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Bachelorarbeit, 2020
53 Seiten, Note: 1,7
1 Einleitung
1.1 Hintergründe
1.2 Motivation
1.3 These
1.4 Methodisches Vorgehen
2 User Experience im interaktiven Erlebnisraum
2.1 Abgrenzung: Was ist ein interaktiver Erlebnisraum?
2.2 Parameter der UX-Forschung: Was wird eigentlich gemessen?
2.3 Einführung in das Thema User Experience in Bezug auf interaktive Erlebnisräume
2.4 Auf Erlebnisräume übertragbare UX Methodiken
3 Anschauungsbeispiel
3.1 Schlemmer x Beats – Ein interaktives Kunsterlebnis
3.2 Bei Schlemmer x Beats angewandte Evaluationstechniken
3.3 Aufbau und Zielsetzung der UX-Evaluation bei Schlemmer x Beats
3.4 Auswertung der durchgeführten Evaluationsmethodiken
3.5 Vorschlag zur Optimierung der Evaluationsstrategie
4 Fazit
5 Anhang
5.1 Literaturverzeichnis
5.2 Abbildungsverzeichnis
Die User Experience Forschung zu interaktiven Erlebnisräumen ist an dem Punkt, wo sie in Bezug auf rein digitale Anwendungen vor vielen Jahren war. Um diese Forschung voranzutreiben, werden etablierte Evaluationsmethoden auf ihre Anwendbarkeit auf die neuen Gegebenheiten geprüft, neue Methoden entwickelt und Hintergründe diskutiert.
Zwei Evaluationsinstrumente, welche sich augenscheinlich für eine solche Übertragung vom zweidimensionalen Bildschirm in den dreidimensionalen Erlebnisraum eignen, sind Besucherbefragungen und Experteninterviews. Im Rahmen der Arbeit werden diese Methoden auf Anwendbarkeit und Relevanz geprüft.
Zu diesem Zweck wird beispielhaft eine, im Vorfeld dieser Arbeit durchgeführte Evaluation ausgewertet. In den ersten Kapiteln werden, um diese Auswertung zu ermöglichen, UX-Grundlagen erläutert, Parameter festgelegt und verschiedene Evaluationsmethoden erklärt.
Die im Rahmen der Arbeit recherchierten Grundlagen führen, in Kombination mit den ausgewerteten Evaluationsergebnissen, zu einem Schluss. Die ausgewertete Evaluation kann nicht als Referenz für die Evaluationsinstrumente dienen, da sie sich thematisch, zu großen Teilen, mit anderen Bereichen auseinander setzt. Dennoch konnten aus der ausgewerteten Evaluation relevate Erkenntnisse gewonnen werden, die in die vorliegende Arbeit eingeflossen sind.
Im Folgenden werden die Evaluationsinstrumente aufgrund der Erkenntnisse überarbeitet und auch die Auswahl der Experten wird hinterfragt.
Am Schluss der Arbeit steht erneut die Frage, auf der selbige basiert. Um eine zukünftige Beantwortung der Frage, nach der Relevanz der entsprechenden Evaluationsmethoden, zu ermöglichen wird eine Grundlage geboten, auf der eine erneute, zielführende Evaluation durchgeführt werden kann.
User experience research in relation to interactive spaces still is at the same point where the research regarding purely digital applications has been years ago. In order to advance this research, established evaluation methods are checked for their applicability to the new circumstances, new methods are developed and backgrounds are discussed.
Two evaluation instruments that are seemingly suitable for such a transfer from the two-dimensional screen, to the three-dimensional interactive space, are visitor surveys and expert interviews. As part of the work, these methods are checked for applicability and relevance.
For this purpose, an evaluation carried out prior to this work, is evaluated as an example. In the first chapters, UX fundamentals are discussed, parameters are set and various evaluation methods are explained to enable the analysis of the beformentioned evaluation methods.
The fundamentals researched as part of the thesis, in combination with the analysed evaluation results, lead to a conclusion. This particular evaluation cannot serve as a reference for the used evaluation instruments in general, since it deals thematically, to a large extent, with other topics.
In the Following, the evaluation instruments are revised based on the findings. The selection of experts is questioned aswell.
