Bachelorarbeit, 2021
60 Seiten, Note: 2
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Digitalisierung im Unterricht
1.2 Chancen und Risiken von Vokabel Apps im Englischunterricht
1.2.1 Chancen gegenüber klassischen Lernmethoden
1.2.2 Risiken des Vokabellernens mit mobilen Endgeräten
1.3 Vorstellung der Apps von LearningApps.org
1.3.1 Lückentext-App
1.3.2 Vokabel-Memory-App
2 Rassismus in der Fremdsprachendidaktik des Englischunterrichts
2.1 Rassismus in Englisch-Lehrwerken in Deutschland
2.2 Aufgaben der Fremdsprachendidaktik gegen Rassismus
2.3 Interkulturelle Kompetenz
2.4 Bezug zum LehrplanPLUS der bayerischen Mittelschule
3 Wortschatz-Sensibilität in Bezug auf Rassismus
3.1 Bedeutung der interkulturellen Wortschatzarbeit
3.2 Glossar der themenspezifischen Begriffe
3.3 Debatte über die Sensibilisierung des Wortschatzes
4 Wortschatz zum Thema Rassismus näher bringen durch LearningApps.org Tools
4.1 Unterrichtsplanung: Behandlung der Black Lives Matter Hintergründe mit Hilfe der Apps
4.1.1 Lernvoraussetzungen und Rahmenbedingungen
4.1.2 Sachanalyse
4.1.3 Ziele
4.1.4 Didaktisch-Methodische Analyse
4.1.5 Verlaufsplanung
4.2 Unterrichtsreflexion/Weiterführung
5 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Anhang
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ob Whiteboards, Smartphones oder Laptops – digitale Medien sind im Unterricht aktuell keine Seltenheit mehr. In den letzten Jahren hat die Nutzung digitaler Medien im Schulkontext erheblich zugenommen und die Lehr- und Lernstrukturen grundlegend verändert. Waren es 2013 nur 9,1% der Lehrpersonen, die täglich digitale Medien im Unterricht nutzten, stieg der Anteil 2018 auf 23,2%. Weiterhin gaben 60% der Lehrpersonen an, dass sie mindestens einmal pro Woche von digitalen Medien Gebrauch machten. Das bedeutet, dass der Anteil der wöchentlichen Nutzung digitaler Medien sich im Vergleich zu 2013 beinahe verdoppelt hat (Drossel et al., 2019, S. 215). Digitale Medien können ein wertvolles Unterrichtswerkzeug darstellen, jedoch ist es unerlässlich sich an den Schülerinnen und Schülern (wird fortan mit SuS abgekürzt) und den gegebenen Voraussetzungen zu orientieren.
Digitalisierung im Unterricht ist ein Thema, das hochaktuell und wichtig im Hinblick auf die fortschreitenden Auswirkungen der 2020 auftretenden COVID-19 Pandemie ist. Durch die zeitweisen Schließungen der Schulen musste vermehrt auf digitalen Fernunterricht ausgewichen werden, was wiederum die digitale Lehre in den Vordergrund rückt. Neben der Pandemie sind im gleichen Jahr weitere gravierende Ereignisse aufgetreten. Die Rede ist von der Black Lives Matter Bewegung, die weltweit sowohl Kritik als auch Zuspruch geerntet hat. Dem zugrunde liegt das Rassismusproblem in den USA, welches sich über die Zeit zugespitzt hat und dann eskaliert ist.
Für viele angehende Lehrer gewinnt die Digitalisierung zunehmend an Bedeutung. Die Technologie entwickelt sich im rasenden Tempo weiter, jedoch hinkt die Nutzung der Technik in deutschen Klassenzimmern weit hinterher (darauf wird im Kapitel 1.1 näher eingegangen). Besonders als junge Lehrkraft, die mit Computern und Mobilgeräten aufgewachsen ist, möchte ich zum digitalen Wandel in den Schulen beitragen. Der Grund, warum der Rassismusaspekt in dieser Arbeit mitaufgegriffen wird, ist mein eigener Migrationshintergrund und meine persönlichen Erfahrungen mit Rassismus. In unserer vielfältigen Gesellschaft ist Diskriminierung fehl am Platz. Aufklärung ist essenziell, um Rassismus entgegenzutreten. Daher ist die Auseinandersetzung mit dieser Thematik im Unterricht grundsätzlich erforderlich.
