Wissenschaftlicher Aufsatz, 2005
17 Seiten
Geschichte Deutschlands - Nationalsozialismus, Zweiter Weltkrieg
Walter Grode
DIE ERSTE UMORIENTIERUNG DER NATIONALSOZIALISTISCHEN VERNICHTUNGSPOLITIK
Einstellung der Anstaltseuthanasie und Ausweitung der >Aktion 14f13< in den Konzentrationslagern
Einführende Notiz: Bis auf wenige Ausnahmen gehörte das gesamte Stammpersonal der drei Vernichtungslager Belzec, Sobibor und Treblinka, in denen zwischen dem Frühjahr 1942 und dem Herbst 1943 mehr als 1,5 Millionen jüdische Menschen ermordet wurden, der 'Organisation T4' an, einer zum Zweck der Vernichtung von 'lebensunwerten' Insassen der Heil- und Pflegeanstalten gegründeten Unternehmung. Die vorliegende Untersuchung weist nach, daß die 'T4'-Mitarbeiter vor ihrer Abkommandierung zur 'Endlösung der Judenfrage' durch die Tötung von Konzentrationslagerhäftlingen im Rahmen der 'Sonderbehandlung 14f13' systematisch auf weitere Mordaktionen vorbereitet worden waren. Der folgende Text ist das 2004/2005 überarbeitete dritte Kapitel des Hauptteils der Studie des Verfassers: "Die 'Sonderbehandlung 14f13' in den Konzentrationslagern des Dritten Reiches. Ein Beitrag zur Dynamik faschistischer Vernichtungspolitik", Frankfurt a.M. 1987 Die im Text verwendeten einfachen Anführungszeichen verweisen distanzierend auf faschistische Termini. (vgl. Wulf 1963; Klemperer 1985).
Während des Frühjahrs und zu Beginn des Sommers 1941 bildete die 'Sonderbehandlung 14f13' für die 'Organisation T4' lediglich eine Art Beigabe im Rahmen ihrer Gesamttätigkeit. 1a
Die Bedeutung der Aktion in den Konzentrationslagern änderte sich für die 'Organisation T4' erst mit dem Zeitpunkt der Einstellung der 'Aktion T4' in den Heil- und Pflegeanstalten, der Anstaltseuthanasie.
Am 24. August 1941 gab Hitler den Befehl, daß die Euthanasie-Aktion in den Heil- und Pflegeanstalten einzustellen sei. 1 Als Gründe für die Einstellung der 'Aktion T4' werden in der vorgefundenen Literatur 2 überwiegend die Proteste der Kirchen und der Justiz genannt, die angesichts einer, durch zahlreiche "Pannen" bei der Durchführung der Vernichtungsmaßnahmen entstandenen Unruhe in der Bevölkerung zu diesem, wie Kaul ihn charakterisiert, "einmaligen Vorgang in der zeitlichen Phase der Nazidiktatur" führten. 3
Falls diese Einschätzung zutrifft, so hätte es sich bei der Einstellung der Tötungen von Patienten der Heil- und Pflegeanstalten in der Tat um ein "Abstoppen" gehandelt, wie die Beendigung der 'Aktion T4' von Dressen und Klee gekennzeichnet wird. 4
Wäre die 'Organisation T4' allerdings mehr oder weniger gezwungen worden, die Mordaktion in den Anstalten abzubrechen, so hätte dieses, nach Meinung des Verfassers, sehr wahrscheinlich zu einem Auseinanderfallen der 'T4', zumindest aber zu einem langwierigen Umorganisationsprozeß geführt. Es soll deshalb in den folgenden Unterabschnitten der Frage nachgegangen werden, ob bzw. inwieweit Proteste und Widerstände die Ursache der Einstellung der 'Aktion T4' waren.
Das Verhalten der Kirchen und der Justiz und die Reaktionen der betroffenen Bevölkerung im Zusammenhang mit der Vernichtung 'lebensunwerten Lebens' sind insbesondere von Nowak 5, Gruchmann 6 und Klee 7 intensiv untersucht worden.
Alle drei Autoren gelangen mehr oder weniger übereinstimmend zu dem Ergebnis, daß es die Proteste und Widerstände der von ihnen untersuchten Institutionen und Bevölkerungsgruppen oder das Verhalten von einzelnen Persönlichkeiten waren, die letztendlich zum Abbruch der 'Aktion T4' herbeiführten. 8
Mit Verweis auf die detaillierten Arbeiten der o.g. Verfasser soll im Rahmen dieser Arbeit darauf verzichtet werden, das Verhalten der dargestellten Gruppen und Einzelpersonen noch einmal nachzuzeichnen.
Es soll hier lediglich auf einen wichtigen Gesichtspunkt intensiver eingegangen werden, weil dieser m.E. nicht in genügendem Maße in das Gesamturteil der genannten Untersuchungen eingeflossen ist:
Insbesondere die Arbeiten von Gruchmann und Klee zeigen neben der Widersprüchlichkeit der untersuchten Gruppen auch die sehr unterschiedlichen Reaktionen des NS-Regimes auf Unruhe, Proteste und Widerstände im Zusammenhang mit den Euthanasie-Maßnahmen. Gerade aber diese Gegensätzlichkeit der Reaktionen des faschistischen Herrschaftsapparats läßt es m.E. zweifelhaft erscheinen, ob es sich bei den Protesten und Widerständen tatsächlich um die zentrale Ursache für die Einstellung der Anstaltseuthanasie handelte.
Bis zum Frühjahr 1940 waren die Tötungen von Anstaltsinsassen, nicht zuletzt wegen der umfangreichen Geheimhaltungs- und Täuschungsmaßnahmen der 'Organisation T4', weitgehend unentdeckt geblieben. 9
Da sich mit der Zahl der Morde jedoch offenbar auch die Pannen im bürokratischen Apparat der 'T4', wie doppelte Benachrichtigungen, falsche Daten und unmögliche Diagnosen bei den "natürlichen" Todesursachen 10 zusehends erhöhten, sprach es sich unter den Angehörigen der Opfer zu Beginn des Sommers 1940 relativ schnell herum, was unter den "Trostbriefen", die sie von den Tötungsanstalten erhielten, zu verstehen war.