At the end of the work there is again the question on which the work is based. In order to enable a future answer to the question, a basis is provided on which a new, targeted evaluation can be carried out.
Schon in den 1970er Jahren wurde der Begriff „User Experience“ im Kontext der Entwicklung des User Centered Design geprägt. Populärer wurde dieser in den 1990er Jahren als Donald A. Norman diesen im Rahmen seiner Tätigkeit bei Apple Inc. in seinem selbstgewählten Titel „User Experience Architect“ nutzte. Infolgedessen wurde die Bezeichnung branchenweit geläufiger. Im Jahr 2000 wurden die ersten Publikationen veröffentlicht, die den Begriff „User Experience“ im Titel führten. Diese beschäftigten sich in der Regel mit Webdesign. (Knemeyer und Svoboda)
Seit den frühen 2000er Jahren hat sich keine Branche so schnell entwickelt wie die Digitalbranche. Von ersten Mobiltelefonen über immer kleiner werdende Laptops bis zu aktuellen Techniken, wie VR und AR, stellte jede dieser neuen Möglichkeiten UX-Designer auch vor immer wieder neue Herausforderungen. Neue Sensoriken, wie Touchscreens, Gestensteuerung und Eyetracking bieten bis dato unbekannte Interaktionsmöglichkeiten. Daher ist eine genaue Evaluation aller neuer Techniken nötig, um die Usability und User Experience auf den neuen Plattformen zu optimieren.
Nahezu jedes größere Unternehmen hat inzwischen eigene UX Experten, um die Benutzererfahrung eigener Produkte zu verbessern. (Hassenzahl, Burmester, Koller, 2008, S. 78) Auch gibt es Master-Studiengänge und Fakultäten, die sich einzig mit der Erforschung der User Experience beschäftigen.
Auch im Bereich der „Kommunikation im Raum“ hält die UX-Forschung nach und nach Einzug. Die Begriffe, die diesen Bereich beschreiben, reichen von Szenografie über Event Media bis zum erklärenden „Erlebniswelt“. Die Industrie setzt, neben dem Online-Auftritt, auf eine physische Repräsentation im Raum. Sei es bei Messen, Roadshows, im öffentlichen Raum oder in musealen Ausstellungen. Um die Benutzererfahrung im Rahmen dieser Repräsentationen wirkungsvoll zu gestalten, werden auch hier aktuelle Medientechnologien eingesetzt.
In dieser Bacherlorarbeit wird der Versuch unternommen, einige ausgewählte, aus dem bildschirmbezogenen UX Methodenkatalog entnommene, Techniken für eine UX im Event-medialen Raum zu evaluieren und die daraus resultierenden Anpassungen zu ermitteln.
Genau an diesem Punkt setzt diese Arbeit an.
Im Studienfach Event Media des Studiengangs Audiovisuelle Medien der Hochschule der Medien Stuttgart wird diese multimediale Art der Raumkommunikation seit 1979 praktiziert. Das Studienfach, welches anfangs noch den Namen Multivision trug, befasste sich zu Beginn vor allem mit großformatigen analogen Projektions-Installationen. Heute werden im Rahmen der Semesterproduktionen mithilfe zeitgemäßer Technik interaktive Erlebniswelten erschaffen.
Diese Erlebnisräume sind maßgeblich daran beteiligt, die aktuelle Raumkommunikation mitzubestimmen und zu gestalten. Die Produktionen des Studienfachs Event Media sind regelmäßige Preisträger bei renommierten Wettbewerben, vom Art-Directors Club in Berlin bis nach Kalifornien beim Wettbewerb des Communication Arts Magazine.
Diese Aktualität und breite Erfahrung ermächtigen die Teilnehmer des Studienfaches, UX Methodiken anhand von Best Case Studies zu evaluieren.
Durch die Mitwirkung an drei dieser Produktionen, ist der Verfasser dieser Arbeit mit der Materie der Erlebnisräume vertraut und unternimmt den Versuch bestimmte Methoden für Event-Mediale Erlebnisräume zuevaluieren.
