Bachelorarbeit, 2021
25 Seiten
A. Einleitung
B. Forschungsfrage
C. Forschungsüberblick
1. Quellenlage:
2. Literatur:
D. Aufbau der Arbeit
1. Vorgeschichte des Bundesverfassungsgerichts
1.1 Der Chiemseer Verfassungsentwurf
1.2 Der Ausschuss für Verfassungsgerichtshof
1.3 Die Abstimmung
2. Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland als die wesentlicheVoraussetzung für die Existenz des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG)
2.1 Rechtliche Grundlage einer Verfassung
2.2 Status des Grundgesetzes nach der Wiedervereinigung
3. Das Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG)
3.1. Arbeit im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages
3.2 Die Parlamentsdebatten
3.3 Die Abstimmung im Deutschen Bundestag
E. Fazit:
F. Anhang
1. Quellen- und Literaturverzeichnis
2. Abkürzungsverzeichnis
Originäre Aufgabe und primäre Funktion eines Verfassungsgerichts ist die Einhaltung der geltenden Verfassung eines Landes zu beobachten bzw. auf Antrag zu überprüfen, ob Gesetze, die die Legislative erlassen hat, gegen die bestehende Verfassung verstoßen.1 Die Leitidee ist u.a. die Verhinderung von Machtmissbrauch sowie der Schutz der Grundrechte und Minderheiten.2 Die Richter eines Verfassungsgerichtes sind demnach „Hüter der Verfassung“.3
Wenn man also ein Verfassungsgericht auf dessen Wächteramt hin untersucht, kann das nur in Zusammenhang mit einer existierenden Verfassung geschehen, denn ohne eine solche wäre ein Verfassungsgericht gleichsam obsolet.
Unabdingbare Voraussetzung für ein Verfassungsgericht die Existenz einer Verfassung. Für die Bundesrepublik Deutschland ist das Grundgesetz (GG) in dieser Funktion.4
Das GG, entstanden nach dem 2. Weltkrieg und in Kraft getreten am 24.05.1949, folgte damit einer 140jährigen Verfassungstradition Deutschlands.5
Doch im Gegensatz zu diesen deutschen Verfassungen enthielt es erstmalig in der deutschen Geschichte ausdrücklich die Errichtung eines Bundesverfassungsgerichts (Art. 92 bis Art. 94 GG). Es nahm damit nicht nur in der deutschen Verfassungsgeschichte eine einmalige Stellung ein, es war auch in rechtsvergleichender Sicht ohne Beispiel, weshalb ihm international eine Art Vorbildcharakter zukommt.6
Im Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege des Parlamentarischen Rates wurde über die Errichtung eine Verfassungsgerichtshofes beraten, und nach relativ kurzer Zeit zu dem Ergebnis gelangt, einen solchen zu etablieren. Doch wie dieser beschaffen sein, welche Kompetenzen er besitzen, wo er angesiedelt und wie er besetzt werden sollte, machte die Diskussion zusehend schwierig, denn allzu oft gab es unterschiedliche Vorstellungen der Ausschussmitglieder darüber.7 Infolgedessen konnte dem Parlament des Deutschen Bundestages auch nur eine Art „Rohfassung“ zur Diskussion überreicht werden. Weil aber auch dort heftig über einzelne Paragraphen des Gesetzes gestritten wurde, übergab man die weitere Ausarbeitung der Gesetzestexte an den Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages, der wiederum nach langer Diskussion seine Vorschläge an das Parlament zurückgab. Das Parlament führte sodann lange, teils sehr heftige Debatten, bis es nach ca. 2 Jahren zur Abstimmung über das Bundesverfassungsgerichtsgesetz gelangte.
Die negativen historischen Erfahrungen der Weimarer Zeit, u.a. begründet in den Mängeln der Weimarer Reichsverfassung (WRV), waren die basale Motivation, sowohl der alliierten Besatzungsmächte, als auch der nun verantwortlichen deutschen Politiker. Mittels einer zu erschaffenden Verfassung für die westdeutschen Besatzungszonen sollte künftig eine Machtkonzentration an der Regierungsspitze verhindert werden. Diese neue demokratische und rechtsstaatliche Verfassung sollte von einem besonderen, über allem wachendem Gericht, vor Übernahme durch ein totalitäres Regime geschützt werden.
Wie kam es also zur Errichtung des Bundesverfassungsgerichts der Bundesrepublik Deutschland als selbständiges Verfassungsorgan, welche Position sollte es bekleiden und wie sollte es besetzt werden.
Die vorliegende Untersuchung befasst sich im Hauptteil der vorliegenden Arbeit mit dieser Fragestellung.
Die einzelnen Schritte der Genese des Bundesverfassungsgerichts und die zeitlichen Abläufe werden in Kapitel D. 1-3 sowie deren Unterkapiteln dargestellt.
