Bachelorarbeit, 2021
53 Seiten, Note: 1,3
1 Einleitung
2 Begriffsbestimmungen
2.1 Definition Kind
2.2 Definition Pornografie
2.3 Was ist Kinderpornografie?
3 Allgemein
3.1 Wer sind die Täter?
3.2 Ursachen der Kinderpornografie
3.2.1 Pädophilie- Eine Art der Paraphilie
3.2.2 Pädosexualiät - die Abgrenzung zur Pädophilie
3.2.3 Die Kommerzialisierung und die Abenteuerlust
3.3 Hellfeld versus Dunkelfeld
3.3.1 Hellfeld - Kindesmissbrauch in der Mitte der Gesellschaft angekommen
3.3.2 Problematik Dunkelfeld
3.4 DieAuswertung
3.4.1 Von der COPINE-Skala zur SAP-Skala
3.4.2 National Centre for Missing & Exploited Children - NCMEC
3.4.3 Die Zentrale Auswertungs- und Sammelstelle „Kinderpornografie"
3.5 Der Ermittlungsvorgang und die Herausforderungen
4 Speziell
4.1 Kinderpornografie-nur ein Randbereich
4.1.1 Tatort „Odenwaldschule"
4.1.2 Wormser Prozesse - „Der Amoklauf der Staatsanwaltschaft"
4.2 Lügde - ins Visier der politischen Aufmerksamkeit
5 Auswirkungen auf die politische /polizeiliche Arbeit
5.1 Der Kampf gegen Kindesmissbrauch - dauerhaft Chefsache
5.2 Hoffnungsvolle dieZukunft
5.2.1 Änderungen im Strafgesetzbuch
5.2.2 Prävention und Qualifizierung der Justiz
5.2.3 Erfolgsversprechende Strafverfolgung
5.3 Prävention
5.3.1 Arten der Prävention
5.3.2 Präventionsansätze
5.3.3 Täterprävention
5.4 Zum SchutzederErmittler
6 Fazit
7 Quellen- undLiteraturverzeichnis
Eines der anspruchsvollsten und herausforderndsten Deliktfelder im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung. Täter mit hoher krimineller Energie, zum Teil gesteuert durch krankhaftes Verhalten. Medial immer zentraler in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Kombiniert mit hohen Freiheitsstrafen und Auferlegung von Geldstrafen. Sicherstellung von vielen Beweismitteln und besonders geprägt von großen Datenmengen. Orte wie Bergisch-Gladbach, Münster und Lügde und populäre Personen, wie der ehemalige deutsche Fußballnationalspieler Christoph Metzelder standen urplötzlich im Mittelpunkt. Besonders der Fall auf dem idyllischen Campingplatz in Lügde wurden mit großem Erschrecken der Bürger aufgenommen. Doch was ist der Grund dafür? Die Rede ist von der Kinderpornografie. Für viele nur ein Deliktfeld des aktuellen Jahrhunderts, welches den modernen Technologien geschuldet ist.
Diese wissenschaftliche Ausarbeitung befasst sich mit der Thematik der Kinderpornografie, welche sich vom Randbereich in das Zentrum der politischen Aufmerksamkeit gefestigt hat.
Zu Beginn der Ausarbeitung werden die Begriffsbestimmungen genannt und erläutert. Das Wort der Kinderpornografie wird nochmals in seine Einzelbausteine des Kindes und der Pornografie unterteilt, ehe erläutert wird, was unter dem Gesamtbegriff der „Kinderpornografie“ verstanden wird.
Im Anschluss ist die Bachelorarbeit in zwei Hauptteile unterteilt. Der allgemeine und der spezielle Teil. Zu Beginn des allgemeinen Teils stellt sich die Frage, wer sich hinter den Tätern im Rahmen von sexuellen Missbräuchen mit Körperkontakt befindet. Darauffolgend werden mögliche Ursachen der Kinderpornografie aufgegriffen. Häufig ist die Rede von pädophilen Tätern. Doch ist jeder Täter gleich pädophil? Die Verbreitung und Herstellung generiert den Tatverdächtigen jedoch auch eine hohe Einnahmequelle, sodass die Kommerzialisierung ebenfalls eine Ursache der Kinderpornografie bieten könnte.