Zahlreiche der Betroffenen wandten sich in ihrer Ratlosigkeit an kirchliche Stellen, mit der Folge, daß sich beim "Zentralausschuß der Inneren Mission der Deutschen Evangelischen Kirche" Nachrichten über Tötungen von Patienten von Heil- und Pflegeanstalten zu häufen begannen. In der Sekundärliteratur wird übereinstimmend darauf hingewiesen, daß sich daraufhin der Vizepräsident dieses Zentralausschusses, Pastor Gerhard Braune, entschloß, eine Denkschrift mit dem Titel "Planwirtschaftliche Verlegung von Insassen der Heil- und Pflegeanstalten" zu erstellen, die er unter anderem dem Reichsjustizministerium zusandte. 11
Die erste Reaktion des Justizministers war, so schreibt Gruchmann, durchaus positiv: Pastor Braune wurde am 12. Juli vom damaligen Reichsjustizminister Dr. Franz Gürtner empfangen, der ihm, nach Braunes eigenem Eindruck, großes Verständnis entgegenbrachte und ihm zu helfen versprach. 12 In den folgenden Wochen versuchte sich der Reichsjustizminister für Braune zu verwenden, indem er gutgläubig den Chef der Reichskanzlei, Dr. Hans Heinrich Lammers, um eine Erklärung in der Angelegenheit bat. 13 Während jedoch die Unterredung zwischen Lammers und Gürtner für den Justizminister ohne Ergebnis blieb, leitete, wie Klee betont, der Chef der Reichskanzlei seine Erkenntnisse zügig weiter, mit der Folge, daß der Pastor Gerhard Braune am 12. August 1940 von der Gestapo verhaftet wurde. 14
Etwa zur selben Zeit, zu der Braune seine Denkschrift an das Reichsjustizministerium geschickt hatte, sandte auch der Vormundschaftsrichter Dr. Lothar Kreyssig 15 aus Brandenburg a.d. Havel, einen Bericht an das Ministerium. 16
Aus seinen Akten, so schrieb Kreyssig, gehe kaum mehr zweifelhaft hervor, daß seit einigen Monaten entmündigte Anstaltsinsassen nach Hartheim gebracht und dort ohne Wissen der Angehörigen, der gesetzlichen Vertreter und der Vormundschaftsgerichte getötet würden. 17
Nachdem der Brandenburger Vormundschaftsrichter in den folgenden Tagen in Erfahrung bringen konnte, welche Personen für das Verschwinden der Kranken verantwortlich waren, erstattete er Strafanzeige, von deren Bearbeitung er allerdings, wie übrigens alle Anzeigenerstatter nach ihm auch, nie Bescheid bekam. 18
Dr. Kreyssig ließ es jedoch nicht bei der Strafanzeigenerstattung bewenden. In seiner Eigenschaft als Vormundschaftsrichter sandte er daraufhin eine Verfügung an alle Heil- und Pflegeanstalten, in denen sich Insassen befanden, die seiner vormundschaftlichen Obhut unterlagen, in der er die Verlegung seiner Patienten untersagte. 19
Die Frolge dieses Schrittes war, daß Kreyssig Anfang September ins Reichsjustizministerium bestellt wurde, wo ihm Gürtner, dem am 27. August von der 'Kanzlei des Führers' eine Kopie von Hitlers "Ermächtigungsschreiben" übersandt worden war 20, eröffnete, daß er, Kreyssig, falls er den Willen 'des Führers' als Rechtsquelle nicht anerkennen wolle, nicht mehr länger Richter bleiben könne. Als Kreyssig dieses ablehnte, wurde er von Minister Gürtner aus dem Justizdienst entlassen. 21
Während des Spätsommers und des Herbstes 1940 wandten sich nicht nur eine Reihe von höheren Kirchenvertretern, so der Breslauer Kardinal Bertram, der württembergische Landesbischof Wurm und der Münchner Kardinal Faulhaber mit Protestschreiben an das Justizministerium 22, sondern darüber hinaus zahlreiche Angehörige und gesetzliche Vertreter sowie einige Anstaltsärzte mit Anfragen, Bitten und schließlich mit Strafanzeigen an die Justiz. 23 Alle diese Eingaben und Strafanzeigen blieben bei den unteren Justizbehörden unbearbeitet liegen.
Da jedoch auch bei weiteren Nachfragen der Betroffenen von seiten der Staatsanwaltschaften und Gerichte nicht geantwortet werden durfte, bzw. aus eigener Unwissenheit über die Dinge oftmals nicht geantwortet werden konnte, fühlte sich, so Gruchmann, der untere Justizapparat zunehmend in unangenehme Situationen gebracht. 24
Die Folge war, so Kaul, daß im Laufe des zweiten Halbjahrs 1940 vermehrt Berichte unterer Justizbehörden im Ministerium eintrafen, in denen von Unruhe unter der Bevölkerung wegen der Euthanasie-Gerüchte berichtet 25 und die Befürchtung geäußert wurde, daß bei weiterer Untätigkeit der Justiz ihr Ansehen in Mitleidenschaft geraten würde. 26
Dennoch dauerte es einige Monate, bis vom Justizministerium ein schnelles und einheitliches Reagieren aller untergeordneten Behörden sichergestellt wurde. Erreicht wurde dieses, indem am 23. Und 24. April 1941 vom amtierenden Minister Prof. Dr. Franz Schlegelberger, dem Nachfolger des verstorbenen Ministers Gürtner, eine Arbeitstagung "über eine für die Justiz besonders wichtige Frage" 27 einberufen wurde, an der die Oberlandesgerichtspräsidenten und Generalstaatsanwälte, die Präsidenten des Reichsgerichts, des 'Volksgerichthofs' und des Reichspatentamts, die Oberstaatsanwälte beim Reichsgericht und Volksgerichtshof sowie einige hohe Ministerialbeamte teilnahmen. 28
Auf dieser Sitzung referierten Brack und Heyde, so Kramer und Gruchmann, ausführlich und detailliert über Organisation, Durchführung und Tarnung der 'Aktion T4' 29 Die Veranstaltung endete mit dem Auftrag Schlegelbergers an die Oberlandesgerichtspräsidenten und Generalstaatsanwälte, ihren nachgeordneten Gerichten bzw. Behörden gegenüber dafür Sorge zu tragen, daß "Sachen, in denen die Frage der Vernichtung lebensunwerten Lebens eine Bedeutung haben kann, in jedem Einzelfall zur Vortragssache" erklärt würden. 30
Das "gesamte Führerkorps der beamteten Justiz" 31 nahm, so macht die Lektüre von bei Gruchmann angeführten, späteren Aussagen von Beteiligten deutlich, die Eröffnungen der Leitung der 'Organisation T4' und die Weisungen des Justizministers kommentar- und widerspruchslos hin. 32
Die Folge dieser Arbeitstagung war, daß ab Frühjahr 1941 alle Akten der unteren Justizbehörden, die die Euthanasiemaßnahmen betrafen, dem Reichsjustizministerium vorgelegt und dort zentral bei Staatssekretär Roland Freisler gesammelt wurden, der sie an die Reichskanzlei bzw. die 'Kanzlei des Führers' weiterleitete. 33
In ähnlicher Weise wurden auch andere Ansätze von Protesten gegen die Vernichtung 'lebensunwerten Lebens' vom NS-Herrschaftsapparat relativ leicht unterdrückt.
So übersandte beispielsweise, laut Klee, der Generalstaatsanwalt von Dresden dem Reichsministerium am 20. Oktober 1940 eine Aufstellung von 22 Todesanzeigen in Zeitungen 34, in denen jeweils recht unverhüllt, so Kaul, auf den unnatürlichen Tod von Euthanasie-Opfern hingewiesen worden war. 35
Auch diese Unannehmlichkeiten wurden souverän aus der Welt geschafft: So wurden im Frühjahr 1941, wie Kaul und Klee zeigen, jeweils regional sog. 'Gaupressekonferenzen' einberufen, in denen die Hauptschriftleiter der Zeitungen verpflichtet wurden, darüber zu wachen, daß Texte in Todesanzeigen, die geeignet seien, unter der Bevölkerung Unruhe zu verbreiten, zukünftig nicht mehr gedruckt werden würden. 36
Im Unterschied zu einer Vielzahl von Fällen in denen Unmut und Widerstand gegen die Vernichtung 'lebensunwerten Lebens' von vornherein unterdrückt wurde, finden sich in dem mir vorliegenden Material lediglich zwei Beispiele für das Eingehen des NS-Regimes auf Proteste und Widerspruch:
Im Dezember 1940, also mehr als acht Monate vor dem "Abstoppen" der 'Aktion T4', führten Unruhe und Proteste in der Umgebung der württembergischen Tötungsanstalt Grafeneck dazu, daß, so Krause-Schmitt, SS-Chef Himmler die 'Organisation T4' anwies, die Tötungen einzustellen und den alten Zustand des "Krüppelheimes Grafeneck" wiederherzustellen. 37
Im Juli 1941 wandte sich der Bischof von Münster, Clemens August Graf von Galen, wegen des Verschwindens von Patienten einer kirchlichen Heil- und Pflegeanstalt an den Chef der Reichskanzlei. 38 Als der Bischof von dort keine Antwort erhielt, erstattete er einige Wochen später Strafanzeige. Nachdem auch auf diese Anzeige jegliche Reaktion ausblieb, verkündete der Kardinal den Umstand seiner Anzeigenerstattung und seine Beweggründe am 3. August 1941 von der Kanzel der Lambertikirche zu Münster. 39 Dieser Predigt wird eine solche Wirkung auf das NS-Regime zugeschrieben, daß sie in der mir vorliegenden Literatur durchweg als zentrale Ursache für den 'Führerbefehl' vom 24. August 1941, durch den das "Abstoppen" der Euthanasie-Maßnahmen verfügt wurde, gilt. 40
Sowohl der Erfolg der Predigt des Kardinals von Galen, als auch die Wirkung der Proteste der Bevölkerung der Umgebung von Grafeneck, standen allerdings, und dieses wird nach Ansicht des Verfassers bei der Einschätzung ihres Einflusses auf das Verhalten des NS-Regimes weitgehend übersehen, in unmittelbarem Zusammenhang mit dem jeweiligen Stand der Anstaltseuthanasie-Aktion.
