Bachelorarbeit, 2022
66 Seiten, Note: 2,1
1 Einleitung und Problemstellung
2 Zielsetzung
3 Gegenwärtiger Kenntnisstand
3.1 Aktuelle soziodemographische Daten zur Altersstruktur
3.2 Begriffserklärung ‚Senioren‘
3.3 Typische Zivilisationskrankheiten
3.3.1 Entstehung von Zivilisationskrankheiten
3.3.2 Beschreibung und Definition von Zivilisationskrankheiten
3.3.3 Daten zu Zivilisationskrankheiten
3.4 Typische gesundheitliche Probleme im Alter
3.4.1 Demenz
3.4.2 Depression
3.4.3 Chronische Erkrankungen
3.4.4 Herz-Kreislauf-Erkrankungen
3.4.5 Infektionen
3.4.6 Sarkopenie
3.5 Bewegungsfaktoren
3.5.1 Körperliche, sportliche und gesundheitswirksame körperliche Aktivität
3.5.2 Unterschied zwischen sitzendem Verhalten, körperlicher Aktivität und Training
3.5.3 Bewegungsempfehlungen und Bewegungsverhalten bei Senioren
3.6 Möglichkeiten der günstigen Beeinflussung von Risikofaktoren durch Bewegung und Sport
3.6.1 Trainingsaufbau ‚warm up‘ und ‚cool down‘
3.6.2 Positive Effekte von Bewegung und Sport
3.6.3 Positive Effekte von Bewegung auf das Herz-Kreislauf-System
3.6.4 Positive Effekte von Bewegung auf den Bluthochdruck
3.6.5 Positive Effekte von Bewegung auf das Muskel-Skelettsystem (Osteoporose/ Sarkopenie)
3.6.6 Positive Effekte von Bewegung auf chronische Rückenschmerzen
3.6.7 Positive Effekte von Bewegung auf den Kohlenhydratstoffwechsel (Diabetes)
3.6.8 Positive Effekte von Bewegung auf die Körperzusammensetzung und das Körpergewicht (Übergewicht/Adipositas)
3.6.9 Positive Effekte von Bewegung auf das Immunsystem
3.6.10 Positive Effekte von Bewegung auf die mentale und seelische Gesundheit
3.7 Risiken, Vorsichtsmaßnahmen und Kontraindikationen
4 Methodik
4.1 Zielgruppe
4.2 Struktur und Zielsetzung des Bewegungskonzeptes
4.3 Analyse der Rahmenbedingungen bei dem Bewegungsanbieter hinsichtlich der Anforderungskriterien an ein Bewegungskonzept für die Zielgruppe Senioren
4.3.1 Finanzierung und Kosten
4.3.2 Kooperationspartner
4.3.3 Infrastruktur
4.3.4 Information und Motivation
4.3.5 Räumlichkeiten und Sicherheit
4.3.6 Zeit und Ansprechpartner
4.3.7 Übungsleiter und Nachhaltigkeit
4.3.8 Inhalte des Bewegungsangebots und sozialer Austausch
4.4 Personelle und materielle Ressourcen
4.5 Konzeptkosten und Break-Even-Analyse
4.6 Evaluation
5 Ergebnisse
5.1 Grobplanung des Bewegungskonzeptes
5.2 Darstellung des Bewegungskonzeptes
5.3 Erläuterung des Bewegungskonzeptes
5.4 Eingliederung in die Angebotsstruktur
6 Diskussion
6.1 Vergleich der Ergebnisse mit der aktuellen Studienlage
6.2 Umsetzungsprobleme, Lösungsstrategien und weiterführende Maßnahmen
7 Zusammenfassung
8 Literaturverzeichnis
9 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
9.1 Abbildungsverzeichnis
9.2 Tabellenverzeichnis
Anhang
Anhang 1 moderate und intensive Aktivitäten:
Anhang 2 Ausdauersport bei Übergewicht:
Anhang 3 Checkliste für Sport- und Bewegungsangebote
Anhang 4 Borg-Skala
Anhang 5 Manuelle Muskelfunktionsdiagnostik
In ganz Deutschland ist bis 2035 mit einem Rückgang der Bevölkerung im Erwerbsalter (zwischen 20 und 66 Jahren) zu rechnen und laut dem Statistischen Bundesamt (2021c) wird die Zahl der Menschen ab 67 Jahren bis 2035 um 22 % steigen. Hierbei handelt es sich um den demografischen Wandel, welcher die Struktur und Entwicklung der Bevölkerung bezeichnet und insbesondere auf die Aspekte der Altersstruktur, der Geburtenzahlen und der Sterbefälle eingeht (Rudnicka, 2021). Der Demografische Wandel ist dadurch gekennzeichnet, dass die gegenwärtigen Geburtenraten das Defizit gegenüber den Sterbefällen nicht kompensieren können und die Gesellschaft mit Konsequenzen für das deutsche Renten- und Pflegesystem altert (Rudnicka, 2021). Die zunehmende Überalterung der Bevölkerung bringt die sozialen Sicherungssysteme an die Grenzen der Belastbarkeit: Die Bevölkerung wird immer älter, aber nicht gesünder. Neben typischen Zivilisationskrankheiten sind gesundheitliche Probleme bzw. Krankheiten im hohen Alter unvermeidbar. Durch die Verminderung der Teilungs- und Regenerationsfähigkeit der Körperzellen im Alter sind Alterskrankheiten nicht bzw. schwer heilbar (Flöer, 2021). Typische Zivilisationskrankheiten sowie gesundheitliche Probleme im Alter entstehen durch gewisse Lebensumstände wie den Bewegungsmangel oder die Überernährung der Bevölkerung. Beispielhafte Zivilisationskrankheiten sind Übergewicht, Fettleibigkeit, Diabetes mellitus (Typ 2), Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Bluthochdruck (Aok, 2017). Die Zivilisationskrankheiten betreffen jüngere sowie ältere Menschen und können für gesundheitliche Probleme im Alter sorgen. Um gesundheitliche Probleme bzw. Krankheiten im Alter vorzubeugen, sind eine gesunde Ernährung und Bewegung bzw. Sport die beste Lösung. Dadurch können gesundheitswirksame Effekte erzielt werden. Einerseits können psychische und physische Ressourcen gestärkt werden, andererseits werden das körperliche Wohlbefinden sowie die gesundheitlichen Probleme positiv und präventiv beeinflusst. Bedauerlicherweise sterben weltweit jährlich über 16 Millionen Menschen vor dem 70. Lebensjahr an vermeidbaren Zivilisationskrankheiten (WHO, 2014). Ebenfalls sind gesundheitliche Probleme im Alter wie Demenz oder Altersdepression weit verbreitet, wobei 40 % aller über 80-Jährigen an einer Demenz leiden (Blanck, 2019) und jeder Zehnte ab 70 Jahren eine Depression hat (bmbf, 2021). Aufgrund dessen ist der Markt „Senioren“ für Bewegungsanbieter zunehmend attraktiver geworden. Dementsprechend thematisiert die vorliegende Arbeit ein Bewegungskonzept, welches eine Förderung der Gesundheit älterer Menschen erzielt.
