Für neue Kunden:
Für bereits registrierte Kunden:
Bachelorarbeit, 2021
49 Seiten, Note: 1,9
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Sozialstaatsprinzip
2.1 Leistungsspektrum des deutschen Sozialstaates
3 Das Bundesverfassungsgericht
3.1 Entscheidungen zu der Verfassungsmäßigkeit des Regelsatzes nach dem SGB II
3.2 Ergebnis
4 Regelbedarf des Sozialgesetzbuch II
4.1 Grundsätzliche Anspruchsvoraussetzungen
4.1.1 Anspruchsvoraussetzungen: Covid19-Pandemie
4.2 Ermittlung des Regelsatzes
4.2.1 Regelbedarfsermittlungsgesetz
4.2.2 Regelbedarfsstufen
4.2.3 Zusammensetzung des Regelbedarfs
4.2.3.1 Abt. 1 Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren
4.2.3.2 Abt. 6 Gesundheitspflege
5 Covid–19-Pandemie
5.1 Erhöhte Regelsätze nach dem SGB II in der Covid–19 Pandemie
5.2 Entwicklung der Preise in der Covid–19-Pandemie
5.2.1 Entwicklung des Verbraucherpreisindexes für Abt. 1
5.2.2 Entwicklung des Verbraucherpreisindexes für Abt. 6
6 Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit
6.1 Schutzbereich
6.1.1 Zwischenergebnis
6.2 Eingriff in den Schutzbereich
6.2.1 Zwischenergebnis
6.3 Unzulässigkeit des Eingriffs
6.4 Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
6.5 Ergebnis
7 Fazit
Literaturverzeichnis
Die deutsche Verfassung enthält eine Vielzahl von Grundrechten. Das wichtigste und elementarste ist die Menschenwürde gem. Artikel 1 Grundgesetz: Unantastbar, geschützt und unumstößlich geben jedermann einen Schutz.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Regelsatzurteil aus dem Jahr 2010 den Regelsatz nach dem SGB II für verfassungswidrig erklärt und im Zuge dessen neue Rahmenbedingungen zur Ermittlung dessen und zur Sicherung des Existenzminimums geschaffen. Fortan soll das Parlamentsgesetz dem Regelsatzermittlungsgesetz unter stetiger Fortschreibung die Verfassungsmäßigkeit des Regelsatzes nach dem SGB II und folglich das Grundrecht auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums sicherstellen. Das Bundesverfassungsgericht leitete in dem besagten Urteil gem. Artikel 1 Absatz 1 dem Grundrecht der Menschenwürde i. V. m. Artikel 20 Grundgesetz dem Sozialstaatsprinzip ab.
In dieser wissenschaftlichen Arbeit wird der Regelsatz nach dem SGB II in der Covid-19-Pandemie hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit geprüft. Insbesondere werden die Abteilungen 1: Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren und Abteilung 6: Gesundheitspflege in besonderem Maße beleuchtet.
Vorerst wird das Sozialstaatsprinzip und das Regelbedarfsurteil aus dem Jahr 2010 sowie ein früheres Urteil in diesem Kontext dargelegt. Im weiteren Verlauf werden die grundsätzlichen Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug nach dem SGB II erläutert und die Zusammensetzung dieses Regelsatzes aufgezeigt. Eine Prognose zu der Entwicklung des Regelsatzes nach dem SGB II folgt in diesem Kontext.
Die Preisentwicklung bzgl. der Abteilungen 1 und 6 sowie die allgemeine Preisentwicklung werden dargestellt und die verfassungsmäßige Prüfung wird anhand der aufgezeigten Ergebnisse durchgeführt.
Schließlich wird ein Fazit zu diesem Ergebnis gegeben.
The German Constitution contains a large number of fundamental rights. The most important and fundamental is human dignity according to Article 1 of the Basic Law. untouchable, protected and unassailable give everyone a protection.
The Federal Constitutional Court ruledwith the rule law in 2010 that according to the SGB II was unconstitutional and created new framework conditions for determining the rule set and for securing the subsistence minimum. From now on, the Parliamentary Act shall guarantee the constitutionality of the statutory set according to the Social Code II and consequently the fundamental right to the guarantee of a decent subsistence minimum to the Rule Set Investigation Act. The Federal Constitutional Court derived in the said judgment in accordance with Article 1 paragraph 1 of the fundamental right of human dignity in conjunction with Article 20 of the Basic Law the welfare state principle.
