt in der Möglichkeit der Verwirklichung der eigenen Wohnwünsche, was in integrierten Lagen kaum möglich ist. In diesem Zusammenhang sind die im letzten halben Jahrhundert in Deutschland enorm angestiegene Wohnfläche und Eigentumsquote36 als zwiespältiger Erfolg anzusehen, denn die Ausweitung des privaten Eigentums hat den größten Teil zur Suburbanisierung beigetragen37.
Festzuhalten bleiben demnach drei Hauptursachen für den Abwanderungsprozess: zum Einen das Preisgefälle von den Kernstädten zur Peripherie, zum Anderen das fehlende Baulandangebot in den Kommunen und zuletzt fehlende Qualitäten im Bestand und öffentlichen Raum38.
Folgende Konsequenzen haben die beschriebenen Entwicklungen für den Wohnungsmarkt: da die Wohnungsmärkte nicht an den Kommunalgrenzen aufhören, wird in immer mehr regionalen Märkten ein Angebotsüberschuss zu verzeichnen sein. Weil die Mieter inzwischen Wahlmöglichkeiten bei der Wohnungssuche haben, werden die nicht den Anforderungen entsprechenden Einheiten mit Leerständen abgestraft. Besonders stark wird dies die Massenbestände treffen. Trotzdem wird mit den Nischentrends der Neubau auch in gesättigten Märkten eine gute Chance haben. Da sich die Nachfrage ständig stärker nach sozialer Schichtzugehörigkeit und Wertorientierung ausdifferenziert, wird sich das Angebot verschieden gestalten müssen39.
In diesem Abschnitt geht es um die Veränderungen, die sich in den verschiedenen Lebensstilen ausdrücken. Es ist zu beachten, dass es nicht mehr wie früher nur die Gruppen Alleinstehende, Familie mit Kindern und Ältere, sondern eine erhebliche Anzahl von Nischengruppen gibt, die sich schwer einer übergeordneten Einheit zuordnen lassen. Das oft zitierte „Schubladendenken“ geht mittlerweile an der Realität vorbei und auch die Wohnungen lassen sich nicht mehr pauschal für nur drei Nachfragegruppen anbieten, sondern müssen die Ansprüche gewisser Lebensstilgruppen befriedigen können40.
„Lebensstile bilden gemeinsame Verhaltensweisen oder Werthaltungen in einer Gesellschaft ab. Der Lebensstil trifft Aussagen über den Haushaltskontext, das Interaktionsverhalten, über Werte und Ziele, die Mediennutzung und das Freizeit- und Konsumverhalten verschiedener sozialer Gruppen“ 41 .
Der Lebensstil beziehungsweise die Lebensstile werden durch sichtbares Verhalten und handlungsleitende Orientierungen bestimmt und drücken sich durch Freizeitaktivitäten, kulturelle Geschmacksmuster und Lebensziele aus42.
Vor etwa 25 Jahren gab es neben der erwähnten klassischen Dreiteilung die kulturelle Codierung des urbanen und des suburbanen Lebensstils: junge Urbaniten wohnen im Altbau versus solides Wohnen im Neubau der Vorstadt. Die urbane Lebensweise wird als intellektualisiert und distanziert beschrieben und ist maßgeblich durch einen Alltag in privater und öffentlicher Sphäre gekennzeichnet. Auch der städtische Raum ist in diese Kategorien einzuteilen. Die suburbane Lebensweise hingegen ist geprägt vom Auto und Einfamilienhaus, welche zunächst in den Köpfen und dann in Wirklichkeit die reale Stadt ersetzt und damit wenig Bezug zur Kernstadt besitzt. Mittlerweile ist das Automobil nicht mehr nur der fahrbare Untersatz und „des Deutschen liebstes Kind“, es ist vielmehr einer der kommunikativsten Orte geworden: im Auto finden Geschäftsgespräche statt und Unterhaltungen mit der Familie, die sich sonst zuhause in die eigenen Zimmer zurückzieht, dort fernsieht und das Essen zu sich nimmt43. Dadurch existiert
„(...) das Problem, dass wir uns lebensstilmäßig entscheiden müssen zwischen Urbanität oder nicht und es wenig Versuche bisher gibt, das miteinander zu verknüpfen, den Rand in die Stadt oder die Stadt an den Rand zu bringen“ 44 .
Ein Versuch, Lebensstile zu identifizieren, wurde 1996 unternommen. Dabei wurden folgende Gruppen definiert, welche in etwa gleichen Teilen in der Gesellschaft auftreten. Hochkulturell Interessierte sind zumeist Gutverdiener und leben zum größten Teil in großzügigem Wohneigentum im Ein- oder Zweifamilienhaus am Stadtrand, was auch nach Außen verdeutlicht wird. Arbeits- und Erlebnisorientierte hingegen sind sehr häufig Mieter in innerstädtischen Quartieren, die Ausstattung der Wohnung kann als praktisch und gemütlich bezeichnet werden. Expressiv Vielseitige sind zu gleichen Teilen preisbewusste Eigentümer und Mieter von Wohnungen, die jedoch relativ klein und zum Teil exklusiv sind. Qualitätsbewusste verfügen bemerkenswerter Weise über mittlere Einkommen und eine durchschnittliche Eigentumsquote, die Ausstattung der Wohnung jedoch ist überdurchschnittlich. Die zumeist gemieteten Wohnungen der Hedonisten sind vielfach unterdurchschnittlich ausgestattet, jedoch ist hier ein Trend zu Exklusivität und Individualität festzustellen. Häusliche wohnen zu gleichen Teilen in Eigentum und Mehrfamilienhäusern, deren Wohnungen durchschnittlich ausgestattet sind, jedoch sind Kabelfernsehen und eine altersgerechte Ausstattung häufiger vorhanden als bei den anderen Lebensstilgruppen. Einfach Lebende verfügen über kleine Wohnungen in Miethäusern, deren Inneneinrichtungen weder exklusiv noch persönlich sind, sondern praktisch und preiswert sein sollen. Sicherheitsorientierte pflegen einen sparsamen Lebensstil und wohnen zum größten Teil zur Miete. Traditionelle, meist sind dies verwitwete Frauen, leben zurückgezogen auf großer Fläche in unterdurchschnittlich ausgestatteten Wohnungen45.
Abb. 3: Lebensstile zwischen sozialer Lage und Werteorientierung46
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im Jahre 2003 wurde eine weitere Klassifizierung der Lebensstile vorgenommen, die von anderen Faktoren beeinflusst wird. Zum Einen durch die soziale Lage (Unter-, Mittel-, Oberschicht) und zum Anderen durch die Werteorientierung (Tradition, Konsum und Patchworking).
Traditionsverwurzelte finden sich in der Unter- und Mittelschicht wieder und bauen auf Pflichterfüllung und Ordnung, hingegen finden sich die Konservativen mit denselben Werten zumeist in der Oberschicht wieder. Ein großer Teil der Unterschicht ist auf Konsum aus und wird als Konsum-Materialist bezeichnet. Die moderne Verkörperung dieses Lebensstils sind die
„reinen“Hedonisten. DDR-Nostalgiker bilden einen Querschnitt aus Unter- beziehungsweise Mittelschicht sowie Konsum-Hedonismus und Postmodernismus. Die Bürgerliche Mitte ist durch die konsumorientierte Mittelschicht geprägt. Als Experimentalisten bezeichnete Menschen gehören der Mittelschicht an und sind sehr modern eingestellt. Der konsumfreudige Teil der Oberschicht wird als Etablierte betitelt, während die moderneren als Postmaterielle und Moderne Performer bezeichnet werden47.
