Diplomarbeit, 2008
74 Seiten, Note: 1,7
1 Einleitung
2 Grundlagen
2.1 Entwicklung der globalen Wertkette
2.2 Abgrenzung der nationalen Kultur
2.3 Globalisierung, Kultur und das Verhalten des Managers
3 Systematisierung von Kulturunterschieden durch Hofstede’s Studien
3.1 Grundkonzept
3.2 Kulturdimensionen von Hofstede
3.2.1 Machtdistanz
3.2.2 Individualismus vs. Kollektivismus
3.2.3 Maskulinität vs. Femininität
3.2.4 Unsicherheit
3.2.5 Langfristige vs. Kurzfristige Orientierung
3.3 Hofstede’s Modell in der Kritik
4 Interkulturelle Lernprozesse
4.1 Allgemeine Lernprozesse
4.1.1 Lernen
4.1.2 Individuelle Lerntheorien
4.1.3 Soziale Lerntheorien
4.2 Einflussfaktoren vom interkulturellen Lernen
4.2.1 Grundlage
4.2.2 Anreize und Ziele
4.2.3 Erfahrungen
4.2.4 Fähigkeit und Persönlichkeit.
4.2.5 Zugängigkeit der fremden Kulturen
4.2.6 Dauer der Kontakte
4.3 Entwicklung der interkulturellen Sensitivität
4.3.1 Grundlage
4.3.2 Ethnozentrische Phasen
4.3.3 Ethnorelativistische Phasen
4.4 Interkulturelle Interaktion
5 Zwischenfazit
6 Beispiel
6.1 Kulturunterschiede zwischen deutschen und chinesischen Manager
6.1.1 Historische Ursprünge des chinesischen Charakters
6.1.2 Kulturunterschiede zwischen deutschen und chinesischen Managern nach Hofstede’s Modell
6.1.3 Kulturelle Unterschiede im deutsch-chinesischen Geschäftsleben
6.2 Der Prozess des Kennenlernens einer fremden Kultur
6.2.1 Chinesen in den Augen von Deutschen
6.2.2 Deutsche in den Augen von Chinesen
6.2.3 Einfluss der fremden Kultur
7 Fazit und Ausblick
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 Einfluss zwischen Verhalten und Kultur
Abb. 2 Drei Ebenen der mentalen Programmierung des Menschen
Abb. 3 Der vollständige Denkakt von DEWEY
Abb. 4 Ablauf des Modell-Lernens
Abb. 5 Beispielhafte Ausprägungen der kulturellen Offenheit von Individuen
Abb. 6 Die U-Kurve der interkulturellen Anpassung
Abb. 7 Entwicklung der interkulturellen Sensitivität
Abb. 8 Beziehungen des Managers mit einer fremden Kultur
Abb. 9 Deutschland vs. China anhand der fünf Kulturdimensionen
Abb. 10 Gesetzesmoral vs. Beziehungsmoral
Abb. 11 westliche vs. östliche Kommunikationsstile
Abb. 12 Monochrone vs. Polychhrone Planung
Abb. 13 Formelle Informationswege vs. informelle Informationswege
Dank des technologischen Fortschritts und der neoliberalen Politik ist die Welt immer offener aber gleichzeitig auch „kleiner“ geworden. Sowohl die großen Unternehmen als auch die mittleren und kleinen Unternehmen werden von der Globalisierung direkt oder indirekt beeinflusst. In globalen Wertketten ist der Kontakt mit ausländischen Firmen und Managern unvermeidlich geworden und in Zukunft wird dieser Kontakt sicherlich noch weiterhin intensiviert. Durch eine jahrtausende Entwicklung der Menschheit ist die Kultur der unterschiedlichen Länder jedoch sehr verschieden geworden. Um das Verhalten der Konkurrenten, der eigenen Mitarbeitern und auch das der ausländischen Partner verstehen zu können, müssen vor allem vorerst die unterschiedlichen Kulturen verstanden werden.
