Bachelorarbeit, 2021
57 Seiten, Note: 1,0
Organisation und Verwaltung - Öffentliche Sicherheit und Ordnung
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die alltägliche Gefahr im Wach- und Wechseldienst
2.1 Der Fall „Neptunbrunnen“
3 Definition und Funktionsweise eines DEIG
3.1 Aufbau und Funktion „Taser 7“
3.2 Distanz- und Kontaktmodus
4 Waffenrechtliche Einordnung des Taser 7
4.1 Gutachterliche Prüfung des Zwangsmittels DEIG
4.1.1 Rechtmäßigkeit der Grundmaßnahme
4.1.2 Ermächtigungsgrundlage
4.1.3 Förmliche Rechtmäßigkeit
4.1.4 Materielle Rechtmäßigkeit
4.1.5 Zwangsmittel
4.1.6 Besondere Form- und Verfahrensvorschriften
4.1.7 Verhältnismäßigkeit
4.1.8 Ergebnis der Prüfung
5 Der Praxiseinsatz
6 Erfahrungsberichte
6.1 Die USA
6.2 Das Beispiel Rheinland-Pfalz
6.3 Das Pilotprojekt NRW
7 Die „Alternativen“ im Vergleich
7.1 Körperliche Gewalt
7.2 Reizstoffsprühgerät (RSG)
7.3 Einsatzmehrzweckstock (EMS-A)
7.4 Schusswaffe (P99)
8 Argumente der Kritiker
8.1 Missbrauch durch Polizeibeamte
8.2 Das Gesundheitsrisiko
8.3 Das „Fallen“
9 Argumente der Befürworter
9.1 Gefährdung der Polizeibeamten im Einsatz wird vermindert
9.2 Erweiterung des Auswahlspektrums
9.3 Positive Erfahrungen des Nachbarlandes und des SEK
10 Fazit
11 Literaturverzeichnis
Abbildung 1: Axon Taser 7. Axon Enterprise, Inc. (2020). Folie 157.
Abbildung 2: Schuss Taser 7. Axon Enterprise (2020). S. 2.
Abbildung 3: Effektive Deeskalation von Taser und Body-Cam. Axon (2021).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Polizei NRW ist jeden Tag im Jahr für 24 Stunden einsatzbereit und besetzt. Dafür ist die Polizei im Land NRW durch 47 Kreispolizei- behörden1 vertreten. Egal, ob auf der Leitstelle, im Streifenwagen, auf dem Motorrad, in zivil oder in der Luft, die Beamten2 der Polizei NRW sind für jeden Bürger da. Einer der grundlegenden Polizeidienste ist der Wach- und Wechseldienst (W.u.Wd.); er wird auch oft als „Streifendienst“ bezeichnet. Der W.u.Wd. ist in vielen Situationen der erste Ansprechpartner für Bürger vor Ort und startet meistens auch die ersten Maßnahmen bei Einsätzen. Die Kernaufgaben liegen darin, Gefahren abzuwehren und, Straftaten bzw. Ordnungswidrigkeiten zu ver- folgen.3 Zur Bewältigung dieser Aufgaben stehen den Beamten verschiedene Führungs- und Einsatzmittel zur Verfügung (FEM). Bereits in den letzten Jahren hat die Polizei NRW die FEM für den W.u.Wd. aufgebessert. Unter anderem wurde der viel zu klein empfundene Streifenwagen BMW 318 Touring durch den Ford S-Max und Mercedes Vito ersetzt. Es wurde aber auch in Sachen Einsatzausstattung aufgebessert. So wurden