Bachelorarbeit, 2021
46 Seiten, Note: 1,7
Abkürzungsverzeichnis
A. Einleitung
B. Mobile Arbeitsgestaltung
I. Begriffsbestimmung
a. Telearbeit
b. Homeoffice
c. Mobiles Arbeiten
II. Rechtsgrundlage
a. Anspruch
b. Pflicht
III. Vor- und Nachteile
a. Arbeitnehmersicht
b. Arbeitgebersicht
C. Rechtliche Rahmenbedingungen
I. Arbeitszeit
a. Dauer und Lage
b. Arbeitszeitgesetz (ArbZG)
II. Arbeitsschutz
a. Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
b. Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
III. Gestaltung des Arbeitsplatzes
a. Ausstattung
b. Aufwendungsersatz
IV. Datenschutz
a. Schutz personenbezogener Daten
b. Schutz von Geschäftsgeheimnissen
V. Haftung
a. Arbeitnehmerhaftung
b. Haftung Dritter
VI. Sozialversicherung
a. Arbeitsunfall
b. Wegeunfall
VII. Fazit
D. Gesetzentwürfe
I. Mobile Arbeit-Gesetz (MAG)
a. Inhalt
b. Umsetzung
II. Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung mobiler Arbeit (EMAG)
a. Inhalt
b. Umsetzung
III. Praktische Anwendbarkeit
a. Rechtsgrundlage
aa. Antrag (§ 111 Abs. 1 GewO-E)
bb. Erörterungspflicht (§ 111 Abs. 2 GewO-E)
cc. Gesetzliche Fiktion (§ 111 Abs. 3-4 GewO-E)
b. Arbeitszeit
aa. Mobile Arbeit-Gesetz (MAG)
bb. Entwurf zur Erleichterung mobiler Arbeit (EMAG)
c. Arbeitsschutz
d. Gestaltung des Arbeitsplatzes
e. Datenschutz
f. Haftung
g. Sozialversicherung
h. Sonstiges
VIII. Zusammenfassung
E. Fazit
Literaturverzeichnis
Rechtsprechungsverzeichnis
Eidesstaatliche Erklärung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
„Es gibt keinen Grund, warum irgendjemand einen Computer in seinem Haus bräuchte.“ (Ken Olsen, Gründer Digital Equipment Corporation, 1977). Aus heutiger Sicht betrachtet, gilt die Äußerung als eine derartige Fehlprognose. In der Arbeitswelt 4.0 besteht die Möglichkeit für den Arbeitsnehmer durch neue Informations- und Kommunikationstechnologien, wozu u.a. Laptops, Smartphones und Tablets gehören, die berufliche Tätigkeit ortsungebunden auszuführen. Auch privat belief sich der Anteil der Smartphone Nutzer in Deutschland 2020 bereits auf 86%1, was bedeutet, dass fast jeder Deutsche ein Smartphone nutzt und somit in der Theorie, um die Dimensionen zu verdeutlichen, die Möglichkeit besitzt, ortungebunden zu arbeiten. Doch nicht jeder Beruf eignet sich für die mobile Arbeitsgestaltung, was beispielsweise die Tätigkeit im Einzelhandel impliziert. Aus einer aktuellen Studie des Ifo-Instituts (Institut für Wirtschaftsforschung) ergibt sich, dass dennoch 56% der Beschäftigten in Deutschland ganz oder teilweise ortsungebunden arbeiten können.2 Das Fehlen eines „Computers“ im Haushalt ist heutzutage im Hinblick auf die Arbeitswelt also wohl kaum vorstellbar.