Zum anderen besitzt die Schülerschaft der Mittelschule einen hohen Prozentsatz an SuS mit Migrationshintergrund. Ihr Anteil lag im Schuljahr 2019/2020 bei 40,8%. Im Vergleich dazu waren es an Realschulen nur 14,7% und an Gymnasien lediglich 13,3% SuS mit Migrationshintergrund (Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus, 2020, S. 20). Für diese Jugendlichen gehört die Auseinandersetzung mit der Problematik des Rassismus des Öfteren zum Alltag. Gerade deswegen ist die Sensibilisierung der SuS für diese Thematik essenziell.
Im Rahmen dieser Forschungsarbeit wird der Frage nachgegangen, wie eine erfolgreiche Unterrichtsnutzung digitaler Lern-Apps zum Erlernen von Wortschatz aussehen könnte. Insbesondere setzt die Arbeit sich mit dem Aspekt Rassismus und dem dazugehörigen Wortfeld auseinander. Die Zulassungsarbeit hat zum Ziel die Erkenntnisse zu den Themen Learning Apps und Wortschatzarbeit in Hinblick auf den Aspekt des Rassismus zusammenzufassen und daraus resultierend eine Unterrichtsstunde zu konzipieren, welche die behandelten Aspekte aufgreift und umsetzt. Anhand einer ausgearbeiteten Unterrichtssequenz werden mit Artikulationsschema, Sachanalyse und Didaktisch-methodischer Analyse eine unterrichtliche Nutzung von Vokabel-Apps geplant.
Die folgende Arbeit beginnt mit der theoretischen Analyse der grundlegenden Literatur zu den einzelnen Kapiteln. Dafür wird zuerst auf die Digitalisierung im Allgemeinen eingegangen. Anschließend wird der Fokus auf die Vokabel-Apps gelegt. Im zweiten Kapitel wird der Rassismus in der Fremdsprachendidaktik des Englischunterrichts behandelt. Beleuchtet werden dabei Englisch-Lehrwerke, die Aufgaben der Fremdsprachendidaktik und die Verankerung im Curriculum in Verbindung mit Rassismus. Die Wortschatzsensibilität in Bezug auf Rassismus bildet das dritte Kapitel. Hier sind die Bedeutung der interkulturellen Wortschatzarbeit, ein Glossar der themenspezifischen Begriffe wie auch die Debatte über die Sensibilisierung des Wortschatzes das Thema. Im Anschluss wird im praktischen Teil der Arbeit ein Fallbeispiel der entstandenen Konflikte infolge des Rassismus in den USA dargelegt. Schließlich folgt eine geplante Unterrichtsstunde, die in Bezug zu den vorher untersuchten Themen erstellt wird.
Die rasante Entwicklung digitaler Technologien in den letzten Jahren führte zur Allgegenwärtigkeit digitaler Medien in der heutigen Zeit und der damit einhergehenden Veränderung der Art und Weise wie wir Menschen unseren beruflichen, sowie privaten Alltag gestalten. Diese Neuerungen ermöglichen Lehrerkräften und SuS digitale Formen der Informationsbeschaffung, -speicherung und -vermittlung, sowie der weltweiten zwischenmenschlichen Kommunikation und Vernetzung. Dadurch entsteht eine große Palette an Möglichkeiten und Herausforderungen für den Englischunterricht (Diehr, 2019).
