Bachelorarbeit, 2016
50 Seiten, Note: 1,3
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 VerlustabzugsbeschränkungbeiKörperschaftennach §8cKStG
2.1 Verlustabzug bei Körperschaften
2.2 Entwicklung derVerlustabzugsbeschränkung biszum 31.12.2007
2.2.1 Begriff und Attraktivität des Mantelkaufs
2.2.2 Mantelkaufreglung nach § 8 Abs. 4 KStG a. F
2.3 Verlustabzugsbeschränkung gern. § 8c KStG.
2.3.1 Sinn und Zweck der Einführung
2.3.2 Der schädliche Beteiligungserwerb
2.3.2.1 Überblick und Anwendungsbereich
2.3.2.2 Anteilsübertragung und vergleichbarer Sachverhalt
2.3.2.3 Kapitalerhöhung
2.3.2.4 Unmittelbarer und mittelbarer Erwerb
2.3.2.5 Fünfjahreszeitraum
2.3.3 Erwerberkreis
2.3.4 Unterjähriger Beteiligungserwerb.
2.3.5 Konzernklausel
2.3.6 Stille-Reserven-Klausel
2.3.7 Sanierungsklausel
3 FortführungsgebundenerVerlustvortrag nach § 8d KStG
3.1 Einführung
3.2 Anwendungsbereich undZiel
3.3 Tatbestand
3.3.1 SchädlicherBeteiligungserwerb
3.3.2 Identischer Geschäftsbetrieb
3.3.3 Tatbestandsausschluss nach § 8d Abs. 1 S. 2 KStG
3.4 Rechtsfolgen
3.4.1 Fortführungsgebundener Verlustvortrag
3.4.2 Schädliche Ereignisse für den Verlusterhalt nach § 8d Abs. 2 KStG
3.4.2.1 Einstellung bzw. Ruhendstellung des Geschäftsbetriebs
3.4.2.2 Änderung derZweckbestimmung
3.4.2.3 Aufnahme eines zusätzlichen Geschäftsbetriebs
3.4.2.4 Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft
3.4.2.5 Organträgerstellung
3.4.2.6 Übertragung von Wirtschaftsgütern unter dem gemeinen Wert
3.4.3 Anwendung derStillen-Reserven-Klausel
3.5 Antragstellung
4 Analyse der aktuellen Änderungen der Verlustabzugsbeschränkung
4.1 Verfassungswidrigkeit des § 8cAbs. 1 S. 1 KStG a.F
4.2 Wegfall § 8cAbs. 1 S. 1 KStG a.F
4.3 Verfahrensrechtliche Aspekte
4.4 Wiedereinführung der Sanierungsklausel
4.5 Einfluss des Wegfalls des § 8c Abs. 1 S. 1 KStG a.F. auf den fortführungsgebundenen Verlustvortrag
5 Fazit
Literaturverzeichnis
Tabelle 1: Beispielrechnung zum unterjährigen Beteiligungserwerb (eigene Darstellung)
Tabelle 3: Beispielrechnung stille Reserven (eigene Darstellung)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften
Erzielen Unternehmen Verluste, können sie diese in steuerlich gewinnbringenden Wirtschaftsjahren miteinander verrechnen, um die Steuerlast zu mindern. Aus diesem Grund ist die Nutzung von Verlusten für Unternehmen von hoher Bedeutung. Da es vor vielen Jahren vermehrt Missbrauchsfälle, beispielsweise den Handel mit Verlustmänteln, gab, sah sich der Gesetzgeber gezwungen, die Verlustberücksichtigung neu zu normieren. Im Jahr2008 wurde mit dem Unternehmensteuerreformgesetz der § 8c KStG eingeführt, der die Verlustabzugsbeschränkung bei Körperschaften regelt. Im Zeitpunkt der Einführung im Jahr2008, zu Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise, wurde die Gesetzeseinführung als unternehmerunfreundlich empfunden und war scharfer Kritik ausgesetzt. Im Schrifttum wurde der § 8c KStG als gescheitert abgestempelt und als „Verlustverrechnungsvorschrift“ betitelt.1 Die