Dabei werden neben den zeitlichen Abläufen der Entstehung des Gesetzes lediglich deren kritischsten Phasen herausgestellt, weil es dort wegen deren parteipolitischen Bedeutsamkeit die heftigsten Auseinandersetzungen zwischen den Mitgliedern von Ausschüssen und Plenum gab.
Im Gegensatz zu den Verfassungen von Großbritannien, den USA und Frankreichs als den Vorläufern ihnen nachfolgender demokratischer Verfassungen, hat das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, und damit implizit auch das Bundesverfassungsgericht, nur eine relativ kurze Historie. Dennoch ist z.B. die Quellenlage sehr erschöpfend und außerordentlich gut dokumentiert.
In Band 13, Teilband 1 der Akten und Protokolle des Parlamentarischen Rates 1948-1949 sind, neben der erläuternden Einleitung der Bearbeiter Büttner und Wettengel, sämtliche Protokolle über die Sitzungen des Ausschusses für die Organisation des Bundes und speziell des Ausschusses für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege erfasst. Die unterschiedlichen Vorstellungen der Ausschussmitglieder über die Errichtung, Verfasstheit und Besetzung des Gerichts und die Diskussionen darüber, werden in Form von Wortprotokollen dokumentiert.
Die stenographischen Parlamentsprotokolle der Sitzungen des Deutschen Bundestages in seiner ersten Wahlperiode aus den Jahren 1950 bis 1951 geben Aufschluss über die Debatten der Parlamentarier um das Verfassungsgerichtsgesetz, die an mehreren parlamentarische Sitzungstagen des Deutschen Bundestages stattfanden.
Die Dokumentensammlung Feldkamps8 gewährt z.B. durch die „Frankfurter Dokumente“ Einblicke in die Vorstellungen der westalliierten Besatzungsmächte von einem künftigen deutschen Staat.
Aufgrund der im September 2009 von der Bundesregierung freigegebenen VS-Akten von den Fünfzigerjahren bis Ende 2012, können Historiker weitgehend ungehinderten Zugang zu den VS-Akten der Bundesregierung erlangen. Dadurch konnten große Forschungslücken auf dem Gebiet der Zeitgeschichte geschlossen werden konnten.
Foschepoth9 hat sich u.a. mit den VS-Akten des Bundeskanzleramtes, des Bundesinnenministeriums und auch des Bundesverfassungsgerichtes auseinandergesetzt, die er in seiner umfangreichen Quellendokumentation veröffentlicht. Insbesondere wird daraus ersichtlich, welche Probleme das Bundesverfassungsgericht in seinen Anfangsjahren zu bewältigen hatte.
Die Erinnerungen Konrad Adenauers10 und Carlo Schmids11 beleuchten die Ereignisse und Diskussionen im Parlamentarischen Rat aus deren subjektive Perspektiven und geben Einblicke in historische Geschehen, die offizielle Dokumente nicht erbringen können.
Im Laufe der vergangenen nahezu 70 Jahre ist zudem ein umfangreicher Bestand an Literatur angewachsen. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die Eigentümlichkeit, oder auch die Spezifikation des BVerfG nicht eine rein juristische ist, sondern das Gericht als unabhängiges Verfassungsorgan mit seinen Entscheidungen auch politisch wirkt und dabei auch historische Fakten zu berücksichtigen hat, mit zuweilen sogar zukunftweisenden Vorgaben für die Regierenden. Demzufolge sind die Autoren, die sich mit dem BVerfG befassen, sowohl juristischer, als auch politikwissen-schaftlicher und historischer Provenienz, und dementsprechend gestaltet sich das weite Feld der Forschungsliteratur.
Grzesick12 stellt in seiner Arbeit die Entwicklungsrichtungen deutscher Verfassungen dar, beginnend von der Zeit des Westfälischen Friedens 1648 bis zur Gründung der BRD 1949. Neben seinen detaillierten Ausführungen zu den Ideengeschichten dieser Zeit zeigt er auch Gedanken zur Rezeption der französischen Revolution zeitgenössischer Staatsdenker auf.
Sehr ausführlich befassen sich die Rechtslehrer Frotscher und Pieroth13 mit der deutschen Verfassungsgeschichte. Ihr Grundriss konzentriert sich auf die Vermittlung derjenigen verfassungsgeschichtlichen Zusammenhänge, die für das Verständnis des bundesdeutschen, den Grundrechten und der Demokratie verpflichteten Staatswesens unerlässlich sind. Das Werden des modernen Verfassungsstaates wird offengelegt und die Verbindung zum Öffentlichen Recht der Gegenwart hergestellt. Die Darstellung beginnt mit der Entstehung des modernen Verfassungsrechts in den USA und in Frankreich, stellt die wesentlichen Etappen der deutschen Verfassungsentwicklung vom Ausgang des 18. bis zum Ende des 20. Jahrhunderts dar und schließt mit der Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1990 ab.
[...]
1 Hesselberger, Dieter, Das Grundgesetz, Kommentar für die politische Bildung, S. 276, Bonn: 1990; so auch: Andersen/Woyke, (Hrsg.), Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland, S. 89, Bonn: 1992.
