Examensarbeit, 2005
44 Seiten, Note: 1,5
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Zun¨ achst werden hier einige Eigenschaften von Polynomringen in einer Variablen X genannt, wobei das Hauptaugenmerk auf K¨ orpern als den zugeh¨ origen Koeffizientenbereichen liegt. Der Polynomring K[X] wird von Polynomen mit Koeffizienten aus K gebildet. Man betrachte f ∈ K[X] und f (x) als die dem
Polynom zugeordnete Funktion, die einem Element x den Funktionswert f (x) zuordnet. Nun ist es m¨ oglich, Elemente aus beliebigen K¨ orpern oder kommutativen Ringen K ⊃ K in x einzusetzen, indem man die Variable X durch dieses x ersetzt und den entstehenden Ausdruck f (x) als Element in K betrachtet.
Im dritten Abschnitt dieses Kapitels werden Ideale eingef¨ uhrt mit der Absicht, sp¨ ater mit Polynomringen als Hauptidealringen zu arbeiten.
Es seien R ein Ring, R[X] der Polynomring in einer Variablen X ¨ uber R und
f, g ∈ R[X]. Im Folgenden seien e = grad(f ), d = grad(g) und a i , b j ∈ R jeweils die Koeffizienten von f bzw. g, wobei a e , b d = 0. Also:
F¨ ur Polynome f, g ∈ R[X] gilt
• grad(f + g) ≤ max(grad(f ), grad(g)),
denn f¨ ur Koeffizienten a k und b k von f und g gilt a k + b k = 0 f¨ ur k > max(grad(f ), grad(g)). Es gilt auch • grad(f · g) ≤ grad(f ) + grad(g),
k+l=i a k ·b l = 0 f¨ ur i > grad(f )+grad(g). Das letzte Summengliedenn
von f · g kann also h¨ ochstens die Summe beider Grade von f und g zum
Grad haben.
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d.h. grad(g 1 ) ≤ d−1, also grad(g 1 ) < grad(g). Nach Induktions-Voraussetzung
gibt es jetzt f¨ ur
g
1
eine Zerlegung
g
1
=
k
1
f
+
r
1
mit grad(r)
< e
= grad(f ) und
k
1
, r
1
∈
K[X].
Jetzt setzt man noch
k
=
k
1
+
b
d
g = kf + r.
Definition 1.11 Sei R ein kommutativer Ring. I ⊂ R heißt Ideal in R, wenn
gilt:
(i) I ist eine additive Untergruppe von R; (ii) wenn r ∈ R und a ∈ I, dann folgt, dass auch ra ∈ I ist. F¨ ur a ∈ R nennt man Ra := {ra|r ∈ R} das von a erzeugte Hauptideal.
Satz 1.12 Seien R ein Ring und I ein Ideal. Dann ist R/I wieder ein Ring.
Beweis:
Die Abbildung
schickt ein
g
∈
R
auf seine Restklasse ¯
g = {a + g|a ∈ I}. Die Restklasse ¯ schreiben: ¯
alle Elemente, die sich von g nur um ein Element aus I unterscheiden.
(R/I, +) ist bekanntlich abelsche Gruppe.
F¨ ur die Wohldefniniertheit der Multiplikation ist zu zeigen: f¨ ur ¯
g
1
·
¯
g
2
⇒
¯ gilt: ¯
g
1
= ¯
Seien g 1 ∈ ¯ g 1 , g 2 ∈ ¯ g 2 . Es gibt also ein a ∈ I mit g 2 = g 1 + a. g 2 mit ¯ g 1 = ¯
Sei
h
∈
¯
h.
Weil
g
1
und
g
2
in derselben Restklasse sind, ist
g
2
h
dasselbe wie
g
1
h
+
ah.
Da
a
im Ideal
I
enthalten ist, gilt auch
ah
∈
I,
woraus ¯
folgt. Analog gilt ¯
h
·
¯
g(
¯
Es gilt auch die Assoziativit¨ at und das Distributivgesetz ¯ Satz 1.13 Jedes Ideal in einem euklidischen Ring ist ein Hauptideal.
Beweis:
Sei I ⊂ R Ideal und R euklidisch. z.z.: I ist ein Hauptideal.
