Bachelorarbeit, 2017
63 Seiten, Note: 1,0
Abkürzungsverzeichnis IV
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis V
1 Einleitung 1
2 Demographischer Wandel 3
2.1 Begriffsklärung 3
2.2 Herausforderungen des Demographischen Wandels für die Arbeitswelt..5
2.3 Ausgewählte Erfolgsfaktoren um den Herausforderungen des Demographischen Wandels entgegenzuwirken 8
2.3.1 Erhaltung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter..8
2.3.2 Flexible Arbeitszeitmodelle 12
2.3.3 Der Nutzen von Altersgemischten Teams 14
3 Ergonomie 15
3.1 Begriffsklärung in Bezug auf die Ausarbeitung 16
3.2 Ziele der Ergonomie 17
3.3 Herausforderungen in Verbindung zum Demographischen Wandel in der Arbeitswelt 17
4 Grundlagen zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement 18
4.1 Entwicklung des Gesundheitsverständnisses 19
4.2 Anfänge der Betrieblichen Gesundheitsförderung 21
4.3 Betriebliche Gesundheitsförderung versus Betriebliches Gesundheitsmanagement 23
4.4 Bedeutung des Betrieblichen Gesundheitsmanagements 24
4.4.1 Ausgewählte Faktoren für ein erfolgreiches Betriebliches Gesundheitsmanagement 25
4.4.2 Demographischer Wandel als zentraler Punkt der Herausforderung 29
4.5 Ausgewählte Instrumente zur Bewältigung der Herausforderung des Demographischen Wandels 30
4.5.1 Aktive Betriebliche Gesundheitsförderung 31
4.5.2 Generationengerechtes Führen 32
4.5.3 Eigenverantwortung der Mitarbeiter stärken 33
5 Zwischenfazit und Schlussfolgerungen 34
6 Praxisbeispiel anhand einer Schulung der XX AG in XY 36
6.1 Vorstellung des Unternehmensstandorts in XY 36
6.2 Schulungskonzept „(Arbeits-) Alltag Demographie, Ergonomie und Gesundheit 37
6.2.1 Zielsetzung und Motivation der Schulung 37
6.2.2 Umsetzung des Schulungskonzeptes 39
6.2.3 Ausblick für den Unternehmensstandort XY 42
6.3 Gegenüberstellung der theoretischen Grundlagen und deren Umsetzung im Praxisbeispiel 44
7 Schlussbetrachtung 47
Literaturverzeichnis 50
Anhang I: Teilnehmerrückmeldebogen 57
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Bevölkerungspyramide von 2013 und prognostiziert für das Jahr 2060 .
Abb. 2: Erwerbstätige in Deutschland nach Alter - 1999 bis 2016, eigene Darstellung in Anlehnung an Daten des Statistischen Bundesamtes
Abb. 3: Das Haus der Arbeitsfähigkeit
Abb. 4: Argumente und Vorteile von flexibler Arbeitszeitgestaltung 1
Abb. 5: Gesundheit als Bewältigung von inneren und äußeren Einflüssen
Abb. 6: PDCA-Zyklus nach Demming
Abb. 7: Auswertung der Teilnehmerrückmeldebögen, Eigene Darstellung in Anlehnung an interne Daten der XX AG
Die zugrundeliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema des Demographischen Wandels (DW)1 im Kontext zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM)2 . Auch der Ergonomie als wichtiges Instrument zur Gesundheitserhaltung einer Belegschaft kommt dabei eine nicht zu vernachlässigende Rolle zu. Der DW wird in vielen Bereichen der Gesellschaft immer wieder thematisiert. Viele haben bereits von ihm gehört, aber haben sich nicht intensiv mit dem Thema beschäftigt.3 Es ist allerdings wichtig, zu wissen, welche Veränderungen er mit sich bringt, welche Probleme er verursacht und wie diesen als Arbeitgeber entgegengewirkt werden kann.
