Bachelorarbeit, 2021
59 Seiten
1. Einleitung
2. Jugendphase
2.1 Begrifflichkeiten
2.2 Jugend als soziales Konstrukt
2.3 Jugend aus entwicklungspsychologischer Sicht
2.3.1 Gegenstand und Aufgaben der Entwicklungspsychologie
2.3.2 Entwicklungsaufgaben
2.3.3 Entwicklungskontexte
3. Jugenddelinquenz
3.1 Begrifflichkeiten
3.2 Jugendkriminalität im Hell- und Dunkelfeld
3.3 Episodische und intensive Jugenddelinquenz
4. Jugenddelinquenz als ubiquitäres Phänomen
4.1 Einblick in die Forschungslage zur Erklärung von Jugenddelinquenz
4.2 Erklärungsansätze und Entstehungszusammenhänge aus psychologischer Perspektive
4.3 Jugenddelinquenz im Lebenslauf
4.4 Etikettierungsansatz/ „Labeling Approach“
5. Perspektivwechsel
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis
„Die Adoleszenz ist derjenige Lebensabschnitt, der zu gewalttätigem Verhalten besonders prädisponiert.“ (Ahrbeck 2010, S.7)
Mit dieser Aussage zielt Ahrbeck auf das wissenschaftlich vielfach belegte erhöhte Maß an Kriminalität im Jugendalter, auch Adoleszenz genannt, ab. Die Polizeiliche Kriminalstatistik erfasste im Jahr 2020 insgesamt 328.997 Straftatverdächtige im Alter von 14 bis unter 21 (vgl. Bundeskriminalamt 2021). Dies macht einen Anteil von circa 16,7 Prozent aller Tatverdächtigen aus, obwohl die Quote der in diesem Alter in Deutschland lebenden Menschen deutlich geringer ist (vgl. Statistisches Bundesamt 2021). Die Beobachtung der faktisch ansteigenden Delikte im Jugendalter und die kontinuierliche Abnahme nach Erreichen der Volljährigkeit ist bereits seit Jahrzehnten zu verzeichnen. Infolgedessen bekommt die Jugend im Rahmen öffentlicher und medialer Diskurse zunehmend Aufmerksamkeit und entwickelte sich bislang zu einem brisanten Gegenstand geführter Debatten. Dabei lassen sich unterschiedlichste professionelle sowie laienhafte Meinungen, Theorien und Ansätze finden, die unter anderem divergente Annahmen zur Ergründung der Delinquenz Adoleszenter vorbringen. Insgesamt stellen sich oftmals Fragen nach der Ursache für Jugendkriminalität oder weshalb ausgerechnet das Jugendalter bezeichnend für den Höhepunkt der Begehung von Straftaten zu sein scheint. Ein Ziel dieser Arbeit ist es, sich ebenfalls diesen Fragen zu widmen und dabei die Diversität und Komplexität der Beantwortungsmöglichkeiten zu verdeutlichen. Insbesondere soll es um die Allgegen- wärtigkeit/Ubiquität von Jugenddelinquenz gehen, die als ein Hauptmerkmal von jugendtypischer Delinquenz gilt. Aufgrund dessen liegt dieser Arbeit die Fragestellung zugrunde:
Inwiefern stellt Jugenddelinquenz ein ubiquitäres Phänomen dar?
Als erstes wird sich im zweiten Kapitel mit der Jugendphase im Allgemeinen auseinandergesetzt, um ein grundlegendes Verständnis für die weiterführende Thematik der Jugenddelinquenz zu schaffen. Dabei geht es zunächst um Begriffsbestimmungen und danach um die Betrachtungsweise von Jugend als soziale und gesellschaftlich konstruierte Kategorie, welche ebenfalls einen anerkannten Forschungspunkt darstellt. Des Weiteren befasst sich das Kapitel 2.3 durch seine Unterthemen mit der Jugend aus entwicklungspsychologischer Sicht. Die Betrachtungsweise der Entwicklungspsychologie wurde ausgewählt, da sie einen in der Wissenschaft vielvertretenen Ansatz darstellt und auch Grundlage eines späteren Kapitels zu Erklärungsansätzen der Jugenddelinquenz ist. Anschließend geht es im dritten Kapitel übergreifend um die Jugenddelinquenz. Dafür werden zunächst erneut wichtige Begriffe definiert und anschließend die Jugendkriminalität im Hell- und Dunkelfeld differenziert behandelt. Im letzten Unterkapitel des dritten Abschnittes wird auf die Unterschiede von sogenannten episodischen und intensiven Tä- ter*innen eingegangen. Dies ist insofern von Bedeutung, als dass die eine Gruppe mit ihren Verhaltensweisen einer jugendtypischen Entwicklung zugeteilt wird und die andere eher der langfristigen und jugenduntypischen Delinquenz. Im vierten Kapitel folgt die Auseinandersetzung mit bestimmten Entstehungszusammenhängen und Erklärungsansätzen von Jugenddelinquenz. Dabei werden sowohl entwicklungspsychologische als auch lebenslaufforschungsbezogene Ansätze und Theorien herangezogen. Das letzte Teilkapitel beschäftigt sich mit der soziologischen Etikettierungstheorie, die eine andere Sichtweise auf die Jugenddelinquenz darstellt, indem sie die Zuschreibungsprozesse „nichtkonformen“ Verhaltens in den Vordergrund stellt. Inhaltlich endet die Arbeit mit einem Perspektivwechsel, durch welchen die Konzepte Jugend und Jugenddelinquenz grundsätzlich infrage gestellt und kritisch beleuchtet werden. Hierdurch soll nicht nur die bestehende Betrachtungsweise von Jugendlichen hinterfragt und gegebenenfalls erweitert werden, es wird ebenfalls auf die Vielfältigkeit pädagogischer und wissenschaftlicher Aussagen bezüglich Jugenddelinquenz aufmerksam gemacht.