Die Interpretation, die Schließung der Tötungsanstalt Grafeneck in der Schwäbischen Alb im wesentlichen aufgrund von Unruhe und Protesten der in der Umgebung ansässigen Bevölkerung erfolgt sei, läßt m.E. außer acht, daß sich nicht nur im Umkreis von Grafeneck Unruhe unter der Bevölkerung entwickelt hatte. Davon zeugen insbesondere auch die schon erwähnten, von Gruchmann angeführten Berichte der Justizbehörden, von denen lediglich ein relativ kleiner Teil aus dem württembergischen Raum stammte. 41
Eine Reihe von Belegen sprechen hingegen dafür, daß es sich bei der Schließung der Tötungsanstalt Grafeneck, im Dezember 1940, um die "programmierte" Beendigung ihrer Tätigkeit handelte und die Proteste der dortigen Bevölkerung, nach Meinung des Verfassers, lediglich zum Anlaß genommen wurden, den Anwohnern zu demonstrieren, wie ernst ihre Sorgen im nationalsozialistischen Staat genommen wurden:
- So wurde, wie Klee schreibt, einer Bürokraft, die im Mai 1940 angeworben worden war, bei ihrem Einstellungsgespräch mitgeteilt, daß ihre Tätigkeit in Grafeneck nur bis zum Ende des Jahres dauern würde. 42
- Am 27. November 1940, also bereits drei Wochen vor Himmlers Befehl an Brack, die Tötungen in Grafeneck zu beenden, wurde, so stellt der gleiche Autor weiter fest, in der 'T4'-Zentrale ein Projekt besprochen, die Heil- und Pflegeanstalt Hadamar bei Limburg zu einer Tötungsanstalt auszubauen und gleichzeitig die Vergasungen in Grafeneck einzustellen. 43
- Im gerichtlichen Verfahren gegen das Personal von Grafeneck wurde 1947 ausgesagt, daß die Einstellung der Tätigkeit der Vernichtungsanstalt ihren Grund darin gehabt habe, daß die in Frage kommenden Heil- und Pflegeanstalten keine weiteren Kranken zu "liefern" in der Lage waren. 44
- Diese Aussage wird auch durch die, bereits im vorherigen Kapitel angeführte, im Juli 1945 im Schloß Hartheim von der amerikanischen Militärpolizei aufgefundene Broschüre bestätigt. 45 In jener "Hartheimer Statistik" war u.a auch die Zahl der zwischen August und November 1940 in der Tötungsanstalt Grafeneck ermordeten Kranken aufgeführt worden. Aus diesen Ziffern ist ein deutlicher Rückgang der "Arbeitsleistung" der Anstalt ersichtlich: von 1.411 ermordeten Menschen im August 1940, über 1.228 Opfern im September, bis auf 761 bzw. 971 im Oktober bzw. November 1940. 46 Die gleiche Entwicklung spiegelt sich auch in den Zahlen des Untersuchungsberichts der StA Tübingen im Rahmen des sog. "Grafeneck-Prozesses". 47
Entsprechend dieser Entwicklung wurde bereits mehrere Wochen vor Himmlers Befehl, Grafeneck zu schließen, ein Teil des Personals der dortigen Tötungsanstalt nach Hadamar versetzt, um, so schreibt Klee, dort die nächste Mordanstalt "betriebsfertig" zu machen. 48
Im Januar 1941 schließlich nahm auch der Rest des bis dahin in Grafeneck stationierten Personals, bis auf einen kleinen Teil, der noch mit der Beseitigung der Spuren beschäftigt war 49, in der neu eingerichteten Vernichtungsanstalt Hadamar die Arbeit wieder auf. 50
Ebenso wie die Wirkung der Proteste der Bevölkerung der Umgebung Grafenecks, muß auch, nach Ansicht des Verfassers, der sich mit dieser Auffassung im Widerspruch zur vorgefundenen Literatur befindet 51, diejenige der Predigt des Kardinals von Galen vor dem Hintergrund der bereits durchgeführten Maßnahmen zur Vernichtung 'lebensunwerten Lebens' betrachtet werden.
Um diese These näher zu begründen, sei hier noch einmal die von Kaul geschilderte Arbeitsbesprechung des 'T4'-Leitungsgremiums vom 9. Oktobe5r 1939 in Erinnerung gerufen, auf der sich Brack vorausschauend zu der Zahl der im Rahmen der Aktion in den Heil- und Pflegeanstalten "zu behandelnden Fälle" geäußert hatte. Der Leiter der 'Aktion T4' war zu jenem Zeitpunkt von einer Modellrechnung ausgegangen, der zufolge von 1.000 Menschen zehn psychiatrischer Betreuung bedurften, darunter fünf in stationärer Form. Jeder fünfte wiederum, so prognostizierte Brack, werde von denjenigen, die in einer Anstalt untergebracht seien, von der geplanten Aktion erfaßt werden.
Bezogen auf die Gesamtbevölkerung des 'Großdeutschen Reiches' hätte man also, so der 'T-4'-Chef, bei dem oben genannten Zahlenverhältnis von 1.000 : 10 : 5 : 1, mit 65 - 70.000 "Fällen zu rechnen. 52
Dieser Vorausschätzung Bracks soll nun die tatsächliche Zahl der Opfer gegenübergestellt werden:
In der schon angeführten "Hartheimer Statistik", in der die 'Organisation T4' eine Bilanz ihrer Arbeit gezogen hatte, waren mehr als zwei Dutzend Seiten auf die Frage verwandt worden, wieviel Lebensmittel (in kg und RM) durch die Aktion eingespart werden konnten und wie groß die durch die 'Desinfektion' der Kranken erzielte Ersparnissumme bezogen auf Anstaltsmiete, Personalaufwand, Krankenbehandlung, Bekleidung, Hausbedürfnisse, Abgaben und Lasten und Verwaltungsausgaben gewesen sei. 53
Grundlage dieser Berechnungen waren Angaben über die Zahl der getöteten Personen, aufgeteilt auf die einzelnen Tötungsanstalten und die Jahre 1940 und 1941, wie sie bereits im Abschnitt "Die Tötungsanstalten der Anstaltseuthanasie-Aktion" aufgeführt worden sind. 54
Insgesamt wurden demnach, so sei an dieser Stelle noch einmal hervorgehoben, in den sechs Tötungsanstalten der 'Organisation T4' in den Jahren 1940 und 1941, gemäß den eigenen Aufzeichnungen der Mörder, weit mehr als 70.000 Personen 'desinfiziert'. 55
Stellt man den o.g. Zahlen der Hartheimer Statistik" nun Bracks Vorausschätzung aus dem Jahre 1939, von ca. 65-70.000 "Fällen" gegenüber, so läßt sich, nach Meinung des Verfassers, davon ausgehen, daß das Ziel der 'Aktion T4' zum Zeitpunkt des "Abbruchs" der Maßnahme nahezu erreicht war.
Unter diesen Umständen hat es den Anschein, als sei es den NS-Machthabern relativ leicht gefallen, dem Protest des Bischofs von Münster, der, wie Klee in einer in den Anmerkungsteil verbannten kurzen Charakterisierung feststellt, "letzten Endes doch mit dem nationalsozialistischen System sympathisierte" 56, Ende August 1941, nachzugeben, und die im wesentlichen planmäßig zu Ende geführte Euthanasie-Aktion in den Heil- und Pflegeanstalten offiziell zu beenden.
Offen muß an dieser Stelle die Frage bleiben, ob der eben skizzierte Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt und der "Wirkung" des Protestes von Galens auch von diesem gesehen und benutzt worden ist. Für eine solche Annahme spricht der Umstand, daß der Bischof von Münster bereits Ende Juli/Anfang August 1940 (!), also bereits ein Jahr vor seiner machtvollen Predigt, vom Betheler Chefarzt Dr. Karsten Jaspersen über die Hintergründe der Verlegungen von Anstaltsinsassen unterrichtet worden war. 57
Da während des Frühjahrs und Sommers 1941 lediglich etwa zehn bis fünfzehn Prozent der in den `T4`- Tötungsanstalten Hartheim, Sonnenstein, Bernburg und Hadamar ermordeten Menschen aus den Konzentrationslagern stammten 59, hätten bei einem planmäßigen Auslaufen der Euthanasie-Aktion in den Heil- und Pflegeanstalten, mit dem, wie angeführt, unabhängig vom "Abstoppen" der 'Aktion T4' aufgrund des Protestes des Kardinals von Galen, nach Auffassung des Verfassers, für den Herbst 1941 gerechnet werden mußte, drei von vier der `T4'-Ttungsbetriebe stillgelegt werden müssen. Darüber hinaus wäre wahrscheinlich selbst in der einzigen verbleibenden Tötungsanstalt noch einmal ein Teil des Personals beschäftigungslos geworden.