Bemühungen des Staates sind nicht verwunderlich, wenn man sich die aktuellsten Steuerstatistiken anschaut. Demnach wiesen im Jahr2012 Körperschaften in Deutschland gewerbe- und körperschaftsteuerliche Verlustvorträge von rund 600 Mrd. EUR auf.2 Der tatsächliche Verlustabzug belief sich dagegen mit 23 Mrd. EUR auf gerademal 3,8 %.3 Daraus resultieren Mindereinnahmen der Körperschaftssteuer in Höhe von 3,45 Mrd. EUR, welche insgesamt 17 % der gesamten Körperschaftsteuereinnahmen ausmachen.4 Mit derzeit führte der Steuergesetzgeber Verschonungsreglungen wie die Konzernklausel, Sanierungsklausel und die Stille-Re- serven-Klausel ein, welchejedoch ungerechtfertigte Verlustuntergänge nicht genug eindämmen konnten. Um die überschießenden Tendenzen einzuschränken, führte der Gesetzgeber für Anteilserwerbe ab 31.12.2015 mit dem § 8d KStG den fortführungsgebundenen Verlustvortrag ein. Dieser lehnt sich an den Vorgänger des § 8c KStG an und stellt nicht nur auf den Anteilseignerwechsel ab, sondern fordert auch die Erhaltung der Substanz der Körperschaft. Im Jahr 2017 wurde der § 8c Abs. 1 S. 1 KStG a.F. durch das BVerfG als verfassungswidrig und für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt. Die Literatur bezeichnete dieses Urteil als „schallenden Ohrfeige für den Gesetzgeber"5. Der Gesetzgeber war gezwungen, den quotalen Verlustuntergang zwischen 25% und 50 %, rückwirkend ab dem 31.12.2007 bis zum 31.12.2015, neu zu regeln.[6] Ohne Tätigwerden der Gesetzgebung würde die Regelung rückwirkend für den genannten Zeitraum für nichtig erklärt. Der ersatzlose Wegfall dieser Norm schien fürviele keine Option. Die Gesetzgebung entschied allerdings, entgegen der Erwartungen, im Rahmen des Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weite- rersteuerlicherVorschriften den § 8c Abs. 1 S. 1 KStG a.F. ersatzlos zu streichen.
Die Intention dieser Bachelorthesis ist die Herausarbeitung der Anwendungsmöglichkeiten der Vorschriften § 8c KStG und § 8d KStG, die Analyse der Absicht des Gesetzgebers sowie der Kritik aus der Wirtschaft und die Beurteilung der aktuellen Änderungen des § 8c KStG durch die Verfassungswidrigkeit des § 8c Abs. 1 S. 1 KStG a.F.
Die Arbeit ist in fünfAbschnitte untergliedert. Nachdem im ersten Abschnitt eine prägnante Einführung in das Thema erfolgt, führt derVerfasser im zweiten Abschnitt mit den allgemeinen Grundlagen zurVerlustberücksichtigung bei Körperschaften, dem Hintergrund der Regelungen und der aktuellen Verlustabzugsbeschränkung nach § 8c KStG fort. Ebenso werden die nachträglich eingeführten Klauseln thematisiert und mit Zahlenbeispielen untermalt. Im Anschluss wird im dritten Kapitel umfassend auf den fortführungsgebundenen Verlustvortrag nach § 8d KStG eingegangen und die Anwendungsmöglichkeiten durchleuchtet. Danach werden die aktuellen Entwicklungen und ihre Auswirkungen für den Steuerpflichtigen diskutiert, ehe im letzten Abschnitt eine zusammenfassende Bewertung derVorschriften sowie ein Ausblick für die Zukunft erfolgt.