Nicht nur das Voranschreiten der Digitalisierung, sondern auch der Ausbruch der Corona-Pandemie 2020 führte zu einer gesteigerten Inanspruchnahme von mobilen Arbeitsformen. Dementgegen stehen nach wie vor die rechtlichen Unsicherheiten bei der Inanspruchnahme mobiler Arbeitsgestaltung, die darauf zurückzuführen sind, dass es kein Gesetz explizit dafür gibt. Trotz vertraglicher Ausgestaltungen zwischen dem Arbeitgeber und dem mobil arbeitenden Beschäftigten ergeben sich in der Praxis zumeist Fragen zur Umsetzung der Vorschriften zum Arbeitsschutz, Datenschutz oder zur Arbeitszeit. Das veranlasste wiederum die Politik dazu, sich dem Thema anzunehmen und gesetzliche Regelungen zur mobilen Arbeit zu schaffen. Daher heißt es in dem Koalitionsvertrag zwischen der CDU, CSU und SPD vom 07.02.2018, die Förderung und Erleichterung der mobilen Arbeit durch die Schaffung eines rechtlichen Rahmens zu erreichen.3 Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) legte daraufhin am 14.01.2021 seinen finalen Referentenentwurf „Mobile Arbeit-Gesetz“ (MAG) vor und der Arbeitskreis „Zukunft der Arbeit” der CDU/CSU-Bundestagsfraktion veröffentlichte den Gesetzesentwurf „Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung mobiler Arbeit” (EMAG) im Oktober 2020.
Diese Bachelorarbeit thematisiert im ersten Teil die rechtliche Analyse der mobilen Arbeitsgestaltung sowie im zweiten Teil die der vorliegenden Gesetzentwürfe. Zunächst gilt es in Teil eins der Arbeit zu erläutern, was unter mobiler Arbeitsgestaltung zu verstehen ist, weshalb die Begriffe Telearbeit, Homeoffice sowie mobile Arbeit näher betrachtet werden. Nach den Begriffsbestimmungen folgt die Untersuchung der rechtlichen Handhabung der mobilen Arbeitsformen in der Praxis. Die Themengebiete Arbeitszeit, Arbeitsschutz, Gestaltung des Arbeitsplatzes, Datenschutz, Haftung und Sozialversicherung sollen von der Untersuchung erfasst werden. Der Sinn und Zweck besteht darin, einen Überblick über die derzeitige rechtliche Situation bei der Inanspruchnahme der mobilen Arbeitsgestaltung zu geben, um mögliche praktische Probleme zu identifizieren. Im zweiten Teil der Arbeit sollen die vorliegenden Gesetzentwürfe betrachtet werden. Nach einer kurzen inhaltlichen Wiedergabe soll herausgearbeitet werden, inwiefern die Gesetzentwürfe für die in den einzelnen Themengebieten identifizierten Probleme Lösungen anbieten. Das Ziel besteht darin, die Frage zu beantworten, ob die Gesetzentwürfe dafür geeignet sind, bestehende rechtliche Unsicherheiten zu beseitigen. Abschließend gilt zu erörtern, ob sich die Schaffung eines rechtlichen Rahmens für die Umsetzung mobiler Arbeit überhaupt als sinnvoll erweist.
Während die Corona-Pandemie laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung einen starken Anstieg der von zu Hause arbeitenden Beschäftigten verursachte und sich somit der Anteil nahezu versechsfachte4, bestand aufgrund der Digitalisierung der Wirtschaft und Arbeitswelt sowie damit einhergehend neuen technologischen Entwicklungen im IT- und Telekommunikationsbereich in den letzten Jahren schon zuvor der Bedarf nach einer mobilen Arbeitsgestaltung.5 Gerade durch die Pandemie wurde gezeigt, dass mobiles Arbeiten in der heutigen Arbeitswelt durchaus eine Alternative zur klassischen Arbeitsorganisation, die die physische Anwesenheit in der Betriebsstätte erfordert, darstellt.
Für die mobile Arbeitsgestaltung gibt es eine Vielzahl von Begrifflichkeiten, die jedoch sowohl in der Literatur als auch im allgemeinen Sprachgebrauch oft unterschiedlich genutzt werden. Umso essentieller ist es für das weitere Vorgehen, die Begriffe zu definieren und klar voneinander abzugrenzen. Im Folgenden werden demnach die Begriffe Telearbeit, Homeoffice und mobiles Arbeiten näher betrachtet.
