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Akademische Arbeit, 2020
19 Seiten, Note: 1,3
1 Einleitung
1.1 Definition Mentaltraining
1.2 Warum Mentaltraining?
2 Mentaltraining: Diagnostik, Planung und Durchführung
2.1 Das Erstgespräch
2.2 Die Anamnese
2.3 Die Exploration
2.4 Die Selbstbeobachtung
2.5 Zielsetzung
2.6 Trainingsplanung
2.7 Durchführung einer mentalen Trainingseinheit
3 Analyse
4 Fazit
5 Literaturverzeichnis
Mentaltraining. Ein schillernder Begriff, der in der heutigen Zeit regelmäßig im Sprachgebrauch in Erscheinung tritt. Sei es im (Profi-)Sport, wo neben der körperlichen Fitness oftmals der „Kopf“ die entscheidende Rolle spielt oder im privaten Umfeld mit Fragestellungen wie z. B. „Wie schaffe ich es, mich beruflich weiterzuentwickeln?“.
Im Rahmen dieser Abschlussarbeit wird anhand einer konkreten Situation der Ablauf bzw. die Durchführung von mentalem Training im Sport nachgezeichnet.
Zuvor betrachten wir noch kurz den Begriff „Mentaltraining“ selbst bzw. dessen Definition und mögliche Anwendungsbereiche.
Mentaltraining setzt sich aus den zwei Wörtern „mental“ und „Training“ zusammen. Mental bedeutet hierbei geistig, also unseren Verstand betreffend, während Training ganz allgemein als die planmäßige und systematische Durchführung von Maßnahmen zur nachhaltigen Erreichung von Zielen beschrieben werden kann. Mit mentalem Training können wir demnach durch den Einsatz spezifischer Methoden auf der geistigen Ebene bestimmte Ziele erreichen.
Speziell im Sport bezeichnet mentales Training „das planmäßig wiederholte, bewusste Sich-Vorstellen einer sportlichen Handlung ohne deren gleichzeitige praktische Ausführung“ (Eberspächer 2019, S. 70).
Die Gründe für ein Mentaltraining sind ebenso vielfältig wie dessen Anwendungsbereiche. Angefangen vom Ablegen bestimmter Verhaltensweisen (z. B. mit dem Rauchen aufhören) über die Stärkung des Selbstbewusstseins bis hin zur Überwindung von Leistungsblockaden, um nur einige zu nennen, kann Mentaltraining in allen Bereichen des Lebens zum Tragen kommen, d. h. sowohl im privaten, als auch beruflichen Umfeld. Sportler können sich beispielsweise hiermit gezielt auf einen Wettkampf vorbereiten oder generell die eigenen Ressourcen stärken, um ihren Sport optimal auszuüben. Je stärker die kognitiven Fertigkeiten (Aufnahme und Verarbeitung von Informationen) ausgeprägt sind, desto besser gelingt der äußere, motorische Ablauf (Eberspächer 2019, S. 18).
Der Effekt des mentalen Trainings ist hierbei durch Studien belegt (u. a. Metaanalyse Driskell et al. 1994), d. h. es ist wirksamer als gar kein Training, wenn auch weniger wirkungsvoll als physisches Training. Insbesondere in Verletzungs- oder Rehabilitationsphasen kann diese Tatsache von großer Bedeutung sein.
An dieser Stelle soll wie bereits erwähnt ein Mentaltraining skizziert werden. Dies umfasst zunächst eine Diagnostik (Analyse der Ausgangssituation) mit anschließender Zielsetzung. Darauf aufbauend wird im Anschluss ein Trainingsplan erstellt und das Training bis zur Zielerreichung durchgeführt.
Anhand folgender Konstellation werde ich den Ablauf nun Schritt für Schritt darstellen: ein Kunde sucht meinen Rat als Mentaltrainer mit folgender Thematik: er sei Langstreckenläufer und habe bei der Ausübung seines Sports Probleme, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Ich werde in diesem Kontext eine Trainingsplanung für ein Mentaltraining über einen Zeitraum von drei Monaten (bei einer Einheit Mentaltraining pro Woche) konzipieren sowie beispielhaft eine 50-minutige Trainingseinheit abbilden.
Im ersten Schritt erfolgt jedoch zunächst ein unverbindliches Erstgespräch zwischen Mentaltrainer und potentiellem Klienten.