Deshalb wird in dieser Arbeit zuerst danach gefragt, welche Einflüsse die Kultur auf das Verhalten von Managern hat und welche Unterschiede zwischen den Kulturen existieren. Der niederländische Experte für Kulturwissenschaften, Prof. Hofstede, erklärt die Kulturunterschiede anhand von fünf Kulturdimensionen. Durch diese fünf Dimensionen werden die hauptsächlichen Unterschiede zwischen den verschiedenen Kulturen kategorisiert. Allerdings hat er bei seinen Untersuchungen den Einfluss der fremden Kulturen bei steigender Kontakthäufigkeit mit ausländischen Kulturen vernachlässigt. Sowohl durch die Medien, das Internet als auch durch persönliche Kontakte kann man sich heutzutage immer einfacher über fremde Kulturen informieren. Obwohl es je nach Mensch unterschiedlich ist, sind die Einflüsse von fremden Kulturen deutlich spürbar. Sie sind auch eine wichtige Determinante des Verhaltens. Deswegen wird unter Berücksichtigung dieser Einflüsse und der fünf Dimensionen von Hofstede nach einer Erklärung für die Beziehung zwischen der Kultur und das Verhalten gesucht. Die Frage, die durch diese Arbeit beantwortet werden soll, ist, wie eine fremde Kultur das Verhalten von Menschen, insbesondere von Managern beeinflusst?
Die Lösung dieser Frage ist Lernen. Sowie man die eigene Kultur erlernt, lernt man auch die fremden Kulturen kennen.1 Diese Arbeit geht von der Perspektive eines Individuums aus, das mit fremder Kultur in Kontakt gekommen ist. Die Komponenten der fremden Kultur werden vom Individuum durch Lernen in den Kopf aufgenommen und bearbeitet. Das möglicherweise dadurch entstandene neue Verhalten ist der Output. Deswegen kann der Lernprozess des Individuums hier genutzt werden, um zu verstehen, wie die fremde Kultur (Input) das Verhalten (Output) beeinflusst.
Im Kapitel 2 wird zuerst die Grundlage der mit dieser Arbeit verbundenen Definitionen vorgestellt. Einführend in die Thematik wird ein kurzer Überblick über das Business-to-Business Marketing bzw. die Entwicklung der globalen Wertketten geliefert. Der Begriff der Kultur wird dann in Bezug auf das Thema abgegrenzt. Außerdem wird noch die Bedeutung der Kultur in diesem Zusammenhang deutlich gemacht. Danach wird im Kapitel 3 eine Beschäftigung mit dem Kulturmodell von Hofstede erfolgen, wodurch ein grundlegendes Wissen über die Beziehung zwischen Verhalten und Kultur klargestellt werden soll.
Beim darauf folgenden Kapitel 4 handelt es sich um den Hauptteil dieser Arbeit. Zuerst wird geklärt, wie die Individuen lernen (Kapitel 4.1). Dann werden die Einflussfaktoren des Lernens in dem interkulturellen Kontext nochmal abgeleitet (Kapitel 4.2). Danach kann der Entwicklungsprozess des Individuums durch den Einfluss der fremden Kultur veranschaulicht werden (Kapitel 4.3). Schließlich sollen die möglichen Beziehungen zwischen dem Individuum und der fremden Kultur zusammengefasst und dadurch die Art und der Umfang des fremdkulturellen Einflusses auf das Verhalten des Menschen geklärt werden. Im fünften Kapitel wird eine Zusammenfassung der vorher erläuterten Theorie erfolgen.
Danach wird diese im Kapitel 6 durch ein Beispiel der Kulturunterschiede zwischen deutschen und chinesischen Managern überprüft und konkretisiert. Die Überprüfung und Konkretisierung erfolgen durch mehrere Interviews mit chinesischen und deutschen Managern, die in Deutschland und China Erfahrungen mit ausländischen Menschen und Kulturen gemacht haben. Das Kapitel 7 mit dem Fazit sowie einem Forschungsausblick wird die Arbeit abschließen.