Der Begriff Telearbeit ist in dem seit 03.12.2016 neugefassten6 § 2 Abs. 7 ArbStättV gesetzlich definiert. Nach dieser Norm besteht Telearbeit, wenn der Arbeitgeber im Privatbereich der Beschäftigten Telearbeitsplätze, also fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze, zur Verfügung stellt und dafür mit dem Beschäftigten eine wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festlegt. Weiterhin führt der Gesetzgeber aus, dass ein Telearbeitsplatz vom Arbeitgeber erst dann eingerichtet ist, wenn Arbeitgeber und Beschäftigte die Bedingungen der Telearbeit arbeitsvertraglich oder im Rahmen einer Vereinbarung festgelegt haben und die benötigte Ausstattung des Telearbeitsplatzes mit Mobiliar, Arbeitsmitteln einschließlich der Kommunikationseinrichtungen durch den Arbeitgeber oder eine von ihm beauftragte Person im Privatbereich des Beschäftigten bereitgestellt und installiert wurde. Mit dieser Regelung werden demnach bestimmte Voraussetzungen gegeben, die für das Bestehen von Telearbeit erfüllt werden müssen. Allerdings erschließt sich daraus nicht, dass es eine Verpflichtung dazu gibt, die Voraussetzungen, wie beispielsweise die Ausstattung mit Arbeitsmitteln durch den Arbeitgeber, zu erfüllen.7 Für die Beteiligten bleibt grundsätzlich die Möglichkeit bestehen, für die mobile Arbeitsgestaltung andere Regelungen zu treffen. Dann ist es jedoch keine Telearbeit i.S.d. § 2 Abs. 7 ArbStättV.
Eine gesetzlich festgeschriebene Definition zu dem Begriff Homeoffice gibt es nicht, obwohl dieser im allgemeinen Sprachgebrauch weitverbreitet ist. Grundsätzlich liegt Homeoffice aber dann vor, wenn Mitarbeiter ihre Arbeitsleistungen von zu Hause erbringen, wobei es unerheblich ist, ob dies vereinzelt, anlassbezogen oder dauerhaft geschieht.8 Da auch bei dieser Form der mobilen Arbeitsgestaltung der Wohnraum des Beschäftigten in Anspruch genommen wird, werden die Begriffe Homeoffice und Telearbeit oft synonymisch verwendet, wobei sie genau genommen nicht dasselbe bedeuten. Der ausschlaggebende Unterschied besteht darin, dass die Arbeit im Homeoffice aufgrund der fehlenden gesetzlichen Bestimmungen an weitaus weniger Anforderungen gebunden ist als die Telearbeit. Regelungen zu der Arbeitszeit, der Büroeinrichtung, den Arbeitsmitteln und der Kommunikationseinrichtung sind danach nicht an den Inhalt des § 2 Abs. 7 ArbStättV gebunden.
Auch für das mobile Arbeiten gibt es weder eine gesetzliche Definition noch anderweitige Regelungen bezüglich gesetzlicher Anforderungen. Im Wesentlichen wird jedoch unter mobiler Arbeit die Arbeit an verschiedenen Orten unabhängig von einem festen Arbeitsplatz und Arbeitsort verstanden.9 Daher kommen dafür alle denkbaren Orte in Betracht – Parks, Cafés, Hotels oder eben auch die Wohnung. Der entscheidende Unterschied zum Homeoffice und zur Telearbeit besteht in der Mobilität dieser Form der Arbeitsgestaltung, die es dem Arbeitnehmer ermöglicht auch abseits des eigenen Wohnraums sowie außerhalb der Betriebsstätte die Arbeitsleistung zu erbringen.
Da die mobile Arbeitsgestaltung in der Arbeitswelt immer präsenter wird, stellt sich die Frage, ob Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch besitzen oder gar dazu verpflichtet werden können, ihre Arbeitsleistung außerhalb der Betriebsstätte in den o.g. Formen zu erbringen.