Das Ziel dieser Arbeit ist die Erstellung eines ganzheitlich orientierten Bewegungskonzeptes für die Zielgruppe Senioren bei einem Bewegungsanbieter. Das Bewegungskonzept wird auf Grundlage der typischen Zivilisationskrankheiten und gesundheitlicher Probleme im Alter erstellt. In Anlehnung an die Möglichkeiten zur günstigen Beeinflussung von Risikofaktoren durch Bewegung und Sport soll das Konzept für Senioren mit gesundheitlichen Problemen entwickelt werden. Durch eine ausführliche Analyse der Rahmenbedingungen des Bewegungsanbieters, die Darstellung der notwendig werdenden Ressourcen sowie der Berechnung der Konzeptkosten wird das fertig geplante Bewegungskonzept für Senioren dargestellt.
In dem folgenden Kapitel wird zunächst die aktuelle soziodemographische Situation zu der Altersstruktur der Bevölkerung in Deutschland analysiert und dargestellt. Anschließend werden die typischen Zivilisationskrankheiten und gesundheitliche Probleme im Alter untersucht und beschrieben. Des Weiteren werden die Möglichkeiten der günstigen Beeinflussung von Risikofaktoren durch Bewegung bzw. Sport erforscht und erläutert. Abschließend werden diesbezüglich zu beachtende Risiken, Vorsichtsmaßnahmen und Kontraindikationen illustriert.
„Unter soziodemographischen Daten versteht man Informationen, die mit Methoden aus der empirischen Sozialforschung gewonnen werden. Es werden im Rahmen von Marktforschungaktionen Stichproben aus der Grundgesamtheit der Bevölkerung gezogen, um Aussagen über die Verteilung von Bevölkerungsmerkmalen treffen zu können.“ (prospega.de, 2021). Durch den demographischen Wandel, welcher in Deutschland dadurch gekennzeichnet ist, dass seit der 1970-er Jahre die Geburtenrate niedriger als die Sterberate ist, verändert sich die Altersstruktur der Bevölkerung (Bundeszentrale für politische Bildung, 2016). Außerdem erwähnt die Bundeszentrale für politische Bildung, dass ein weiterer Aspekt für den demographischen Wandel die höhere Lebenserwartung der Bevölkerung ist. Bei sinkender Geburtenrate führt dies zu einem größeren Anteil der älteren Bevölkerung im Verhältnis zum Anteil der jüngeren Bevölkerung (Bundeszentrale für politische Bildung, 2016). Dem Statistischen Bundesamt zufolge ist jede zweite Person älter als 45 Jahre und jede fünfte Person älter als 66 Jahre (Statistisches Bundesamt, 2021d). Andererseits, aufgrund der starken Zuwanderung junger Menschen in den letzten Jahren, steigt die Geburtenrate seit 2012. Nichtsdestotrotz unterstreicht das Statistische Bundesamt: „Die Anzahl der Personen im Alter ab 70 Jahren ist zwischen 1990 und 2019 von 8 auf 13 Millionen gestiegen. Bei den höheren Altersklassen wird deutlich, dass mittlerweile nicht nur Frauen, sondern auch Männer ein höheres Lebensalter erreichen.“ (Statistisches Bundesamt, 2021d). Laut dem Statistischen Bundesamt (2021c) wird die Zahl der Menschen ab 67 Jahren bis 2035 um 22 % steigen. Nach Ergebnissen der ersten mittelfristigen Bevölkerungsvorausberechnung teilte das Statistische Bundesamt (2021c) mit, dass zwischen 2020 und 2035 die Zahl der Personen im Alter ab 67 Jahren von 16 Millionen auf 20 Millionen steigen wird. Ende des Jahres 2020 gab es etwa 18,27 Millionen Menschen in Deutschland, die 65 Jahre oder älter waren, 13,75 Millionen Menschen hingegen waren noch minderjährig (Statista.com, 2021). Im Jahr 2011 betrug der Anteil der 60 bis 80 Jährigen 5,3 %, welcher im Jahr 2020 auf 7,3 % stieg. Der Anteil der unter 20-Jährigen veränderte sich zwischen den Jahren 2011 und 2020 nicht und blieb auf 18,4 % (Statistisches Bundesamt, 2021b). Die Zahlen spiegeln den demographischen Wandel wieder.
