Bachelorarbeit, 2021
49 Seiten, Note: 1,7
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Problemstellung und Themenabgrenzung
2 Begriffsdefmitionen und Umweltbonus
2.1 Definition der begünstigten Kraftfahrzeuge
2.2 Umweltbonus für den Erwerb von Elektrofahrzeugen
2.2.1 Regelungszweckund Voraussetzungen
2.2.2 Auswirkungen auf die Umsatzsteuer und auf die AfA
2.2.3 Vergleichsberechnung über die Auswirkungen des steuerlichen Wahlrechts gem. R6.5 EStR
2.2.4 Kritische Analyse der Realisierbarkeit der angestrebten Zulassungszahlen
2.2.5 Reformvorschlag: Bonus-Malus-System
3 Sonderabschreibung gern. § 7c EStG für Elektronutzfahrzeuge und elektrisch betriebene Lastenräder
3.1 Regelungszweck und Voraussetzungen
3.2 Auswirkungen der Sonderabschreibung gern. § 7c EStG
3.3 Vergleichsberechnungder Substitutionswirkung
3.4 Kritische Analyse der Anreizwirkung
4 Kfz-SteuerbefreiungfürreineElektrofahrzeuge
4.1 RegelungszweckundVoraussetzungen
4.2 Auswirkungen derKfz-Steuerbefreiung
4.3 Vergleichsberechnung der Kfz-Steuerbelastung
4.4 Kritische Analyse der Klimabilanz von Elektrofahrzeugen
5 Begünstigte Dienstwagenbesteuerung von Elektrofahrzeugen
5.1 Ermittlung der Besteuerung über einen pauschalierten Nutzungswert
5.1.1 Belastungsvergleich der Besteuerung der Privatnutzung von Kfz
5.1.2 Belastungsvergleich der Besteuerung der Nutzung von Kfz für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte
5.2 Ermittlung der Besteuerung über den tatsächlichen Nutzungswert
5.3 Auswirkungen auf die Umsatzsteuer
5.4 Anreizwirkung der begünstigten Dienstwagenbesteuerung
5.5 Kritik an der Förderung von Hybridelektrofahrzeugen
6 Fazit
Literaturverzeichnis
Rechtsprechungsverzeichnis
Rechtsquellenverzeichnis
Verzeichnis der Verwaltungsanweisungen
Sonstige Quellen
Tabelle 1: Erforderliche elektrische Mindestreichweite
Tabelle 2: Übersicht zur Höhe des Umweltbonus
Tabelle 3: Ermittlung der Anschaffungskosten für die Fallbeispiele 1 und 2
Tabelle 4: Vergleichsberechnung z. v.E
Tabelle 5: Vergleichsreihe zur Berechnung der Subventionswirkung
Tabelle 6: Subventionswirkung der Sonderabschreibung gern. § 7c EStG
Tabelle 7: Subventionswirkung der Sonderabschreibung gern. § 7g Abs. 5 EStG
Tabelle 8: Berechnung des Steuerbefreiungszeitraums
Tabelle 9: Erforderliche elektrische Mindestreichweite gern. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG
Tabelle 10: Belastungsvergleich Privatnutzung Pkw pro Monat nach der 1 % - Regelung mit unterschiedlichen BLP
Tabelle 11: Belastungsvergleich Privatnutzung Pkw pro Monat nach der 1 % - Regelung
Tabelle 12: Belastungsvergleich Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte 27
Tabelle 13: Ermittlung der Gesamtkosten 29
Tabelle 14: Ermittlung der auf die Nutzungsentnahme entfallenden USt bei der 1 % - RegelunG
Tabelle 15: Ermittlung der Gesamtkosten zur Berechnung der umsatzsteuerlichen BMG bei der Fahrtenbuchmethode
AfA Absetzung für Abnutzung
BAFA Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle
BEV Battery Electric Vehicle
BGBl Bundesgesetzblatt
BLP Bruttolistenpreis
BMF Bundesfinanzministerium
BMG Bemessungsgrundlage
BVerfG Bundesverfassungsgericht
CO2 Kohlenstoffdioxid
EKF Energie- und Klimafonds
EmoG Elektromobilitätsgesetz
EStG Einkommensteuergesetz
EStR Einkommensteuerrichtlinie
i.V.m in Verbindung mit
ISI Institut für System und Innovationsforschung
KBA Kraftfahrt-Bundesamt
KraftStG Kraftfahrzeugsteuergesetz
KSG Klimaschutzgesetz
kWh Kilowattstunden
NBW Nettobarwert
PHEV Plug-In Hybrid Electric Vehicle
StVZO Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung
UStAE Umsatzsteuer-Anwendungserlass
UStG Umsatzsteuergesetz
z.v.E zu versteuerndes Einkommen
ZLEV Zero and Low Emission Vehicles
„Elektroautos: Heilsbringer oder Sackgasse?“1 Auch Dieter Zeus. Regierungsdirektor in der Bundesfinanzakademie im Bundesfinanzministerium, stellt fest, dass die damit verbundene steuerliche Förderung der „verhältnismäßig teuren und auch aus Umweltgesichtspunkten keinesfalls unumstrittenen Elektroautos“2 kontrovers diskutiert wird.