Entscheidend hierzu ist auch der Direktvergleich zwischen dem sogenannten Hellfeld und dem Dunkelfeld. Im Bereich des Hellfeldes wird auf eine statistische Erfassung der Polizeilichen Kriminalstatistik aus dem Jahr 2019 zurückgegriffen. Das Hellfeld wird dem Dunkelfeld gegenübergestellt und mögliche Ursachen des großen Dunkelfeldes werden aufgegriffen und dem Leser sensibilisiert.
Beitragend zur Aufklärung der Missbrauchsfälle und des Handels mit kinderpornografischem Material ist die Auswertung. Diese hat ihren Ursprung größtenteils im amerikanischen Raum. Dort agierte man zunächst mit der sogenannten COPINE-Skala, die im Laufe seiner Zeit in eine moderne SAP-Skala umfunktioniert wurde. Die Zusammenarbeit der amerikanischen Organisationen und der deutschen Behörden, insbesondere dem Bundeskriminalamt, findet besonders ihren Schnittpunkt in der Auswertungsstelle der „National Centre for Missing & Exploited Children“ (NCMEC). Ausgewertet werden die übertragenen Informationen und Berichte in der Zentralen Auswertungsund Sammelstelle „Kinderpornografie“ des Landeskriminalamtes (LKA). Zum Abschluss des allgemeinen Teilbereiches der wissenschaftlichen Ausarbeitung wird der Ermittlungsvorgang, sowie die Herausforderungen der Ermittler beschrieben.
Der spezielle Teil beginnt mit der Kinderpornografie, welche als Randbereich betitelt wird und durch politische und polizeiliche, sowie in bürgerlicher Hinsicht wenig Aufmerksamkeit zugeteilt wird. Erste Missbrauchsfälle werden bekannt. Besondere Aufmerksamkeit wurde der Odenwaldschule bezüglich vorgeworfener sexueller Missbräuche durch den ehemaligen Schulleiter zugesprochen. Die Wormser-Prozesse gelten als einer der ersten Ermittlungsergebnisse im Bereich eines Kinderpornografie-Ringes. Erstmalig gerieten eine Vielzahl von Personen in den Fokus von Ermittlungsprozessen und erstmalig wurde das Deliktfeld der sexuellen Missbräuche und der Herstellung, sowie Verbreitung von Kinderpornografie medial mit hohem Interesse verfolgt.
Als der Wendepunkt in der heutigen Gesellschaft zählen die Missbrauchsvorfälle auf dem Campingplatz im nordrhein-westfälischen Lügde. Ein großer Prozess, bei dem es zu drei Verurteilungen kam. Dieser ist mit hohem politischen, aber auch medialem Interesse verfolgt worden. Die polizeiliche, sowie die behördliche Arbeit geriet stark in die Kritik, da sich gravierende Fehler durch den gesamten Ermittlungsprozess zogen. Beweismittel verschwanden, Ermittlungsakten und Berichte im Nachgang handschriftlich verfälscht. Es führte zu einigen Suspendierungen und Entlassungen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde den meisten Bürgern verständlich gemacht, dass der Kindesmissbrauch allgegenwärtiger ist, als jemals gedacht.
Die Aufklärung weiterer Kindesmissbräuche in großem Stile neben Lügde hatte sowohl Auswirkungen auf die politische, als auch polizeiliche Arbeit. Der Kampf gegen Kindesmissbrauch wurde von Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen -Herbert Reul- zur Chefsache erklärt und als Ziel im Innenministerium verankert. Letztendlich sind Änderungen im Strafgesetzbuch hinsichtlich der Verschärfung von Gesetzen verabschiedet worden. Zudem werden auf eine besondere Qualifizierung im Bereich der Prävention und der Justiz erforderlich. Den Ermittlern werden weitere Optionen im Bereich der Strafverfolgung eingeräumt.
Die Präventionsarbeit wird im Allgemeinen erklärt. Der Fokus hierbei liegt sowohl auf der Opfer-, als auch auf der der Täterprävention und bietet weitere Präventionsansätze.
Basierend auf der wissenschaftlichen Ausarbeitung wird im Fazit die Stellungnahme hinsichtlich des Themenschwerpunktes kritisch analysiert und eine Prognose abgegeben, wie die Entwicklung der Kinderpornografie aussehen könnte.