Der Mensch altert nicht alleine, sondern als Gesellschaft. Insofern altert auch die Belegschaft der Unternehmen. Aufgrund der veränderten demographischen Entwicklung und seiner Folgen, sollte dieses Thema stärker in das strategische Handeln der Unternehmen rücken, da sich viele, insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen, bisher oft nur gering mit dem Thema beschäftigt haben.4 Wie noch gezeigt wird, werden in Zukunft immer weniger junge Leute dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Damit gewinnt das Humankapital immer stärker an Bedeutung, so dass die Unternehmen dem DW Rechnung tragen müssen, um am Markt auch in Zukunft erfolgreich zu sein.5
Das Ziel dieser Arbeit ist es, das Thema DW im Kontext zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement zu diskutieren und aufzuzeigen, welche Wechselwirkungen mit dem BGM und der Ergonomie für die Mitarbeiter6 (dem Humankapital der Unternehmen) einhergehen. Des Weiteren wird anhand eines Praxisbeispiels deutlich gemacht, was die XX AG in XY bereits heute praktiziert, um den Auswirkungen des DW entgegenzuwirken und ihrer Belegschaft langfristig beiseite zu stehen. Die ausgewählten theoretischen Grundlagen wurden, im Hinblick auf das in der Ausarbeitung folgende Praxisbeispiel, bewusst zusammengestellt, um für ein besseres Verständnis der vorliegenden Arbeit zu sorgen.
Es soll aufgezeigt werden, dass es für ein Unternehmen wichtig ist, diese Themen aktiv aufzugreifen und die gewonnenen Erkenntnisse und Strategien an die Mitarbeiter weiterzugeben. Die Arbeit beginnt mit einem Überblick zum Themengebiet des DW. Darin wird zunächst erklärt, was der DW bedeutet, und wie sich Deutschland aus demographischer Sicht entwickelt hat, wobei der Fokus auf den Auswirkungen für die Arbeitswelt liegt. Daraus werden dann einige Herausforderungen abgeleitet. Anschließend sollen dann ausgewählte Instrumente aus der Literatur erörtert werden.
Weiterführend werden einige Grundlagen zum Fachbereich Ergonomie erklärt. Es werden sowohl Ziele als auch Aufgaben der Ergonomie im Betrieb erläutert. Im Zusammenhang von Ergonomie und dem DW werden nachfolgend einige sich daraus für die Unternehmen ergebende Aufgabenstellungen genannt.
Darauf folgt ein Kapitel, welches sich mit den Grundlagen des BGM auseinandersetzt. Es wird erläutert, wie sich das heutige Gesundheitsverständnis entwickelt hat und wie die Betriebliche Gesundheitsförderung entstehen konnte. Nachfolgend wird die Bedeutung von BGM geklärt. Im Anschluss wird beschrieben, welche ausgewählten Faktoren für ein erfolgreiches BGM notwendig sind. Des Weiteren wird diskutiert, in welcher Wechselwirkung der DW zum BGM steht. Dementsprechend sollen im nächsten Abschnitt einige ausgewählte Instrumente erläutert werden, welche dem BGM helfen, den DW zu bewältigen.
Darauffolgend werden in einem Zwischenfazit die bisherigen Fakten zusammengefasst dargestellt. Es soll deutlich werden, wie wichtig es ist sich mit den theoretischen Grundlagen auseinander zu setzen, und dass es von hoher Bedeutung ist, wenn Unternehmen dieses Wissen an ihre Mitarbeiter vermitteln. Die Wichtigkeit der Einbindung der Mitarbeiter in diesen Prozess wird in Kapitel 4.5.3, mit dem Fokus auf deren Eigenverantwortung, diskutiert.
