Diplomarbeit, 2007
101 Seiten, Note: 1,0
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Problemstellung und Aufbau der Arbeit
1.1. Problemstellung
1.2. Aufbau der Arbeit
2. Grundlagen der Unternehmensbewertung
2.1. Historische Entwicklung
2.2. Bewertungsanlässe
2.3. Bewertungszwecke
2.4. Methodenüberblick
3. DCF-Verfahren zur Ermittlung zukunftsorientierter Unternehmenswerte
3.1. Darstellung der DCF-Verfahren im Überblick
3.1.1. Verfahren der Bruttokapitalisierung (Entity-Ansatz)
3.1.2. Verfahren der Nettokapitalisierung (Equity-Ansatz)
3.2. Komponenten der Unternehmenswertberechnung nach dem
DCF-Verfahren
3.2.1. Bestimmung der bewertungsrelevanten Cashflows
3.2.2. Bestimmung der Kapitalkosten
4. CAPM als Modell zur Ermittlung der Eigenkapitalkosten
4.1. Theoretische Grundlagen
4.2. Praktische Anwendung des CAPM im Kontext der
Unternehmensbewertung
4.2.1. Bestimmung des Betafaktors
4.2.2. Bestimmung der Marktrisikoprämie
4.3. Kritische Würdigung des CAPM bezüglich der Anwendbarkeit bei
Unternehmensbewertungen
4.4. Exkurs – Betafaktoren vergleichbarer Unternehmen
5. Spezielle Aspekte bei der Eigenkapitalkostenermittlung in Emerging
Markets
5.1. Definitorische Abgrenzung „Emerging Markets“
5.2. Einfluss spezieller Risiken bei der Unternehmensbewertung in Emerging Markets
5.2.1. Typisierung von Länderrisiken
5.2.2. Berücksichtigung von Länderrisiken
5.3. Einfluss des Integrationsgrads auf die Eigenkapital-kosten
6. Lösungsansätze zur Bestimmung der Eigenkapitalkosten in Emerging
Markets
6.1. Lösungsansätze auf Basis des CAPM
6.1.1. Local CAPM
6.1.2. Global CAPM
6.1.3. Modified Global CAPM
6.2. Alternative Lösungsansätze
6.2.1. Downside Risk-Model
6.2.2. Country Credit Rating-Model
7. Anwendungsempfehlung und Fazit
Literatur- und Quellenverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Anlässe von Unternehmensbewertungen (Quelle: in Anlehnung an Künnemann, Unternehmensbewertung, 1985, S. 59)
Abbildung 3: Methoden der Unternehmensbewertung (Quelle: in Anlehnung an Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, 1997, S. 30)
Abbildung 5: Free Cashflow-Ermittlung (Quelle: in Anlehnung an Casey, Unternehmensbewertung, 2004, S. 144)
Abbildung 6: Total Cashflow-Ermittlung (Quelle: in Anlehnung an Casey, Unternehmensbewertung, 2004, S. 144)
Abbildung 7: Flow to Equity-Ermittlung (Quelle: in Anlehnung an Casey, Unternehmensbewertung, 2004, S. 144)
Abbildung 11: Länder-Kategorisierung der Weltbank (Quelle: in Anlehnung an World Bank, Country Classification (http://go.worldbank.org/K2CKM78CC0 abgerufen am 30.10.2007))
Abbildung 12: Maßnahmen beim Transformationsprozess von Emerging Markets hin zu einer Industrienation (Quelle: in Anlehnung an Sabal, Financial Decisions in Emerging Markets, 2002, S. 11 f)
Abbildung 14: Investmentbarrieren (Quelle: in Anlehnung an Füss, Emerging Markets, 2004, S. 153)
Abbildung 19: Gesamtüberblick (Quelle: eigene Darstellung)
Abbildung 20: Anwendungsempfehlung (Quelle: in Anlehnung an Pereiro, Valuation in Emerging Markets, 2002, S. 136)
Im Abstand einiger Jahrzehnte vollziehen sich immer wieder Umgruppierungen an der Spitze der weltwirtschaftlich führenden Nationen. Das frühe zwanzigste Jahrhundert erlebte so den Aufstieg der USA zur Weltwirtschaftsmacht. Die zweite Hälfte des Jahrhunderts war hingegen geprägt vom Wiederaufbau der europäischen Industrienationen sowie dem sog. „deutschen Wirtschaftswunder“ der Nachkriegszeit. Wenig später folgte der rapide Aufstieg Japans in die Reihe der führenden Wirtschaftsmächte.[1]
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts sind es nun die Schwellenländer (auch als Emerging Markets bezeichnet), die mit einem enormen Tempo nach vorne drängen. Indien kann hier als ein Beispiel für den wirtschaftlichen Aufstieg von Emerging Markets herangezogen werden. Durch Ausgaben von über 21 Milliarden USD im Bereich Forschung und Entwicklung (F&E) konnte sich dieses Land in den letzten Jahren unter den zehn forschungsstärksten Nationen der Welt etablieren. Dabei gehören die Wirtschaftszweige Pharma- und Biotechnologie bereits jetzt zur Weltspitze. Auch der Standort China hat an Attraktivität zugenommen. Seit der Staat seine Märkte 1978 für Auslandsinvestitionen öffnete, haben international agierende Konzerne mehr als 500 Milliarden USD in dieses Land investiert. Mittlerweile hat es damit Frankreich und Großbritannien überholt und ist zur viertgrößten Volkswirtschaft und zur drittgrößten Handelsnation der Welt aufgestiegen.[2] Insgesamt lässt sich für alle Emerging Markets ein tendenzieller wirtschaftlicher Aufschwung feststellen. Zwischen den Jahren 1995 und 2000 betrug die durchschnittliche Rate ausländischer Direktinvestitionen (Foreign Direct Investments bzw. FDIs) in diese Märkte jährlich ca. 188 Milliarden USD.
