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Bachelorarbeit, 2021
66 Seiten, Note: 1,3
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einführung in die Thematik
1.1 Ausgangssituation
1.2 Methodik
2 Definition und Kategorisierung mobiler Arbeitsformen
2.1 Begriffsdefinitionen „Telearbeit“ und „Homeoffice“
2.2 Begriffsdefinition „Mobile Arbeit“
3 Bedeutung des Homeoffice
3.1 Relevanz vor der Pandemie
3.2 Gegenwärtige Relevanz durch die Corona-Situation
4 Arbeitsrechtliche Aspekte des Homeoffice
4.1 Abgrenzung rechtlich beteiligte Personen und Parteien
4.1.1 Arbeitgeber
4.1.2 Arbeitnehmer
4.1.3 Sonderfall „Heimarbeiter“ nach dem Heimarbeitsgesetz
4.2 Anspruch auf Homeoffice
4.2.1 Gesetzlicher Anspruch
4.2.1.1 Direktionsrecht des Arbeitgebers
4.2.1.2 Sonderfall des Sozialgesetzbuches
4.2.1.3 Sonderfall im Öffentlichen Dienst
4.2.2 Kollektivvertraglicher Anspruch
4.2.2.1 Tarifvertrag
4.2.2.2 Betriebsvereinbarung
4.2.2.3 Dienstvereinbarung
4.2.3 Individualvertraglicher Anspruch
4.2.3.1 Rechtliche Grundlagen
4.2.3.2 Umfang der vertraglichen Vereinbarung
4.3 Mitbestimmung des Betriebsrates
4.3.1 Aufgaben und Pflichten des Betriebsrates
4.3.2 Mitbestimmungsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz
4.4 Kosten und Haftung
4.4.1 Kosten- und Aufwandsverteilung
4.4.2 Haftung
4.5 Aspekte des Arbeitsschutzes
4.5.1 Grundpflichten und Grundsätze
4.5.2 Arbeitsstättenverordnung
4.5.2.1 Telearbeitsplatz nach § 2 Abs. 7 S. 1 Arbeitsstättenverordnung
4.5.2.2 Gefährdungsbeurteilung und Arbeitsplatzgestaltung
4.5.2.3 Unterweisung des Arbeitnehmers
4.5.3 Unfallschutz
4.6 Aspekte des Arbeitszeitschutzes
4.6.1 Einhaltung der Ruhepausen und Ruhezeiten
4.6.2 Einhaltung der Höchstarbeitszeit
4.6.3 Überwachungs- und Aufzeichnungspflicht
4.7 Aspekte des Datenschutzes
4.7.1 Personenbezogene Daten
4.7.2 Betriebliche Daten
5 Einflüsse der Corona-Situation
5.1 Gesetzliche Änderungen
5.2 Entwicklung der Verbreitung von Homeoffice
5.3 Umgang anderer Länder mit Homeoffice
6 Resümee und Ausblick
Literaturverzeichnis
Urteilsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Arbeiten im Homeoffice in Deutschland 2014 - 2019
Abb. 2: Intensität des Homeoffice in Deutschland 2014 - 2019
Abb. 3: Anteil der deutschen Arbeitnehmer, der im Homeoffice arbeitete, aktuell arbeitet oder theoretisch arbeiten könnte in Deutschland im zweiten Quartal 2020
Abb. 4: Entwicklung der Verbreitung von Homeoffice während der Corona-Situation
Abb. 5: Anteil der Personen, die vor der Corona-Pandemie mehrfach wöchentlich im Homeoffice arbeiteten
Abb. 6: Anteil der Personen, die nach Eintritt der Corona-Pandemie ins Homeoffice wechselten
„Jeder, der möchte und bei dem es der Arbeitsplatz zulässt, soll im Homeoffice arbeiten können auch wenn die Corona-Pandemie wieder vorbei ist.“1
Die aktuell besondere gesellschaftliche, soziale und wirtschaftliche Lage, bedingt durch die COVID-19-Pandemie, sorgt für sich häufende Einschränkungen und Problemstellungen in nahezu allen Lebensbereichen. Auch auf dem Arbeitsmarkt sind deutliche Veränderungen, beispielsweise durch die Umstrukturierung von Arbeitsplätzen, und neu auftretenden Infektionsschutzmaßnahmen sowie Abstandsregeln, zu verzeichnen. Infolgedessen steigt die Relevanz mobiler Arbeitsformen, wie Homeoffice, stetig an. Einer repräsentativen Studie des Bitkom zur Folge ist aktuell circa jeder zweite Arbeitnehmer teilweise beziehungsweise jeder vierte Beschäftigte ausschließlich beruflich von zu Hause aus tätig.2 Ein anderer relevanter Treiber für die Innovation in der Arbeitswelt ist die fortschreitende Digitalisierung und Globalisierung mit Blick auf eine Industrie- und Arbeit 4.0.3 Mit Hilfe der am 20. Januar 2021 verabschiedeten Corona- ArbSchV, durch die der Arbeitgeber verpflichtet wird seinen