Seit Anfang 2020 befindet sich die ganze Welt in einer Corona-Pandemie, welche zusätzlich Einfluss auf die Altersstruktur der Bevölkerung hat. Durch die Corona-Pandemie werden die Zu- bzw. Auswanderung und die Sterblichkeit beeinflusst. „Im Jahr 2020 war die Zahl der Zuzüge um rund 220000 höher als die Zahl der Fortzüge. Damit war der Wanderungssaldo im fünften Jahr rückläufig.“ (Statistisches Bundesamt, 2021c). Trotz alledem verschiebt sich das Verhältnis zwischen Menschen im Rentenalter ab 67 Jahre zu der Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter von 22 bis 66 Jahren deutlich. Das Verhältnis der Personen im Rentenalter zu 100 Personen im erwerbsfähigen Alter bildet den Altenquotient (Statistisches Bundesamt, 2021a). Hierzu erwähnt das Statistische Bundesamt (2021c), dass je nach Höhe des Wanderungssaldos im Jahr 2035 zwischen 41 und 43 Personen ab 67 Jahren auf 100 Personen im Alter zwischen 22 und 66 Jahren kommen würden. Im Jahr 2020 betrug der Altenquotient 31, im Jahr 2035 läge der Altenquotient zwischen 43 und 46 nach den Ergebnissen der 14. Bevölkerungsvorausberechnung auf Basis von 2018 ohne Berücksichtigung der Auswirkungen der Pandemie (Statistisches Bundesamt, 2021c).
Zudem unterteilt das Statistische Bundesamt die Bevölkerung nach Altersgruppen von Deutschland in westdeutsche Flächenländer, ostdeutsche Flächenländer sowie Stadtstaaten. Hierbei wird die prozentuale Veränderung der Bevölkerung nach Altersgruppen zwischen dem Jahr 2020 und 2035 bei moderatem und hohem Wanderungssaldo dargestellt. Die Alterung der Bevölkerung schreitet in den westlichen Flächenländern voraussichtlich schneller voran, so erwähnt das Statistische Bundesamt (2021c): „In den westlichen Flächenländern wird die Zahl der Menschen im Rentenalter in den nächsten 15 Jahren mit einem Plus von 25% besonders stark zunehmen.“. Außerdem teilt das Statistische Bundesamt (2021c) mit, dass in den ostdeutschen Flächenländern, wo die Bevölkerung im Durchschnitt deutlich älter als im Westen ist, die Zahl der Menschen ab 67 Jahre bis 2035 um 13 bis 14 % steigen wird. Die Bevölkerung der Stadtstaaten ist im Durchschnitt jünger als in den Flächenländern und steigt ähnlich wie in den östlichen Flächenländern um 12 bis 13 % (Statistisches Bundesamt, 2021c). Angesichts dieser Entwicklungen werden in den westlichen Flächenländern im Jahr 2035 zwischen 23 und 24 % der Bevölkerung 67 Jahre und älter sein. In den östlichen Flächenländern wird der Anteil der ab 67-Jährigen 28 bis 29 % betragen. Bei den Stadtstaaten hingegen wird der Anteil bei 18 bis 19 % liegen (Statistisches Bundesamt, 2021c). Parallel wird ein Rückgang der Bevölkerung im Erwerbsalter erwartet. Diesbezüglich berichtet die Demografie-Expertin im Statistischen Bundesamt Olga Pötzsch, dass der erwartete Rückgang der Bevölkerung im Erwerbsalter daraus zu schließen ist, dass die großen Baby-Boom-Jahrgänge in den 2020er-Jahren aus dem Erwerbsalter ausscheiden und viel schwächer besetzte jüngere Jahrgänge aufrücken werden (Statistisches Bundesamt, 2021c). In ganz Deutschland ist bis 2035 mit einem Rückgang der Bevölkerung im Erwerbsalter (zwischen 20 und 66 Jahren) zu rechnen. In den westlichen Flächenländern sinkt der Anteil um 7 bis 11 %, in den östlichen Flächenländern hingegen könnte der Rückgang der Bevölkerung im Erwerbsalter bei 12 bis 15 % liegen. Die Anzahl der Bevölkerung der 22- bis 66-Jährigen würde in den Stadtstaaten stabil bleiben (Statistisches Bundesamt, 2021c).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Bevölkerung der Menschen im Rentenalter (ab 67 Jahre) stetig steigt und die Bevölkerung der Menschen im Erwerbsalter sinkt. In den folgenden Abbildungen werden differenzierte Entwicklungen der beiden Bevölkerungsgruppen grafisch dargestellt. Die Abbildungen illustrieren die bisherigen analysierten soziodemographischen Daten zu der Altersstruktur der Bevölkerung von Deutschland.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Ergebnisse der 14. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung (Statistisches Bundesamt, 2019)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 Ergebnisse der 14. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung (Statistisches Bundesamt, 2019)
Das Wort ‚Senior‘ bedeutet übersetzt ‚älter‘ und stammt ursprünglich aus dem Lateinischen. Im 14. Jahrhundert wurde die Bezeichnung für Menschen ab dem sechzigsten Lebensjahr oder Ältere bzw. den Ältesten übernommen (Meisinger, 2020). Ab dem 18. Jahrhundert galt die Bezeichnung für Familienoberhäupter und ältere Geschäftspartner. Bis zu den 1970er Jahren war die Bezeichnung die ‚Alten‘ gebräuchlich, seitdem werden Menschen mit hohem Alter als Senioren bezeichnet (Meisinger, 2020). Nun stellt sich die Frage, ab welchem Alter Menschen als Senioren bezeichnet werden. Im Gesundheitsbereich richtet sich der Ausdruck ‚Senior‘ an Menschen ab 70 Jahren. In dem Buch „Gesundheit und Krankheit im Alter“ von Böhm, Tesch-Römer und Ziese (2009, S.7) wird erwähnt: „Dabei werden zwei Altersgruppen unterschieden, nämlich die Gruppe der ‘jungen Alten‘ [65 Jahre bis unter 85 Jahre] und die Gruppe der ‘alten Alten‘ [85 Jahre und älter].“ Schlussfolgernd in Bezug auf die Ausarbeitung lässt sich sagen, dass Menschen im Alter ab 65-bis 70 Jahren als Senior bezeichnet werden können.
