Bachelorarbeit, 2018
35 Seiten, Note: 2,3
1. Einleitung
2. Einführung in die Forschung
2.1 Sozialisation und Identität
2.2 Was ist Jugend? Ein soziologischer Blick
2.3 Milieus und Lebensstiltheorien
2.3.1 Jugendkulturen und Szenen
3. Hip Hop in Deutschland
3.1 Der Beginn des deutschen Hip Hops
3.2 Deutscher Gangster-Rap
4. Lebensstil und Musikgeschmack - ein soziologischer Blick 22 4.1 Musikerleben innerhalb eines kulturellen Milieus
4.2 Hip Hop als Lebensstil
5. Schlusswort
6. Literaturverzeichnis
Musik ist in unserem Leben fast überall zu finden. Ob wir sie nun aktiv und bewusst konsumieren, oder nur passiv im Hintergrund damit beschallt werden. Sie ist im privaten, wie auch im öffentlichen Raum zu finden. Gerade Jugendliche öffnen sich für diese Art von Medium und konsumieren es in breiter Masse. Hierbei spielt es keine Rolle, ob nun via CD-Player, Radio, MP3, im Club, im TV oder über das Handy. In der Jugendzeit befinden sich junge Erwachsene in einer Phase, in der sie sich nach und nach von den Eltern ablösen und anfangen sich ihre eigene Identität aufzubauen, hierbei können Personen des öffentlichen Lebens gerade aus der Musikszene oft als Vorbilder fungieren (Glaser und Matic 2013). Gerade deutscher Rap wurde in den letzten Jahren immer stärker publiziert und so kann man erleben, wie Jugendliche, die sich mit dieser Art von Musik auseinander setzen, sich mehr und mehr mit den Lebensstilen von Rappern wie Haftbefehl, Farid Bang oder Kollegah identifizieren. Die Inhalte sind zwar wie im amerikanischen Vorreiter auch über Gewalt und Sexismus, jedoch werden sie, da sie auf Deutsch sind, sprachlich verständlicher vermittelt und haben somit eine ganz andere Aussagekraft (Glaser und Matic 2013).
Schon seit Jahrzehnten gilt das Thema „Jugend und Musik“ als Forschungsgegenstand. In der Literatur hat Musik die Rolle eines einflussreichen Medium inne, welches gerade Jugendliche tagtäglich begleitet. Für Jugendliche gilt Musik als ein wichtiges Mittel, um sich ihren eigenen Lebensraum zu gestalten und sich selbst zu präsentieren. Sie können sich durch Musik abgrenzen oder integrieren, sich besser ausdrücken und verstanden werden (Zehentmair 2013). Man könnte jetzt sagen, dass Musik ja im Leben aller Menschen eine große Bedeutung inne hat, doch gerade im Jugendalter übernimmt sie eben ganz besondere Funktionen. Neben den oben genannten Möglichkeiten, bietet die Musik auch eine biografische Wichtigkeit, indem sie den Geschmack und die weitere ästhetische Prägung beeinflussen kann (Hoffmann 2008).
In dieser Arbeit möchte ich der Frage nachgehen, inwiefern Musik als Ausdruck von Lebensstilen fungiert. Das besondere Augenmerk liegt hierbei auf den Jugendlichen, die sich in einer Selbstfindungsphase befinden, in der sie sich nach und nach von den Erwachsenen abzukapseln versuchen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Betrachtung von deutschem Hip Hop und inwiefern man ihn als Lebensstil einordnen kann bzw. wie sich dieser Lebensstil dann äußert.
Denn deutscher Hip Hop ist ein viel diskutiertes Thema. Mittlerweile wird nicht nur der Lebensstil beeinflusst, sondern auch die Mode und vor allem die Sprache. Rapper wie Shindy, Kollegah, Haftbefehl oder die 187-Straßenbande sind schon längst keine kleinen Musiker mehr, die nur innerhalb der Szene einen hohen Stellenwert haben. Sie feiern mittlerweile starke Erfolge und brechen nacheinander Verkaufsrekorde in Deutschland. Für Kinder und Jugendliche, aber auch für Erwachsene, sind sie ein Sprachrohr und teilweise auch Vorbilder. Die Arbeit versucht also auch die Frage zu klären, inwiefern der Umgang mit Musik Identitäts- und Lebensstilentwürfe beeinflusst und ermöglicht.