Arbeitnehmern Homeoffice in aktueller Pandemielage anzubieten, stellt die Bundesregierung die erste Weiche auf dem Weg zur Flexibilisierung der Arbeitswelt in Deutschland. In Anbetracht dieser Verordnung ist fraglich, ob und inwieweit sich die oben zitierte Aussage des Bundesarbeitsministers langfristig, auch nach Beendigung der Corona-Pandemie umsetzen lässt und welcher gesetzliche Rahmen dafür von der Regierung vorgesehen ist. Deutlich wird: Der Arbeitswelt steht ein facettenreicher Wandel bevor. Dieser wird nicht nur geprägt sein von neuen Arbeitsmodellen, sondern auch von einer
Intensivitätssteigerung der mobilen Arbeitsformen.4 Das Ziel dieser wissenschaftlichen Arbeit ist das Schaffen eines Überblicks über die aktuelle und zukünftige HomeofficeSituation in Deutschland, unter Beachtung der bestehenden und neu geltenden gesetzlichen Regelungen sowie die Formulierung einer Empfehlung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zum Umgang mit der arbeitsrechtlichen Problematik von Homeoffice.
Gegenstand dieser Arbeit ist die Fragestellung, welche konkreten arbeitsrechtlichen Aspekte und Hindernisse bei der Durchführung von Homeoffice zu beachten sind, um ein rechtlich und gesundheitlich sicheres und in sich schlüssiges Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu gewährleisten. Weiterhin wird untersucht, welche arbeitsrechtlichen Veränderungen sich auf Grund der aktuellen Corona-Situation ergeben und welche Relevanz das Arbeitsmodell Homeoffice, heute im Vergleich zu vergangenen Jahren, hat. Der Schwerpunkt dieser Bachelorarbeit besteht in der arbeitsrechtlichen Problematik des Homeoffice, die Einflüsse der Corona-Pandemie werden zusätzlich als gegenwärtige Ergänzung angerissen und sind nicht Kernstück dieser wissenschaftlichen Arbeit. Für die Erstellung einer konkreten Beurteilung im Rahmen der Forschungsfragen wird auf gesetzliche Grundlagen, unter anderem das Arbeitsschutz-, Arbeitszeit- und Betriebsverfassungsgesetz eingegangen. Weiterhin werden wichtige Aspekte des Datenschutzes diskutiert und die Pflichten und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates erläutert. Abschließend werden aktuell getroffene Regelungen zum Homeoffice analysiert und Verbreitung sowie Umgang mit dieser Thematik in anderen Ländern während der Corona-Situation mit Deutschland verglichen. Um die Untersuchungsfragen zu beantworten wird sowohl quantitativ als auch qualitativ geforscht. Die Datenerhebung erfolgt durch eine systematische Literaturrecherche zum gegenwärtigen Stand bestehender rechtlicher und wissenschaftlicher Literatur zur Thematik Homeoffice und Telearbeit. Weiterhin werden Google, Google Scholar und die Datenbanken BeckOnline, Haufe-Online und Bund-Verlag mit den Schlagwörtern „Homeoffice“, „Telearbeit“, „Mobiles Arbeiten“, „Homeoffice Corona-Situation“, „Corona-Pauschale“, „Regelungen zu Homeoffice“, „Recht auf Homeoffice“ und „Rechtsanspruch auf Homeoffice“ zur Quellensuche verwendet. Mithilfe dieser Datenbanken und entsprechender Stichwortsuche wird gewährleistet, dass durch verschiedene Quellen zu dem Thema Arbeitsrecht im Homeoffice ein vollumfänglicher Überblick über bestehende rechtliche Aspekte und die gegenwärtige Relevanz besteht. Um einen Vergleich zwischen der Verbreitung und Bedeutung des Homeoffice innerhalb Deutschlands und anderer Länder zu erhalten werden Daten und Statistiken durch das deutsche Online-Portal für Statistiken „Statista“ erhoben und anschließend diskutiert. Begründet in der Aktualität und andauernden politischen Debatte über die behandelte Thematik wird darüber hinaus auf gegenwärtige Regierungsbeschlüsse, Verordnungen und Studien diverser Institute beziehungsweise Ministerien eingegangen, wie beispielsweise auf die Studie des Ifo, des BMAS oder des Ifaa.