Ist von „Jugend“ oder „Jugendphase“ die Rede, haben die meisten Menschen in irgendeiner Art und Weise eine bestimmte Vorstellung von diesen Begriffen. Es entstehen möglicherweise sehr individuelle Assoziationen, doch fremd scheint der Begriff der Jugend keineswegs zu sein. Gleichzeitig fällt es insbesondere der Wissenschaft schwer, eine einheitliche Definition für Jugend zu finden. Dies liegt einerseits an den vielen verschiedenen Disziplinen, die sich mit diesem Thema befassen und andererseits an der Reihe von unterschiedlichen Begriffen, die ebenfalls dasselbe Thema fokussieren (vgl. Göppel 2005, S. 1). Um im weiteren Verlauf einzelne Begriffe unmissverständlich und transparent nutzen zu können, bedarf es Definitionen, die für den Rahmen dieser Arbeit begründet geltend gemacht werden.
Das „Jugendalter“ im Allgemeinen befasst sich mit der menschlichen Lebensphase zwischen der Kindheit und dem Erwachsenenalter. Wann genau die Phase der Jugend jedoch eintritt und wann sie endet, ist der bekannte Diskussionspunkt (vgl. Rossmann 2012, S. 141). Hierbei muss beachtet werden, aus welcher Perspektive das Jugendalter betrachtet wird. Je nach wissenschaftlicher Disziplin liegen andere Gesichtspunkte der Jugendphase im Mittelpunkt. Die bekanntesten und auch relevantesten Begriffe sind die der Pubertät, Adoleszenz und Jugend. Sie alle setzen verschiedene Aspekte der übergreifenden Jugendphase beziehungsweise des Jugendalters in den Fokus (vgl. Fend 2000, S. 22). „Pubertät“ stammt vom lateinischen Wort „pubertas“ ab, was so viel wie Geschlechtsreife oder Mündigkeit bedeutet und bezieht sich damit vor allem auf den Zeitraum, in dem der Körper fortpflanzungsreif wird. Die Pubertät bezeichnet im engeren Sinne daher die physischen Veränderungen im Jugendalter und ihr Beginn ist meist durch den Eintritt der Menstruation bei Mädchen und die Produktion fruchtbarer Spermien bei Jungen attestiert (vgl. Diem- Wille 2017, S. 8). Hier sei anzumerken, dass sich aufgrund der inhaltlichen Ausrichtung auf körperlich-biologische Veränderungen insbesondere die Bereiche der Biologie und Medizin mit der sogenannten Pubertät beschäftigen (vgl. Fend 2000, S. 23). Doch selbst diese recht stark abgegrenzte Definition eines Begriffes ist kein Gegenargument für die Komplexität einer Bestimmung der zeitlichen Eingrenzung, denn die körperlichen Veränderungen beginnen sowohl zwischen Jungen und Mädchen als auch individuell sehr unterschiedlich (vgl. Diem-Wille, 2017, S. 8).