In den letzten 30 Jahren hat die Wirtschaftsstruktur der Welt sich wegen des Aufstiegs zahlreicher Einwicklungsländer wie China und Indien verändert. Für diesen entsprechenden Prozess wurde der Begriff der Globalisierung geprägt, über den seit einigen Jahren weltweit sehr viel diskutiert wird. Das Phänomen der „Globalisierung“ in Bezug auf die Wirtschaft beschreibt die Integration der nationalen Wirtschaft durch Handel, ausländische direkte Investition, Kapitalfluss, Migration und Ausbreitung der Technologie zu einer internationalen Wirtschaft.2 Globalisierung hat es ermöglicht, alles, jederzeit und überall auf der Welt produzieren zu können.3
Andererseits sind die Produktlebenszyklen in nahezu allen Branchen immer kürzer geworden, hohe Marktvorleistungen werden gefordert und die bisher auf getrennten Märkten agierenden Branchen verschmelzen immer mehr. Die Fixkosten steigen aufgrund des hohen Forschungs- und Entwicklungsaufwands sowie der notwendigen Investitionen für die Produktion. Um die Kosten zu decken werden hohe Absatzzahlen gefordert, die jedoch allein auf den Home-Märkten nicht mehr zu erzielen sind und das führt quasi zu einem Zwang zur Internationalisierung. Die Firmen können dadurch ihre Güter dort herstellen, wo dies am kostengünstigsten ist und dort verkaufen, wo dies zu den höchsten Preisen möglich ist.4
Eine direkte Folgerung dieser Wanderung präsentiert sich beispielsweise bei der Entwicklung des neuen Beatle von VW. Das Design stammt aus Kalifornien, die Ingenieurstechnik aus Deutschland, die Motoren aus Ungarn und zusammenmontiert wird das Auto in Mexiko. Um das Auto auf den europäischen Markt zu bringen, bedarf es noch der internationalen Logistik, der dementsprechenden Marketingstrategie, der lokalen Vertriebskanäle und der After-Sales- Dienstleistungen.5 Zusammengefasst lässt sich hier eine globale Wertkette bilden, die aus unzähligen Firmen besteht und einen sehr großen geografischen Einzugsbereich besitzt. Die Globalisierung der Wertkette ist immer öfter zu beobachten, da einerseits die Unternehmen dadurch effizienter produzieren können, andererseits immer mehr Unternehmen sich auf eine Kernkompetenz konzentrieren und viele Produktionsschritte outsourcen.6
Outsourcing der industriellen Produktion ist seit Jahren der Trend. Dennoch sieht es so aus, dass dieser Trend sich von dem Produktionssektor um den Sektor der Dienstleistungen und die sonstigen hochwertigen Branchen erweitert. Der ausländische Standort wird nicht mehr nur als reiner Anbieter billiger Produktkomponenten sondern auch als einen wichtigen Absatzmarkt geschätzt.7 Deshalb ist die Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern und Kunden vielfältig geworden. Dadurch ist auch das Verständnis über die jeweilige lokale Kultur und das Verhalten von dortigen Managern bei internationalen Geschäften zur Notwendigkeit geworden.
„Kultur [lat. Cultura› Pflege (des Körpers und Geistes) ‹, ›Landbau‹, colere, cultum › bebauen‹, ›(be)wohnen ‹; ›pflegen‹, ›ehren‹, urspr. etwa ›emsig beschäftigt sein‹ ] die, -/-en. “ (Brockhaus Enzyklopädie 1990, zwölfter Band, S. 580)
Bis zu den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts gab es schon über 160 Definitionen des Kulturbegriffes.8 Eine der bekanntesten Definitionen liefert der Gründer der Kulturanthropologie Sir Edward Burnett Tylor. Er bezeichnete die Kultur als den Komplex von Kenntnissen, Glaubensvorstellungen, Moralauffassung, Recht, Kunst, Bräuchen und alle anderen Fähigkeiten und Sitten, die der Mensch als Mitglied einer Gesellschaft mitbekommen hat.9 Bei der weitesten Verwendung des Kulturbegriffes kann die Kultur als alles bezeichnet werden, was von dem Menschen geschaffen und nicht durch die Natur gegeben ist.10
Nicht nur der Inhalt des Kulturkonzepts im engeren und im weiteren Sinne ist sehr unterschiedlich, sondern auch die Gruppe, die hinter einer Kultur steht, variiert von kleineren Gruppen bis zur Nation.11 Darunter fallen Landeskulturen, Berufs- oder Branchenkulturen, Unternehmens- bzw. Organisationskulturen, Regional- oder Gruppenkulturen und Generationenkulturen.12 In dieser Arbeit ist die nationale Kultur bzw. die Landeskultur das zentrale Thema.
Die „Nation“ ist ein junges Phänomen in Vergleich zur Menschheitsgeschichte. Die Form der Nationalstaaten wurde erst Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts weltweit verbreitet. Deshalb sollten Nationalstaaten nicht mit einer Kulturgruppe, die eine gemeinsame Kultur hat, miteinander verglichen werden. Daher ist die Staatsangehörigkeit bei der Untersuchung des Einflusses von Kultur am Verhalten vorsichtig zu benutzen.