1) Sei I = {0} = R · 0. Das ist ein Hauptideal.
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3 Das quadratische Reziprozit¨ atsgesetz
In Abschnitt 3.3.1 wird das Legendre-Symbol f¨ ur Zahlen verwendet, es sei hierf¨ ur folgendermaßen definiert:
Definition 3.1 Sei p prim und a ∈ Z, wobei p kein Teiler von a sei. Dann ist
das Legendre-Symbol f¨ ur Zahlen definiert durch
Satz 3.2 Das quadratische Reziprozit¨ atsgesetz f¨ ur Zahlen 3 besagt: Wenn l und p zwei verschiedene ungerade Primzahlen sind, dann gilt
p ≡ p l−1 wobei nach dem Euler’schen Kriterium gilt: 2 (mod l).
l
Beispiel 3.3 Sei p = 7. Die Quadrate in Z/7Z sind 1, 2 und 4. Dann ist das
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Legendre-Symbol Es ist aber zum Beispiel
Sei nun l = 5. Die Quadrate in Z/5Z sind 1 und 4, also ist = −1. Nach 5
Satz 3.2 ist dann
3.2 Polynome ¨ uber endlichen K¨ orpern
Es stellt sich jetzt die Frage, wie das quadratische Reziprozit¨ atsgesetz in Polynomringen ausgedr¨ uckt werden kann. Wie man gleich sieht, wird das Legendre-Symbol analog obiger Definition formuliert, wobei es nach Euler in Polynomringen jedoch auf andere Art berechnet wird. Damit ¨ andert sich auch die Formulierung des quadratischen Reziprozit¨ atsgesetzes.
3 Beweis nachzulesen in [7] S. 35f.
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Definition 3.4 Sei f ∈ F q [X] irreduzibel und normiert, g ∈ F q [X] und g kein Vielfaches von f . Im endlichen K¨ orper F q [X]/(f ) ist
als das Legendre-Symbol definiert.
Wir m¨ ussen hier q als ungerade voraussetzen, denn in char(F q ) = 2 w¨ are 1 = −1. Sei also im Folgenden q = p n (n ∈ N) mit p ≥ 3 und p prim.
Satz 3.5 (Eulers Hilfssatz) Das Legendre-Symbol l¨ asst sich nach dem Euler’schen Kriterium folgendermaßen berechnen:
oder anders ausgedr¨ uckt:
wobei g ∈ F q [X], e = grad(f ) und f kein Teiler von g sei.
Beweis:
Die Einheitenguppe
F
q
[X]/(f )
×
von
F
q
[X]/(f ) ist zyklisch und hat die Ordnung
q
e
−
1. Es gibt also einen Erzeuger ¯
g
∈
F
q
[X]/(f ), dass ¯ Daher gilt f¨ ur jedes Element 0 =
¯ g = ¯ b 2 . 1) Sei ¯ q e −1 q e −1 = ¯ b q e −1 = 1 nach Satz 2.8. = ( ¯ b 2 ) Dann ist ¯ g 2 2
2) Sei
y
∈
N
mit ¯
Dann muss y ungerade sein, denn sonst k¨ onnte man ¯ b := ¯
w¨ are somit bei Fall 1) angelangt. Also ist ¯
doch y · q e −1
Jetzt bleibt noch zu zeigen: ¯
g q e −1 = 1 folgt (¯ g Aus ¯
Daraus folgt ¯
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denn
Satz 3.7 (Quadratisches Reziprozit¨ atsgesetz) Seien f, g ∈ F q [X] irredu-
zibel ¨ uber diesem K¨ orper, normiert und verschieden, grad(g) = d und grad(f ) =
e.
Dann gilt:
Korollar 3.8 Aus dem Euler’schen Kriterium folgt dieser (einzige) Erg¨ anzungs- satz:
wobei ε ∈ F × q .
Vor dem Beweis des quadratischen Reziprozit¨ atsgesetzes (in Abschnitt 3.4) werden zur Veranschaulichung zwei Beispiele in Polynomringen ¨ uber endlichen K¨ orpern gerechnet.
Es seien f = X − a und g = X − b mit a, b ∈ F p und a = b. Die beiden Polynome sind jeweils vom Grad eins und a und b sind ihre Nullstellen in F p .