Der Begriff der Adoleszenz wird in der Literatur vielfältiger definiert und des Öfteren mit dem Jugendbegriff gleichgesetzt. Dies tut beispielsweise die Psychiaterin und Psychoanalytikerin Anette Streeck-Fischer, indem sie Adoleszenz als „eine Zeit der biologischen, sozialen und psychischen Umstrukturierung der Persönlichkeit.“ (Streeck-Fischer 2010, S. 64) bezeichnet und damit die gesamten Bereiche der Jugendphase einschließt (vgl. ebd.). Aufgrund dessen sollte nicht unerwähnt bleiben, dass der Begriff der Adoleszenz im amerikanischen Sprachraum dominiert und dabei zwischen der frühen, mittleren und späten Adoleszenz unterschieden wird (vgl. Fend 2000, S. 23). Im Gegensatz zur amerikanischen Sichtweise bezieht sich die Adoleszenz im europäischen Verständnis meist nicht nur auf das 13. Bis 19. Lebensjahr und die sogenannten Teenager-Jahre. Viel eher liegt eine inhaltliche Auffassung zugrunde, die emotionale und psychische Reaktionen sowie Veränderungen einschließt. Nicht die rein physischen Aspekte, sondern die mentalen Reaktionen darauf bezeichnen für gewöhnlich die Adoleszenz. Da die psychosozialen Veränderungen sehr individuell einsetzen und abklingen, kann die Jugendphase auch unter diesem Aspekt nur einem ungefähren Altersabschnitt zugeordnet werden, in etwa zwischen dem vollendeten zehnten und 20. Lebensjahr (vgl. Diem-Wille 2017, S. 8f.). Für die Psychologie fasst Fend begriffsbestimmend zusammen: „Wenn Psychologen von der Adoleszenz sprechen, dann wollen sie damit ausdrücken, daß Besonderheiten der psychischen Gestalt und des psychischen Erlebens (...) zu beachten sind.“ (Fend 2000, S. 23). Obwohl mit dem Begriff der Adoleszenz des Öfteren primär auf psychologische Veränderungen abgezielt wird, umfasst er die gesamte Jugendphase. Thematisch betrachtet schließt die Adoleszenz meistens vielerlei Faktoren des Übergangs von Kindes- zum Erwachsenenalter ein. Dies scheint vor allem durch die literarische Auseinandersetzung mit dem Begriff deutlich zu werden. Beispielsweise wird Adoleszenz auch durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO für World Health Organization) definiert. Hierbei wird vor allem eine altersbezogene Definition von Adoleszenz zwischen dem vollendeten zehnten bis 19. Lebensjahr attestiert (vgl. Kiess 2007, S. 510).
Erwähnt werden sollten jedoch auch jene Definitionen des Jugendalters, die unter anderem im Zusammenhang mit Delinquenz einen direkten Einfluss auf wichtige Entscheidungen haben können, nämlich die aus gesetzlicher Perspektive. Laut dem §7 des Kinder- und Jugendhilfegesetztes SGB VIII (1) im Sinne des Buches „(.) ist 1. Kind, wer noch nicht 14 Jahre alt ist, soweit nicht die Absätze 2 bis 4 etwas anderes bestimmen, 2. Jugendlicher, wer 14, aber noch nicht 18 Jahre alt ist, 3. junger Volljähriger, wer 18, aber noch nicht 27 Jahre alt ist (.)“ (§ 7 SGB VIII Begriffsbestimmungen, Sozialgesetzbuch [SGB VIII] Achtes Buch Kinder- und Jugendhilfe). Diese klaren begrifflichen Abgrenzungen sind auf rechtlicher und institutioneller Ebene sowie für den Gebrauch von Ge- setztestexten zwar notwendig, berücksichtigen jedoch kaum die Besonderheiten einzelner Lebensphasen. Ungeachtet werden die durchaus höchst individuellen Entwicklungsstände einzelner Jugendlicher, sowohl auf physischer als auch auf kognitiver und psychischer Ebene (vgl. Göppel 2005, S.4). Auch das Jugendgerichtsgesetz (JGG) definiert Jugend sehr einheitlich und zieht klare altersbezogene Grenzen. Laut dem § 1 Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich des JGG gilt das Gesetz „(1) (.) wenn ein Jugendlicher oder ein Heranwachsender eine Verfehlung begeht, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist.“ Die einzelnen Zuschreibungen zur jugendlichen Lebensphase werden wie folgt definiert: „(2) Jugendlicher ist, wer zur Zeit der Tat vierzehn, aber noch nicht achtzehn, Heranwachsender, wer zur Zeit der Tat achtzehn, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist.“ (Bundesamt für Justiz, §1 Jugendgerichtsgesetz). Hiernach wird noch zwischen Jugendlichen und Heranwachsenden differenziert, wobei Letztere dem Erwachsenenstadium schon sehr nah zu sein scheinen (vgl. ebd.).
Es scheint aus der rechtlichen Perspektive pragmatisch, eine einheitliche Definition zu schaffen, während sich Bereiche wie zum Beispiel Pädagogik, Psychologie oder Soziologie mehr auf die fachspezifischen Merkmale und Aspekte des Jugendalters fokussieren (vgl. Göppel 2005, S. 4f.). Insgesamt betrachtet scheint in zahlreichen Bereichen, sei es die fachspezifische Wissenschaft oder die Gesetzmäßigkeit, deutlich zu werden, dass dem Übergang von Kindes- zum Erwachsenenalter eine eigene Phase zugesprochen werden muss (vgl. Hurrelmann 1994, S. 18). Zwar sprechen laut Fend die Soziolog*innen eher von „Jugend“ und Psycholog*innen eher von „Adoleszenz“, doch ist in vielen Zusammenhängen die gesamte Zeitspanne vom Kindes- zum Erwachsenenalter gemeint. Die Pubertät hingegen bezieht sich meist auf den Beginn der Jugendphase und leitet zusammen mit den sich körperlich verändernden Merkmalen die Jugend ein (vgl. Fend 2000, S. 8f.). Es sollte deutlich geworden sein, dass trotz der vielfältigen Sichtweisen auf die Jugendphase und der verschiedenen Begriffe ein scheinbar annähernd übergreifendes Verständnis von Jugend herrscht.