Dennoch gibt es Staaten oder Länder, die seit langer Zeit insistieren -zum Beispiel China- ein historisch entwickeltes kulturelles Ganzes zu sein. Obwohl diese Länder meistens aus unterschiedlichen Kulturgruppen und sehr unabhängigen Minderheiten bestehen, verfügen sie normalerweise über eine offizielle Landessprache, gemeinsame Massenmedien, ein Bildungssystem, das gleiche politische System und dadurch entwickeln sie eine starke Zugehörigkeit zu der gemeinsamen Kultur. Darüber hinaus sind sie geprägt von der wichtigsten Determinante der gemeinsamen mentalen Programmierung ihres Staates. Es wird oft von „typisch amerikanischem“, „typisch chinesischem“ oder „typisch deutschem“ Verhalten gesprochen.13 Eine Untersuchung der Wahrnehmung der Menschen zu den „Anderen“ in zwölf europäischen Ländern zeigte, dass die Nationalität am stärksten von den Befragten wahrgenommen wird. Allerdings ist auch zu erkennen, dass die Eigenschaften der Zugehörigen von wohlhabenden Nationen oft positiver wahrgenommen werden.14 Außerdem führt die Globalisierung nach Meinung Jessops (1994) sogar dazu, dass das Bewusstsein der Nationalität immer stärker wird.15
Übrigens ist es einerseits einfach und eindeutig die Staatsangehörigkeit des Managers als Kriterium zu nutzen, um die Unterschiede in ihrem Verhalten zu untersuchen. Andererseits wird das Motiv verfolgt, das Phänomen der Kultur in dieser Arbeit genau zu charakterisieren, um eine enge Zusammenarbeit der Manager aus verschiedenen Nationen zu fördern.16
Kultur und Globalisierung sind zwei Kräfte, die einen Einfluss auf die Menschen ausüben.17
Nationale Kultur ist der interne Mechanismus, der das Verhalten der Menschen kontrolliert. Das Individuum stellt seine Kultur und deren normative Eigenschaften durch seine Werte und Einstellungen zum Leben und zur Welt dar. Diese Werte wirken sich weiterhin auf seine Einstellung und die Form des angemessenen und effizienten Verhaltens in gegebener Situation aus. Eine permanente Änderung des Verhaltensmusters des Individuums und dessen Kulturgruppe beeinflusst wiederum die soziale Kultur. Die Funktionsweise wird in der folgenden Abb.1 vereinfacht dargestellt.18
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1 Einfluss zwischen Verhalten und Kultur19
Zur Frage, wie die Kultur das Verhalten der Manager beeinflusst, gibt es zwei Meinungen. Eine von den Universalisten und die andere von den Kulturisten. Die sogenannten „Universalisten“, die für den kulturfreien Ansatz stehen, gehen davon aus, dass das Grundmuster des Verhaltens des Managers unter allen Umständen generell gültig ist. Manager würden in allen Kulturkreisen mit relativ gleichartigen Problemen konfrontiert und diese Probleme werden durch entsprechende, allgemeine Strategien gelöst. Außerdem fördert die immer intensiver werdende Globalisierung eine Tendenz zur Konvergenz, wodurch sich kurz- oder langfristig eine mehr oder weniger homogene Weltkultur oder Unternehmenskultur nach westlichem Muster herausbildet. Der Einfluss der Landeskultur auf das Management kann vernachlässigt werden.20
Es ist jedoch auch zu beobachten, dass im ostasiatischen Kulturraum andere Verhaltenweisen als im Westen gezeigt werden.21 Die Kulturisten, die den kulturgebundenen Ansatz vertreten, behaupten deshalb hingegen, dass die Kenntnisse des Managers über kulturelle Unterschiede entscheidend sind, da das Management von der jeweiligen sozialen Umwelt stark beeinflusst wird. Die Landeskultur wird als ein wichtiger Faktor betrachtet, die das Verhalten des Managers bestimmen.22
Nachdem diese beiden Ansätze langer Zeit als konkurrierend galten, werden sie im heutigen strategischen Marketing häufig als kompatibel gesehen und parallel verwendet. Es wird oft gesagt, „Think Global, Act Local“. Das Ziel des internationalen Marketings lautet: „Soviel Standardisierung wie möglich, soviel Differenzierung wie nötig.“ Deshalb werden die harten Faktoren, wie beispielsweise die Planung, die Finanzierung oder das Controlling meist durch kulturfreie Ansätze geregelt. Dagegen werden die weichen Faktoren, wie zum Beispiel Motivation, Kommunikationspolitik oder Personalauswahl länderweise unterschiedlich gestaltet. In dieser Arbeit wird die Konzentration dennoch mehr auf den kulturellen Relativismus gelegt, bei dem die kulturellen Unterschiede im Mittelpunkt stehen.23
Nachdem es klar ist, dass die Unterschiede der Kulturen eine wichtige Rolle für das Verhalten der Manager spielen, sollte auch nicht vergessen werden, dass die Globalisierung einerseits mehr Kenntnisse über die verschiedenen nationalen Kulturen fördert, andererseits unsere eigene Kultur stark beeinflusst. Zum Beispiel findet man heutzutage überall auf der Welt Niederlassungen von McDonald’s, die auch einen Teil der amerikanischen Kultur widerspiegeln. Aus der guten Qualität der deutschen Produkte hinaus hat man den Eindruck gewonnen, dass die Deutschen zuverlässig sind. Der Manager, der eine ausländische Ausbildung hat, handelt anders als der, der keine hat. Alle solche Einflussfaktoren aus fremden Kulturen können vielleicht früher oder später das Entscheidungsverhalten des Managers mehr oder weniger beeinflussen. Es wird in dieser Arbeit versucht, diese Einflüsse abzugrenzen, eine Vorstellung aus der intrapersonellen Perspektive zu schaffen und diese schließlich mit Erfahrungen, die die befragten Manager gemacht haben, zu überprüfen.