Bei der ersten Produktion, „Synesthesia – Extended Perception“, wird die Wahrnehmung von Menschen, die das Phänomen „Synästhesie“ erleben, Besuchern zugänglich gemacht. Die Interaktionsschnittstelle basiert auf, durch Leap Controller initiierte Gestensteuerung. Diese Schnittstelle wurde zu einem „optischen Theremin“ gestaltet, und koppelte Klänge und Farben. Ein weiterer Interaktionspunkt wird mit einem LED-Touchboden realisiert, welcher ebenfalls Sinneswahrnehmungen abbildet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die zweite Produktion, „Applied Magic“ befasst sich mit der Geschichte der Medientechnik. Diese Museale Installation beinhaltet Interaktionspunkte, an welchen die ausgestellte Technik mithilfe von Taschenlampen, zum Leben erweckt werden kann. Bei Schlemmer x Beats handelt es sich um eine interaktive Kunst-Installation. Es wurde ein Interaktiver Techno-Kunstclub in den Räumen der Staatsgalerie Stuttgart entwickelt. Jeder Besucher stellt während der Veranstaltung einen virtuellen Tänzer, auf Basis des Triadischen Balletts von Oskar Schlemmer, zusammen. Diese digitalen Figuren tanzen anschließend im Clubraum als Projektion mit den BesucherInnen. Dies geschieht mithilfe dreier Säulen, welche jeweils in drei Segmente geteilt sind. Diese Segmente können, um die Kostümteile für Kombination der Kopf, Torso und Extremitätenmodule zu wählen, jeweils um die eigene Achse gedreht werden. Hinter der jeweiligen Säule wurde eine Realtime Visualisierung des Tänzers projiziert. Somit waren insgesamt über 600 verschiedene Kombinationen möglich. Abschließend wurde jedem Tänzer ein Name mit Bauhaus Bezug zugewiesen, mit dessen Hilfe Besucher ihre Tänzer leichter im Clubraum finden konnten. Erlebnisräume stellen in Bezug auf die Bedienbarkeit neue Herausforderungen, die es zu meistern gilt. So sollen die, meist für den Besucher vor dem Besuch unbekannten, Sensoriken für ein breites Publikum von jung bis alt verständlich sein. Dieses Verständnis soll allein auf Basis des Betrachtens der Schnittstelle und von Aktion und Reaktion, ohne weitere Einführung eintreten.
Das Studienfach Event Media beschäftigt sich bereits seit drei bis vier Jahren mit Analyse, Evaluation und Verbesserung der User Experience in Erlebnisräumen. Im Rahmen der verschiedenen Produktionen, wie z.B. „Applied Magic“ und „Schatten“ wurden unterschiedliche Methodiken angewandt und untersucht. Darunter waren unter anderem Fragebögen, die Beobachtung der Besucher mittels Kameras und die Erstellung detaillierter User Journeys.
Die bisher angewandten Methoden können jedoch im Nachhinein für invalide erklärt werden. Manche Methoden brachten zu breit gefächerte Ergebnisse hervor, was sie für allgemeingültige Übertragbarkeit untauglich machte. Gleichzeitig führten andere Ansätze nur zu vorhersehbaren Ergebnissen, und damit ebenfalls nicht zu verwertbaren Informationen. Daraus lässt sich schließen, dass diese Faragestellungen und Methoden nicht auf eine wisschenschaftlich sinnvolle Art, von der rein digitalen Anwendung übertragen wurden oder werden konnten, um eine ausreichende Relevanz aufweisen. Somit ist eine Unabdingbarkeit der Anpassung von UX-Methodiken an die Anwendung im Raum festzustellen. Hierbei sind Parameter, wie verwendete Sensoriken, das Umfeld und der zeitliche Aspekt genauso zu berücksichtigen, wie die steile Lernkurve einer neuen Interaktion ohne Einführung. Ebenso ist das allgemein veränderte Verhalten von Besuchern in Rauminstallationen zu beachten.
Auf Basis dieser Erkenntnis wird nun erneut begonnen, entsprechende Methoden zu übertragen, anzupassen und zu überprüfen, welche dieser Evaluationsmethoden eine Validität für den interaktiven Erlebnisraum aufweisen. Es wird geprüft, mithilfe welcher Methoden Erkenntnisse gezogen werden können, die gegebenenfalls sogar die Ableitung allgemeingültiger, auf Erlebnisräume anwendbarer, Schlüsse zulassen.
