Bachelorarbeit, 2019
31 Seiten, Note: 2,0
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Warenhaus
2.1 Definition
2.2 Historische Entwicklung des Warenhauskonzepts
2.3 Funktion des Warenhauses
2.4 Praxisbeispiel: Das Unternehmen Karstadt seit 1881
3 Aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen
3.1 Zunehmende Bedeutung des E-Commerce
3.2 Städtischer Strukturwandel
3.3 Veränderung des Konsumverhaltens
4 Möglichkeiten zur Wiederbelebung von Warenhäusern
4.1 DerErlebnisfaktor
4.1.1 Persönliche Beratung und Service als Qualitätsmerkmal
4.1.2 Interaktives Einkaufserlebnis
4.1.3 Gestaltung der Verkaufsflächen
4.2 Kooperation mit Onlinehändlern
4.3 Ausbau des eigenen Onlineangebots
4.4 Digitale Anwendungen
4.4.1 Innovative Zahlungskonzepte
4.4.2 Personalisierte Angebote über das Smartphone
4.4.3 Ausbau des Social-Media-Marketings
4.5 Strategische Abstimmung des Sortiments
5 Auswertung und Fazit
Anhangsverzeichnis
Anhang
Literaturverzeichnis
Tabelle 1: Anzahl der Warenhäuser und Netto-Umsatz von Galeria Kaufhof und Karstadt, Quelle: LBImmoWert Research (2018), Daten: EHI, <https://www.lb- immowert.de/newsroom/news/warenhaeuser-in-deutschland/>.
Tabelle 2: Umsatzanteil am gesamten deutschen Einzelhandel von Warenhäusern und dem Onlinehandel, in Anlehnung an: Handelsverband Deutschland (2019): Online Monitor 2019, Berlin, S.8; Statista.de: Marktanteil von Kauf- und Warenhäusern im Einzelhandel in Deutschland in den Jahren 2000 bis 2016, <https://de.statista.com/statistik/daten/studie/452888/umfrage/marktanteil-von-kauf- und-warenhaeusern-im-einzelhandel-in-deutschland/>, validiert durch: Handelsverband Deutschland (2018) - Der deutsche Einzelhandel, Stand August 2018, S.9
„Das Warenhaus ist nicht tot, es muss nur neu gedacht werden“1
So beschreibt Jörg Funder, Professor für Untemehmensführung im Handel an der Hochschule Worms, die Zukunft des deutschen Warenhaussektors.2
Ihre Blütezeit in der sie als „Konsumtempel“ und „Einkaufspaläste“ eine zentrale Rolle in der Versorgung spielten und als formprägende städtebauliche Innovation galten, scheint längst vorbei.3 Zunehmend verdrängt durch die wachsende Bedeutung des Onlinehandels, dem städtischen Strukturwandel und der Veränderung des Konsumverhaltens, wird es immer schwieriger für die noch übrig gebliebenen Warenhäuser Kunden anzulocken und Umsätze zu generieren. Der Abwärtstrend, der dazu führte, dass die Anzahl der Warenhäuser rapide abnahm ist auch der nachfolgenden Grafik deutlich zu entnehmen. Diese zeigt stellvertretend für den gesamten Betriebstyp Warenhaus die Nettoumsätze und die Filialanzahlen des Galeria Kaufhof und Karstadt Unternehmens4.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Anzahl der Warenhauser und Netto-Umsatz von Galeria Kaufhof und Karstadt, Quelle: LBImmoWert Research (2018), Daten: EHI
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es die Frage zu beantworten, wie die Warenhäuser in Deutschland den eben genannten Herausforderungen zukünftig begegnen können. Au-
ßerdem sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, die zu einer Wiederbelebung dieses Sektors und damit zu einer Umsatzsteigerung führen können. Für einen besseren Praxisbezug wird in dieser Thesis das Warenhaus Galeria Karstadt-Kaufhof, insbesondere die Karstadt-Filialen, der näheren Betrachtung unterzogen.
Die Beantwortung der zentralen Frage erfolgt durch eine Auswahl konkreter Ansatzmöglichkeiten, die teilweise in anderen nationalen und internationalen Warenhäusern bereits erfolgreich etabliert wurden.