Der Begriff der Kinderpornografie setzt sich aus den Begriffen des Kindes und der Pornografie zusammen. Im Bereich der Begriffsbestimmungen werden die Begriffe erläutert, um ein Verständnis darüber zu geben, wann die Begriffsbestimmung der Kinderpornografie zum Tragen kommt und was sich davon abgrenzt.
Eine gesetzliche Definition des Wortes „Kind“ gibt es nicht. Als Kind wird bezeichnet, wer noch keine 14 Jahre alt ist (anwalt24.de, o. J.).
Kinder sind nicht in der Lage, Situationen adäquat einzuschätzen und deren Folgen und mögliche Gefahren abzuwägen. Sie sind Erwachsenen in diesem Sinne unterlegen und darauf angewiesen, von ihnen geschützt zu werden. Kinder können den sexuellen Handlungen mit Erwachsenen nicht einwilligen, beziehungsweise kann man einer scheinbaren Einwilligung keine Bedeutung beimessen (Zentrum für Human- und Gesundheitswissenschaften, 2020a).
Ursprünglich stammt der Begriff aus dem Altgriechischen und setzt sich aus den Wörtern „pornos“ (Hurer) und graphe (Schrift) zusammen. Dies bedeutet so viel wie „Texte über Huren“.
Eine allgemein anerkannte Definition der Pornografie hat der Gesetzgeber im Strafgesetzbuch nicht definiert. Nunmehr hat sich der Bundesgerichtshof mit einer juristischen Auffassung des pornografischen Begriffes auseinandergesetzt und es wie folgt deklariert:
„Als pornografisch ist eine Darstellung anzusehen, wenn sie unter Ausklammerung aller sonstigen menschlichen Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher, anreißerischer Weise in den Vordergrund rückt und ihre
Gesamttendenz ausschließlich oder überwiegend auf das lüsterne Interesse des Betrachters an sexuellen Dingen abzielt.“ (vgl. BGHSt 23,44; 37,55).
Die juristische Literatur und die Rechtsprechung sind sich einig, dass die alleinige Abbildung eines nackten menschlichen Körpers, des Geschlechtsverkehrs oder der Genitalien nicht ausreichend ist, um dieses als Pornografie betiteln zu können. Hier sind die wesentlichen Merkmale der Pornografie bedeutsam. Es müsste sich somit um einen unbekleideten Menschen handeln, welcher in einer bestimmten Stellung abgebildet wird, oder das Bild so gestaltet wird, dass die Geschlechtsorgane im Mittelpunkt stehen und der Körper nur sekundär zu betrachten ist (vgl. BGH 5 StR 153/78). Pornografisches Material kann sowohl als Text, Bilde, Film oder Tonaufzeichnung verkörpert werden (1 StR 485/13, NJW 2014, 1829).
Spricht man von Kinderpornografie, so handelt es sich um die fotorealistische Darstellung des sexuellen Missbrauchs einer Person unter 14 Jahren. Bei der Herstellung dieses Materials liegt ein realer -häufig auch schwerer- sexueller Missbrauch vor. Betroffene Kinder werden durch die leichte Zugriffsmöglichkeiten, wie zum Bespiel dem Internet, dauerhaft viktimisiert (Bundeskriminalamt, 2021).
„Im Kontakt mit Menschen, die pornografisch ausgebeutet wurden, wird immer wieder deutlich, dass durch die Existenz der Bilder diese Ausprägung sexueller Gewalt als lebenslanger, nicht endender Missbrauch bezeichnet werden muss.“ Carmen Kerger, Verein Dunkelziffer e. V. (vgl. Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen, 2021a).
Dem europäischem Recht zu Folge, ist die Kinderpornografie illegales pornografisches Material, welches Abbildungen von Personen mit kindlichen Erscheinungsbildern zeigt (echte Kinder oder realistisch als Kinder dargestellte Personen), welche aktiv oder passiv an einer sexuellen Handlung teilnehmen. Weiterhin zählt das Zuschaustellen der Genitalien oder des Schambereiches der Kinder dazu (Franke & Graf, 2016 S.88).
Es wird auch von Missbrauchshandlungen gesprochen, wenn ein Kind ohne Einsatz samt eigenem Körper zur Geltung kommt. Die gezielte Veranschaulichung von pornografischem Material oder das Fordern von sexuellen Handlungen an sich selbst und dieses eigenständig foto- oder videografisch festzuhalten (Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Missbrauchs, 2021).