Die These dieser Arbeit lautet wie folgt:
Experteninterviews besitzen in Kombination mit Besucherbefragungen Relevanz als UX-Methodik für den interaktiven Erlebnisraum.
Diese These wirft bei genauerer Betrachtung einige Fragen auf. Dazu zählt, was die Relevanz einer UX-Methodik definiert, welche Unterschiede sich zu anderen UX-Bereichen ergeben und nach welchen Kriterien die Relevanz und Validität einer Methodik bewertet wird.
Der Erlebnisraum stellt, in Bezug auf die User Experience einen speziellen Fall dar. Dies liegt an den für den Erlebnisraum bezeichnenden Parametern der „im Raum Befindlichkeit“, unterschiedlicher Sensoriken, der Einzigartigkeit der verschiedenen Produktionen, der Abwesenheit von Einführungen und der typischerweise nicht eingegrenzten Zielgruppe. Um UX-Methodiken aus anderen Bereichen in den Erlebnisraum zu übertragen, werden all diese Parameter analysiert. Dies geschieht im Rahmen dieser Arbeit beispielhaft in Bezug auf die interaktive Kunstinstallation Schlemmer x Beats.
Im Rahmen von Schlemmer x Beats wurden in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Sabiha Ghellal mehrere Ansätze zur Evaluation der User Experience der Installation erarbeitet. Durchgeführt wurden Besucherbefragungen und Experteninterviews. Das Ziel des Einsatzes dieser Methodiken ist es, die haptischen Spezifikationen der Installation zu Evaluieren und gegebenenfalls Erkenntnisse zu verallgemeinern.
Um diese Bewertung fundiert durchführen zu können wird im Folgenden zunächst definiert, was im Allgemeinen unter einem interaktiven Erlebnisraum verstanden wird. Darauffolgend werden UX-Grundlagen aufgegriffen und auf den Erlebnisraum übertragen. Das nächste Kapitel widmet sich dem interaktiven Kunst-Erlebnisraum Schlemmer x Beats als Anschauungsbeispiel, anhand welchem User Experience Techniken auf ihre Anwendbarkeit geprüft werden. Tiefer eingegangen wird auf die durchgeführten Befragungen, sowie Experteninterviews, deren Auswertung im Rahmen dieser Arbeit durchgeführt wird. Im Anschluss an die Auswertung wird, basierend auf den Ergebnissen, ein Vorschlag ausgearbeitet, um die User Experience dieses Beispielprojekts zu optimieren. Aufgrund der Ergebnisse wird im darauffolgenden Kapitel ein Schluss gezogen, ob Experteninterviews sich als Mittel zur UX-Evaluation im Erlebnisraum eignen.
1 Einleitung
1.1 Hintergründe
1.2 Motivation
1.3 These – „Bewertung der Relevanz von Experteninterviews als UX-Methodik für den interaktiven Erlebnisraum“
1.4 Methodisches Vorgehen
1.5 Gliederung
1.6 Begriffsklärungen
2 User Experience im interaktiven Erlebnisraum
2.1 Abgrenzung: Was ist ein interaktiver Erlebnisraum?
2.2 Parameter der UX-Forschung: Was wird eigentlich gemessen?
2.3 Einführung in das Thema User Experience in Bezug auf interaktive Erlebnisräume
2.4 Auf Erlebnisräume übertragbare UX Methodiken
3 Anschauungsbeispiel
3.1 Schlemmer x Beats – Ein interaktives Kunsterlebnis
3.2 Bei Schlemmer x Beats angewandte Evaluationstechniken
3.3 Aufbau und Zielsetzung der UX-Evaluation bei Schlemmer x Beats
3.4 Auswertung der durchgeführten Evaluationsmethodiken
3.5 Zusammenfassung der Ergebnisse
3.6 Vorschlag zur Optimierung der Evaluationsstrategie
4 Fazit
5 Anhang (Intern)
5.1 Literaturverzeichnis
5.2 Abbildungsverzeichnis
6 Anhang (Sepparate Dateien)
6.1 Besucherbefragungs-Fragebogen und Interview Leitfaden
6.2 Interviews (Transkription), sowie Original Interviews als Audio-Dateien
Ein interaktiver Erlebnisraum ist eine spezielle szenografische Inszenierung. Mithilfe von Medien werden Geschichten erzählt,Stimmungen und Gefühle hervorgerufen. Eine solche Inszenierung bedient sich Medien wie Ton, Licht, Video, Film, Spiel, Animation oder „Computer Generated Graphics“ mit deren Hilfe ein Raum ganzheitlich bespielt wird.