Bereits im Dezember 2015 wurde auf der Pariser Klimakonferenz die erste umfassende und rechtsverbindliche weltweite Klimavereinbarung geschlossen. Die fast 190 Vertragsparteien einigten sich auf das langfristige Ziel, den Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad Celsius gegenüber vorindustriellen Werten zu begrenzen.3 Deutschlands Beitrag zur Erreichung dieses Ziels ist unter anderem im Klimaschutzgesetz (KSG) definiert. Gern. § 3 Abs. 1 KSG sollen die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 im Vergleich zum Jahr 1990 um 55 % reduziert werden. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 29.04.2021, welches den Gesetzgeber verpflichtet, Ziele zur CO2-Reduktion für die Zeiträume nach 2030 festzulegen4, hat die Bundesregierung kürzlich ein novelliertes Klimaschutzgesetz vorgelegt. Darin wird das Ziel formuliert, bis zum Jahr 2030 den Ausstoß von Treibhausgasen um 65 % zu reduzieren und bis zum Jahr 2045 Treibhausgasneutralität zu erreichen.5
Der Verkehrssektor verursacht rund 20 % der CO2-Emissionen in Deutschland, 94 % davon entfallen auf den Straßenverkehr.6 Trotz energieeffizienterer Kraftfahrzeuge sei der CO2-Ausstoß des Verkehrssektors seit 1990 gestiegen. Dies sei vor allem auf die steigende Anzahl, das steigende Gewicht und die höhere Leistungsstärke der Fahrzeuge zurückzuführen.7 Im Verkehrssektor müsse es zu einer Minderung der CO2-Emissionen bis 2030 um 40 bis 42 % im Vergleich zu 1990 kommen.8 Zur Erreichung dieses Minderungsziels sollen bis zum Jahr 2030 sieben bis zehn Millionen Elektrofahrzeuge in Deutschland zugelassen sein.9 Grundlage für diese Entscheidung der Bundesregierung bildet die Annahme, dass ein Elektrofahrzeug über den gesamten Lebensweg bereits heute weniger Treibhausgase emittiere als ein vergleichbares Kraftfahrzeug mit Verbrennungsmotor.10 Kritiker bemängeln, dass bei der Berechnung der positiven Klimabilanz von Elektrofahrzeugen vereinfachend vom Stromerzeugungsmix ausgegangen werde und stellen fest:11 „Tatsächlich ist es ja so, dass die Wind- und Solaranlagen nicht zusätzlich Strom produzieren, weil ein Elektrofahrzeug geladen werden muss. Der zusätzliche Strombedarf muss deshalb ausschließlich von konventionellen Kraftwerken gedeckt werden, deren Auslastung bedarfsgerecht erhöht werden kann.“12 Solange noch Strom aus fossilen Quellen erzeugt werde, könne dieser um genau den Betrag des Ladestroms eingespart werden und somit zu weniger CO2-Emissionen führen.13
Die Bundesregierung hat, ausgehend von ihrer Annahme einer bereits heute positiven Klimabilanz von Elektrofahrzeugen, verschiedene Anreize und Begünstigungen geschaffen, um den Absatz von Elektrofahrzeugen zu fördern. Daran anknüpfend wird in dieser Arbeit ein Überblick über wesentliche steuerliche Fördermaßnahmen gegeben. Es wird ein steuerrechtskritischer Untersuchungsansatz verfolgt, sodass Steuerwirkungsbetrachtungen und kritische Analysen sowie Reformvorschläge zu den behandelten Fördermaßnahmen durchgeführt werden. Untersucht wird, inwieweit die betrachteten Anreize und Begünstigungen den Absatz von Elektrofahrzeugen fördern und inwieweit diese Fördermaßnahmen zu einer Reduktion von CO2-Emissionen beitragen können. Zudem wird analysiert, welche Weiterentwicklungen einzelner Besteuerungsregelungen in diesem Zusammenhang zielführender wären.