Bei der Telearbeit handelt es sich um eine dezentralisierte Bürotätigkeit, welche durch Informations- und Kommunikationstechniken, wie beispielsweise Laptops und Smartphones, unterstützt wird.5 Weiterhin sind unter diesem Begriff flexible Arbeitsformen zu verstehen, bei denen die Verrichtung der Arbeit sowohl ganz oder teilweise außerhalb der Tätigkeitsstätte des Arbeitgebers erfolgt.6 Eine kommunikative Verbindung zum Arbeitgeber wird meist über ein Firmennetz hergestellt, meist durch einen sogenannten VPN- Zugang. Der Nutzen eines VPN- Zugangs ergibt sich aus einem konstanten Datensicherheitsniveau sowie aus einem dadurch ermöglichten weltweit sicheren Informationsaustausch.7 Die Telearbeit ist erstmals im November 2016 gesetzlich in der ArbStättV niedergeschrieben.8 Der § 2 Abs. 7 ArbStättV definiert den Telearbeitsplatz und lautet: „Telearbeitsplätze sind vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat. Ein Telearbeitsplatz ist vom Arbeitgeber erst dann eingerichtet, wenn Arbeitgeber und Beschäftigte die Bedingungen der Telearbeit arbeitsvertraglich oder im Rahmen einer Vereinbarung festgelegt haben und die benötigte Ausstattung des Telearbeitsplatzes mit Mobiliar, Arbeitsmitteln einschließlich der Kommunikationseinrichtungen durch den Arbeitgeber oder eine von ihm beauftragte Person im Privatbereich des Beschäftigten bereitgestellt und installiert ist.“ Es sind verschiedene Formen der Telearbeit zu unterscheiden.
Bei der am häufigsten genutzten, alternierenden Telearbeit sind die Beschäftigten sowohl am direkten Arbeitsplatz im Unternehmen als auch in den eigenen vier Wänden beruflich tätig. Ihnen steht sowohl in den Gebäuden des Arbeitgebers als auch in der eigenen Wohnung ein Arbeitsplatz zur Verfügung. Für die Arbeitnehmer besteht die Möglichkeit des bedarfsgerechten Wechselns des Arbeitsortes. Dadurch sind Büroarbeitsplätze abwechselnd von mehreren Mitarbeitern benutzbar, was wiederum eine genaue Absprache erfordert, wann eine Präsenz erforderlich ist und zu welchen präzisen Zeiten die Arbeit geplant ist.9
Unter häuslicher Telearbeit wird eine arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit verstanden, bei der die ausschließliche Verrichtung der Arbeit am häuslichen Arbeitsplatz des Beschäftigten stattfindet. Dem Arbeitnehmer steht in den meisten Fällen kein Arbeitsplatz in der betrieblichen Arbeitsstätte zur Verfügung. Heimbasierte Telearbeit ist eine andere Bezeichnung für diese Arbeitsform.10
Im Gegensatz zu der Bezeichnung „Telearbeit“ ist der Begriff des Homeoffice nicht gesetzlich verankert, sondern wird umgangssprachlich für die alternierende Telearbeit benutzt.11 Charakteristisch für die Tätigkeit im Homeoffice ist ebenso wie bei der alternierenden Telearbeit das Bestehen eines festen Arbeitsplatzes in den eigenen vier Wänden des Mitarbeiters.12 Der Homeoffice-Arbeitsplatz muss mit den gesetzlichen Anforderungen des betrieblichen Arbeitsplatzes übereinstimmen.13 Ob die Arbeit im Homeoffice und der damit verbundene außerbetriebliche Arbeitsplatz dem Telearbeitsplatz im Sinne des § 2 Abs. 7 ArbStättV. entspricht wird in 4.5.2.1 geklärt.