Im Allgemeinen unterscheidet sich ein interaktiver Erlebnisraum von anderen szenografischen Inszenierungen durch die Einwirkung des Besuchers auf die Installation. „In „Event Medialen Erlebnisräumen““…“ bewegen sich die Besucher durch die Inszenierung und schreiben währenddessen eigenständig die Geschichte ihres Erlebens.“. (Drees, S.127) So wird nicht, wie etwa bei theatrischen Aufbauten, eine lineare Geschichte wiedergegeben, sondern der Besucher bestimmt selbst die Geschwindigkeit, teilweise auch die Richtung seines Durchlaufs. Der Besucher entscheidet eigenständig über „… Tempo, Blickpunkte, Perspektiven und Vollständigkeit der Betrachtung“. (Drees, S.127)
Beispiele für interaktive Erlebnisräume sind Messestände, Roadshows, Showrooms, interaktive museale Ausstellungen, Kunstinstallationen und „Spiele im Raum“, wie beispielsweise Escape Rooms.
Da es sich bei „guter User Experience“ um ein subjektives Thema handelt, wird hier in der Regel nicht von „richtigen“ und „falschen“ Ansätzen gesprochen. Es gilt, das richtige Verhältnis zwischen hedonischer und pragmatischer Qualität für den jeweiligen Anlass zu finden, um eine möglichst optimale User Experience zu garantieren oder zumindest möglich zu machen. Die pragmatische Qualität eines interaktiven Objekts definiert sich darin, dass es tut was es soll. Es ist benutzbar und geeignet für den erdachten Zweck. Die hedonische Qualität des Produkts, beschreibt den Joy of Use und die wahrgenommene Identität des Produktes. (Hassenzahl, Burmester, Koller, 2003, S.188)
Die UX-Parameter, oder UX-Metrics sind essenziell, um die Qualität der User Experience valide zu bewerten. Diese Parameter werden von verschiedenen Autoren unterschiedlich definiert. Im Folgenden wird ein Ansatz hierzu vertieft behandelt.
Gavel fasst in seiner Masterarbeit von 2016 die Grundlagen der User Experience zusammen und erarbeitet Bewertungsgrundsätze. Nach Gavel (S.43-45) entsteht gute User Experience durch die folgenden sechs Parameter, mit denen folglich die Ermittlung der Qualität der User Experience ermöglicht wird. Diese Parameter werden in technisch-funktionale, inhaltliche und gestalterische Parameter aufgeteilt.
1. Nützlichkeit
Die Basis einer Erfahrung ist in jedem Fall das Erkennen der Nützlichkeit durch den Benutzer, da dieser sich sonst von vornherein meist nicht mit dem Produkt befasst. Die wahrgenommene Nützlichkeit wird dadurch gesteigert, wenn erkennbar ist, wozu ein Produkt gedacht ist und wie der Benutzer von dem Produkt profitiert. Dieser erste Bewertungsgrundsatz schließt auch die Usability mit ein und setzt diese voraus. Weist ein Produkt eine hohe individuell wahrgenommene Nützlichkeit auf, so wird es vom Benutzer als hilfreich oder lohnend angesehen. Dieser Parameter zählt zu den inhaltlichen Parametern.
2. Effizienz
Der Grundsatz der Effizienz setzt die Nützlichkeit bereits voraus. Um eine hohe Effizienz und somit ein reibungsloses Nutzererlebnis zu gewährleisten ist die Nutzung des Produkts mit so wenig Aufwand wie möglich zu gestalten. Wichtige Stichworte sind hier Erlernbarkeit, Einprägsamkeit, Sichtbarkeit, Klarheit und Einschränkungen. Die Effizienz wird maßgeblich darüber bestimmt, wie klar Funktionalitäten vermittelt sind. Daher zählt die Effizienz vorwiegend zu den technisch-funktionalen Parametern. Eine hohe Effizienz sorgt dafür, dass die Motivation von Benutzern steigt, das Produkt länger oder erneut zu benutzen.