In this scientific work, the standard rate according to the Social Code II in the Covid-19-pandemic is examined with regard to constitutionality. In particular, the divisions 1 food, beverages and tobacco and division 6 health care are highlighted in particular.
For the time being, the welfare state principle and the ruling on standard needs from 2010, as well as an earlier ruling in this context, will be presented. In the following, the basic eligibility requirements for benefits under Social Code II will be explained and the composition of this standard rate will be shown. A forecast on the development of the standard rate according to Social Code II follows in this context.
The price development concerning the divisions 1 and 6, as well as the general price development are represented and the constitutional examination is accomplished on the basis the pointed out results.
Finally, the conclusion of this result is given.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2 Strukturprinzipien des Grundgesetzes
Abb.4.2.3 1. Regelbedarfsstufe nach dem SGB II 2021 / eigene Darstellung
Abb.5.2 Vergleich der Inflationsrate in Deutschland (Steigerung des Verbraucherpreises zum Vorjahr)
Abb.6.2 Vergleich der Inflationsrate in Deutschland mit der prozentualen Regelsatzerhöhung 2021
Abb.6.2 Vergleich der prozentualen Erhöhung des Verbraucher-preisindexes von Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke zum Vorjahr mit der prozentualen Regelsatzerhöhung 2021
Abb.6.2 Vergleich der prozentualen Erhöhung des Verbraucher-preisindexes der Gesundheitspflege zum Vorjahr mit der prozentualen Regelsatzerhöhung 2021
Tab. 4.2.2 Regelbedarfsstufen für Leistungsempfänger nach dem SGB II
Tab. 4.2.3 Zusammensetzung des Regelbedarfs
Tab.4.2.3 1. Regelbedarfsstufe nach dem SGB II 2021 - Aufteilung in Prozentsätzen / eigene Darstellung
Tab. 4.2.3.1 Ab Januar 2021 – Abteilung 1 - Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren - Zusammensetzung
Tab. 4.2.3.2 Ab Januar 2021 Abteilung 6 – Gesundheitspflege - Zusammensetzung
Tab. 5.2.1 Verbraucherpreisindex für Lebensmittel in Deutschland nach Warengruppen
Tab. 5.2.2 Verbraucherpreisindex für Gesundheitspflege in Deutschland
Die Menschenwürde, welche in Artikel 1 des Grundgesetzes (GG) geregelt ist, ist das elementarste und wichtigste Grundrecht. Die Unantastbarkeit dieser Würde beinhaltet den Schutz des Staates gem. Artikel 1 Abs. 1 S. 2 GG. Weiterhin garantiert es jedem ein menschenwürdiges Existenzminimum im Sinne des (i. S. d.) Artikel 1 GG in Verbindung mit (i. V. m.) Artikel 20 GG.
Die Menschenwürde ist mit dem Sozialstaatsprinzip verankert, welches im 2. Kapitel aufgezeigt wird. Im 3. Kapitel werden die Aufgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), dessen Regelsatzurteil aus dem Jahr 2010, der Beschluss zur Verfassungsmäßigkeit des Regelsatzes nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) aus dem Jahr 2014 und ein jüngeres Urteil des Sozialgerichts (SG) Dortmund mit der Bestätigung der Verfassungsmäßigkeit aufgezeigt.
Das 4. Kapitel umfasst den Regelsatz nach dem SGB II. Nicht nur die grundsätzlichen, sondern ebenso die Anspruchsvoraussetzungen in der Covid–19-Pandemie und die dazugehörige Ermittlung und Zusammensetzung des Regelsatzes werden erläutert. Weiterhin wird eine Prognose zu der Entwicklung des Regelsatzes nach dem SGB II für das Jahr 2022 dargelegt.
Die Covid–19-Pandemie und die Entwicklung der Preise werden als Grundlage für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des Regelsatzes in der Covid–19-Pandemie im Jahre 2021 im 5. Kapitel veranschaulicht. Die Prüfung als solche erfolgt gesondert in dem Kapitel 6.
Zum Abschluss erfolgt das Fazit des Ergebnisses im 7. Kapitel.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personen-bezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.