Außentragehüllen für die Schutzweste, Diensthandys, Zielfernrohre für die Maschinenpistole und Bodycams angeschafft. Derzeit überlegt das Land NRW aber auch Distanzelektroimpulsgeräte (DEIG), welche auch „Taser“ genannt werden, für den W.u.Wd. einzuführen.4 Mit der Einführung von DEIG erhofft man sich, eine vorhandene Lücke zwischen körperlicher Gewalt und dem Schusswaffengebrauch im W.u.Wd. zu schließen.5
Es ergibt sich die Frage, ob das Distanzelektroimpulsgerät eine für den Wach- und Wechseldienst in NRW eine sinnvolle Erweiterung darstellen würde. Im Zuge der Ausarbeitung soll offengelegt werden, inwieweit sich das DEIG als für die Praxis anwendbare Waffe darstellt und das Potenzial birgt, Einsatzabläufe zu verbessern und sicherer zu gestalten. Hierbei soll folgende Hypothese als Leitfaden für die Arbeit dienen:
„Der Einsatz des DEIG steigert die Sicherheit und Qualität von Einsatzabläufen des Wach- und Wechseldienstes“
Methodologisch werden sekundär empirische Daten aus fachbezogenen Quellen herangezogen. Das methodische Vorgehen umfasst zunächst eine Bedarfsanalyse, eine rechtliche Beurteilung und Vergleiche mit den derzeitigen FEM. Im Anschluss werden zudem Erfahrungsberichte ausgewertet und Argumente von Kritikern beziehungsweise Befürwortern aufgeführt. Zum Abschluss der Arbeit wird ein Bezug zur aufgestellten Hypothese hergestellt, welche in diesem Zuge verifiziert beziehungsweise falsifiziert wird.
Im W.u.Wd. gibt es täglich die verschiedensten Einsatzsituationen zu meistern. Bei der Polizei NRW kann gewissermaßen jeder Bürger „Kunde“ werden. Somit hat die Polizei mit allen Bevölkerungsschichten Kontakt. Dabei sind nicht nur die Personen, sondern auch die Einsatzanlässe so verschieden, wie das Leben der einzelnen Bürger selbst. Was für manche Menschen eine Ausnahmesituation darstellt, ist für PVB Alltag. Ereignen können sich Anlässe von A wie Auffahrunfall bis hin zu Z, wie Zeppelinabsturz. Vor und auch während einer Schicht ist es für die Beamten im W.u.Wd. jedoch ungewiss, was der jeweilige Tag mit sich bringt. Diese ständige Ungewissheit birgt auch Gefahren in sich. So können Einsatzlagen, die anfangs noch harmlos gestartet scheinen, mitunter schnell eskalieren. Darunter fallen zum Teil auch einfache Kontrollen des Verkehrs.6 So eskalierte am 19.04.2019 beispielsweise so eine „normale“ Routinekontrolle eines Autofahrers in Mülheim an der Ruhr. Die Streifenwagenbesatzung wurde zwischenzeitlich von rund 50 Personen bedrängt. Erst durch das Eintreffen vieler weiterer Einsatzkräfte, konnte sich die Situation wieder beruhigen und auflösen7.