In der Regel wird der Kunde, sobald er ein Mentaltraining ins Auge fasst, über eine persönliche Empfehlung, z. B. aus dem Freundeskreis, oder Internetrecherche auf den Mentaltrainer aufmerksam, nimmt zu diesem per E-Mail oder telefonisch Kontakt auf und vereinbart einen Termin für das Erstgespräch. Dieses dient einerseits dem persönlichen Kennenlernen und ersten Informationsaustausch und stellt andererseits den Ausgangspunkt für alle weiteren Schritte dar. Beispielhaft könnte ein Erstgespräch wie folgt ablaufen:
Mein Interessent, nennen wir ihn Tim, klingelt zum vereinbarten Termin an meiner Haustür. Ich öffne die Tür, nehme Blickkontakt auf und begrüße Tim freundlich lächelnd mit einem Händedruck. Um eine mögliche Anspannung zu lockern und einen ersten Eindruck von meinem Gegenüber zu gewinnen, starte ich einen Smalltalk und biete etwas zu trinken an.
Ich: „Hallo Tim, komm herein.“
Tim: „Danke.“
Ich: „Wie geht's? Hast du den Weg zu mir gut gefunden?“
Tim: „Ja, danke, gut soweit. Ich komme gerade vom Training. Mein Navi hat den Weg ohne Probleme gefunden.“ (lächelt)
Ich: „Super, das freut mich. Kann ich dir etwas zu trinken anbieten? Ein Wasser oder einen Kaffee vielleicht?“
Tim: „Danke, gerne. Ich nehme ein Wasser.“
Ich: „Alles klar. Lass uns ins Wohnzimmer gehen, dort können wir uns in Ruhe austauschen.“
In diesem Zusammenhang achte ich auf eine angenehme Umgebung ohne Störungen (Setting).
Wir gehen Richtung Wohnzimmer und ich bitte Tim, Platz zu nehmen. Im Anschluss setze ich mich ihm gegenüber, so dass wir während unseres Gesprächs immer Blickkontakt haben und ich neben dem Gesagten auch das Nonverbale, also die Körpersprache, wahrnehmen kann (aktives Zuhören).
Ich: „Schön, dass das heute mit unserem Termin geklappt hat.“
Tim: „Ja, super, dass du so kurzfristig Zeit für mich hattest.“
Ich: „Gerne. Erzähl doch mal, wie bist du denn auf mich aufmerksam geworden?“
Tim: „Also ich laufe in meiner Freizeit relativ viel und lange und nehme auch an Wettkämpfen teil. Irgendwie fällt es mir aber insbesondere dort schwer, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Hieran möchte ich arbeiten und habe mich zu dem Thema im Internet umgeschaut. In einem Sportforum haben einige von Mentaltraining geschrieben und dich empfohlen, da du selbst erfolgreicher Ultraläufer bist (schaut sich die Medaillen an meiner Wand an und lächelt). So bin ich dann auf deiner Homepage gelandet und habe dich angerufen.“
Ich: „Ok, das freut mich. Ja, Ultramarathon ist schon ein schöner Sport (lächle ebenfalls). Tatsächlich habe ich mich in meiner Tätigkeit als Mentaltrainer auf den Laufsport spezialisiert. Besonders bei den Ultraläufen spielt der Kopf ja oft die entscheidende Rolle. Ich habe seit Beginn meiner Tätigkeit vor zwei Jahren ca. ein Dutzend Läufer mit verschiedenen Zielsetzungen begleitet. Gerne kann ich dir ein Angebot unterbreiten.“
Tim: „Das hört sich gut an. Ja, sehr gerne.“
Ich: „Alles klar. Ich arbeite mit meinen Sportlern auf Honorarbasis. Sollte also einmal eine Sitzung ausfallen, zahlst du nichts. Zunächst einmal erarbeiten wir unser gemeinsames Ziel. Im Anschluss erstelle ich dir hierfür einen Trainingsplan. Wir trainieren dann gemeinsam, so wie du es vom körperlichen Training gewohnt bist, nur eben mit dem Kopf (lächle). Meine Trainings lege ich in der Regel auf 12 Einheiten aus, d. h. wenn wir uns einmal pro Woche treffen, wären das drei Monate. Sollte absehbar sein, dass du dein Ziel früher erreichst, passen wir den Zeitraum selbstverständlich an. Eine Sitzung kostet bei mir 70,00 Euro und dauert 50 Minuten. Gerne kann ich auch jederzeit zu dir kommen, dann fällt zusätzlich Fahrtgeld an. Die Erstellung des Trainingsplans ist kostenlos, wie übrigens auch dieses Gespräch. Ich rechne immer pro Sitzung ab, was für dich den Vorteil hat, dass du jederzeit das Training ohne zusätzliche Kosten beenden kannst. Selbstverständlich erhältst du das Ganze im Nachgang in Form eines Vertrages schriftlich. Alles was wir besprechen, bleibt übrigens unter uns, hierfür stelle ich dir eine Verschwiegenheitserklärung aus.“