Anhand eines Praxisbeispiels wird anschließend vorgestellt, wie ein Unternehmen versucht, seinen Mitarbeitern die bereits erläuterten Herausforderungen des DW im Kontext zum BGM und der Ergonomie zu vermitteln. Hierfür wird das Schulungskonzept „(Arbeits-) Alltag- Demographie, Ergonomie und Gesundheit“ der XX AG am Standort XY herangezogen. Es werden sowohl Zielsetzung als auch Umsetzung der Schulung aufgezeigt. Anschließend wird ein Ausblick für den Standort XY im Zusammenhang mit der Thematik des Schulungskonzeptes erläutert. Weiterführend werden Ergebnisse präsentiert, welche von den die Schulung durchführenden Fachabteilungen des Unternehmens zur Verfügung gestellt wurden. Diese wurden aus der Auswertung eines Fragebogens gewonnen, in dem die Erfahrungen der Schulungsteilnehmer erhoben wurden. Im Anschluss daran erfolgt eine Gegenüberstellung der theoretischen Grundlagen und deren Umsetzung im Praxisbeispiel. Abschließend werden die wichtigsten Inhalte dieser Arbeit in einer Schlussbetrachtung dargestellt.
In diesem Abschnitt wird ein genereller Überblick zum Thema der Veränderung der deutschen Bevölkerung gegeben.
Der DW als solcher bedeutet eine Veränderung des Status Quo in der Altersstruktur der Gesellschaft. Das heißt, dass die Gesamtbevölkerung
schrumpft und die Gesellschaft im Durchschnitt älter wird.7 So entsprach die Bevölkerungsstruktur Anfang des 20. Jahrhunderts einer Pyramide mit vielen Kindern, relativ vielen jungen und wenigen älteren Menschen. Heutzutage ähnelt die Struktur eher einer russischen Puppe (Mat- rjoschka) bei der die Anzahl der Personen zwischen 40 und 60 den größten Anteil einnimmt.8 (siehe Abb. 1, linke Hälfte)
Aus der Hochrechnung für das Jahr 2060 ist ersichtlich, dass die Anzahl der älteren Menschen deutlich ansteigen und die Anzahl junger Menschen rapide sinken wird. So hat das Statistische Bundesamt eine Hochrechnung veröffentlicht, wonach die Anzahl der Menschen ab 65 Jahren im Jahr 2013 noch 17 Millionen betrug. Diese Zahl soll im Jahr 2060 bereits ca. 23 Millionen betragen, was ein Anstieg von 35 Prozent bedeutet. Bei einem gleichzeitigen Rückgang der jungen Bevölkerung unter 40 Jahren wird so die Gesamtbevölkerung abnehmen.9
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Bevölkerungspyramide von 2013 und prognostiziert für das Jahr 206010 Diese Zusammenhänge werden nun detaillierter erläutert. Im Grunde wird die Struktur der Gesellschaft durch direkte und indirekte Faktoren beeinflusst und geformt. Zwei bedeutende Faktoren sind zum Beispiel die Mortalität, also die Sterblichkeitsrate, und die Fertilität, also die Fruchtbarkeitsrate, der durchschnittlichen Frau. Hinzu kommen noch Faktoren wie Migration, Auswanderung etc. Das Gesamtbild der Bevölkerung wird von allen Faktoren gemeinsam geprägt.11
So spielen z.B. auch die immer besser werdenden Lebensbedingungen, wie Fortschritte in der Medizin und die Prävention, eine Rolle. Es ist daher zu erwarten, dass die durchschnittliche Lebenserwartung steigt und so die Sterblichkeitsrate abnimmt.12 Die Zuwanderungen halten diesen Trend der schrumpfenden Bevölkerung zwar etwas auf, aber langfristig wird die Gesamtbevölkerung abnehmen, da eine geringere Anzahl junger Frauen zu einer niedrigen Fertilitätsrate führen wird.13 14
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Zahl der Erwerbstätigen ab 65 Jahren stieg in der Zeit von 1999 bis 2016 um fast 270 Prozent an, wohingegen die Zahl der unter 40-Jährigen in der Regel abgenommen hat.15 Dieses bleibt weder für Arbeitgeber noch für Arbeitnehmer ohne Folgen. Da die Zahl der nachrückenden Erwerbstätigen, also jener, die unter 40 Jahren alt sind, stetig abnimmt (siehe Abb. 2), müssen sich Unternehmen dafür einsetzen, dass ihre Arbeitskräfte solange wie möglich im Unternehmen verbleiben.