Weiterhin ist von liberal-intellektuellen Lebensstilen die Rede. Die postmoderne und pluralistisch- demokratische Konsumgesellschaft bietet den Menschen eine größere Bandbreite an Lebensstilen und Wohnpräferenzen als die spießig-autoritäre Bundesrepublik früherer Tage. Die angesprochene Pluralisierung wird zum großen Teil durch eine erhöhte Freizeitorientierung ausgelöst, die ihrerseits durch eine gesunkene Arbeitszeit zu erklären ist48.
Das geflügelte Wort „Pluralisierung der Lebensstile“ drückt sich in gebauter Form dann folgendermaßen aus: ein spezieller Lebensstil erfordert auch ein bestimmtes Wohnumfeld. Es existieren neben den Siedlungen von Arbeiter-, Mittel- und Oberschichten auch Stadtquartiere mit Yuppie-, Bohème- oder grün-alternativem Charakter sowie ethnisch geprägte Milieus49.
„Den Begriff ‚Cocooning’ könnte man hierfür gebrauchen, welcher besagt, dass man versucht, das eigene Haus zu optimieren, zu komplettieren“ 50 .
Die Angewohnheit der Menschen, sich abzugrenzen und eine eigene Welt zu schaffen, drückt der soeben angeführte Begriff Cocooning aus. Eine hochtechnische Ausstattung des eigenen Heims mit Sauna, mehreren Bade- und Gästezimmern, Swimmingpool, Homecinema und ähnlich luxuriösen Besitztümern wird eine zunehmende Bedeutung erfahren51.
„Die Wohnformen von morgen werden zum bunten Spiegelbild der vielfältigen, individuellen Lebensstile. Flexibilität gewinnt auch im Wohnbereich an Stellenwert. Neue Kommunikationstechniken lassen Wohnen und Arbeiten näher zusammenrücken. Lebensqualität definiert sich zunehmend über Wohnkomfort. Dieses Komfortverständnis bezieht sich auch auf den wohnungsnahen Freiraum“ 52 .
Im Zeitalter der elektronischen und digitalisierten Massenmedien sind die Telearbeit, Telematik oder Telepolis sowie deren Anhänger und Verfechter wichtige Einflussfaktoren. Diese werden in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen und eine disperse Siedlungs- und Bürostandortstruktur hervorrufen. Urbanität als Lebensweise ist in Teilen ortlos geworden. Soziale Kontakte finden in immer häufigerer Form nicht mehr von Angesicht zu Angesicht, sondern durch das Telefonieren statt. Die durch den Strukturwandel hervorgerufene Suburbanisierung trifft einige Bevölkerungsgruppen ganz besonders: Frauen, finanziell und körperlich eingeschränkte Personen, ältere Menschen und in erster Linie Kinder. Diese Gruppen sind häufig auf das Automobil anderer angewiesen, da die Infrastruktur in Suburbia zumeist auf das Auto ausgelegt ist53. Die genannten Einflüsse und die Entwicklung von Familienverbänden zu individualistisch orientierten Kleinhaushalten haben jedoch eines zur Folge:
„Die alten, Halt und Sicherheit gebenden Familienstrukturen lösen sich auf – immer mehr Menschen haben keine Kinder, die im Alter für sie sorgen können. Es bedarf neuer Bindungen und heimatlicher Orte für Menschen, die in unsicheren Verhältnissen leben müssen (...). Alte Berufsbilder verschwinden, verlangt wird lebenslange berufliche Beweglichkeit“ 54 .
Mittlerweile sind weit über die Hälfte aller Singles weniger als 60 Jahre alt, welche einerseits immer neue Haushaltstypen erzeugen und andererseits wächst der relative und absolute Anteil weiterhin stark, was die Wohnungsmärkte und die Gesellschaft enorm beeinflusst55.
Der Strukturwandel hat mit der Erstarkung der Dienstleistungen und Internet-bezogenen Arbeitsplätze eine weitere, das soziale Leben stark beeinflussende Folge. Wie bereits erwähnt, sind die Arbeitsplätze in der Dienstleistungsbranche und in den Informationstechnologien weit höher bezahlt als in der Produktion und auf der anderen Seite auch in der absoluten Anzahl nicht so hoch. Dieser seit Langem bestehende Trend lässt die Schere zwischen einkommensstarken und einkommensschwachen Haushalten weiter vergrößern. Die soziale Segregation und Polarisierung in Gewinner und Verlierer der Gesellschaft schreitet stark voran. Den Schwachen wird jedoch nicht mehr durch den Sozialen Wohnungsbau in dem Maße geholfen und auch die Eigenheimzulage wird gekürzt. Vielmehr bedient der Markt neben preisgünstigen Wohnungen das hochpreisige Segment56.
Dieses Kapitel behandelt städtebauliche und stadtplanerische Ansätze im Umgang mit der Stadt. Dabei werden die Grundsätze der Europäischen Stadt, der so genannten Suburbia und Zwischenstadt sowie die Dezentrale Konzentration beschrieben.
In der Geschichte der Stadtplanung hat sich die Ansicht darüber, wie die räumliche Planung und Entwicklung, deren Strukturen und Prozesse gestaltet werden sollten, mehrfach gewandelt. Da es sich bei der Planung um einen äußerst komplexen Prozess handelt, sind zum Teil mehrere Leitbilder und Modelle zeitgleich entwickelt und angewandt worden. Städtebauliche Leitbilder fungieren als Vermittler zwischen Planung und Utopie57.
„Leitbilder sind in hohem Maße verinnerlichte, bildhafte Vorstellungen, die inhaltlich ganz unterschiedliche Lebensbereiche ansprechen können und sich durch erhebliche Prägekräfte auszeichnen, welche sie aus einer präzisen Ausbalancierung der beiden, prinzipiell einem inhärenten Widerspruch unterliegenden Dimensionen Machbarkeit und Wünschbarkeit beziehen. Als ihre drei wesentlichen Funktionen für Gesellschaft und Individuum lassen sich unterscheiden: Orientierung, Koordinierung und Motivierung , insbesondere die enge Verflechtung dieser Funktionen stellt die Grundlage dar für die Leitbildern innewohnende Fähigkeit, handlungsleitend zu wirken“ 58 .
Europäische Urbanität kann mit drei Grundelementen definiert werden. Erstens die Hoffnung, als Städter ein besseres Leben zu führen, denn Stadtluft machte bekanntlich frei. Für die Bewohner der historischen Stadt bedeutete die schlichte Stadtzugehörigkeit einen enormen sozialen Aufstieg, man war nach einem Jahr der Flucht vor dem Lehnsherr ein Stadtbürger. Zweitens die Lebensweise, die sich im Gegensatz des täglichen Lebens in Privatheit und Öffentlichkeit ausdrückt. Und drittens die Zentralität mit dem Kontrast zwischen Stadt und Land. Das wichtigste Merkmal der mitteleuropäischen Stadt war die rechtliche und politische Autonomie, die Selbstverwaltung durch die Bürger und die Möglichkeit, Güter und Waren frei zu tauschen. Letzteres war zugleich die Gründungsfunktion: Markt und Handel an strategisch wichtigen Orten wie zum Beispiel an der Kreuzung von Handelsstraßen. Am Anfang der städtischen Kultur stand die Befreiung des Menschen vom Naturzwang. Die Stadt war und ist selbst heute noch ein revolutionärer Ort und Ausgangspunkt von Innovationen aller Art. Die Europäische Stadt ist somit zur Grundlage und zum Symbol der abendländischen Modernisierung geworden59.
„Die Stadt ist das großartigste und das komplexeste Artefakt, das die Menschen hervorgebracht haben“ 60 .