2 Häberle, Peter, Verfassungsgerichtsbarkeit in der offenen Gesellschaft in: van Ooyen/Möllers (Hrsg.), Handbuch Bundesverfassungsgericht im politischen System, 2. Auflage, S. 31-45, Wiesbaden: 2015.
3 Die Formulierung »Hüter der Verfassung«, stammt von Karl Schmitt, einem hochbegabten Juristen, der 1933 beschloss, Jurist des „Führers“ zu werden und Führer der Juristen“, Wesel, Uwe, Der Gang nach Karlsruhe, Das Bundesverfassungsgericht in der Geschichte der Bundesrepublik, 1. Auflage, S. 11, München: 2004; Wesel, Uwe, Die Hüter der Verfassung, Das Bundesverfassungsgericht: seine Geschichte, seine Leistungen und seine Krisen, Frankfurt /M.: 1996;
So auch: Hesselberger, Dieter, Das Grundgesetz, Kommentar für die politische Bildung, S. 276, Bonn: 1990; Säcker, Horst, Das Bundesverfassungsgericht, S. 34, Bonn: 1989; Huber, Ernst Rudolf, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. 3, Bismarck und das Reich, S. 1056, Stuttgart: 1963; Auch Carlo Schmitt verwendet diesen Begriff in seinen Memoiren, Carlo Schmitt, Gesammelte Werke in Einzelausgaben, Bd. 3, Carlo Schmitt, Erinnerungen, S.346, Bern/München/Wien: 1979.
4 Ob das GG allerdings auch im Range einer Verfassung Gültigkeit beanspruchen kann, wird im Hauptteil weiter ausgeführt.
5 Grimm, Dieter, Das Grundgesetz in der deutschen Verfassungstradition, in: Deutsche Verfassungsgeschichte 1849-1919-1949, S. 11-25, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn: 1989; Die Paulskirchenverfassung die nie in Kraft trat, weil König Friedrich-Wilhelm IV. von Preußen 1849 die Kaiserkrone ablehnte, und die nach Kühne „die erste demokratisch legitimierte Vollverfassung Deutschlands“ [ist] (Kühne, J.-D., Werk mit später Wirkung, in: Deutsche Verfassungsgeschichte 1849-1919-1949, S. 39 - 45, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn: 1989), verfügte über ein Reichsgericht (Art. 125), das u.a. über die Verletzung gewährter Rechte aus der Verfassung wachte, und auch die Weimarer Reichsverfassung (WRV) besaß einen Staatsgerichtshof Art. 108 WRV, der jedoch nur über Verfassungsstreitigkeiten innerhalb eines Landes, oder der Länder untereinander, oder zwischen einem Lande und dem Reich entschied, und zwar ausschl. nicht privatrechtlicher Art.
6 Andersen/Woyke, (Hrsg.), Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland, S.88, Bonn: 1992.Weiter gehen Schlaich/Korioth, die die heutige Verfassungsgerichtsbarkeit in Deutschland durchaus in die Tradition der Rechtsprechung der Reichsgerichte des Hlg. Römischen Reichs Deutscher Nation (Reichskammergericht, Reichshofrat) stellen, Schlaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Stellung, Verfahren, Entscheidungen, Juristische Kurzlehrbücher, 8.Auflage, S. 1, München: 2010.
7 Schiffers, Reinhard, Grundlegung der Verfassungsgerichtsbarkeit, Das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht vom 12. März 1951, in: Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Bacher/Morsey/Schwarz (Hrsg.), Vierte Reihe, Deutschland seit 1945, Bd. 2, S. VII- XIV, Düsseldorf: 1984; Der Parlamentarische Rat 1948-1949, Akten und Protokolle, Band 13, Ausschuß für Organisation des Bundes, Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege, Teilband 1, S. CIV, München: 2002.
8 Feldkamp, Michael, Der Parlamentarische Rat 1948-1949, Die Entstehung des Grundgesetzes, Göttingen: 2019.
9 Foschepoth, Josef, Verfassungswidrig, Das KPD-Verbot im Kalten Bürgerkrieg, 2. Auflage, Göttingen: 2017; Überwachtes Deutschland, Post- und Telefonüberwachung in der alten Bundesrepublik, 2. Auflage, Göttingen: 2013.
10 Adenauer, Konrad, Erinnerungen 1945-1953, Stuttgart:1965.
11 Carlo Schmitt, Gesammelte Werke in Einzelausgaben, Bd. 3, Carlo Schmitt, Erinnerungen, Bern/München/Wien: 1979.
12 Grzesick, Bernd, Vom Reich zur Bundesstaatsidee, Zur Herausbildung der Föderalismusidee als Element des modernen deutschen Staatsrechts, in: Schriftenreihe zum Öffentlichen Recht Bd. 705, Berlin: 1996.
13 Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, Von der Nordamerikanischen Revolution bis zur Wiedervereinigung Deutschlands, Grundrisse des Rechts, 18. Auflage, München: 2019.
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