Im ersten Teil dieser Arbeit möchte ich auf die Sozialisation und Identität eingehen. Hierfür werden Theorien von Hurrelmann und Bauer (2015) und Hurrelmann und Quenzel (2013) aufgeführt. Auch auf Harring's (2008) Begriff der sozialen Kompetenz wird eingegangen. Daraufhin wende ich mich der Frage zu, was eigentlich Jugend ist und werde mit einem soziologischen Blick die Phase der Jugend näher erläutern. Des Weiteren werden Lebensstiltheorien und die Milieus näher betrachtet und unter Heranziehen von Hradil (2006) und Hennemann (2009) näher erläutert. Als Abschluss des ersten Abschnittes wird die Jugendphase mit den Milieutheorien in Verbindung gebracht und somit das Thema Jugendkulturen und Szenen betrachtet. Hierbei werden Erscheinungsformen betrachtet, die sich als ein Zusammenspiel aus Musik, Bildern, Partys, Mode und Jugendkultur verstehen, die sich dank der Musik gebildet haben. Eine solcher Erscheinungsformen ist die Lifestyle-Szene, der man auch das Genre Hip Hop zuordnen kann, um welches es sich im zweiten Abschnitt der Arbeit drehen soll. Hip Hop bildet mit seinen wichtigsten Elementen Graffiti, Breakdance, DJing und Rap die größte Jugendkultur weltweit. Anders als andere Jugendkulturen, zeichnet Hip Hop eine starke Langlebigkeit aus und dient außerdem sowohl als politisches, als auch als soziales Instrument (Herschelmann 2013).
Im vierten und letzten Abschnitt wird ein soziologischer Blick auf Lebensstile und Musikgeschmäcker geworfen. Es wird die Frage gestellt, wie Musik innerhalb eines kulturellen Milieus wahrgenommen und erlebt werden kann und welche Medienpräferenz besonders bei den Jugendlichen herrscht. Es wird zusätzlich darauf eingegangen, wie und ob man gerade Hip Hop als Lebensstil festmachen kann und wie sich das allgemein äußert.
Im abschließenden Fazit werden die wichtigsten Erkenntnisse nochmals kurz zusammengefasst und das Ergebnis präsentiert.
Hurrelmann und Bauer (2015) betrachten den Begriff „Sozialisation“ aus verschiedenen Perspektiven. Einerseits gibt es das Alltagsverständnis von Sozialisation, wenn man im Laufe seines Lebens bestimmte Werte und Normen der Gesellschaft erlernt hat und umsetzen kann, und andererseits als einen wissenschaftlichen Begriff. Sozialisation scheint doch mehr zu sein, als das Lernen bestimmter Regeln. Die Betonung liegt eher auf den aufgefassten Fähigkeiten, die es dem Menschen ermöglichen in bestimmten Situationen auf bestimmte Aktionen zu reagieren. Hurrelmann und Bauer (2015) sehen diese Fähigkeiten als ein „Grundmerkmal der Persönlichkeitsentwicklung“ an (Hurrelmann und Bauer 2015:12). Eine der wohl prägendsten Sozialsationsschritte ist die Zeit der Jugend. Auf dieser Stufe der Entwicklung prägen bestimmte Ereignisse und Anschauungen das spätere Verhalten des Menschen ungemein. Was jedoch nicht heißen soll, dass sich dort grundlegend entscheidet wer man ist und später weiterhin sein wird. Es wird sogar betont, dass die Umwelteinflüsse zwar einschneidende Erlebnisse in einem Leben markieren können, diese jedoch nicht nur in eine Richtung laufen. Sie alleine reichen also nicht aus, um eine bestimmte Persönlichkeit zu entwickeln und zu festigen. „Neue Einflüsse treten hinzu, andere verschwinden“, so Hurrelmann und Bauer (2015:12).
So lange gibt es diese Jugendzeit jedoch noch gar nicht, denn es war im Jahre 1900 nicht ungewöhnlich, dass man vom Kind direkt zum Erwachsenen erklärt wurde. Ein Erwachsener war man laut Definition bereits, wenn man sein eigenes Geld verdient, einen Lebensunterhalt aufbringt und/oder für sich selbst sorgen kann. Kurz gesagt, wenn man in einem arbeitsfähigen oder heiratsfähigen Alter war. Dann wurde man von einem Kind zu Mann oder Frau. Die Jugendzeit war diesbezüglich von kurzer Dauer, falls überhaupt vorhanden. Hurrelmann und Quenzel (2013) zeigen anhand einer Zeittafel auf, dass es erst ab 1950 zwei weitere Phasen im Leben dazukamen: Die Jugendphase und die Seniorenphase. Bereits 50 Jahre später haben sich diese zwei Phasen so weit ausgedehnt, dass die Kindheits- und Erwachsenenphase an Größe einbüßen mussten (Hurrelmann und Quenzel 2013). Diese Ausdehnung der Jugendphase bringt zeitlich gestreckte, aber auch riskante Übergänge mit sich. Die Jugendlichen sind keine Kinder mehr, aber auch noch keine Erwachsenen. Wie also soll dort die Grenze gezogen werden? Wie viel Verantwortung kann man übertragen? Laut Heinz müssen sich die Jugendlichen selbst um die Gestaltung ihres Lebenslaufs kümmern (Heinz: 2011). Wie diese Gestaltung jedoch aussehen soll, ist doch kaum formuliert.