Dieses Leitbild ist gerade heute wieder für einen an den Prinzipien der historischen Stadt orientierten Städtebau aktuell. Es dient als Versinnbildlichung für eine Stadt der Nutzungsmischung, kleinteiligen Parzellenstruktur und ihren von Gebäudewänden gebildeten öffentlichen Räumen sowie als Stadt der kurzen Wege. Jahrhunderte lang diktierte der kurze Weg die Entwicklung und Organisation der Städte und ermöglichte in Verbindung mit einer kleinteiligen Mischung die Belebung des öffentlichen Raums. Nicht zuletzt war die historische Stadt deswegen so kompakt, weil sie sich immer wieder kriegerischen Angriffen ausgesetzt und eine Verteidigungsmauer möglichst vielen Menschen Schutz bieten musste. Stadterweiterungen erforderten die kollektive Anstrengung aller Bewohner und mussten schnellstmöglich erledigt werden61.
Die Hauseigentümer waren identisch mit den Bewohnern: im Erdgeschoss befand sich der Laden oder die Werkstatt, in den darüber liegenden Stockwerken die dazugehörigen Büros und Wohnräume. Das Wohnen im unmittelbaren Stadtzentrum war Prestigesache und blieb den wohlhabenden Kaufleuten vorbehalten. Die Stadtgestalt drückte sich durch einen klar erkennbaren Stadtrand aus. Dieser Rand wurde unbrauchbar, als die Kanone entwickelt wurde und Stadtmauern überflüssig werden ließ62.
Die traditionelle Stadt ist weniger ein analytischer Begriff als das städtebauliche Programm vergangener Zeiten. Heute meint das Leitbild der Europäischen Stadt zunächst eine Mitte mit einer Konzentration öffentlicher Gebäude um einen Marktplatz, in denen Geschichte und Tradition symbolisiert werden. Das Modell der moderaten Moderne ist auf den angewachsenen Einfluss der Stadtverwaltung zurückzuführen, die durch die Ansammlung von öffentlichem Bodeneigentum eine starke Mitsprache bei der räumlichen Nutzung erhielt. Die Wasser-, Energie- und Verkehrswirtschaft wurde in die Hände von öffentlichen Unternehmen gegeben, ebenso die Wohnungsversorgung. Das soziale Element des Wohnungsbaus spielt in der heutigen Diskussion um die Europäische Stadt keine Rolle, als aktuelles Phänomen treten hingegen die Privatisierung und der Verkauf von öffentlichem Eigentum an private Interessenten auf63.
Die kompakte Stadt des 19. Jahrhunderts mit ihrem lebendigen Beieinander von Wohnen und Arbeiten, Erholung und Verkehr, was auf einer kleinbetrieblichen Struktur von Handel und Gewerbe beruht, hinterlässt im Nachhinein jedoch einen fahlen Beigeschmack. Schiere Armut hat diese Dichte und kleinteilige Mischung erzeugt. Dunkelheit, mangelnde Hygiene und Krankheiten sind als Kehrseite von Kompaktheit und Mischung zu identifizieren. Sie war eine Stadt der persönlichen Abhängigkeiten, des Industrieproletariats und eines unterentwickelten Transportwesens64.
Wenn heute von der Europäischen Stadt gesprochen wird, ist die dicht bebaute und kompakte Stadt gemeint, die in den letzten beiden Jahrhunderten – und besonders im 19. Jahrhundert – voller Leben steckte und Urbanität symbolisierte. Die Metropolen London, Paris, Rom, Wien und Berlin wurden entwickelt, indem man sich an kleinteiliger Nutzungsmischung, historischen Straßenprofilen; Bebauungsdichten und Traufhöhen orientierte. Urbanität kommt nicht nur durch Dichte und Nutzungsmischung zustande, sondern setzt alltägliche Erlebnismöglichkeiten voraus. Die Europäische Stadt ist demnach das absolute Gegenbild der US-amerikanischen Stadt. Zwar ist beispielsweise Los Angeles eine heterogene Großstadt, Urbanität wird ihr jedoch aus den verschiedensten Gründen nicht zuteil65.
Die moderne und gebaute Version der Europäischen Stadt sieht hingegen weniger kompakt aus und ist weitaus einheitlicher gestaltet in Form von Plattenbausiedlungen, die sich von Sheffield bis nach Moskau über den ganzen Kontinent erstrecken. Das Leitbild der kompakten, urbanen, europäischen Stadt hat ausgedient; es ist antik geworden66.
„Unsere Städte (...) sind nicht mehr kompakt und begrenzt (...), sondern ergießen sich amorph und bruchlos in das Umfeld der nächsten Stadt. Stadt und Landschaft fließen konturlos ineinander“ 67 .
Die historische Gestalt der Stadt mit dem baulichen Gefälle von der Innenstadt zum Rand, dem klaren Gegensatz zwischen feudalem Umland und ummauerter Stadt hat sich grundlegend gewandelt und die Gesellschaft, die diese Stadtgestalt produziert hat, existiert nicht mehr. Mit der Industrialisierung kam der „große Gleichmacher“ über die Stadt und die Unterschiede zwischen europäischen und amerikanischen Städten nahmen rasant ab68.
„Das Leitbild der kompakten Europäischen Stadt ist eine rückwärtsgewandte Utopie. Dieses Leitbild realisieren zu wollen, hieße, die Hülle der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts ohne die Gesellschaft des 19. Jahrhunderts zu bauen“ 69 .
Die Rückkehr zur „guten europäischen Stadt“, die heutzutage allenthalben gefordert und mit der mittelalterliche Städtebilder und hochverdichtete gründerzeitliche Stadterweiterungen verbunden werden, beruht hauptsächlich auf Schlagworten wie der Rettung der historischen Stadt, Regionalismus, Heimatschutz und behutsamer Stadterneuerung, Nachhaltigkeit und Stadt der kurzen Wege. Es bleibt festzustellen, dass nur undemokratische Gesellschaften eine kompakte Stadt erzwingen können70.
Der Begriff Suburbia bezeichnet das Wachstum der Stadt weit über die kommunalen Grenzen hinaus und ist gekennzeichnet durch
„(...) die unstillbare Sehnsucht breiter Schichten (...) nach dem Einfamilienhaus im Grünen, nach einer Distanz zur hektischen, lauten, umweltbelasteten, zunehmend unsicheren kompakten Stadt, nach einer Nähe zur Natur, nach einer Gemeinschaft, die Sicherheit, Ruhe und soziale Homogenität verspricht“ 71 .
Der Prozess der Auflösung der europäischen Stadtgestalt begann im 19. Jahrhundert mit dem Auftritt der Industriegesellschaft. Die Gründe hierfür liegen im gestiegenen Wohlstand. Ein anwachsender Reichtum ermöglicht die Individualisierung, die unmittelbar kleinere Haushalte mit erhöhten Wohnflächenansprüchen produziert. In dieser bis heute andauernden Entwicklung sind die Kernstädte die großen Verlierer, denn die Stadtflucht und Verödung der Innenstädte halten unvermindert an. Mittlerweile zeigen sich in den USA und Europa ähnliche Tendenzen der Zersiedlung. Zwei Drittel der Bevölkerung wohnen dies- und jenseits des Atlantiks im dominanten Siedlungstypus namens Suburbia, einer Art Patchwork der Verinselung von urbaner Qualität72..
„Suburbia [leidet] an der Paradoxie, die Probleme der Inner City, denen sie zu entgehen suchte, durch ihren Erfolg selbst neu zu erzeugen. Dennoch ist die Zufriedenheitsbilanz – bezogen auf die Wohnung, das Wohnumfeld, die Nachbarschaft und die Sicherheit – insgesamt eher positiv“ 73 .