Betrachtet werden dazu der Umweltbonus für den Erwerb von Elektrofahrzeugen in Kapitel 2, die Sonderabschreibung gern. §7c EStG für Elektronutzfahrzeuge und elektrisch betriebener Lastenräder in Kapitel 3, die Kfz-Steuerbefreiung für reine Elektrofahrzeuge in Kapitel 4 und die begünstigte Dienstwagenbesteuerung von Elektrofahrzeugen in Kapitel 5. Jedes der vier Hauptkapitel ist wie folgt aufgebaut: Auf die Darstellung des jeweiligen Regelungszwecks und der Voraussetzungen folgen Steuerwirkungsbetrachtungen. Anschließend erfolgt eine kritische Analyse der jeweils betrachteten Fördermaßnahme sowie gegebenenfalls ein Reformvorschlag. Aus Gründen des begrenzten Umfangs der vorliegenden Arbeit wird dabei stets ein Kauf und kein Leasingvertrag über ein Elektrofahrzeug betrachtet. Eine Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse wird im Fazit dieser Arbeit vorgenommen.
Um den Anwendungsbereich der steuerlichen Begünstigungen zutreffend einordnen zu können, erfolgt zunächst die Bestimmung wesentlicher Begrifflichkeiten. Der darauffolgende Abschnitt 2.2 behandelt den Umweltbonus, welcher als Kaufprämie dazu beitragen soll, den Absatz neuer undjunger gebrauchter Elektrofahrzeuge zu fördern.
Steuerlich begünstigte Elektrofahrzeuge lassen sich in reine batteriebetriebene Elektrofahrzeuge und in extern aufladbare Hybridelektrofahrzeuge unterscheiden. Die ertragsteuerliche Legaldefinition für reine batteriebetriebene Elektrofahrzeuge findet sich in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Halbsatz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG): „Fahrzeuge mit Antrieb ausschließlich durch Elektromotoren, die ganz oder überwiegend aus mechanischen/ elektrochemischen Energiespeichem oder aus emissionsfrei betriebenen Energiewandlern gespeist werden“. Derselbe Wortlaut findet sich auch in der kraftfahrzeugsteuerlichen Legaldefinition in§9 Abs. 2 KraftStG.
Ein Beispiel für einen „mechanischen“ Energiespeicher stellt ein Schwungrad mit Generator dar, welches kinetische Energie erzeugt.14 Für einen „elektrochemischen“ Energiespeicher wird die Grundlage durch einen Akkumulator gebildet.15 Ein solcher Akkumulator wandelt chemische in elektrische Energie um und ist vor allem in Form eines Li- thium-Ionen-Akkus bekannt.16 Die Legaldefinition umfasst ebenfalls die „aus emissionsfrei betriebenen Energiewandlern“ gespeisten Kfz. Gekennzeichnet wird diese Antriebsart durch elektrochemisch erzeugte Energie für elektrisch betriebene Antriebsmaschinen.17 18 19 Es handelt sich hierbei vor allem um wasserstoffbetriebene Brennstoffzellen.
Unter bestimmten Voraussetzungen zählen auch Elektrofahrräder („E-Bikes“) in die Kategorie der rein batteriebetriebenen Elektrofahrzeuge. Dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 14.12.2016 zu Folge werden Elektrofahrräder, sofern diese verkehrsrechtlich als Kfz eingeordnet werden, ebenfalls den begünstigten Kfz zugerech- net.18 So gelten Elektrofahrräder, deren Motor Geschwindigkeiten von über 25 km/h unterstützt, als Kfz.19 Die oben genannten, legal definierten, rein batteriebetriebenen Elektrofahrzeuge werden aus Vereinfachungsgründen in dieser Arbeit als reine Elektrofahrzeuge bezeichnet.
Davon abzugrenzen sind extern aufladbare Hybridelektrofahrzeuge, welche Energie sowohl aus einem Betriebskraftstoff als auch aus einer Speichereinrichtung, beispielsweise einer Batterie oder einem Kondensator, beziehen.20 Von außen aufladbaren Hybridelektrofahrzeuge werden in dieser Arbeit als Hybridelektrofahrzeuge bezeichnet.