In diesem Kapitel wird, nach einer kurzen Einführung zum Verlustabzug bei Körperschaften, die Verlustabzugsbeschränkung nach § 8c KStG thematisiert
Für den steuerlichen Verlust einer Körperschaft gelten die einkommensteuerlichen Regelungen, welche durch die körperschaftsteuerlichen Vorschriften ergänzt werden.7 Der Verlustausgleich nach § 2 Abs. 2, 3 EStG ist die Verrechnung von positiven- und negativen Einkünften innerhalb eines Veranlagungszeitraums.8 Ein Verlustabzug ist auch nur bei der Körperschaft möglich, bei der die Verlust eingetreten sind.9 Da der Anspruch des Verlustabzugs in der Rechtsperson der Kapitalgesellschaft entsteht, ist beispielsweise eine neue Zusammensetzung der Gesellschafter nicht von Bedeutung.10 Der horizontale Verlustausgleich innerhalb einer Einkunftsart wird nur bei Körperschaften angewendet, die nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen.11
In dem Fall, dass eine Körperschaft Verluste erwirtschaftet, können sie diese nach § 10d EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG mit Gewinnen des Folgejahres oder des vorangegangenen VZ verrechnen.12 So können Verluste von Amts wegen bis zu einer Höhe von 1 Mio. EUR lediglich in das vorangegangene Jahr zurückgetragen werden.13 Gern. § 10d Abs. 1 S. 5 ist es durch ein Wahlrecht möglich, in Form eines Antrages, auf den sog. Verlustrücktrag gern. § 10d Abs. 1 EStG ganz oder teilweise zu verzichten.14 Werden die negativen Einkünfte nicht oder nicht vollen Umfangs im Rahmen des Verlustrücktrags berücksichtigt oder macht der Steuerpflichtige von seinem Wahlrecht Gebrauch, sind diese in den Folgejahren vorzutragen.15 Wird das Wahlrecht nicht genutzt, so wird derVerlustrücktrag durch die Finanzverwaltung im größtmöglichen Umfang durchgeführt. DerVerlustvortrag ist in§ 10d Abs. 2 EStG geregelt. Dieser ermöglicht es, Verluste, die eine Körperschaft in einem Veranlagungszeitraum erleidet, mit positiven Einkünften späterer Veranlagungszeiträume zu verrechnen. Dadurch, dass es hier keine zeitlichen Einschränkungen gibt, erfolgt der Verlustvortrag solange, bis die Verluste vollständig aufgebraucht sind.16 Im Rahmen der sog. Mindestbesteuerung sind Verluste in einem Veranlagungszeitraum „bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1 Mio. EUR unbeschränkt, darüber hinaus bis zu 60 % des 1 Mio. EUR übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte vorrangig vorSonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen.“17 Das heißt, es verbleiben in jedem Fall 40% des um 1 Mio. EUR geminderten Gesamtbetrags als zu versteuerndes Einkommen der Gesellschaft.18 Die Begrenzung bezweckt nicht, dass die vorerst nicht berücksichtigten negativen Einkünfte steuerlich verfallen, jedoch verlängert sich durch die Mindestbesteuerung der Zeitraum, in der die steuerentlastende Wirkung vorhanden ist.19
Dies soll mit folgendem Zahlenbeispiel verdeutlicht werden:
Die X-GmbH erwirtschaftet im Jahr 2015 1,4 Mio. EUR Gewinn, im Jahr 2016 einen Verlust von 6 Mio. EUR und im Jahr 2017 wiederum einen Gewinn von 4 Mio. EUR.
Der Verlustrücktrag wird i.H.v. 1 Mio. EUR vollständig ausgenutzt. Das Einkommen im VZ 2015 beträgt 400.000 EUR, da der Gewinn von 1,4 Mio. EUR mit der Höchstgrenze von 1 Mio. EUR verrechnet werden. Somit verbleibt ein Verlustvortrag 5 Mio. EUR. Im Veranlagungszeitraum 2017 können zunächst von dem Verlustvortrag max. 1 Mio. EUR ausgenutzt werden. Damit beträgt das Einkommen der X-GmbH im Veranlagungszeitraum 2017 noch 3 Mio. EUR. Von diesen 3 Mio. EUR sind max. 60 %, das heißt 1,8 Mio. EUR, als weitererVerlustvortrag zu verrechnen. Damit verbleibt ein Einkommen von 1,2 Mio. EUR. Von dem Verlustvortrag in Höhe von 5 Mio. EUR sind nach Verbrauch des VZ 2017 noch 2,2 Mio. EUR vorhanden. Diese können nach der Regelung des § 10d EStG solange vorgetragen werden, bis sie vollständig aufgezehrt sind.