Tim: „Perfekt, das passt für mich. Gerne kannst du mir das Ganze schriftlich zukommen lassen. Ich würde dann jetzt schon mal einen Termin für unser erstes Training ausmachen wollen.“
Ich: „Gerne, ich schaue gleich mal in meinen Kalender. Die Unterlagen sende ich dir per Mail zu. Hier ist auch ein Fragebogen dabei, der mir hilft, dich besser kennenzulernen und Informationen, die für die weitere Planung wichtig sind, liefert. Ich würde dich bitten, alles auszufüllen und mir gerne vorab zurückzuschicken oder zu unserem nächsten Termin mitzubringen. “
Tim: „Alles klar, kein Problem.“
Im Anschluss unterhalten wir uns noch über verschiedene Wettkämpfe und ich begleite Tim schließlich zur Haustür und verabschiede ihn mit einem Händedruck und freundlichen Lächeln.
Nach dem Erstgespräch geht es für den Mentaltrainer nun darum, sich ein möglichst umfassendes Bild von seinem Schützling zu machen. Nur mit entsprechenden Informationen über die Vorgeschichte und Persönlichkeit des Trainee können Maßnahmen zielorientiert geplant und durchgeführt werden. Der Einstieg in die Diagnostik erfolgt mit der Anamnese.
Diese stellt eine Art Lebenslauf dar und sollte neben den Angaben zur Person auch beispielsweise Fragen zur Freizeitgestaltung, sozialen Bindungen (z. B. Freundschaften, Vereinstätigkeiten), besonderen Erlebnissen bzw. Leistungen innerund außerhalb des Sports, Krankheiten/Verletzungen, zu den Eltern und Geschwistern (Beruf, Erziehung) und der Herkunft (Stadt, Land, geographische Lage) umfassen. Außerdem können besondere Begabungen, Persönlichkeitsmerkmale und weitere Aspekte (z. B. Reisen, besondere Neigungen neben dem Sport etc.) erfragt werden (Sutoris, S. 19 f.).
Die Auswertung der Anamnese erfolgt in der sportpsychologischen Praxis nach zwei Kriterien. Formal erhält der Mentaltrainer durch Sprache und Stil Hinweise auf das geistige Niveau und die Sprachgewandtheit seines Schützlings und anhand der Darstellung einen Eindruck im Hinblick auf dessen Gedankenführung und Erleben. Inhaltlich können beispielsweise besondere Ereignisse als Erklärung für bestimmte Einstellungen oder Verhaltensweisen dienen oder sich Grundhaltungen und Stimmungen ableiten lassen (Sutoris, S. 20).
Die Anamnese wird in der Regel mit einem entsprechenden Fragebogen durchgeführt.
Mein Klient Tim hat mir zwischenzeitlich den ausgefüllten Anamnesebogen per Mail zurückgeschickt. Folgende Informationen erhalte ich hieraus über ihn:
Tim ist 37 Jahre alt und als Einzelkind in einer ländlichen Gegend im Saarland aufgewachsen.
Seine Eltern betrieben bis zur Rente einen Bauernhof. So ist Tim bereits von klein auf mit der Natur in Berührung gekommen. Neben den Arbeiten auf den Feldern und Wiesen, wohin sie ihn oft mitnahmen, verbrachten Tims Eltern auch ansonsten viel Zeit mit ihrem Sohn im Freien, z. B. bei regelmäßigen Spaziergängen.
Tim erinnert sich, dass er eine unbeschwerte Kindheit mit vielen Freiräumen hatte. Am meisten Spaß machte es ihm, sich draußen alleine oder mit seinen Freunden auszutoben. Spiele im Wald, Erkundungstouren mit den Fahrrädern oder Wettläufe waren nur einige der Aktivitäten, mit denen die Tage im Nu vergingen.