Harring et. al (2008) verstehen unter dem Begriff der sozialen Kompetenz Einstellungen und Fertigkeiten, die der Mensch besitzen und verstehen muss, um als handlungsfähig aufgefasst zu werden. Wie oben bereits erwähnt, durchläuft man verschiedene Bildungs- und Sozialisationsschritte, die es dem Menschen ermöglichen zwischenmenschliche Beziehungen führen zu können. Also kann man soziale Kompetenz als die Sammlung von Wissen, Fähig- und Fertigkeiten bezeichnen, die ausschlaggebend für die Qualität des eigenen sozial kompetenten Verhaltens ist (Harring et al. 2008). Hat man eine bestimmte soziale Fähigkeit nicht erreicht, so erscheinen bestimmte Praktiken fremd und schwer nachvollziehbar. In öffentlichen und kontrollierten Räumen drohen meist Sanktionen durch andere Teilnehmer. In einem freiwillig gewählten, nicht durch Erwachsene kontrollierten Raum sind gerade Jugendliche dazu in der Lage ihre eigenen Verhaltensweisen und Lebensstile ausleben und auszuprobieren zu können. Hierbei müssen sie keine Angst vor Sanktionen haben. Dieser Raum hat die Funktion eine Art Übungsraum darzustellen. Hier können die Jugendlichen verschiedene Identitäten ausprobieren und sich voll und ganz ihrem Selbstfindungsweg hingeben. Dieses „Ausprobieren“ äußert sich in der Kleidung, den Frisuren und gemeinsamen Interessen. Hierbei entsteht eine ganz klare Distanzierung gegenüber der Erwachsenenwelt (Harring et al. 2008). Die Jugendlichen lernen in diesen Räumen aber auch, wie Beziehungen unter Gleichaltrigen funktionieren, wie sie mit Menschen in Kontakt treten können, die nicht mit ihnen verwandt sind und wie diese Beziehungen aufrecht erhalten aber auch gelöst werden. Die Auseinandersetzung mit Gleichaltrigen hilft dabei bestimmte Strategien zu entwickeln. die in Konfliktsituationen angewendet werden können. Diese Situationen können sowohl im privaten, als auch im beruflichen Leben auftreten. Das Ziel ist also, dass die Jugendlichen erfolgreich an gesellschaftlichen Prozessen teilnehmen können (Harring et al. 2008).
Jugend lässt sich nicht nur als eine Phase oder Altersspanne abtun, es handelt sich hierbei laut Friedrichs und Sander (2010) um viel mehr. Jugend bezeichnet einen Abschnitt im Leben, der zwischen dem Kind sein und dem Erwachsenenalter liegt und auch bestimmte Voraussetzungen mit sich bringt.
So lange gibt es diesen besonderen Abschnitt wie bereits erwähnt noch nicht. Friedrichs und Sander (2008) sprechen davon, dass sich die Jugendphase erst im 18.Jahrhundert als zusätzlichen Lebenszyklus eingliederte. Durch gesellschaftliche Veränderungen in verschiedenen Bereichen wie
Wirtschaft, Politik etc., wurden bestimmte Fähigkeiten immer dringender, was dann zur allgemeinen Schulpflicht führte. Das neu geschaffene Schulsystem bildete einen ganz eigenen Raum, in dem die Kinder und jungen Heranwachsenden unter sich waren. Dieser eigene Raum bot eine Art Schutz für die Heranwachsenden, die sich zwar aus der Familie zu lösen versuchten, somit den Status des Kind seins streng genommen ablegten, sich aber auch nicht wirklich in die Welt der Erwachsenen integrierten bzw. deren Regeln ausgesetzt waren (Friedrichs/Sander 2010).
