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Masterarbeit, 2021
91 Seiten, Note: 1,1
1 EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG
2 ZIELSETZUNG
3 GEGENWÄRTIGER KENNTNISSTAND
3.1 Überblick: Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)
3.1.1 Allgemeines
3.1.2 Organisation und Ablauf
3.1.3 Erfolgsstrategie für das BGM
3.1.4 Interventionen
Personenbezogene Interventionen (Verhaltensprävention)
3.1.5 Digitales BGM und Herausforderungen der Arbeitswelt 4.0
3.2 Bestandteile BGM
3.2.1 Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF)
3.2.2 Arbeitsschutz
3.2.3 Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
3.3 Aktueller Forschungsstand
3.3.1 Demografischer Wandel
3.3.2 Gesundheit und Alter(n) allgemein
3.3.3 Gesundheit und Alter(n) in Bezug auf die betriebliche Situation
3.4 Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit
3.5 Leitlinien und Programme 50plus
4 METHODIK
4.1 Literaturrecherche/ Literaturreview
4.2 Forschungsfrage
4.3 Bewertungs- und Klassifikationsschema
4.4 Datenerhebung
5 ERGEBNISSE
5.1 Darstellung der Ergebnisse
5.2 Beantwortung der Forschungsfrage
6 DISKUSSION
6.1 Allgemeine kritische Betrachtung
6.2 Inhaltliche kritische Betrachtung
6.3 Schlussfolgerung und Ausblick
7 ZUSAMMENFASSUNG
8 LITERATURVERZEICHNIS
9 ABBILDUNGS-, TABELLEN-, ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
9.1 Abbildungsverzeichnis
9.2 Tabellenverzeichnis
9.3 Abkürzungsverzeichnis
ANHANG
Anhang 1:
Die gegenwärtige und zukünftige Arbeitswelt verändert sich durch die Globalisierung, den wirtschaftlichen Strukturwandel, die Digitalisierung und den demografischen Wandel (Opaschowski, 2008). Mit der Bewältigung des demografischen Wandels beschäftigen sich die Politik, die Sozialversicherungen, die Unternehmen und die Arbeitnehmervertretungen schon seit Jahren (Weimer, Mendius & Kistler, 2001, S.30). Im letzten Jahrhundert sind zum einen sowohl die Lebenserwartung bei der Geburt, als auch die fernere Lebenserwartung gestiegen (Statistisches Bundesamt, 2020, S.15; Statistisches Bundesamt, 2018, S.7). Zum anderen hat sich die Altersstruktur verändert, es gibt immer mehr ältere und weniger jüngere Menschen (Statistisches Bundesamt, 2015). Des Weiteren ist auch die Anzahl von Geburten seit dem 19. Jahrhundert deutlich gesunken (Bundeszentrale für Politische Bildung [bpb], 2015). Durch den demografischen Wandel entstehen Herausforderungen für den Arbeitsmarkt, welche sowohl die Erwerbstätigen, als auch die Wirtschaft betreffen (Frerichs, 2016, S.12).
Im Juni 2019 waren 34,32% der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Deutschland zwischen 50 und 65 Jahre alt (Bundesagentur für Arbeit, 2020). Die Anzahl an älteren Arbeitnehmer nimmt zu und wird auch in der Zukunft weiterhin steigen (Schröder- Kunz, 2019, S.201). Die älteren Arbeitskräfte haben vergleichsweise eine höhere Fehlzeitenquote, als die Jüngeren (Storm, 2020, S.13; Meyer, Wing, Schenkel & Meschede, 2021, S. 459). Das lässt sich z.B. auf altersbedingte Krankheiten oder auf die Veränderungen der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit zurückführen. Gleichzeitig rücken weniger junge Arbeitskräfte nach, was auf lange Sicht zu einem Arbeitskräftemangel führt (Frerichs, 2016, S.12). Für die Unternehmen bedeutet das, dass sie die Kosten für krankes bzw. nicht arbeitsfähiges Personal tragen müssen und zeitgleich Produktivitäts- und Leistungseinbußen erleiden (Kloimüller & Czeskleba, 2018, S. 20-30). Außerdem steht die Rentenpolitik durch die steigende Anzahl an Rentnern, welche eine längere Lebenserwartung haben und die sinkende Anzahl an Erwerbstätigen vor großen Herausforderungen (Müller & Raffelhüschen, 2011, S.8.12).