Geert Hofstede hat durch seine Forschung die kulturellen Unterschiede bei Beschäftigten aus verschiedenen Ländern untersucht. Diese Forschung basiert auf der Analyse einer großen Datenbank, die zwischen 1967 und 1973 durch eine Umfrage bei Arbeitnehmern von der IBM aus über 70 Ländern gewonnen wurde.24 Aus dieser Forschung konnte Hofstede vier Dimensionen der nationalen Kultur ableiten, die eine nationale Kultur charakterisieren können. Sie sind bekannt als Machtdistanz, Kollektivismus vs. Individualismus, Maskulinität vs. Femininität, und Unsicherheit. Durch die Forschung von Michael Harris Bond über die chinesische Kultur wurde die Dimension langfristige vs. kurzfristige Orientierung der Kultur hinzugefügt, welche später auch in das Buch Hofstedes als fünfte Dimension aufgenommen wurde.25
Jeder Mensch führt unter Bewusstsein ein bestimmtes Muster des Denkens, des Fühlens und des potentiellen Handelns. Ein Großteil dieses Musters wird bereits in der frühen Kindheit geprägt. Denn es ist wissenschaftlich bewiesen, dass der Mensch für Lern- und Assimilationsprozesse in dieser Zeit am aufnahmefähigsten ist.26 Das mentale Programm des Menschen enthält drei Ebenen: Die menschliche Natur, die Kultur und die Persönlichkeit. Diese drei Ebenen werden in der Abb.2 dargestellt. Es wird deutlich, dass die individuelle Spezifität von der Persönlichkeit über die Kultur bis zur menschlichen Natur abnimmt. Die mittlere Ebene Kultur stellt dabei eine Zwischenstufe dar und wird nur von einigen und nicht von allen Menschen geteilt. Zur Kultur zählen unter anderem die Sprache, die Umgangsart mit anderen Menschen, die Verhaltensweise beim Essen, das Sexualverhalten oder auch die Arbeitsweise.
Die Kultur ist eine kollektive Programmierung des menschlichen Geistes, durch die die Menschen in jeweilige Gruppen eingeordnet werden und sich mit anderen Menschen unterscheiden lassen können.27
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2 Drei Ebenen der mentalen Programmierung des Menschen28
Es ist einfach zu erkennen, dass in jeder Gesellschaft eine Ungleichverteilung der Macht herrscht, welche in den verschiedenen Gesellschaften auch unterschiedlich verteilt wird. Die Machtungleichheit ist die Ursache der Machtdistanz zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter in einem Unternehmen. Nach Hofstede wird die Machtdistanz in Bezug auf ein Unternehmen sowohl vom Vorgesetzten als auch von dem Mitarbeiter in gleicher Weise akzeptiert. Offensichtlich wird die Akzeptanz der Machtungleichheit von den sozialen Normen determiniert.29
Anhand des durch das Ergebnis der Umfragen berechneten Punktwertes wird der Machtdistanzindex entwickelt, der die unterschiedlichen Positionen der jeweiligen Länder zeigt. In den Ländern mit großer Machtdistanz erwarten die Mitarbeiter einen autokratischen bzw. patriarchalischen Stil von ihren Vorgesetzten. Das ist unabhängig davon, ob sie diesen Führungsstil vorziehen oder völlig ablehnen. Dem Mitarbeiter steht entweder eine bedingungslose Abhängigkeit von dem Vorgesetzten oder die totale Ablehnung zur Auswahl. In diesem Fall ist die emotionale Distanz zwischen Vorgesetztem und seinem Mitarbeiter groß: sie tauschen beispielsweise selten ihre Meinung aus. Es herrscht ein heftiger Interessens- bzw. Machtkonflikt zwischen beiden Parteien. Bei den Ländern mit einer niedrigen Machtdistanz spielt die Macht eine relativ kleine Rolle. Die Mitarbeiter sind selbstbewusster und selbstständiger. Der Vorgesetzte bevorzugt einen konsultativen Führungsstil und ist emotional nah bei seinen Mitarbeitern. Die Entscheidung resultiert aus den Meinungen der Mehrheit einer Gruppe. Trotz der Machtungleichheit herrscht eine Harmonie zwischen beiden Parteien.30
Aus evolutionshistorischer Perspektive gesehen ist der Mensch ein Herdentier. Er lebt entweder in einer Großfamilie oder Kernfamilie. Eine Großfamilie besteht aus einer Reihe von Menschen, die eng zusammenleben und eine „Wir“-Gruppe aufbauen, die sich von den „Sie“-Gruppen unterscheiden lässt. Darunter zählen sowohl Kinder und Eltern, als auch beispielsweise Großeltern, Onkel, Tante und so weiter. Dagegen besteht eine Kernfamilie nur aus Eltern und Kindern. Ein solches Kind bildet schnell ein Bewußtsein auf und grenzt sich als „Ich“ von anderen Menschen ab.