Gemäß (gem.) Artikel (Art.) 20 Absatz (Abs.) 1 GG ist die Bundesrepublik Deutschland (BRD) ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. „Somit garantiert die Bundesrepublik ihren Bürgern neben den freiheitlich-demokratischen Grundrechten auch die Sozialstaatlichkeit“ 1 . Im Art. 20 Abs. 2 GG wird bestimmt, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht und in Wahlen und Abstimmungen sowie von besonderen Organen der Gesetzgebung und der vollziehenden Gewalt und der rechtsprechenden Gewalt ausgeübt wird. Weiterhin ist gem. Art. 20 Abs. 3 GG die Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die vollziehende Gewalt und Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden. Die folgende Abbildung (Abb. ) zeigt die Strukturprinzipien des Grundgesetzes auf. In den folgenden Punkten werden die einzelnen Begriffe: Demokratie, Bundesstaat, Rechtsstaat und Sozialstaat näher erläutert.
Anmerkung derRedaktion: Diese Abbildung wurde aus urheberrechtlichen Gründen entfernt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Bundesrepublik Deutschland ist gem. Art. 20 Abs. 1 GG eine Demokratie. Die Herrschaftsgewalt übt das Volk aus. In der BRD werden die Bundesbürger von gewählten Vertretern, die den Bundestag bilden, vertreten. Folglich herrscht eine repräsentative Demokratie. Nicht nur die Achtung der Menschenrechte, der Gewaltenteilung, der Verantwortlichkeit der Regierung, sondern ebenso die Unabhängigkeit der Gerichte, Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, ein Mehrparteiensystem sowie freie, gleiche und geheime Wahlen zeichnet eine Demokratie aus2.
Ein Bundesstaat ist ein Zusammenschluss von mehreren Staaten zum einem Gesamt-staat. Diesen Gesamtstaat zeichnet eine gemeinsame Regierung, Grundgesetz, Ver-fassung und Parlament aus. Die BRD ist ein Bundesstaat, der aus 16 zusammen-geschlossenen Bundesländern besteht. Das deutsche Grundgesetz regelt, welche Gesetzgebung dem Bund und den Ländern zusteht 3.
- Rechtsstaat, ein Staat, dessen Tätigkeit vom Recht bestimmt und begrenzt wird“4. Im deutschen Grundgesetz ist die gesetzmäßige Freiheit unter dem Primat des Rechts und der sittlichen Idee der Gerechtigkeit gestellt. Die Gesamtheit der Normen und vor allem aus der Bestimmung, dass die Staatsgewalt durch besondere Organe der Gesetzgebung, der Verwaltung und der Rechtsprechung ausgeübt wird und die Gesetzgebung, an die die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden ist, ist das Fundament für den Rechtsstaat5.
Ein Sozialstaat ist die Bezeichnung für einen demokratischen Rechtsstaat, der die soziale Gerechtigkeit und Sicherheit seiner Bürger gemäß der Verfassung zum Ziel hat. Die Verwirklichung dieses Ziels wird mit entsprechenden gesetzgeberischen Maßnahmen sowie materiellen Unterstützungsleistungen umgesetzt. Diese Prinzipien, die vom deutschen Staat bzw. der Politik beachtet werden müssen, unterstützen Bürger, die u. a. finanziell benachteiligt, krank oder anderweitig schutzbedürftig sind6.
Das Leistungsspektrum des deutschen Sozialstaates wird aus drei Kategorien gebildet: die Fürsorgeleistungen, die Versorgungsleistungen und die Versicherungsleistungen7.
Dieses Prinzip umfasst für bedürftige Bürger staatliche Hilfen. Diese Hilfen können Wohngeld, Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe sein.
Diese Leistungen sind für Bürger vorgesehen, die Leistungen als Opfer oder aufgrund besonderer Leistungen für die Gemeinschaft erhalten. Diese staatlichen Leistungen können Kindergeld, Beamtenversorgung oder Entschädigungszahlungen an Hinterbliebene von Kriegsopfern sein.
Die Versicherungsleistungen sind für die Absicherung des Bürgers gedacht. Jeder Bürger zahlt für diese Leistungen zuvor ein, um die Versicherung in Anspruch nehmen zu können. Diese Leistungen können Arbeitslosen-, Krankengeld oder Mutterschafts-geld sein, wobei diese Aufzählung nicht abschließend ist8.
Mit den eben genannten Leistungen ist jeder Bundesbürger abgesichert. Diese Ab-sicherung bedeutet, dass kein Bürger hungern, Angst vor Wohnungslosigkeit haben oder eine Verweigerung der ärztlichen Behandlung befürchten muss.