Ein solcher Anspruch könnte sich aus § 106 GewO herleiten lassen. Nach dieser Norm steht dem Arbeitgeber frei, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung näher zu bestimmen, sofern diese Arbeitsbedingungen nicht durch einen Arbeitsvertrag, eine Betriebsvereinbarung, einen anwendbaren Tarifvertrag oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Bei dieser Regelung handelt es sich jedoch um ein Gestaltungrecht des Arbeitgebers, aus welchem sich nicht die Verpflichtung zur Gewährung von mobiler Arbeit für den Arbeitnehmer ergibt.10 Als Anspruchsgrundlage könnte auch § 241 Abs. 2 BGB in Frage kommen, welcher jedoch mit seiner Anwendung die unternehmerische Freiheit, die Gestaltungsfreiheit der betrieblichen Organisation, nach Art. 12, 14, 2 Abs. 1 GG beeinträchtigt.11 Grundsätzlich bedeutet dies, dass es keinen gesetzlichen Anspruch auf eine mobile Arbeitsgestaltung gibt. Eine Ausnahme gilt hingegen auf Grundlage spezialgesetzlicher Regelungen für Bundesbedienstete (§ 16 Abs. 1 S. 2 BGleiG) und schwerbehinderte Arbeitnehmer und diesen Gleichgestellte (§ 164 Abs. 4 S. 1 SGB IX).12 Demnach besteht für diese Personengruppen unter bestimmten Voraussetzungen der jeweilig anzuwenden Normen ein solcher gesetzlicher Anspruch. Ein Rechtsanspruch kann außerdem individuell in Tarifverträgen, Arbeitsverträgen oder Betriebs- oder Dienstvereinbarungen vereinbart werden, was jedoch in der Praxis eher selten der Fall ist.13
Auch zukünftig wird es vorerst keinen allgemeinen, gesetzlichen Anspruch geben. Noch im Oktober des Jahres 2020 legte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) bereits einen Gesetzesentwurf („Mobile Arbeit-Gesetz“) vor, der einen Rechtsanspruch auf 24 Tage Homeoffice bzw. mobil arbeiten im Jahr vorsah. Ein solcher Anspruch wurde jedoch nur wenige Monate später von der Bundesregierung abgelehnt.14
Fraglich ist nun wiederum, ob sich aus dem Gestaltungsrecht des Arbeitgebers (§ 106 GewO) für den Arbeitnehmer die Verpflichtung ergibt, mobil oder von zu Hause aus zu arbeiten. Bei der Ausübung des Direktionsrechts gilt, nach billigem Ermessen die wesentlichen Umstände abzuwägen sowie das beiderseitige Interesse der Beteiligten zu berücksichtigen15, was bedeutet, eine einseitige Anordnung seitens des Arbeitgebers wäre nicht durchsetzbar. Mitunter anzumerken ist, dass eine Anordnung der Verrichtung der Arbeitsleistung innerhalb des Wohnraums des Arbeitnehmers ohne dessen Zustimmung gar nicht möglich wäre, da dies mit dem grundrechtlichen Schutz der Wohnung nach Art. 13 GG nicht zu vereinbaren wäre.16
Generell lässt sich die mobile Arbeitsgestaltung nicht einseitig durchsetzen, sondern es bedarf einer einvernehmlichen Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Vereinbarung ist die Abwägung der Vor- und Nachteile für die Beteiligten, um entsprechende Regelungen zu treffen.