Mobiles Arbeiten und Telearbeit unterscheiden sich im engeren Sinn aufgrund ihrer gesetzlichen Definition voneinander. Wie in Abschnitt 2.1 bereits festgestellt, besteht eine gesetzliche Grundlage der Telearbeit in der Novellierung der ArbStättV. Gegensätzlich dazu existiert bei mobilem Arbeiten bisher keine gesetzliche Regelung.14 Ein Unterschied zum Homeoffice sowie zur Telearbeit liegt darin, dass bei der mobilen Arbeit der Arbeitnehmer auch an anderen selbstbestimmten Orten und nicht nur an dem festen Arbeitsplatz im Homeoffice arbeiten darf. Er hat nicht zwingend einen festen und vom Arbeitgeber geprüften Arbeitsplatz, von dem er ausschließlich arbeitet. Falls ein Mitarbeiter auf Dienstreisen mobil arbeitet, fällt auch dies unter den Begriff „Mobile Arbeit“.15 Eine andere Bezeichnung für diese Arbeitsform ist die des „Mobile Office“.16
Homeoffice liegt im Trend aber kommt für einen Großteil der Bevölkerung nicht in Frage, da verschiedene Berufstätige, wie beispielsweise Gastronomen, Handwerker, Hotellerie oder Betreuer auf Grund ihrer Arbeitsweise an den gewohnten stationären Arbeitsplatz gebunden sind.17 Die Bedeutung des Homeoffice beschränkt sich folglich nur auf die Berufszweige, bei denen die Arbeit mit einem Laptop, Computer oder anderen portablen Endgeräten möglich ist. Innerhalb dieses Abschnittes wird anhand empirischer Erhebungen auf die Relevanz und Verbreitung des Homeoffice zwischen 2014 und 2019 innerhalb Deutschlands eingegangen und ein Vergleich zur gegenwärtigen Bedeutsamkeit gezogen. Die Nebeneinanderstellung erfolgt durch Auswertungen von verschiedenen Statistiken und Daten, wie unter anderem die Arbeitszeitbefragung der BAuA, eine Analyse der ELFS und gewonnene Erkenntnisse des Ifo. In dem folgenden Unterpunkt wird zunächst der Stellenwert des Homeoffice im Zeitraum vor der Pandemie untersucht.
In Folge des von der Regierung beschlossenen Lockdowns, zur Gewährleistung von Kontaktreduzierungen war im vergangenen Jahr 2020 bis heute eine Beschäftigung der Arbeitnehmer im Homeoffice eine praxistaugliche Möglichkeit. Laut einer repräsentativen Befragung von rund 2000 Erwerbstätigen im Auftrag der Iga, ist unabhängig davon bereits zwischen 2016 und 2019 die Zahl der Berufstätigen im Homeoffice stetig angestiegen. Entsprechend dieser Studie bestand 2019 für 35 Prozent der Befragten die Möglichkeit ihre Arbeit von zu Hause, beziehungsweise auch von einem anderen Ort aus, zu erledigen. Im Jahr 2016 hatten lediglich 27 Prozent der Umfrageteilnehmer die Möglichkeit auf Homeoffice und mobiles Arbeiten. Vor allem Führungskräfte machten im Jahr 2019, mit einem 44- prozentigen Anteil, von Homeoffice vermehrt Gebrauch. Bei Beschäftigten ohne Personalverantwortung liegt dieser Anteil lediglich bei 29 Prozent.18 Bei einer gewerkschaftlichen Befragung der IGM im Jahr 2017 gaben 25,8 Prozent der 681.241 befragten Personen an, mindestens zwei Mal pro Monat an einem selbstbestimmten Ort beziehungsweise von zu Hause aus zu arbeiten.19 In der Auswertung der Arbeitszeitbefragung der BAuA wiederum, wird ein wesentlich niedrigerer Wert von zwölf Prozent im Jahr 2017 ermittelt. Dieser Anteil repräsentiert alle Erwerbstätigen zwischen 15 und 64 Jahren, die ihre Tätigkeit teilweise von zu Hause ausüben beziehungsweise bei denen eine Homeoffice-Vereinbarung vorliegt. Im Rahmen dieser Studie wurden 8.767 Personen befragt.20 Die offensichtlichen Differenzen zwischen den einzelnen Umfragen sind auf unterschiedliche Gründe zurückzuführen. Mögliche Aspekte könnten einerseits abweichende Fragenkataloge und Unterschiede bei der Definition von Fragen sein und andererseits könnte eine weitere Ursache in der uneinheitlichen Intensität und Interpretation von Homeoffice liegen. Bei der IGM werden Beschäftigte, welche zwei Mal pro Monat an einem anderen, nicht betrieblichen Ort arbeiten, als Homeoffice-Mitarbeiter betrachtet. Bei der BAuA hingegen wird konkret nach einer Homeoffice Vereinbarung und teilweisen Arbeiten im Homeoffice gefragt. Um einen transparenteren Einblick in die Zeit vor der Corona-Pandemie zu bekommen, wird in den zwei folgenden Abb. sowohl die Arbeit im Homeoffice in Deutschland zwischen 2014 und 2019 und die Intensität des Homeoffice in dieser Zeit dargestellt. Die Basis der dargestellten Daten liefert die ELFS.