Gem. Art. 20 i. V. m. Art. 28 Abs. 1 GG sind Bund und Länder verpflichtet, dem Prinzip des sozialen Rechtsstaates dem sogenannten Sozialstaatsprinzip, welches nicht ab-geschafft werden kann und den Schutz durch Art. 79 Abs. 3 GG genießt, zu folgen9.
Sozialstaatsprinzip in der Covid-19-Pandemie
Das Sozialstaatsprinzip mit seinem Leistungsspektrum stabilisiert die Gesellschaft und mildert die Folgen für die Menschen ab. Jeder ist von der Pandemie betroffen10
seit Beginn der Pandemie zur Abwehr der Folgen der Covid-19-Pandemie erlassen hat. In dieser Ausarbeitung richtet sich die Betrachtung der Verfassungsmäßigkeit speziell auf die Abteilungen 1 und 6 aus dem Regelsatz des SGB II im Jahre 2021 in der Regelbedarfsstufe 1.
Im Jahr 1951 wurde das BVerfG mit Sitz in Karlsruhe, welches seinen Beitrag zu der freiheitlichen-demokratischen Grundordnung Ansehen und Wirkung leisten soll, gegründet. Es wacht über die Einhaltung des Grundgesetzes für die BRD. An die Entscheidungen des BVerfG sind unanfechtbar und alle staatlichen Stellen gebunden, ebenso sind sie verpflichtet die Grundrechte zu beachten. Dieses Gericht, welches kein politisches Organ ist, jedoch durchaus eine politische Wirkung hat, entscheidet über den verfassungsrechtlichen Rahmen und nimmt als Maßstab das Grundgesetz11.
Jeder Bürger kann Verfassungsbeschwerde beim BVerfG einreichen, um seine Grundrechte gegenüber dem Staat durchzusetzen. Zuvor muss der Rechtsweg erschöpft sein. Ebenso müssen die Voraussetzungen erfüllt sein. Diese beinhalten unter anderem, dass der Bürger unmittelbar betroffen sein muss. Weiterhin muss das BVerfG gem. § 93 Abs. 1 Nr. 4a und 4b sowie §§ 90 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) zuständig sein12.
Die Sozialgerichtsbarkeit wurde 1954 eingeführt und ist gem. § 1 Sozialgerichts-gesetz (SGG) für die Sozialrechtsangelegenheiten zuständig. Diese ist in drei Instanzen eingeteilt. Die erste Instanz ist gem. § 8 SGG das Sozialgericht. Laut § 29 SGG ist die 2. Instanz das Landessozialgericht (LSG), welches als Berufungs- und Beschwerdeinstanz zu sehen ist und die 3. Instanz ist das Bundessozialgericht (BSG) i. S. d. § 39 SGG, welches als Revisions- und Rechtsbeschwerdeinstanz verstanden wird13. Der Rechtsweg ist erschöpft, wenn ein Bürger in allen drei Instanzen eine rechtskräftige Entscheidung erwirkt hat.
Die Entscheidungen des BVerfG aus dem Jahr 2010 und 2014 hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Regelsatzes des SGB II werden aufgezeigt. Ebenso wird eine jüngere Entscheidung des SG Dortmund aus dem Jahr 2017 dargelegt.
Regelsatzurteil des BVerfG aus dem Jahr 2010
In dem Urteil des BVerfG aus dem Jahr 2010 wurde festgestellt, dass die zu dem Zeitpunkt geltenden Regelsätze nach dem SGB II nicht verfassungsgemäß sind. Die Leistungen, die nach dem Warenkorbmodell ermittelt wurden, verstießen gegen das Sozialstaatsprinzip und das verbundene Grundrecht auf die Gewährung auf ein menschenwürdiges Existenzminimum i. S. d. Art. 1 GG. „Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG sichert jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind“14. Damit benannte das BVerfG eindeutig in dem Urteil das subjektive Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum15.
Das sogenannte Warenkorbmodell, welches im Jahr 1989 durch das Statistikmodell abgelöst wurde, war die Grundlage zur Ermittlung der Leistungen der Sozialhilfe. Der vorhandene Ernährungs-, Bekleidungs-, Mobilitätsbedarf usw., der in Deutschland lebenden Menschen wurde festgelegt. Folglich mussten für alle Bedarfe die jeweilige Art, Menge und Qualität der benötigten Güter und Dienstleistungen sowie der Preis bestimmt werden. Hierfür konnte es keinerlei objektive Maßstäbe geben. In dem Statistikmodell werden die existenzsichernden Leistungen anhand von dem tatsächlichen und statistischen nachgewiesenen Verbraucherverhalten von Haushalten im unteren Haushaltsbereich bemessen. Infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts wurde die angewandte Verfahrensweise im Regelsatzermittlungsgesetz 2011 reformiert. Diese Verfahrensweise erfährt stetig eine Weiterentwicklung16.