Die Arbeit außerhalb der Betriebsstätte bringt verschiedene Vor- und Nachteile sowohl für den Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer mit sich. Dabei kann allerdings keine allgemeingültige Bewertung vorgenommen werden, ob das mobile Arbeiten nun grundsätzlich positiv ist oder eben nicht. Das hängt vielmehr von verschiedenen Faktoren, wie beispielsweise die Art der Tätigkeit, die persönliche Einstellung der Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die verschiedenen Prioritäten der Beteiligten oder technische Voraussetzungen ab, die im Einzelfall näher erörtert werden müssen.17
Für den Arbeitnehmer besteht bei einer mobilen Arbeitsgestaltung die Möglichkeit den Beruf und die Familie besser miteinander zu vereinbaren (Work-Life-Balance), da er hinsichtlich der Arbeitszeit eine größere Flexibilität erlangt. Auch durch die wegfallenden Fahrten zur Betriebsstätte spart der Arbeitnehmer neben den Fahrtkosten auch noch enorm Zeit. All dies führt dazu, dass der Arbeitnehmer einen hohen Grad an Selbstbestimmung erlangt, was sich durchaus positiv auf die Arbeitsmotivation auswirken kann. Als nachteilig kann es wiederum angesehen werden, wenn es zur Entgrenzung der Arbeitszeit kommt, was dann der Fall ist, wenn die Arbeit sich mit dem Privaten vermischt. Das führt zu Konfliktpotenzial innerhalb der Familie und kann auf Dauer ein gesundheitliches Risiko darstellen. Nicht zu unterschätzen ist auch, gerade bei der Arbeit von zu Hause, die soziale Isolation, die unter anderem durch den fehlenden Kontakt zu Kollegen und Vorgesetzten herbeigeführt wird. Ebenso besteht bei der mobilen Arbeitsgestaltung ein höheres Risiko darin, dass Störungen im eigenen Umfeld, sei es zu Hause durch Familienmitglieder oder ortunabhängig durch Externe, vermehrt auftreten können. Das ständige Unterbrechen der Arbeitszeit führt demnach nicht nur zu einer sinkenden Produktivität des Arbeitnehmers, sondern auch zur erschwerten Nachvollziehbarkeit tatsächlich geleisteter Arbeitszeit, wodurch vor allem unbezahlte Überstunden verursacht werden können. Gerade auch diese Unterbrechungen und der hohe Grad an Selbstbestimmung setzen einige Arbeitnehmer unter Druck, was das Arbeiten chaotisch und unproduktiv gestalten kann.
Auf der Arbeitgeberseite spricht für die mobile Arbeitsgestaltung, dass die Arbeitgeber die Kosten für die Einrichtung und Unterhaltung von Arbeitsplätzen innerhalb des Betriebs sparen. Dabei sind jedoch die Kosten für die IT und die Technik für den mobil arbeitenden Mitarbeiter nicht zu unterschätzen. Dennoch kann diese Arbeitsgestaltung zu einer erhöhten Mitarbeiterzufriedenheit führen, was sich durch eine steigende Produktivität sowie die Verbesserung der Qualität der Arbeit bemerkbar machen kann. Generell führen zufriedene Mitarbeiter zu einer stärkeren Wettbewerbsposition des Unternehmens. Anderseits hat die Arbeit außerhalb der Betriebsstätte zur Folge, dass die Arbeitgeber einen gewissen Kontrollverlust hinnehmen müssen, wobei sie beispielsweise weder nachvollziehen können, ob die Arbeitnehmer arbeiten noch wie produktiv oder gewissenhaft sie ihre Aufgaben erfüllen. Auch das Arbeiten im Team lässt sich durchaus schwerer organisieren, weshalb oft, trotz vielfältiger technischer Möglichkeiten, ein hoher Koordinationsaufwand entsteht. Außerdem besteht für die Arbeitgeber ein hohes Risiko, wenn es darum geht, dass vertrauliche Informationen und Daten eher an Unbefugte gelangen als in den eigenen Büroräumen oder dass zwingend datenschutz- und arbeitsrechtliche Anforderungen umgesetzt werden müssen.
Bei der Abwägung der individuellen Vor- und Nachteile der mobilen Arbeitsgestaltung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber wird zumeist außer Acht gelassen, welche rechtlichen Besonderheiten mit der Einführung dieser Form der Arbeit einhergehen. Nicht immer ist die Rechtslage so klar, wie bei der Arbeit im Betrieb, weshalb es sich für sinnvoll erweist, einen Blick auf die folgenden Regelungen zu werfen.