Desgleichen hätte für die Berliner Zentrale der 'Organisation T4' und deren Leitung eine Schließung von drei und einer Teilstillegung des vierten Tötungsbetriebes den Verlust ihrer Existenzgrundlage bedeutet.
Jedoch hätten die Angestellten der 'T4'-, die, wie Brokmeier betont, nicht nur zu Mitwissern, sondern darüber hinaus fast ausnahmslos zu Mitwirkenden und Tätern in einer 'Geheimen Reichssache' geworden waren 60, schon allein aus Sicherheitsgründen nicht wieder in das "Zivilleben" entlassen werden können.
Um einer solchen Entwicklung zu begegnen und die Folgen des voraussehbaren Auslaufens der 'Anstaltseuthanasie'-Aktion für die 'Organisation T4' zu gering wie nur möglich zu halten, wurden nach Ansicht des Verfassers, wie auch die Aussage des 'T4' und '14f13'-Arztes Dr. Friedrich Mennecke vor dem Amerikanischen Militärgerichtshof in Nürnberg im Januar 1947 hervorgeht, seit den Sommermonaten 1941 von der Leitung der 'T4' gezielte Vorbereitungen für die Ausweitung der 'Sonderbehandlung 14f13' in den Konzentrationslagern betrieben. 61
Um die Zahl der im Rahmen der 'Aktion 14f13' zu "behandelnden" Häftlinge zu erhöhen, war es vorab notwendig, den Kreis der der Ärztekommission der 'T4' vorgeführten Gefangenen, über die Gruppe der 'asozialen' Häftlinge hinaus, wesentlich zu erweitern.
Aus diesem Grunde wurden, wie aus dem mir vorliegenden Material hervorgeht, während der Sommermonate des Jahres 1941 in einigen Konzentrationslagern unter den Häftlingen gezielt Hinweise gestreut, daß diese, falls sie sich krank fühlten oder sonst dringend der Erholung bedürften, sich im Häftlingskrankenrevier melden sollten, um in ein Lager mit besseren Arbeitsbedingungen oder in ein Erholungslager oder Sanatorium geschickt zu werden.
So, wurde, schreib Rubitsch, beispielsweise im KZ Mauthausen während jener Zeit das Gerücht verbreitet, es seien mehrere "Genesungstransporte" in die "Heil- und Pflegeanstalt Ybbs" und in das "Lagersanatorium Dachau" geplant. 62 Im Konzentrationslager Dachau wiederum, so Klee, hieß es, kranke und arbeitsunfähige Häftlinge sollten sich für eine Verschickung in ein "Erholungslager" melden. 63
Diese Aufrufe aber hatten offenbar zumeist nicht den von den Lagerleitungen und der 'Organisation T4' erhofften Erfolg, da etliche Häftlinge hinter den Angeboten der SS, wie auch im Verfahren gegen zwei leitende 'T4'-Anestellte bestätigt wurde, offenbar eine Falle vermuteten. 64
Um dennoch das erhoffte Ziel zu erreichen, gingen die Lagerleitungen zur Vorbereitung des Eintreffens der Ärztekommission daran, die Häftlinge einer Vorauswahl zu unterziehen. So fanden im KZ Dachau, nach Aussagen ehemaliger Häftlinge, im Laufe des Monats August 1941 mehrmals Selektionen durch Lagerleitungen und Lagerärzte statt, in deren Verlauf alle Häftlinge aussortiert wurden, die eventuell arbeitsunfähig sein konnten. 65
Mit Hilfe der Häftlingsakten der ausselektierten Gefangenen wurden dann in den folgenden Tagen, zur Erleichterung der Tätigkeit der Ärztekommission, wie aus dem Briefwechsel Menneckes hervorgeht, vorab die "Köpfe" der von der 'T4'-Zentrale im voraus übersandten 'Meldebogen' ausgefüllt. 66 Auf Initiative der politischen Abteilung der Lagerkommandantur, so die Aussage eines ehemaligen Gefangenen, wurde zudem auch der überwiegende Teil der politischen Häftlinge in gleicher Weise auf den 'Meldebogen' erfaßt. 67 Während jedoch bei der Erfassung von arbeitsunfähigen und politischen Häftlingen eine Auswahl durch die Lagerleitung und -ärzte erfolgte, wurden, so Mennecke in dem schon angeführten Verhör vor dem Amerikanischen Militärgerichtshof, die 'asozialen' und die jüdischen Häftlinge von den Lagerkommandanturen ohne Ausnahme für eine Begutachtung durch die 'T4'-Ärztekommission vorgesehen. 68
Im Konzentrationslager Dachau, so das Landgericht Frankfurt/M. im oben erwähnten Prozeß, wurden im Laufe des Monats August 1941, bei mehreren Selektionen insgesamt ca. 7.000 Häftlinge vorausgewählt 69, für die nähere Beurteilung durch die 'T4'-Ärte, die, so Mennecke am 3. September dort eintrafen. 70
Nach Einstellung der Anstaltseuthanasie bestand für die 'Organisation T4' die Notwendigkeit, aber gleichzeitig auch die Möglichkeit, ihr Potential voll auf die Konzentrationslager zu richten.
Dementsprechend bestand die Anfang September 1941 in Dachau, der ersten Station seit dem Auslaufen der 'Aktion T4', eintreffende Ärztekommission aus sechs der routiniertesten 'T4'-Psychiater: Unter der Führung des stellvertretenden ärztlichen Leiters der 'T4', Prof. Dr. Hermann Paul Nitsche nahmen, so geht aus den Mennecke-Briefen des weiteren hervor, neben Mennecke selbst, die Ärzte Dr. Gerhard Wischer, Dr. Rudolf Lonauer, Dr. Theodor Steinmeyer und Dr. Viktor Ratka die 'Ausmerzung' der Häftlinge vor. 71
Im Unterschied zur Anlaufphase der 'Aktion 14f13' 71a, als die eigentliche Funktion der 'T4'-Ärztekommission lediglich darin bestanden hatte, die bereits von den Lagerärzten ausgewählten 'asozialen' Häftlinge zu untersuchen, um aufgrund ihrer Diagnosen entsprechende Meldebögen auszufüllen 72, trafen die 'T4'-Ärzte seit September 1941 tatsächlich eine Auswahl unter den von den Lagerleitungen vorselektierten Gefangenen.