Beschluss des BVerfG aus dem Jahr 2014
Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2014 bestätigt die Verfassungsmäßigkeit der Regelsätze. „Die Anforderungen des Grundgesetzes, tatsächlich für eine menschenwürdige Existenz Sorge zu tragen, werden im Ergebnis nicht verfehlt"17.
Urteil des SG Dortmund 2017
Das SG Dortmund hat mit dem Urteil vom 21.06.2017 den Regelsatz des SGB II als verfassungsgemäß bestätigt. Das Gericht wies damit die Klage eines 31-jährigen Arbeitslosen, der angab, dass seine Ausgaben insbesondere für sein KFZ nicht gedeckt würden und eine zu hohe Differenz vorhanden sei, ab18. Zur Begründung wurde dargelegt, dass die Ermittlung des Regelbedarfs gem. § 20 SGB II nach dem Regelsatzurteil des BVerfG ermittelt wurde und die Vorgaben dessen eingehalten wurden19.Weiterhin wird ausgeführt, dass die Ausgaben des PKWs des Klägers nicht regelbedarfsrelevant sind. Der Betrag für Verkehr, der in Regelsatz veranschlagt wurde, ist ausreichend und es kann durchaus zugemutet werden, dass öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad in Anspruch genommen werden20.
Nach den aufgezeigten Urteilen ist der Regelsatz nach dem SGB II verfassungsgemäß und unterzieht sich auch unabhängig von dem Auftrag an die Regierung auch anhand der Gerichte einer stetigen Überprüfung.
Gem. § 19 Abs. 1 SGB II haben Erwerbsfähige i. S. d. § 20 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB II Anspruch auf den Regelbedarf, der insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat und Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteil und in vertretbaren Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben der Gemeinschaft umfasst. Der Regelsatz wird gem. § 20 Abs. 1 S. 3 SGB II pauschaliert erbracht. Gem. § 19 Abs. 1 S. 2 SGB II erhalten nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit einer leistungsberechtigten Person in einer Bedarfs-gemeinschaft (BG) leben, Sozialgeld. Allerdings entsteht dieser Anspruch für nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte ausschließlich, wenn kein Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII vorhanden ist.
Die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 SGB II weisen vier Tatbestandsmerkmale auf, die alle erfüllt sein müssen, damit die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Die Leistungsberechtigung ist gegeben, wenn gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB II das 15. Lebensjahr vollendet ist und die Altersgrenze nach § 7a SGB II nicht erreicht wurde. Zudem muss im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB II die Erwerbsfähigkeit gem. § 8 SGB II vorliegen. Erwerbsfähig ist gem. § 8 Abs.1 SGB II wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Ausländer können i. S. d. § 8 Abs. 2 SGB II nur erwerbsfähig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Ebenfalls ist es ausrechend, wenn die Aufnahme einer Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung gem. § 39 Aufenthaltsgesetz möglich ist. Die Hilfebedürftigkeit des Leistungsempfängers muss nachweislich im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 9 SGB II vorliegen. Folglich kann derjenige seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten. Zur Prüfung der Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 9 SGB II wird das Einkommen gem. § 11 SGB II und Vermögen gem. § 12 SGB II zur Ermittlung herangezogen. Hierfür muss der grundsätzliche Bedarf, der aus dem pauschalierten Regelsatz gem. § 19 SGB II, dem möglichen zu gewährendem Mehrbedarf i. S. d. § 21 SGB II und der Kosten der Unterkunft laut § 22 SGB II berechnet wird, zu Grunde gelegt werden. Nach der Bedarfsermittlung wird vorerst die