In den letzten Jahren wurde die Polizei vermehrt mit Gewalt gegen PVB konfrontiert. Im Jahr 2019 wurden 38.635 Fälle erfasst, bei denen PVB den Geschädigten darstellten. Im Vorjahr waren es nur rund 1,4% weniger. Wenn man nun die aktuell vorliegenden Zahlen aus dem Jahr 2019 mit den Zahlen aus dem Jahr 2011 vergleicht, sieht man allerdings einen bedeutenden Anstieg ebendieser. Im Jahr 2011 lag die Zahl noch bei 30.628, was rund 26,1% weniger, als im Jahr 2019 ausmacht. Im Jahr 2019 wurden im Land NRW 9.230 der 38.635 Fälle verzeichnet. Allein 8.128 von diesen Fällen stellten Widerstände gegen PVB oder tätliche Angriffe gegen PVB dar.8 Damit gemeint sind die §§ 113 StGB und 114 StGB.9
Es gibt weiterhin Einsatzanlässe bei denen sich die Beamten schon bei der Anfahrt zum Einsatzort mental auf eine potenzielle körperliche Auseinandersetzung mit dem polizeilichen Gegenüber (p.Gü.) einstellt. Hier zu nennen sind z.B. die häusliche Gewalt, der Raub oder körperliche Auseinandersetzungen jeglicher Art. Diese Einsatzanlässe rufen bereits bei der Verkündung eine erhöhte Wachsamkeit der Beamten hervor, da diese Einsätze meistens von Gewalt, Aggressionen und Emotionalität geprägt sind. Erfahrungsgemäß führen zuletzt genannte Einsatzanlässe schneller zu körperlichen Auseinandersetzungen, da sich das p.Gü. in einer emotionalen Ausnahmesituation befindet.10 Wenn die PVB ihre Maßnahme z.B. bei einer häuslichen Gewalt, durchziehen und eine der beiden Parteien aus der Wohnung verweisen muss, ist das Eskalationsrisiko deutlich erhöht.11 Die Polizei wird dann teilweise als Feindbild, oder auch Druckventil gesehen und genutzt. Alkohol- und/ oder Drogeneinfluss, ebenso wie eine psychische Erkrankung stellen hier einen verstärkenden Faktor dar. Die Gefährder sind dabei oft auch nicht nur mit den eigenen Fäusten bewaffnet, sie nutzen Schuss- Stich oder Schlagwaffen.12 Um potentiellen Angriffen entgegenzuwirken, muss die Polizei sich mit ihren FEM verteidigen. Dies kann derweilen, je nach Bewaffnung, auch in einem Schusswaffengebrauch enden.
Ein Beispiel, in dem es zu einem solchen Schusswaffengebrauch gekommen war, ist der Fall „Neptunbrunnen“. Am 28. Juni 2013, gegen 09:35 Uhr, wurde die Berliner Polizei zum Neptunbrunnen in Berlin gerufen. Der Neptunbrunnen ist direkt an dem Fernsehturm, am Ale- xanderplatz angesiedelt und war zu diesem Zeitpunkt gut besucht. Augenzeugen zufolge, die auch den Notruf der Polizei gewählt hatten, war ein nackter Mann mit einem Messer in dem Brunnen. Der Mann verletzte sich mit dem Messer selbst und sprach davon der Messias zu sein. Gegen 09:44 Uhr waren bereits neun Polizisten und ein Rettungswagen an der Einsatzörtlichkeit. Die Polizeikräfte versammelten sich um den Brunnen herum, bevor ein Beamter in den Brunnen stieg, um den Mann mit dem Messer direkt anzusprechen. Da dies erfolglos schien, stiegt der Beamte wieder aus dem ca. 40 cm hohen Brunnen heraus. Ein anderer Beamter folgte dem Versuch in den Brunnen zu steigen und mit dem Mann zu reden. Als dieser Beamte auf den Mann zuging, stand dieser auf. Der Mann mit dem Messer ging auf den Beamten zu, währenddessen lief der Beamte rückwärts in Richtung Brunnenrand. Mit gezogener Waffe rief der Beamte noch „Messer weg!