Abb. 1: Arbeiten im Homeoffice in Deutschland 2014 - 2019
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eurostat, 2015, (eigene Darstellung)
Anhand Abb. 1 wird deutlich, dass die Verbreitung von Homeoffice zwischen 2014 und 2017 in Deutschland relativ konstant war. Zwischen 2017 und 2018 stieg die Relevanz leicht an und erreicht mit fast 13 Prozent im Jahr 2019 einen neuen Höchstpunkt innerhalb des Untersuchungszeitraums. Der Anstieg von Homeoffice könnte auf die bereits genannte fortschreitende Digitalisierung zurückzuführen sein. Die Y- Achse zeigt den prozentualen Anteil der Erwerbstätigen in Deutschland, welche gelegentlich oder gewöhnlich im Homeoffice arbeiten. Ebenfalls dargestellt durch die orangene Linie. Die Untersuchungsgruppe beinhaltet Erwerbstätige im Alter zwischen 20 und 64 Jahren. Die in der ELFS enthaltenen Daten entstammen dem Mikrozensus Deutschlands. Der Mikrozensus beschreibt eine sich jährlich wiederholende Haushaltsstichprobe von einem Prozent der deutschen Haushalte. Zweck der Durchführung ist die Erstellung von statistischen Informationen über den Arbeitsmarkt und die Bevölkerung.21 Es wird deutlich, dass die Arbeit im Homeoffice zunimmt, auch wenn die Veränderungen zu den Vorjahren nur gering sind. Durch die voranschreitende weltweite Digitalisierung der Arbeitswelt und steigende Nutzungstendenz von mobilen Arbeitsformen, wie Homeoffice, ist in Unternehmen unter anderem auf die Auswirkungen hinsichtlich arbeitsrechtlicher Regelungen zu achten sowie die Bereitstellung von Arbeitsmitteln zu
gewährleisten. Welche Regelungen konkret zu treffen sind wird in 4.2.3 und den dazugehörigen Subkategorien explizit erläutert. Ob auch die Intensität des Homeoffice zwischen 2014 und 2019 zugenommen hat, wird in der folgenden Abb. geklärt.
Abb. 2: Intensität des Homeoffice in Deutschland 2014 - 2019
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eurostat, 2015, (eigene Darstellung)
In Abb. 2 wird die Intensivitätsverteilung der in Abb. 1 ermittelten Beschäftigten, welche im Homeoffice arbeiten, explizit aufgeschlüsselt. Die Untersuchungsgruppe der 20- bis 64-jährigen Erwerbstätigen wird beibehalten. Auf der Y- Achse wird der prozentuale Anteil der Erwerbstätigen, welche nur gelegentlich beziehungsweise mehrfach wöchentlich im Homeoffice arbeiten, dargestellt. Dabei repräsentiert die blaue Linie die Arbeitnehmer, die nur vereinzelt im Homeoffice arbeiten und der orangefarbene Graph verdeutlicht jene Beschäftigten, welche mehrfach wöchentlich im Homeoffice tätig sind. In den Jahren 2014 bis 2016 waren die Werte nahezu konstant. Die Intensität des Homeoffice zwischen 2014 und 2016 war relativ gering. Durchschnittlich acht Prozent der Erwerbstätigen arbeiteten nur ab und zu im Homeoffice und lediglich drei Prozent nutzten mehrfach wöchentlich diese mobile Arbeitsweise. Zwischen 2016 und 2017 veränderte sich die Intensität des Homeoffice im Vergleich zu den Vorjahren. Mehrfaches wöchentliches Arbeiten gewann an Bedeutung. Der Wert stieg auf circa fünf Prozent und der Anteil des gelegentlichen Arbeitens von zu Hause sank auf circa sechs Prozent, was zeigt, dass die Häufigkeit, Ausprägung und die Relevanz von mobilen Arbeitsformen zunahm. Ab 2017 bis 2019 stiegen beide Werte parallel zueinander an. Daraus kann abgeleitet werden, dass sich die Bedeutung und allgemeine Verbreitung von Homeoffice, durch die mehrfache wöchentliche Nutzung beziehungsweise Intensitätssteigerung, zusätzlich erhöhte. Zusammenfassend lässt sich sagen, Homeoffice hat in den Jahren vor Eintritt der Corona-Pandemie an Relevanz gewonnen und eine leicht steigende Tendenz könnte anhand der Auswertung der ELFS auf Grund der globalen Digitalisierung prognostiziert werden.