Während es für die Sozialversicherungen hauptsächlich um die Versorgung der Älteren geht, haben die Unternehmen hingegen das Ziel, ältere Beschäftigte möglichst ohne Verluste der Arbeitsqualität bis zur Rente im Unternehmen zu halten.
Dass sich die Fähigkeiten im Laufe des Lebens verändern und die Arbeitsfähigkeit geringer wird, ist wissenschaftlich gut untersucht. Die optimale Arbeitsfähigkeit wird von den individuellen Ressourcen des Mitarbeiters, z.B.: der physischen, psychischen und sozialen Gesundheit, der Kompetenzen und Werte und den betrieblichen Ressourcen beeinflusst. Dazu gehören die Unternehmens- und Führungskultur, die Arbeitsbedingungen und -umgebung, sowie die Arbeitsabläufe und -zeiten (Kloimüller & Czeskleba, 2013). Das Unternehmen hat den Einfluss auf die meisten dieser Ressourcen. Deshalb sind Maßnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung der Arbeitsfähigkeit kontinuierlich notwendig und müssen regelmäßig individuell angepasst werden (Kloimüller & Czeskleba, 2018, S. 20-30). Dadurch kann ein Unternehmen den negativen Folgen einer sinkenden Arbeitsfähigkeit des Personals vorbeugen. Das betriebliche Gesundheitsmanagement [BGM] kann unter anderem für die schwindende Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit der älteren Angestellten eine Lösung darstellen. Arbeitsfähigkeit wird in allen drei Bereichen des BGM thematisiert. In der betrieblichen Gesundheitsförderung [BGF] geht es um das Fördern der Arbeitsfähigkeit. Im Arbeits- und Gesundheitsschutz geht es darum, die Arbeitsfähigkeit zu erhalten und die Widerherstellung zu unterstützen. Das Betriebliche Eingliederungsmanagement [BEM] stellt die Arbeitsfähigkeit wieder her und stabilisiert diese (Kloimüller & Czeskleba, 2018, S. 22). Es gibt außerdem einige Instrumente und Gestaltungsfelder einer alter(n)sgerechten Beschäftigungs- und Arbeitspolitik, welche das Al- ter(n)smanagement unterstützen.
In dieser Masterarbeit wird geprüft, welche Bedeutung ein erfolgreich im Unternehmen integriertes BGM im Zusammenhang mit den Möglichkeiten zum Erhalt der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit der Beschäftigten ab 50 Jahren hat.
Ziel der Arbeit ist es, auf Basis einer systematischen Literaturrecherche und -auswertung einige Möglichkeiten zum Erhalt der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit zu identifizieren und die Bedeutung des BGM in diesem Zusammenhang herauszuarbeiten. Dabei wird der Fokus auf die Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit der Beschäftigten ab 50 Jahren gelegt, da der demografische Wandel eine besondere Rolle in dieser Masterarbeit spielt.
Die Arbeitswelt verändert sich durch die Globalisierung, den wirtschaftlichen und demografischen Wandel und die Digitalisierung. Zu den Veränderungen zählen die steigenden mentalen Belastungen, der Leistungsdruck und geringere Arbeitssicherheiten (Zok, 2010). Hinzu kommt die sinkende Arbeitnehmerzahl, welche bei steigendem Altersdurchschnitt immer mehr Arbeit zu bewältigen hat. Die Unternehmen stehen vor der Herausforderung, Veränderungsprozesse und neue Arbeitsbedingungen, sowohl für Beschäftigte, als auch für Führungskräfte, gesundheitsgerecht zu gestalten (Gronau, Stender & Fenn, 2019, S. 320). Um einem Betrieb bei der Bewältigung dieser Herausforderungen zu helfen, gibt es das betriebliche Gesundheitsmanagement (vgl. Abb.1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
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Lösung: BGM
Abb. 1: Wie es zu BGM kommt (modifiziert nach Mangold, 1999, S.12; Opaschowski, 2008)
Laut der DIN SPEC 91020 (S.7) wird unter betrieblichem Gesundheitsmanagement (BGM) eine „systematische sowie nachhaltige Schaffung und Gestaltung von gesundheitsförderlichen Strukturen und Prozessen einschließlich der Befähigung der Organisationsmitglieder zu einem eigenverantwortlichen, gesundheitsbewussten Verhalten“ verstanden.