Aus der soziologischen Perspektive betrachtet, bildet die Jugendphase also dementsprechend keinesfalls eine natürliche Phase der individuellen Entwicklung, sondern ist ein gesellschaftliches Phänomen und bildet somit eine gesellschaftliche Form, die den Prozess des Erwachsenwerdens versucht zu strukturieren. Während man im 18. Jahrhundert Jugend nur unter dem langsamen Ablösen von der Familie und der Schule als eigenen sozialen Raum verstanden hat, spricht man heute von einer Phase des Lernens und der Persönlichkeitsentwicklung. Diese Entwicklung wurde Ende des 19. Jahrhunderts nicht jedem zu Teil, denn hauptsächlich die Mittel- und Oberschicht hatte das Glück, nicht von den Zwängen der Arbeit unterworfen zu werden (Scherr 2016). Die Mittel- und Oberschicht erschien als eine Art Ideal und so wurde auch deren Jugend zum Idealbild der bürgerlichen Jugend. Anfang des 20. Jahrhunderts änderte sich dies jedoch in ein Bild, das bis heute präsent zu sein scheint: die verwahrloste Jugend aus der Arbeiterklasse, die zu Gewalt, Kriminalität und sexueller Freizügigkeit neigt. Jugend wurde somit zum Gegenstand eines Problemdiskurses (Scherr 2016). An Jugendlichen lässt sich gut ablesen, wie ein Individuum in der Gesellschaft agiert, wie schnell es sich strukturell anpassen kann, wie es dazulernt und handelt. Auch oder vielleicht gerade deswegen ist die Jugendphase von großem Interesse der Gesellschaftstheoretiker. Die Jugend ist eine schwierige Lebensphase und wird so gut wie immer mit Problemen assoziiert, denn einerseits entstehen Probleme durch Jugendliche, aber andererseits haben Jugendliche auch Probleme. Die Zeit der Jugendlichen ist reich von Gefühlen besetzt und bekommt große Aufmerksamkeit durch die Gesellschaft, die Politik oder auch von den Sozialwissenschaftlern. Wie oben bereits erwähnt, kann man an den Jugendlichen bestimmte Faktoren und Handlungen gut ablesen, sie dienen somit auch als Projektor der Zukunft (Groenemeyer 2014). Jedoch muss klar hervorgehoben werden, dass die Jugendlichen und gerade die Zeit der Jugend, nur als analytisches Konzept sinnvoll erscheint, wenn eben verschiedene Phänomene und Thesen übereinstimmen und Gemeinsamkeiten aufweisen können. Hierbei gibt es nämlich verschiedene Faktoren wie zum Beispiel unterschiedliche Ausprägungen des Jugendalters und der Jugendkulturen. Was ist also die Jugend von der alle sprechen und kann überhaupt von einer Jugendanalyse gesprochen werden, wenn Individualisierungen und Pluralisierungen immer öfter auftreten (Groenemeyer 2014). Man 8
könnte sich nun auch die Frage stellen, wozu es den Begriff der Jugend überhaupt gibt, welcher Sinn hinter dieser gesellschaftlichen Kategorie steckt. Laut Groenemeyer (2014) ist die Jugend durch gesetzliche Regelungen wie die Schulpflicht, den Jugendschutz usw. gerahmt und wird dadurch definiert. Diese Regeln sehen Kinder und Jugendliche als besonders schutzbedürftig. Die Jugend wird nicht als soziologisch spezifische Altersgruppe angesehen, sondern beschreibt ein Generationsverhältnis. Die Jugend ist also ein eigener Lebensabschnitt mit speziellen Problemlagen und besonderen Handlungs- und Sozialformen. Dieser Lebensabschnitt differenziert sich ganz klar vom Kind- oder Erwachsenendasein und wird in Diskursen als Deutung von verschiedenen Verhaltensweisen herangezogen (Groenemeyer 2014).
Die Phase der Jugend bezeichnet zusammengefasst einen Übergang von emotionalen und dichten Beziehungen zu selbst gewählten, sachlichen und vielfältigen Beziehungen und wie dieser bewerkstelligt werden muss (Abels 2008). Den Gesellschaften ist es dabei wichtig, dass dieser Übergang möglichst stetig erfolgt und alles zum passenden Zeitpunkt stattfindet. „Deshalb definiert [die Gesellschaft] ihre sozialen Erwartungen und sorgt in ihren Erziehungsinstitutionen dafür, dass alle auch zum richtigen Zeitpunkt das Richtige können und das Falsche nicht tun“ (Abels 2008: 81). Ganz sicher kann man sich aber nicht sein, dass alle Jugendlichen diesen vorgeschriebenen Plan einhalten werden. Manchmal gehen die Ziele verloren oder wechseln die Richtung, so dass man sie nicht mehr erreichen möchte oder womöglich auch gar nicht erreichen kann (Abels 2008). Durch die Ausdifferenzierungen der Jugendphase, gibt es mittlerweile also keine feste Regel mehr, wann die Jugend endet und das Erwachsenendasein beginnt, denn die Jugend hat verschiedene Entwicklungsphasen und Teilübergänge, die bei jedem Jugendlichen zu unterschiedlichen Zeiten absolviert werden. Von einer einheitlichen Entwicklung ist nicht mehr die Rede, vielmehr versteht man die Jugend als eine Phase verschiedener Lebensverläufe und Lebenslagen, die durch verschiedene Lebensstile pluralisiert und individualisiert wird (Harring/ Witte / Wrulich 2015).