Ein Warenhaus - häufig auch Kaufhaus genannt - ist eine Einzelhandelsform mit einem breiten, branchenübergreifenden Sortiment, das neben Kleidung und Heimtextilien auch Hausrat und Lebensrnittel anbietet. Die mehrgeschossigen Gebäude sind meist in zentraler Innenstadtlage anzufinden und gekennzeichnet durch eine offene Warenpräsentation und partielle Selbstbedienung. Bekannte Vertreter des Warenhauses sind in Deutschland im Moment Karstadt und Galeria Kaufhof,5 die sich im November 2018 im Rahmen einer Fusion zu Galeria Karstadt-Kaufhof zusammen geschlossen haben.6
Abzugrenzen von dem in dieser Arbeit thematisierten Warenhaus ist das damit in Konkurrenz stehende Selbstbedienungs-Warenhaus, kurz SB-Warenhaus. Hierbei wird das Konzept eines Warenhauses mit dem eines Discounters kombiniert und es entsteht eine Einzelhandelsform, die gekennzeichnet ist durch ein umfassendes Sortiment, konsequente Niedrigpreispolitik mit Sonderpreisaktionen und weitgehender Verzicht auf Serviceleistungen. Anzutreffen sind die eingeschossigen SB-Warenhäuser meist an verkehrsgünstigen Stadtrandlagen.7 Bekannte Vertreter dieses Einzelhandelstyps sind beispielsweise Real, Kaufland und Globus.
Die Geburtsstunde des Warenhauses befindet sich im 19. Jahrhundert und ist die Folge der Entwicklung der industriellen Massenproduktion.8 Durch diese konnten teure Luxuswaren nun wesentlich billiger und in größerer Zahl hergestellt und damit einer breiten Bevölkerungsschicht zugänglich gemacht werden. Insbesondere der Tuchhandel hatte eine bedeutende Rolle in der Industrialisierungsgeschichte, weswegen die Textilabteilungen am wichtigsten für den Warenhauserfolg waren.9 Neben den Textilien wurden schrittweise aber auch Möbel, Porzellan, Spielzeug und Schuhe mit in das Sortiment aufgenommen.10 11 Um den Umsatz zu steigern und Ladenhüter zu vermeiden wurden neue Werbemittel, wie etwa die Schaufenstergestaltung, Lichtreklame oder Sonderangebote, entwickelt.nAuch die Gestaltung des Gebäudes, sowohl innen als auch außen, war von großer Bedeutung für den Erfolg der Warenhäuser. So beschrieb Klaus Strohmeyer diese in ihrer Blütezeit als „palastartig"12 und „überwältigend groß, reich verziert und kostbar ausgestattet. Das Warenhaus kommt der Schaulust entgegen, es stellt Waren in unendlicher Anzahl vor Augen und offenbart grenzenlosen Überfluß, es wird Symbol des gesellschaftlichen Reichtums."13 Durch Erforschung der Konsuminteressen und des Kaufverhaltens des Einzelnen gelang es den Umfang und die Qualität des Sortiments so anzupassen, dass sich in den Warenhäusern sowohl wohlhabendere als auch finanziell schwächer gestellte Bürger angesprochen fühlten.14
In den zwanziger Jahren distanzierte man sich zunehmend von den luxuriösen Darstellungen und fokussierte sich auf Modernität. So wurde etwa das 1928 eröffnete Karstadt-Warenhaus in Berlin mit einer U-Bahn-Station im Keller ausgestattet und als „Europas modernstes Warenhaus“15 vorgestellt.16 Zugleich hatten die Warenhäuser in dieser Zeit mit erheblichem Widerstand der Nationalsozialisten zu kämpfen. Diese riefen zum Boykott der Warenhäuser - ihrer Meinung nach „ jüdischer Einrichtungen“17 - auf. Erst 1936 wurden die Warenhäuser offiziell anerkannt und die Umsätze stiegen nach den Erschwerungen der vorangegangen Jahre wieder.