Die Suburbanisierung in Deutschland lässt sich in vier Phasen einteilen. Mit der Industrialisierung um 1860 begann die erste Etappe. Diese dauerte bis zum Ersten Weltkrieg an und fand in einer Zeit statt, die vom privaten Städtebau dominiert wurde. Die notwendige Voraussetzung war die Ausbreitung des schienengebunden Massentransportmittels in Form von Straßen- und Eisenbahnen. Hiermit ging eine funktionale Entmischung der Stadt einher, die durch die Neuanlage von Infrastruktur und Industriebetrieben im Umland der großen Städte unterstützt wurde. Das reiche Bürgertum setzte ein Zeichen mit der Auswanderung aus den Innenstädten, und so existierte schon Ende des 19. Jahrhunderts eine Menge an Villenvororten.
Als Sozial-Suburbia wird die zweite Phase zwischen den beiden Weltkriegen wahrgenommen, zu einer Zeit, als der sozialstaatliche Städtebau eine Hochphase erlebte. Ziel war es nun, weniger privilegierten Schichten die Vorzüge von Suburbia zu ermöglichen. Es wurden weniger Eigentumshäuser gebaut als Kleinhäuser zur Miete. Große Industrieunternehmen und kommunale Wohnungsunternehmen bezogen über die öffentliche Förderung Gelder und verpflichteten sich zum Bau einer Vielzahl von Wohnungen, die den damaligen Mindeststandards entsprachen. Es fand eine Ablösung des suburbanen privaten durch den surburbanen gemeinnützigen Städtebau statt. Auch in dieser Zeit war das Hauptverkehrsmittel weiterhin der Schienenverkehr.
Die dritte Phase begann nach dem Zweiten Weltkrieg und war gekennzeichnet durch die automobilorientierte Zersiedlung der Landschaft. Das Auto verdrängte den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) als Massenverkehrsmittel. Diese neue Mobilität verursachte einen enormern Suburbanisierungsschub, denn es war nahezu jeder Standort mit dem Auto erreichbar. Durch eine Politik, die sich dem Straßenbau und einer massiven Subvention des Einfamilienhausbaus verschrieben hatte, wurde dieser Sachverhalt zusätzlich unterstützt. Die Folge war eine Zersiedlung, die nur vereinzelt anspruchsvolle Siedlungen hervorbrachte. Meist entstand ein beziehungsloses Nebeneinander von Einfamilienhausgebieten und Quartieren des Sozialen Wohnungsbaus, denn neben der staatlichen Förderung von Eigenheimen spielte in den ersten 30 Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg auch die gemeinnützige Wohnungswirtschaft als Träger des suburbanen Wohnungsbaus eine entscheidende Rolle.
In einem seit etwa 20 Jahren andauernden Abschnitt spielt sich im Bewusstsein und Handeln der Planer die vierte Etappe ab, den Auswucherungen der Städte eine Planung entgegenzusetzen, die auf Stabilisierung und Stärkung der Städte abzielt. Im Zuge der bisherigen Suburbanisierung waren mit den Einwohnern viele Arbeitgeber und Freizeiteinrichtungen an die Peripherie gewandert. Mittlerweile sind die öffentlichen Kassen leer und der privat finanzierte Städtebau hat den gemeinnützigen verdrängt. Es wird oft die Rettung der Europäischen Stadt gefordert, die zusehends durch neue Entwicklungen und Projekte überformt wird. In dieser Situation kam dann die Diskussion auf, die als Zwischenstadt tituliert wird74.
„In ihrer heutigen Ausprägung sind die suburbanen Umlandbereiche mit großer Pro-Kopf- Flächeninanspruchnahme, ausgeprägter Autoorientierung und der Möglichkeit zur funktionalen Entmischung [beziehungsweise] zur Bildung homogener Inseln. Architektonisch sind sie geprägt durch die wechselnden Moden der Nachkriegsarchitektur. Zumeist dominiert das Einzelobjekt über den städtebaulichen Gesamtentwurf (...). Siedlungsentwicklung im Umland fand überwiegend auf einer rein pragmatischen Grundlage statt, wobei sich der Städtebau (...) auf die Bereitstellung und von Baugrundstücken und deren reibungslose Erschließung [reduzierte]“ 75 .
Das größte Problem, das mit der Suburbanisierung einhergeht, ist die soziale Segregation. Die Qualität der Sozialstruktur könnte unterschiedlicher nicht sein. Während sich in den Vororten die sozial, politisch, ökonomisch und kulturell aktive Bevölkerung konzentriert, fungieren die Kernstädte als Auffangbecken für die so genannten vier A’s: Arme, Arbeitslose, Alte und Ausländer76.
Suburbia ist von Beginn an ein Erzeugnis des privat finanzierten Städtebaus und damit das genaue Gegenteil der kompakten Innenstadt. Private Developer entwerfen für Suburbia städtebauliche Konzepte, um damit Geld zu verdienen. Das ist legitim und leicht zu erreichen. Die Unterstützung der Kommunen ist ihnen in den meisten Fällen sicher, denn einkommensstarke Haushalte, die sich Suburbia leisten können, sind in jeder Kommune willkommen77. Die fatale Folge dieser Entwicklung ist letztlich nur:
„Die Explosion der Stadt am Ende des 20. Jahrhunderts verwischt den einst so klaren Unterschied zwischen Stadt und Land, zwischen Stadt und Natur“ 78 .
Der Begriff Zwischenstadt wurde im Jahre 1998 in die Diskussion gebracht, als das gleichnamige Buch „Zwischenstadt zwischen Ort und Welt, Raum und Zeit, Stadt und Land“ von Thomas Sieverts erschien. Er charakterisiert die Räume zwischen den Städten, die oft als Suburbia bezeichnet werden79.
„Es ist die Stadt zwischen den alten historischen Stadtkernen und der offenen Landschaft, zwischen dem Ort als Lebensraum und den Nicht-Orten der Raumüberwindung, zwischen den kleinen örtlichen Wirtschaftskreisläufen und der Abhängigkeit vom Weltmarkt“ 80 .
Die Voraussetzungen für heutige Planung und damit für die Akzeptanz der heutigen Welt sind die weltweite Arbeitsteilung der Wirtschaft, die Auflösung der kulturellen Bindekräfte der Städte und das engmaschige Durchdringen von Freiräumen und Siedlungsflächen, wobei der städtische Freiraum als Bindeglied fungiert. Diese Zwischenstädte sind keine „Zukunftsmusik“, sie sind im Wesentlichen bereits gebaut81.
Die Ursachen sind sowohl für die Suburbanisierung als auch für die Zwischenstadt ähnlich, wenn nicht gar die gleichen. Die Eisenbahn forciert eine sternförmig-lineare Ausdehnung der Stadt, das Automobil füllt dagegen die Fläche mit Nutzungen auf. Dennoch wird dieses Produkt der Zersiedlung Stadt genannt, obwohl abstraktere Wendungen wie beispielsweise Agglomeration, verstädterte Landschaft oder Metropolitan Region weitaus zutreffender sind. Dieses Siedlungsfeld, wie es passender Weise bezeichnet werden kann, vereint den Charakter von Stadt und offener Landschaft. Mittlerweile haben diese Orte mehrere Millionen Einwohner und sind über die ganzen Globus verteilt. Ihnen gemein ist die Eigenschaft, auf den ersten Blick diffus und ungeordnet zu wirken, kein eindeutiges Zentrum und ländliche Peripherie innezuhaben, sondern dafür mehr oder weniger funktional spezialisierte Distrikte, Netzwerke und Knotenpunkte zu sein. Aus den verschiedensten Gründen mögen sich diese Zwischenstädte entwickelt haben, sie alle sind letztlich nicht planlos, sondern wegen rationaler Einzelentscheidungen entstanden. Die Bauherren suchten auf Grund ihres vorgegebenen Siedlungsverhaltens zunächst Grundstücke, die einerseits bezahlbar und andererseits von der Kernstadt aus gut zu erreichen waren. Anfänglich wurden diese Grundstücke fast ausschließlich für Wohnzwecke genutzt. Mit der Zeit zogen Arbeitsplätze und Versorgungseinrichtungen nach und es entstanden unabhängige Städte, die mit der Ursprungsstadt wechselseitige Beziehungen eingehen und in der Dynamik zum Teil die verarmten Kernstädte übertreffen82.