Tab. 1: Beweggründe und Handlungsansätze für die Einführung eines BGM im Unternehmen (modifiziert nach Opaschowski, 2008; Uhle & Treier, 2019)
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Ausgehend von den Veränderungen in der Arbeitswelt und den Folgen für Beschäftigte und das Unternehmen ergeben sich zahlreiche Beweggründe für die Einführung eines BGM. Diese lassen sich in drei Kategorien einteilen, wie in Tabelle 1 angeführt. Des Weiteren gibt es Aspekte mit Handlungsansätzen zur Förderung von Gesundheitsförderungsmaßnahmen im Betrieb, welche die Einführung eines BGM ebenfalls bestärken (Uhle & Treier, 2019).
Ein BGM verfolgt bestimmte Strategien und Ziele, welche sowohl für das Unternehmen, als auch für deren Beschäftigte Vorteile mit sich bringt. Ein Hauptziel ist die Bildung eines gesunden Unternehmens, welches durch gesunde Arbeitskräfte, gesundheitsförderliche und sichere Arbeitsplätze, ein gesundes Arbeitsklima und eine gesunde Umgebung charakterisiert wird (Rundow, 2004). Dies wird erreicht, indem das BGM für eine Verbesserung der Arbeitsorganisation und der Arbeitsbedingungen sorgt. Das Ziel ist Krankheiten am Arbeitsplatz vorzubeugen, wozu Arbeits- und Berufsunfälle, arbeits- oder altersbedingte Krankheiten und Stress zählen (ENWHP, 2014).
Einhergehend mit dieser Zielsetzung geht es ebenfalls um die Senkung der krankheitsbedingten Fehlzeiten der Beschäftigten. Zusätzlich sollen Personen ihre eigenen Gesundheitspotenziale verwirklichen können, indem die befähigt sind, ihre persönlichen Kompetenzen zu fördern (Uhle & Treier, 2019; Bamberg, Duck & Metz, 1998).
Wenn ein Unternehmen das BGM erfolgreich eingegliedert und umgesetzt hat, ergeben sich viele sich gegenseitig bedingende Vorteile. Diese Vorteile betreffen zunächst die Beschäftigten. Die Durchführung der Maßnahmen, um das Ziel der gesunden Arbeitskräfte umzusetzen, beeinflusst positiv die Motivation und Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft. Es ist dabei ähnlich wie bei einer Spirale zu sehen, ein Vorteil verursacht einen weiteren daraus folgenden Vorteil. Dies entwickelt sich schließlich von Vorteilen der Arbeitskräfte, bis hin zu den Vorteilen, die auf Grund der gesunden Arbeitskräfte, für das Unternehmen selbst elementar sind. Dazu gehört z.B. die steigende Wettbewerbsfähigkeit, bis das Endziel des vergrößerten Unternehmenserfolgs erreicht wird (Uhle & Treier, 2019).
Die Unternehmen, unabhängig von der Größe und Anzahl der Arbeitskräfte, hat mit den negativen Folgen zu kämpfen, welche durch die Veränderungen der heutigen und zukünftigen Arbeitswelt entstehen. Darauf gilt es zu reagieren. Das oberste Ziel eines jeden Unternehmens ist der Erfolg und der daraus resultierende Gewinn. Um diesen Erfolg zu sichern, ist das Unternehmen auf gesunde und produktive Arbeitskräfte angewiesen. Um also den Bedrohungen der „neuen“ Arbeitswelt entgegenzuwirken, gibt es für die Betriebe eine mögliche Strategie: das BGM. Das BGM gewährleistet und sichert dem Personal Gesundheit, was in dem Ziel des BGM widergespiegelt wird. Ein erfolgreiches BGM sichert und unterstützt den Unternehmenserfolg (Uhle & Treier, 2019; Rundow, 2004).