Ohne den schleichend aufbauenden Druck oder der Intention des Täters (sexuelle Gewalt) ist die Produktion des Bild- oder Filmmaterials nicht möglich (Gallwitz & Paulus, 1998 S.13).
Aufgrund dessen, dass der Begriff „Kinderpornografie“ als verharmlosend kritisiert wird, wird dieser oft durch den alternativen Begriff „Missbrauchsabbildungen“ ersetzt. Die Veröffentlichung und Verbreitung finden weitestgehend über das Internet statt, da dieses eine leichte Verfügbarkeit bietet und es immer noch eine hohe Anonymität verspricht. Seit dieser Entwicklung hat die Anzahl kinderpornografischer Inhalte zugenommen. Kinderpornografie ist weiterhin ein profitabler Kriminalitätsbereich, bei dem die Täter durch die Herstellung geringe Kosten tragen, durch die Verbreitung jedoch viel Geld verdienen können. Nach Schätzungen liegt der jährliche Profit global gesehen bei etwa 3 - 20 Mrd. US-Dollar (Franke & Graf, 2016 88ff).
Aus strafrechtlicher Sicht gehört die Kinderpornografie zur qualifizierten Pornografie und unterliegt aus diesem Grund einem umfassenden Verbot, welches sich sowohl auf die Herstellung als auch die Verbreitung des Materials bezieht (Kuhnen, 2007, S.5).Doch nicht nur die Verbreitung von kinderpornografischem Material wird unter Strafe gestellt, sondern auch Konsumierende werden in die Mitverantwortung gezogen. Es herrscht das Prinzip des Angebots und der Nachfrage. Da das gesamte Deliktphänomen der organisierten Kriminalität zuzuordnen ist, spricht man häufig von „Kinderporno- grafie-Ringen“ spricht. Das kinderpornografische Material gilt dem Konsumierenden (Gallwitz & Paulus, 1998, S. 18).Das Bundeskriminalamt räumt daher der Bekämpfung der Kinderpornografie einen hohen Stellenwert ein (Bundeskriminalamt, 2018a, S. 2).Der Deliktbereich der Kinderpornografie lässt sich leicht von der sogenannten Jugendpornografie abgrenzen. Handelt es sich bei den Opfern zur Tatzeit um Personen, welche zwischen 14 und 17 Jahre alt sind, so spricht man von Jugendpornografie (BKA, 2021).
Pauschalisiert kann nicht gesagt werden, um welche Täter es sich handelt. Doch in einer Statistik des LKA lässt sich grafisch abzeichnen, um welche Tätertypen es sich statistisch handelt. Dabei liegen den Taten verschiedene Ursachen zugrunde. Nicht alle Delikte werden angezeigt und in dem sogenannten Hellfeld erfasst. Ein großer Teil der Straftaten bleibt daher unbekannt. Zudem ist es von großer Bedeutung, wie die Auswertungsmöglichkeiten stattfinden, um Erfolge des Ermittlungsverfahrens zu verbuchen und dem Wohl des Kindesschutzes nachzukommen.
Abbildung 1: „Kinderpornografie: Opfer und Opferschutz“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
https://polizei.nrw/artikel/kinderpornografie-opfer-und-opferschutz
Diese Abbildung wurde aus urheberrechtlichen Gründen von der Redaktion entfernt.
Quelle: (LKA, 2021)
Die oben aufgeführte Grafik beschreibt die prozentualen Angaben bereits ermittelter Täter aus vorangegangenen Missbrauchsfällen mit Körperkontakt. Hierbei sind Mehrfachnennungen möglich.
Im zentralen Aspekt steht hier das Opfer, somit die Kinder im Mittelpunkt. Die Tätergruppierungen ergeben sich aus der Familie, den Außenstehenden und den Personen aus dem näheren Umfeld. Betrachtet man hierbei den Bereich der Familie, so handelt es sich bei den Tatverdächtigen zu 12,6 Prozent um den Onkel, zu 11,7 Prozent um den Stiefvater, beziehungsweise um den Partner der Mutter und zu 10,3 Prozent um den leiblichen Vater der missbrauchten Kinder. Mit gleicher prozentualer Angabe wie bei den leiblichen Vätern sind auch sonstige männliche Verwandte als Tatverdächtige aus der Familie zuzuordnen. Eine deutlich geringere Angabe ist hier bei den weiblichen Verwandten der Familie wiederzufinden. Es handelt sich um eine relative Angabe von 1,6 Prozentpunkten. Zusammenfassend liegt hier der Missbrauchsanteil bei 46,5 Prozent durch das Familienumfeld.