Im Vergleich dazu wurden allein in 2006 ca. 379 Milliarden USD investiert. Damit konnten sich die FDI in Emerging Markets innerhalb von nur zehn Jahren mehr als verdoppeln, was wiederum für den enormen wirtschaftlichen Wandel dieser Länder spricht.[3]
Für deutsche und internationale Investoren haben sich, wie aus dem enormen Anstieg an FDIs zu ersehen ist, die Schwellenländer als wichtiges Zielland für Investitionen eröffnet. Hierbei stellt sich jedoch die Frage, wie eine konkrete Investitionsentscheidung in Emerging Markets getroffen werden soll. Bei Investitionen in Industrienationen bedient man sich heutzutage zur Entscheidungsfindung den Erkenntnissen der modernen Finanztheorie. Aufbauend auf Kapitalpreisbildungsmodellen, wie etwa dem Capital Asset Pricing Model (CAPM), erfolgt hier die Bestimmung der Kapitalkosten. Diese wiederum dienen zur Diskontierung zukünftig prognostizierter Cashflows aus dem Investitionsobjekt, um so den Unternehmenswert zu berechnen.[4] Vor allem die Ermittlung der Eigenkapitalkosten, als Komponente der Kapitalkosten, gestaltet sich in Emerging Markets als schwierig. Im Gegensatz zu Industrienationen, weisen diese Länder nur eine geringere Markteffizienz auf.[5] Das CAPM geht jedoch in seinen Annahmen von effizienten Kapitalmärkten aus. Die Anwendung dieser Methode in Emerging Markets brachte so eine in Theorie und Praxis kontrovers geführte Diskussion hervor. Als Ergebnis dieser Auseinandersetzung sind in der Praxis eine Vielzahl unterschiedlicher Modelle entstanden, die nur noch zum Teil auf dem Grundgerüst des klassischen CAPMs beruhen.
Ziel dieser Arbeit ist es, einen Überblick über die in Theorie und Praxis diskutierten Verfahren zur Bestimmung von Eigenkapitalkosten in Emerging Markets zu geben. Anhand fünf ausgewählter Modelle sollen Vor- und Nachteile im Hinblick auf deren Anwendbarkeit in Schwellenländern diskutiert werden, um am Ende eine mögliche Handlungsempfehlung im konkreten Bewertungsfall abzugeben.
Das Thema dieser Arbeit lautet „Unternehmensbewertung in Emerging Markets – Ermittlung der Eigenkapitalkosten“. Damit wirft der Titel insgesamt vier Fragen auf:
- Wie erfolgt eine Unternehmensbewertung?
- Wie werden die Eigenkapitalkosten ermittelt?
- Was sind Emerging Markets?
- Wie gestaltet sich die Unternehmensbewertung in diesen Märkten?
In den folgenden Ausführungen soll daher versucht werden, diese Fragen zu beantworten. Die letzen beiden Fragen stellen dabei den Hauptteil dar. Dazu gliedert sich diese Arbeit wie folgt:
In den Absätzen 2 bis einschließlich 4 wird auf die ersten beiden Fragen eingegangen. Dafür werden in Abschnitt 2 zunächst die Grundlagen der Unternehmensbewertung dargelegt. Ausgehend von einem historischen Rückblick, der über die Entwicklungsgeschichte der Unternehmensbewertung Auskunft geben soll, erfolgt anschließend eine zusammenfassende Darstellung der verschiedenen Methoden. Darauf folgend wird unter Gliederungspunkt 3 näher auf die heute gängigste Bewertungsmethode, das Discounted Cashflow-Verfahren, eingegangen. Hierbei erfolgt zunächst eine übersichtliche Darstellung der einzelnen Varianten dieser Methode, um in einem nächsten Schritt auf die einzelnen Komponenten (Cashflows und Kapitalkosten) und deren Bestimmung bzw. Berechnung einzugehen. Bei den Eigenkapitalkosten, als Element der Kapitalkosten, existiert eine in den Industrienationen als Standard angesehene Methode zur Ermittlung kapitalmarktorientierter Kosten.
Dieses als Capital Asset Pricing Model bekannte Modell wird in Abschnitt 4 näher beschrieben und dessen praktische Anwendung im Kontext der Unternehmensbewertung aufgezeigt. Im Absatz 5 wird vor allem auf die Frage „Was sind Emerging Markets?“ eingegangen. Dabei wird zunächst der Begriff „Emerging Markets“ an sich abgegrenzt, um in den darauffolgenden Punkten die speziellen Aspekte bei der Unternehmensbewertung in diesen Märkten aufzuzeigen. Die letzte der insgesamt vier Fragen wird im Anschluss in den Punkten 6 und 7 beantwortet. Hierbei werden zunächst im Abschnitt 6 verschiedene Lösungsansätze vorgestellt und im Hinblick auf deren Anwendbarkeit in Emerging Markets untersucht. Im letzten Gliederungspunkt erfolgen schließlich eine Anwendungsempfehlung sowie ein abschließendes Fazit. Für eine bessere Übersicht kann der Aufbau dieser Arbeit in der folgenden Abbildung 1 noch einmal anhand einer graphischen Darstellung entnommen werden:
Abbildung 1 : Aufbau der Arbeit (Quelle: eigene Darstellung)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die historische Entwicklung der Unternehmensbewertungstheorie kann im deutschen Sprachraum in drei maßgebliche Phasen unterteilt werden:
Phase 1: Objektive Unternehmensbewertung
Phase 2: Subjektive Unternehmensbewertung
Phase 3: Funktionale Unternehmensbewertung
Bis in die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts war die objektive Unternehmensbewertung die in der Literatur dominierende Theorie. Im Mittelpunkt dieser Betrachtungsweise stand die Ermittlung eines objektiven, für jedermann gültigen Unternehmenswerts. Dabei orientierte man sich primär an vergangenen und gegenwärtigen Verhältnissen. Zukünftige bzw. zu erwartende Entwicklungen wurden nicht berücksichtigt. Auf Grundlage dieser statischen Betrachtungsweise kam dem Substanzwert eines Unternehmens eine wesentliche Bedeutung zu. Kritik an dieser Werttheorie wurde vor allem hinsichtlich der Brauchbarkeit (z.B. als Verhandlungsgrundlage) sowie an der generellen Ermittlungsmöglichkeit eines objektiven allgemeingültigen Unternehmenswerts laut.[6]
Demgegenüber steht die Lehre der subjektiven Unternehmensbewertung. Diese wurde in Frontstellung zur objektiven Unternehmensbewertung entwickelt und verneint explizit die Existenz eines allgemeingültigen Unternehmenswerts. Vielmehr sollte der subjektive Unternehmenswert erfassen, was das zu bewertende Unternehmen dem konkreten Bewertungssubjekt (z.B. Käufer bzw. Verkäufer) unter Berücksichtigung dessen individueller Ziele, Möglichkeiten und Erwartungen wert sei.