Zunächst stellt sich die Frage wie Zivilisationskrankheiten überhaupt entstehen und welche es eigentlich gibt. Anders als die Menschen früher, welche sich täglich kilometerweit bewegen mussten, um etwas zum Essen zu finden, verbringen die meisten Menschen in der heutigen Zeit ihren Alltag sitzend und greifen bequem auf verzehrfertige Nahrungsmittel zurück (Aok.de, 2017).
„Zivilisationskrankheiten entstehen - einfach ausgedrückt - weil unsere modernen Lebensgewohnheiten, die wir in klassischen Industrieländern vorfinden nicht zur menschlichen Anatomie und zu unserem Stoffwechsel passen.“ (Aok.de, 2017).
Infolgedessen werden Erkrankungen, deren Inzidenz einen sehr wahrscheinlichen Zusammenhang mit den Lebensgewohnheiten haben, als Zivilisationskrankheiten bezeichnet (DocCheck.com, 2018). Durch den Lebensstil der Bewegungsarmut und Überernährung folgen Krankheiten wie Rückenschmerzen, Übergewicht und Herzkreislauferkrankungen. Das Risiko für Erkrankungen wie Karies, Herz- und Gefäßkrankheiten, Diabetes mellitus (Typ 2), Übergewicht und einige Krebsarten steigt durch die modernen Lebensumstände der Zivilisation (Aok.de, 2017). Wie genau diese Lebensumstände die Menschen krank machen, wird im Folgenden beschrieben.
Besonders negativ ist die Auswahl der gezuckerten Produkte der Bevölkerung, welche beispielsweise Wurst, Erfrischungsgetränke oder Frühstücksmüsli sind (Aok.de, 2017). Die Produkte in den Supermärkten beinhalten zu viel Zucker, zu viel Fett bzw. schädliche Fettsäuren oder Zusatzstoffe. Für das Auftreten von Zivilisationskrankheiten in der Forschung unumstrittene Risikofaktoren sind: Umweltgifte, Über- und Fehlernährung, Bewegungsmangel, zu hoher Zuckerkonsum, Lärmbelästigung, mediale Reizüberflutung, übertriebene Hygiene sowie Alkohol- und Nikotinkonsum (Täubner, 2015).
„Es gibt keine Liste von Zivilisationskrankheiten, die einen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, da in der Literatur hierüber noch Uneinigkeit herrscht.“ (Täubner, 2015). Jedoch werden folgende Krankheiten als Zivilisationskrankheiten beschrieben: Herz- und Gefäßkrankheiten, Karies, Diabetes mellitus (Typ 2), Bluthochdruck, Übergewicht und Adipositas, Gicht, Demenz, Lungen- und Darmkrebs, Neurodermitis, Akne und Essstörungen wie Anorexia nervosa und Bulimia nervosa (Täubner, 2015 & Doccheck.com, 2018). In der folgenden Tabelle werden einige der Zivilisationskrankheiten dargestellt und definiert.
Tabelle 1 Definitionen der Zivilisationskrankheiten (eigene Darstellung i. A. a. Doccheck.com 2018)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zunächst folgen Zahlen und Fakten zu Zivilisationskrankheiten der vergangenen Jahre. Der Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) „Weltweiten Statusbericht 2014 zu nicht übertragbaren Krankheiten“ basiert auf den neuesten Einschätzungen an Todesfällen und Risikofaktoren in 194 Ländern (Inform.de Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung, 2014). Weltweit sterben jährlich über 16 Millionen Menschen vor dem 70. Lebensjahr an vermeidbaren Zivilisationskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Atem weg-Erkrankungen und Krebs (zitiert nach WHO, 2014). Im Jahr 2012 starben weltweit 38 Millionen Menschen an Zivilisationskrankheiten, wobei 42 % der Verstorbenen noch vor ihrem 70. Lebensjahr gestorben sind. Auffällig ist, dass 82 % der Menschen unter 70 Jahren, die an Zivilisationskrankheiten unkamen, in Entwicklungs- und Schwellenländern lebten (zitiert nach WHO, 2014). In dem Bericht „WHO warnt vor Zivilisationskrankheiten: Diabetes, Krebs, Herzinfarkt – Warum noch immer Millionen daran sterben“ heißt es: „Laut WHO nahm die Zahl vorzeitiger Todesfälle durch nicht übertragbare Krankheiten in den vergangenen Jahren deutlich zu. Im Jahr 2000 waren noch rund 14,6 Millionen Menschen vor dem 70. Lebensjahr durch Krebs, Herzinfarkte, Schlaganfälle oder Diabetes ums Leben gekommen.“ (zitiert nach WHO, 2015).
Um die Entwicklung der Zahlen zu Zivilisationskrankheiten darzustellen, folgen nun aktuelle Zahlen zu dieser Art von Krankheiten. Im Jahr 2020 war die häufigste Todesursache in Deutschland eine Herz-Kreislauferkrankung, welche mit 338.001 Verstorbenen einen Anteil von 34 % aller Sterbefälle ausmacht (Statistisches Bundesamt, November 2021). Vor allem ältere Menschen sind von diesen Krankheiten betroffen und sterben an ihren Folgen, denn 93 % der Verstorbenen waren 65 Jahre und älter (Statistisches Bundesamt, November 2021). Mit 23,5 % entsprechend 231.271 Menschen aller Verstorbenen waren die Krebserkrankungen die zweithäufigste Todesursache in Deutschland (Statistisches Bundesamt, November 2021). Laut dem Statistischen Bundesamt (November 2021) waren die am häufigsten diagnostizierten Krebsarten bei Männern, Lungen- und Bronchialkrebs. Im Jahr 2019 waren ischämische Herzkrankheiten mit 16 % aller Todesfälle die häufigste Todesursache weltweit (Radtke, 2021a). Bereits im frühen Alter herrschen Zivilisationskrankheiten, da jedes siebte Kind in Deutschland übergewichtig ist, davon sind 15,4 % der Kinder und Jugendlichen zwischen drei und 17 Jahren zu dick und 5,9 % sind sogar fettleibig (Schienkiewitz, Brettschneider, Damerow, Rosario, S.16, 2018). Resümierend lässt sich festhalten, dass Zivilisationskrankheiten einen sehr großen Anteil an Todesursachen haben.