Die Großfamilie kann auch als eine kollektivistische Gesellschaft betrachtet werden, in der das Interesse der „Wir“-Gruppe im Vordergrund steht und deren Mitglieder lebenslang ihrem Gegenüber Loyalität schulden. Ohne die Unterstützung der Gruppe ist ein Mensch machtlos und unglücklich. Das Kind aus einer Kernfamilie sowie aus einer individualistischen Gesellschaft hat eine geringere Bindung an eine Gruppe. Dort wird nicht erwartet, dass ein Mensch unbedingt von einer Gruppe stammt oder zu einer Gruppe gehört.31
Wie beim Machtdistanzindex wird auch der relative Grad des Individualismus in unterschiedlichen Ländern durch einen Index, nämlich dem Individualismusindex, angegeben. Es ist zu beobachten, dass die Menschen aus den Ländern mit geringer Machtdistanz individualistischer sind als die aus den Ländern mit einer größeren Machtdistanz.
In einer individualistischen Kultur handelt der Mitarbeiter einer Firma nach eigenen wirtschaftlichen und psychologischen Bedürfnissen. Er wird als einzelnes Individuum mit eigenen Interessen betrachtet. Man bevorzugt den Mitarbeiter bzw. den Vorgesetzten, der gegenüber allen Kunden bzw. Partnern sich fair und gleich verhält. Die familiären Beziehungen sollen nicht in Verbindung mit den geschäftlichen Angelegenheiten gebracht werden oder das Entscheidungsverhalten des Mitarbeiters beeinflussen. Die Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber wird als eine rein geschäftliche Beziehung wahrgenommen, die nach marktwirtschaftlichen Prinzipien funktioniert. Schlechte Leistung oder ein besseres Gehaltsangebot von anderen Unternehmen sind beispielsweise sozial akzeptierte Gründe für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses.
Dagegen ist die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einer kollektivistischen Gesellschaft viel komplizierter, weil die Arbeiternehmer in dem Unternehmen mehr integriert sind. Es wurde bereits erwähnt, dass kollektivistische Länder eine relativ gesehen höhere Machtdistanz haben. Somit ist der Chef im idealen Fall wie ein Vater für die Mitarbeiter und das Unternehmen stellt eine große Familie bzw. eine Wir-Gruppe dar. Da Kindern die Unterscheidung zwischen Wir- Gruppe und Sie-Gruppe schon eingeprägt wurde, ist es natürlich und moralisch korrekt, dass die jeweilige Person ihre Freunde besser behandelt als fremde Menschen. Deswegen spielt in der kollektivistischen Gesellschaft das persönliche Verhältnis die entscheidende Rolle. Dagegen stehen in einer individualistischen Gesellschaft die Aufgaben und Problemlösungen vor persönlicher Beziehung.32
Männer und Frauen sind von Natur aus unterschiedlich und einige Verhaltensmuster lassen sich als typisch weiblich oder typisch männlich kategorisieren. Durch ihre unterschiedlichen Eigenschaften übernehmen Männer und Frauen auch verschiedene soziale und kulturelle Rollen, die als maskulin und feminin bezeichnet werden. Nach Hofstede wird Maskulinität definiert als eine Kennzeichnung einer Gesellschaft, in der die Rollen von Männern und Frauen klar aufgeteilt sind. Von Männern wird es erwartet, dass sie eine Karriere machen und erfolgreich sein werden. Die Aufgaben der Frauen bestehen meist im privaten Bereich. Femininität dagegen kennzeichnet eine Gesellschaft, in der sich die Rollen von Männern und Frauen schwer differenzieren lassen.