Soziale Milieus sind Zusammenschlüsse von Personen mit einer ähnlichen Denkweise oder dem gleichem Umfeld, sei es beruflich, die gleiche Region oder der gleiche Wohnort. Diese Gemeinsamkeiten führen zur Übereinstimmung die Lebensziele und Wertvorstellungen betreffen. Diese Personen gestalten ihr Leben und ihren Alltag in ähnlicher Art und Weise, sie bilden ihr eigenes Milieu und grenzen sich somit gekonnt von anderen Milieus ab (Hradil 2006).
Kleinere Milieus haben meist einen engeren Zusammenhalt als größere, da ein persönliches Umfeld geschaffen wird und ein Zusammengehörigkeitsgefühl entsteht.
Die Zugehörigkeit zu einem Milieu ist aber schon lange nicht mehr ausschließlich nur von der Berufs- und Schichtzugehörigkeit abhängig, die moderneren Dienstleistungsgesellschaften orientieren sich vielmehr nach den Lebensstilen (Hradil 2006). Die Begriffe „Milieu“ und „Schicht“ erscheinen zwar zusammenhängend, lassen sich aber ganz deutlich unterscheiden. Das Milieu berücksichtigt Lebensstile, Einstellungen und Werte. Es bezieht sich demnach auf die subjektive Lebensgestaltung innerhalb des Milieus. Der Schichtbegriff hingegen ist aus einer rein objektiven Sichtweise. Hierbei geht es um das Einkommen, den Beruf und den Bildungsgrad. Und im Gegensatz zum Schichtbegriff, nennt der Milieubegriff keinen Zusammenhang zwischen Einkommen, Bildung etc. und der Entstehung von Lebensstilen. Der Schichtbegriff sieht die Ursache ganz klar bei den eben genannten Merkmalen (Hennemann 2009).
Menschen, die einem bestimmten Milieu angehören, verhalten sich praktisch gesehen ähnlich. Sei es der Einkauf, die politische Einstellung bei den Wahlen, Erziehung der Kinder usw. Milieus schaffen hierbei nicht nur Zusammengehörigkeit, sondern ziehen auch Linien zwischen den sozialen Schichten. Denn Werteinstellungen und Ansichten, sind meist abhängig von Bildung und Einkommen und dies ist wiederum abhängig von der jeweiligen Schichtzugehörigkeit. So kann es durchaus sein, dass mehrere Milieus nebeneinanderher leben (Hradil 2006).
Neben der Zugehörigkeit zu einer Schicht, führt auch die Kohortenzugehörigkeit die Menschen in die jeweiligen Milieus. So finden sich bestimme Jahrgänge mit bestimmten Wertvorstellungen in bestimmten Milieus der gleichen Mentalität wieder. Die Grenzen zwischen den Milieus sind jedoch fließend. Einige Menschen passen nicht zu 100% in eine Definition eines Milieus, also befinden sie sich meist zwischen den Milieus und können sich mehreren Milieus zuordnen. Das hat den einfachen Grund, da Milieus nicht natürlich gegeben sind. Sie sind künstlich angeordnete Zusammenschlüsse, die auf ähnlichen Denkweisen basieren. Sie verändern sich auch im Laufe der Zeit. Sie können größer oder kleiner werden, es können sich neue Milieus bilden, alte verschwinden oder einige teilen sich auf (Hradil 2006).
Neben Schichten und Milieus finden sich in der Forschung auch Lebensstiltheorien, welche in den 1980er Jahren auftauchten und die Anforderung hatten, die Analyse der Sozialstrukturen zu ergänzen oder zu ersetzen. Es war schlichtweg nicht möglich, durch ressourcenbasierte Ungleichheitskonzepte eine Erklärung zu liefern, die zufriedenstellend das individuelle Verhalten aufklären. Es wurde daraufhin ein Konzept entwickelt, dem es gelingen sollte, dass Lebensstile erklären konnten, warum Personen mit vergleichbaren Merkmalen menschlicher Lebensumstände unterschiedliche Verhaltensmuster aufweisen.
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