Über die Jahre wurden immer mehr Bereiche, wie etwa der Versandhandel und das Reisegeschäft, erschlossen und in das Konzept des Warenhauses integriert. Außerdem fand eine Konzentrationsentwicklung statt bei der viele Filialketten von Großunternehmen übernommen und Familienbetriebe in Aktiengesellschaften umgewandelt wurden. Ab ca. 1975 war die Phase der Expansion vorbei, die Umsatzkurve flachte ab und die Unternehmen begannen damit kleine, schlecht laufende Filialen zu schließen und nur Umsatzstarke zu vergrößern.18 Ab dieser Phase der sogenannten „Gesundschrumpfung“19 konzentrierten sich die Warenhäuser zunehmend auf Güter des gehobenen Bedarfs und gut geschultes Fachpersonal, während die Güter des täglichen Bedarfes von den Kunden eher von Billiganbietem bezogen wurden.20
So wie sich das Warenhaus über den Verlauf der Jahre hinweg entwickelt hat und verschiedenen Herausforderungen gegenüber stand, hat sich auch seine Funktion verändert. Der freie Zutritt ohne Kaufzwang, die Barzahlung und die Umtauschmöglichkeit der eindeutig gekennzeichneten Güter, waren bis zur Geburtsstunde des Warenhauses in den bereits existierenden Einzelhandelsformen kaum anzutreffen. Die stetig wachsende Nachfrage nach Konsumgütem, gefördert durch die Industrialisierung, konnte nun gestillt werden.21 Dabei wurde aber nicht nur die städtische Bevölkerung angesprochen, sondern auch mehr und mehr Verbraucher vom Land kamen, insbesondere angelockt vom fehlenden Kaufzwang, in die Warenhäuser. So gelang es den Konsum betreffende Differenzen zwischen den Sozialschichten aufzuheben und die damals noch sehr starken Gegensätze zwischen Stadt und Land zu verringern.22 Auch in den Krisenzeiten der Geschichte, wie etwa dem 2. Weltkrieg, hatten die Warenhäuser in Deutschland eine wichtige Funktion. So dienten sie etwa als Warenlager und zur Umverteilung großer Warenmengen.23 Über die Jahre hinweg entwickelten sich die Warenhäuser zu wahren Verbrauchermagneten, die über die Stadtgrenzen hinaus bekannt waren und von deren
Anziehungskraft sowohl der Facheinzelhandel als auch andere Nutzungen der zentralen Stadtlagen profitierten.24
Eines der traditionsreichsten und ältesten Warenhäuser in Deutschland ist Karstadt. Am 14. Mai 1881 eröffnete Rudolph Karstadt das erste Geschäft in Wismar. Bald darauf folgten weitere Filialen im norddeutschen Raum, deren Sortiment aus Heimtextilien, Damen- und Herrenbekleidung bestand. 1912 wurde in Hamburg das erste Warenhaus, das abgesehen von Lebensrnitteln alle Güter des täglichen Bedarfs anbot, eröffnet. Durch Sparsamkeit, vorausschauendes Handeln und langfristige Lieferverträge mit Textilherstellern führte Rudolph Karstadt das Unternehmen zum Erfolg.25 In der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre fand eine Expansionswelle durch Aufkäufen von Grundstücken in Innenstadtlagen statt.26 Aber auch Karstadt hatte wie alle Warenhäuser mit Herausforderungen zu kämpfen. Dazu gehörten die Weltwirtschaftskrise, in deren Folge ein umfassender Sanierungsplan durchgeführt werden musste27, die warenhausfeindlichen Maßnahmen der Nationalsozialisten28 und die Zerstörung vieler Filialen durch den zweiten Weltkrieg. Dennoch gelang es Karstadt diese Herausforderungen zu meistern und den Wiederaufbau, vornehmlich auf den im Zuge der Expansion erworbenen Grundstücken, umzusetzen.29 Dies gelang so gut, dass Karstadt 1958 zusammen mit Kaufhof, Hertie und Horten die stärkste Wirtschaftsgruppe der Bundesrepublik Deutschlands bildete. 1976 lag Karstadt auf dem 30. Platz in den Top 100 der umsatzstärksten Unternehmen und konnte durch die Eingliederung des Unternehmens Neckermann seinen Vorsprung weiter ausbauen. Insgesamt 154 Filialen mit einer Fläche von rund 1.220.900 qm führten im Jahr 1979 zu einem Marktanteil von 2,6O%.30
Obwohl der Gesamtumsatzanteil der deutschen Warenhäuser 1970 noch bei 15% lag, flachte die Umsatzkurve in den folgenden Jahren zunehmend ab. Übrig geblieben von der stärksten Wirtschaftsgruppe Deutschlands sind nur noch Karstadt und Kaufhof.31 Doch auch diese sind mit massiven Herausforderungen und Umsatzeinbußen konfrontiert.