3. Einheitlichkeit
Die Einheitlichkeit verschiedener Interaktionen und Rückmeldungen (Feedbacks) ist essenziell für eine reibungslose Benutzererfahrung. Ein Benutzer erwartet von einer ähnlichen Interaktion vergleichbare Reaktionen. Dies verbessert die Wiederholbarkeit an verschiedenen Interaktionspunkten und sorgt für eine bessere Lernkurve, da der Benutzer auf Erfahrungswerte zurückgreift. Je nach Fall ist die Einheitlichkeit auf die technische Funktionsweise, die Inhalte oder die Gestaltung eines Interaktionspunktes zu beziehen.
4. Ästhetik
Die Ästhetik oder Schönheit eines Produktes liegt stark am Design desselben. Wichtig ist, dass die Funktionalität des Produktes nicht von einem überbetonten Design überschattet wird. Benutzer nehmen die Ästhetik positiv war, wenn die Funktionalität gewährleistet ist und die allgemeine Erfahrung reibungslos verläuft. Das Design ist auf das Wesentliche zu reduzieren und die Funktionalität des Produktes zu unterstützen, anstatt dieser durch das Design entgegen zu wirken.
5. Vertrauen
Das Vertrauen des Benutzers in ein Produkt ist grundlegend für die den Ablauf der Erfahrung. Vertrauen wird durch Wiedererkennung aufgebaut, wie auch durch Ehrlichkeit und an sinnvollen Stellen angebrachte Feedbacks. Das Wohlfühlen des Besuchers ist hierfür ebenfalls ein zu berücksichtigender Faktor. Zweifelt ein Benutzer an der Richtigkeit seiner Aktionen oder an der Ehrlichkeit des Produkts, sinkt die Qualität der Benutzererfahrung. Um die Ehrlichkeit zu gewährleisten ist es wichtig, den Nutzen des Produkts von vornherein verständlich darzustellen, damit keine falschen Erwartungen entstehen. Auch dieser Parameter wird fallabhängig den technisch-funktionalen, den gestalterischen oder den inhaltlichen Parametern zugeordnet.
6. Begeisterung
Voraussetzung für Begeisterung ist die Zufriedenheit des Benutzers. Begeisterung ist die höchste Stufe der User Experience. Ist ein Benutzer begeistert ist eine gute Usability erfüllt, der „Joy of Use“ ist hoch einzustufen und der Benutzer sieht die Interaktion mit dem Produkt nicht mehr nur als Mittel zum Zweck an. Der Benutzer ist emotional erfüllt und wird die Interaktion wiederholen. Auch sorgt Begeisterung bei Benutzern für des Hinwegsehen über kleinere Fehler am Produkt. Da die Begeisterung als Produkt einer allgemein guten Benutzererfahrung anzusehen ist, wird auch dieser Parameter keiner spezifischen Kategorie zugeordnet.
Diese Parameter wurden von Gavel in Bezug auf Bildschirmanwendungen entwickelt, sind aber im Raum ebenfalls anwendbar und wurden dahingehend überarbeitet.
Wird ein Produkt nun, im Rahmen einer Evaluation, basierend auf diesen sechs Grundsätzen eingestuft, lässt sich feststellen in welcher Hinsicht gegebenenfalls eine Überarbeitung des Produkts nötig ist.
Dieser Ansatz ist letztlich einer von vielen verschiedenen. Quantisierungen und Aufteilungen der User Experience unter Zuhilfename von menschlichen Bedürfnissen sind vielfach in der Literatur vertreten. Ein weiteres Beispiel ist in „Experience Design Tools“ von Diefenbach, Lenz und Hassenzahl auf den Seiten drei bis vier zu finden. Die dort beschriebene Liste teilt die Menschlichen Bedürfnisse auf in Kompetenz, Verbundenheit, Bedeutsamkeit, Stimulation, Sicherheit, Popularität und Autonomie. Diese Parameter an dieser Stelle weiter auszuführen würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, die Erwähnung dient lediglich als weiteres Beispiel zu den bereits ausgeführten Parametern.