Für die oben genannten begünstigten Kraftfahrzeuge (Kfz) wird in dieser Arbeit der übergeordnete Begriff Elektrofahrzeuge verwendet.
Der Umweltbonus wird sowohl für betriebliche als auch für private Anschaffungen gewährt.21 Insbesondere bei einem Erwerb von Elektrofahrzeugen mit einem verhältnismäßig geringen Anschaffungspreis werde von der Kaufprämie profitiert.22 Im Folgenden geht es zunächst um den Regelungszweck und die Voraussetzungen der Inanspruchnahme des Umweltbonus. Anschließend erfolgt eine Analyse von Auswirkungen auf die Umsatzsteuer und die Absetzung für Abnutzung (AfA). Abschließend wird Kritik an der Förderung durch den Umweltbonus geübt, welche in einem Reformvorschlag endet.
Die Gewährung des Umweltbonus verfolgt das Ziel, die Verkaufszahlen für reine Elektrofahrzeuge und Hybridelektrofahrzeuge in der Phase des Markthochlaufs zu fördern.23 Die schnelle Verbreitung elektrisch betriebener neuer und junger gebrauchter Elektrofahrzeuge werde dadurch gefördert.24 Rechtsgrundlage bildet die Richtlinie zur Förderung des Absatzes von elektrisch betriebenen Fahrzeugen. Zudem erfolgt die Förderung nach Maßgabe der §§23 und 44 Bundeshaushaltsordnung und nach Maßgabe des Gesetzes über die Errichtung eines Sondervermögens „Energie- und Klimafonds“.25
Die Fördermittel werden laut Richtlinie so lange ausgezahlt, wie die Verfügbarkeit der Haushaltsmittel sichergestellt ist. Die Förderung ist längstens bis Ende des Jahres 2025 vorgesehen.26 Die Mittel werden aus dem Sondervermögen Energie- und Klimafonds (EKF) entnommen und wurden ab dem 01.01.2020 mit einem Fördervolumen 2,09 Milliarden Euro veranschlagt.27 Antragsberechtigt sind sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen, Stiftungen, Körperschaften und Vereine.28
Die Zuwendung ist an mehrere Voraussetzungen geknüpft, welche im Folgenden erläutert werden: Gern. Nr. 3.1 der Richtlinie i. V. m. § 2 Nr. 1 Elektromobilitätsgesetz (EmoG) sind sowohl reine Elektrofahrzeuge als auch Hybridelektrofahrzeuge förderungsberechtigt. Hybridelektrofahrzeuge werden nur gefördert, wenn deren Kohlenstoffdioxid (CO2)- Emission je gefahrener Kilometer maximal 50 g betragen oder eine bestimmte Mindestreichweite unter ausschließlicher Nutzung der elektrischen Antriebsmaschine erreicht wird.29 In der folgenden Tabelle wird dargestellt, welche Mindestreichweiten imjeweili- gen Förderungszeitraum erforderlich sind:
Tabelle 1: Erforderliche elektrischeMindestreichweite
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Förderfähig sind nur die Fahrzeugmodelle, deren Hersteller sich zur Beteiligung am Umweltbonus verpflichten. Einzusehen ist dies auf einer vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) veröffentlichten Liste.30 Das BAFA zahlt den Bundesanteil am Umweltbonus nur aus, wenn der Nettokaufpreis für den Endkunden um mindestens den Herstelleranteil an dem Umweltbonus gemindert wird.31
Zudem ist Voraussetzung, dass das Kfz zum ersten Mal zugelassen oder, im Falle der zweiten Zulassung, maximal ein Jahr erstzugelassen gewesen ist.32 Des Weiteren besteht eine Haltedauer von mindestens sechs Monaten in der Bundesrepublik Deutschland. Abschließende Voraussetzung ist, dass der Nettolistenpreis des Basismodells maximal 65.000 € beträgt. Bei der Bestimmung des maximal förderfähigen Bruttogesamtfahrzeugpreises für Gebrauchtfahrzeuge gilt aufgrund des Wertverlustes eine Berechnungsgrundlage von 80 % des Listenpreises für Neufahrzeuge (brutto und inklusive Sonderausstattung) abzüglich des Bruttoherstelleranteils.