Bei allen Formen der mobilen Arbeitsgestaltung gibt es bezüglich der Arbeitszeit keine Besonderheiten18, was bedeutet, die Arbeitszeitregelungen des Vertrages oder der Gesetze gelten hier nicht anders als am betrieblichen Arbeitsplatz.
Somit richtet sich die Dauer der Arbeitszeit nach den arbeitsvertraglichen Regelungen, die eine vereinbarte Wochen-, Monats- bzw. Jahresarbeitszeit enthalten. Die Lage der täglichen Arbeitszeit hingegen wird vom Arbeitgeber nach billigem Ermessen und unter Berücksichtigung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG) aufgrund der Ausübung des Weisungsrechts (§ 106 S. 1 GewO) bestimmt.19 Grundsätzlich stehen dem Arbeitgeber dabei verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung. Denkbar wäre, wie im Betrieb, die Einrichtung des Gleitzeitmodells, der Vertrauensarbeitszeit oder sogar die Festlegung eines genauen zeitlichen Rahmens.20 Während der Arbeitnehmer bei der Vertrauensarbeitszeit die vertragliche Arbeitszeit autonom und eigenverantwortlich erfüllt, wird bei dem Gleitzeitmodell ein zeitlich definierter Rahmen gegeben, wobei der Arbeitnehmer den Beginn und das Ende der Arbeitszeit variabel bestimmen kann.21 Bei der genauen Festlegung der zeitlichen Lage bleibt dem Arbeitnehmer jedoch kein Entscheidungsfreiraum. In der Praxis wird oftmals aufgrund der erwarteten Flexibilität bei den mobilen Arbeitsformen die Vertrauensarbeitszeit vereinbart.22 Generell hängt dies aber davon ab, in welchem Umfang der Arbeitgeber bereit ist, unter der Berücksichtigung des betrieblichen Interesses, die Selbstbestimmung der Arbeitszeit zu gewähren.
Auch die zwingenden Regelungen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) gelten uneingeschränkt bei der Arbeit außerhalb der Betriebsstätte. Folglich darf die tägliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden (§ 3 S. 1 ArbZG) bzw. in Ausnahmefällen mit entsprechendem Zeitausgleich (§ 3 S. 2 ArbZG) von zehn Stunden nicht überschritten werden. Weiterhin sind die in § 4 ArbZG festgeschriebene Ruhepause sowie die ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden (§ 5 Abs. 1 ArbZG) einzuhalten. Das Verbot von Sonn- und Feiertagsarbeit gemäß § 9 Abs. 1 ArbZG findet hierbei ebenfalls Anwendung. Für die Einhaltung der Regelungen des ArbZG ist grundsätzlich der Arbeitgeber verantwortlich. Aufgrund der eingeschränkten betrieblichen Kontrollmöglichkeiten bei der Arbeit außerhalb der Betriebsstätte, besteht die Möglichkeit den Arbeitnehmer dazu zu verpflichten, selbstständig auf die Einhaltung der Regelungen zu achten, was den Arbeitgeber jedoch nicht von dessen ursprünglicher Verantwortung befreit.23 Es empfiehlt sich aus Arbeitgebersicht, dem Arbeitnehmer anzuordnen, seine Arbeitszeit inklusive Ausfallzeiten wie Urlaub oder Krankheit umfassend zu dokumentieren und dem Arbeitgeber regelmäßig, beispielsweise am Ende jeden Monats, zur Verfügung zu stellen.24 Nicht zuletzt bezweckt die Dokumentation der Arbeitszeit auch die Berücksichtigung des § 16 Abs. 2 ArbZG, wonach die über die werktägliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit vom Arbeitgeber aufzuzeichnen ist. Die Aufzeichnung der Arbeitszeit kann dabei unter anderem durch die Anfertigung von Stundenzetteln, durch die Führung von Excel-Tabellen oder gar ein digitales Zeiterfassungssystem erfolgen.25
Bei der Erfassung der Arbeitszeit des Arbeitnehmers handelt es sich lediglich um eine Empfehlung, die zur Einhaltung der Regelungen des Arbeitszeitgesetzes dient. Allerdings stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Urteil vom 14.05.201926 fest, dass “[…] die Mitgliedstaaten die Arbeitgeber verpflichten [müssen], ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzuführen, mit dem die von einem jeden Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann.“. Diese Regelung ist bisher nicht in das deutsche Recht umgesetzt wurden, weshalb fraglich und umstritten ist, ob bis zur Umsetzung die Einrichtung eines solchen Systems erforderlich ist.27 Im Endeffekt wird allerdings spätestens nach der Übernahme der Entscheidung ins deutsche Recht künftig aus der Empfehlung eine Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeit der Arbeitnehmer.