Das BGM ist eine übergeordnete Managementaufgabe und verbindet die Handlungsfelder Arbeits- und Gesundheitsschutz, Betriebliches Eingliederungsmanagement und die Betriebliche Gesundheitsförderung (Günther, Körner, & Marder-Puch, 2015) (vgl. Abb. 2). Zusammenfassend bilden diese die Grundlage zum Schutz und Verbesserung der physischen, psychischen und sozialen Gesundheit der Beschäftigten eines Betriebes (Giesert, 2012).
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Abb. 2: Bestandteile eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements (modifiziert nach Giesert, 2012; Pfannstiel & Mehlich, 2018)
Der Arbeits- und Gesundheitsschutz ist Pflicht für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Es handelt sich hierbei um die Sicherung und Gewährleistung von gesundheitsgerechten Arbeitsbedingungen im Unternehmen zum Schutz vor Sicherheits- und Gesundheitsgefährdungen (ArbSchG; Pfannstiel & Mehlich, 2018).
Das Betriebliche Eingliederungsmanagement ist ein Angebot, welches nur für den Arbeitgeber eine Pflicht darstellt. Nach einer länger andauernden Arbeitsunfähigkeit, kann der betroffene Arbeitnehmer entscheiden, ob er an dem Prozess teilnehmen möchte oder nicht (Giesert, 2012).
Die Betriebliche Gesundheitsförderung ist für Arbeitgeber und Arbeitnehmer freiwillig. Die BGF hat das Ziel die Gesundheit der Beschäftigten zu fördern und beinhaltet alle Maßnahmen der Verhaltens- und Verhältnisprävention (Giesert, 2012).
Arbeitskreis Gesundheit (AKG):
Wenn sich ein Unternehmen dafür entschieden hat, ein BGM einzuführen, dann sollte zuerst eine dafür verantwortliche Arbeitsgruppe gebildet werden, einen sogenannten „Arbeitskreis Gesundheit [AKG]“. Er steuert und überwach das gesamte BGM-Projekt und dient als Anlauf- und Koordinierungsstelle.
Die Aufgaben des AKGs sind...
- das Festsetzen von Zielen, Zielprioritäten und Zielwegen,
- die Entwicklung und Umsetzung einer Gesundheitsanalyse und Evaluationsstrategie,
- die Planung und Einführung von Methoden des Gesundheitsmanagements,
- die Steuerung und Koordinierung der Maßnahmen,
- die Bearbeitung und Umsetzung von Veränderungsvorschlägen sowie
- die Kommunikation des Umsetzungsstandes
(Weinreich & Weigl, 2002, S. 51-52).
Die klassische Besetzung des AKG besteht aus .
- Unternehmensleitung/ Geschäftsführer
- Personalleitung
- Betriebsarzt
- Betriebsrat/ Personalrat
- ggf. 1-3 Mitarbeiter
- ggf. Abteilungsleiter/ Meister
- Sicherheitsfachkraft/ Fachkraft für Arbeitssicherheit, ggf. Sicherheitsbeauftragte. und kann erweitert werden durch.
- Gesundheitsbeauftragte
- Schwerbehindertenvertretung
- Gleichstellungsbeauftragte
- Sozial-/ Suchtberatung
- ggf. Krankenkassen
- ggf. Berufsgenossenschaften
- ggf. externe Gesundheitsschutzexperten (Externe Fachkraft als Moderator) (Weinreich & Weigl, 2002; Pitteroff, 2008; AOK Bundesverband, 2002).
Jedes Mitglied des AKG bekommt feste Aufgaben und Rollen zugewiesen. Ein Mitglied, meistens die Personalleitung bzw. ein Vertreter oder eine externe Fachkraft, wird als Projektleiter bestimmt. Diese Projektleitung trägt die Verantwortung für folgende Aufgaben:
- Sitzungsleitung
- Koordinierung der einzelnen am Projekt beteiligten Akteure
- Verteilung von Informationen
- Zeitmanagement
- Überwachung des Projektes
- Berichtswesen an das Management
(Weinreich & Weigl, 2002).
Der AKG sollte innerhalb eines BGM-Projektes mindestens drei Sitzungen ausführen. Einmal am Anfang, um die einzelnen Schritte des Projektes zu planen. Dann einmal nach den Analysen, um die Interventionen festzulegen und zu planen und am Ende, um das Projekt zu bewerten.