Vermögensprüfung des § 12 SGB II durchgeführt. Folglich wird die Summe von einem Freibetrag pro Lebensjahr in Höhe von 150,00 Euro sowie eine Anschaffungspauschale von 750,00 Euro einmalig als Gesamtfreibetrag festgelegt. Die Überschreitung dieses Vermögensfreibetrags kann zur Anrechnung des übersteigenden Vermögens oder zum Leistungsausschluss führen. Liegt keine Überschreitung vor, wird die Einkommensprüfung im Sinne des § 11 SGB II durchgeführt. Die Berücksichtigung umfasst Einnahmen in Geld und Geldeswerte abzüglich der nach § 11 b abzusetzenden Beträge. Allerdings sind die Einnahmen der in § 11a SGB II ausgenommen. Die Absetzungsbeträge i. S. d. § 11b Abs. 1 SGB II sind von den Ein-nahmen zunächst abzusetzen. Gem. § 11b Abs. 2 SGB II ergeben sich die Freibeträge nach einer prozentualen Einstufung und Unterteilung der Höhe der Einnahmen. Wichtig ist hier, dass die Berechnung von der Bruttoeinnahme berechnet wird, jedoch von den Nettoeinnahmen abgezogen wird. Der Grundfreibetrag beträgt 100,00 Euro. Der nächste Freibetrag wird für Einnahmen, die 100,00 Euro übersteigen, bis zu einem Betrag von 1000,00 Euro in Höhe von 20 Prozent gewährt. Der Freibetrag für den Betrag, der über 1000,00 Euro liegt, jedoch 1200,00 Euro nicht übersteigt, kann ein prozentualer Freibetrag in Höhe von 10 Prozent gewährt werden. Ein weiterer Freibetrag für die Einnahmen über 1200,00 Euro bis 1500,00 Euro ergibt sich nur mit der Kinderkomponente. Dieses bedeutet, nur wenn derjenige, der Kinder hat, kann dieser weiterer Freibetrag gewährt werden. Die Einnahmen, die nicht einem Freibetrag des § 11b SGB II unterliegen, werden auf den Bedarf angerechnet. Sollte eine Bedarfsunterdeckung vorliegen, ist die Anspruchsvoraussetzung der Hilfebedürftigkeit erfüllt. Tatbestandsmerkmal ist der gewöhnliche Aufenthaltsort. Dieser muss gem. § 7 Abs. 1 Nr. 4 SGB II in der Bundesrepublik Deutschland sein. Der gewöhnliche Aufenthalt wird in § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I normiert und sagt aus, dass jemand seinen Aufenthalt dort hat, wo er sich unter Umständen, die erkennen lassen, dass er nicht nur vorübergehend dort verweilt, aufhält.
Gem. § 67 Abs. 1 SGB II wird das vereinfachte Verfahren für den Zugang zu sozialer Sicherung aus Anlass der Covid-19- Pandemie in dem Zeitraum vom 1. März 2020 bis zum 31.Dezember 2021 die beginnenden Bewilligungszeiträume für Leistungen nach den Absätzen 2 bis 4 gewährt. Gem. § 67 Abs. 2 SGB II ist die Vermögensprüfung ausgesetzt, wenn kein erhebliches Vermögen vorliegen würde. Die Angabe im Antrag des Antragsstellers, das kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wird als Grundlage verwendet. In Anlehnung an § 21 Nr. 3 Wohngeld-Verwaltungsvorschrift (WOGVwV) liegt erhebliches Vermögen vor, wenn der Betrag für das erste Mitglied der BG von 60.000,00 Euro und für jede weitere Person der BG nicht übersteigt. Somit hat eine BG von vier Personen einen Vermögensfreibetrag von 150.000,00 Euro.
[...]
1 Vgl. Sozialstaat, 2021
2 Vgl. Deutscher Bundestag - Demokratie, 2014.
3 Vgl. Bundesstaat | bpb, 2005.
4 Vgl. Rechtsstaat, o. D.
5 Ebd. Vgl. Der deutsche Sozialstaat - 24 x Deutschland, 2013.
6 Ebd.
7 Vgl. Der deutsche Sozialstaat - 24 x Deutschland, 2013.
8 Ebd.
9 Ebd.
10 Vgl. Lehmann, 2020.
11 Vgl. Bundesverfassungsgericht - Aufgaben, o. D.
12 Vgl. Bundesverfassungsgericht - Verfassungsbeschwerde, o. D.
13 Vgl. Sozialgerichtsbarkeit, 2021.
14 Vgl. BVerfG, Urteil vom 09. Februar 2010 - 1 BvL 1/09
15 Ebd.
16 Vgl. BMAS - Fragen und Antworten – Methodik der Regelbedarfsermittlung, 2020.
17 BVerfG, 05.05.2014 - 2 BvR 1823/13
18 Vgl. SG Dortmund, Urteil vom 21.06.2017 - S 58 AS 5645/16
19 Ebd.
20 Ebd.