Der Gesetzgeber beäugt Verlustabzüge aus haushaltspolitischen Gründen kritisch.20 Ersieht die weitgehende und uneingeschränkte Verrechnung als entscheidenden Grund für Steuerausfälle bei den Ertragssteuern.21 Deshalb hat die Gesetzgebung des Öfteren in unterschiedlichem Ausmaß versucht, die Möglichkeiten des Verlustabzugs einzuschränken.22 Diese Initiativen richteten sich vor allem aufdie zeitliche
Unbeschränktheit des Verlustvortrages, wobei sie bisher keinen Erfolg verzeichnen konnten, da „eine solche Beschränkung [...] gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und den Grundsatz der Steuergerechtigkeit verstoßen“ würde.23
Ein „leerer Mantel“ liegt dann vor, wenn eine Kapitalgesellschaft noch überVerlustvorträge verfügt, abersowohl keinen Geschäftsbetrieb unterhält als auch kein Betriebsvermögen aufweisen kann.24 Sichert sich nun ein Erwerber die Anteile dieses Mantels, spricht die aktuelle Rechtsprechung von einem Mantelkauf.25 Um den missbräuchlichen Handel mit ungerechtfertigten körperschaftsteuerlichen Verlusten zu unterbinden, hatte die Gesetzgebung die Regelung des § 8 Abs. 4 KStG a.F. mit dem StRefG 1990 vom 26.07.1988 ins Leben gerufen.26 Diese Art von Missbrauchsfällen durch Gesetze auszuschließen, hat sich jedoch als kompliziert und streitanfällig erwiesen.27 Aus diesem Grund wurden die hierfür gedachten Regelungen im Laufe der Zeit ständig diskutiert, erneuert und erweitert.
Bei Kapitalgesellschaften war gern. § 8 Abs. 4 S.1 KStG a.F. die Durchführung eines Verlustabzugs nach § 10d EStG davon abhängig, ob bei der betreffenden Kapitalgesellschaft nicht nur eine rechtliche, sondern auch eine wirtschaftliche Identität vorlag.28
Die Regelung zur Begrenzung des Handels mit Verlustbeteiligungen induzierte, dass Verlustabzüge versagten, wenn eine Übertragung von mehr als 75% der Anteile der Kapitalgesellschaft, eine vollständige Einstellung des Betriebes der Kapitalgesellschaft und eine Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs mit überwiegend neuem Betriebskapital gegeben waren.29 Da das Gesetz nur eingriff, wenn der Geschäftsbetrieb vollständig eingestellt wurde, konnte diese Regelung sehr einfach umgangen werden, indem die Geschäfte bis zur Übertragung der Anteilseigner in kleinem Umfang weitergeführt wurden.30 Daher hat der Gesetzgeber bei der Unternehmenssteuerreform von 1997 auf diesen Tatbestand verzichtet.
Durch die Änderung wurde die Vorschrift zusätzlich verschärft. Die wirtschaftliche Identität war nach dem neu eingeführten § 8 Abs. 4 KStG a.F. nicht mehr gegeben, wenn mehr als 50% der Anteile der Kapitalgesellschaft auf neue Gesellschafter übergingen und der Gesellschaft überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt wurde.31 Ein Kauf eines GmbH-Mantels mit bestehenden Verlustvorträgen führte deshalb auch nicht zu einem steuerlichen Verlustabzug, wenn der Geschäftsbetrieb zuvor nicht vollständig eingestellt wurde.32 Somit konnte das Gesetz mit dem Weiterführen des Geschäfts in minimalem Umfang umgangen werden.
Nicht davon betroffen war die Zuführung neuen Betriebsvermögens nach § 8 Abs. 5.3 KStG a.F.33 In Sanierungsfällen konnte die verlustverursachende Kapitalgesellschaft ihre Verlustvorträge mit Gewinnen verrechnen, wenn das neue Betriebsvermögen ausschließlich der Sanierung des Unternehmens diente und der Geschäftsbetrieb in den folgenden fünf Jahren im gleichen Umfang fortgeführt wurde.34