Ob in der Freizeit oder für schulische Zwecke, digitale Medien werden von Lernenden mehr genutzt als je zuvor. Laut der JIM-Studie 2017 verbringen SuS 45% ihrer Lern- und Hausaufgabenzeit (44 Minuten) täglich zuhause am PC oder im Internet. Beginnend mit etwa einer halben Stunde bei den Zwölf- bis 13-jährigen SuS erhöht sich die digitale Hausaufgabenzeit, je älter die Jugendlichen werden, bis hin zu einer ganzen Stunde bei den 18-Jährigen SuS (Feierabend et al., 2017, S. 52). Für Lehr- und Lernmaterialien des Englischunterrichts kommen dabei Apps und Programme zum Einsatz, welche komplexe grammatikalische Hintergründe visuell und auditiv veranschaulichen. Des Weiteren wird das Erlernen von Wortschatz durch individuell konfigurierbare Vokabelprogramme unterstützt. Digitale Lerninhalte und Aufgabenstellungen können für SuS mit unterschiedlichen Leistungsniveaus differenzierter eingesetzt werden. SuS sind durch soziale Netzwerke, E-Mail-Projekte und Videokonferenzen dazu in der Lage Kontakte zu anderen Englischsprechenden und -lernenden zu knüpfen und ihre Sprachfähigkeiten zu erproben (Kerres, 2008, S. 118). Phasen der frontalen Lehre von Lerninhalten des Unterrichts können in die Vor- und Nachbereitung nach Hause outgesourct werden, um somit mehr Zeit für Dinge zu schaffen, welche nur zusammen oder gemeinsam besser in der echten Interaktion und Kommunikation in der Schule funktionieren (Eisenmann, 2020). Englisch lernen und lehren kann durch den Gebrauch digitaler Medien also interaktiver, motivierender und differenzierter gestaltet werden. Für den Englischunterricht birgt die Digitalisierung daher ein großes Potential.
Zum einen schafft die Vielfalt an digitalen Lernmaterialien Vorteile, wirft zeitgleich aber auch Fragen auf, welche Probleme (soziale, gesundheitliche, technische, didaktische und schulpolitische Risiken) bei der Nutzung digitaler Medien auftreten können und wie man diesen entgegentreten kann. Auf die Probleme wird später in dieser Arbeit genauer eingegangen (s. Kapitel 1.2.2). Diese Thematik ist durch das Auftreten der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 aktueller denn je geworden. Die Pandemie hat Schulen gezwungen den Unterrichtsalltag zu digitalisieren und die Regierung musste sich schließlich den organisatorischen und finanziellen Problemen der Digitalisierung stellen. Deutschland hat in der Hinsicht noch einiges aufzuholen und befindet sich in puncto digitaler Infrastruktur, Lehrerkompetenz und Lernumgebung unter dem OECD-Durchschnitt (Ludger & Schleicher, 2020, S. 68).
Während zuvor auf grundlegende Chancen und Risiken der digitalen Medien eingegangen wurde, soll im Folgenden ein besonderes Augenmerk auf Vokabeltrainer-Apps auf Mobilgeräten gelegt werden. Die zunehmende Globalisierung und die Stellung der englischen Sprache als bedeutende Lingua Franca führten zu großem Interesse im Erwerb des Wortschatzes der englischen Sprache, weswegen es heutzutage eine große Auswahl an Wortschatztrainern gibt. Die Frage warum mobile Apps besonders attraktiv erscheinen wird im nächsten Abschnitt geklärt.