Ablauf für die erfolgreiche Integration eines BGM:
Um ein BGM erfolgreich in einem Unternehmen umzusetzen kann man sich an den sechs Schritten für ein erfolgreiches BGM orientieren (vgl. Abb. 3). Der AKG übernimmt hierbei die Steuerung und Überwachung.
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Abb. 3: Sechs Schritte für ein erfolgreiches BGM (modifiziert nach Mosch, 2015; Ulich & Wülser, 2009)
Schritt eins ist die Bedarfsbestimmung. Zuerst ist es bedeutend die Notwendigkeit eines BGM für den Betrieb zu erkennen, dazu gehören z.B. die bereits genannten Beweggründe für die Einführung eines BGM. Daraufhin muss im Unternehmen eine für das Projekt zuständige Person auserwählt oder ein Team gebildet werden. Diese definiert bzw. definieren das Ziel des Projektes, planen, steuern und überwachen es. Als zweiten Schritt wird die betriebliche Gesundheitssituation analysiert. Dazu dienen unter anderem eine Unternehmensinterne Fehlzeiten- und Unfallstatistik, Krankenkassenberichte, Demografie- und Arbeitsanalysen, Gefährdungsbeurteilungen und Mitarbeiterbefragungen. Das Ziel ist eine Ursachenanalyse für die Beweggründe und damit eine Problemeingrenzung, um anschließend in Schritt drei zielgerichtete Maßnahmen abzuleiten und zu planen (Weinreich & Weigl, 2002). Um die Maßnahmen zu planen, muss zunächst eine Ausbereitung der Analysedaten aus Schritt zwei erfolgen, dann werden die Maßnahmen hinsichtlich ihrer Priorität geordnet (Walter, 2007). Letztendlich kommt es zur Ressourcen- und organisatorischen Planung. Als Schritt vier folgt nun die Umsetzung der ausgearbeiteten Maßnahmen mit Hilfe von Interventionsstrategien. Man unterscheidet zum einen in Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention (Hurrelmann & Laaser, 2006) und zum anderen in verhaltens- und verhältnisbezogene Maßnahmen (Ulich & Wülser, 2009). Der vorletzte Schritt bezieht sich auf die Überprüfung der Wirksamkeit und des ökonomischen Nutzens und deren Evidenz, mit Hilfe der Kriterien Effektivität, Effizienz, Geeignetheit und Akzeptanz (Naidoo & Wills, 2003, S.366). Zum Schluss erfolgt in Schritt sechs die nachhaltige Integration von Maßnahmen. Teil davon sind die Festigung des Systems durch Strukturbildung /-ausbau und Vernetzung und ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess.
Langfristig ist es wichtig, dass der AKG ein fester Bestandteil im Unternehmen bleibt und regelmäßig Sitzungen abhält. Zum Beispiel können die Daten aus Mitarbeiterbefragungen, aus dem Arbeitsunfähigkeitsgeschehen oder sonstige Auffälligkeiten ausgewertet werden. Der AKG legt anschließend die Prioritäten und die Interventionen fest (Böhnke, 2006). Schlussfolgernd gilt jedoch, dass jedes Unternehmen hinsichtlich der eigenen Rahmenbedingungen, Voraussetzungen und Ziele einen individuellen Ablauf eines BGM finden muss (Walter, 2007, S. 147).
Die SIM-Strategie
Die SIM-Strategie nach Halbe-Haenschke und Reck-Hog (2017) ist eine Erfolgsstrategie, um das BGM im Unternehmen zu integrieren. Es handelt sich dabei um eine emotionalkognitive Methode der Motivation, welche in drei Phasen aufgeteilt ist. Das Ziel ist es, durch dieses Instrument gesundheitsbewusstes Handeln zu fördern und positive willentliche Verhaltensänderungen der Mitarbeiter zu erreichen. Die drei Phasen sind: sensibilisieren, informieren und motivieren (Abb. 4).