Es soll also gezeigt werden, dass hierf¨ ur das quadratische Reziprozit¨ atsgesetz gilt, n¨ amlich
Zuerst wird gezeigt, dass g genau dann ein Quadrat in F p [X] ist, wenn (a − b)
g a−b
in F p ein Quadrat ist, es ist also zu zeigen: = .
f p
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Es ist X − b = X − a + c 2 ⇔ a − b = c 2 , und das ist in F p , fertig.
Das heißt, dass es mindestens ein k und ein h in F p [X] gibt, so dass in F p gilt: g = kf + h 2 . g
Also ist
g
X − b = (d m (X − a) m + . . . + d 0
und das gilt in F p [X].
Jetzt X = a einsetzen:
a − b = 0 + c 2 und das gilt in F p .
f b−a
Ebenso gilt
Es ist nach Korollar 3.6
Außerdem gilt
Das heißt also, wenn
und das ist genau dann der Fall, wenn die −1 ein Quadrat in F p ist. Und das
−1 gilt genau dann, wenn = 1 gilt. (analog in die andere Richtung)
p
Nach dem Euler’schen Kriterium ist
Nun wird ein konkretes Beispiel f¨ ur Polynome zweiten Grades aus F 5 [X] durchgerechnet. Dazu w¨ ahlen wir g = X 2 + 2X − 1 und f = X 2 + X + 2, beide sind
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Die Nullstellen α 1 und α 2 von f werden mit der quadratischen L¨ osungsformel √ √ −7
berechnet, es folgt also aus
X
2
+
X
+ 2 = 0, dass
α
1,2
=
−1±
√
(in F 5 gerechnet!). W¨ ahle α = 2 + 3 von f in F 25 .
Jetzt bleibt noch g(α) auszurechnen und zu pr¨ ufen, ob das Ergebnis ein Quadrat ist.
g(α)
=
g(2
+ 3ω) = 4 + 12ω + 9ω
2
g
Das Legendre-Symbol nimmt hier also den Wert 1 an.
f
f
Dasselbe macht man jetzt noch mit :
g Nullstellen von g: √ √
X 2 + 2X − 1 = 0 ⇔ β 1,2 = −2± = −1 ∓ 2 3. Also ist β = −1 − 2ω Nullstelle 3
2
von g in F 25 .
f
(β) =
β
2
+β+2 =
f
(−1−2ω) = 1+4ω+ 4ω
2
⇒
⇒
Womit gezeigt ist, dass das quadratische Reziprozit¨ atsgesetz f¨ ur diesen speziellen Fall funktioniert.
Vor dem Beweis des quadratischen Reziprozit¨ atsgesetzes in Polynomringen uber endlichen K¨ orpern (Satz 3.7) werden zur Erinnerung noch Definition und ¨
S¨ atze vom Anfang des Kapitels wiederholt.
Wir ben¨ otigen hierf¨ ur das Legendre-Symbol, welches definiert ist als
und sich nach dem Euler’schen Kriterium folgendermaßen berechnen l¨ asst 5 :
5 siehe Definition 3.4 und Satz 3.5
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4 Das allgemeine Reziprozit¨ atsgesetz
F¨ ur den Beweis des quadratischen Reziprozit¨ atsgesetzes war bisher nur die Zahl n = 2 von Interesse. Nun wird auf den folgenden Seiten dargestellt, wie Hasse den Beweis des Reziprozit¨ atsgesetzes f¨ ur allgemeine nat¨ urliche Zahlen n durchf¨ uhrt. Das Verfahren ist genau dasselbe, wie es in Abschnitt 3.4 schon formuliert wurde, deshalb gehen wir hier auch nur kurz darauf ein.
Zun¨ achst werden Charaktere und die durch sie gebildeten Gruppen eingef¨ uhrt, um sp¨ ater das Legendre-Symbol neu zu definieren. Die allgemeinere Definition des Legendre-Symbols ist n¨ amlich die einzige bedeutende ¨ Anderung f¨ ur das allgemeine Beweisverfahren.