„Eines gleich vorweg: Das Alter an sich ist keine Krankheit und viele Senioren verbringen ihr Leben im Alter gesund und ohne physische oder psychische Leiden.“ (Flöer, 2021). Mit zunehmendem Alter wird der menschliche Organismus jedoch anfälliger für Krankheiten, welche auch chronisch werden können. Die Medizin versteht unter Alterskrankheiten körperliche und seelische Beeinträchtigungen, welche vor allem im höheren Lebensalter auftreten (Flöer, 2021). In ihrem Beitrag „Typische Alterskrankheiten“, erwähnt die Journalistin Flöer, dass durch die Verminderung der Teilungs- und Regenerationsfähigkeit der Körperzellen im Alter die sogenannten Alterskrankheiten nicht bzw. schwer heilbar sind (Flöer, 2021). Typische Krankheiten die ältere Menschen betreffen sind beispielsweise Demenz, Depression, Diabetes, Erkrankungen des Bewegungsapparats, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Infektionen und Sarkopenie (bmbf Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2021). Insofern ein Mensch gleichzeitig an mehreren Krankheiten leidet, wird dies ‚Multimorbidität‘ genannt. Diese Bezeichnung steht für Mehrfacherkrankung und kommt im Alter häufiger vor (Flöer, 2021). Im Folgenden werden verschiedene typische gesundheitliche Probleme im Alter erläutert.
Im Alter treten einige neurologische und psychiatrische Erkrankungen häufiger auf, zu welchen unter anderem die Demenz zählt. Rund 47 Millionen Menschen sind weltweit von einer Demenz betroffen, somit ist sie eine der häufigsten Krankheiten im Alter (Flöer, 2021a). Stand 2020 leben etwa 1,6 Millionen Demenzkranke in Deutschland und weltweit steigt die Zahl der Neuerkrankungen um 7,7 Millionen jährlich (Flöer, 2021a). Der Begriff „Demenz“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „ohne Verstand“ bzw. „ohne Geist“ (Flöer, 2021). Die Journalistin Flöer behauptet: „Wer an einer Demenz, einem dementiellen Syndrom, erkrankt, verliert Schritt für Schritt seine geistigen und intellektuellen Fähigkeiten. Gedächtnis, Denkvermögen, Sprache und praktisches Geschick verschlechtern sich kontinuierlich.“ (Flöer, 2021a). Dementsprechend ist Demenz eine Folge einer chronischen und fortschreitenden Krankheit des Gehirns, welche einige schwerwiegende Folgen hat. Die häufigste Demenz-Variante, an der Menschen erkranken, ist der Typ Alzheimer (Flöer, 2021a).
Weitere Erkrankungen im Alter sind psychiatrische Erkrankungen wie die Depression. Weltweit sind schätzungsweise 350 Millionen Menschen von einer Depression betroffen, gut 18 % mehr als vor zehn Jahren (Bundesministerium für Gesundheit, 2022). Laut dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (kurz ‚bmbf‘) (2021) trifft die Depression eher ältere als jüngere Menschen, wobei jeder Zehnte ab 70 Jahren unter Depressionen leidet. Bei Menschen ab 60 Jahren, die unter einer Depression leiden, wird von einer Altersdepression gesprochen. Etwa 7,2 % der Menschen ab 75 Jahren leiden an solch einer Altersdepression (Karch, 2021). Die Ursachen für Depressionen können biologische Wurzeln haben, aber auch die soziale Einsamkeit im Alter trägt dazu bei (bmbf, 2021). Symptome für eine Depression sind Freudlosigkeit, Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit, welche die Gefühlswelt der Betroffenen negativ verändert und beeinflusst (Karch, 2021).
Zu chronischen Erkrankungen gehören Krankheiten wie Diabetes, Arthritis und Bluthochdruck. Die Krankheiten stellen die Betroffenen vor großen Herausforderungen, da sie meist nicht heilbar sind und sich mit der Zeit verschlechtern (Flöer, 2021).
„`Honigsüßer Durchfluss´ – so lautet die wortwörtliche Übersetzung von `Diabetes mellitus´.“ (Flöer, 2021b). Die ‚Zuckerkrankheit‘ Diabetes beinhaltet viele unterschiedliche Störungen des Stoffwechsels und ist dadurch gekennzeichnet, dass dem Körper Insulin fehlt (Flöer, 2021b). Das Insulin sorgt dafür, Glukose vom Blut in die Körperzellen zu transportieren, passiert dies jedoch nicht, bleibt die Glukose im Blut und gelangt in die Nieren. Es gibt drei verschiedene Diabetes-Typen, welche Diabetes- Typ 1, -Typ 2 und -Typ 3 sind. Bei Diabetes Typ 2 handelt es sich um eine Altersdiabetes, welche oft nach dem 40. Lebensjahr auftritt (Flöer, 2021b). In Deutschland leben rund 7 Millionen Diabetiker, davon zwei Millionen Menschen mit Diabetes Typ 2. Außerdem leiden 24 % der Altersgruppe der über 80-Jährigen entsprechend 1 Million Menschen an Diabetes mellitus Typ 2 (Flöer, 2021b).