Unter diesen digitalen Medien gehören mobile Applikationen, oder kurz Apps, zu den effektivsten ihrer Art und erfreuen sich daher großer Beliebtheit. M-Learning oder Mobile Learning, das Lernen mit mobilen Medien überall und jeder Zeit, bietet gegenüber traditionellen Vokabellernen viele Vorzüge (Witt & Sieber, 2013, S. 14). Ein Argument für M-Learning ist die Flexibilität. Vokabellernen ist mit Apps jederzeit und an jedem beliebigen Ort möglich. Daraus folgt ein effektiveres Zeitmanagement durch Lernen in der Freizeit, besonders in sogenannten „Leerzeiten“ z.B. während der Wartezeit bei einem Arzttermin oder der Fahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln. So können SuS im selbstbestimmten Lerntempo ihren Lernfortschritt schneller erreichen. Mobilgeräte sind immer griffbereit und laut der JIM-Studie 2020 besitzen 94% aller Jugendlichen ein eigenes Smartphone, das mit Abstand am häufigsten verbreitete Gerät, gefolgt vom Laptop mit 72% (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1 Gerätebesitz Jugendlicher 2020
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: JIM-Studie 2020, S. 8
Die hohe Verfügbarkeit an Mobilgeräten bedeutet eine Kostenersparnis für die Schulen durch die Nutzung der privaten Geräte der SuS und Lehrerinnen und Lehrern. In der Lebenswelt der SuS nehmen Smartphones einen immer größeren Raum ein und die Einbettung von Lern-Apps stellt einen Lebensweltbezug her, welcher sich motivierend auf die Lernbereitschaft der SuS auswirkt. Ebenso bietet die Anwendung spieltypischer Elemente (Gamification) in Lern-Apps SuS einen weiteren Anreiz sich mehr mit dem Lernen des Wortschatzes zu beschäftigen. Mittels Belohnungs- und Erfolgssystemen können die Nutzerinnen und Nutzer ihre Erfolge messen und sich mit anderen vergleichen (Bendel, 2019). Sowohl für die Lehrkraft als auch für die SuS ist die Bedienung der Apps recht simpel. Beinahe jeder Jugendliche weiß mit dem Smartphone umzugehen und es bereitet ihnen keinerlei Schwierigkeiten im App-Store nach der benötigten Wortschatz-App zu suchen, sie herunterzuladen und mit der Lernsoftware umzugehen. Mit visuell ansprechenden Animationen und Grafiken, wie auch leicht verständlichen Benutzeroberflächen, bieten Apps eine willkommene Abwechslung zum herkömmlichen Wortschatzlernen. Ein weiterer Pluspunkt der Applikationen ist die Sprachausgabe. Lernende können sich damit die richtige Aussprache der zu lernenden Wörter direkt in der Vokabel-App anhören und müssen nicht extra andere Apps oder Medien dafür nutzen. Das zusätzliche Beherrschen der Lautschrift ist damit auch nicht notwendig, was gerade bei SuS unterer Klassenstufen behilflich sein kann. Ebenfalls wird durch die Sprachausgabe, neben dem visuellen auch ein weiterer Sinneskanal (auditiv) beansprucht und Multimodalität führt zu besserer Gedächtnisleistung. Diese Erkenntnisse hat Paivio schon in seiner Dual Coding Theory festgestellt (Anderson, 2012, S. 130).
Wie zu sehen ist, bieten Vokabeltrainer-Apps genug Anlass, diese zu verwenden. Wie jedoch bereits eingangs erwähnt wurde, sollen auch die Risiken dargelegt werden, die mit der Nutzung von Vokabellernen mit mobilen Apps einhergehen und wie man diesen eventuell entgegenwirken kann.
Dazu gehören zum einen gesundheitliche Risiken. Beeinträchtigungen können durch lange Bildschirmzeiten und Funkwellenbestrahlungen auftreten (Carpenet et al., 2016, S. 1027). Augenschäden und Kopfschmerzen sind einige der Folgen, die auftreten können. Dem kann man entgegenwirken z.B. durch sinnvolle Pausen und dosierten Einsatz der Medien. Gegenwärtig spielt Datenschutz eine große Rolle und ist ein weiterer Faktor, den man beim Einsatz von Wortschatz-Apps nicht außer Acht lassen darf. Vermeintlich kostenfreie Applikationen werden stattdessen mit personenbezogenen Daten bezahlt, eine Problematik deren Ausmaße und Folgen vielen SuS nicht bewusst ist. Eine große Anzahl an Rahmenrichtlinien muss berücksichtigt werden, um keine Datenschutzprobleme zu verursachen (Brummund, 2014, S. 550). Ein wichtiger Kritikpunkt ist, dass didaktisch gut konzipierte Apps häufig gebührenpflichtig sind und somit für Schulen aus Budgetgründen weniger attraktiv sind. Was aber bringen Apps, die nicht gut konzipiert sind? All die genannten Vorteile wie „mehr Motivation“ werden ganz schnell nichtig, wenn die App von den SuS z.B. als langweilig aufgefasst wird. Außerdem besteht die Gefahr, dass die Lehrkraft im Unterricht wenig Kontrollmöglichkeiten über das hat, was die Lernenden wirklich am Handy machen. Foto- und Videoaufnahmen in der Schule können Mobbing von einzelnen SuS zur Folge haben. Daher ist es wichtig Verhaltensregeln für den Umgang mit Smartphones im Unterricht zu etablieren, um dem vorzubeugen.