“, unmittelbar darauf folgte ein Schuss aus der Dienstwaffe. Das Geschoss traf den Mann in den Brustkorb, direkt in die Lunge. Wenige Minuten später verstarb er im Rettungswagen. Es stellte sich später heraus, dass der Mann ein Drogenkonsument war, sowie unter psychischen Problemen litt.13 Dieser Schusswaffengebrauch gegen den Mann, wurde von Passanten videografiert und ist im Internet zu se- hen.14 In diesem Video ist auch die sehr kurze Distanz zwischen dem Mann mit dem Messer und dem Beamten, welcher den Schuss abgesetzt hat, zu sehen. Es fällt auf, dass sich der Beamte in einer brenzlichen Situation befunden hat, da er mit der gezogenen Dienstwaffe, beim Rückwärtsgehen über den Brunnenrand hätte fallen können. Der Einsatz am Neptunbrunnen hat viele Diskussionen ausgelöst, die den Schusswaffengebrauch teilweise für unverhältnismäßig, oder sogar für überflüssig erklärt haben. Es wurde u.a. der fehlende Warnschuss und auch das Treffen des Oberkörpers bemängelt. Gegen den Polizeibeamten wurde wegen Totschlags ermittelt.15 Dieses Verfahren wurde allerdings eingestellt. Es hieß als Begründung von der Staatsanwaltschaft: „Der Beamte habe in Notwehr gehandelt“.16 Auch die Politik ist auf den Fall aufmerksam geworden. Berlins damaliger Innensenator Frank Henkel verteidigte den Polizisten. Er sprach sich allerdings auch für den Einsatz von DEIG aus, um solche Einsätze im Verlauf glimpflicher ausgehen zu lassen. Henkel sprach über ein vergleichsweise mildes Einsatzmittel, gegenüber der Schusswaffe.17
Ursprünglich sind Elektroschockgeräte in der Landwirtschaft eingesetzt worden. Der Elektrozaun sollte Tiere davon abhalten, ein Gehege zu verlassen. Des Weiteren wurden auch Hand- und Stabgeräte eingesetzt, um die Tiere dazu zu bringen eine gewünschte Handlung aszuführen. Dieses technologische Prinzip, hat sich die im Jahr 1993 gegründete Firma „Taser International“ aus den USA18 abgeschaut und auf ihre Produkte projiziert. Die Firma Axon stellte die erste Elektroschockdistanzwaffe her.19 Der Name „Taser“ stammt von dem Firmennamen der Herstellerfirma „Taser International“20, welche nun „Axon Enterprise“ heißt. Es ist ein Gattungsname, wie z.B. bei dem Wort „Tempo-Taschentücher“. Der Firmenname wird also auf gleiche Produkte, auch anderer Hersteller übertragen. Bis heute ist die Firma Axon der Marktführer in Sachen DEIG.21 Diese Elektroimpulspistolen sollen nicht-tödliche22 Waffen darstellen, die zudem noch äußerst ef-fektiv sind.23
Es bestehen mehrere Definitionen für DEIG. Laut Waffengesetz, unter der Anlage 2, Abschnitt 1, Nr. 1.3.6. WaffG, wird das DEIG als Abschuss- oderAuslösegerät bezeichnet, welcheseinen Elektroimpuls überträgt. Dieser kann entwederübereinen leitungsfähigen Flüssigkeitsstrahl oderdurch mitLeitungen verbundene Elektroden zurÜbertragung eines Elektroimpulses am Körpergeschehen.24
Die Herstellerfirma Axon spricht vom „effektivsten und smartesten“ Distanzelektroimpulsgerät aller Zeiten. Die Rede ist von dem im Jahr 2018 erschienenen Axon Taser 7. Dieser soll neue Maßstäbe in Sachen Elektroimpulsgeräte setzen.25 Mit seiner auffälligen, gelben Farbe gleicht er rein äußerlich einer Spielzeugwaffe.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Axon Taser 7