Aufgrund der temporären Verdopplung des Bundesanteils für Erstzulassungen im Zeitraum vom 03.06.2020 bis 31.12.2021 („Innovationsprämie“) haben sich die Fördersätze deutlich erhöht.33 34 Die nachstehende Tabelle stellt die Zusammensetzung der Umweltprämie dar:
Tabelle 2: Übersicht zur Höhe des Umweltbonus34
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Oberfmanzdirektion Niedersachsen hat zu der umsatzsteuerlichen Berücksichtigung des Umweltbonus Stellung genommen. Demnach gibt es eine umsatzsteuerlich unterschiedliche Behandlung des Zuschusses des Bundes und des Zuschusses der Automobilhersteller. Während der Umweltbonus Bund beim Erwerb einen echten, nicht steuerbaren Zuschuss darstellt, ist der von den Automobilherstellern gewährte Zuschuss als Preisnachlass zu verstehen.35 Der gewährte Zuschuss stellt somit eine Minderung des Entgeltes im Sinne von § 10 Abs. 1 UStG (Umsatzsteuergesetz) dar.
Wird ein Elektrofahrzeug durch einen Kfz-Händler an einen Kunden geliefert, so wirkt sich der Umweltbonus als (nachträgliche) Minderung des Entgelts aus, welches der Kfz- Händler für den Bezug des Elektrofahrzeugs an den Hersteller zu zahlen hat.36 Diese ist nach den allgemeinen Grundsätzen des § 17 Abs. 1 UStG so zu behandeln, dass der Hersteller die Umsatzsteuer und der Kfz-Händler die Vorsteuer zu berichtigen hat.37 Der Kfz- Händler hat nur den vom Kunden aufgewendeten Kaufpreis der USt zu unterwerfen.38
Die bilanzielle Behandlung des Umweltbonus ist zweigeteilt: Während der Herstelleranteil als Anschaffungspreisminderung im Sinne des § 255 Abs. 1 Satz 3 HGB anzusehen ist, besteht gemäß der Einkommensteuerrichtlinie (EStR) 6.5 zu § 6 EStG für die Berücksichtigung von Zuschüssen aus öffentlichen oder privaten Mitteln ein Wahlrecht.39 Werden die Zuschüsse als Betriebseinnahmen angesetzt, so wird die Höhe der Anschaffungsoder Herstellungskosten vom Erhalt des Zuschusses nicht beeinflusst. Werden die Zuschüsse hingegen erfolgsneutral behandelt, so mindert der Betrag des jeweiligen Zuschusses die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten.40 Die Minderung führt zu einer geringeren BMG und somit zu geringeren AfA-Beträgen.
Es folgt eine das steuerliche Wahlrecht berücksichtigende Vergleichsberechnung über die Auswirkungen auf das zu versteuernde Einkommen (z. v. E.): Eine Einzelunternehmerin erwirbt im Januar 2021 ein reines Elektrofahrzeug, welches die Voraussetzungen zur Gewährung des Umweltbonus erfüllt. Der zuständige Kfz-Händler gewährt den Herstelleranteil am Umweltbonus in Höhe von 3.000 € und die Auszahlung des Bundesanteils in Höhe von 9.000 € erfolgt durch das BAFA. Der Nettolistenpreis des reinen Elektrofahrzeugs beträgt 40.000 € und es kommen Überführungs- und Zulassungskosten in Höhe von 1.200 € netto hinzu. Unter Berücksichtigung des Umweltbonus als Anschaffungspreisminderung beträgt dasjährliche z. v. E. derEinzeluntemehmerin 70.000 €. Die Anschaffungskosten lassen sich wie folgt ermitteln: In Fallbeispiel 1 werden die Anschaffungskosten gekürzt, in Fallbeispiel 2 wird der erhaltene echte Zuschuss hingegen als Betriebseinnahme vereinnahmt.
Tabelle 3: Ermittlung derAnschaffungskosten für die Fallbeispiele 1 und 2
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im Folgenden werden die Auswirkungen des steuerlichen Wahlrechts auf das z. v. E. der Einzelunternehmerin dargestellt. Dazu werden die die beiden steuerlichen Wahlmöglichkeiten über einen Zeitraum von sechs Perioden gegenübergestellt. Bei einer Nutzungsdauer von 6 Jahren ergibt sich für Fallbeispiel 1 eine AfA in Höhe von jährlich 5.367 € und für Fallbeispiel 2 in Höhe vonjährlich 6.367 €.