Die Kritik der heutigen Zeit richtet sich gegen die geringe Aktivitätsdichte und zu große Baumassen. Mittlerweile steht jedem Einwohner und Arbeitsplatz so viel Fläche zur Verfügung, die auf den Tag beziehungsweise das Jahr gesehen viel zu wenig genutzt werden. Das oft zitierte
„Ende der Fahnenstange“ scheint noch nicht erreicht. Verringerte Arbeitszeiten mit den daraus resultierenden Freizeitblöcken, verkürzte Lebensarbeitszeit und die Verlagerung von Teilen der Arbeit in die Wohnung führen indes zu einer weiteren Ausweitung und Entmischung der Zwischenstadt83.
„Bisher wurde die Zwischenstadt als eigenständiges Gebilde und wichtige Aufgabe verdrängt: als namenloses Gebilde ist sie kein ‚Begriff’, politisch zerfällt sie in viele Einzelgemeinden und wird deswegen auch nicht als zusammengehöriges Politikfeld begriffen“ 84 .
Trotz der weltweiten Verbreitung hat die Zwischenstadt im Bewusstsein von Bewohnern und Politikern keine eigenständige Identität. Es gibt keine Konzepte für die Qualifizierung der Außenbezirke, die mittlerweile keine mehr sind. Die Herausforderung für den künftigen Städtebau liegt jedoch gerade in der Qualifizierung der suburbanen Peripherie. Die Begriffe, mit denen die so genannten Ränder heute bedacht werden, sind durchweg negativ: Siedlungsbrei, Speckgürtel, krebsartige Wucherungen, Siedlungswüste. Die Zwischenstadt ist nur über den öffentlichen Raum wahrzunehmen und zu begreifen, denn das ist ihr strukturelles Grundgerüst85.
Die Zwischenstadt lässt sich an fünf zentralen Parametern festmachen. Urbanität beschreibt im ursprünglichen Sinne eine tolerante und weltoffene Haltung der Bürger und wird heute zumeist mit einer dichten und belebten Stadt assoziiert. Zentralität stellt den Ort – das Zentrum – dar, von dem alle wesentlichen Entwicklungen ausgehen. Dichte wird unterteilt in bauliche Dichte (Fläche beziehungsweise Masse des umbauten Raumes pro Flächeneinheit), räumlich-visuelle Dichte (Grad der Erlebbarkeit) und soziale Dichte (Menge und Qualität der Kontakte). Mischung wird als unmittelbar wichtiger Bestandteil von Urbanität vorausgesetzt und unterteilt in Mischung im Gebäude selbst, in der Straße, im Quartier und in der Stadt. Der Begriff Ökologie – oder besser Stadtökologie – hat das unstrittige Ziel der nachhaltigen Entwicklung, was die möglichst verträgliche Einführung der Stadt in die Naturkreisläufe meint86.
Als gegeben hinzunehmen ist die im Wesentlichen fertige Zwischenstadt. Die offene Landschaft ist insofern nicht mehr offen, da sie von der enormen Siedlungs- und Verkehrsfläche zerstückelt und bisweilen sogar eingeschlossen wird. Die Innenstädte sind zu riesigen Shopping-Centern, Bürozonen und – durch symbolbeladene Gebäude – zum Ziel von Lokal- und Ferntourismus geworden, die Einkaufszentren auf der „grünen Wiese“ versuchen, diese Urbanität nachzuahmen. Jedoch muss gesagt werden, dass die historischen Innenstädte nur noch einen Bruchteil der Stadt ausmachen. Die Peripherie hat mittlerweile eine Vielzahl an Attraktionen geschaffen. Typische Stadtbausteine der Zwischenstadt bilden einen schier endlosen Kanon an Großsiedlungen und riesigen Gewerbegebieten, Autobahnkreuzen und Rübenackern, Shopping Malls, Golfplätzen, Einfamilienhausidyllen und internationalen Flughäfen, aufgegebenen Hallen und Schuppen, wilden Kleingärten und Brachflächen, Diskotheken und Billigmärkten, Krankenhäusern, Fernleitungen sowie alten Gleisen und Bahndämmen87.
Die Vorteile einer Zwischenstadt sind indes nicht von der Hand zu weisen. Zwischenstädte sind von einer Kleinteiligkeit geprägt, wie sie unter dem Stichwort Funktionsmischung propagiert wird. Die vorhandene Polyzentralität wirkt zu starken Zentren entgegen. Auch die kulturelle Vielfalt, die sich in Form differenzierter Lebensstile ausdrückt, ist ein positives Merkmal. Möchte man die Gestalt der heutigen Lebensumwelt nicht akzeptieren, zeigt sich, dass theoretisch der Umbau der Zwischenstadt möglich ist88. Nimmt man an, dass die
„(...) ohnehin ablaufenden notwendigen Umnutzungen, Umbauten, Reparaturen, Erneuerungen, Anpassungen, Verlagerungen und Modernisierungsprozesse der Stadt (...) eine Veränderungsrate von ca. 2 bis 5% im Jahr ausmachen [, dann ließe sich] innerhalb einer Generation (...) eine Stadt erheblich umbauen, wenn die unzähligen einzelnen Maßnahmen perspektivisch auf einige wichtige gesellschaftliche Oberziele ausgerichtet würden“ 89 .
Die Zwischenstadt ist letztlich eine heterogene Landschaft mit einem chaotischen Formenreichtum geworden. Was die Wahrnehmung der Zwischenstadt und die Orientierung in ihr jedoch so schwierig macht, ist der Mangel an Prägnanz, Einfachheit, Stabilität, Regelmäßigkeit, Symmetrie, Kontinuität und Einheitlichkeit. Sobald Stadtregionen als in zunehmendem Maße einheitlicher Lebensraum begriffen werden, wird es möglich sein, die jeweils einzelnen Vorteile verschiedener Teilregionen zu begreifen und dort zu fördern. Dazu gehört auch eine identitätsstärkende und Halt gebende Ortsbezogenheit. Die sich verschärfenden ökologischen Probleme erzwingen eine regionale Kooperation. Gänzlich falsch ist daher der Streit eigensüchtiger Teilstädte um das größte Einkaufszentrum, den höchsten Wolkenkratzer oder die größte Freizeitanlage90.
In Deutschland finden sich die beschriebenen Merkmale – bauliche, ökologische und soziale Gegensätze – einer Zwischenstadt am ausgeprägtesten im Ruhrgebiet. Dort hat man mit der Internationalen Bauausstellung Emscherpark gezeigt, wie mit dem Strukturwandel umgegangen werden kann. Es wurde mit dem Gasometer in Oberhausen, dem Landschaftspark Meiderich in Duisburg, dem Nordsternpark in Gelsenkirchen, dem Tetraeder in Bottrop oder der Jahrhunderthalle in Bochum eine Vielzahl an überregional bekannten, kulturellen Anziehungspunkten in einer Zwischenstadt initiiert und somit die Identität der Region gestärkt91.