Durch die Einführung des gesetzlichen Renteneintrittes mit 67 Jahren kann der Abwärtstrend kurzfristig gebremst werden, da die Arbeitnehmer gesetzlich verpflichtet sind, länger zu arbeiten. Sobald allerdings die Babyboomer-Generation (geboren in den 60er Jahren) in Rente geht, wird der Abwärtstrend schneller voranschreiten, da diese Generation die geburtenstärkste war. Um die Leistungsfähigkeit der Belegschaft zu erhalten, bemühen sich die Unternehmen z.B. um gesundheitserhaltende Arbeitsplätze, die dem Alter angemessen sind.16
Die älteren Mitarbeiter besitzen einen umfassenden Erfahrungsschatz, welchen die Arbeitgeber aufgrund verfrühter Verrentung nicht verlieren möchten.17 Des Weiteren müssen Arbeitgeber versuchen, junge Talente zu gewinnen und ältere Fachkräfte im Unternehmen zu halten, damit ein Bestehen am Markt gesichert ist. Zudem ist es für Unternehmen wichtig, sich verstärkt auch auf ältere Bewerber einzustellen, da diese infolge der beschriebenen Gründe, vermehrt auf dem Arbeitsmarkt vertreten sein werden. Durch das Fehlen junger Fachkräfte werden die älteren Bewerber somit attraktiver für die Unternehmen.18 Aufgrund der verlängerten Lebensarbeitszeit müssen sich die Arbeitgeber darauf einstellen, die Arbeitsfähigkeit verschiedener Generationen zu erhalten und zu fördern.19
Zudem wird das Potenzial der älteren Arbeitnehmer häufig unterschätzt, da das vorherrschende Altersbild einen bestimmten Stereotyp beschreibt. Dieser Stereotyp besagt, dass das Altern mit einem Rückgang der mentalen und körperlichen Fähigkeiten einhergeht.20 Aktuelle Forschungsergebnisse besagen jedoch, dass dieses Altersbild nicht zutrifft, da die heutigen 60-Jährigen im Durchschnitt wesentlich leistungsfähiger sind als noch vor wenigen Jahrzehnten.21 Damit ist es eine Aufgabe der Unternehmen ihre Belegschaft aufzuklären und veraltete Altersbilder zu überarbeiten.22
Was die Unternehmen in Zukunft erwarten wird, ist eine Belegschaft mit einem tendenziell hohen Altersdurchschnitt, einer abnehmenden Anzahl junger Fachkräfte und Bewerber sowie ein hoher Rekrutierungsbedarf sobald die Babyboomer-Generation in Rente geht. Die Arbeitgeber müssen daher generationengerechtes Führen erlernen.23 Grundsätzlich lässt sich sagen, dass Unternehmen mit einer Vielzahl von Auswirkungen durch den DW konfrontiert werden.
Zusätzlich zu den Herausforderungen, die dem DW entwachsen, ist es ebenfalls wichtig, die Wechselwirkung zu anderen Bereichen wie der Ergonomie und dem BGM zu betrachten. Einige Herausforderungen des DW sind eng mit diesen Bereichen verknüpft, wie etwa die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit oder die Anpassung der Arbeitsplätze im Zuge der generationengerechten Führung. Eine ausführlichere Erläuterung hierzu folgt in den Kapiteln drei (Ergonomie) und vier (Grundlagen BGM).
Im Zuge der in Kapitel 2.2 genannten Herausforderungen für die Arbeitswelt werden nachfolgend einige ausgewählte Instrumente vorgestellt, um diesen Herausforderungen entgegenzuwirken.