Eine wesentliche Erhöhung der Zahl der der 'Sonderbehandlung' zuzuführenden Häftlinge, wurde gegenüber der Anlaufphase, als der Anteil der der Ärztekommission vorgestellten 'asozialen' Häftlinge lediglich etwa fünf bis sieben Prozent der Gesamthäftlingszahl eines Konzentrationslagers betragen hatte 73, dadurch erreicht, daß von jedem Zeitpunkt an, zumeist im laufe mehrerer "Besuche", oft die Mehrzahl aller in den jeweiligen KZ inhaftierten Gefangenen den 'T4'-Ärzten vorgeführt wurde. Beispielsweise wurden, wie schon erwähnt, in Dachau ca. 7.000 von 11.000 Häftlingen einer Vorselektion unterworfen. 74 Unter diesen wiederum wählte die Ärztekommission ca. ein Drittel zur 'Sonderbehandlung' in den Tötungsanstalten aus, so in Dachau etwas mehr als 3.000 von rund 7.000 Häftlingen. 75
Eine solche Arbeitsweise hätte wegen der zu treffenden Auswahl und der Erhöhung der Zahl der vorgestellten Häftlinge an sich zu einer außergewöhnlichen Ausweitung der Ärztekommission führen müssen. Dieses geschah jedoch nicht. Die Größe der Kommission lag weiterhin, wie Mennecke berichtete, zwischen drei und sechs Ärzten. 76
Möglich wurde dieser Effekt durch eine wesentliche Erhöhung des Arbeitstempos bei den Selektionen. Gegenüber der Anlaufphase, als im Durchschnitt von einem 'T4'-Arzt täglich etwa 40 Häftlinge untersucht und für fast sämtliche, wie sich dem Mennecke-Briefwechsel entnehmen läßt, auch die entsprechenden Meldebögen ausgefüllt worden waren 77 - dies entsprach in etwa auch dem Arbeitstempo in den Heil- und Pflegeanstalten; W.G. 78 - stieg die tägliche Arbeitsleistung eines Selektionsarztes seit dem September 1941 auf durchschnittlich über 100 Meldebögen an. 79 Dieser Anstieg der Arbeitsleistung der 'T4'-Ärzte war nur möglich, weil nicht nur die Köpfe der Meldebögen vorab durch die Lagerkommandanturen ausgefüllt worden waren, sondern weil darüber hinaus eine außerordentliche Beschleunigung des Untersuchungstempos der Häftlinge erreicht wurde:
Während die Selektion der jüdischen Häftlinge, so Mennecke im Kreuzverhör vor dem Amerikanischen Militärgerichtshof, ohne Inaugenscheinnahme der Opfer, nur aufgrund der Beurteilung der Verhaftungsgründe erfolgte 80, und lediglich die Meldebögen mit "Diagnosen" wie 'Rassenschänder' oder 'Hetzjude' versehen wurden 81, erfolgte die Untersuchung der übrigen vorselektierten Häftlinge "am laufenden Band". 82 Dieses Verfahren bedeutete, daß die Häftlinge entweder reihenweise von SS-Angehörigen den Ärzten vorgeführt wurden 83 oder aber, "im Gänsemarsch" an der Ärztekommission vorbeizumarschieren hatten. 84 Die Begutachtung bestand lediglich aus einer Besichtigung der vorselektierten Gefangenen, bei der keine körperliche Untersuchung erfolgte und lediglich der eine oder andere Häftling nach den Verhaftungsgründen befragt wurde. 85
Parallel zu diesen "Untersuchungen" füllten die 'T4'-Ärzte für diejenigen Häftlinge, bei denen sie aus medizinischen, rassischen oder politischen Motiven oder aus Gründen mangelnder Arbeitsfähigkeit der Auffassung waren, daß sie zur Kategorie des 'lebensunwerten Lebens' gehörten, die von den Lagerverwaltungen vorbereiteten Meldebögen aus. Diese Bögen unterschieden sich auch während der Zweiten Phase der Aktion in den Konzentrationslagern, nicht von den vormals in den Anstalten verwandten Bögen, mit der Folge, daß beispielsweise unter der Rubrik "Name der Anstalt" die Bezeichnung und der Ort des jeweiligen Konzentrationslagers einzusetzen war. 86
Gemäß ihrem ärztlichen Auftrag kleideten die 'T4'-Psychiater ihre Eintragungen auf den Meldebögen, die faktisch die Begründung von Todesurteilen darstellten, in die Form von Diagnosen. Einige dieser "Diagnosen", mit denen der 'T4'-Arzt Mennecke ausselektierte politische und jüdische Häftlinge versehen hatte, sind erhalten geblieben und bereits in den Arbeiten von Kaul, Nowak und Klee zitiert worden: darunter befinden such Bezeichnungen wie: "Rassenschänder", "Hetzer und Deutschenfeind", "berüchtigter Kommunist", "jüdische Dirne", "deutschfeindlicher Hetzjude", "marxistische Funktionärin" und "üble Deutschenhasserin" 87 Zusätzlich wurden diese Diagnosen" mit der Angabe von "Symptomen" versehen, wie "deutschfeindliches Verhalten", "Rassenschande", "Beziehungen zur englischen Botschaft", "deutschfeindliche Gesinnung" oder "namhafter Funktionär der KPD". 88
Die so angefertigten und von den 'T4'-Ärzten unterschriebenen Meldebögen wurden per Kurier oder aber, wie es Mennecke schilderte, von den Ärzten selbst der Zentrale in der Berliner Tiergartenstraße überbracht.89
Da in der 'T4'-Zentrale die Meldebögen aus den Konzentrationslagern, im Unterschied zu der während der Anstaltsaktion geübten Praxis, nicht mehr einer Oberbegutachtung unterworfen wurden, waren dort lediglich die Verlegungslisten zusammenzustellen und an die Tötungsanstalten Hartheim, Sonnenstein oder Bernburg zu übersenden. Von dort, so geht es aus dem Schriftwechsel der Tötungsanstalt Bernburg mit dem KZ Groß-Rosen hervor, erhielten die betroffenen Konzentrationslager daraufhin Bescheid, wann und in welchen "Portionen" die Anlieferung der ausgemusterten Häftlinge zu erfolgen habe. 90
Die erste Selektionsaktion der 'Sonderbehandlungsaktion 14f13' nach Einstellung der Anstaltseuthanasie-Maßnahmen, bei der die erweiterten Selektionskriterien angewandt wurden, fand während der ersten Septemberwoche im KZ Dachau statt. Bis November 1941, als im Ablauf der 'Aktion 14f13' wiederum eine entscheidende Veränderung erfolgte, besuchten die 'T4'-Kommissionen, zumeist im Rahmen mehrerer Einsätze, außer Dachau, weiterhin die Konzentrationslager Mauthausen, Ravensbrück, Buchenwald, Flossenbürg und Neuengamme.
Im KZ Dachau wurden, so geht es aus dem Briefwechsel Menneckes hervor, bei der soeben erwähnten Aktion Anfang September, von den 'T4'-Ärzten, unter der Leitung des Obergutachters der 'Aktion T4', Prof. Nitsche, ca. 2.000 Häftlinge ausgesondert. 91
Einer Eidesstattlichen Erklärung des ehemaligen Lagerarztes von Dachau, Dr. Julius Muthig, ist zu entnehmen, daß einige Wochen später unter der Leitung des ärztlichen Chefs der 'Organisation T4', Prof. Dr. Heyde, eine weitere Selektionsaktion stattfand, die ebenfalls mehr als tausend Opfer forderte. 92
Insgesamt, so läßt sich aus dem mir vorliegenden Material ersehen, wurden als Folge der im Herbst 1941 durchgeführten Selektionen der 'T4'-Ärzte ca. 3.000 Häftlinge des Konzentrationslagers Dachau nach der Tötungsanstalt Hartheim deportiert.
In der 'T4'-Tötungsanstalt Hartheim wurden, nach Angaben Dressens, darüber hinaus ca. 8.000 Häftlinge des KZ Mauthausen ermordet. 93 Darunter befanden sich jedoch, wie Zehethofer und Klee feststellen, etwa 3.000, die einer Aktion zum Opfer fielen, die erst im Laufe des Jahre 1944 stattfand und bei der die Ärzte der 'T4' nicht mehr eingesetzt gewesen waren. 94
Läßt man diese Mordaktion des Jahres 1944 und die schon angeführte "Sonderaktion" der Sommermonate 1941 95 unberücksichtigt, so verbleiben ca. 4.000 Häftlinge des Konzentrationslagers Mauthausen, die während der Zweiten Phase der 'Aktion 14f13' ausgemustert und nach Hartheim überstellt worden sind. Darunter forderte allein eine Selektionsaktion in dem mit 5.000 - 7.000 Häftlingen belegten Mauthausener Nebenlagers 'Gusen I ' ca. 1.200 bis 1.500 Opfer. 96
Im KZ Ravensbrück wurden, so geht aus den Briefen Menneckes hervor, im November 1941 mindestens 330 Häftlinge von den 'T4'Ärzten ausgesondert. 97 Diese relativ geringe Zahl an Opfern resultiert, wie sich aus dem weiteren Briefwechsel Menneckes ersehen läßt, daher, daß die Selektionsaktion im November lediglich der erste Teil einer im Dezember 1941 und im Januar 1942 fortgesetzten Gesamtaktion war, die insgesamt mehr als 1.200 Opfer forderte. 98
Die letze Selektionsaktion der Zweiten Phase der 'Aktion 14f13' fand, von Mennecke ausführlich geschildert, Ende November bis in den Dezember 1941 hinein im Konzentrationslager Buchenwald statt. 99 Auch hierbei handelte es sich um die Fortsetzung einer bereits einige Wochen zuvor abgelaufenen Aktion. 100
Insgesamt wurden in Buchenwald von den Ärzten der 'Organisation T4' schätzungsweise 2.000 Häftlinge 1001 zwecks "Behandlung" in der Tötungsanstalt Sonnenstein ausgemustert.