Die Gruppierung der Außenstehenden beschreibt unbekannte Täter, die weder der Familie, noch dem näheren Umfeld zuzuschreiben sind. Dort liegt der männliche Anteil der Unbekannten bei 23,3 Prozentpunkten. Der weibliche Anteil bei 2,2 Prozent. Bezieht man die unbekannten Täter in Betracht, so liegt der Anteil der männlichen Tatverdächtigen bei einem 10,5- fachen im Vergleich zu dem weiblichen Anteil der Unbekannten. Kumulativ betrachtet bilden die Außenstehenden Täter eine Angabe von 25,7 Prozent. Rechnerisch lässt sich somit jede vierte Tat einem Außenstehenden zuordnen.
Im Hinblick auf das nähere Umfeld, welches in der Grafik mit grüner Farbe hinterlegt ist, handelt es sich bei der höchsten statistisch festzustellenden Anzahl um männliche Bekannte. Die Häufigkeitsanzahl der männlichen Bekannten als Tatverdächtige liegt bei 33,5 Prozent. Bei den weiblichen Bekannten ist die niedrigste Anzahl von einem Prozentpunkt festzustellen. Den insgesamt dritthöchsten Wert verzeichnen die Freunde der Familie, die aus dem näheren Umfeld stammen. Hierbei handelt es sich statistisch um 14,4 Prozent. Der addierte Wert des näheren Umfeldes liegt bei 48,9 Prozent. Somit handelt es sich bei ungefähr jeder zweiten Tat des Kindesmissbrauchs mit Körperkontakt um einen Tatverdächtigen, der dem näheren Umfeld des Kindes angehörig ist.
Studien ergaben, dass es sich bei den Tätern bei etwa 30 % um verheiratete oder in einer Partnerschaft lebenden Personen handeln, die entweder eigene Kinder haben oder mit Kindern zusammenleben (Laumer, 2012). Weiterhin sind fast 70 % der Täter ohne eigene Kinder wegen sexuellen Missbrauchs an Kindern straffällig geworden. Aufgrund dessen ist es schwer, ein einheitliches Täterprofil zu erstellen, da sich anhand der Punkte, die in Studien behandelt werden, keine Übergewichte in bestimmten Bereichen bilden (Laumer, 2012, S. 140f.). Oftmals handelt es sich um unauffällige und den herrschenden Normen angepasste Personen des mittleren Alters, welche den äußeren Eindruck vermitteln, nicht diesem Täterprofil anzugehören (Murray, 2000).
Durch eine Studie, die den Zusammenhang zwischen dem Konsum von Kinderpornografie und der Pädophilie untersucht hat, lässt sich annehmen, dass der Konsum ein höherer Indikator für Pädophilie ist, als einer, der auf den Missbrauch von Kindern schließen lässt. Generell führt der Konsum nicht direkt zu der Diagnose der Pädophilie. Der Konsum könnte schließlich auch aus Neugier, Sensationssuche oder anderen psychischen Problemen entstehen (Laumer, 2012, S. 142). Bei den Tätern wird unterschieden, ob sie das kinderpornografische Material herstellen, verbreiten oder konsumieren. Weiterhin wird in unterschiedlichen Studien berichtet, dass es sich bei den Tätern hauptsächlich um weiße Männer handelt, die sich vom Alter her zwischen 25 und 50 Jahren bewegen (Huber, 2019, S. 142).
Verschiedene Ursachen können der Auslöser des sexuellen Kindesmissbrauchs, sowie des Konsums und der Verbreitung von Kinderpornografie darstellen. Häufig ist die Rede von pädophilen Tätern. Doch sind alle Täter pädophil?