Schon die Gartenstadtbewegung Anfang des letzten Jahrhunderts verfolgte in gewissem Maße dieses Leitbild, in dem Städte für 30.000 Bewohner geplant wurden. Diese waren klein beziehungsweise groß genug, um Fußläufigkeit zu ermöglichen und die Grundversorgung sicherzustellen sowie alle notwendigen öffentlichen Einrichtungen unterzubringen. Begründer war Ebeneezer Howard mit dem Werk „Garden Cities of To-Morrow“ aus dem Jahre 189892.
In Deutschland wird heute unter Dezentralisierung eine von den Zentren ausgehende, geordnete Suburbanisierung verstanden, die auf ein hierarchisch gegliedertes Siedlungssystem abzielt93.
„Das Ordnungsprinzip der dezentralen Konzentration sieht die Herausbildung von Siedlungsschwerpunkten innerhalb der zusammenhängenden Siedlungsfläche einer Stadt oder Stadtregion vor. (...) Siedlungsschwerpunkte können sowohl Stadtkerne als auch in gewissem Umfang eigenständige Stadtteilzentren sein, die mit ihrem Angebot an Nahversorgung, Freizeitgestaltung, Wohnungen und Arbeitsplätzen einen Beitrag zur Verringerung der Pendlerverkehre leisten“ 94 .
Die hiermit verfolgten Ziele sind zum Einen die Entlastung großer Verdichtungsräume und zum Anderen die Stärkung agglomerationsferner Regionen. Innerhalb dieses, durch einen leistungsfähigen und ansprechenden ÖPNV verbundenen, Siedlungssystems soll ein durchgehend verknüpftes Straßen- und Fußwegenetz vorhanden sein, das eine höhere Dichte aufweist und Stadtzentren mit einer hohen Qualität an öffentlichen Räumen schafft95.
Das hierarchische System beruht auf der Theorie der Zentralen Orte96. Walter Christaller gilt als der Begründer mit seinem Werk „Die zentralen Orte in Süddeutschland“ aus dem Jahre 1933. Diese Theorie ist im Kern eine neoklassische ökonomische Theorie und ordnet die Städte hinsichtlich ihrer Größe, Bedeutung und der Nachfrage nach Gütern als Einkaufsstandort ein. Jedes Gut hat eine gewisse Reichweite (Zentralität) und je mehr hochwertige Waren (Güter hoher Zentralität) an einem Ort angeboten werden, desto höher ist auch die Zentralität des Ortes. Demnach befinden sich Einrichtungen der einfachen Versorgung beispielsweise in der Nähe eines jeden Wohngebietes (Bäcker und Lebensmittelgeschäfte, Kindergärten und Schulen sowie praktische Ärzte), da sie eine vergleichsweise geringe Zentralität aufweisen. Monatlich benötigte Einrichtungen (Banken, Schwimmbäder) stehen auf der Hierarchie eine Stufe höher und sind meist in Bus- und Straßenbahnentfernung zu erreichen, sie weisen eine mittlere Zentralität auf. Spezialisierte Einrichtungen (große Kaufhäuser, spezialisierter Fachhandel) werden seltener aufgesucht und finden sich im Stadtzentrum. Zentrale Orte einer bestimmten Kategorie bieten jedoch nicht nur Güter des eigenen Ranges an, sondern auch alle darunter liegenden Stufen97.
Die Theorie der Zentralen Orte ist Basis des Leitbildes der Dezentralen Konzentration. Ende der 1980-er Jahre verzeichneten viele deutsche Städte positive Wanderungssalden auf Grund des politischen Umbruchs in Europa. Das folgende unkontrollierte und in Teilen unkontrollierbare Wachstum im suburbanen Raum und entlang von Verkehrsachsen insbesondere in Ostdeutschland war Anlass für Forderungen nach einem neuen Leitbild zur Steuerung dieser Entwicklung. Das damalige Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau bezog das Leitbild im Jahr 1992 in den Raumordnungspolitischen Orientierungs- und 1995 in den Raumordnungspolitischen Handlungsrahmen ein. Seitdem ist es ein wichtiger Baustein der Ziele hinsichtlich der künftigen Entwicklung von Stadtregionen98.
Die Bewahrung des historisch dezentralen Siedlungsmusters in Deutschland hatte die Forderung und Förderung eines Systems von Haupt-, Neben- und Unterzentren zur Folge, was sich im Bundesraumordnungsgesetz niederschlägt. In allen besiedelten Bereichen sind Verdichtung und Nutzungsmischung anzustreben. So wird eine verträgliche Stadtentwicklung gewährleistet. Dies beinhaltet auch den Ausbau von Städten im suburbanen Raum, die dann den Entwicklungsdruck auf die Agglomerationszentren verringern. Eine weitere Entlastung der Oberzentren soll durch den Aufbau von regionalen Städtenetzen erreicht werden, die sich durch Arbeitsteilung und
Kooperation gegenseitig ergänzen. Freiräume sollen vor dem ökologischen Hintergrund erhalten und besonders geschützt werden.
Durch die gezielte Förderung dezentraler Standorte könnte der Entwicklung entgegengewirkt werden, dass einkommensschwächere Haushalte auf Grund steigender Mieten und Bodenpreise zunehmend an die städtischen Randgebiete gedrängt werden. Ebenso verhält es sich bei gewerblichen Nutzungen. Eine kleinteilige Strukturierung ist vor dem Hintergrund einseitiger Wirtschaftsstrukturen zu bevorzugen, da Branchenkrisen ganze Regionen in eine Abwärtsspirale zwingen können99.
Das Leitbild der Dezentralen Konzentration wird vornehmlich mit Umwelt- und Ressourcenschutz begründet, der die natürlichen Lebensgrundlagen erhält. Freiraumschutz und die Vernetzung der Freiräume wird durch eine Innenentwicklung in den Zentren erreicht. Darüber hinaus sollte in allen Standorten das Prinzip der kurzen Wege verfolgt werden, um weite Pendlerfahrten und Staus zu vermeiden und die Auslastung des ÖPNV zu erhöhen. Die positiven Einflüsse auf die Umwelt würden danach in der gesamten Region zu verbesserten Lebensbedingungen führen100.
Eine zunehmende Kritik an der Zentrale-Orte-Theorie hat eine Kritik an der Dezentralisierung zur Folge. Die starke Zentralisierung der Infrastruktur gleichzeitig mit kommunalen Gebietsreformen nimmt wenig Rücksicht auf die ländliche Bevölkerung. Dort greift das Prinzip nicht und vielerorts ist eine enorme Autoabhängigkeit zu konstatieren. Die Ausdünnung der Bevölkerung durch Suburbanisierung wird zusätzlich durch gestiegene Wohnflächenansprüche unterstützt. Heute ist Zentrale-Orte-Theorie realitätsferner denn je, da die Basisannahmen in der heutigen Gesellschaft überholt sind. Kritisiert wird der statische Charakter, der nicht auf Wachstum eingeht und eingehen kann. Damit ist das zentralörtliche Gliederungsprinzip weder geeignet, um überall gleichwertige Verhältnisse herzustellen, noch wird es der Realität der Zentrenstruktur in den Verdichtungsräumen gerecht. Es ist zu beobachten, dass eine Weiterführung der bisherigen Siedlungsstruktur forciert wird, die auf einer zu großen Anzahl von Zentren beruht. Da das Leitbild der Dezentralen Konzentration noch relativ jung ist, lässt sich zum heutigen Zeitpunkt nicht endgültig klären, ob sich mit den beschriebenen Grundsätzen und Zielen die derzeitigen automobilen und sozialen Probleme lösen lassen. Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass eine Konkretisierung des Leitbildes immer die lokal- und regionalspezifischen Gegebenheiten berücksichtigen muss
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1 Golding 1999: S.1
2 Schemionek: S.3 (Quelle: www.uni-wuerzburg.de)
3 Quelle: eigene Darstellung
4 Quelle: DIFU (2) 2003: S.5
5 Vgl. dazu Hartfiel 1982: S.647; Duden 1991: S.400, ARL 1995: S.932ff., Bertelsmann 2003: S.164f. und Wallerius: S.1 (Quelle: www.hausarbeiten.de)
6 ARL 1995: S.934.
7 Vgl. dazu Feldhofer: S.2 und Wallerius: S.2 (Quellen: www.hausarbeiten.de)
8 Wallerius: S.2 (Quelle: www.hausarbeiten.de)
9 Vgl. dazu ARL 1995: S.934 und Wallerius: S.2 (Quelle: www.hausarbeiten.de)
10 Allein in der Baubranche sind im Jahr 2002 etwa 5.300 Arbeitsplätze abgebaut worden. Zum Einen ist der Strukturwandel in vollem Gange, zum Anderen existiert weniger Geld in den öffentlichen Kassen und damit sinken die öffentlichen Bauaufträge (vgl. dazu Vesper, 29.10.03: S.1).