Obwohl eine „(...) altersmäßige Festlegung der Jugendphase nicht möglich und nicht sinnvoll“ sei (Hurrelmann 1994, S. 18), wird sich im Folgenden vor allem auf die Altersgruppe der 13 bis 18-Jährigen bezogen, wenn von „Jugendlichen“ oder „Adoleszenten“ die Rede ist. Hierbei sollen keineswegs verbindliche Altersgrenzen im Vordergrund stehen, sondern viel mehr die verschiedenen Besonderheiten der Jugendphase/ dem Jugendalter, welche im Weiteren genauer betrachtet werden.
Die eigenständige Lebensphase der „Jugend“ ist historisch betrachtet ein eher junges Phänomen. Bis ins frühe 20. Jahrhundert spielte in den meisten gesellschaftlichen Kreisen die Jugend als separate Phase kaum eine Rolle, sondern war lediglich ein Privileg des Adels und der Hochgebildeten. Obwohl sich die physischen und mentalen Veränderungen selbstverständlich auch zu jener Zeit ereigneten, wurde diese Phase gesellschaftlich und kulturell betrachtet nicht als eigener Lebensabschnitt angesehen. Es galt die Vorstellung, dass Kinder direkt in das Erwachsenenalter übergingen (vgl. Hurrelmann & Quenzel 2016, S. 19). Wie bereits im vorherigen Kapitel deutlich geworden sein sollte, lässt sich die Lebensphase der Jugend aus heutiger Sicht nicht allein durch körperliche Merkmale definieren. Sie ist ebenfalls durch soziale, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Faktoren geprägt und ihr wird vor allem in der westlichen Kultur ein eigener Lebensabschnitt zugeteilt (vgl. ebd. S. 9). Roland Anhorn behauptet, die Jugend als Lebensphase stelle eine „soziokulturelle Konstruktion“ (Anhorn 2011, S. 25) dar. Gemeint ist damit, dass das, was größtenteils unter Jugend verstanden wird, von vielen gesellschaftlichen Voraussetzungen abhängt. Die Merkmale und Anforderungen an die Jugend unterliegen einem historischen Wandel und verändern sich mit der Gesellschaft (vgl. ebd.). Es gilt daher die Annahme, dass jede Zeit ihre eigene Vorstellung von „Jugend“ hat und zwar sowohl aus bürgerlicher als auch aus wissenschaftlicher psychologischer Sicht (vgl. Schurian, 1989, S. 25).
Hinzu kommt, dass sich der Schwerpunkt der Möglichkeiten und Aufgaben des Jugendalters deutlich verschoben hat. „In modernisierten Gesellschaften ist diese Phase der Auseinandersetzung mit sich und der Welt eine Voraussetzung, um für die Herausforderungen einer sich rasch wandelnden Gesellschaft gerüstet zu sein.“ (Günther 2020, S. 87f.). Die Jugendphase gilt nun als Zeit, in welcher sich die Jugendlichen ausprobieren dürfen und im besten Falle ihre eigene Identität entwickeln (vgl. ebd. S. 87). Unsere (westliche) insgesamt wohlhabender werdende Gesellschaft erlebt eine zunehmende Individualisierung der Lebensgestaltung. Die Erwartungshaltung gegenüber bestimmter Verhaltensmuster, Traditionen und sozialer Normen nimmt ab und das Individuum hat zunehmend die Möglichkeit der unabhängigen Entwicklung einer individuellen Persönlichkeit. Hierfür ist vor allem die Jugendphase prädestiniert (vgl. Hurrelmann & Quenzel 2016, S. 17f.). Einerseits bietet dieser Wandel viele Chancen und macht das Jugendalter zu einer als privilegiert betrachteten Zeit. Andererseits jedoch gehen damit bestimmte Erwartungen und Anforderungen einher, da der Anteil an Eigenverantwortung enorm gestiegen ist. Zeitgleich wachsen immer mehr Jugendliche in prekären Verhältnissen auf und die soziale Ungleichheit nimmt zu. Dies sollte bei der Einordnung der Jugendphase als Privileg nicht vergessen werden, genauso wie die zusätzlichen Anforderungen für ebendiese Jugendlichen (vgl. Günther 2020, S. 88f.). Auf jugendspezifische Aufgaben der Entwicklung wird im späteren Verlauf näher eingegangen.