Das Abstellen auf subjektive Erwartungen und Einschätzungen des Bewertungssubjekts erforderte jedoch eine zukunftsbezogene Unternehmensbewertung. Dies führte zu einer Abkehr von statischen und auf Einzelbewertung basierenden Substanzwertverfahren und zu einer Favorisierung von Ertragswertverfahren. Diese wiederum werden von den fundamentalen Prinzipen der Subjektivität, der Gesamtbewertung sowie der Zukunftsbezogenheit beherrscht. Ein wesentlicher Kritikpunkt an der subjektiven Unternehmensbewertungstheorie basiert auf deren Subjektbezug selbst.[7] Diese einseitige Betrachtung macht es unmöglich, das gesamte Aufgabenspektrum der Unternehmensbewertung auszufüllen.[8] Präskriptive Aussagen, Verhaltensempfehlungen und Entscheidungshilfen, wie sie von einer modernen Betriebswirtschaftlehre angestrebt werden, sind so vor dem Hintergrund der subjektiven Werttheorie unmöglich.[9]
Die Kontroversen zwischen objektiver und subjektiver Unternehmensbewertungstheorie konnten erst Mitte der 1970er Jahre durch die Entwicklung der funktionalen Unternehmensbewertung[10] überwunden werden. Die funktionale Bewertungstheorie basiert auf den Grundsätzen der subjektiven Unternehmensbewertung (Subjektivität, Zukunftsbezogenheit sowie Gesamtbewertung). Diese werden allerdings durch das Prinzip der Zweckgebundenheit ergänzt.[11] Demnach ist vor jeder Unternehmensbewertung der Zweck der Bewertung genau festzulegen, da unterschiedliche Bewertungszwecke in der Regel auch zu unterschiedlichen Unternehmenswerten führen. Die funktionale Unternehmensbewertung geht dabei von mehreren typischen Zielsetzungen aus, denen jeweils eine „Funktion“ der Unternehmensbewertung zugeordnet werden kann. Allgemein kann dabei zwischen Haupt- und Nebenfunktionen unterschieden werden.[12]
Eine der Entwicklung im deutschsprachigen Raum vergleichbare, explizite Ausformulierung der Funktionenlehre ist in den angelsächsischen Ländern nicht zu erkennen. Vielmehr scheint hier die Zweckabhängigkeit der Bewertung als Selbstverständlichkeit, welche keiner weiteren Erörterung bedarf. Desweiteren wurde, insbesondere in den USA, die Unternehmensbewertung bereits sehr früh als investitionstheoretisches Problem erkannt, auf das die Grundsätze der Finanzierungs- und Investitionstheorie anzuwenden sind. Dies hatte auch die Übernahme moderner Ansätze der Kapitalmarkttheorie zur Folge. Bewertungen auf Basis individueller Ertragswerte oder der Ansatz von Substanzwerten wurde nur in Ausnahmefällen in Anspruch genommen.[13]
Unternehmensbewertungen dienen unterschiedlichen Zwecken. Nach heute unumstrittener Auffassung ist der Unternehmenswert vom Bewertungszweck abhängig. Dieser wiederum wird vom jeweiligen konkreten Bewertungsanlass determiniert.[14] Allerdings sind diese Anlässe auch zahlreich und vielfältig. Bewertungen können so beispielsweise im Zusammenhang mit dem Kauf bzw. Verkauf eines Unternehmens, dem Ausscheiden eines Gesellschafters, oder einer notwendigen Kreditwürdigkeitsprüfung erforderlich werden.[15] In der Literatur wird deshalb zumeist eine Unterteilung in transaktionsbezogene (mit einem geplanten Eigentumswechsel verbundene) sowie in nicht transaktionsbezogene (nicht mit einem geplanten Eigentumswechsel verbundene) Bewertungsanlässe vorgenommen.
Innerhalb der transaktionsbezogenen Anlässe kann wiederum in dominierte (die Änderung der Eigentumsverhältnisse kann von einer Partei ohne Zustimmung der anderen Parteien erzwungen werden) und in nicht dominierte (für die Änderung der Eigentumsverhältnisse ist eine Einigung erforderlich) Bewertungsanlässe unterteilt werden.[16] Folgende Abbildung 2 soll diese Systematisierung veranschaulichen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 : Anlässe von Unternehmensbewertungen (Quelle: in Anlehnung an Künnemann, Unternehmensbewertung, 1985, S. 59)
Mit der Vielzahl und Heterogenität der Bewertungsanlässe sind unterschiedliche Zwecke der Unternehmensbewertung verbunden.
Die objektive, wie auch die subjektive Werttheorie können dieser Auffassung nicht folgen. In der funktionalen Unternehmensbewertung hingegen, werden aus der Gesamtheit der in der Realität vorkommenden Bewertungsanlässe praktisch bedeutsame Zwecksetzungen von Unternehmensbewertungen abgeleitet. Den einzelnen Zwecksetzungen wird dabei jeweils eine „Funktion“ der Unternehmensbewertung zugeordnet.[17]
Traditionell wird in der deutschsprachigen Literatur zwischen Haupt- und Nebenfunktionen unterschieden. Zu den Hauptfunktionen zählen dabei
- die Beratungsfunktion,
- die Vermittlungsfunktion sowie
- die Argumentationsfunktion.
Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) kennt noch die Funktion des neutralen Gutachters. Diese dient der Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswertes. Im Gegenzug negiert das IDW allerdings die Argumentationsfunktion als weitere eigenständige Funktion der Bewertung durch den Wirtschaftsprüfer.[18]
Das Gemeinsame dieser Funktionen ist hierbei ihre Orientierung auf interpersonale Konfliktsituationen. Hauptfunktionen beziehen sich demnach auf jene Bewertungen, die auf eine Änderung der Eigentumsverhältnisse am zu bewertenden Unternehmen bzw. an den zu bewertenden abgrenzbaren Unternehmensteilen ausgerichtet sind.