Viele sind der Meinung, dass die zwischenmenschliche Kommunikation durch die Verwendung digitaler Medien leidet, da das Sprechen kein notwendiges Mittel zur Unterrichtsbeteiligung mehr darstellt (N. Döring & Kleeberg, 2006, S. 86). Jedoch ist das beim Lernen von Vokabeln unbegründet, da z.B. bei der Verwendung zu Hause ohnehin keine Kommunikation stattfindet und auch analoge Übungsbetriebe im Unterricht werden oft in Stillarbeit durchgeführt. Wie die zwischenmenschliche Kommunikation in der Klasse erfolgt, ist natürlich abhängig vom Unterrichtsaufbau der Lehrkraft, womit wir beim nächsten Punkt angelangt wären, der mangelnden mediendidaktischen Kompetenz seitens der Lehrkräfte. Viele Lehrerinnen und Lehrer sind auf dem Gebiet der digitalen Medien nicht versiert genug, wodurch Schulungen nötig sind, welche die Handhabung und den Unterrichtseinsatz der neuen Technologie vermitteln. Weiterbildungsseminare kosten wiederum Zeit und Geld. Schließlich ist noch die Gefahr der sozialen Benachteiligung zu nennen. Bei vereinzelten Lernenden sind die benötigten Geräte nicht vorhanden. Besitzen Lernende kein Smartphone oder kein Gerät der trendigen Marken, erleiden sie Nachteile und können wiederum zu Opfern von Mobbing werden. Leihgeräte können zwar herangezogen werden, kosten aber Geld und schützen die betroffenen SuS dennoch nicht vor Mobbing. SuS könnten eben wegen der Verwendung von Leihgeräten gemobbt werden, da das die Tatsache, dass sie sich kein eigenes Gerät leisten können, umso mehr hervorhebt.
Wie zu sehen ist, gibt es noch einige Herausforderungen zu meistern, bis der Umgang mit Lern-Apps im schulischen Kontext reibungslos funktionieren kann. Wenngleich die Digitalisierung des Unterrichts noch in den Kinderschuhen steckt, so existieren bereits Lösungsansätze die weiterentwickelt und weiterverfolgt werden müssen.
Die in diesem Kapitel vorgestellten Wortschatz-Apps wurden über die Website learningapps.org online erstellt und unterstützen Lern- und Lehrprozesse mit interaktiven, multimedialen Bausteinen, die in Lerninhalte eingebunden werden. Die Website hat zum Vorteil, dass die Bedienung simpel ist und für die Erstellung der Apps keine Programmierfähigkeiten benötigt werden. Ein weiterer Pluspunkt ist die Möglichkeit, die Apps jederzeit abzuändern. Sollte sich also irgendwo ein Fehler eingeschlichen haben, können diese während des Unterrichtsgeschehens ausgebessert werden. Andererseits sind dafür die gestalterischen Möglichkeiten eingeschränkt, da sich die Gestaltung auf die vorgegebenen Vorlagen beschränkt. Die Basis für den Wortschatzerwerb ist die kontextbezogene Einführung neuer Wörter. Mit den Apps lernen und festigen die SuS die Vokabeln zum Thema Rassismus, speziell zum Todesfall von George Floyd und dem Konflikt zwischen Schwarzen und Weißen in den USA (siehe Kapitel 4.1.2). Von den Semantisierungstechniken die Haß aufzählt, finden Kontext, Weltwissen der SuS, Definitionen oder Erläuterungen und Ähnlichkeiten mit dem Deutschen (Phonetik, Orthografie) in diesen Apps Verwendung (Haß, 2006, S. 118–120).