Wie in Kapitel 2.2 beschrieben, wurde der Eintritt in das Rentenalter durch gesetzliche Regelungen auf 67 Jahre heraufgesetzt. Das hat zur Folge, dass Arbeitnehmer länger im Betrieb verbleiben. Damit der Arbeitgeber möglichst lange von der Produktivität seiner Mitarbeiter profitiert, versucht dieser, die Gesundheit und Leistungsfähigkeit seiner Mitarbeiter aktiv zu fördern und zu erhalten.24
Es hat sich gezeigt, dass Mitarbeiter, deren Gesundheit und Motivation individuell gefördert werden, produktiver sind und länger an ein Unternehmen gebunden werden können.25 Um sowohl den Arbeitnehmern als auch dem Management zu verdeutlichen, wie die Leistungsfähigkeit des Individuums erhalten werden kann, wird das Haus der Arbeitsfähigkeit nach Ilmarinen (siehe Abb. 3) verwendet.26 In diesem Zusammenhang bedeutet „Arbeitsfähigkeit“, welche Fähigkeiten ein Mitarbeiter zu einem bestimmten Zeitpunkt einsetzt, um seine Arbeit zu bewältigen.27 Zu beachten ist dabei, dass die Arbeitsfähigkeit von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird und es von hoher Bedeutung ist, alle Faktoren gleichermaßen zu berücksichtigen.28 Die Faktoren teilen sich in der Betrach- tung dabei in persönliche Ressourcen (körperliche, mentale, soziale Fähigkeiten, Gesundheit, Kompetenz, Werte) sowie Anforderungen von außerhalb (Arbeitsinhalt, Arbeitsorganisation, Arbeitsumfeld, Führung).29
Das Haus der Arbeitsfähigkeit besteht aus vier Stockwerken. Das unterste Stockwerk bildet das Fundament des Hauses und ist unerlässlich zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit. Sollte sich die Gesundheit oder die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter verändern, sind die Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit unmittelbar spürbar. Gleichermaßen können aber auch gezielt Fördermaßnahmen eingeführt werden, um die Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu verbessern, falls es zu einer Verschlechterung kommen sollte.30 So können etwa altersbedingte Einbußen der Leistungsfähigkeit gezielt durch verhaltens- und verhältnispräventive Maßnahmen ausgeglichen werden.31
Das zweite Stockwerk legt seinen Schwerpunkt auf die Kompetenz des Mitarbeiters. Das bedeutet, die Fähigkeiten und das Wissen, welches der Mitarbeiter im Laufe seines Arbeitslebens erwirbt, haben einen erheblichen Einfluss auf die Produktivität und die Arbeitsqualität und können die Arbeitsfähigkeit bei negativen Störungen einschränken.32 Langfristig bedeutet eine Beeinträchtigung der Kompetenz eine Verschärfung des Risikos zu erkranken oder sich zu verletzen.33 Aufgrund dessen sollten Kompetenzen der Mitarbeiter regelmäßig überprüft werden, ob sie den Anforderungen der zu erfüllenden Arbeit noch gerecht werden, oder ob eine Anpassung der Arbeitsinhalte erfolgen muss.34
Im dritten Stockwerk sind die Werte, Einstellungen und die Motivation der Mitarbeiter angesiedelt. Sie bilden das Fundament für den Mitarbeiter, wie dieser mit Krisen, Problemen und Herausforderungen umgeht.35 Den größten Stellenwert nimmt das vierte Stockwerk ein. Dieses beschäftigt sich mit Themen wie Arbeitsinhalte, Arbeitsumgebung und der Führung. Diese Faktoren können aufgrund ihrer Wichtigkeit alle anderen Stockwerke beeinflussen.36 So hat die Führung einen besonderen Status. Die Führungskräfte haben Einfluss auf die Gestaltung der Arbeitsabläufe, die Arbeitsumgebung, die Ergonomie am Arbeitsplatz und das Betriebs- klima.37 Daher ist es besonders wichtig, dass die Führungskräfte sich mit allen Handlungsfeldern angemessen auseinandersetzen und sich vor allem auch mit einer offenen Haltung dem Thema ältere Mitarbeiter widmen. Denn nur wenn das Management sich mit den Themen Altern, Leistungsfähigkeit und Gesundheit im Zusammenhang mit älteren Mitarbeitern beschäftigt, kann die Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiter gesteigert wer- den.38 39
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Das Haus der Arbeitsfähigkeit[39]
Weitere Faktoren, welche die Arbeitsfähigkeit beeinflussen, wie Familie, persönliches Umfeld und regionale Umgebung, können einen negativen oder positiven Einfluss nehmen, wobei die Unternehmen hierauf nur bedingt einwirken können.40 Das Haus der Arbeitsfähigkeit ist ein mehrdimensionales Konzept, welches den Mitarbeiter erst durch die Berücksichtigung aller Faktoren zu guten Leistungen befähigen wird.41