[...]
1 Tenzer, Anteil der Smartphone-Nutzer in Deutschland in den Jahren 2012 bis 2020, 2020.
2 Dohrmann, NZA 2021, 691 (691).
3 Koalitionsvertrag v. 7.2.2018, Rn. 1826–1830.
4 Statista Research Department, Anteil der im Homeoffice arbeitenden Beschäftigten in Deutschland vor und während der Corona-Pandemie 2020 und 2021, 2021.
5 Schöllmann, NZA-Beilage 2019, 81 (81).
6 Röller/Weil/Voelzke, in: Röller (Hrsg.), Personalbuch 2021, Rn. 1.
7 Bertram/Falder/Walk, in: Emplawyers, Ein Leitfaden zu Home Office und mobilem Arbeiten, 2020, S.8.
8 Redman /Wintermann, New Work: Potenziale nutzen – Stolpersteine vermeiden, S.10.
9 Röller/Weil/Voelzke, in: Röller (Hrsg.), Personalbuch 2021, Rn. 1.
10 Schöllmann, NZA-Beilage 2019, 81 (82).
11 Röller/Weil/Voelzke, in: Röller (Hrsg.), Personalbuch 2021, Rn. 3.
12 Müller, Stefan, Homeoffice in der arbeitsrechtlichen Praxis, S.39.
13 Richter, ArbRAktuell 2019, 142 (143).
14 Pfeiffer, Homeoffice-Gesetz: Kein Anspruch mehr auf Homeoffice, 2020.
15 Preis, in: Erfurter Kommentar Gewerbeordnung, 21. Aufl. 2021, § 106 Rn. 10.
16 Richter, ArbRAktuell 2019, 142 (143).
17 Bertram/Falder/Walk, in: Emplawyers, Ein Leitfaden zu Home Office und mobilem Arbeiten, 2020, S.10-11.
18 Schöllmann, NZA-Beilage 2019, 81 (82).
19 Müller, Stefan, Homeoffice in der arbeitsrechtlichen Praxis, S.84.
20 Hoppe, in: Kramer (Hrsg.), IT-Arbeitsrecht, 2019, Rn. 639.
21 Redman /Wintermann, New Work: Potenziale nutzen – Stolpersteine vermeiden, S.18ff.
22 Richter, ArbRAktuell 2019, 142 (143).
23 Hoppe, in: Kramer (Hrsg.), IT-Arbeitsrecht, 2019, Rn. 640.
24 Röller/Weil/Voelzke, in: Röller (Hrsg.), Personalbuch 2021, Rn. 9.
25 Hoppe, in: Kramer (Hrsg.), IT-Arbeitsrecht, 2019, Rn. 640.
26 EuGH, Urt. v. 14.05.2019 – Rs. C-55/18 (CCOO) Rn. 62.
27 Bertram/Falder/Walk, in: Emplawyers, Ein Leitfaden zu Home Office und mobilem Arbeiten, 2020, S.20.
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