In der momentanen Zeit der Corona-Pandemie wird vielfach im Homeoffice gearbeitet. Zurückzuführen ist dies vor allem darauf, dass die Unternehmen aufgrund von Infektionsschutzverordnungen, Mobilitätsbeschränkungen und aktuellen rechtlichen Regelungen angehalten sind, den vorgeschriebenen Mindestabstand zwischen den einzelnen Mitarbeitern einzuhalten und Kontaktreduzierungen zu gewährleisten, um die Verbreitung des Virus zu minimieren.22 Demzufolge werden Arbeitgeber zum Teil konkret dazu veranlasst, ihre Beschäftigten zum Arbeiten in das private Umfeld zu schicken. Ein weiterer Indikator für die steigende Relevanz des Homeoffice ist, dass viele Eltern durch Kindergarten- und Schulschließungen gezwungen sind ihre Kinder eigenständig von zu Hause aus zu betreuen. Homeoffice gibt einem Großteil der betroffenen Eltern eine Möglichkeit, Kinderbetreuung sowie Homeschooling in dieser Ausnahmesituation besser zu handhaben.23 Laut der Forschungsstudie des BIB sind 10,56 Mio. Eltern von unter zwölfjährigen Kindern aktuell im besonderen Ausmaß von den gesetzlichen Einrichtungsschließungen betroffen.24 Im Rahmen einer, durch das Ifo erfolgten, Personalbefragung des Unternehmens „Randstad Deutschland GmbH & Co. KG“, äußerten sich circa 800 Personalleiter deutscher Unternehmen im zweiten Quartal 2020 zur gegenwärtigen Corona-Situation mit konkretem Bezug auf die Thematik Homeoffice. Die Ergebnisse der Befragung ergaben, dass der digitale Wandel positiv durch die Corona-Pandemie beeinflusst wird und die Nutzung von Homeoffice stärker verbreitet ist als je zuvor. Darüber hinaus stellte man fest, dass das Potenzial des
Arbeitens im mobilen beziehungsweise privaten Umfeld noch nicht vollkommen ausgeschöpft ist.25 Die folgende Grafik visualisiert diese Thesen.
Abb. 3: Anteil der deutschen Arbeitnehmer, der im Homeoffice arbeitete, aktuell arbeitet oder theoretisch arbeiten könnte in Deutschland im zweiten Quartal 2020
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Ifo, 2020, (eigene Darstellung)
Abbildung 3 wurde auf Basis der Daten der Personalleiterbefragung des Ifo erstellt. Die Y-Achse gibt den prozentualen Anteil der Belegschaft für die Kategorien der Homeoffice-Nutzung an. Die blauen Säulen zeigen den Anteil der Arbeitnehmer, die nicht im Homeoffice arbeiteten, arbeiten oder theoretisch nicht arbeiten können, im Gegensatz dazu repräsentieren die orangenen Säulen die im Homeoffice ehemals und derzeit beschäftigte Belegschaft und das theoretisch mögliche Homeoffice fähige Personal. Die zwei linken Säulen zeigen wie die Belegschaft vor der Pandemie arbeitete. Deutlich wird, dass der Anteil der nicht im Homeoffice-Beschäftigten, in Höhe von 61 Prozent, wesentlich höher ist als der Arbeitnehmerkreis, der Homeoffice vor der Pandemie nutzte. Die Arbeitssituation im zweiten Quartal 2020 der Befragten wird durch die zwei zentralen Balken dargestellt. Es ist eine klare Veränderung zu den Werten vor der Corona-Situation zu verzeichnen. Der nicht im Homeoffice arbeitende Anteil sinkt rapide auf 39 Prozent herab und divergent dazu steigt die Anzahl der sich im Homeoffice befindlichen Arbeitnehmer. Diese prozentuale Umverteilung wird durch die bereits erläuterten Auswirkungen der Pandemie begründet und beweist, welche Relevanz Homeoffice gegenwärtig hat. Die Gegenüberstellung des theoretisch möglichen Anteils und der tatsächlichen Nutzung von Homeoffice sind durch die beiden verbleibenden Säulen rechts im Diagramm visualisiert. Diese zeigen, dass noch Steigerungspotential hinsichtlich der Ausschöpfung des Homeoffice besteht. Um die ermittelte theoretisch mögliche Homeoffice-Nutzung von 80 Prozent der Beschäftigten auszuschöpfen, bedarf es einer weiteren Umverteilung von 19 Prozent der sich aktuell im stationären Arbeitsumfeld befindlichen Arbeitnehmer. Bei den übrigen 20 Prozent der Belegschaft, welche keine Möglichkeit auf Homeoffice haben, handelt es sich um Arbeitnehmer, bei denen der Beruf und die Arbeitsweise eine solche Art der Telearbeit nicht zulassen. Zusammenfassend lässt sich sagen, die Bedeutung des Homeoffice hat sich bereits in den Jahren unmittelbar vor der Corona-Krise gesteigert. Während dieser weltweit anhaltenden Pandemie ist diese Thematik bei Arbeitnehmern noch relevanter und präsenter geworden. Zurückzuführen ist dies zum einen auf die Digitalisierung, Globalisierung und dem Konzept einer Industrie 4.0, zum anderen aber auch auf gegenwärtig geltende gesetzliche Regelungen, die Kinderbetreuung und das Homeschooling.