Die Auslegung der Norm führte zu Ergebnissen, die zum Teil nicht nachvollzogen werden konnten.35 Ein Verlustabzug ging dadurch eher verloren, je wirtschaftlich plausibler die Verlustgesellschaft daran arbeitete, ihren Betrieb wiederaufzubauen.36 Auf der anderen Seite gab es Fälle zum Erhalt des körperschaftsteuerlichen Verlustabzugs, die vom Gesetzgeber nicht erwünscht waren, aber durch die Regelung nicht abgedeckt wurden.37 Letztendlich gab es so viele Gestaltungsmöglichkeiten den § 8 Abs. 4 KStG zu umgehen, dass die Gesetzgebung einen Nachfolger der Vorschrift schaffte, um unerlaubte Verlustnutzungen zu verringern.38 Aus diesem Grund wurde mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.08.2007 der § 8 Abs. 4 KStG a.F. durch einen neuen § 8c KStG ersetzt.39
Die bisherige Regelung des Mantelkaufs in § 8 Abs. 4 KStG a.F. wurde mit dem Un- StRefG vom Jahr 2008 durch den § 8c KStG ersetzt.40 Anlass für die Neuregelung war der Untergang derwirtschaftlichen Identität derVerlustgesellschaft i.S.d § 8 Abs. 4 KStG a.F., welcher als Voraussetzung nebst einem Anteilseignerwechsel die Zuführung von überwiegend neuem Betriebsvermögens vorsah, wobei letzteres Tatbestandsmerkmal in derVergangenheit in höchstem Maße kritisiert wurde.41 Das Ziel der Gesetzgebung bei der Reform der Vorschrift war, eine weniger streitanfällige und einfachere Rechtsanwendung zu erschaffen.42
Der § 8c KStG bezieht sich auf alle unbeschränkt und beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften.43 Dieser Kreis wird auf die Körperschaften eingegrenzt, bei denen ein Beteiligungserwerb oderein ähnlicher Vorgang zu tragen kommen kann.44 Somit werden alle Körperschaften, bei denen kein Beteiligungserwerb oder ähnliches möglich ist, außen Acht gelassen, da bei diesen auch kein schädlicher Beteiligungserwerb vorliegen kann.45 Verlustrückträge nach § 10d Abs. 1 EStG betreffen den vergangenen Veranlagungszeitraum und sind durch den § 8c Abs.1 KStG ausgeschlossen.46
Die Übertragung von mehr als 50 % der Anteile an einen Erwerber führt gern. § 8c Abs. 1 S. 1 KStG zum vollständigen Wegfall des Verlustvortrages der Kapitalgesellschaft.47 Im Gegensatz zum früheren § 8 Abs. 4 KStG a.F. ist es für den Untergang des Verlusts nicht von Bedeutung, ob eine Zuführung von überwiegend neuem Betriebsvermögens erfolgt.48
Der§ 8c Abs. 1 S. 1 KStG bezeichnet die Übertragung der Anteile am gezeichneten Kapital, der Mitgliedschaftsrechte, von Beteiligungsrechten, der Stimmrechte oder vergleichbare Sachverhalte als schädlichen Beteiligungserwerb.49 Mit gezeichnetem Kapital ist bei einerAG und SE das Nennkapital und bei einer GmbH das Stammkaptal gemeint.50 Mitgliedschaftsrechte bestehen grundsätzlich an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften.51 Nach Auffassung von Dötsch et. al. seien die Aufzählungen im Gesetz sehr weit ausgedehnt und es herrsche vor allem im Bereich der vergleichbaren Sachverhalte Unklarheit.52 Weiterhin sei der Begriff der Beteiligungsrechte gesellschaftsrechtlich nicht existent und sorge für weitere Fragestellungen.53 Unter dem Ausdruck der Beteiligungsrechte fallen alle sich aus der Gesellschafterstellung ergebenden Rechte.54 Hierzu gehören neben Vermögensrechten wie Beteiligungen am Gewinn auch Mitverwaltungsrechte.55
Vergleichbare Sachverhalte i.S.d. § 8cAbs. 1 S. 1 KStG sind Erwerbe von Genussscheinen mit Beteiligungen am Gewinn und Liquidationserlös, Kapitalherabsetzungen, Erwerb eigener Anteile, Umwandlungen bzw. Verschmelzungen auf eine Verlustgesellschaft, Einbringungen eines Betriebs bzw. Teilbetriebs und Fusionen von Anstalten öffentlichen Rechts, soweit sich dadurch eine Veränderung der Beteiligungsquoten auf über 50 % ergeben.56
Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich die Mehrheit, der gegen das BMF- Schreiben vorgebrachte Kritik, gegen diese Erwerbstatbestände richtet. Dötsch et. al. sehen diese Stelle des § 8 c Abs. 1 KStG als Schwachpunkt, weil die Gesetzesbegründung kaum Aussagen zum Ziel der Regelung enthält.57
Eine disquotale Kapitalerhöhung einer Körperschaft, das heißt eine Veränderung der Beteiligungsquote, führt gern. § 8c Abs. 1 S. 3 KStG zu einem schädlichen Beteiligungserwerb.58 Hiervon betroffen sind Kapitalerhöhungen, die sich auf das Stammkapital, Grundkapital sowie Mindestkapital beziehen.59 Fraglich ist, ob die Regelegung bei gleichbleibender Quote am gezeichneten Kapital, aber einer Verschiebung der Stimmrechte greift. Nach Gesetzeswortlaut ist dies nicht der Fall. Es ist nicht von Bedeutung, ob eine klassische Kapitalerhöhung erfolgt oder es im Rahmen einer Verschmelzung, Spaltung oder Einbringung eines Betriebs zu Veränderungen der Beteiligungsquote kommt.60
Der§ 8c Abs. 1 S. 1 KStG beschreibt ausdrücklich, dass sowohl unmittelbare als auch mittelbare Erwerbe zu berücksichtigen sind.61 Ein mittelbarer Erwerb ist gegeben, wenn keine Anteilsübertragung an der verlustbehafteten Gesellschaft selbst, sondern ein Erwerb von Anteilen an einem an dieser Kapitalgesellschaft beteiligten Rechtsträger stattfindet.62 Der ausschlaggebende Punkt für den Gesetzgeber ist sodann die auf die Verlustgesellschaft durchgerechnete Beteiligungs- oder Stimmrechtsquote.63 Fürdie Ermittlung dervollständigen Erwerbsquote gern. § 8c KStG sind mittelbare und unmittelbare Erwerbe zu addieren.64
Erfahrungen mit dem früheren § 8 Abs. 4 KStG zeigten, dass eine an den Gesellschafterwechsel knüpfende Verlustabzugsbeschränkung, ohne Einbeziehung der mittelbaren Anteilseignerwechsel, keine wirksame Regelung ist.65 Würde der mittelbare Erwerb von Anteilen an einer Verlustgesellschaft nicht unterbunden werden, ließe sich die Verlustabzugsbeschränkung einfach umgehen, indem „der bisherige Anteilseigner vor der Entstehung der steuerlichen Verluste zwischen sich und der Verlustgesellschaft eine "leere" Holdinggesellschaft zwischenschaltet und anschließend Anteile an diesen veräußert“.66
Die Gesetzgebung betrachtet alle Anteilsübertragungen eines Zeitraums von fünf Zeitjahren und zielt somit nur auf einen zeitlichen Zusammenhang ab, während ein sachlicher Zusammenhang nicht benötigt wird.67 Die Betrachtung des Zeitraums von fünf Jahren startet mit dem mittelbaren oder unmittelbaren Beteiligungserwerb und wird mit den späteren Übertragungen zusammengerechnet.68 Durch jede Übertragung beginnt ein neuer 5-Jahres-Zeitraum, sodass es durchaus sein kann, dass sich mehrere Zeiträume überschneiden.69 Eine Anteilsübertragung, die noch nicht die 50 %-Grenze überschritten hat, wird als sog. „Zählererwerb“ bezeichnet.70 Dieser kann innerhalb des Fünfjahreszeitraums, zusammen mit anderen Anteilsübertragungen, bei späterer Überschreitung der Grenzen, zu einem schädlichen Beteiligungserwerb führen.71
Es folgt ein Beispiel zur Verdeutlichung der Regelung:
Eine GmbH mitVerlustvortrag überträgt am 10.02.01 und am 15.06.04 jeweils 20 % derAnteile an einen Erwerber. Somit läuft der erste Fünfjahreszeitraum vom 10.02.01 bis zum 09.02.06 und der zweite Fünfjahreszeitraum vom 15.06.04 bis zum 14.06.09. Innerhalb des ersten Fünfjahreszeitraums werden insgesamt 40% der Beteiligung an der Verlustkörperschaft erworben. Dies führt nach § 8c Abs. 1 S. 1 KStG zu keinem schädlichen Beteiligungserwerb. Wenn im Jahr 08 weitere 15 % Anteile an denselben Erwerber übergehen, ist der erste Fünfjahreszeitraum abgelaufen, im zweiten summiert sich die Anteilsübertragung auf 55 %. Somit geht der vollständige Verlustvortrag unter.