Der Begriff der Pädophilie lässt sich aus den griechischen Wörtern „pais“ (Kind) und „philia“ (freundschaftliche Liebe) ableiten und beschreibt eine sexuelle Anziehung auf Kinder vor, während oder kurz nach dem Eintritt in die Pubertät, also vor Beginn der Geschlechtsreifung. Hierbei kommen sowohl heterosexuelle, homosexuelle, als auch bisexuelle Formen zur Geltung. Die Pädophilie ist eine Art der Paraphilie. Eine Paraphilie beschreibt unübliche sexuelle Phantasien und Verhaltensweisen. Im Bereich der Pädophilie werden zwischen dem primären Typus -auch Kernpädophilie genannt-, also die ausschließliche Orientierung auf Kinder als Sexualpartner und dem sekundären Typus -nicht ausschließliche Pädophilie- unterschieden. Bei dem sekundären Typus kann auch durch sexuellen Kontakt mit erwachsener Person die Befriedigung erreicht werden (Brown, 2019). Da Pädophile ihre eigene Sexualität oftmals als störend empfinden, versuchen sie dem Kind auf Augenhöhe zu begegnen (Schwarze & Hahn, 2016, S. 17f.). Dadurch wird versucht, den Kontakt aufzubauen und auf emotionale Ebene eine gleichberechtigte Partnerschaft herzustellen, welche als Liebe beschrieben wird. Das begehrte Kind und die Kindheit werden idealisiert. Sollte es zu sexuellen Handlungen kommen, so sind diese meist einseitig einzustufen, da das Kind für sich nicht verarbeiten kann, was gerade geschieht und die Handlung nicht adäquat eingeordnet werden kann. Quantitativ lässt sich sagen, dass wesentlich weniger unterschiedliche Praktiken zum Einsatz kommen als bei einem Sexualakt zwischen erwachsenen Personen. Sobald das Kind die favorisierten körperlichen Merkmale nicht mehr aufweisen kann, weil es in die Pubertät kommt, erlischt das sexuelle Interesse und die Beziehung wird entweder auf freundschaftlicher Basis fortgeführt, oder gar abgebrochen (Becker, 1997). Häufig setzt der Täter das Kind unter psychisch einwirkenden Druck und beschreibt die Geschehnisse als ein Geheimnis zwischen Kind und der pädophilen Person.
Pädophilie beschreibt also die dauerhafte Anziehung, beziehungsweise die erotische und sexuelle Fantasie an Kindern, welche sich vor, während und kurz nach dem Pubertätsstadium befinden (Hesselbarth & Haag, 2004, S. 12).Grundlegend ist bei der Pädophilie nicht die Begehung eines Deliktes wie Kinderpornografie für die Diagnose von Bedeutung, sondern der Nachweis des Vorliegens, dass die Person eine sexuelle Neigung gegenüber präpubertären Kindern empfindet (Mokros et al., 2012).
Eine Befragung ambulanter Patienten, welche aufgrund von sexuellen Problemen freiwillige Hilfe im Internet aufsuchten ergab, dass ca. 50 Prozent der befragten Personen zugaben, Kinderpornografie aus dem Internet heruntergeladen und konsumiert zu haben. Rund ein Viertel der Probanden gaben an, einem Kind eigenes pornografisches Material zugestellt zu haben. Rund 30 Prozent der Personen, die kinderpornografisches Material runtergeladen hat, haben versucht, ein Kind für einen sexuellen Kontakt für sich zu gewinnen (Galbreath et al., 2002).
Pädophile Täter sind häufig nicht vorbestraft und besitzen eine besser Bildungsstruktur als Hands-on-Täter (Merdian & Egg, 2009). Hands-on-Täter begehen ihre Straftaten durch körperlichen Kontakt zum Opfer. Auswertungen ergaben, dass sich die pädophilen Tatverdächtigen im Vergleich zu anderen Personen auch vermindert in Intimbeziehungen befinden (McCarthy, 2010; Reijnen et al., 2009) oder sich zuvor noch in keinem sexuellen Kontakt zu einem Erwachsenen befanden (Frei et al., 2005; Laulik et al., 2007).
Während die strafrechtliche Bezeichnung -Sexueller Missbrauch von Kindern- vorranging sexuelle Handlungen vor, an und mit Kindern beschreibt, wird unter Pädophilie eine sexuelle Ansprechbarkeit auf den kindlichen Körper verstanden. Somit steht bei der Pädosexualiät die vollzogene sexuelle Handlung im Vordergrund (Hesselbarth & Haag, 2004, S. 12). Hierbei wird kein Bezug auf die sexuellen Vorlieben des Handelnden genommen.