Erfolgen Bewertungen nicht mit dem Ziel, Eigentumsverhältnisse zu verändern, liegen Nebenfunktionen vor. Diese können wiederum unterteilt werden in:[19]
- Informationsfunktion,
- Steuerbemessungsfunktion sowie in
- Vertragsgestaltungsfunktion
Theorie und Praxis der Unternehmensbewertung sind durch eine breite Methodenvielfalt gekennzeichnet. Grund für diese Entwicklung waren unter anderem der Erkenntnisfortschritt in der Betriebswirtschaftslehre[20] sowie die technische Entwicklung im Hinblick auf heute verfügbare Software-Unterstützungen, wie etwa Tabellenkalkulationsprogramme oder ähnliches. Auch wurde im deutschsprachigen Raum mit der Entwicklung hin zur funktionalen Unternehmensbewertung deutlich, dass verschiedene Bewertungszwecke häufig den Einsatz konzeptionell unterschiedlicher Verfahren erfordern.[21]
Abbildung 3 soll die in Deutschland gängigsten Bewertungsverfahren systematisch darstellen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3 : Methoden der Unternehmensbewertung (Quelle: in Anlehnung an Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, 1997, S. 30)
Waren zu Beginn der Bewertungslehre insbesondere die substanzorientierten Einzelbewertungsverfahren dominierend, stehen heute vor allem die zukunftsorientierten Gesamtbewertungsverfahren im Mittelpunkt. Diese zielen auf das Unternehmen insgesamt als Bewertungsobjekt ab.[22] Dabei besteht der Unterschied zur Einzelbewertung in der Berücksichtigung von Kombinationseffekten, die aus dem Zusammenwirken verschiedener Einzelpositionen resultieren.[23] In der folgenden Ausführung werden Vergleichs-, Einzel- und Mischverfahren in komprimierter Form kurz vorgestellt. Aufgrund der hohen Relevanz bei der Unternehmensbewertung in Emerging Markets und somit auch innerhalb dieser Arbeit, werden die DCF-Verfahren separat in Abschnitt 3 ausführlich betrachtet.
Das Ertragswertverfahren wird dabei, aufgrund seiner konzeptionellen Übereinstimmung, in die Erklärung des Equity-Ansatzes mit integriert.
- Vergleichsverfahren:
Bei der zu den Vergleichsverfahren zählenden Multiplikatormethode wird der Unternehmenswert als potenzieller Marktpreis durch Multiplikation einer bestimmten Kenngröße des zu bewertenden Unternehmens mit einem von der gewählten Basis abhängigen, branchenspezifischen Faktor, dem sog. „Multiplikator“, ermittelt.[24] Dabei kann grundsätzlich zwischen Equity- und Entity-Multiplikatoren unterschieden werden, wobei bei erstgenannten nur das Eigenkapital bewertet wird. Hingegen wird bei Entity- Multiplikatoren die Gesamtheit des Unternehmens (Enterprise-Value), also das Eigen- zuzüglich des Fremdkapitals, bewertet.[25] Multiplikatormethoden basieren auf zahlreichen Vereinfachungen und dienen in der Bewertungspraxis deshalb lediglich zur Plausibilitätskontrolle der Bewertungsergebnisse, die nach dem Ertragswertverfahren bzw. nach dem DCF-Verfahren ermittelt wurden.[26]
Im Gegensatz zur Multiplikatormethode orientiert sich der Comparative Company Approach (CCA) bei der Bestimmung des Unternehmenswertes an tatsächlich realisierten Marktpreisen vergleichbarer Unternehmen. Zur Gegenüberstellung dienen dabei Daten börsennotierten Unternehmen (Similar Public Company Method), oder der Unternehmenswert wird aus bereits realisierten Kaufpreisen vergleichbarer Unternehmen (Recent Acquisition Method) abgeleitet. Auch beim Börsengang erzielte Emissionspreise von Vergleichsunternehmen (Initial Public Offering Method) können als Vergleichsmaßstab herangezogen werden.[27]
Als Quelle zur Datenerhebung der benötigten Finanzdaten vergleichbarer Unternehmen bzw. Unternehmenstransaktionen dienen dabei Wirtschaftsdatenbanken wie etwa die von Bloomberg, Moody´s Corporate News oder Thomson Financial.
- Einzelbewertungsverfahren:
Bei den Einzelbewertungsverfahren wird durch eine isolierte Bewertung der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden (zu einem bestimmten Stichtag) der Unternehmenswert ermittelt.[28] Der daraus resultierende Substanzwert existiert dabei in der Praxis in unterschiedlichen Ausprägungsformen, je nachdem, welcher Wertmaßstab bei der Bewertung herangezogen wird.[29] Häufig wird eine Unterscheidung in Substanzwerteverfahren auf Basis von Rekonstruktionswerten bzw. auf Basis von Liquidationswerten vorgenommen. Beim erstgenannten Konzept wird von einer Fortführung des Unternehmens ausgegangen. Der Wertansatz richtet sich hier nach jenem Betrag, der für den kompletten „Nachbau“ (Rekonstruktion) des zu bewertenden Unternehmens notwendig wäre. Dem so ermittelten Substanzwert fehlt allerdings grundsätzlich der direkte Bezug zu künftigen finanziellen Überschüssen. Infolgedessen wird ihm keine eigenständige Bedeutung bei der Bewertung ganzer Unternehmen zugesprochen.[30]
Dem gegenüber steht der Ansatz auf Basis von Liquidationswerten. Hier wird, anders als zuvor, von der Zerschlagung (Liquidation) des zu bewertenden Unternehmens ausgegangen. Der Unternehmenswert entspricht in diesem Fall dem diskontierten Überschuss der erwarteten Verkaufserlöse sämtlicher Vermögenswerte über die Schulden inkl. Ertragssteuern auf Veräußerungsgewinne und Liquidationskosten.[31]
Der Liquidationswert ist regelmäßig dann anzusetzen, wenn der Ertrag aus der Beendigung des Unternehmens den Ertrag aus seiner Fortführung übersteigt und bildet damit grundsätzlich die Wertuntergrenze für die Unternehmensbewertung.[32]
- Mischverfahren:
Mischverfahren entstehen durch die Kombination von Gesamt- und Einzelbewertungsmethoden. Beim Mittelwertverfahren errechnet sich der Unternehmenswert als arithmetisches Mittel aus Substanz- und Ertragswert. Die Summe aus Substanzwert und Barwert der „Übergewinne“ ergibt den Unternehmenswert unter Anwendung des Übergewinnverfahrens. Als sog. „Übergewinn“ wird dabei jener Teil des künftigen Periodengewinns bezeichnet, welcher über den „Normalertrag“ hinaus vom Unternehmen erwirtschaftet werden kann.[33] Hauptkritikpunkte an dieser Vorgehensweise sind vor allem die zu hohe Gewichtung von Substanzwerten sowie die Ableitung des Unternehmenserfolgs aus Vergangenheitswerten und damit einer mangelnden Berücksichtigung zukünftiger Entwicklungen. Den Mischverfahren kommt somit in der Bewertungspraxis nur noch eine geringe Bedeutung zu, z.B. bei Vereinbarungen in Gesellschaftsverträgen oder in Testamenten.[34]