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Abb. 4: Die SIM-Strategie (modifiziert nach Halbe-Haenschke & Reck-Hog, 2017, S. 4)
Allgemein bedeutet sensibilisieren, die IST-Situation mit der Wunsch-Situation zu vergleichen. Das Ziel ist es Emotionen bei der betroffenen Person wecken, die bei der Person die Bereitschaft auslösen, sich überhaupt auf das Thema einzulassen. Dies geschieht, da sie feststellt, dass sie sich gerade nicht in dem Zustand/Situation/Position befindet, in der sie gerne wäre. Wichtig ist es hier zu beachten, dass es sehr individuell ist, was bei wem welche Emotionen auslöst.
Zu der Phase informieren gehört es, die passende Information individuell, je nach Ausgangssituation und Wunsch-Situation, auszuwählen und zu vermitteln. Dabei gilt es zu erläutern, welche Folgen das bisherige, gewohnte Verhalten oder die bestehenden Verhältnisse haben und was getan werden muss, um ein anderes Ergebnis zu erzielen.
Also „Wenn a, dann b und wenn c, dann d“. Hier ist es wichtig zu beachten, die Art der Vermittlung und der Kommunikation der Informationen nach den Interessen, Absichten und Fähigkeiten der Zielperson/-gruppe auszurichten.
Bei motivieren geht es um die Zielsetzung und Aktion. Im Vordergrund steht hier die Gewinnfokussierung, also der Grund/das Ziel, warum oder wozu die Person eine Veränderung eingehen sollte. Es können z.B. geeignete Methoden oder Maßnahmen aufgezeigt werden (Halbe-Haenschke & Reck-Hog, 2017, S. 4-7).
Sensibilisieren in Bezug auf BGM
Gesunde Mitarbeiter stehen im Zentrum eines erfolgreichen Unternehmens. Für den Erhalt der Leistungsfähigkeit und Lebenszufriedenheit ist die Gesundheit die wichtigste Ressource, dementsprechend sichert ein betriebliches Gesundheitsmanagement die Zukunft des Unternehmens und der Beschäftigten. Das BGM wird somit zu einem Wettbewerbsvorteil und beeinflusst den Unternehmenserfolg. Die folgende Tabelle stellt den BGM-Nutzen verdeutlicht dar.
Tab. 2: BGM-Nutzen (modifiziert nach Halbe-Haenschke & Reck-Hog, 2017, S.14-15; Téglas, 2015, S. 49)
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Leitfragen, um Emotionen/Betroffenheit auszulösen:
- „Wie sieht die aktuelle Lage für Ihren Betrieb aus?
- Wie für jeden Einzelnen? Die Geschäftsführung, die Führungskräfte, die Mitarbeiter usw.
- Wie sähe Arbeit aus, bei der sich jeder wohlfühlt; Arbeit, die motiviert, leistungsfähig und gesund hält? Und wieder: wie für die Geschäftsführung, die Führungskräfte, die Mitarbeiter usw.“ (Halbe-Haenschke & Reck-Hog, 2017, S.66/67).
Informieren in Bezug auf BGM
Um das BGM erfolgreich im Unternehmen zu integrieren, müssen alle Mitarbeiter des Unternehmens an den einzelnen Kernprozesses beteiligt werden. Das BGM sollte ein Teil der Unternehmenskultur werden. Hierfür ist es wichtig die Beschäftigten über die Bestandteile des BGM, Gesundheit, Belastungen, Gesundheitsförderungsmaßnahmen und - möglichkeiten, Akteure, Prävention und Werte usw. aufzuklären und informieren. Die folgenden Leitfragen zu beantworten sollen helfen, dass sich jeder einzelne für Gesundheit entscheidet:
- „Wie entwickeln sich Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit Ihres Betriebes?
- Wie entwickelt sich die Gesundheit der Mitarbeiter?
- Was genau ist BGM und was kann BGM in einzelnen Bereichen leisten?
- Was bedeutet Gesundheit? Für das Unternehmen - für die Mitarbeiter?“
(Halbe-Haenschke & Reck-Hog, 2017, S.67).
Eine transparente Vorgehensweise ist hier elementar. Tabelle 3 geht auf die unterschiedlichen Werte und Charakteristika der verschiedenen Generationen ein. Das ist wichtig, um passende Kommunikationswege und -formulierungen zu finden, alle Mitarbeiter mit den Informationen zu erreichen und den Wandel generationsgerecht zu begleiten.