Des Weiteren haben ältere Menschen chronische Erkrankungen im Bewegungsapparat wie beispielsweise Arthritis. Die Arthritis ist eine Entzündung der Gelenke und gehört zu den typischen Alterserscheinungen (Flöer, 2021). Bei einer Arthrose, welche die häufigste Arthritis-Form ist, verändern sich der Gelenkknorpel und die angrenzenden Knochen (bmbf, 2021). Der Verlust der Knorpel und Knochen führt zu Gelenkschmerzen und Bewegungsbeeinträchtigungen. Meist sind das Hüft-, Knie-, Schultergelenk oder die Wirbelsäule davon betroffen. Laut dem bmbf (2021) weisen etwa jeder vierte Erwachsene und die Hälfte der über 60 jährigen mindestens eine Arthrose auf.
„Bluthochdruck (Hypertonie) ist eine weit verbreitete Erkrankung. In Europa leiden viele Millionen Menschen daran. Auf Dauer schädigt Bluthochdruck die Gefäße und trägt so zur Entstehung von Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall bei.“ (Huber & Feichter, 2018). Bei einem arteriellen Bluthochdruck (arterieller Hypertonie) sind die Blutdruckwerte, welche dadurch entstehen, dass bei jedem Herzschlag Blut aus dem Herzen in die Blutgefäße gepumpt wird, dauerhaft zu hoch und liegen über 140/90 mmHg. (Huber & Feichter, 2018). In Abhängigkeit zu der Herzaktion wird zwischen zwei Blutdruckwerten unterschieden: Systolischer Blutdruck und Diastolischer Blutdruck. Der systolische Blutdruck entsteht in der Phase, in der sich das Herz zusammenzieht, indem Blut aus dem Herzen in die Hauptschlagader gepumpt wird. Während des diastolischen Blutdrucks dehnt sich der Herzmuskel aus, um sich erneut mit Blut zu füllen und in den Gefäßen herrscht immer noch ein Druck, welcher jedoch deutlich niedriger als der systolische Blutdruck ist (Huber & Fichter, 2018). „Arterielle Hypertonie betrifft fast jeden Dritten in Deutschland. Besonders besorgniserregend dabei: Viele Betroffene wissen nicht, dass sie erkrankt sind.“ (Schoppe, 2020). Laut Schoppe haben etwa 20 bis 30 Millionen Menschen Bluthochdruck in Deutschland, wobei drei von vier Menschen zwischen 70 und 79 Jahre alt sind (Schoppe, 2020).
„Auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen kommen nicht nur – aber doch überwiegend – bei älteren Menschen vor.“ (bmbf, 2021). Zu den Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehören insbesondere die koronare Herzerkrankung (eine Verkalkung der Herzkranzgefäße), die zerebrovaskuläre Gefäßerkrankung (eine Erkrankung der Blutgefäße des Gehirns) und die periphere arterielle Verschlusskrankheit (eine Verengung der Arterien, die die Beine versorgen), welche Symptome, die die Lebensqualität stark einschränken können, verursachen (bmbf, 2021). Treppen steigen oder kurze Spaziergänge sind meist mit Schmerzen in der Brust oder in den Beinen verbunden. Wie bereits in Kapitel 3.3.3 analysiert, haben Herz-Kreislauf-Erkrankungen schwere Folgen und sind somit die häufigste Todesursache. Ebenfalls im Jahr 2019 waren Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Todesursache. Rund 331.000 Tote, mehr als ein Drittel der knapp 940.000 Todesfälle, starben an Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Radtke, 2021).
Gegen Krankheitserreger ist das Immunsystem die wichtigste Waffe im menschlichen Körper. Eine Infektion ist keine Alterskrankheit, jedoch verliert das Immunsystem durch den Alterungsprozess immer mehr an Stärke, sodass die Menschen im höheren Alter anfälliger für Infektionen sind. Die beiden gefährlichsten Infektionen sind die Grippe und die Lungenentzündung, auch das Coronavirus, welches grippeähnliche Symptome hat, stellt ein hohes Risiko für ältere Menschen dar. Der Anteil an Todesopfern durch das Coronavirus im Alter zwischen 60 und über 90 Jahren beträgt weit über 95 % (Radtke, 2022). Die restlichen 5 % verteilen sich auf die Jahrgänge der 0- bis 59-Jährigen (Radtke, 2022).
„Älterwerden ist mit einem Verlust an Muskelmasse und -kraft verbunden.“ (Buess & Kressig, S. 1167, 2013). Als Sarkopenie wird ein altersassoziierter Verlust an Muskelmasse, -kraft und –leistung bezeichnet, wobei bis zu 50 % der über 80-Jährigen davon betroffen sind (Buess & Kressig, S.1167, 2013). Der Verlust an Muskelmasse und -kraft im Alter tritt in unterschiedlichem Maße auf, führt bei vielen Menschen zu funktionellen Einschränkungen und hat Folgen wie körperliche Behinderung, eingeschränkte Lebensqualität, erhöhtes Sturzrisiko sowie Institutionalisierung (Buess & Kressig, S.1167, 2013). Außerdem ist die Sarkopenie sehr eng mit der Gebrechlichkeit verknüpft und hat somit Einfluss alle wichtigen Gebrechlichkeitsmerkmale. Solche sind beispielsweise Gewichtsverlust, Kraftlosigkeit bzw. Erschöpfung, reduzierte Ganggeschwindigkeit und verminderte Muskelkraft (Xue, S. 1-15, 2011). Des Weiteren erwähnen Buess & Kressig (S.1167, 2013), dass die pathophysiologische Grundlage der Sarkopenie ein Verlust von Muskelfasern bei alten Menschen ist, wobei vor allem die schnell agierenden Typ-II-Muskelfasern betroffen sind.