In der Schule war von Anfang Sport das Lieblingsfach von Tim. Auch hier konnte er sich so richtig auspowern. In der Oberstufe am Gymnasium integrierte der Sportlehrer regelmäßige Waldläufe in den Unterricht. Hier entdeckte Tim die Leidenschaft für das Laufen und sein Talent für Langstrecken. Zwar war er nicht der Schnellste, hatte jedoch meistens die Nase vorn, wenn es darum ging, wer am Weitesten laufen konnte. Tim begann regelmäßig zu trainieren und nahm nach dem Abschluss seiner Berufsausbildung zum Versicherungskaufmann zum ersten Mal an einem Laufwettbewerb teil. Die Strecke von 10 km war ein guter Einstieg für ihn, schnell jedoch war sein Ehrgeiz geweckt und er steigerte sich innerhalb von zwei Jahren auf Halbmarathon und Marathon und lief schließlich im Sommer 2011 seinen ersten Ultramarathon über 63 km. Seitdem hat er 35 Marathons und 63 Ultraläufe absolviert, den bis dato längsten mit 170 Kilometern.
Trotz seiner sportlichen Erfolge war Tim nie in einem Verein, vielmehr genießt er mittlerweile die Einsamkeit, die die langen Läufe, insbesondere im Training, mit sich bringen. Auch geht es ihm bei seinen Wettkämpfen nicht in erster Linie um eine Platzierung, sondern darum, immer wieder Neues zu erleben und die eigenen Grenzen zu verschieben.
Tim charakterisiert sich selbst als ehrgeizig, zielstrebig und willensstark, jedoch auch als öfters unkonzentriert, was ihm besonders bei seinem Sport zu schaffen macht. Als Wunsch bzw. Ziel für sein Mentaltraining gibt er an, dies in den Griff zu bekommen oder noch besser ganz abzulegen.
Die Auswertung des Anamnesebogens zeigt mir deutlich, dass mein Trainee bereits als Kind über seine Eltern und die Umgebung einen Bezug zu Natur und Bewegung hatte. So ist es nicht verwunderlich, dass sich er nach dem Initialereignis in der Oberstufe (Waldläufe im Sportunterricht) für den Laufsport als Freizeitgestaltung entschieden hat.
Ebenfalls ein wichtiger Aspekt für mich ist die Tatsache, dass Tim nicht vorrangig für Platzierungen, sondern mehr für sich selbst läuft. Dies sollte bei der späteren Trainingsplanung berücksichtigt werden.
Die angegebenen Charaktereigenschaften passen zu der gewählten Sportart, die durchaus als extrem bezeichnet werden darf. Noch keine direkte Erklärung gibt es hingegen für die Unkonzentriertheit. Auch wann diese konkret auftritt und wie sie sich auswirkt, ist noch unklar. Dies gilt es im weiteren Verlauf zu eruieren. Hierfür bietet sich die nun anschließende Phase der Exploration an.
Die Exploration ist ebenfalls Bestandteil der Diagnostik. Nach dem ersten Gespräch zwischen Coach und Klient und den Informationen aus der Anamnese geht es nun darum Grundeinstellungen, Denkweisen, Erwartungen und Ziele des Sportlers anzusprechen. Des Weiteren werden durch spezifische Fragestellungen leistungsmindernde Faktoren, Ängste oder Hemmungen und die individuelle Problematik thematisiert. Insbesondere in diesem Zusammenhang ist die Freiwilligkeit des Trainee zur Mitwirkung unabdingbar. Für den Mentaltrainer gilt es wiederum, eine entspannte und freundliche Atmosphäre herzustellen und einen angenehmen Gesprächseinstieg zu ermöglichen. Dies regt den Coachee einerseits dazu an, sich zu öffnen und beugt andererseits sperrenden Abwehrmechanismen vor (Sutoris, S. 21).
Die Exploration mit Tim könnte, nachdem wir uns begrüßt und wie beim letzten Mal in meinem Wohnzimmer Platz genommen haben, wie folgt ablaufen:
Ich: „Wie geht's dir heute, Tim?“
Tim: „Ja, ganz gut soweit, danke. Ich war gerade noch eine Runde laufen.“ (lächelt) Ich: „Super, das Wetter ist dafür ja heute auch perfekt (lächle ebenfalls). Bevor wir starten, möchte ich dir kurz den Ablauf unseres heutigen Trainings erläutern.“ Tim: „Ok, alles klar.“
[...]