Die Grenze des schädlichen Beteiligungserwerbs in Höhe von über 50 % bezieht sich grundsätzlich auf die Person des Erwerbers, wobei Anteilsübertragungen an verschiedene Erwerber grundsätzlich nicht summiert werden.72 Für Zwecke des § 8c KStG werden die Erwerberkreise in einen engen Erwerberkreis und einen erweiterten Erwerberkreis unterschieden.73 Zum engen Erwerberkreis gehört der Erwerber und ihm nahestehende Personen nach § 8c Abs. 1 S.1 KStG. Diese sind gern. § 8c Abs. 1 S. 1 KStG grundsätzlich isoliert zu betrachten.74 Fürden Fall, dasszwischen den Mitgliedern unterschiedlich enger Erwerberkreise gleichgerichtete Interessen nach § 8c Abs. 1 S. 2 KStG bestehen, werden diese für Zwecke des § 8c Abs. 1 S. 1 KStG nach § 8c Abs. 1 S. 2 KStG zusammengefasst.75
Stehen sich zwei Erwerber bereits vor oder unabhängig von dem Erwerb nahe, werden sie gern. § 8c Abs. 1 S. 1 KStG zusammengezählt, also dem Haupterwerber vollständig zugerechnet.76 „Zur Begründung des Nahestehens reichtjede rechtliche oder tatsächliche Beziehung zu einer anderen Person aus.“77 Solche Beziehungen können laut BFH Urteil in familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher oder tatsächlicherWeise bestehen.78 Den Nachweis des Nahestehens dieser Personen muss die Finanzverwaltung erbringen.79
Darüber hinaus gehören diejenigen zum Erwerberkreis, die gleichgerichteten Interessen nachgehen.80 Es ist von einer Gruppe mit gleichgerichteten Interessen auszugehen, wenn vorher eine Abstimmung zwischen den Erwerbern erfolgt ist, ohne explizit einen Vertrag abzuschließen.81 Hierbei müssen sich die Interessen nicht auf den Verlustabzug der Körperschaft beziehen, sondern liegen bereits vor, wenn beispielsweise „mehrere Erwerber einer Körperschaft zur einheitlichen Willensbildung Zusammenwirken.“82 Weiterhin kann bei einer gemeinsamen Beherrschung einer Körperschaft von gleichgerichteten Interessen ausgegangen werden.83
[...]