Das heutige Verständnis von Jugend als eigene Lebensphase ist daher kein naturgesetzmäßiger und unstrittiger Sachverhalt, sondern eine recht junge soziale Konstruktion. Zudem ist das Konstrukt stets vom historischen Kontext abhängig und veränderbar. Es handelt sich bei dem Begriff von Jugend um ein „voraussetzungsvolles und folgenreiches Arrangement“ (Scherr 2018, S. 18). Während die Pubertät vor allem die biologischen Veränderungen aus wissenschaftlicher Sicht attestiert, bildet die Jugend darüber hinaus eine „.soziale Kategorie, die mit bestimmten Eigenschaftszuschreibungen, Verhaltenserwartungen, Normen und institutionellen Festlegungen einhergeht...“ (ebd.). Dieser Blickwinkel auf Jugend verdeutlicht unter anderem die Pluralität von Jugend, da auch im internationalen Vergleich keineswegs von einer einzigen übergreifenden Jugend die Rede sein kann. Je nach gesellschaftlich-kulturellem Umfeld liegen einerseits unterschiedliche intrapersönliche Hürden für die Jugendlichen vor und andererseits weichen die Anforderungen und Möglichkeiten stark voneinander ab. Für viele Jugendliche außerhalb des westlich geprägten und demokratischen Raums stellt die Jugendphase keineswegs eine privilegierte Phase der Selbstexploration und Selbstfindung dar (vgl. Scherr 2018, S. 18f.).
Aus dem Blickwinkel der modernen Gesellschaften steht die Jugendphase in engem Zusammenhang mit dem Sozialisations-, Erziehungs- und Bildungsauftrag in außerfamiliären Kontexten. Es existiert eine bedeutsame strukturelle Rahmung, die eine Institutionalisierung der Jugendlichen zur Folge hat. Zahlreiche Angebote, spezifisch für Jugendliche, stellen die als notwendig erachteten Entwicklungsräume zur Verfügung (vgl. Scherr 2018, S. 20). Die Jugendlichen befinden sich damit in einem Spannungsverhältnis zwischen „pädagogischer Regulierung und Eigenverantwortlichkeit“ (ebd. S. 22). Dies verdeutlicht das komplexe Verhältnis zwischen staatlichen und institutionellen Erwartungen, den damit verbundenen Chancen sowie der nötigen Selbstständigkeit, um den Anforderungen gerecht werden zu können. Hierbei ist wichtig zu erwähnen, dass diese regulierten Institutionen, beispielsweise Schule, Jugendtreffs, Sportvereine, Berufsbildungsstätten etc. den Anspruch der Chancengleichheit haben, aber gleichzeitig nicht alle Jugendlichen über die nötigen Grundvoraussetzungen verfügen. All jene Aspekte machen die Jugend zu einer Übergangsphase zwischen Kindheit und Erwachsensein, die potentielle Krisen und Gefahren des Scheiterns mit sich bringt (vgl. Scherr 2018, S. 22f.).
Schlussendlich sollte bei der Thematisierung von Jugend berücksichtigt werden, dass sie stets von historischen, gesellschaftlichen und strukturellen Merkmalen geprägt ist. Sie ist keine selbstverständliche und konstante Lebensphase, sondern eine je nach Blickwinkel betrachtete höchst unterschiedliche Übergangsphase vom Kindes- zum Erwachsenenalter. Aus moderner westlicher Sicht ist die Jugend Privileg und Aufgabe zugleich. Darüber hinaus ist sie in etliche staatliche und gesellschaftliche Kontexte eingebettet und bietet sowohl Chancen als auch Risiken, auf diese wird im Verlauf der Arbeit noch spezifischer eingegangen. Die Betrachtungsweise der modernen und demokratisch geprägten Gesellschaft soll im folgenden Verlauf als Grundlage des Verständnisses von „Jugend“ dienen.
Neben den äußeren Einflussfaktoren auf Jugend sind die Jugendlichen auch zahlreichen inneren Prozessen der Veränderung ausgesetzt. Es gibt etliche fachbezogene und wissenschaftliche Disziplinen, die sich mit der Jugend beschäftigen. Aufgrund dessen unterscheiden sich auch die jeweiligen Schwerpunkte und Untersuchungsaspekte in der Jugendforschung. Beispielsweise haben Psychologie, Soziologie und Pädagogik nicht nur interdisziplinär, sondern auch innerhalb ihrer Wissenschaften verschiedene Ansätze (vgl. Göppel 2005, S. 5). Da keineswegs alle vorhandenen Forschungsgegenstände behandelt werden können, wird sich auf diejenigen der Entwicklungspsychologie bezogen.
„Unter psychischer Entwicklung des Individuums versteht man die geordnete (regelhafte), gerichtete und längerfristige Veränderung des Erlebens und Verhaltens über die gesamte Lebensspanne.“ (Pinquart et al. 2011, S. 14). Dies ist eine entwicklungspsychologische Definition von Entwicklung aus Perspektive der individuellen Entwicklung des Menschen, der sogenannten Ontogenese. Mit „geordnet“ und „regelhaft“ ist gemeint, dass die eintretenden Veränderungen einer bestimmten systematischen Ordnung folgen und einen Zusammenhang aufweisen. „Gerichtet“ und „langfristig“ ist Entwicklung, da sie sich nicht auf zufällige oder abrupte Veränderungen beruft, sondern auf einen Zuwachs an dauerhaften Veränderungen. Hierbei sind, trotz der allgemeinen Erwartung an einen Zuwachs von Fähigkeiten, sowohl Gewinne als auch Verluste möglich (vgl. Pinquart et al. 2011, S. 15).