Außer Dachau, Mauthausen, Ravensbrück und Buchenwald bereiste die '14f13-Ausmusterungskommission' noch die Konzentrationslager Flossenbürg 102 und Neuengamme. 103 zu beiden Aktionen finden sich jedich lediglich spärliche und zudem widersprüchliche Anhaltspunkte. 104
Unter Berücksichtigung dieser Lücken in dem mir vorliegenden Material dürfte die Gesamtzahl der vom September bis Ende November 1941 von den 'T4-Ärzten in den Konzentrationslagern für eine Deportation in die Tötungsanstalten ausselektierten Gefangenen zwischen 11.000 und 15.000 gelegen haben.
Bei einer Gesamthäftlingszahl (im Herbst 1941) von etwa 11.000 in Dachau 105, ca. 15.000 in Mauthausen 106, ca. 6.000 in Ravensbrück 107 und etwa 8.000 in Buchenwald 108 bedeuteten die jeweiligen Gesamtzahlen der in diesen KZ ausgesonderten Gefangenen Ausmusterungsquoten zwischen 20 und 33 Prozent.
Durch die seit dem Sommer 1941 vorbereitete und seit dem September 1941 systematisch betriebene Vervielfachung der Ausmusterungszahlen im Rahmen der 'Aktion 14f13' gelang es der Leitung der 'T4', trotz des Wegfalls der Opfer aus den Heil- und Pflegeanstalten, den Nachschub an 'Menschenmaterial' für den Betrieb der 'T4'-Ttungsanstalten im wesentlichen sicherzustellen.
Auf diese Weise mußte von den vier Tötungsbetrieben der Euthanasieorganisation, nach Auslaufen der 'Aktion T4' im August 1941, lediglich der Tötungsbetrieb in Hadamar eingestellt werden.
Durch diese zielstrebig und vorrausschauend betriebene Ausweitung der 'Sonderbehandlungsaktion' in den Konzentrationslagern, war somit - zumindest für das Jahr 1941 - die durch das Auslaufen der Anstaltseuthanasie hervorgerufene Gefahr einer zwangsweisen Auflösung der 'Organisation T4' zunächst einmal beseitigt worden.
Für das Personal der Tötungsanstalten von Hartheim, Sonnenstein und Bernburg, bedeutete die Einstellung der Anstaltseuthanasie-Aktion und die Ausweitung der 'Aktion 14f13' auf den ersten Blick eine Vereinfachung ihrer Tätigkeit. So konnte der bürokratische Aufwand entscheidend dadurch verringert werden, daß gegenüber den Angehörigen der Opfer aus den Konzentrationslagern auf Tarnmaßnahmen, wie das Betreiben von "Trostbriefabteilungen", "Sonderstandesämtern" und "Absteckungsabteilungen", gänzlich verzichtet werden konnte. Falls die Verwandten und Freunde der Gefangenen überhaupt etwas von derem Tode erfuhren, so geschah dieses durch vervielfältigte Schreiben der Lagerleitungen.
Im Unterschied zur Vereinfachung des bürokratischen Ablaufs wurde allerdings der unmittelbare Umgang des Personals der Tötungsanstalten mit den Opfern für den Täterkreis wesentlich komplizierter. Die Schwierigkeit der inneren Distanzierung von den Opfern, die in den Frühjahrs- und Sommermonaten hauptsächlich lediglich gegenüber der kleinen Minderheit der nicht aus den Heil- und Pflegeanstalten stammenden Opfern bestanden hatte, dehnte sich ab Herbst 1941 auf sämtliche "angelieferten" Personen aus. Hinzu kam, und dies sei hier ausdrücklich noch einmal betont, daß der Durchschnitt der zu tötenden KZ-Häftlinge sich noch weiter an das Aussehen und die Verhaltensweisen ihrer Mörder annäherte, da nur noch eine Minderheit der Deportierten aus sog. 'Asozialen' bestand.
Um so notwendiger wurde es nach Ansicht des Verfassers, daß die Todesurteile auch weiterhin durch die ärztliche Autorität der 'T4'-Ärzte legitimiert wurden und weiterhin die Form von Diagnosen trugen.
Mit der ausschließlichen Einlieferung von KZ-Häftlingen wurde darüber hinaus ein noch größerer Kreis des Leitungs- und Büropersonals der Tötungsbetriebe in den unmittelbaren Einsatz der Leichenfledderei hineingezogen. Dieses war die Folge eines vermehrten Anfalls von Wertgegenständen, deren Sicherstellung durch die "Heizer" und "Desinfektoren" vom Verwaltungspersonal der Tötungsanstalten, das zu einem großen Teil weitgehend von bürokratischen Aufgaben entbunden worden war, überwacht werden mußte.
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NOWAK, Kurt (1980), 'Euthanasie' und Sterilisation im 'Dritten Reich'. Die Konfrontation der evangelischen und der katholischen Kirche mit dem 'Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses' und der 'Euthanasie'-Aktion, Göttingen (2. Auflage)
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ZEHETHOFER, Florian (1975) Die Vernichtung 'lebensunwerten Lebens' im Schloß Hartheim 1938-1945. (Hochschule für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften Linz; Dipl. Arbeit - Masch-Schr.)
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ARCHIV BROKMEIER am Institut für Politische Wissenschaft der Universität Hannover - Stenographische und maschinenschriftliche Protokolle der Hauptverhandlung des Schwurgerichtsprozesses vor dem LG Frankfurt/M. ('Frankfurter Euthanasieprozeß') aus den Jahren 1967/68 gegen den Leiter der Transportabteilung der 'Organisation T4`, Reinhold Vorberg und den Geschäftsführer der Zentraldienststelle der 'T4', Dietrich Allers.
ARCHIV DES INSTITUTS FÜR ZEITGESCHICHTE, München
- Sammlung von Reproduktionen der Dokumente der Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozesses und der Nachfolgeprozesse
ARCHIV DER ZENTRALEN STELLE DER JUSTIZVERWALTUNGEN, Ludwigsburg
- Briefwechsel des 'T4'-Arztes Dr. Friedrich Mennecke
STAATSARCHIV NÜRNBERG
- Sammlung von Dokumenten des Hauptkriegsverbrecherprozesses und der Nachfolgeprozesse
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[...]
1a vgl. KZ-System und Asozialität im Nationalsozialismus. Die Vorgeschichte der >Aktion 14f3< (www.wissen24.de/vorschau/32842.html).sowie NS-Gesundheitspolitik und Euthanasie. Die Organisation >T4< und die >Aktion 14f13< (www.wissen24.de/vorschau/.)
1 vgl. die Vernehmung des Amtsleiters des Amtes IIb der 'Kanzlei des Führers', Dr. Hans Hefelmann, vom 6. bis 15. Sept. 1960; auszugsweise zit. bei Kaul (1979), S. 146.
2 vgl. Baader (1980a), S. 99; Brokmeier (1970), S. 32; Dörner (1967), S. 96; Dressen (1983), S. 57; Gruchmann (1972), S. 278; Kaul (1979), S. 129; Klee (1983), S. 340; Mitscherlich/Mielke (1983), S. 204; Nowak (1980), S. 85; Wild (1982), S. 183.
3 vgl. Kaul (1979), S. 129
4 vgl. Dressen (1983), S. 57; Klee (1983), S. 333ff.
5 vgl Nowak (1980)
6 vgl. Gruchmann (1972)
7 vgl. Klee (1983)
8 vgl. Nowak (1980), S. 129; Gruchmann (1972), S. 278; Klee (1983), S. 340
9 vgl. Klee (1983), S. 207ff.