Die moderne Bewertungslehre geht grundsätzlich davon aus, dass der Wert einer Investition von der Höhe der Zahlungsrückflüsse an den Investor, von ihrem Risiko und ihrem zeitlichen Anfall abhängig ist. Somit scheiden die unter Abschnitt 2.4 kurz vorgestellten Methoden zur Ermittlung eines Unternehmenswertes unter heutigen Gesichtspunkten prinzipiell aus. Um die zu unterschiedlichen Zeitpunkten anfallenden Zahlungen addierbar und gemäß ihren Zahlungszeitpunkten bewertbar zu machen, werden Zahlungen mit einem Kapitalisierungszinssatz diskontiert. Solche Werte, die im Gegensatz zu substanzorientierten Verfahren auf Basis von erwarteten, zukünftigen Erfolgen ermittelt werden, bezeichnet man auch als zukunftsorientierte Unternehmenswerte.[35] Für die Ermittlung zukunftsorientierter Unternehmenswerte bestehen zwei Hauptproblemkreise: die Bestimmung der relevanten Cashflows sowie der Kapitalkosten.[36] Diese bilden den theoretischen Hintergrund des zukunftsorientierten Discounted Cashflow-Verfahrens (sowie der deutschen Ertragswert-Methode). Im Folgenden werden die verschiedenen DCF-Verfahren näher erläutert, um anschließend in Abschnitt 3.2 auf die Bestimmung der bewertungsrelevanten Komponenten einzugehen.
Mit dem Discounted Cashflow-Verfahren (DCF-Verfahren) wird der Wert eines Unternehmens durch Diskontierung von Cashflows ermittelt. Diese stellen dabei erwartete Zahlungen an die Kapitalgeber dar.[37] Die zu diskontierenden Cashflows sind je nach eingesetzter Variante des DCF-Verfahrens unterschiedlich abzugrenzen. Die Abgrenzung richtet sich hier nach der rechentechnischen Ermittlung des Unternehmenswerts. Unter Anwendung des DCF-Verfahrens lässt sich dieser sowohl direkt durch Nettokapitalisierung (Equity-Ansatz) als auch indirekt durch Bruttokapitalisierung (Entity-Ansatz) ermitteln.[38] Folgende Abbildung 4 soll die gerade dargestellte Unterteilung graphisch wiedergeben:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Entity- und Equity-Ansätze (Quelle: in Anlehnung an Seppelfricke, Aktien- und Unternehmensbewertung, 2003, S. 24)
Die Verfahren der Bruttokapitalisierung ermitteln den Wert eines Unternehmens in zwei Schritten. Im ersten Schritt wird der Marktwert des Gesamtkapitals des Unternehmens bestimmt. Der Marktwert des Eigenkapitals und somit der Unternehmenswert wird in einem zweiten Schritt ermittelt, indem der Marktwert des Fremdkapitals vom Marktwert des Gesamtkapitals subtrahiert wird. Der WACC-, der TCF- sowie der APV-Ansatz folgen diesem Verfahren, unterscheiden sich jedoch bei der Berücksichtigung der aus der Fremdfinanzierung resultierenden Unternehmenssteuerersparnis.[39]
In den Unterpunkten 3.1.1.1 bis einschließlich 3.1.1.3 sollen die soeben genannten Verfahren der Bruttokapitalisierung näher erläutert werden.
Das Konzept der gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten (Weighted Average Cost of Capital bzw. WACC-Ansatz) stellt die wohl in der Praxis am weitesten verbreitete Variante des Bruttoverfahrens dar.[40] In einem ersten Schritt erfolgt hier zunächst die Ermittlung des Marktwertes des Gesamtkapitals. Dazu werden die periodenspezifischen Free Cashflows (FCF) mit den gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten diskontiert.[41] Demnach kann der Marktwert des Gesamtkapitals formal folgendermaßen dargestellt werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
mit [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]: Marktwert des Gesamtkapitals
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]: Periodenspezifischer Free Cashflow
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]: Gewogene durchschnittliche Kapitalkosten
Die gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten entsprechen den risikoäquivalenten Renditeforderungen der Eigentümer und Fremdkapitalgeber, gewichtet zu Marktpreisen. Die zu diskontierenden Free Cashflows repräsentieren dabei diejenigen Zahlungen an die Kapitalgeber, die sich bei vollkommener Eigenfinanzierung ergeben würden. Der vernachlässigte Steuervorteil (Tax-Shield) bei der Cashflow-Ermittlung, resultierend aus einer anteiligen Fremdfinanzierung, findet beim WACC-Ansatz insofern Berücksichtigung, als dass die Fremdkapitalkosten durch Multiplikation mit dem Faktor (1-s) vermindert werden.[42] Dementsprechend erfolgt die Ermittlung der gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten folgendermaßen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Um im zweiten Schritt den Marktwert des Eigenkapitals und somit den eigentlichen Unternehmenswert ermitteln zu können muss in einem Zwischenschritt zunächst noch der Marktwert des Fremdkapitals bestimmt werden. Dieser ergibt sich als Barwert der erwarteten Cashflows an die Fremdkapitalgeber, diskontiert mit deren risikoäquivalenter Renditeforderung:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
mit [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]: Cashflow an die Fremdkapitalgeber in Periode t
Der Marktwert des Fremdkapitals wird letztendlich berechnet, indem vom Marktwert des Gesamtkapitals der Marktwert des Fremdkapitals subtrahiert wird:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im Gegensatz zur verhältnismäßig einfachen Ermittlung des Marktwertes des Fremdkapitals, ergibt sich im Hinblick auf den Marktwert des Eigenkapitals ein sog. Zirkularitätsproblem, da dieser eigentlich erst nach Kenntnis des WACC ermittelt werden kann. Gelöst werden kann dieser Konflikt einerseits durch die Festlegung einer marktgewichteten Zielkapitalstruktur oder andererseits mit Hilfe der Durchführung einer mathematischen Iteration.[43]
Wie der WACC-Ansatz basiert auch der Total Cashflow-Ansatz (TCF-Ansatz) auf der Bruttokapitalisierung. Beide Ansätze ermitteln den Wert des Unternehmens in einem Zwei-Schritte-Verfahren. Unterschiede gibt es allerdings bei der Berücksichtigung der Steuerersparnis aus den Fremdkapitalzinsen (Tax-Shield). Im Gegensatz zum WACC-Ansatz wird hier der Steuervorteil bereits bei der Ermittlung der Cashflows berücksichtigt und darf so bei der Ermittlung der gewogenen Kapitalkosten nicht mehr beachtet werden.[44] Diskontiert werden demnach nicht fiktive, auf vollständiger Eigenfinanzierung basierende Free Cashflows. Vielmehr beruht die Ermittlung des Unternehmenswerts auf Basis von (Total-)Cashflows, welche die tatsächliche zukünftige Kapitalstruktur des Unternehmens widerspiegeln.[45] Formal ergibt sich beim TCF-Ansatz der Marktwert des Gesamtkapitals somit wie folgt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wie zuvor erwähnt, erfolgt eine Berücksichtigung des Tax-Shields bereits bei der Ermittlung der Cashflows, so dass sich bei der Bestimmung der gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten folgende Formel ergibt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Marktwert des Eigenkapitals ergibt sich schließlich durch Subtraktion des Marktwerts des Fremdkapitals vom Marktwert des Gesamtkapitals.