Tabelle 4: Vergleichsberechnung z. v. E.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In der ersten Periode ist das z. v. E im Fallbeispiel 2 um 6.000 € höher. In den Folgejahren hingegen um jeweils 1.000 € niedriger als der Vergleichswert in Fallbeispiel 1. Bei Berücksichtigung des echten Zuschusses als Anschaffungskostenminderung (Fallbeispiel 1) kommt es über die betrachteten Perioden hinweg insgesamt zu einer um 1.050 € geringeren festzusetzenden Einkommensteuer. Die Berücksichtigung des echten Zuschusses als Anschaffungspreisminderung ist hier für die Steuerpflichtige günstiger.
Wie eine Zwischenbilanz des BAFA zum Antragsstand vom 01.05.2021 zeigt, wurde die Anschaffung von knapp 600.000 Kfz durch den Umweltbonus gefördert.41 Dabei handelt es sich bei rund 57 % um reine Elektrofahrzeuge und bei den übrigen um Hybridelektrofahrzeuge.42 Diese Zahlen verdeutlichen, dass die für reine Elektrofahrzeuge um 25 % höhere Umweltprämie nur mäßigen Einfluss auf die Kaufentscheidung der Fahrzeuganschaffenden hat.
Um einschätzen zu können, ob das von der Bundesregierung gesetzte Ziel der Zulassung von mindestens sieben Millionen Elektrofahrzeugen bis zum Jahr 2030 realistisch erscheint, können die aktuellen Bestandszahlen herangezogen werden. Aus der vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) veröffentlichten Statistik über den Bestand an Elektrofahrzeugen zum Stichtag 01.01.2021 ist ersichtlich, dass zu diesem Zeitpunkt rund 300.000 reine Elektrofahrzeuge und knapp 280.000 Hybridelektrofahrzeuge zugelassen waren43. Bereits im Regierungsprogramm aus dem Jahr 2011 wurde das Ziel ausgegeben, bis zum Jahr 2020 eine Million Elektrofahrzeuge zuzulassen. Diese Marke wird, den vorliegenden Bestandszahlen zur Folge, erst im Jahr 2021 oder 2022 erreicht. Zudem kommt eine Studie der Beratungsgesellschaft Deloitte zu dem Ergebnis, dass, unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Corona-Pandemie und den Fördermaßnahmen der Bundesregierung, bis zum Jahr 2030 voraussichtlich rund 6,35 Millionen Elektrofahrzeuge neu zugelassen werden.44 Vor diesem Hintergrund könnte das von der Bundesregierung angestrebte Ziel mit den bisherigen bzw. den aktuellen Maßnahmen bestenfalls knapp erreicht werden.
Zudem ist das Ziel des Umweltbonus, ausschließlich Elektrofahrzeuge zu fördern, grundsätzlich kritisch zu hinterfragen. Vor allem im Hinblick auf das Einsparungspotenzial von CO2-Emissionen, wird die Förderung von Elektrofahrzeugen kontrovers diskutiert.45 Ein Reformvorschlag, welche neben dem Kauf von Elektrofahrzeugen auch die Anschaffung besonders sparsamer Kfz mit Verbrennungsantrieb fördern, wird im Folgenden analysiert. In anderen Ländern der EU, beispielsweise in Frankreich, werden inzwischen grundsätzlich keine Hybridelektrofahrzeuge mehr gefördert. Dort, wie in zahlreichen anderen EU-Ländern, wurde ein sogenanntes Bonus-Malus-System etabliert.46 Der Sachverständigenrat für Umweltfragen spricht sich in einem Sondergutachten dafür aus, die bestehende Umweltprämie in ein Bonus-Malus-System zu integrieren.47 Die Anwendung eines solchen Systems sorgt dafür, dass besonders energieeffiziente Kfz bezuschusst werden, während es bei besonders ineffizienten Kfz zu einer zusätzlichen finanziellen Belastung kommt.48 Um gegenläufige ökologische Auswirkungen und fiskalische Belastungen zu vermeiden sei es unabdingbar, ein solches System umsichtig zu gestalten. Sinkende durchschnittliche CO2-Emissionen von Neuwagen müssten demnach eine Absenkung des Schwellenwerts für den Malus nach sich ziehen, um weiterhin wirkungsvoll zu sein. Die Höhe des Bonus sollte mit den im Laufe der Zeit sinkenden Batteriekosten ebenfalls absinken.49 Durch die an den CO2-Emissionen ausgerichtete finanzielle Be- bzw. Entlastung könnte die Einführung eines Bonus-Malus-Systems aus betriebswirtschaftlicher Sicht zusätzlich Anreize schaffen, in emissionsarme Kfz zu investieren. Des Weiteren würde die Einführung eines Bonus-Malus-Systems ein wichtiges Signal sowohl an Käufer neuer Kfz als auch an Hersteller und an politische Akteure weltweit senden.50
Mit § 7c EStG wird eine Vorschrift zur Sonderabschreibung von neuen Elektronutzfahrzeugen und elektrisch betriebenen Lastenfahrrädern des Anlagevermögens eingeführt. Unter Elektronutzfahrzeugen sind für die Güterbeförderung ausgelegte und gebaute Kfz der Fahrzeugklasse N zu verstehen.51 Es werden dabei ausdrücklich reine Elektrofahrzeuge und keine Hybridelektrofahrzeuge begünstigt.52 Das Inkrafttreten ist noch von einem Beschluss der Europäischen Kommission abhängig. In diesem Kapitel geht es zunächst um den Regelungszweck und die Voraussetzungen und anschließend um die Substitutionswirkung sowie um Kritik an der möglichen Einführung dieser Regelung.