Der Wert von Parametern dieser Art wird von Tom Tullis und Bill Albert in „Measuring the User Experience – Collecting, Analyzing and Presenting Usability Metrics“ auf den Seiten acht bis neun treffend beschrieben. „Measuring the user experience offers so much more than just simple observation. Metrics add structure to the design and evaluation process, give insight into the findings, and provide information to the decision makers. Without the insight provided by metrics, important business decisions may be made based on incorrect assumptions, “gut feelings”, or hunches. As a result, some of these decisions are not the best ones.”
Diese Parameter ermöglichen es, die User Experience zu quantisieren und somit vergleichbar zu machen.
Jedes neue Umfeld bietet neue Herausforderungen an die Evaluationsmethoden zu UX Evaluation. Ein kleiner Schritt wäre beispielsweise der Weg von Desktop-Websites zu Internetseiten zur mobilen Nutzung. Der Schritt von allgemein zweidimensionalen, Bildschirm gestützten Anwendungen hin zu multimedialen Rauminstallationen ist bedeutend größer. Dieser Unterschied lässt darauf schließen, dass etablierte UX Methodiken nicht unmittelbar im Erlebnisraum anwendbar sind.
Beim Übertragen von Methodiken für den Erlebnisraum sind unter anderem die folgenden Faktoren zu berücksichtigen:
1. Verwendete Sensoriken
Etablierte UX Methodiken sind im Allgemeinen für Interaktionen mit Tastatur und Maus, später mit Touchscreens entwickelt worden. Im Erlebnisraum finden sich jedoch selten konventionelle „off the shelf“ Interaktionsschnittstellen wie diese. Stattdessen wird häufig ein neuer, prototypischer Interaktionsweg für diesen speziellen Zweck entworfen. Auch die Anpassung von Interaktionsschnittstellen via „Hardware hacking“ ist verbreitet. Die Interaktion per Gestensteuerung oder über mechanisches Platzieren von mit NFC-Tags ausgestatteten Gegenständen sind Beispiele für die Vielfalt der Interaktion im Raum.
2. Der Besucherfluss
Wie bei Bildschirmanwendungen, wird die Aufmerksamkeit von Besuchern durch Gestaltung und Aufbau gelenkt, jedoch beeinflussen sich die Besucher gleichzeitig im realen Raum gegenseitig. Sind mehrere Interaktionen in einer Installation vorhanden, wird nicht jeder Besucher diese in derselben Reihenfolge durchführen. Stattdessen wird der Besucherfluss von der Anzahl der Besucher und von der Attraktivität der Interaktionen beeinflusst.
Ist eine Interaktion prominent und ausgiebig gestaltet, so dominiert diese Interaktion die anderen, und macht sie so für den Besucher anziehender. Dies sorgt für Probleme im Besucherfluss in Form von Schlangen und Menschenansammlungen. Auch verschlechtert sich so die Besuchererfahrung. Sind mehrere Interaktionen gleichermaßen prominent gestaltet, so verteilen sich die Besucher. Dies sorgt für einen schwer vorherzusehenden Ablauf des Besuchs, verbessert jedoch die individuelle Erlebnisqualität desselben.
In der später ausführlicher behandelten Installation Schlemmer x Beats erfolgte die Interaktion über drehbare Säulen. Diese wurden gleichermaßen prominent gestaltet, damit sich das Besucheraufkommen auf die Interaktionen verteilen konnte, ohne zu lange Schlangen entstehen zu lassen.
3. Der zeitliche Aspekt
Jeder Besucher befasst sich unterschiedlich lang mit einer Interaktion. Je nach Interesse am Produkt ändert sich das Verhalten und die in einer Installation verbrachte Zeit. Der Besucher entscheidet selbst über das Tempo, in welchem er die Narrative durchläuft. Anders als bei anderen Produkten hängt auch dies vom Besucherfluss und dem Aufbau der Installation ab. Ist ein Raum überfüllt, wird die Zeit pro Interaktion kürzer. Ist der Besucherfluss entsprechend geregelt, lässt sich ein Besucher typischerweise mehr Zeit für einzelne Interaktionen und Betrachtungen.
4. Die Lernkurve
Im Kontext interaktiver Erlebnisräume werden vielmals prototypische, innovative Interaktionsschnittstellen genutzt. Diese erfordern eine höhere offenheit und Lernbereitschaft des Besuchers, als es eine Interaktion mit bekannter „off the shelf“ Schnittstelle tut. Ein Beispiel für eine solche, bereits bekannte Interaktion, ist die Bedienung einer Tastatur.