Nicht jeder Mensch mit einer Pädophilie begeht sexuellen Kindesmissbrauch oder konsumiert Abbildungen von sexuellem Kindesmissbrauch und nicht jeder Sexualstraftäter zum Nachteil von Kindern ist pädophil. Viele der betroffenen Täter, welche ein Kind missbrauchen, sind nicht pädophil, denn oftmals liegt einer pädosexuellen Handlung keine pädophile Präferenz zu Grunde. Die Pädosexualiät ist somit der Pädophilie nicht gleichzusetzen, was jedoch häufig so in Berichten jeglicher Art wiederzufinden ist (Wieduwilt, 2014, S. 21). Daher gilt es, den Begriff der Pädophilie von dem des sexuellen Kindesmissbrauchs -Pädosexualiät- abzugrenzen. In vielen Fällen wird sexueller Kindesmissbrauch als eine Art der Ersatzbefriedigung für die eigentlich bevorzugten Sexualpraktiken oder der Sexualpartner genutzt (Schwarze & Hahn, 2016, S. 21).Die Häufigkeit der Pädophilie bzw. pädophilen Störung in der Allgemeinbevölkerung ist unbekannt und bleibt auch schwer zu ermitteln, da Menschen sich aus Schamgefühl und Angst der Verachtung nicht zu dem Thema bekennen möchten (Cohen et al., 2002; Seto, 2018). Eine sexualwissenschaftliche Untersuchung von männlichen befragten Personen aus der Allgemeinbevölkerung ergab, dass zwischen 4.1% - 9.5% der Männer bereits Fantasien auf sexueller Ebene mit Kindern hatten. Demnach ergab sich aus der Untersuchung, dass 3.2% - 3.8% der Befragten davon berichteten, bereits sexuelle Erfahrungen mit Kindern gemacht zu haben (Ahlers et al., 2011; Dombert et al., 2015).
Kinderpornografie bietet einen sehr profitablen Kriminalitätsbereich. Jährlich werden zwischen 3 - 20 Mrd. US-Dollar umgesetzt (Franke & Graf, 2016, S. 90). Aus diesem gewinnbringenden Grund ergibt sich auch ein Großteil von profitgesteuerten Tätern, die kinderpornografisches Material aus rein kommerziellem Interesse herstellen und vertreiben (Huber, 2019; Weber, 2018). Allerdings weist Weber (2018) darauf hin, dass eine trennscharfe Abgrenzung der Tätertypen nicht möglich ist, da sich die Motive der Täter im Laufe der Zeit verändern können.
In gewerbs- oder bandenmäßigen Handel werden Foren -meist im Darkneteröffnet und den Konsumenten angeboten. Für den Zugang zu diesen Portalen wird häufig Geld verlangt, um sich dort das Material ebenfalls käuflich zu erwerben. Teilweise werden Foren auch als sogenannte Tauschbörsen eröffnet, wo „Ware gegen Ware“ angeboten wird. Die Nutzer sind dazu verpflichtet, eigenes Material zu veröffentlichen, um Kinderpornografie des Forums zu erhalten (Wittmer & Steinebach, 2019). Hierbei werden in vielen Fällen Bildmaterial der eigenen Kinder verwendet und einer bereits vorhandenen Filmsequenz eingearbeitet (Weiler et al., 2011, S. 148f.).
Häufig können nur bei der Polizei angezeigte Taten auch strafrechtlich verfolgt werden. Das Hellfeld zeigt die bisher bekannten Delikte aus dem Jahr 2019. Das Dunkelfeld jedoch wird als sehr groß geschätzt und beinhaltet die Straftaten im Bereich der Kinderpornografie, welche den Strafverfolgungsbehörden bis dato unbekannt sind. Die Auswertung des kinderpornografischen Materials nimmt hier einen zentralen Aspekt ein. Zudem wird der Ermittlungsvorgang und die sich daraus ergebenden Herausforderungen dargestellt.
Abbildung 2: Herstellung, Besitz und Verbreitung kinderpornografischen Materials - Anzahl der Fälle (2016-2019)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
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