Die Überschrift des Lückentextes lautet #icantbreath. Inhaltlich gibt der Text einen groben Überblick über den Todesfall von George Floyd und den daraus resultierenden Protestbewegungen. Zudem widerlegt er Aussagen der überholten Rassentheorie und zeigt auf, welchen falschen Zwecken diese Aussagen gedient haben. Die zu verwendenden Vokabeln stehen in der App oben in einem Kästchen. Insgesamt gibt es 17 Lücken, die mit den entsprechenden Begriffen zu füllen sind. Die Wörter sollen in die Lücken eingetippt werden. Dabei ist auf Groß- und Kleinschreibung zu achten. Danach kann mit der Korrekturfunktion geprüft werden, ob die Eingaben stimmen (richtige Lücken färben sich dann grün). Wenn das falsche Wort eingesetzt wurde, erscheinen die falsch ausgefüllten Lücken nach der Korrektur in roter Farbe und die entsprechenden Stellen können erneut bearbeitet werden. Ein Knopf in Form einer Lampe bietet Hilfestellung zu Vokabeln im Text, die eventuell nicht klar sind (siehe Anhang A und Anhang B). Der Weblink für diese App lautet: https://learningapps.org/display?v=pwzg52ria21.
Ähnlich wie dem allseits bekannten Spiel Memory finden die SuS in der App 30 verdeckte Karten mit 15 Paaren. Durch das Anklicken drehen sich die Karten um und die Vokabeln werden sichtbar. Ziel des Spiels ist es, in so wenig Versuchen wie möglich richtige Paare aus den durchmischten und verdeckten Karten zu finden. Ein Zähler für die benötigten Spielzüge ist oben in der App sichtbar. Ist ein richtiges Paar gefunden, bleiben die Karten mit der beschrifteten Seite umgedreht und erscheinen grau, um anzuzeigen, dass dieses Wortpaar komplett ist. War es ein falsches Pärchen, so drehen sich die Karten zurück auf die verdeckte Seite. Auf einer Karte ist ein Wort auf Englisch geschrieben, auf der Partnerkarte steht die passende Vokabel mit deutschen Begriffen oder Definitionen. Bei jedem Neustart der App werden die Positionen der Karten zufällig neu generiert, damit die App einen hohen Wiederverwendungswert behält. Für eine erleichterte Bedienung empfiehlt sich hier die Verwendung des Querformats (siehe Anhang C und Anhang D). Der Weblink für diese App lautet: https://learningapps.org/display?v=p2mq2q6kk21.
In den vergangenen Jahren wurden Lehrwerke in Deutschland vermehrt hinsichtlich des Rassismus Aspektes überprüft (Niehaus, 2015, S. 14). Bei diesen Untersuchungen haben Schulbücher für den Englischunterricht hingegen wenig Zuwendung erhalten. Doch genau diese Lehrbücher gehören zu den wenigen, die das Thema Rassismus gegenwärtig präzise und im Vergleich zu anderen umfassender behandeln (Bönkost, 2015). Durch den von Rassismus geprägten Vorfall im Mai 2020 in den USA, bei dem George Floyd von einem Polizisten ermordet wurde, ist das Thema Rassismus in den Medien wieder sehr präsent und entfachte viele Diskussionen. Mit der Frage, inwieweit die Beschäftigung mit dem Rassismus in Englisch-Schulbüchern selbst mit Strukturen des Rassismus behaftet ist, behandelt dieses Kapitel.