11 Vgl. dazu Altrock 2002: S.24, Sieverts 1998: S.47 und 176, DIFU (2) 2003: S.4f. sowie Wallerius: S.4 (Quelle: www.hausarbeiten.d e)
12 Feldhofer:S.5 (Quelle: www.hausarbeiten.de)
13 Vgl. dazu DIFU (1) 2002: S.59 und Feldhofer: S.3 (Quelle: www.hausarbeiten.de)
14 Bodenschatz 2003 (7): S.1 (Quelle: www.ceunet.de)
15 Sinz, 09.12.03 (Anhang: S.VI), vgl. dazu Klemmer 2002: S.12ff.
16 Vgl. dazu Roost, 15.01.04 (Anhang: S.XVII) und Eichener (1): S.1 (Quelle: www.inwis.de)
17 DIFU (2) 2003: S.4
18 Vgl. dazu Vesper, 29.10.03: S.1
19 www.baunetz.de (2)
20 Vgl. dazu Kiehl et al., 13.06.02: S.45
21 Vgl. dazu van Gool, 13.01.04 (Anhang: S.XVIII), Roost, 15.01.04 (Anhang: S.XXV) und Stojan, 17.02.04 (Anhang: S.XXXI)
22 Vgl. dazu Altrock et al. 2002: S.55, Becker et al. 2003: S.48, Sieverts 1998: S.47 und Eichener (1): S.3 (Quelle: www.inwis.de)
23 Vgl. dazu Vieser 2000/01: S.2 und Eichener (1): S.1 (Quelle: www.inwis.de)
24 Siehe www.uni-weimar.de
25 Quelle: www.difu.de
26 Vgl. dazu Kegler (1): S.2 (Quelle: www.ceunet.de)
27 Vgl. dazu DIFU (2) 2003: S.5
28 Konstant bliebe die Bevölkerung bei etwa einer Geburtenrate von 2,1 Kindern je Frau (vgl. dazu Birg 2001: S.25).
29 Vgl. dazu Eichener et al.: S.1, Eichener (2), 05.05.03: S.11 und (3) 2003: S.2 sowie Benne et al. 2003: S.7
30 Vgl. dazu DIFU (2) 2003: S.5, Höbel, 08.12.03 (Anhang: S.II) und Eichener (1): S.1 (Quelle: www.inwis.de)
31 Pawlak 2003: S.6
32 Der Anteil der Single- und 2-Personen-Haushalte ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, laut zuletzt verfügbarer Zahlen von 2002 stellt sich die Aufteilung der Haushalte wie folgt dar: Single-Haushalte 36.7%, 2er-HH 33.7%, 3er-HH 14.2%, 4er-HH 11.1%, 5+-HH 4.2% (Quelle: www.destatis.de).
33 Laut zuletzt verfügbarer Zahlen von 2001 stehen jedem Einwohner 39.8qm zur Verfügung (Quelle: www.homecompany.de). Allein in Westdeutschland fiel die Steigerung folgendermaßen aus: 19.4qm in 1960, 30.4qm in 1980, 40.2qm in 2000 (Quelle: www.gesis.org).
34 Vgl. dazu Vieser 2000/01: S.2 und DIFU (2) 2003: S.5
35 Vgl. dazu Laimer: S.2 (Quelle: www.derive.at), Bodenschatz (2) 2000: S.23, Schäfer: S.2 (Quelle: rcswww.urz.tu-dresden.de), Eichener (1): S.4 (Quelle: www.inwis.de) und Siebel 2000: S.32
36 Dennoch ist Deutschland im internationalen Vergleich in 2001 nur unter den Schlusslichtern zu finden: 41% haben Wohneigentum, Spanien ist Spitzenreiter mit 86% vor Griechenland und Belgien mit 78% beziehungsweise 73%. In Deutschland hat das Saarland mit 56.9% den Spitzenplatz inne, NRW findet sich im unteren Drittel (39% und damit in etwa Bundesdurchschnitt), Berlin liegt abgeschlagen auf dem letzten Platz mit 12.7% (vgl. dazu Gruß, 29.10.03: S.10f.).
37 Vgl. dazu Sieverts 1998: S.146
38 Vgl. dazu Höbel, 08.12.03 (Anhang: S.IV) und Sinz, 09.12.03 (Anhang: S.VIII)
39 Vgl. dazu Höbel, 08.12.03 (Anhang: S.II), Sinz, 09.12.03 (Anhang: S.VII), Kiehle, 29.01.04 (Anhang: S.XXVI), Eichener (3) 2003: S.2 und Neitzel 2003: S.5
40 Vgl. dazu van Gool, 13.01.04 (Anhang: S.XIV)
41 Zabel 2002: S.103
42 Vgl. dazu Schneider et al. 1999: S.14
43 Vgl. dazu Roost (1) 2000: S.25 und (2) 2002: S.25, Siebel 2000: S.31, Kegler (1): S.2 (Quelle: www.ceunet.de) sowie Price 1991: S.51