Um einen Überblick über verschiedene Bewegungsfaktoren zu schaffen, werden in diesem Kapitel die körperlichen, sportlichen und gesundheitswirksamen körperlichen Aktivitäten beschrieben. Ebenso wird der Unterschied zwischen sitzendem Verhalten, körperlicher Aktivität und körperlichem Training erläutert. Im Anschluss erfolgt eine Darstellung verschiedener Bewegungsempfehlungen für Senioren und eine Beschreibung des tatsächlichen Bewegungsverhaltens.
Zunächst lässt sich festhalten, dass regelmäßige Bewegung und Sport sowohl zum Erhalt als auch zur Verbesserung des Gesundheitszustandes beitragen. Darüber hinaus hat Bewegung bzw. körperliche Aktivität positive Auswirkungen auf die Gesundheitsbereiche: Gesamtsterblichkeit, Krebserkrankungen, Herz-Kreislauf-Gesundheit, Muskelsystem, Stoffwechselgesundheit sowie neurokognitive Gesundheit (Miko, Zillmann, Ring-Dimitriou, Dorner, Titze, Bauer, 2020, S.184-S. 195).
Körperliche Aktivität ist jegliche durch die Skelettmuskulatur hervorgebrachte Bewegung, die zu einer substanziellen Steigerung des Energieverbrauchs über den Ruheumsatz hinaus erfolgt (Woll, Bös, Gerhardt, Schulze, Kapitel B1, S.85, 2006). Gesteuert und quantifiziert wird die körperliche Aktivität durch die Belastungskomponenten Häufigkeit, Dauer, Intensität und Wochenumfang.
Sportliche Aktivität hingegen ist eine geplante und regelmäßige ausgeführte Bewegung, die mit körperlicher Fitness assoziiert ist und das Ziel hat, diese oder andere Parameter wie beispielsweise psychologische Parameter stabil zu halten oder positiv zu beeinflussen (Wolf, Zeibig, Giel, Granz, Sudeck, Thiel, 2020, S.255-271).
„Als gesundheitswirksame körperliche Aktivität werden all jene Bewegungsformen bezeichnet, welche die Gesundheit verbessern und bei denen das Verletzungsrisiko gering ist.“ (Miko et al., 2020, S.184-195). Das Training, welches ebenfalls zu den gesundheitswirksamen körperlichen Aktivitäten gehört, differenziert sich von den anderen körperlichen Aktivitäten, da es darauf abzielt, Anpassungsvorgänge im Körper in Gang zu setzen, um Körperfunktionen zu verbessern (Miko et al., 2020, S.184-195). Zusätzlich muss bei dem Training die Aktivität an die unterschiedliche individuelle Leistungsfähigkeit, das Aktivitätsniveau und das Alter angepasst und nach bestimmten Grundsätzen durchgeführt werden. Dass es durch das Training zu einer Veränderung physiologischer Parameter, die wiederum im Bezug zu einer Verbesserung des Gesundheitszustandes stehen, kommt, fügen die Autoren Miko et al., (2020, S.184.195) hinzu. Durch regelmäßige ausdauerorientierte und muskelkräftigende Bewegung in Kombination mit Vorbereitung, passender Ausrüstung und richtiger Durchführung werden weitreichende Gesundheitseffekte erzielt (Miko et al., 2020, S.184-195).
„Was unterscheidet Bewegung mit geringer Intensität im Alltag wie `durch die Stadt flanieren´ von gesundheitswirksamer körperlicher Aktivität oder von sportlichem Training?“ (Miko et al., 2020, S.184-195). Zunächst ist sitzendes Verhalten wie Sitzen, Liegen, Stehen, in Form von Büroarbeit, Fernsehen oder Autofahren, durch einen geringen Energieverbrauch gekennzeichnet (Miko et al., 2020, S.184-195). Die Muskulatur des Bewegungsapparates verrichtet keine nennenswerte Leistung, wodurch der Energieverbrauch sich nicht bzw. kaum erhöht. Die körperliche Aktivität hingegen umfasst jede Form von Bewegung, bei der durch die Kontraktion der Skelettmuskulatur eine Erhöhung des Energieverbrauchs erzielt wird, wobei sie mit unterschiedlicher Intensität und in verschiedenen Ausprägungen durchgeführt werden kann. Laut Miko et al. (2020, S.184-195) werden körperliche Aktivitäten je nach Kontext, in dem die Bewegung stattfindet, eingeteilt: Während der Arbeit (Regale schlichten, servieren etc.), zur Fortbewegung von A nach B (gehen, Rad fahren etc.), im und ums Haus (reinigen, im Garten arbeiten etc.), in der Freizeit (einen Spaziergang machen, sportliches Training etc.).
Als gesundheitswirksame körperliche Aktivität werden all jene Bewegungsformen bezeichnet, die die Gesundheit verbessern und bei denen das Verletzungsrisiko gering ist. „Als Beispiele können aktive Mobilität (z. B. zügiges Zufußgehen, Radfahren), Tanzen, Gartenarbeit wie Laubrechen, aber auch Taiji und viele Sportarten genannt werden.“ (Miko et al.,2020, S.184-195).
Das Körperliche Training hingegen nimmt innerhalb gesundheitswirksamer körperlicher Aktivitäten eine Sonderstellung ein und definiert sich dadurch, Anpassungsvorgänge im Körper in Gang zu setzen, um Körperfunktionen zu verbessern (Miko et al., 2020, S.184.195). Miko et al. (2020, S184-195) erwähnen diesbezüglich: da durch körperliches Training die Körperfunktionen verbessert werden, ist dieses, wenn die Verletzungsgefahr dadurch nicht steigt, auch als gesundheitswirksame körperliche Aktivität zu verstehen. Um eine körperliche Aktivität als Training bezeichnen zu können, müssen entsprechende Anforderungen wie Planmäßigkeit, Zielorientierung und Prozesshaftigkeit beachtet werden. Basierend auf dem aktuellen individuellen Leistungsstand werden Trainingsziele gesetzt, welche durch den gezielten Einsatz adäquater Trainingsmethoden und Trainingsinhalte erreicht werden (Miko et al., 2020, S.184-195). Anschließend wird in dem Artikel „Auswirkungen von Bewegung auf die Gesundheit“ gesagt: „Training ist somit auf den Erhalt oder die Steigerung der körperlichen Fitness und Leistungsfähigkeit ausgerichtet, indem Leistungsparameter wie z.B. die Laufzeit für 5 km, die Steigerung der Kraft bestimmter Muskelgruppen oder die Erhöhung der maximalen Sauerstoffaufnahme verbessert werden.“ (Miko et al., 2020, S.184-195).