Bönkost (2014) untersuchte 18 Englisch-Lehrwerke der Sekundarstufe II in Bremen, welche zwischen 2000 und 2010 erschienen. Die Studie ergab, dass sich Unterrichtswerke, die sich mit dem Rassismus befassten, selbst in Rassismus verstrickt waren. An der Regelhaftigkeit des Gebrauchs des Begriffs „ Rasse 1 “ ließ sich diese Verwobenheit in den Schulbüchern determinieren. Obwohl eine gewisse Ungenauigkeit bezüglich der Bezeichnung vorhanden war, gab es erkennbare Charakteristika bei der Thematisierung des Rassebegriffs. Der Ausdruck wurde beispielsweise überwiegend im Zusammenhang mit der USA genutzt. Da der Rassebegriff in den Lehrwerken weitgehend genutzt wurde, um die USA darzustellen, besteht die Annahme, dass es bei der Produktion der Lehrwerke allem Anschein nach keine Überlegungen gab, wie die Rezipienten den Begriff auffassen könnten. Der Begriff dient ausschließlich zur Zuordnung und Beschreibung von Personen. In keinem Schulbuch gibt es eine Erklärung, welche Bedeutung er innehat. Ebenso erklärt keines der Lehrbücher, warum Personen in den USA in „Rassen“ klassifiziert werden, z.B. in die oft benannten Gruppierungen „Schwarze“ und „Weiße“. Durch diese Veranschaulichung unterstreichen die Lehrbücher die Unterschiedlichkeit der „Rassen“ nur umso mehr, weil sie das dargebotene Wissen im Hinblick auf den Rassebegriff nicht genügend ausführen und erklären. Daher ist der Hintergrund des Begriffs durch den Kontext festgelegt (Bönkost, 2015).
In den Lehrbüchern konnten drei Kontexte ausgemacht werden, in denen der Rassebegriff wiederholt verwendet wurde. Die erste Verwendung unterteilt die Bürger der USA anhand unterschiedlicher Ausprägungen, in verschiedene soziale Gebilde, die sich quantifizieren lassen. Das dient dem Zweck der Sammlung demografischer Entwicklungsdaten in den USA. Zweitens weist der Ausdruck „Rasse“ auf eine potenzielle politische Kategorisierung hin. In diesen Texten ist die rassistische Diskriminierung das Thema, sie gehen aber nur auf „Schwarze“ und „Weiße“ ein und geben sie als gegensätzliches Paar wieder. Rassistische Diskriminierung betrifft in diesen Veranschaulichungen nur die Gruppierung der „Schwarzen“, nicht aber die der „Weißen“, was letzteren eine politisch neutrale Position zuweist. In seiner dritten Kontextbedeutung besitzt die Bezeichnung „ Rasse “ Gemeinsamkeiten mit dem Fachbegriff der Ethnizität (Bönkost, 2015).
Um Englisch-Lehrwerke rassismuskritisch gestalten zu können, ist die ausdrückliche Politisierung des Themas „Rasse“ eine erforderliche Grundlage. Die Thematik Rassismus sollte nur unter kritischer Betrachtung des Machtungleichgewichts erfolgen. SuS sollten darauf Aufmerksam gemacht werden, dass „Rassen“ wie sie im allgemeinen Sinne - als Kategorisierung- verstanden werden soziale Konstrukte sind, die Ungleichheiten begründen (Barskanmaz, 2020, S. 2). Ein vermeintlich natürlicher und irrtümlicherweise neutraler Begriff „ Rasse “, welcher nur die Konnotation von Vielfalt hervorruft, ist ausdrücklich abzulehnen. Die Verwendung des Rassebegriffs ist generell als prekär anzusehen, da dabei stets rassistische Bedeutungsinhalte übermittelt werden (Bönkost, 2015).
„Heutzutage ist das Wichtigste zu lernen, wie man andere Völker versteht. Und zwar nicht nur deren Musik, sondern auch ihre Philosophie, ihre Haltung, ihr Verhalten. Nur dann können sich die Nationen untereinander verstehen.“ (Schmidt, 1985, S. 3)
Das Bekenntnis zum Geist der Völkerverständigung ist eines der obersten Bildungsziele der bayerischen Verfassung und wurde auf Grund der verheerenden Tragödien des letzten Jahrhunderts, die unter anderem aus einem verhängnisvollen, rechtsextremistischen Gedankengut entsprungen sind, in die Verfassung aufgenommen (Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung, 2016, S. 41).