Im Fokus der Entwicklungspsychologie stehen die Veränderungen des Erlebens und Verhaltens. Es geht nicht nur um intraindividuelle Veränderungen, sondern auch um dabei auftretende interindividuelle Unterschiede. Darüber hinaus wird Entwicklung in ihrer entsprechenden sozialen und materiellen Umgebung betrachtet (vgl. Lohaus & Vierhaus 2019, S. 4). In Bezug auf die Jugendphase ist hier des Öfteren von Adoleszenz die Rede und die Pubertät mit ihren Bezügen zu physischen Veränderungen wird seltener thematisiert (vgl. Konrad & König 2018, S. 2). Eine der Hauptannahmen ist die Jugend als „Moratorium“, das als Identitätsbildungsprozess und Reifungsprozess aufgefasst wird (vgl. Ecarius et al. 2011, S. 36). Die Entwicklungspsychologie der Jugendphase ist meistens in die frühe, mittlere und späte Adoleszenz unterteilt. Hierbei ist die frühe Adoleszenz häufig mit der pubertären Entwicklung (bis circa 13 Jahre) gleichzusetzen. Die mittlere Adoleszenz erstreckt sich über den „Hauptteil“ der Jugendphase (von circa 14 bis 16/17 Jahre) und die späte Adoleszenz markiert den direkten Übergang von der Jugend ins junge Erwachsenenalter (circa 17 bis 20 Jahre). Diese altersbezogenen Abgrenzungen sind selbstverständlich nicht obligat (vgl. Konrad & König 2018, S. 2). Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass diese Untergliederung weit verbreitet ist und beim Verwenden des übergreifenden Begriffes (Adoleszenz) im Folgenden die gesamte Jugendphase gemeint ist.
„In der Entwicklungspsychologie wird bei den Übergängen [zwischen Jugend- und Erwachsenenalter] besonders die aktive Rolle der Jugendlichen bei der Verfolgung der damit verbundenen Ziele herausgestellt.“ (Weichold & Silbereisen 2018, S. 248). Dabei handelt es sich um die sogenannten Entwicklungsaufgaben, welche die eigenständige Bewältigung durch die Jugendlichen implizieren. Die Entwicklungsaufgaben ihrerseits stellen die Grundlage für weitere (soziale) Übergänge dar (vgl. ebd.). Das Konzept der Entwicklungsaufgaben stammt ursprünglich von Robert J. Havighurst aus dem Jahre 1948. Seitdem besitzen seine Grundideen, vor allem im entwicklungspsychologischen Bereich, bis in die Gegenwart Gültigkeit (vgl. Göppel 2005, S. 71). Unter Entwicklungsaufgaben lassen sich „an das Lebensalter gebundene Anforderungen“ (Eschenbeck & Knauf 2018, S. 24) verstehen, die sich in den meisten Fällen allen Individuen im Verlauf des Lebens stellen (vgl. ebd.). Daher ist das Konzept der Entwicklungsaufgaben nicht ausschließlich auf das Jugendalter anwendbar, sondern bezieht sich auf die gesamte Lebensspanne (vgl. Mienert 2008, S. 33). Spezifisch für die hier relevante Jugendphase lassen sich drei Ursachen für die Entstehung der Entwicklungsaufgaben bestimmen. Einerseits die körperlichen Veränderungen aufgrund der biologisch-hormonellen und genetischen Prozesse. Diese inneren Prozesse lassen sich kaum beeinflussen und wirken sich wiederum auf die anderen Entwicklungsbereiche aus (vgl. ebd. S. 31). Des Weiteren sind die Umwelteinflüsse ursächlich für die menschliche Entwicklung und damit für die Entstehung von Entwicklungsaufgaben. In jeder Gesellschaft existieren bestimmte normative Erwartungen, welche meistens durch die Erziehung vermittelt werden. Damit herrschen bestimmte Vorstellungen darüber, wie ein Mensch in einem bestimmten Alter oder Lebensabschnitt ungefähr zu sein hat. Das gesamte Umfeld, unter anderem Medien, Freunde und Familien oder bestimmte Institutionen, trägt zur Weitergabe dieser Erwartungen bei. Beispiele hierfür sind Fragen nach der Familienplanung, dem Berufswunsch oder dem Auszug aus dem Elternhaus. Die Umwelteinflüsse wirken sich stark auf die Entwicklungsaufgaben aus und können Jugendliche gegebenenfalls unter Druck setzen. Eine dritte Quelle für die Entstehung von Entwicklungsaufgaben stellen die individuellen und persönlichen Wünsche und Ziele dar. Die Jugendlichen sind in der Lage, sich eigene Ziele zu setzen und können damit gegebenenfalls neue Aufgaben bestimmen (vgl. Mienert 2008, S. 32).