Darüber hinaus ist der Unterschied zwischen den Rollen von Männern und Frauen in der Gesellschaft umso größer, je höher der Maskulinitätsindexwert der jeweiligen Länder ist.
In einer maskulinen Kultur wird der Konflikt meistens durch einen gleichberechtigten Kampf beigelegt. Eine Geschäftbeziehung in diesen Ländern ist durch ständige Machtkämpfe geprägt. In relativ gesehen femininen Ländern sucht man gerne einen Kompromiss, wenn es einen Konflikt gibt.
Ein weiterer Aspekt der maskulinen Gesellschaft ist, dass hier mehr Wert auf die Arbeit gelegt wird. Es gilt das Motto: „Leben, um zu arbeiten.“ In der femininen Gesellschaft dagegen ist man fauler und genießt gern das Leben, hier gilt: „Arbeiten, um zu leben.“ „Reich“ zu sein ist keine soziale Verpflichtung und ist unabhängig von dem sozialen Ansehen.
Der Manager von maskulinen Ländern zeigt sich immer mit vollem Selbstbewusstsein und ist manchmal „aggressiv“. Er spielt die zentrale Rolle in der von ihm geleiteten Gruppe, führt die Diskussionen und trifft die Entscheidung. Er bildet die Rolle eines Helden für die Mitarbeiter. Dagegen stellt der Manager von femininen Ländern seine Position bzw. Aufgabe vor seine Person. Er ist durchaus überdurchschnittlich intelligent, jedoch handelt er eher intuitiv und entscheidet gern nach führender Meinung.33
Die Zukunft ist nicht vorhersehbar. Anders als Angst und Sorge, die sich auf ein bestimmtes Problem bezieht, kann die Ungewissheit der Zukunft nicht auf eine genaue Sache bezogen werden und ist breit gefächert. Um dieses Gefühl –ich weiß nicht, was morgen passieren wird- unter Kontrolle zu bringen, bedient sich der Menschen den Gesetzen, Regeln, den Technologien und der Religion, die von Kultur zu Kultur unterschiedlich sind. Zusammengefasst nannte Hofstede sie die Unsicherheitsvermeidung. Die Unsicherheit kann als Grad, wie sich die Mitglieder einer Kultur in einer unbekannten Situation bedroht fühlen, dargestellt werden. Dieses Gefühl der Bedrohung macht die Menschen nervös und zwingt sie dazu, mehr geschriebene oder ungeschriebene Regeln einzurichten.
Je größer der von Hofstede entwickelte Unsicherheitsvermeidungsindexwert eines Landes ist, desto unsicherer fühlen sich die Menschen in diesem Land.
Die Menschen aus dem Land mit starker Unsicherheitsvermeidung haben ein starkes Bedürfnis nach Regeln, das seit ihrer frühesten Kindheit dahingehend programmiert wurde, wodurch sie sich nur in einer strukturierten Gesellschaft zurechtfinden. Es führt oft zur Entwicklung von komplizierten Regeln oder zu an diesen Regeln gebundenen Verhaltensmustern. Diese emotionale Abhängigkeit von diesen Regeln kann Eigenschaften, wie die Vorliebe für Präzision, Detailarbeit oder eine Gewohnheit zur Pünktlichkeit, hervorrufen. Stabilität ist den Mitarbeitern mit starker Unsicherheitsvermeidung wichtig. Zum Beispiel haben sie weniger Vertrauen auf Manager aus anderen Kulturen, sondern mehr auf Expertise und Spezialisten. Außerdem halten sie sich stark an formalisierte Managementkonzepte und Firmenregeln. Dadurch soll wenig dem Zufall überlassen werden. Im Unternehmen mit starker Unsicherheitsvermeidung sind die Menschen bereit, hart zu arbeiten. Für sie ist die Zeit eine knappe Ressource, von der man nicht weiß, wie viel noch von ihr übrig bleibt.