44 Roost, 15.01.04 (Anhang: S.XX)
45 Vgl. dazu Schneider et al. 1999: S.14ff. und 158ff. sowie Zabel 2002: S.103f.
46 Quelle: Eichener (5), 28.01.04: S.17
47 Vgl. dazu Eichener (5), 28.01.04: S.17
48 Vgl. dazu Eichener 2003 (4): S.2f., Roost (2) 2002: S.5 und Sieverts 1998: S.66
49 Vgl. dazu van Gool, 13.01.04 (Anhang: S.XIV) und Eichener (1): S.5 (Quelle: www.inwis.de)
50 van Gool, 13.01.04 (Anhang: S.XIV)
51 Vgl. dazu van Gool, 13.01.04 (Anhang: S.XIV)
52 Reicher, 27.11.03: S.2
53 Vgl. dazu Sieverts 1998: S.22,35,49 und 66, Wegener, 04.12.00: S.76ff., Siebel 2000: S.31 sowie CNU 2000: S.105
54 Sieverts 1998: S.74f., vgl. dazu ebd.: S.86 und Eichener (2), 05.05.03: S.6
55 Vgl. dazu Höbel, 08.12.03 (Anhang: S.II)
56 Vgl. dazu Höbel, 08.12.03 (Anhang: S.II), Sinz, 09.12.03 (Anhang: S.VII), Roost, 15.01.04 (Anhang: S.XIX,XXII) und Kiehle, 29.01.04 (Anhang: S.XXVI)
57 Vgl. dazu Kuder 2002: S.64
58 Sieverts 1998: S.120
59 Vgl. dazu Siebel 2000: S.28f. und 33f. sowie Häußermann, 30.06.00: S.11
60 Siebel 2000: S.34
61 Vgl. dazu Bodenschatz (2) 2000: S.24, Siebel 2000: S.28, CNU 2000: S.61; Sieverts 1998: S.23 und 28 sowie Becker et al. 2003: S.47
62 Vgl. dazu Häußermann, 30.06.00: S.11, Bodenschatz (7) 2003: S.1 (Quelle: www.ceunet.de) und Becker et al. 2003: S.47
63 Vgl. dazu Häußermann, 30.06.00: S.11
64 Vgl. dazu Siebel 2000: S.28f. und Aring 1999: S.16
65 Vgl. dazu Siebel 2000: S.28, Sieverts 1998: S.32, Eichener (1): S.4 und Bodenschatz (2) 2000: S.22
66 Vgl. dazu Kegler (1): S.1 (Quelle: www.ceunet.de)
67 Reicher, 27.11.03: S.6, vgl. dazu Fürst et al. 1999: S.71
68 Vgl. dazu Siebel 2000: S.28, Häußermann, 30.06.00: S.11 und Sieverts 1998: S.176
69 Siebel 2000: S.30, vgl. dazu Reicher, 27.11.03: S.6
70 Vgl. dazu Aring 1999: S.16, Bodenschatz (6) 2002: S.67 und Sieverts 1998: S.141
71 Bodenschatz (6) 2002: S.61
72 Vgl. dazu Siebel 2000: S.29, Burdack 2002: S.78, Sewing (2) 2002: S.30 und Bodenschatz (6) 2002: S.61
73 Sewing (2) 2002: S.34
74 Vgl. dazu Bodenschatz (6) 2002: S.63ff.
75 Aring 1999: S.14
76 Vgl. dazu Siebel 2000: S.29 sowie Aring 1999: S.15 und 18
77 Vgl. dazu Roost, 15.01.04 (Anhang: S.XXI)
78 Geuze: S.1 (Quelle: www.kulturregion-stuttgart.de)
79 Vgl. dazu Bodenschatz (6) 2002: S. 67
80 Sieverts 1998: S.7
81 Vgl. dazu Sieverts 1998: S.8,18 und 66
82 Vgl. dazu Sieverts 1998: S.13ff. und Fürst et al. 1999: S.70
83 Vgl. dazu Sieverts 1998: S.21f.
84 Sieverts 1998: S.147
85 Vgl. dazu Sieverts 1998: S.23,30,36 und 116, Bodenschatz (6) 2002: S. 67 sowie Aring 1999: S.15
86 Vgl. dazu Sieverts 1998: S.32ff.
87 Vgl. dazu Sieverts 1998: S.65f. und 106, Aring 1999: S.17, Bodenschatz (4) 2003: S.24, Sewing (2) 2002: S.34, www.uni-weimar.de sowie Geuze: S.1 (Quelle: www.kulturregion-stuttgart.de)
88 Vgl. dazu Sieverts 1998: S.67f.
89 Sieverts 1998: S.67
90 Vgl. dazu Sieverts 1998: S.74ff. und 122 sowie Deiters 1996: S.640
91 Vgl. dazu Sieverts 1998: S.130ff.
92 Vgl. dazu Kegler (2): S.6 (Quelle: www.ceunet.de) 93 Vgl. dazu Kegler (2): S.1 (Quelle: www.ceunet.de) 94 Stadt Gladbeck (1) 2002: S.36
96 Grundlage der Theorie sind stark vereinfachte Annahmen, das heißt, es existieren keine räumlichen Unterschiede hinsichtlich Nachfrage und Produktion, die Bevölkerung ist gleichmäßig verteilt, auch die Eigenschaften eines jeden Individuums (Einkommen, Kaufkraft, Bedürfnisse) sind gleich, weiterhin ist das Verkehrsnetz gleichförmig und die Transportkosten verhalten sich direkt proportional zur Entfernung (vgl. dazu Schätzl 1996: S.69).
97 Vgl. dazu Blotevogel 1996: S.618, Deiters 1996: S.634 und 639, Schätzl 1996: S.74f. sowie Sieverts 1998: S.87
99 Vgl. dazu Fürst et al. 1999: S.63f.
Der Text befasst sich mit dem Strukturwandel, dem Wohnen in der Stadt und städtebaulichen Leitbildern, insbesondere dem New Urbanism, im Kontext von Revitalisierung von innerstädtischen Brachflächen.
Das Ziel ist, Aussagen darüber zu treffen, wie sich eine Wohnwelt der Zukunft gestalten kann, und dies anhand des Beispiels der Textilfabriken in Bocholt zu erläutern. Es wird untersucht, wie der New Urbanism zur Lösung von Problemen wie Stadtflucht und Zersiedlung beitragen kann. Weitere Fragen umfassen die Anforderungen an das Wohnen, die Reaktion des Wohnungsmarktes auf demografische Tendenzen und die Übertragbarkeit des New Urbanism auf deutsche Verhältnisse.
Die Arbeit basiert auf einer Literaturrecherche, Experteninterviews, Fallstudien (Gladbeck und Bocholt) sowie Makro-, Mikro- und SWOT-Analysen.
Strukturwandel bezeichnet die kontinuierliche Veränderung der Gesellschaft von der Agrar- über die Industrie- hin zur Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft, die durch die Veränderung von Arbeitsplatzanteilen und Bruttowertschöpfung beschrieben wird.
Der Strukturwandel führt zu einem veränderten Nutzungsgefüge in Städten, Flächenfraß, Suburbanisierung, Brachflächen und einer Verlagerung von Arbeitsplätzen und Einrichtungen an die Peripherie.
Der Strukturwandel beeinflusst die Standortverteilung, Wohnungsnachfrage und Struktur der Wohnungsangebote. Es gibt eine Zunahme von Single-Haushalten und veränderte Ansprüche an das Wohnumfeld. Die Abwanderung der Mittelschicht aus den Städten und die Renaissance der Beliebtheit bei einigen Bevölkerungsschichten wird ebenfalls thematisiert.
Der Strukturwandel führt zu einer Pluralisierung der Lebensstile, einer zunehmenden Individualisierung und veränderten Ansprüchen an das Wohnumfeld. Es werden verschiedene Lebensstilgruppen identifiziert und deren Wohnpräferenzen untersucht. Der Begriff Cocooning wird in diesem Zusammenhang erwähnt.
Es werden die Europäische Stadt, Suburbia, Zwischenstadt und Dezentrale Konzentration als wichtige städtebauliche Leitbilder behandelt und deren Eigenschaften, Vor- und Nachteile diskutiert.
Die Europäische Stadt ist ein Leitbild, das sich an den Prinzipien der historischen Stadt orientiert, mit Nutzungsmischung, kleinteiliger Parzellenstruktur und öffentlichen Räumen. Sie ist jedoch nicht ohne Probleme, wie z.B. Armut und mangelnde Hygiene.
Suburbia bezeichnet das Wachstum der Stadt über die kommunalen Grenzen hinaus, gekennzeichnet durch den Wunsch nach Einfamilienhäusern im Grünen. Probleme sind soziale Segregation und die Verödung der Innenstädte.
Die Zwischenstadt bezeichnet die Räume zwischen den Städten, die oft als Suburbia bezeichnet werden. Sie zeichnet sich durch eine Mischung aus städtischen und ländlichen Elementen aus und hat im Bewusstsein von Bewohnern und Politikern keine eigenständige Identität.
Dezentrale Konzentration ist ein Leitbild, das die Herausbildung von Siedlungsschwerpunkten innerhalb einer Stadtregion vorsieht, mit dem Ziel, große Verdichtungsräume zu entlasten und agglomerationsferne Regionen zu stärken. Grundlage ist die Theorie der Zentralen Orte.
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