Wie beim WACC-Ansatz, ergibt sich auch beim TCF-Ansatz ein Zirkularitätsproblem. Die Bestimmung der gewogenen Kapitalkosten setzt auch hier die Kenntnis des Marktwertes des Eigenkapitals und somit des eigentlich noch zu ermittelnden Unternehmenswerts voraus.[46]
Auch der Adjusted Present Value-Ansatz (APV-Ansatz) oder Konzept des angepassten Barwerts basiert, wie die beiden zuvor vorgestellten Verfahren, auf dem Prinzip der Bruttokapitalisierung. Hier erfolgt ebenfalls in einem ersten Schritt die Ermittlung des Marktwertes des Gesamtkapitals.
Jedoch wird beim APV-Ansatz dieser Marktwert komponentenweise berechnet und folgt somit der Idee der Wertadditivität, d.h. der Annahme, dass sich der Wert eines Unternehmens aus der Summe der einzelnen Wertbeiträge zusammensetzt.[47] Dabei wird zunächst von einer ausschließlichen Eigenfinanzierung ausgegangen und so der Marktwert eines nicht verschuldeten Unternehmens ermittelt.[48] Die Free Cashflows des zu bewertenden Unternehmens werden bei diesem Ansatz mit Hilfe der risikoäquivalenten Renditeforderung der Eigentümer bei reiner Eigenfinanzierung diskontiert.[49] Der Marktwert des Eigenkapitals eines als unverschuldet angenommenen Unternehmens ergibt sich dabei folgendermaßen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
mit [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]: Marktwert des Eigenkapitals des als unverschuldet ange- nommenen Unternehmens
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]: Free Cashflows der Periode t bei unterstellter reiner Ei- genfinanzierung
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]: Risikoäquivalente Renditeforderung der Eigentümer eines unverschuldeten Unternehmens
In dem so ermittelten Marktwert des Eigenkapitals eines als unverschuldet angenommenen Unternehmens sind jedoch die Auswirkungen einer möglichen Fremdfinanzierung noch nicht berücksichtigt.
Aufgrund der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen wird der Unternehmenswert durch eine Fremdfinanzierung erhöht.[50] Aus diesem Grund muss zum Marktwert des als unverschuldet angenommenen Unternehmens noch der Wertbeitrag der Finanzierung als Barwert des aus der anteiligen Fremdfinanzierung resultierenden Tax-Shields addiert werden. Die Diskontierung des Tax-Shields erfolgt hierbei mit dem Fremdkapitalkostensatz.[51] Der Wertbeitrag der Fremdfinanzierung kann formal insofern wie folgt dargestellt werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
mit [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]: Wertbeitrag der Fremdfinanzierung
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]: Tax-Shield der Periode t
Der Marktwert des Gesamtkapitals errechnet sich schließlich, indem seine beiden Komponenten (Marktwert des Eigenkapitals sowie Wertbeitrag der Fremdfinanzierung) addiert werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wie zuvor erfolgt auch beim APV-Ansatz in einem zweiten Schritt die Ermittlung des Unternehmenswerts, indem vom Marktwert des Gesamtkapitals der Marktwert des Fremdkapitals abgezogen wird.