Tab. 3: Werte und Charakteristika der Generationen (modifiziert nach Halbe-Haenschke & Reck-Hog, 2017, S.30)
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Motivieren in Bezug auf BGM
Hier gilt es für das BGM zu werben. Jetzt sollen die Gewinne und Aussichten eines erfolgreich integrierten BGMs in Unternehmen dargestellt werden. Allerdings ist bei der Darstellung Rücksicht auf die verschiedenen Charakteristika der Generationen zu achten. Die Mitarbeiter sollen motiviert werden, die Verhältnisse zu optimieren, das Gesundheitsverhalten zu reflektieren und gesundheitsorientiert zu handeln. Die nachfolgende Tabelle geht darauf ein, welche konkreten Gewinne das BGM für die Geschäftsleitung und für die Mitarbeiter sowohl aus organisatorischer, als auch aus persönlicher Sicht, bringt.
Tab. 4: Werben im BGM (modifiziert nach Halbe-Haenschke & Reck-Hog, 2017, S.68)
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„Prävention“ steht im engen Zusammenhang mit „Interventionen“ und wird in drei Kategorien eingeteilt. Unter Prävention versteht man die Früherkennung, Frühbestimmung und Verhütung von gesundheitlichen Einschränkungen und Erkrankungen. Ebenfalls befasst sich Prävention mit der Verminderung der Folgeschäden von Erkrankungen (Rundow, 2011, S.220).
Die Primärprävention beugt dem Auftreten von erstmaligen Krankheiten vor, indem sie sich an die gesunden Beschäftigten richtet und dort nach Risikofaktoren sucht. Die Sekundärprävention dient der Früherkennung von zunächst symptomlosen Krankheiten und der Verhinderung des Fortschreitens. Dafür werden die Beschäftigten aufgefordert aktiv Änderungen vorzunehmen und selbst dazu beizutragen, wieder gesund zu werden. Die dritte Kategorie ist die Tertiärprävention. Sie bietet Maßnahmen zur Verhütung von Folgeerkrankungen, indem sie gesundheitsfördernde Rahmenbedingungen schafft und die Wiedereingliederung in den Arbeitsalltag erleichtert (Treier, 2019; Rundow, 2011, S.220).
Die präventiven Maßnahmen werden auch als Interventionen bezeichnet (Wiemeyer, 2016). Die Verhaltens- sowie die Verhältnisprävention oder auch personenbezogene und bedingungsbezogene Interventionen verfolgen dieselben Ziele. Diese sind die Förderung und Erhaltung der Gesundheit, das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Menschen an ihrem Arbeitsplatz. Nur nutzen sie dafür unterschiedliche Maßnahmen (Kempf, 2010), wie in Abbildung 5 verbildlicht dargestellt.
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Abb. 5: Darstellung von Verhalten und Verhältnis in Bezug auf Gesundheit (modifiziert nach Uhle & Treier, 2019, S.44)
Bei der Planung, Durchführung und Kontrolle der Interventionen und deren Erfolg ist die Kompetenz der Führungskräfte gefragt. Deutlich wird hier die elementare Rolle der Führungskräfte in Bezug auf die Gesundheit der Mitarbeiter.
Bedingungsbezogene Interventionen (Verhältnisprävention)
Die Verhältnisprävention beschäftigt sich mit der gesunden und menschengerechten Arbeitsplatz- und Lebensbedingungsgestaltung. Eigenschaften von bedingungsbezogenen Interventionen werden in Tabelle 5 dargestellt.
Tab. 5: Eigenschaften bedingungsbezogener Interventionen (modifiziert nach Ulich, 2005; Treier, 2019)
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Es handelt sich hierbei um Punkte, die vom Unternehmen abhängen und gestaltet werden müssen, da sie nicht von den Mitarbeitern abhängen. Beispiele für verhältnisorientierte Maßnahmen sind die Organisationsgestaltung (Gesundheitszirkel), Ernährungsangebote (Kantinen, Verpflegungsautomaten), Arbeitszeitgestaltung (Gleitzeit, Schichtplangestaltung) oder Lohngestaltung (Gesundheitskosten werden über den Lohn der Mitarbeiter als Beteiligung abgezogen) (Schwager & Udris, 1998, S.439).