Die Lernkurve des Besuchers ist abhängig von der Gestaltung und Positionierung ähnlicher Elemente zueinander. Wie in 2.2 beschrieben, ist die Einheitlichkeit der Interaktionsschnittstellen entscheidend für die Lernkurve des Besuchers. Unterscheiden sich Interaktionspunkte stark in Bedienung, Inhalt oder technischer Umsetzung, so führt dies zu einer flacheren Lernkurve und senkt damit die Geschwindigkeit, wie auch das Selbstvertrauen des Besuchers.
Nimmt ein Besucher dagegen Interaktionspunkte als zusammengehörig war, hat er ein Erfolgserlebnis, da die Bedienung schneller zu verstehen ist. Dies erhöht Faktoren wie Effizienz, Vertrauen und Begeisterung des Besuchers. In diesem Kontext wird auf die interaktiv-museale Inszenierung Applied Magic verwiesen. Im Rahmen dieser interagierten Besucher mithilfe einer Taschenlampe mit den Interaktionsschnittstellen, um eine Reaktion hervorzurufen.
Um die Lernkurve möglichst einfach zu gestalten und das Verständnis der Besucher zu verbessern, wurden alle Interaktionspunkte auf dieselbe Weise beleuchtet und durch ein „Funkeln“ gekennzeichnet.
5. Das Verhalten von Besuchern in der Öffentlichkeit
Bei Interaktionen in öffentlichen Räumen, beziehungsweise allgemein im Beisein anderer, ist Selbstvertrauen ein allgegenwärtiges Thema. Muss ein Besucher für eine Interaktion beispielsweise tanzen, schreien oder sich in andere, in der Öffentlichkeit unübliche, Situationen begeben, so steigt dessen Hemmschwelle.
Um Interaktionen dieser Art zu gestalten und Besucher aus ihrer Wohlfühlzone zu locken, ist ein hohes Maß an Selbstvertrauen in der Zielgruppe genauso nötig, wie ein Vertrauen in die Installation durch den Besucher. Dies funktioniert in bestimmten Situationen, ist jedoch oft risikobehaftet. Gelingt es, eine Interaktion dieser Art in einer Installation so einzusetzen, dass Besucher diese akzeptieren und verstehen, steigt der Spaßfaktor und somit die Begeisterung der Besucher.
Das Verhalten von Personen im Beisein anderer ist daher bei Evaluationen zu berücksichtigen. Wird von einer Bildschirmanwendung im eigenen Heim verlangt, unerwartete Interaktionen durchzuführen, ist die Hemmschwelle geringer als im öffentlichen Raum.
6. Die Unterschiedlichkeit von Installationen
User Experience Werkzeuge, wie beispielsweise Checklisten, basieren darauf, dass alle Untersuchungsgegenstände demselben Schema folgen. Diese Methodiken sind in Bezug auf Rauminstallationen nur begrenzt anwendbar, da sich die einzelnen Installationen stark unterscheiden.
Die daraus entstehende Problematik führt dazu, dass Ergebnisse nur schwer in einen Kontext gebracht werden können, der eine Übertragbarkeit und Verallgemeinerung der Ergebnisse zulässt.
Die Methoden der User Experience Evaluation lassen sich im Ganzen in zwei Kategorien aufteilen.
- Formale, analytische Verfahren
Hier werden Schnittstellen formal analysiert und mithilfe von User Journeys, Leitfäden oder Checklisten im Vorfeld von Experten auf die Qualität von Usabilty und User Experience geprüft. Oft wird hier auch von „Qualitativen Verfahren“ gesprochen.
- Empirische Testformate
Bei diesen User basierten Ansätzen handelt es sich um Methoden, die Vertreter der angedachten Zielgruppe mit einbeziehen. In diese Kategorie fallen Ansätze, die auf Befragung und Beobachtung von Testbesuchern basieren. (Sardonick und Brau S. 119) Auch elektronisch gestützte Methoden wie „Eye Tracking“ fallen unter diese Kategorie. Die meisten dieser Methodiken gehören zu den „Quantitativen Methoden“.
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