Die Anwendung des APV-Verfahrens setzt die Kenntnis der Renditeforderung der Eigenkapitalgeber für ein unverschuldetes Unternehmen voraus.[52] In der Praxis bereitet diese Annahme allerdings Probleme, da in der Realität Renditeforderungen der Eigentümer für vollständig eigenfinanzierte Unternehmen kaum bzw. nicht beobachtbar sind.[53]
Im Gegensatz zu den Methoden der Bruttokapitalisierung wird beim Verfahren der Nettokapitalisierung (Equity-Ansatz) der Marktwert des Eigenkapitals direkt, also ohne Umwege über den Marktwert des Gesamtkapitals des zu bewertenden Unternehmens, berechnet.[54] Bei dieser unmittelbaren Ermittlung werden die in künftigen Perioden erwarteten Cashflows an die Eigentümer mit deren risikoäquivalenten Renditeforderung diskontiert. Der Marktwert des Eigenkapitals unter Anwendung des Equity-Ansatzes ergibt sich daher wie folgt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
mit [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]: Marktwert des Eigenkapitals
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]: Cashflows an die Eigentümer in Periode t
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]: Risikoäquivalente Renditeforderung der Eigentümer eines verschuldeten Unternehmens
Die zu diskontierenden Cashflows entsprechen den vom Unternehmen erwirtschafteten Einzahlungsüberschüssen, die allein den Eigenkapitalgebern zur Verfügung stehen. Diese werden auch als „Flow to Equity“ (FTE) bezeichnet. Im Gegensatz zu den FCF sind bei der Prognose der FTE auch die künftigen Fremdkapitalzinsen (inkl. Tax-Shield) sowie die Veränderungen des Fremdkapitalbestandes mit zu berücksichtigen.[55] Da die FTE allein den Eigenkapitalgebern des Unternehmens zustehen, werden diese nur mit der geforderten Eigenkapitalrendite eines verschuldeten Unternehmens diskontiert. Die Renditeforderung der Eigenkapitalgeber wird wiederum auf Grundlage kapitalmarkttheoretischer Modelle bestimmt. Anders als bei den Verfahren der Bruttokapitalisierung kommt hier kein Mischzinsfuß bzw. gewogener Kapitalkostensatz zur Anwendung.[56]
Der Equity-Ansatz entspricht im Prinzip der in Deutschland üblichen Ertragswertmethode. Beide Verfahren unterscheiden sich allerdings in der Ermittlung des Kalkulationszinsfußes.[57] Während die Ermittlung der risikoäquivalenten Renditeforderung der Eigenkapitalgeber beim Equity-Ansatz mithilfe kapitalmarkttheoretischer Verfahren (wie z.B. dem CAPM) erfolgt, wird bei der Ertragswertmethode der Kalkulationszinsfuß aus der Rendite der besten Alternativanlage eines individuellen Anteilseigners abgeleitet.[58] Bei gleichen Bewertungsannahmen bzw. –vereinfachungen, insbesondere hinsichtlich der Finanzierung, führen beide Verfahren jedoch zu gleichen Unternehmenswerten.[59]
Als bewertungsrelevante Überschüsse werden bei den Varianten der DCF-Verfahren, welche auf dem Prinzip der Bruttokapitalisierung beruhen, die Cashflows des zu bewertenden Unternehmens an seine Eigentümer und Fremdkapitalgeber diskontiert.[60] Die zu diskontierenden Cashflows stellen hierbei Erwartungswerte der in künftigen Perioden erwarteten Zahlungsüberschüsse dar.[61] Das Ausmaß dieser Zahlungen hängt wiederum von der Fähigkeit des Unternehmens ab, Einzahlungsüberschüsse zu erwirtschaften.[62] Aus diesem Grund ist der Ausgangspunkt aller hier vorgestellten Varianten des DCF-Verfahrens die vom bewerteten Unternehmen erwirtschafteten operativen Einzahlungsüberschüsse.[63] Diese operativen Einzahlungsüberschüsse lassen sich sowohl direkt als auch indirekt ermitteln. Bei Anwendung der direkten Methode wird der Cashflow als Differenz der zahlungswirksamen Erträge und der zahlungswirksamen Aufwendungen bestimmt.
Ausgangspunkt der indirekten Methode ist dagegen das in der Plan-GuV ausgewiesene Jahresergebnis. Das Jahresergebnis ist hier anschließend um alle nicht zahlungswirksamen Aufwendungen (die den Jahreserfolg vermindert haben) zu erhöhen bzw. um alle nicht zahlungswirksamen Erträge (die den Jahreserfolg erhöht haben) zu vermindern. Dieses Vorgehen wird als indirekte Methode bezeichnet, da der Cashflow über die zahlungsunwirksamen Vorgänge und nicht, wie bei der direkten Methode, über die zahlungswirksamen Vorgänge ermittelt wird.[64]
Die direkte Ermittlung der Cashflows hat grundsätzlich eine größere Aussagekraft, da die Entstehung der Zahlungsströme besser abgelesen werden kann. Dennoch ist in der Praxis, trotz der Überlegenheit der direkten Methode, die indirekte Methode am weitesten verbreitet. Dies gilt sowohl für intern erstellte, als auch für die in den Geschäftsberichten veröffentlichten Cashflow-Rechnungen. Da ohne die Veröffentlichung direkt ermittelter Cashflows bei einer externen Unternehmensanalyse immer auf die indirekte Methode zurückgegriffen werden muss, wird im Folgenden nur die Cashflow-Ermittlung am Beispiel der indirekten Methode für die zuvor vorgestellten DCF-Verfahren dargestellt.[65]
Beim WACC-Ansatz wird der Marktwert des Gesamtkapitals ermittelt, indem die periodenspezifischen Free Cashflows mit den gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten diskontiert werden. Dabei entsprechen die Free Cashflows bei diesem Verfahren denjenigen Einzahlungsüberschüssen aus dem operativen Bereich des zu bewertenden Unternehmens, die unter der Annahme einer vollständigen Eigenfinanzierung resultieren.[66] In Anlehnung an Casey kann die Ermittlung des Free Cashflow folgendermaßen erfolgen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5 : Free Cashflow-Ermittlung (Quelle: in Anlehnung an Casey, Unternehmensbewertung, 2004, S. 144)
Auch der Total Cashflow-Ansatz (TCF-Ansatz) basiert, wie der WACC-Ansatz, auf dem Verfahren der Bruttokapitalisierung. Allerdings unterscheidet sich der TCF-Ansatz vom WACC-Ansatz hinsichtlich der Behandlung der Unternehmenssteuerersparnis einer anteiligen Fremdfinanzierung (Tax-Shield). Wird beim WACC-Ansatz das Tax-Shield bei der Ermittlung der gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten berücksichtig, erfolgt dies beim TCF-Verfahren bei der Ermittlung der Cashflows.[67] Der TCF ist damit genau um die Steuerersparnis aus der Fremdfinanzierung höher als der FCF.[68] Aufbauend auf dem WACC-Ansatz[69] erfolgt die Cashflow-Ermittlung beim Total Cashflow-Ansatz wie folgt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6 : Total Cashflow-Ermittlung (Quelle: in Anlehnung an Casey, Unternehmensbewertung, 2004, S. 144)
[...]
[1] Vgl. Goldman Sachs, BRICs-Bibliothek (http://www.goldman-sachs.de/brics/world/default/nav_id,204/ abgerufen am 30.10.2007)
[2] Vgl. KPMG, Emerging Markets (http://www.kpmg.de/topics/em/14982.htm abgerufen am 30.10.2007)
[3] Vgl. UNCTAD, World Investment Report, 2007, S. 2.
[4] Vgl. Sabal, Financial Decisions, 2002, S. XIII.
[5] [5] Vgl. Pereiro, Valuation in Emerging Markets, 2002, S. 1.
[6] Vgl. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, 1997, S. 6 f; s.a. Seppelfricke, Aktien- und Unternehmensbewertung, 2003, S. 4.