Ausschlaggebend für die Umsatzverluste im Warenhaussektor, sowie insgesamt im Bereich des stationären Einzelhandels, ist unter anderem der strukturelle Wandel im Bereich der Nonfood-Artikel. Diese werden zunehmend online konsumiert, sodass bereits ein Viertel aller Ausgaben auf den Internethandel entfallen. Dieser Anteil wächst stetig. Im Jahr 2018 nahmen die Umsätze im Onlinehandel um 7% zu, während die im stationären Handel um 2% zurück gingen. Besonders Warengruppen wie Smartphones, Computer, Kameras, Kleidung aber auch Musik, Filme und Reisen stechen hier besonders hervor. Bei anderen Waren, insbesonderejene die individuell angepasst oder anprobiert werden müssen, etwa Brillen, Küchen oder Schuhe, dominiert bisjetzt noch der stationäre Handel. 56% aller deutschen Konsumenten haben schon einmal etwas im Internet bestellt und werden es vermutlich wieder tun. Folglich sind 44% der Konsumenten exklusive Offline-Shopper, die aber nur ein Viertel des insgesamten Nonfood-Umsatzes ausmachen. Die Mehrheit der Käufer sind somit Omnichannel-Konsumenten, also solche die sowohl offline, als auch online einkaufen.32 Gründe für die wachsende Beliebtheit des Onlineshoppings sind die Bequemlichkeit, so kann zum Beispiel auch von zu Hause am Sofa bestellt werden, diejederzeitige Verfügbarkeit, also auch an Sonn- und Feiertagen oder nach Ladenschlusszeiten, sowie die Möglichkeit innerhalb kürzester Zeit Preise zu vergleichen und den günstigsten Anbieter zu finden.
Die Auswirkung der wachsenden Bedeutung des Onlinehandels und die damit verbundene Herausforderung für die Warenhäuser ist auch der nachfolgenden Tabelle deutlich zu entnehmen. Der Umsatzanteil im deutschen Einzelhandel des Onlinehandels ist in den letzten Jahren steil angestiegen, so dass erjetzt mit 10,1% mehr als das 30-fache beträgt als noch im Jahr 2000. Das entspricht einem Anteil von 53,3 Milliarden Euro im Jahr 2018.33 Die Kauf- und Warenhäuser in Deutschland hingegen mussten einen stetigen Rückgang ihres Umsatzanteils verzeichnen, der im Jahr 2018 noch 2,5% betrug.
[...]
1 Bohrenfeld, Silke (2017), S.22
2 Vgl. ebd., S.22
3 Vgl. Hangebruch, Nina (2009), S. 263
4 Anmerkung: Galeria Kaufhof und Karstadt fusionierten im November 2018
5 Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon T-Z (2018), S.3782, Spalte 2
6 Vgl. Plachetta, Sonja (2018), S.51
7 Vgl. GablerWirtschaftslexikon P-S (2018), S.3075 f., Spalte 2
8 Vgl. Strohmeyer, Klaus (1980), S.66
9 Vgl. ebd., S. 69
10 Vgl. Gerlach, Siegfried (1988), S. 16
11 Vgl. StrohmeyerKlaus, S.73 f.
12 Ebd., S.126
13 Strohmeyer, Klaus (1980), S.126 f.
14 Vgl. Gerlach, Siegfried (1988), S. 50 f.
15 Strohmeyer, Klaus (1980), S. 131
16 Vgl. ebd., S.131
17 Strohmeyer, Klaus (1980), S.155
18 Vgl. ebd., S.161
19 Ebd., S.165
20 Vgl. ebd., S.165
21 Vgl. Gerlach, Siegfried., S.15-18
22 Vgl. ebd., S.60 f.
23 Vgl. Strohmeyer, Klaus (1980), S.157
24 Vgl. Beckmann, Klaus J.; Kühn, Gerd (2009), S.2
25 Vgl. Lenz, Rudolph (1995), S.51 f.
26 Vgl. ebd., S.328
27 Vgl. Lenz, Rudolph (1995), S.136
28 Vgl. ebd., S.160f.
29 Vgl. ebd., S.328-330
30 Vgl. Strohmeyer, Klaus (1980), S.159-163
31 Vgl. Beckmann, Klaus J.; Kühn, Gerd (2009), S.3; Anmerkung: Karstadt und Galeria Kaufhof fusionierten 2018zu Galeria Karstadt-Kaufhof
32 Vgl. GfK (2019), S. 2-4
33 Vgl. IFHKöln (2019), S. 8
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