Seit vielen Jahren schon hat sich der Fremdsprachenunterricht dem Bildungsziel der kulturellen Verständigung gewidmet und verfolgt die Ziele der Verständigung, interkulturellen Kommunikation und des friedvollen Zusammenlebens und Zusammenwirkens verschiedener Kulturen. Zu den Leitzielen im Curriculum des Englischunterrichts gehört zudem das inter- oder transkulturelle Denken im Geiste gegenseitigen Respekts und der Achtung der Menschenwürde. Insbesondere Fremdsprachenlehrkräfte müssen sich dem Aufkommen und der Verbreitung rassistischen Denkens entgegensetzen, denn sie sind den Zielen der kulturellen Verständigung verpflichtet und sollten sich selbst von einer rassismuskritischen Denkweise leiten lassen. Nationalistisches und rassistisches Denken hatte im letzten Jahrhundert fatale, folgenschwere Kriege zur Konsequenz. Deswegen ist es ein bedeutender Auftrag der Schule, junge Menschen für die Unentbehrlichkeit und die Voraussetzungen eines friedlichen Zusammenlebens der Menschen verschiedener kultureller Herkunft zu sensibilisieren. Heranwachsende sollen unabhängig von Herkunft, Glaube, Geschlecht und Sexualorientierung in einem Geist der gegenseitigen Anerkennung und Wertschätzung aufwachsen und ausgebildet werden. Daneben soll Jugendlichen dazu verholfen werden, eigene Standpunkte im Sinne des gegenseitigen Respekts mit anderen zu äußern und demokratische Denkweisen, wie auch Handlungen auszuüben. (Hallet, 2020).
Eine verantwortungsvolle Aufgabe hat die Fremdsprachendidaktik gegen den Rassismus inne und hat ebenso die Möglichkeit viel dazu beizusteuern, für eine konfliktfreiere, harmonischere Zukunft für die nachkommenden Generationen.
Die obersten Bildungsziele verfolgen die Absicht den SuS die Fähigkeit der interkulturellen Kompetenz beizubringen. Interkulturelle Kompetenz (wird im Folgenden als IK abgekürzt) von Thomas wie folgt definiert:
Interkulturelle Kompetenz zeigt sich in der Fähigkeit, kulturelle Bedingungen und Einflussfaktoren im Wahrnehmen, Urteilen, Empfinden und Handeln bei sich selbst und bei anderen Personen zu erfassen, zu respektieren, zu würdigen und produktiv zu nutzen im Sinne einer wechselseitigen Anpassung, von Toleranz gegenüber Inkompatibilitäten und einer Entwicklung hin zu synergieträchtigen Formen der Zusammenarbeit, des Zusammenlebens und handlungswirksamer Orientierungsmuster in Bezug auf Weltinterpretationen und Weltgestaltung. (Thomas, 2003, S. 143)
Es existiert eine umfassende Anzahl an Modellen zur IK. Im Rahmen dieser Arbeit wird - aus Gründen des Umfangs - nur auf das weltweit rezipierte Modell von Michael Byram (1997) eingegangen, da dieses im Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen einbezogen wurde (Goethe-Institut Inter Nationes, 2002). Byram differenziert zwischen IK und interkultureller kommunikativer Kompetenz, fortan als IKK abgekürzt (Byram, 1997, S. 70–71). Er beschreibt die IK als die Fähigkeit von Individuen, sich in ihrer Sprache mit Personen unterschiedlicher Kulturen zu kommunizieren. Gleichzeitig verwenden sie ihre Fertigkeiten, kulturelle Unterschiede zu bewältigen und zu respektieren. Ferner knüpfen sie an ihr Verständnis über interkulturelle Kommunikation und ihre positive Haltung zu Anderen an.
[...]
1 Auf den Rassebegriff wird später im Kapitel 3.2 näher eingegangen.
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