Gleich wie bei einer Pistole, besitzt der Taser 7 einen Abzug, um einen Schuss abgeben zu können. Ebenso ist der Taser mit Kimme und Korn ausgestattet, um ein Ziel anvisieren zu können. Der Abzug muss vor dem Abschuss von dem Sicherungshebel entsichert werden.26 Die gelbe Farbe soll eine Verwechselung mit einer herkömmlichen Schusswaffe verhindern. Um die Verwechselung für den PVB zu vermeiden, trägt dieser das Gerät an der anderen Seite, als die Schusswaffe. Auch sonst grenzt sich die Funktionsweise dieses Gerätes vollkommen von einer Pistole ab. Anders als bei einer herkömmlichen Schusswaffe, hat das DEIG keine Patronen, die verschossen werden. Der Taser besitzt eine Kartusche, welche mit jeweils vier Pfeilelektroden gefüllt ist. Der Taser kann so zwei Schüsse mit jeweils zwei Pfeilelektroden pro Schuss verschießen. Die Kartusche befindet sich im vorderen Teil des DEIG und wird auch dort nachgeladen.27 Beim Eindringen der Pfeilelektroden in die Haut, wird durch Stromimpulse das neuro-muskuläre Nervensystem gestört. Die Stromspannung die dabei durch das Zielobjekt fließt beträgt mindestens 1500 Volt und kann bis zu 2600 Volt betragen. Die Stromstärke ist dabei mit 1,3 -1,5 Milliampere allerdings vergleichsweise gering.28 Diese Stromimpulse verursachen unkontrollierbare Muskelkontraktionen und vermindern die Fähigkeit selbstgesteuerte Bewegungen auszuführen. Die motorischen Nerven werden durch die Impulse so überlastet. Betroffene Personen neigen dazu umzufallen.29 Dabei ist das Schmerzempfinden der Zielperson unerheblich. Ob die Person unter dem Einfluss von Drogen oder Medikamenten steht, ändert somit nichts an der hervorgerufenen Muskelkontraktion und dessen Folgen.30
Weiterhin befindet sich im vorderen Teil des Taser 7 eine 300 Lumen starke Leuchtdiode und die Ziellaser (siehe Abb. 1), in den Farben Grün und Rot.31 Wie das im Namen „Distanz-Elektroimpulsgerät“ enthaltene Wort „Elektro“ bereits suggerieren lässt, ist das DEIG mit Strom betrieben. Durch einen wiederaufladbaren und schnell austauschbaren Akku ist der Taser ständig mit Strom versorgt. Der 900 Milliampere Stunden32 große Akku, befindet sich im Griffstück, in welchem bei der Pistole das Magazin verbaut wäre.33 Mit der integrierten Stromversorgung lassen sich mit dem Taser neben der Taschenlampe, den Ziellasern und einem verbauten Lautsprecher noch weitere nützliche Funktionen im Einsatz verwenden. Das DEIG ist mit einer digitalen Akkuladestandsanzeige am Gerät verbunden, die die Restkapazität des Akkus anzeigt.34 Ebenso besitzt der Taser 7 eine App Unterstützung, welche sämtliche Protokolle und Einsätze speichert und dokumentiert. So wird bei einer Benutzung des Taser 7, alles digital aufgezeichnet und kann somit nachvollzogen werden.35 Diese App kann auch in einem möglichen Gerichtsverfahren, sachdienliche Beweise liefern. Ebenso für die spätere Beweisfunktion von Wichtigkeit ist die „Axon Signal“ Funktion. Der Taser 7 schaltet via drahtloses Signal alle Bodycams der Firma Axon die in der Umgebung sind, ein, wenn dieser z.B. aus dem Holster gezogen wird36. Bei der Polizei NRW werden zurzeit Bodycams von Axon eingesetzt.37 Diese Aufnahmen sind ebenfalls gerichtsverwertbar. Eine weitere nützliche Funktion des DEIG ist der ARC-Lichtbogen. Dieser kann mit einer Taste an der Seite des Geräts ausgelöst werden und hält fünf Sekunden an. Durch die Auslösung wird ein Warnlichtbogen (ähnlich eines Blitzes) ausgelöst, der auditiv auffallend begleitet wird.38 Der aus Strom erzeugte Lichtbogen, ist einem Warnschuss aus der Schusswaffe gleichzusetzten. Er soll Angreifer abschrecken. Auch durch seine verschiedenen Zusatzfunktionen ist der Taser 7 ein sehr komplexes Einsatzmittel.