Rivilis et al. (2008) erstellten einen Literaturüberblick bezüglich partizipativer Ergonomie [PE] und deren Maßnahmen. Untersucht wurde die Einflussnahme der Einbeziehung von Angestellten bei der Planung und Durchführung von Arbeitsvorgängen. Insgesamt wurden zwölf Studien mit mittlerer bis sehr guter methodischer Qualität ausgewertet. Geradezu wurde eine konsistent positive Wirkung von gesundheitsbezogenen PE-Maßnah- men festgestellt (Bräunig et al., 2018, S.32).
Ebenfalls wird im iga-Report 28 (Bräunig et al., 2018, S.36) eine Metaanalyse beschrieben, welche den Zusammenhang zwischen der psychosozialen Arbeitsumgebung und dem psychischen Gesundheitszustand der Beschäftigten mittels elf Übersichtsarbeiten untersucht (Stansfeld & Candy, 2006). Diese Metanalyse beweist den Zusammenhang zwischen den Arbeitsbedingungen und der psychischen Gesundheit und somit die Wirksamkeit von der Umsetzung gesunder Arbeitsbedingungen und einer gesunden Arbeitsumgebung auf die Gesundheit der Angestellten.
Personenbezogene Interventionen (Verhaltensprävention)
Die Verhaltensprävention bezieht sich auf die Optimierung des menschlichen Verhaltens durch z.B. Übung, Informationen und Training, um dieses gesünder zu gestalten, weitere Eigenschaften verdeutlicht Tabelle 6.
Der GKV-Spitzenverband definierte 2021 die vier klassischen Handlungsfelder der Prävention, woran sich die verhaltensbezogenen Interventionsmaßnahmen orientieren. Das erste Feld ist die Bewegung/Bewegungsgewohnheiten, diese beinhalten das Vorbeugen und Reduzieren von Bewegungsmangel und spezieller gesundheitlicher Risiken durch gesundheitsfördernde Aktivitäten und Bewegungsprogramme. Als zweites kommt das Thema Ernährung, da sollen eine Mangel- und Fehlernährung, sowie Übergewicht vermieden und reduziert werden. Stressbewältigung bzw. Entspannung sind ebenfalls ein Punkt, durch Stressmanagement sollen die Stressbewältigungskompetenzen und die Entspannung gefördert werden. Das vierte Handlungsfeld ist der Suchtmittelkonsum, hier ist es die Aufgabe das Nichtrauchen zu fördern und den Alkoholkonsum gesundheitsgerecht zu reduzieren. Maßnahmen hierfür sind beispielsweise Projekte wie Aufklärung und Information, Umgang mit Drogen oder Stress, Bewegungs- und Freizeitangebote (GKV- Spitzenverband, 2021, S.65-97).
Tab. 6: Eigenschaften personenbezogener Interventionen (modifiziert nach Ulich, 2005; Treier, 2019)
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Eingliederungsmanagement (BEM), Rehabilitationskurse, Rückfallprophylaxe
In dem Review von Da Costa und Vieira (2008) wird die Wirksamkeit von StretchingProgrammen zur Prävention von arbeitsbedingten Muskel-Skelett-Erkrankungen anhand von sieben Primärstudien belegt (Bräunig et al., 2018, S.47). Insgesamt geht aus einigen Reviews des iga-reports 28 (Bräunig et al., 2018) hervor, dass sich durch Sport- und Bewegungsprogramme erstens die Fehlzeiten infolge von Muskel-Skelett-Erkrankungen reduzieren lassen und zweitens auch die Häufigkeit und Prävalenz dieser Erkrankungen senken lassen (Bell & Burnett, 2009).
Belastungs-Beanspruchungs-Konzept
„Bei einer Belastung handelt es sich ausschließlich um objektive, von außen her auf den Menschen einwirkende Größen und Faktoren, wobei deren Auswirkung im Menschen oder auf den Menschen unberücksichtigt bleibt. Im Gegensatz hierzu kennzeichnet die Beanspruchung gerade diese Auswirkungen, die dadurch unterschiedlich sind, dass die konkreten und objektiven Belastungen auf unterschiedliche individuelle Eigenschaften und Fähigkeiten der Menschen treffen.
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