10 vgl. Kaul (1979), S. 90/91
11 vgl. Gruchmann (1972), S. 246; Die Denkschrift Braunes ist abgedruckt in Evangelische Dokumente (o.J.), S. 14-22
12 vgl. Gruchmann (1972), S. 247
13 vgl. ebd., S. 248
14 vgl. Klee (1983), S. 223
15 zur Person Kreyssings vgl. Kaul (1979), S. 138-143
16 vgl. Klee (1983), S. 209
17 vgl. Gruchmann (1972), S. 245
18 vgl. ebd.
19 vgl. Klee (1983), S. 241
20 vgl. Gruchmann (1972), S. 245
21 vgl. ebd. S. 253
22 vgl. Nationalsozialistische Massentötungen durch Giftgas (1983, S. 327 (Zeittafel); Wollasch (1980), S. 133/134
23 vgl. Gruchmann (1972), S. 255-257; Klee (1983), S. 206/207
24 vgl. Gruchmann (1972), S. 255
25 vgl. Kaul (1979), S. 132/133
26 vgl. Gruchmann (1972), S. 256
27 Runderlaß des Reichsjustizministers vom 17. April 1941 an die Oberlandesgerichtspräsidenten und Generalstaatsanwälte. Zit. nach: ebd., S. 271
28 vgl. Kramer (1984), S. 29/30
29 vgl. ebd.; Gruchmann (1972), S. 272/273
30 Geheime Rundverfügung an sämtliche Oberlandesgerichtsräsidenten und Generalstaatsan- wälte, zit. nach: ebd, S. 271
31 Ansprache des amtierenden Justizministers Schlegelberger vom 23. April 1941, zit. nach: ebd.
32 vgl. ebd., S. 274
33 vgl. Ehrhardt (1965), S. 39
34 vgl. Klee (1983), S. 312f.
35 vgl. die Zitate aus Todesanzeigen bei: Kaul (1979), S. 132
36 vgl. ebd; Klee (1983), S. 284/285
37 vgl. Krause-Schmitt (1981), S. 9/10
38 vgl. den Brief des Kardinals von Galen an den Reichsminister Dr. Lammers vom 22. Juli, zit. in: Der Krieg gegen die psychisch Kranken (1980), S. 124-128
39 vgl. die Predigt des Kardinals von Galen in der Lambertikirche zu Münster am 3. August 1941 zit. in ebd. S. 112-124
40 vgl. Nowak (1980), S. 163; aber auch Klee (1983), S. 335, der offenbar lediglich im Zusammenhang mit der Schließung der Tötungsanstalt Grafeneck anderer Meinung ist (vgl. ebd., S. 291)
41 vgl. die Berichte von unteren Justizbehörden an das Reichsministerium; teilweise zit. bei Gruchmann (1972), S. 255-259
42 vgl. Klee (1983), S. 291)
43 vgl. ebd., S. 266/267
44 vgl. ebd., S. 291
45 vgl. Kap. II: NS-Gesundheitspolitik und Euthanasie. Die Organisation >T4< und die >Aktion 14f13', Anmerk. 65 und 66
46 vgl. die "Hartheimer Statistik", S. 3. Eine Kopie befindet sich im Ordner "Material I" des Archivs Brokmeier am Institut für Politische Wissenschaft der Universität Hannover
47 vgl. die Aussage des Polizeihauptkommissars Hans Baron, (1947 Ermittler im "Grafeneck- Prozeß"), im "Frankfurter Euthanasieprozeß" vom 17. August 1967, Bl. 17 (AB; 34. Vht.; Stbl. Nr. 32. Bl. 4-19)
48 vgl. Klee (1983), S. 291
49 vgl. ebd. S. 292
50 vgl. ebd. S. 317
51 vgl. Anmerk. 2
52 vgl. Kaul (1979), S. 64
53 vgl. "Hartheimer Statistik" (siehe Anmerk. 46), S. 4-39
54 vgl. Kap. II., Abschn. 3.2.2
55 vgl. ebd.
56 zit. nach Klee (1983), S. 486/487 (Anmerkung 127)
57 vgl. ebd., S. 216
58 entfällt
59 vgl. Kap. II, Abschn. 4.2.1
60 vgl. Brokmeier (1970), S. 32
61 vgl. Das Kreuzverhör des Dr. Friedrich Mennecke im Prozeß gegen K. Brandt u.a. (sog. "Nürnberger Arzteprozeß") am 17. Januar 1947. (Archiv des IfZ; Gericht Nr. I; 17 Januar.. A-Mk-1-Kratzsch)
62 vgl. Rabitsch (1970), S. 71
63 vgl. Klee (1983), S. 347
64 vgl. das Urteil des LG Frankfurt/M. vom 25. Mai 1970 im Verfahren (Ks 1/69) gegen H.J. Becker und F. Lorent; auszugsweise zit bei: ebd., S. 347. Becker war Angehöriger der Zentralverrechnungsstelle der 'Organisation T4' und Leiter der Dienststelle Hartheim; Lorent War der Hauptwirtschaftsleiter der 'T4', vgl. ebd., S. 494 und 498
65 vgl. die Aussage des ehem. Dachauer Häftlings Hans Schwarz vom 11. Juli 1960; zit. bei Kaul (1979), S. 112. Diese Aussage wird durch die Feststellung Barbara Distels bestätigt, daß der Lagerarzt von Dachau im Sommer 1941 die Aufforderung erhielt, kranke, und arbeitsunfähige Häftlinge zu erfassen, vgl. Distel (1972) , S. 15
66 vgl. "Mennecke-Brief" vom 3. Sept. 1941 aus München (ZSL, Ordner I, Bl. 563)
67 vgl. Kaul (1979), S. 112
68 vgl. 'Mennecke-Kreuzverhör' im Prozeß gegen K. Brandt u.a. a.a.O., Bl 1914
69 vgl. Ks. 1/69 des LG Frankfurt/M. vom 25. Mai 1970 gegen H.J. Becker und F. Lorent, a.a.O., S. 71; zit. bei Klee (1983), S. 347. Zur Person Beckers und Lorents vgl. Anmerk. 64.
70 vgl. 'Mennecke-Brief' vom 3. Sept. 1941 aus München, a.a.O..
71 vgl. 'Mennecke-Brief' vom 3. Sept. 1941 aus München, a.a.O.; 'Mennecke-Brief' vom 2. Sept. 1941 ebenfalls aus München (ZSL I, Bl. 559)
71a vgl. Kap. II, Abschn. 4
72 vgl. Kap. II, Abschn. 4.2
73 vgl. Kap. II, Abschn. 4.2.1
74 vgl. Klee (1983), S. 347; Kühnrich (1983), S. 213
75 vgl. Dressen (1983), S. 78
76 vgl. 'Mennecke-Postkarte' vom 2. Sept. 1941, a.a.O. und dazu seinen Brief vom 3. Sept. 194 a.a.O.. (beide stehen im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit im KZ Dachau); 'Mennecke-Brief' 'Nr. 4' vom 20. Nov. 1941 aus Fürstenberg (im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit im KZ Ravensbrück), (ZSL I, Bl. 576); 'Mennecke-Brief' 'Nr. 8' vom 25. Nov. 1941 aus Weimar (im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit im KZ Buchenwald), (ZSL I, Bl. 606)
77 vgl. die 'Mennecke-Briefe' vom 4. und 7. April 1941 aus Oranienburg (im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit im KZ Sachsenhausen), (ZSL I, Bl. 545-557)
78 vgl. 'Mennecke-Brief' vom 19. Febr. 1941 aus Bielefeld (im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit im Rahmen der Anstaltseuthanasie-Aktion in den Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel), (ZSL I, Bl. 522-525)
79 die Auswertung der 'Mennecke-Briefe' ergab u.a., daß von Mennecke selbst in Dachau täglich 110, in Ravensbrück im Durchschnitt ca. 105 und in Buchenwald fast 120 Meldebögenausgefüllt worden waren
80 vgl. 'Mennecke-Kreuzverhör' im Prozeß gegen K. Brandt u..a., a.a.O., Bl. 1914
81 vgl. Klee (1983), S. 348
82 vgl. 'Mennecke-Brief' vom 3. Sept. 1941 aus München, a.a.=.