Empfohlene körperliche Aktivitäten für Personen ab 65 Jahren nach den WHO-Leitlinien „Globale Empfehlungen zu körperlicher Aktivität für die Gesundheit“ (2010) werden im Folgenden zusammengetragen:
1. Mindestens 150 Minuten aerobe Aktivität mittlerer Intensität oder mindestens 75 Minuten Aktivität mit starker Intensität pro Woche
2. Aerobe Aktivität sollte in mehreren Runden mit einer Dauer von mindestens 10 Minuten durchgeführt werden
3. Für weitere gesundheitliche Vorteile sollte bis zu 300 Minuten moderater Intensität oder 150 Minuten aerober Aktivität mit starker Intensität zusätzlich trainiert werden
4. Gleichgewichtsübungen an mindestens 3 Tagen für Menschen mit schlechter Mobilität
5. Muskelstärkende Aktivitäten sollten an mindestens 2 Tagen durchgeführt werden
„Eine Schlüsselbotschaft ist, dass mindestens 150 Minuten körperliche Aktivitäten mit moderater Intensität pro Woche für den gesundheitlichen Nutzen bei älteren Erwachsenen erforderlich sind.“ (Taylor, 2014, 90: S.26-32). Die Unterschiede von moderaten und intensiven Aktivitäten werden im Anhang 1 anhand einer Abbildung dargestellt. Die Bewegungsempfehlungen und das Bewegungsverhalten von Senioren sind meist unterschiedlich. In einer Studie wurden von Professoren der SRH Hochschule für Gesundheit Daten zum Bewegungsverhalten geriatrischer Patienten in der Klinik Annweiler in Landau an der Isar erhoben. Das Ziel der Studie war es, die Bewegungszeit und das Bewegungsausmaß älterer Menschen zu messen. „Die Einteilung der Studie erfolgte in zwei Phasen: während des stationären Aufenthaltes sowie in den folgenden drei Wochen nach der Entlassung. Um den Bewegungsumfang zu messen, wurden die Probanden mit Schrittzählern ausgestattet.“ (medica.de, 2019). Die Ergebnisse der Studie zeigten, je besser sich das allgemeine Wohlbefinden entwickelte, desto weniger bewegten sich die Probanden im Laufe der Zeit. Hierzu wird erwähnt, je besser sich der Mensch fühlt, desto schneller verfällt er wieder in alte Verhaltensmuster und die Bewegung als gesundheitswirksamer Aspekt gerät in den Hintergrund (medica.de, 2019). In einer Umfrage aus dem Jahr 2020 wurden mehr als 7.000 über 60-Jährige gefragt, ob sie eine Mitgliedschaft im Verein haben. 64,5 % der Befragten im Alter zwischen 60 und 69 Jahren gaben an, dass sie in keinem Verein Mitglied seien, während 65,2 % der Befragten über 70 Jahre ebenfalls kein Vereinsmitglied waren (Pawlik, 2021).
In diesem Kapitel wird zunächst der Trainingsaufbau hinsichtlich der positiven Effekte von Bewegung und Sport sowie der allgemeine gesundheitliche Nutzen von Bewegung und Sport betrachtet. Anschließend werden diesbezüglich die Möglichkeiten der günstigen Beeinflussung der im Kapitel 3.4 beschriebenen Risikofaktoren bzw. Krankheiten durch Bewegung und Sport erläutert und dargestellt.
Um positive Effekte von Bewegung und Sport zu erzielen, ist es von hoher Bedeutung sich vor dem Sport warm zu machen (‚warm up‘) und nach dem Sport langsam herunter zufahren (‚cool down‘). Bei dem ‚warm up‘ wird durch das Aufwärmen die Herz-Kreislauftätigkeit erhöht, vermehrt Gelenkschmiere produziert, eine optimale Muskelelastizität hergestellt, die Muskelkoordination verbessert, die psychische Leistungsbereitschaft gesteigert und Verletzungen vorgebeugt (Morat & Preuß, 2010). Doch bei älteren Menschen muss besonders auf mögliche Abbruchkriterien geachtet werden. Darunter fallen: „[…] Unwohlsein, Schwindel, Schwarzwerden vor Augen, Übelkeit, starke Müdigkeit, starke Erschöpfung, Kaltschweißigkeit, Atemnot, Schmerzen/Engegefühl im Brustbereich, orthopädische Probleme, koordinative Störungen, Überschreiten festgelegter Belastungsgrenzen, neu auftretende Symptome [subjektive Abbruchkriterien] und Auftreten anormaler Blutdruckreaktionen oder zu hohe bzw. zu stark abfallende Herzfrequenz [objektive Abbruchkriterien] […]“ (Morat & Preuß, 2010). Bezüglich des ‚cool down‘ ist zu sagen, dass jede Trainingseinheit durch das Abwärmen zur Verringerung der Herz-Kreislauftätigkeit, Vorbereitung des Organismus auf den Ruhezustand, Abbau von Stoffwechselendprodukten in der Muskulatur, Förderung des Gelenkstoffwechsels, Verkürzung der Regenerationszeit, zum bewussten Abschließen des körperlichen Trainings und zur Entspannung abgerundet wird (Morat & Preuß, 2014).
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