Definition 4.1 Sei G eine Gruppe und K ein K¨ orper. Ein Homomorphismus
χ : G −→ K ×
heißt ein (K-wertiger) Charakter von G in K.
Es gilt
χ(g 1 · g 2 ) = χ(g 1 ) · χ(g 2 )
⇒
χ(g
1
·
. . .
·
g
n
) =
χ(g
1
)
·
. . .
·
χ(g
n
)
⇒
χ(g
n
)
Wenn χ 1 , χ 2 Charaktere sind, dann ist das Produkt χ 1 · χ 2 folgendermaßen
definiert:
(χ 1 · χ 2 )(g) = χ 1 (g) · χ 2 (g),
und das ist wieder ein Charakter, n¨ amlich χ 1 · χ 2 : G −→ K × . Sei ˆ G =
Hom(G, K × ) die Menge dieser Charaktere. Dann bildet ( ˆ G, ·) eine abelsche
Gruppe, die Charaktergruppe genannt wird. Das neutrale Element ist hier derjenige Charakter, der jedem Element g ∈ G die 1 aus K × zuordnet, also
χ(g) = 1.
Definition 4.2 Die Untergruppe ˆ G n ⊂ ˆ G der Charaktere mit der Eigenschaft χ n = 1 nennt man die n-ten Charaktere.
G = Hom(F × q , F × Satz 4.3 Die Charaktergruppe ˆ q ) ist zyklisch mit der Ordnung q − 1.
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Zweite Charaktere sind diejenigen, f¨ ur die χ 2 (3) = 1 gilt, also χ(a) ∈ {−1, 1}.
Daf¨ ur gibt es zwei M¨ oglichkeiten:
1.) χ 1 (a) = 1 gilt wieder f¨ ur alle a ∈ F ×
7 .
2.) Es gilt χ 2 (3) = −1, somit kann man alle Potenzen ausrechnen, n¨ amlich
χ(1) = χ 6 (3) = 1,
χ(2) = χ 2 (3) = 1, χ(4) = χ(2) · χ(2) = 1, χ(5) = χ 5 (3) = −1 und χ(6) = χ 3 (3) = −1.
F¨ ur die dritten Charaktere gilt χ 3 (3) = 1, also χ(3) ∈ {1, 2, 4} (denn das sind
die dritten Einheitswurzeln). Die drei m¨ oglichen Charaktere sind also: 1.) χ(a) = 1 gilt f¨ ur alle a ∈ F ×
7 , siehe oben.
2.) χ(3) = 2: wir bestimmen wieder χ f¨ ur alle Elemente aus F ×
7 :
χ(1) = 1, χ(2) = 4, χ(4) = 2, χ(5) = 4 und χ(6) = 1.
3.) Falls χ(3) = 4, dann gilt:
χ(1) = 1, χ(2) = 2, χ(4) = 4, χ(5) = 2 und χ(6) = 1.
Es gibt also drei dritte Charaktere, welche die Untergruppe der dritten Charaktere bilden. Diese Untergruppe ist zyklisch und wird von χ mit χ(3) ∈ {2, 4}
erzeugt.
F¨ ur alle dritten Charaktere
χ
∈
Hom(F
×
χ
3
(3)
∈ ∈3 In F q gibt es so viele verschiedene Untergruppen von n-ten Charakteren, wie q − 1 Teiler hat, in diesem Beispiel sind das drei St¨ uck.
Definition 4.7 Seien f und g in F q [X] irreduzibel, normiert und verschieden ∈ (f ) sowie n ein Teiler von q−1. Sei χ ∈ Hom(F q [X]/(f ) × , F q [X]/(f ) × ). und g /
Das Legendre-Symbol ist definiert durch:
·
Das ist ein n-ter Charakter in Hom(F q [X]/(f ) × , F q [X]/(f ) × ). Das Bild von χ ist die Menge der n-ten Einheitswurzeln in F q [X]/(f ) × .
Hier sieht man, das das Legendre-Symbol genaugenommen in vereinfachter Weise schon in Abschnitt 3.2 (Definition 3.4) als ein Charakter definiert wurde, n¨ amlich als ein zweiter Charakter, der entweder den Wert 1 oder −1 annimmt. 6
6 vergleiche hierzu Satz 3.5
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