Dieser folgende Abschnitt befasst sich mit der arbeitsrechtlichen Problematik des Homeoffice. Es werden im Konkreten die unterschiedlichen Möglichkeiten eines Anspruchs auf Homeoffice analysiert, die zu schaffenden Rahmenbedingungen für eine Tätigkeit im Homeoffice und die geltenden, zu beachtenden Gesetze ausführlich diskutiert. Um die arbeitsrechtlichen Besonderheiten des Homeoffice verständlich zu erläutern erfolgt zunächst eine Abgrenzung und rechtliche Unterscheidung relevanter beteiligter Personen und Parteien.
Für das wirksame Zustandekommen einer individualvertraglichen Vereinbarung im Zivilrecht, beispielweise für einen Arbeitsvertrag ist die Abgabe zweier inhaltlich übereinstimmender Willenserklärungen notwendig.26 Voraussetzungen sind dabei die wirksame Abgabe und die Annahme eines Angebots gemäß §§ 145 ff. BGB. Ein solches Rechtsgeschäft erfolgt in den meisten Fällen durch zwei oder mehrere rechtliche Vertragsparteien. Bei der Schaffung der Grundlage eines Arbeitsverhältnisses bildet der Arbeitsvertrag die Basis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die zwei Hauptleistungspflichten des Arbeitsvertrages sind dabei die Arbeitspflicht und die Vergütungspflicht gemäß §§ 611, 611 a BGB. In den folgenden Unterpunkten werden die zwei soeben genannten Vertragsparteien des Arbeitsverhältnisses explizit definiert und deren gesetzliche Pflichten genauer erläutert. In Unterpunkt 4.1.3 wird näher auf den Sonderfall des „Heimarbeiters“ eingegangen und eine Abgrenzung zum „normalen“ Arbeitnehmer vorgenommen.
Der Arbeitgeber ist der Vertragspartner des Arbeitnehmers. Die rechtlichen Beziehungen des Arbeitnehmers sind nicht mit dem Unternehmen an sich verbunden, obwohl in diesem die Arbeit erbracht wird, maßgeblich ist das Rechtsverhältnis zum Arbeitgeber.27 Im Unterschied zum Begriff des Unternehmens, welches wirtschaftliche und wirtschaftsrechtliche Bedeutung hat, ist der Arbeitgeberbegriff arbeitsrechtlicher Natur.28 Dieser wird wie folgt definiert: „Arbeitgeber ist jeder, der einen Arbeitnehmer beschäftigt. Wer Arbeitgeber ist, bestimmt sich danach, mit wem der Arbeitsvertrag geschlossen wurde. Arbeitgeber kann auch eine juristische Person sein.“29 Beispielsweise bei Vorliegen eines mittelbaren Arbeitsverhältnisses oder Leiharbeitsverhältnisses ist die genau definierte Arbeitgeberstellung nicht deutlich, da auf der einen Seite ein Arbeitsvertragsabschluss mit dem Arbeitgeber erfolgt ist und auf der anderen Seite der Arbeitnehmer für eine andere Person die Arbeitsleistung erbringt. Bei einem Konzern können durch eine individuelle Vertragsvereinbarung sowohl die Muttergesellschaft, die Tochtergesellschaft, als auch beide gemeinsam Arbeitgeber sein. Bei Personengesellschaften, wie beispielsweise der OHG, KG oder der GbR, tritt alleinig die Gesellschaft als Arbeitgeber auf.30 Darüber hinaus hat der Arbeitgeber Pflichten, die sich aus dem sonderprivatrechtlich geschlossenen Vertrag aus § 611 BGB ergeben.