[7] Vgl. Matschke/Brösel, Unternehmensbewertung, 2007, S. 18 f.
[8] Vgl. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, 1997, S. 7 f.
[9] Vgl. Seppelfricke, Aktien- und Unternehmensbewertung, 2003, S. 4.
[10] Die Entwicklung der funktionalen Unternehmensbewertung, auch „Kölner Funktionenlehre“ genannt, geht u.a. auf maßgebliche Arbeiten von Busse von Colbe, Engels, Jaensch, Matschke, Müstermann sowie Sieben zurück.
[11] Vgl. Matschke/Brösel, Unternehmensbewertung, 2007, S. 22 f.
[12] Vgl. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, 1997, S. 9.
[13] Vgl. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, 1997, S. 10 f; s.a. Seppelfricke, Aktien- und Unternehmensbewertung, 2003, S. 4 f.
[14] Vgl. Peemöller, Grundlagen der Unternehmensbewertung, 2005, S. 29.
[15] Vgl. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, 1997, S. 12 f.
[16] Vgl. Matschke/Brösel, Unternehmensbewertung, 2007, S. 84 ff; s.a. Schultze, Methoden der Unternehmensbewertung, 2003, S. 5 f.
[17] Vgl. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, 1997, S. 15 f.
[18] Vgl. Peemöller, Grundlagen der Unternehmensbewertung, 2005, S. 30; s.a. IDW S 1 (Stand: 18.10.2005), Tz. 12.
[19] Vgl. Matschke/Brösel, Unternehmensbewertung, 2007, S. 23 f.
[20] Vgl. hierzu Abschnitt 2.1.
[21] Vgl. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, 1997, S. 28 f.
[22] Vgl. Schultze, Methoden der Unternehmensbewertung, 2003, S. 71 f.
[23] Vgl. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, 1997, S. 30.
[24] Vgl. Mandl/Rabel, Methoden der Unternehmensbewertung, 2005, S. 74 f.
[25] Vgl. Seppelfricke, Aktien- und Unternehmensbewertung, 2003, S. 15 f.
[26] Vgl. IDW S 1 (Stand: 28.06.2000), Tz. 144.
[27] Vgl. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, 1997, S. 42 f.
[28] Vgl. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, 1997, S. 46.
[29] Vgl. Schultze, Methoden der Unternehmensbewertung, 2003, S. 151 f.
[30] Vgl. Sieben/Maltry, Substanzwertverfahren, 2005, S. 386; s.a. IDW S 1 (Stand 28.06.2000), Tz. 172.
[31] Vgl. Schultze, Methoden der Unternehmensbewertung, 2003, S. 150 f; s.a. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, 1997, S. 47 f.
[32] Vgl. Piltz, Unternehmensbewertung in der Rechtssprechung, 1994, S. 31; s.a. IDW S 1 (Stand: 18.10.2005), Tz. 150.
[33] Vgl. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, 1997, S. 50.
[34] Vgl. Born, Unternehmensanalyse und –bewertung, 2003, S. 26 ff.
[35] Vgl. Schultze, Methoden der Unternehmensbewertung, 2003, S. 183.
[36] Vgl. Obermaier, Basiszinssatz, 2006, S. 472.
[37] Vgl. IDW S 1 (Stand: 18.10.2005), Tz. 134.
[38] Vgl. Baetge/Niemeyer/Kümmel, DCF-Verfahren, 2005, S. 269 f.
[39] Vgl. Baetge/Niemeyer/Kümmel, DCF-Verfahren, 2005, S. 271.
[40] Vgl. Seppelfricke, Aktien- und Unternehmensbewertung, 2003, S. 26.
[41] Vgl. Baetge/Niemeyer/Kümmel, DCF-Verfahren, 2005, S. 272 f.
[42] Vgl. Baetge/Niemeyer/Kümmel, DCF-Verfahren, 2005, S. 272 f.
[43] Vgl. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, 1997, S. 38 f und 322 f.
[44] Vgl. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, 1997, S. 365 f.
[45] Vgl. Seppelfricke, Aktien- und Unternehmensbewertung, 2003, S. 28.
[46] Vgl. Baetge/Niemeyer/Kümmel, DCF-Verfahren, 2005, S. 274 f.
[47] Vgl. Seppelfricke, Aktien- und Unternehmensbewertung, 2003, S. 29.
[48] Vgl. IDW S 1 (Stand: 18.10.2005), Tz. 146.
[49] Vgl. Baetge/Niemeyer/Kümmel, DCF-Verfahren, 2005, S. 275.
[50] Vgl. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, 1997, S. 373.
[51] Vgl. Baetge/Niemeyer/Kümmel, DCF-Verfahren, 2005, S. 275.
[52] Vgl. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, 1997, S. 374.
[53] Vgl. Baetge/Niemeyer/Kümmel, DCF-Verfahren, 2005, S. 276.
[54] Vgl. Matschke/Brösel, Unternehmensbewertung, 2007, S. 684.
[55] Vgl. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, 1997, S. 40 f.
[56] Vgl. Seppelfricke, Aktien- und Unternehmensbewertung, 2003, S. 30.
[57] Vgl. Baetge/Niemeyer/Kümmel, DCF-Verfahren, 2005, S. 276 f.
[58] Vgl. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, 1997, S. 131 f.
[59] Vgl. IDW S 1 (Stand: 28.06.2000), Tz. 106.
[60] Vgl. Baetge/Niemeyer/Kümmel, DCF-Verfahren, 2005, S. 278.
[61] Vgl. Ballwieser, DCF-Verfahren, 1998, S. 85.
[62] Vgl. IDW S 1 (Stand: 18.10.2005), Tz. 25.
[63] Vgl. Baetge/Niemeyer/Kümmel, DCF-Verfahren, 2005, S. 278.
[64] Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzanalyse, 2004, S. 130 f.
[65] Vgl. Seppelfricke, Aktien- und Unternehmensbewertung, 2003, S. 46.
[66] Vgl. Baetge/Niemeyer/Kümmel, DCF-Verfahren, 2005, S. 283 f.
[67] Vgl. Baetge/Niemeyer/Kümmel, DCF-Verfahren, 2005, S. 284 f.
[68] Vgl. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, 1997, S. 365.
[69] Vgl. hierzu Abschnitt 3.2.1.1.
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