Ziel der Sonderabschreibung gern. § 7c EStG ist es, insbesondere im betrieblichen Bereich steuerliche Anreize für den Markthochlauf von reinen Elektrofahrzeugen zu setzen.53 Neben der linearen AfA gern. § 7 Abs. 1 EStG kann eine Sonderabschreibung in Höhe von 50 % der Anschaffungskosten im Jahr der Anschaffung geltend gemacht werden (§ 7c Abs. 1 EStG). Gern. Art. 39 Abs. 7 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12.12.2019 ist das Inkrafttreten des § 7c EStG noch von einem Beschluss der Europäischen Kommission abhängig. Erst nachdem beschlossen wird, dass die steuerliche Regelung entweder keine Beihilfe oder eine mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfe darstellt, tritt § 7c EStG in Kraft. Vom Bundesfinanzministerium werden sodann der Tag des Beschlusses der Europäischen Kommission sowie der Tag des Inkrafttretens gesondert im BGBl (Bundesgesetzblatt) bekannt gegeben.54
Voraussetzungen für die Anwendung des steuerlichen Instruments ist, dass die begünstigten Wirtschaftsgüter gern. § 7a Abs. 8 EStG in einem besonderen, laufend zu führenden Verzeichnis dargestellt werden. Zudem ergibt sich aus § 52 Abs. 15b EStG, dass die Anschaffung im Zeitraum vom 01.01.2020 bis 31.12.2030 liegen muss. An die Legaldefinitionen von § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG und § 9 Abs. 2 KraftStG anknüpfend ist gern. § 7c Abs. 2 EStG ferner Voraussetzung, dass die neuen Kfz ausschließlich durch Elektromotoren angetrieben werden, deren Energie ganz oder überwiegend aus mechanischen bzw. elektrochemischen Energiespeichern oder aus emissionsfrei betriebenen Energiewandlern gespeist werden. Hybridelektrofahrzeuge sind damit ausschließlich von der Sonderabschreibung ausgeschlossen.
Der sachliche Anwendungsbereich bezieht sich zum einen auf für die Güterbeförderung ausgelegte Kfz der Fahrzeugklassen NI (bis 3,5 t), N2 (über 3,5 t bis 12 t) und N3 (über 12 t) und zum anderen auf elektrisch betriebene Lastenfahrräder.55 Gern. § 7c Abs. 3 EStG handelt es sich dabei um Schwerlastenfahrräder, die über einen elektronischen Hilfsantrieb verfügen und mindestens einen Kubikmeter Transportvolumen sowie mindestens 150 kg Nutzlast vorweisen. Nicht förderfähig sind vorrangig für den Personentransport geeignete Fahrräder, als Verkaufsstand genutzte oder nachgerüstete sowie gebrauchte Schwerlasten- oder Lastenfahrräder.56
Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Sonderabschreibung sind gern. § 7c Abs. 1 die tatsächlichen Anschaffungskosten. Nachträgliche Anschaffungspreisminderungen, beispielsweise durch den Bundesanteil des Umweltbonus, sind zu berücksichtigen.57 Gern. § 7a Abs. 5 EStG dürfen für ein Wirtschaftsgut nicht mehrere Sonderabschreibungen in Anspruch genommen werden und nach Ablauf des Begünstigungszeitraums bemisst sich die lineare AfA gern. § 7a Abs. 9 EStG nach dem Restwert und der Restnutzungsdauer. Die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung gern. § 7c EStG führt zu Aufwandsvorverlagerungen, sodass Steuerstundungseffekte erzielt werden.58 Die Höhe der realisierten positiven Zinseffekte ist von den zugrunde gelegten Steuer- und Zinssätzen abhängig.59 Dabei werden dynamische Investitionsrechenverfahren als geeignete Berechnungsgrundlage angesehen.60
[...]