Gemäß §§ 611 Abs. 1, 611 a Abs. 2 BGB ist die Hauptpflicht des Arbeitgebers die Vergütungsverpflichtung. Er ist dem Arbeitnehmer demnach zur vereinbarten Vergütung seiner erbrachten Leistungen verpflichtet. Die Art und Höhe der Vergütung ist vertraglich geregelt und unterliegt gesetzlichen Regelungen, wie beispielsweise dem Mindestlohn oder dem Tarifvertragsgesetz. Nebenpflichten des Arbeitgebers sind unter anderem die Beschäftigungspflicht, Fürsorgepflicht, Schutz und Sorgfaltspflicht, Datenschutzpflicht, Pflicht zur Gewährung von Urlaub, Schutz vor Diskriminierung und die Pflicht zum Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers.31 Auf einzelne dieser arbeitsrechtlichen Pflichten wird innerhalb des übergeordneten Kernabschnitts noch explizit eingegangen.
Unter das Arbeitsrecht fällt nicht jede Person, die innerhalb eines Vertragsverhältnisses Arbeit für eine andere erbringt. Nur wer die Arbeit im Dienst eines anderen, mit einem bestehenden Abhängigkeitsverhältnis leistet, befindet sich im Anwendungsbereich des Arbeitsrechts. Aus diesem Grund hat der Arbeitnehmerbegriff für die Anwendung arbeitsrechtlicher Regelungen eine tragende Bedeutung. „Eine eindeutige gesetzliche Begriffsbestimmung gibt es dennoch nicht“, so Prof. Dr. Reinhard Richardi in der Einführung der 94. Auflage der Beck-Texte zum Arbeitsgesetz.32 Im BGB wird durch den § 622 Abs. 1 BGB der Arbeitnehmer als Arbeiter oder Angestellte benannt. Diese beiden Begriffe, werden im Rahmen dieser gesetzlichen Regelung jedoch nicht näher erläutert. Im § 5 Abs. 1 BetrVG und im § 5 Abs. 1 ArbGG wird der Arbeitnehmer ebenfalls als Arbeiter oder Angestellter betitelt. Diese zwei Rechtsvorschriften machen deutlich, dass es für den Arbeitnehmerbegriff unerheblich ist, von wo der Angestellte seine Arbeit verrichtet, ob im Betrieb, im Außendienst, in der Heimarbeit oder eine Beschäftigung mit Telearbeit. Die Legaldefinition des Arbeitsvertrages, geregelt in § 611 a BGB, ermöglicht eine nähere Orientierung zur Begrifflichkeit des Arbeitnehmers.33 Im Sinne des § 611a BGB ist der Arbeitnehmer verpflichtet weisungsgebunden und fremdbestimmt Arbeit in persönlicher Abhängigkeit für einen anderen zu leisten. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Eine Person wird als Arbeitnehmer verstanden, wenn er
[...]
1 Heil, 2021.
2 Vgl. Bitkom e.V. (Hrsg.), 2020.
3 Vgl. Neufeind, 2016, S. 58.
4 Vgl. Bonin u. a., 2020, S. 11.
5 Vgl. Lackes, 2018.
6 Vgl. Einbock u. a., 2020.
7 Vgl. Moormann, 2020.
8 Vgl. Haufe Online (Hrsg.), 2018.
9 Vgl. Haufe Online (Hrsg.), 2020b.
10 Vgl. ifb - Institut zur Fortbildung von Betriebsräten (Hrsg.), 2021b.
11 Vgl. Ofer, 2019.
12 Vgl. Küttner, 2020, S. 1; Müller, 2020, S. 23, Rn. 2.
13 Vgl. Christ, 2017.
14 Vgl. Haufe Online (Hrsg.), 2018.
15 Vgl. Christ, 2017.
16 Vgl. Oberthür, 2013, S. 246.
17 Vgl. IONOS (Hrsg.), 2020a.
18 Vgl. Wellmann/Hasselmann/Lück, 2019.
19 Vgl. Bonin u. a., 2020, S. 18.
20 Vgl. Backhaus/Wöhrmann/Tisch, 2018.
21 Vgl. Schmidt, 2018.
22 Vgl. Bonin u. a., 2020, S. 90.
23 Vgl. Bujard u. a., 2020, S. 19.
24 Vgl. Bujard u. a., 2020, S. 13.
25 Vgl. Ifo (Hrsg.), 2020.
26 Vgl. Flegl, 2012.
27 Vgl. Richardi, 2021, S. XIII.
28 Vgl. Dautzenberg, 2018.
29 Dautzenberg, 2018.
30 Vgl. Dautzenberg, 2018.
31 Vgl. Arbeitsrechte.de (Hrsg.), 2018.
32 Richardi, 2021, S. XIII.
33 Vgl. Richardi, 2021, S. XIII.