1 Vgl. Heerdt/Mühling, FR03/19, S. 212.
2 Vgl. Dorenkamp, FR 02/18, S. 84.
3 Vgl. Ebenda.
4 Vgl. Ebenda.
5 Vgl. Suchanek.FR 06/17, S. 590.
7 Vgl. Dötsch/Alber/Sell/u. a., Körperschaftsteuer, S. 197.
8 Vgl. Fratscher in: Frotscher/Drüen Körperschaftsteuergesetz § 8c, Rz. 17.
9 Vgl. Jäger/Lang/Künze, Körperschaftsteuer, S. 409.
10 Vgl. Ebenda.
11 Vgl. Fratscher in: Frotscher/Drüen Körperschaftsteuergesetz § 8c, Rz. 17.
12 Vgl. Grobshäuser/Maier/Kies, Besteuerung derGesellschaften, S. 581.
13 Vgl. Ebenda.
14 Vgl. Dötsch/Alber/Sell/u. a., Körperschaftsteuer, S. 198.
15 Vgl. Grobshäuser/Maier/Kies, Besteuerung derGesellschaften, S. 581.
16 Vgl. Grobshäuser/Maier/Kies, Besteuerung derGesellschaften, S. 581.
17 Lindberg: in Frotscher/Geurts, § 10d EStG Verlustabzug, Rz. 56.
18 Vgl. Niehus/Wilke, Die Besteuerung der Kapitalgesellschaften, S. 190.
19 Vgl. Ebenda.
20 Vgl. Schlenker in: Blümich, Einkommensteuergesetz § 10d Verlustabzug, Rn. 6.
21 Vgl. Ebenda.
22 Vgl. Ebenda.
23 Schlenker in: Blümich, Einkommensteuergesetz §10d Verlustabzug, Rn. 133.
24 Vgl. BVerfG-Urteil v. 29.03.2017, 2 BvL 6/11, Rz. 128.
25 Vgl. Ebenda.
26 Vgl. Niehus/Wilke, Die Besteuerung der Kapitalgesellschaften., S. 193.
27 Vgl. Dötsch/Mendig/Leibner in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8c KStG, Tz. 2.
28 Vgl. Niehus/Wilke, Die Besteuerung der Kapitalgesellschaften., S. 194.
29 Vgl. GStB 12/1977, Zweifelsfragen zurÄnderung der Mantelkaufregelung, S. 10.
30 Vgl. Ebenda.
31 Vgl. Niehus/Wilke, Die Besteuerung der Kapitalgesellschaften., S. 194.
32 Vgl. Dötsch/Alber/Sell/u. a., Körperschaftsteuer, S. 201.
33 Vgl. Glutsch/Otte/Schult, Das neue Unternehmensteuerrecht: Richtig beraten nach der UnStRef2008, S. 208.
34 Vgl. Ebenda.
35 Vgl. Dötsch/Mendig/Leibner in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8c KStG, Tz. 2.
36 Vgl. Ebenda.
37 Vgl. Ebenda.
38 Vgl. Dötsch/Mendig/Leibner in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8c KStG, Tz. 3.
39 Vgl. Dötsch/Mendig/Leibner in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8c KStG, Tz. 4.
40 Vgl. Honert/Imschweiler, Anwendungsschreiben zum Verlustabzug bei Körperschaften (§ 8c KStG), S. 32.
41 Vgl. Honert/Imschweiler, Anwendungsschreiben zum Verlustabzug bei Körperschaften (§ 8c KStG), S. 32.
42 Vgl. Ebenda
43 Vgl. Fratscher in: Frotscher/Drüen, Körperschaftsteuergesetz § 8c KStG, Rz. 18.
44 Vgl. Ebenda.
45 Vgl. Ebenda.
46 Vgl. Jäger/Lang/Künze, Körperschaftsteuer, S. 414.
47 Vgl. Dötsch/Mendig/Leibner in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8c KStG, Tz. 35.
48 Vgl. Ebenda.
49 Vgl. Dötsch/Mendig/Leibner in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8c KStG, Tz. 59.
50 Vgl. Ebenda.
51 Vgl. Ebenda.
52 Vgl. Dötsch/Mendig/Leibner in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8c KStG, Tz 60.
53 Vgl. Dötsch in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8c KStG, Tz 60.
54 Vgl. Ebenda.
55 Vgl. Ebenda.
56 Vgl. Dötsch/Mendig/Leibner in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8c KStG, Tz. 65.
57 Vgl. Dötsch/Mendig/Leibner in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8c KStG, Tz. 61.
58 Vgl. Roser in: Gosch/Roser, KStG § 8c Verlustabzug bei Körperschaften, Rn. 96.
59 Vgl. Dötsch/Mendig/Leibner in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8c KStG, Tz. 305.
60 Vgl. Roser in: Gosch/Roser, KStG § 8c Verlustabzug bei Körperschaften, Rn. 96.
61 Vgl. Niehus/Wilke, Die Besteuerung der Kapitalgesellschaften, S. 205.
62 Vgl. Ebenda.
63 Vgl. BMF v. 04.07.2008 -IVC7-S 2745 a/08/10001 - Rz12.
64 Vgl. Niehus/Wilke, Die Besteuerung der Kapitalgesellschaften., S. 205.
65 Vgl. Dötsch/Mendig/Leibner in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8c KStG, Tz. 84.
66 Ebenda
67 Vgl. Fratscher in: Frotscher/Drüen, Körperschaftsteuergesetz § 8c, Rz. 72.
68 Vgl. Fratscher in: Frotscher/Drüen, Körperschaftsteuergesetz § 8c, Rz. 72a.
69 Vgl. Ebenda
70 Vgl. Dötsch/Mendig/Leibner in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8c KStG, Tz. 44.
71 Vgl. Ebenda
72 Vgl. Grobshäuser/Maier/Kies, Besteuerung der Gesellschaften, S. 585.
73 Vgl. Honert/Imschweiler, Anwendungsschreiben zum Verlustabzug bei Körperschaften (§ 8c KStG), S. 33.
74 Vgl. Ebenda
75 Vgl. Ebenda
76 Vgl. Grobshäuser/Maier/Kies, Besteuerung der Gesellschaften, S. 585.
77 Ebenda
78 Vgl. BFH vom 18.12.1996 BStBl II 1997, 301
79 Vgl. Dötsch/Mendig/Leibner in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8c KStG, Tz. 143.
80 Vgl. Dötsch/Alber/Sell/u. a., Körperschaftsteuer, S. 204.
81 Vgl. Ebenda
82 Ebenda
83 Vgl. Ebenda
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