Havighurst beschreibt durch seine Entwicklungsaufgaben konkrete Herausforderungen, die entweder gelingen oder nicht bewältigt werden können. Die erfolgreiche Bewältigung einer Aufgabe führt zur Weiterentwicklung der Person und ist mit positiven Gefühlen verbunden. Misslingt eine Entwicklungsaufgabe, kommt es eher zu individueller Unzufriedenheit und gegebenenfalls zu gesellschaftlicher Kritik. Darüber hinaus sind die folgenden Entwicklungsaufgaben schwieriger zu bewältigen, wenn vorherige nicht gelungen sind (vgl. Rossmann 2012, S. 155). Die Anforderungen des Jugendalters stehen in Verbindung mit der materiellen und emotionalen Loslösung von den Eltern, dem Gestalten reifer Beziehungen mit Peers (Gleichaltrigen) sowie dem Bilden eines eigenen Wertesystems, um darauf aufbauend ein Verantwortungsbewusstsein für das eigene Handeln aufbringen zu können (vgl. Eschenbeck & Knauf 2018, S. 25). Anzumerken ist jedoch, dass die festgelegten Entwicklungsaufgaben Havighursts an die Gegebenheiten der 50er Jahre in Amerika angepasst sind. Daher wird bei einzelnen Aspekten über die Aktualität und die Änderungen durch die moderne Gesellschaft diskutiert (vgl. Mienert 2008, S. 37). Folgende Entwicklungsaufgaben wurden durch Havighurst festgelegt: (1) die Akzeptanz des eigenen Körpers und dessen effektive Nutzung, (2) die Übernahme der weiblichen beziehungsweise männlichen Geschlechtsrolle, (3) Aufbau neuer und reifer Beziehungen zu gleichaltrigen Menschen des eigenen und anderen Geschlechts, (4) Emotionale Unabhängigkeit von den Eltern und anderen Erwachsenen erreichen, (5) Ökonomische Unabhängigkeit, (6) Vorbereitung auf Berufswahl und Berufsleben, (7) Vorbereitung auf Heirat und Familienleben, (8) Entwicklung sozialverantwortlichen Verhaltens, (9) Erwerb intellektueller Fähigkeiten um Pflichten und Rechte ausüben zu können, (10) Entwicklung von Werten und eines ethischen Systems, um ein Leitbild zu haben und Verantwortung übernehmen zu können (vgl. Eschenbeck & Knauf 2018, S. 26).
Wie bereits erwähnt, stammen diese Entwicklungsaufgaben aus einem ganz anderen historischen Kontext als dem heutigen. Die Forderungen der heutigen Gesellschaft, vor allem in Deutschland, sind in einigen Punkten nicht mehr so hoch, geschweige denn überhaupt existent. Eine Erwartungshaltung gegenüber dem Heiraten und Gründen einer eigenen Familie beispielsweise liegt in der modernen Gesellschaft meist frühestens im jungen Erwachsenenalter und selten im Jugendalter vor (vgl. Mienert 2008, S. 37). Trotz dessen ist der Kern der Entwicklungsaufgaben von Havighurst auch aus heutiger Sicht aktuell. In moderner Forschungsliteratur lässt sich eher eine Einteilung der Entwicklungsaufgaben in vier Bereiche finden. Die erste Entwicklungsaufgabe findet sich im „Qualifizieren“ der intellektuellen und sozialen Kompetenzen. Hierunter werden Wissenserwerb, schulische und berufliche Ausbildung sowie ökonomische Unabhängigkeit verstanden (vgl. Eschenbeck & Knauf 2018, S. 27). Als zweite Entwicklungsaufgabe gilt das „Binden“. Dabei wird auf den Aufbau eines Selbstbildes des Körpers und der Psyche abgezielt, um eine eigene Identität zu bilden und sich emotional von den Eltern lösen zu können. Auch die Fähigkeit, reife und enge Beziehungen zu Gleichaltrigen und Part- ner*innen führen zu können, zählt zum Aspekt des Bindens (vgl. Hurrelmann & Quenzel 2016, S. 25). Die dritte Entwicklungsaufgabe „Konsumieren und Regenerieren“ umfasst die Entwicklung der Fähigkeit zum Umgang mit Medien-, Konsum und Freizeitangeboten. Es geht darum, Medien und andere Konsumgüter verantwortungsvoll zu nutzen und ein Freizeitverhalten zu entwickeln, das eine Regeneration körperlicher und psychischer Ressourcen gewährleisten kann (vgl. Eschenbeck & Knauf 2018, S. 27). Die vierte und letzte Entwicklungsaufgabe umfasst das „Partizipieren“ hinsichtlich der Ausbildung eines eigenen Werte- und Normensystems als Leitbild für das eigene Handeln. Es geht um den Bereich des sozialen Lebens und dessen Mitgestaltung (vgl. Hurrelmann & Quenzel 2016, S. 25). Insgesamt lassen sich in den einzelnen Entwicklungsaufgaben jeweils mehrere Aufgaben nach Havighurst wiederfinden.