Grundsätzlich ist es jedoch wichtig, nicht nur die Verhältnisprävention zu fördern, die sich mit der Gestaltung der äußeren Rahmenbedingungen befasst. Das Ziel muss ein ganzheitlicher Ansatz sein, welcher verhaltens- und verhältnispräventive Maßnahmen gleichermaßen fördert.42 Die Arbeitsfähigkeit als solche verändert sich im Laufe des Erwerbslebens immer wieder und ist als dynamischer Prozess zu verstehen, der fortwährend betreut werden muss.43
Grundsätzlich stellt das Haus der Arbeitsfähigkeit ein Instrument dar, welches den Unternehmen exakt vorgibt, welche Stellschrauben (Gesundheit, Fähigkeiten und Kompetenzen, Werte und Motivation, sowie Führung und Arbeitsumgebung) bewegt werden müssen, um die Arbeitsfähigkeit ihrer Belegschaft zu erhalten.44 Das Haus der Arbeitsfähigkeit ist eine Möglichkeit, um mit einer immer älter werdenden Belegschaft leistungsfähig und produktiv zu bleiben.45 Zugleich können hiermit neue Maßnahmen entwickelt werden, um Fachkräfte zu binden und um für Bewerber attraktiver zu werden.46 Bei der Betrachtung des Modells wird die Wichtigkeit von dem BGM und der Ergonomie erkennbar, da sie sich in den Ebenen Gesundheit und Arbeit wiederfinden und gleichermaßen Einfluss nehmen. Eine nähere Erklärung, wie die Ergonomie und das BGM Einfluss nehmen, folgt in den Kapiteln drei und vier.
Die bereits erwähnte demographische Entwicklung stellt neue Anforderungen an den Erhalt der Arbeitsfähigkeit vieler Beschäftigter. Die Menschen müssen länger im Unternehmen verbleiben und wie bereits in Kapitel 2.3.1 beschrieben ist es sehr wichtig die Gesundheit und Leistungsfähigkeit so gut es geht zu erhalten. Eine weitere Vorgehensweise ist die Einführung von flexiblen Arbeitszeitmodellen und eine Abkehr von starren Zeitmodellen, sofern es für die entsprechenden Arbeitsplätze umsetzbar ist.47 Die Einführung von Arbeitszeitmodellen, die der jeweiligen Generation entsprechen, würden die Zufriedenheit des Mitarbeiters fördern und ihn längerfristig an das Unternehmen binden.48 Aufgrund der verschiedenen Generationen und deren unterschiedlichen Ansprüchen gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, ein entsprechendes lebensphasenorientiertes Arbeitszeitmodell zu gestalten. Allerdings sind die Möglichkeiten der freien Gestaltung in Form des Arbeitszeitgesetzes und von tariflichen Regelungen eingegrenzt. Aus Sicht der Arbeitgeber und Arbeitnehmer gibt es konkrete Argumente und Vorteile, welche für die Einführung von lebensphasenorientierten Arbeitszeitmodellen sprechen. (siehe Abb. 4)49
Das Unternehmen kann beispielsweise Konjunkturschwankungen ausgleichen und Betriebszeiten flexibel anpassen, wohingegen der Arbeitnehmer über eine gewisse Zeitautonomie im Rahmen seiner festgelegten Wochenarbeitszeit verfügt. Es gibt je nach Vereinbarung diverse Arbeitskonten, die unterschiedlich funktionieren. So können zum Beispiel Kurzzeitkonten innerhalb eines Jahres die abzuleistende mit der abgeleisteten Arbeit verrechnen. Beim Langzeitkonto werden über einen langen Zeitraum Stunden gesammelt, welche dann in Form von selbst ge- wählten Zeiträumen genutzt werden. Durch diese Arbeitszeitkonten werden die alten starren Zeitmuster durchbrochen und die Mitarbeiter wer-
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Abb. 4: Argumente und Vorteile von flexibler Arbeitszeitgestaltung50
den gefördert, da sie eine gewisse Zeitautonomie besitzen, die sie in ihrer momentanen Lebensarbeitsphase einsetzen können.51
Ein weiteres Konzept wäre die Umwandlung von Bonuszahlungen in Zeit. Dieses Instrument lässt sich anwenden, wenn die Belegschaft einen Bonus oder ein 13. Monatsgehalt bezieht. Der Arbeitgeber ist in der Lage den Bonus oder das 13. Monatsgehalt in ein Zeitguthaben umzuwandeln. So können Arbeitnehmer, bei denen das Geld nicht im Vordergrund steht, beispielsweise einen verlängerten Urlaub machen, eine Weiterbildung besuchen oder einfach nur Zeit Zuhause mit der Familie verbringen. Sollte der Grund für die Zeitumwandlung nicht mehr bestehen, hat der Arbeitnehmer immer noch die Möglichkeit, sich das Zeitguthaben wieder als Geldbetrag auszahlen zu lassen.52 So kann der Arbeitnehmer selbst entscheiden, was er in seiner aktuellen Lebensphase bevorzugen würde.