1 Luczak (2020), S. 149.
2 Zens (2021a), S. 184.
3 Vgl. Europäische Kommission (2021).
4 Vgl. BVerfG (2021), Rn. 268.
5 Vgl. Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes (2021), Artikel 1.
6 Vgl. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (2021).
7 Vgl. Ebd.
8 Vgl. Ebd.
9 Vgl. Ebd.
10 Vgl. BMU(2021), S. 7.
11 Vgl. Luczak (2020), S. 174.
12 Luczak (2020), S. 174.
13 Vgl. Schmidt (2020), S. 6.
14 Vgl.ßwè«er(2021), S. 3.
15 Vgl. Ebd.
16 Vgl. Ebd.
17 Vgl. Ebd.
18 Vgl. BMF vom 14.12.2016, Rn. 10.
19 Vgl. Ebd.
20 Vgl. BMFvom 14.12.2016,Rn. 6-9.
21 Vgl. Bekanntmachung der Richtlinie zur Förderung des Absatzes von elektrisch betriebenen Fahrzeugen (Umweltbonus) vom 21.10.2020, Nr. 2.2.
22 Vgl. Sopp/Gast (2020), S. 1060.
23 Vgl. Bekanntmachung der Richtlinie zur Förderung des Absatzes von elektrisch betriebenen Fahrzeugen (Umweltbonus) vom 21.10.2020, Nr. 1.1.
24 Vgl. Ebd.
25 Vgl. Ebd., Nr. 1.2.
26 Vgl. Bekanntmachung der Richtlinie zur Förderung des Absatzes von elektrisch betriebenen Fahrzeugen (Umweltbonus) vom 21.10.2020, Nr. 7.
27 Vgl. EKF-Bericht als Anlage zur BMF-Vorlage 54/20, (2020), S. 54.
28 Vgl. Bekanntmachung der Richtlinie zur Förderung des Absatzes von elektrisch betriebenen Fahrzeugen (Umweltbonus) vom 21.10.2020, Nr. 2.2.
29 Vgl. Ebd.,Nr. 3.1.
30 Vgl. Ebd.,Nr. 3.3.
31 Vgl. Ebd., 4.
32 Vgl. Ebd., 3.3.
33 Vgl. Hübner (2021), S. 61.
34 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2021).
35 Vgl. OFD Niedersachsen vom 09.02.2017, S.l.
36 Vgl. OFD Niedersachsen vom 09.02.2017, S.2.
37 Vgl. Ebd.
38 Vgl. Weimann (2017), S. 7.
39 Vgl. EStR 6.5 Abs. 2.
40 Vgl. Ebd.
41 Vgl. BAFA (2021), S. 2.
42 Vgl. Ebd.
43 Vgl. Kraftfahrt-Bundesamt, Bestandsüberblick am 01.01.2021.
44 Vgl. Deloitte (2020), S. 11.
45 Vgl. Zens (2021a), S. 184.
46 Vgl. Blancku.a. (2020), S. 39-43.
47 Vgl. Sachverständigenrat für Umweltfragen (2017), S. 139.
48 Vgl. Ebd.
49 Vgl. Blancku.a. (2020), S. 43.
50 Vgl. Monschauer/Kotin-Förster (2016), S. 1.
51 Vgl. Blümich/Loewens, Rn. 8.
52 Vgl. Ebd., Rn. 10.
53 BT-Drucksache 356/19, S. 116-117.
54 Vgl. Marx (2021), S. 2.
55 Hübner (2021), S. 77.
56 Vgl. Marx (2021), S. 2.
57 Vgl. Marx (2021), S. 6.
58 Vgl. Clausen in Herrmann/ Heuer/ Raupach (2021), § 7c EStG, Rn. 3.
59 Vgl. Marx (2019), S. Ml.
60 Vgl. Ebd.
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