Zusammenfassend lässt sich zu den Entwicklungsaufgaben des Jugendalters sagen, dass sie verschiedene intra- und interpersonelle Bereiche umfassen und historisch und gesellschaftlich geprägt sind. Die soziokulturellen und zeitbezogenen Gegebenheiten haben Auswirkungen auf die Gestaltung des Lebenslaufes, wodurch sich auch die damit verbundenen Erwartungen an eine Biografie ändern. Dennoch sind nicht alle Entwicklungsaufgaben abhängig von der Kultur oder Zeit. Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper und der Psyche scheinen universelle Entwicklungsaufgaben zu sein, da sie biologisch und nicht veränderbar sind. Hier unterscheiden sich jedoch der gegebene Raum und die Wichtigkeit der Selbstakzeptanz kulturell. Während zu früheren Zeiten eine intensive Auseinandersetzung mit physischen und psychischen Veränderungen unwesentlich schien, ist diese Beschäftigung mit sich selbst heute ein wichtiger Teil der Jugendphase (vgl. Eschenbeck und Knauf 2018, S. 28f.). Daher gibt es aus gegenwärtiger Sicht zwei essenzielle Bereiche, für welche die Bewältigung der Entwicklungsaufgaben relevant sind. Einerseits geht es in der individuellen Dimension der Entwicklungsaufgaben um den „(.) Aufbau einer Persönlichkeitsstruktur mit ganz bestimmten körperlichen, psychischen und sozialen Merkmalen und Kompetenzen und dem subjektiven Erleben als unverwechselbares Individuum.“ (Hurrelmann & Quenzel 2016, S. 25f.). Das Herausbilden einer eigenen Identität durch das Absolvieren der spezifischen Entwicklungsaufgaben ist von hoher Bedeutung. Die Jugendphase gilt als prägender Lebensabschnitt, sich mit Themen der Identitätssuche und -findung auseinanderzusetzen (vgl. Rossmann 2012, S. 157). Andererseits gibt es die gesellschaftliche Dimension. Hier steht die Integration in das vorherrschende soziale Leben im Mittelpunkt (vgl. Hurrelmann & Quenzel, 2016, S. 26).
„Gewiss - der Entwicklungskontext beeinflusst die Entwicklung, kanalisiert sie, gibt Richtungen vor, schließt andere aus, eröffnet und verschließt Möglichkeiten. Und es gibt buchstäblich zahllose Entwicklungskontexte (zumal: mögliche Entwicklungskontexte).“ (Greve & Thomsen 2019, S. 91).
Mit dieser Aussage verdeutlichen Greve und Thomsen die Auswirkungen der Entwicklungskontexte auf die Entwicklung des Menschen. Nicht nur die obig ausgeführten Entwicklungsaufgaben beeinflussen die Adoleszenten und ihre Entwicklung, sondern auch innerhalb welcher Kontexte sie Aufgaben bewältigen (müssen) (vgl. ebd.). Aufgrund der potenziellen Unbegrenztheit an Entwicklungskontexten, die nicht alle im Rahmen dieser Arbeit behandelt werden können, wird sich auf zwei vielfach erwähnte Kontexte bezogen: die Familie und die gleichaltrigen Freunde/„Peer-Group“. Diese beiden Entwicklungskontexte sind nicht nur aus entwicklungspsychologischer Sicht von hoher Bedeutung, sie stehen darüber hinaus im Zusammenhang mit dem Hauptthema der Jugenddelinquenz (vgl. Kapitel 4).
Die Familie gilt als grundlegender Ort der Sozialisation, besonders im Kindesalter (vgl. Raithel & Mansel 2003, S. 26). Die gewohnte Beziehung zwischen Eltern und Kind beginnt sich mit dem Eintritt der Pubertät zu verändern und damit auch bisher übliche Muster im familiären Kontext. Die plötzlich eintretenden Änderungen für die Adoleszenten bewirken sowohl bei ihnen selbst als auch bei den Eltern sich wandelnde Denk- und Verhaltensmuster (vgl. Weichold & Silbereisen 2018, S. 251). Verschiedene kognitive, körperliche und persönlichkeitsbezogene Reifeprozesse ereignen sich während der Pubertät und der frühen und mittleren Adoleszenz recht zügig und gehen in den meisten Fällen mit einer Zunahme der Autonomiegewinnung der Jugendlichen einher. Gleichzeitig ist die Distanzierung der Jugendlichen zu ihren Eltern als eine Voraussetzung für den Zuwachs an emotionaler Unabhängigkeit, die Entwicklung ei-
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