[...]
1 Im Folgenden wird Demographischer Wandel durch DW abgekürzt
2 Im Folgenden wird Betriebliches Gesundheitsmanagement durch BGM abgekürzt
3 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.) 2014, S.1
4 Vgl. Schirmer 2016, S.V
5 Vgl. Troger 2016, S.6-7, S.151
6 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in diesem Text auf die parallele Nennung der männlichen und weiblichen Sprachform verzichtet. In den Fällen, in denen ausschließlich die männliche Form verwendet wird, ist damit ausdrücklich auch die weibliche Form einbezogen.
7 Vgl. Nagel-Jachmann 2016, S. 1
8 Vgl. Ebd., S. 2
9 Vgl. Ebd.
10 Schirmer 2016, S. 3
11 Vgl. Brandenburg & Domschke 2007, S. 18
12 Vgl. Nagel-Jachmann 2016, S. 2
13 Vgl. Ebd.
14 Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.) 2017 (Internet)
15 Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.) 2017 (Internet)
16 Vgl. Nagel-Jachmann 2016, S.24
17 Vgl. Ebd., S. 2 - 4
18 Vgl. Esslinger/Braun 2007, S. 126
19 Vgl. Ilmarinen und Tempel 2001, S. 5 -7
20 Vgl. Nagel-Jachmann/Schirmer 2016, S. 11-12
21 Vgl. Ebd., S. 12
22 Vgl. Ebd.
23 Vgl. Nagel-Jachmann 2016, S. 4
24 Vgl. Esslinger/Emmert/Schöffski 2010, S. 5f.
25 Vgl. Deller/Kolb 2010, 423f.
26 Vgl. Rimbach 2013, S. 181
27 Vgl. Richter/Cernavin 2016, S. 83
28 Vgl. Ebd.
29 Vgl. Rimbach 2016, S. 181
30 Vgl. Ebd.
31 Vgl. Ebd.
32 Vgl. Ebd., S. 182
33 Vgl. Tempel/Geißler/Illmarinen 2012, S. 197f.
34 Vgl. Rimbach, S. 183
35 Vgl. Tempel/Geißler/Ilmarinen 2012, S. 200
36 Vgl. Rimbach 2016, S. 183
37 Vgl. Ebd.
38 Vgl. Ebd.
39 Rimbach, S.182
40 Vgl. Tempel/Geißler/Ilmarinen 2012, S. 200f.
41 Vgl. Hornung 2013, S. 15
42 Vgl. Prümper/Richenhagen 2011. S. 138 - 139
43 Vgl. Rimbach 2016, S. 181
44 Vgl. Nagel-Jachmann 2016, S. 10
45 Vgl. Rimbach 2016, S. 184f.
46 Vgl. Ebd., S. 20
47 Vgl. Kast et al. 2016, S.92f.
48 Vgl. Ebd., S.94
49 Vgl. Ebd., S.95
50 Kast et al. 2016, S. 95
51 Vgl. Kast et al. 2016, S.98f.
52 Vgl. Ebd., S. 99
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