In Ländern mit äußerst schwacher Unsicherheitsvermeidung sind die Menschen emotional gegen formelle Regelungen. Sie ziehen es vor, das Problem ohne formelle Regeln zu lösen. Die wenigen Regeln werden nur in absolut notwendigen Fällen eingesetzt, an die sich jedoch im Allgemeinen streng gehalten wird. Die Manager mit schwacher Unsicherheitsvermeidung vertrauen mehr auf Generalisten und Menschenverstand und tolerieren die Mehrdeutigkeit in Strukturen und bei Prozeduren. Die Wichtigkeit der Firmenregeln sollen je nach Situationen betrachtet werden.34
Obwohl die Zukunft nicht absehbar ist, wird sie unbestreitbar von den heutigen Taten und Entscheidungen beeinflusst. Die langfristige oder kurzfristige Orientierung der Menschen wird nach Hofstede und Bond von der Kultur geprägt. Die Handlung der Menschen wird dadurch beeinflusst, ob die heutigen oder zukünftigen Bedürfnisse im Vordergrund stehen. Für langfristig orientierte Kulturen sind Orientierungen an zukünftige Vorteile, insbesondere Ausdauer, Beharrlichkeit und Sparsamkeit, bedeutsam. Menschen der kurzfristig orientierten Kulturen achten sehr auf die Tradition, das Gesicht und das soziale Ansehen.
Der Manager aus langfristig orientierten Kulturen legt mehr Wert auf die Vertiefung enger Geschäftsbeziehung und Etablierung starker Marktposition. Sowohl die vertikale und horizontale Koordination als auch die Kontrolle und Flexibilität dienen als Erfolgsfaktor des Geschäfts. Für einen gesunden Menschen muss ein Gleichgewicht zwischen dem Wirtschafts- und Sozialleben aufrechterhalten werden.
Der Manager aus einem Land mit kurzfristig orientierten Kulturen ist sehr gewinnorientiert. Er hält seine Familie und die Arbeit deutlich getrennt. Die Leistungsorientierung und die Fähigkeit, das soziale und ökonomische Leben unter Kontrolle zu halten, sind für ihn wichtig.35
[...]
1 Vgl.: Breitenbach(1979), S.1
2 Vgl.: Bhagwati (2004)
3 Vgl.: Thurow (1996), S. 32
4 Vgl.: Schneider/Hirt (2007), S. 2, Weiber/Adler (2002), S.325ff und Thurow (1996), S. 32
5 Vgl.: Schneider/Hirt (2007), S. 5
6 Vgl.: OECD (2007), S. 5
7 Vgl.: OECD (2007)
8 Vgl.: Kroeber, F.R./Kluckhohn, F.R. (1952). S.1-223
9 Vgl.: Tylor, E. B. (1871)
10 Vgl.: Brockhaus Enzyklopädie - zwölfter Band (1990), S. 580
11 Vgl.: Schneider/Hirt (2007), S. 62
12 Vgl.: Hofsted (1993), S. 25 und Stüdlein (1997), S. 34ff
13 Vgl.: Schneider/Hirt (2007), S.63-68 und Hofstede (2005), S. 22-24
14 Vgl.: Fuchs/Gerhards/Roller (1993) und Depner (2006), S. 60
15 Vgl.: Jessop (1994)
16 Vgl.: Hofstede (2005), S. 23
17 Vgl.: Venezia (2005), S. 345
18 Vgl.: Adler (2008), S. 19-20
19 Vgl.: Adler (2008), S. 19
20 Vgl.: Webber (1969)
21 Vgl.: Kornadt (1986)
22 Vgl.: Oberg (1963) und Cray/Mallory (1998), S. 49ff
23 Vgl.: Light (1985), Adler (1991), S. 57, Keller (1982), S. 543, Macharzina (1994), S. 271, Schmid (1996), S. 273 und Child (1981)
24 Vgl.: http://www.geert-hofstede.com/ (Stand: 01.Mai.2008)
25 Vgl.: Schödel, S. (2005), S.18-19
26 Vgl.: Hofstede, G. (1997), S.2
27 Vgl.: Hofstede, G. (2001), S.9
28 Hofstede, G. (1997), S.5
29 Vgl.: Hofstede, G. (2001a), S.83-84 und Hofstede, G. (1997), S.27
30 Vgl.: Hofstede (2001a) S.97-98, Hofstede(1997) S.31-33 und Hofstede (2001b) S.24-28
31 Vgl.: Hofstede (1997) S.63-67 und Hofstede (2001a) S.209-214
32 Vgl.: Hofstede (2001a) S.215-254, Hofstede (2001b) S.49-78 und Hofstede (1997) S.71-106.
33 Vgl.: Hofstede (2001a) S.279-333, Hofstede (2001b) S.79-S.107 und Hofstede (1997) S.107-149.
34 Vgl.: Hofstede (2001b) S.109-137 , Hofstede (1997) S. 151-193 und Schödel (2005) S. 22-23
35 Vgl.: Hofstede (2001a) S.351-370
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