Der Taser 7 bietet zwei verschiedene Möglichkeiten beim polizeilichen Gegenüber eingesetzt zu werden. Das DEIG kann im Kontaktmodus und im Distanzmodus verwendet werden. Im Kontaktmodus, auch „Drive-Stun“39 genannt, wird der Taser mit der Vorderseite (wo sich die Kartuschen befinden) auf die Haut des Menschen aufgesetzt. Der Taser 7 besitzt an dieser Stelle neben der Kartusche vier kleine Metallelektroden. Zwischen diesen fließt für fünf Sekunden Strom, in Form eines Lichtbogens, der auch als Warnlichtbogen genutzt werden kann.40 Vorab muss der Taser entsichert werden. Die empfohlenen Anwendungsbereiche beim Menschen sind die Extremitäten. Beim Kontaktmodus ist die Wirkung vom DEIG vergleichbar mit herkömmlichen Elektroschockern41. Der durch den Stromimpuls entstehende Schmerz, soll das Gegenüber von seiner eigentlichen Handlung abhalten. Dabei wird der Stromfluss aufgrund der sehr dicht beieinander liegenden Elektroden nur auf die Haut, das Unterhautfettgewebe und die oberflächlichen Muskelschichten reduziert.42 So gelangt der Stromimpuls nicht an die Organe, oder das Nervensystem. Es handelt sich bei diesem Modus lediglich um einen gesetzten Schmerzreiz, der die Muskeln nicht beeinträchtigt.
Im Distanzmodus ist die Kartusche im vorderen Teil des Tasers entscheidend. Nach dem Entsichern des DEIG, sind zwei Schüsse mit dem Taser möglich.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Schuss Taser 7
Die Kartusche besitzt einen linken und rechten Kartuschenschacht, in dem jeweils oben, eine positiv gepolte Elektrode und unten, eine negativ gepolte Elektrode, geladen ist.43 Beim Betätigen des Abzuges wird komprimierter Stickstoff freigesetzt, welcher die Pfeilelektroden eines Schachtes ca. 55 Meter pro Sekunde, bis zu 7,6 Meter weit schießen lässt44. Die Elektroden sind mit 11,5 Millimeter langen Pfeilen ausgestattet, welche eine Spiralform haben. Dadurch bleiben sie besser im Ziel (vorrangig der Haut) stecken. Beim Eindringen entstehen nur Millimeter kleine Hautverletzungen45. Die Pfeile sind zusätzlich mit einem zum Endgerät führenden Draht verbunden.46 Durch diesen fließt der Strom in die Pfeilspitzen. Der Strom kann nur durch die Zielperson fließen, wenn mindestens zwei der vier Elektrodenpfeile, den Körper berühren, bzw. in ihn eingedrungen sind. Bei zwei getroffenen Elektroden lässt das Modell 7 von Axon dabei bis zu 22 Stromimpulse pro Sekunde durch den Körper fließen.47 Die Stromimpulse führen bei der Zielperson zur sofortigen Handlungsunfähigkeit, ähnlich wie ein Erstarren, bis hin zum Fall auf dem Boden. Diese Stromstöße halten für fünf Sekunden an. Der Taser 7 bietet dabei eine „Cross-ConnectFunktion“ an, bei der jede der vier Pfeilelektroden miteinander kommunizieren können. Verfehlt eine der zwei Elektroden das Ziel, so kann ein Nachschuss mit nur einem weiteren Treffer den Stromkreis schließen. Dabei muss allerdings eine positiv und negativ gepolte Elektrode auf der Zielperson gelandet sein.48
Um ein gutes Trefferbild zu gewährleisten, ist der Taser mit Ziellasern in rot und grün ausgestattet. Bei Dunkelheit kann auch die integrierte Taschenlampe zwecks besserer Sicht hinzugezogen werden. Ein gutes Trefferbild zeichnet sich dadurch aus, dass zwischen den Elektroden ca. 30 Centimeter Platz ist, viele Muskeln und Nerven zwischen den Elektroden sind und die Spiralpfeile in der Haut oder Kleidung stecken bleiben.49 Hier sind die empfohlenen Trefferzonen „Rumpf und die Beine, wenn man der Zielperson gegenübersteht, oder den Rücken der Zielperson, wenn man von ihr abgewandt steht.“50 Der Bediener des Tasers kann nach einem Treffer nochmals einen fünf Sekunden langen Stromstoß an die Zielperson absetzten. Dieser Vorgang lässt sich wiederholen.51
Um den Taser 7 überhaupt anwenden zu können, muss dieser auch rechtlich genehmigt sein.