83 vgl. 'Mennecke-Brief' 'Nr. 3' vom 20. Nov. 1941 aus Fürstenberg; (ZSL Bl. 573/574)
84 vgl. die Aussage des ehem. Dachauer Häftlings und späteren österreichischen Bundeskanzlers Dr. Alfons Gorbach; zit bei Klee (1983), S. 350
85 vgl. die Aussage des ehem. Dachauer Häftlings Karl Kraemer; zit. bei Kaul (1979), S. 113
86 vgl. das dem KZ Groß-Rosen im Dezember 1941 vom 'Inspekteur der KL' übersandte Muster eines Meldebogens (Archiv des IfZ, Nürnberger Dokument '1151-A-PS')
87 Kaul !1979), S. 348
88 Nowak (1980), S. 84
89 vgl. 'Mennecke-Brief' vom 14. Jan. 1942 aus Berlin (im Zusammenhang mit seinem Aufenthalt in der 'T4'-Zentrale), (ZSL II, Bl. 114-124
90 vgl. dad Geheime Schreiben der 'Heil- und Pflegeanstalt Bernburg' an den Kommandanten des KZ Groß-Rosen vom 3. März 1942 (Archiv des IfZ, Nürnberger Dokument ' 1151-I-PS')
91 vgl. den 'Mennecke-Brief' vom 3. Sept. 1941 aus München, a.a.O.
92 vgl. die Eidesstattliche Erklärung des ehem. 'Ersten Lagerarztes' des KZ Dachau, Dr. Julius Muthig, vom 16. April 1947 (Staatsarchiv Nürnberg: Bestand: KV-Anklage, Dok. Nr. NO 2799)
93 vgl. Dressen (1983), S. 78/79
94 vgl. Zehethofer (1975), S. 34; Klee (1983), S. 345
95 vgl. Kap. II, Abschn. 4.2.1
96 vgl. die Zeugenaussage des ehem. 'Lagerführers' des Mauthausener Nebenlagers 'Gusen I', Chmielewski, vom 7. August 1967, Bl,. 18 (AB; 30. Vht.; Stbl. Nr. 29, Bl. 15-25)
97 vgl. 'Mennecke-Brief' 'Nr. 3' vom 20. Nov. 1941 aus Fürstenberg, (ZSL I, Bl. 573); 'Mennecke-Brief' 'Nr. 5' vom 21. Nov. 1941 aus Fürstenberg, (ZSL I, Bl. 578); 'Mennecke-Brief' 'Nr. 6' vom 22. Nov. 1941 aus Neustrelitz, (ZSL I, Bl. 592); 'Mennecke-Brief' 'Nr. 7' vom 24. Nov. 1941 aus Weimar, (ZSL II, Bl. 18)
98 vgl. ebd. und zusätzlich den 'Mennecke-Brief' vom 14. Jan. 1942, a.a.O. aus der 'T4'-Zentrale in Berlin
99 vgl. die 'Mennecke-Briefe' 'Nr. 7' bis 'Nr. 11' vom 25. bis 29. Nov. 1941 aus Weimar, (ZSL I, Bl. 606-611; ZSL II, Bl. 14-63)
100 vgl. den 'Mennecke-Brief' 'Nr. 7' vom 25. Nov. 1941 aus Weimar, Bl. 17 (ZSL II, Bl. 14-22)
101 vgl. Anmerk. 99
102 vgl. die Aussage des Kriminalsekretärs des KZ Flossenbürg, Wilhelm Faßbender, vom 29. Aug. 1968, (AB; 144 Vht. Stbl. Nr. 64, Bl. 29-31); und des 'Arbeitseinsatzführers' des KZ, Friedrich Becker (AB; Ordner "Material I"; 153. Vht.) sowie die Aussagen des ehem. Flossenbürg-Häftlinge Martin Blume (AB, "Material I", 153. Vht.) und Wilhelm Hoffmann (AB, "Material I", 164 Vht.)
103 vgl. die Aussage des ehem. Häftlings Hans Schwarz vom 15. Jan. 1968, Bl. 13 (AB Ordner IIIb, 75. Vht., Bl. 9-14)
104 so sagte der Zeuge Faßbender (vgl. Anmerk. 102) u.a. aus, daß die Kommission, der unter anderem auch der 'T4'-Arzt Mennecke angehört haben soll, "gegen Jahresende 1943" in Flossenbürg eingetroffen wäre ((AB, 144. Vht. Stbl. Nr. 64, Bl. 29) Demgegenüber geht aus den Briefen Menneckes eindeutig hervor, daß dieser "gegen Jahresen de 1943" sich mit Sicherheit in keinem KZ aufhielt. (Vgl. Kap. VI, Abschn. 1.2.2)
105 vgl. Kühnrich (1983), S. 213
106 vgl. ebd.
107 vgl. ebd; Antoni (1979), S. 119
Die Studie untersucht die Verlagerung der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik, insbesondere die Einstellung der "Anstaltseuthanasie" und die Ausweitung der "Aktion 14f13" in den Konzentrationslagern.
Die "Organisation T4" war eine Unternehmung, die zur Vernichtung von Insassen von Heil- und Pflegeanstalten gegründet wurde. Ihr Stammpersonal wurde später in Vernichtungslagern eingesetzt. Die Studie zeigt, dass "T4"-Mitarbeiter durch die Tötung von Konzentrationslagerhäftlingen im Rahmen der "Sonderbehandlung 14f13" auf weitere Mordaktionen vorbereitet wurden.
Die "Sonderbehandlung 14f13" war eine Aktion, bei der Konzentrationslagerhäftlinge selektiert und getötet wurden. Anfangs war sie eine Art Beigabe zur Tätigkeit der "Organisation T4", gewann aber nach der Einstellung der "Aktion T4" in den Heil- und Pflegeanstalten an Bedeutung.
Die Einstellung der "Aktion T4" wird in der Literatur oft mit den Protesten der Kirchen und der Justiz in Verbindung gebracht. Die Studie untersucht, ob diese Proteste tatsächlich die Hauptursache für die Einstellung waren.
Das NS-Regime reagierte unterschiedlich auf Proteste. Einige Proteste wurden unterdrückt (Verhaftungen, Zensur), während auf andere (z.B. Proteste in Grafeneck, Predigt von Galen) eingegangen wurde, wobei die Studie argumentiert, dass diese Reaktionen im Kontext des planmäßigen Auslaufens der "Aktion T4" zu sehen sind.
Die "Hartheimer Statistik" war eine Bilanz der "Organisation T4", die die Anzahl der getöteten Personen in den einzelnen Tötungsanstalten und die dadurch erzielten Einsparungen auflistete.
Die "Aktion 14f13" wurde ausgeweitet, um die "Organisation T4" nach der Einstellung der "Aktion T4" in den Heil- und Pflegeanstalten weiterhin zu beschäftigen und die Existenzgrundlage der Organisation zu sichern. Es wird argumentiert, dass die "T4"-Angestellten, die zu Mitwissern und Tätern geworden waren, nicht einfach in das "Zivilleben" entlassen werden konnten.
In den Konzentrationslagern wurden Gerüchte verbreitet, dass kranke Häftlinge in Lager mit besseren Bedingungen oder in Erholungslager verlegt würden. Es wurden Vorselektionen durchgeführt, um die Anzahl der zur Begutachtung durch die Ärztekommission der "T4" vorzulegenden Häftlinge zu erhöhen.
Ärztekommissionen der "T4" besuchten Konzentrationslager und selektierten Häftlinge auf Basis medizinischer, rassischer, politischer Motive oder mangelnder Arbeitsfähigkeit. Die "Diagnosen" dienten als Begründung für die Todesurteile. Die selektierten Häftlinge wurden in Tötungsanstalten deportiert.
Dachau, Mauthausen, Ravensbrück, Buchenwald, Flossenbürg und Neuengamme.
Sie sicherte den Nachschub an "Menschenmaterial" für die Tötungsanstalten und ermöglichte es, dass von den vier Tötungsbetrieben nur Hadamar eingestellt werden musste. Es wurde auch die innere Distanzierung von den Opfern schwieriger, da der Durchschnitt der zu tötenden KZ-Häftlinge sich noch weiter an das Aussehen und die Verhaltensweisen ihrer Mörder annäherte, da nur noch eine Minderheit der Deportierten aus sog. 'Asozialen' bestand.
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