[...]
1 Organisation der Polizei NRW (8. Januar 2021).
2 Aus Gründen der Lesbarkeit wird in dieser Arbeit auf die gleichzeitige Verwendung männlicher, weiblicher und diverser Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten für alle drei Geschlechter.
3 Bialon und Springer (2018). S. 1 ff.
4 Bessere Ausrüstung durchgesetzt. (2021). S. 5.
5 Distanzelektroimpulsgeräte im Einsatztest (15. Januar 2021); Deutscher Bundestag (2017). S. 3 ff.
6 Initiative der DPolG NRW im Parlament angekommen (2017). S. 4.
7 WELT (20. April 2019).
8 BKA.de (2019). S.52 ff.
9 Strafgesetzbuch. §§ 113, 114.
10 Ellerich, Baier und Pfeiffer (2012). S.40 ff.; Prodzinski (2017). S. 25 ff.
11 Initiative der DPolG NRW im Parlament angekommen (2017). S. 3.
12 Prodzinski (2017). S. 25 ff.
13 Ahr (4. November 2013); WELT (1. Juli 2013).
14 Dailymotion.
15 WELT (1. Juli 2013).
16 Ahr (4. November 2013).
17 WELT (1. Juli 2013).
18 Rick Smith (2. August 2019).
19 Kunz und Krys (2020). S. 2.
20 Tannert. S. 1.
21 Kunz und Krys (2020). S. 2.
22 Englisch „non-lethal“
23 Lewer (2015). S.1.
24 Waffengesetz. Anlage 2.
25 Axon Enterprise (2019b).
26 Axon Enterprise, Inc. (2020). Folie 157 ff.
27 Ebd.
28 Axon Enterprise (2018a). S. 2-5.
29 Axon Enterprise, Inc. (2020). Folie 23-27.
30 Ebert (2020). S. 13.
31 Axon Enterprise (2019b); Axon Enterprise (2019e).
32 Axon Enterprise (2018b). S. 1.
33 Axon Enterprise (2019b); Axon Enterprise, Inc. (2020). Folie 157.
34 Axon Enterprise, Inc. (2020). Folie 158.
35 Axon Enterprise, Inc. (2020). Folie 202-205.
36 TASER 7 - Das smarteste und effektivste Distanz-Elektroimpulsgerät aller Zeiten.
37 Mit Bodycam auf Streife (5. Januar 2021).
38 TASER 7 - Das smarteste und effektivste Distanz-Elektroimpulsgerät aller Zeiten ; Axon Enterprise (2019b).
39 Axon Enterprise (2019d). S. 25.
40 Axon Enterprise (2019d). S. 25-27.
41 Ebd.
42 Ho, Jeffrey D., Dawes, Donald M., Kroll, Mark W. (2012). S. 61-78.
43 Axon Enterprise (2019d). S. 4-6; Axon Enterprise, Inc. (2020). Folie 169-170.
44 Kunz und Krys (2020). S. 3.
45 Ebd. S. 4, Abbildung 4.
46 Axon Enterprise, Inc. (2020). Folie 177-178; Axon Enterprise (2019c). S. 1.
47 Axon Enterprise (2019c). S. 2.
48 Axon Enterprise (2019d). S. 5-6.
49 Axon Enterprise (2019d). S. 25.
50 Vgl. Axon Enterprise (2019d). S. 24.
51 Axon Enterprise (2019d). S. 9.
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