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Bachelorarbeit, 2022
70 Seiten, Note: 2,1
Abstract
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Gender-Erklärung
1.0 Einleitung und Problemstellung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit
2.0 Theoretischer Hintergrund
2.1 Coronaviren
2.2 Der Beruf der examinierten Pflegefachkraft
2.2.1 Stationäre Patientenversorgung
2.2.2 Universitätsklinikum Köln
2.2.3 Frühgeburtlichkeit
2.2.4 Perinatalzentrum
2.2.5 Frühgeborenenstation
2.2.6 Auswirkungen auf die stationäre Patientenversorgung
2.3 Belastung und Beanspruchung
2.3.1 Hauptbelastungsfaktoren in der Pflege
2.3.2 Pflegekräftemangel
2.4 Theorien und Konzepte
2.4.1 Bedürfnispyramide nach Maslow
2.4.2 Belastungs-Beanspruchungs-Modell
3.0 Methodik
3.1 Befragung
3.2 Stichprobe
4.0 Ergebnisse
5.0 Diskussion und Ausblick
6.0 Fazit
Anhang 1 Online-Fragebogen
Anhang 2 Konzept zur Besuchsregelung an der Uniklinik Köln Version 3.0
Literaturverzeichnis
Internetverzeichnis
Die vorliegende Forschungsarbeit beschäftigt sich mit dem Wahrnehmen von Belastung bei examinierten Pflegekräften in der stationären Patientenversorgung auf pädiatrischen Intensivstationen aufgrund der vorherrschenden Covid-19 Pandemie sowie des akuten Pflegekräftemangels im Krankenhaus-Setting. Sie soll untersuchen, wie die vorliegenden Gegebenheiten Pflegekräfte im stationären Alltag sowie in der Freizeit beeinflussen. Dazu soll die Forschungsfrage geklärt werden, welchen Einfluss die COVID-19- Pandemie auf examinierte Pflegekräfte in der stationären Patientenversorgung auf pädiatrischen Intensivstationen unter Berücksichtigung des Pflegekräftemangels hat. Im Fokus der Forschung liegen die examinierten Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger der Frühgeborenenstation und des Perinatalzentrums der Universitätsklinik Köln.
Um die Forschungsfrage zu beantworten, wurde eine quantitative Forschung mittels einer online durchgeführten Umfrage durchgeführt. Die generierten Ergebnisse wurden statistisch ausgewertet.
Die Ergebnisse der Onlineumfrage zeigten auf, dass eine Belastung im Sinne von Stress bei den examinierten Pflegekräften aufgrund der COVID-19-Pandemie wahrnehmbar ist. Der wahrgenommene Stress der COVID-19-Pandemie wurde wider Erwarten weniger belastend empfunden als der empfundene Stress des vorherrschenden Pflegekräftemangels.
Durch die quantitative Forschung wurde gezeigt, dass die COVID-19-Pandemie Einfluss auf das Empfinden von Stress bei examinierten Pflegekräften im Perinatalzentrum und auf der Frühgeborenenstation hat. Der empfundene Stress wird weniger belastend wahrgenommen wird, als im Vorfeld der Forschung angenommen wurde. Trotz den Belastungen in der stationären Patientenversorgung gab keiner der Befragten examinierten Pflegekräfte den Wunsch nach einem Berufswechsel an.
Abbildung 1 Bedürfnispyramide nach Maslow
Abbildung 2 Belastungs-Beanspruchungs-Modell
Abbildung 3 Pflegekraft auf pädiatrischer Intensivstation
Abbildung 4 Stress durch Corona-Pandemie
Abbildung 5 Quantile-Quantile Plot H1
Abbildung 6 Histogramm H1
Abbildung 7 Korrelation und Signifikanz Arbeitsmotivation H1
Abbildung 8 Partnerschaft H1
Abbildung 9 Histogramm Partnerschaft und Arbeitsalltag
Abbildung 10 Ausreichende Besetzung der Schichten
Abbildung 11 Mehr Pflegekräfte bedeutet weniger Stress
Abbildung 12 Pflegekräftemangel H2
Abbildung 13 Boxplot H3
Abbildung 14 Boxplot H4
Tabelle 1 Corona-Pandemie und sich krank fühlen H1 24
Tabelle 2 Korrelation und Signifikanz Berufswechsel H1
Tabelle 3 Partnerschaft und COVID
Tabelle 4 Pflegekräftemangel H1
Tabelle 5 Korrelation und Signifikanz H2
Tabelle 6 Korrelation und Signifikanz H2
ACE-2 Angiotensin-2
COVID-19 Coronavirus disease 2019
t Einheiten des Standardfehlers
KrPflG Krankenpflegegesetz
MERS-CoV Middle East respiratory syndrome coronavirus
M Mittelwert
mRNA Messenger Ribonucleic Acid
SARS-CoV-2 Severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2
SD Standardabweichung
N Stichprobe
P Wahrscheinlichkeit / Signifikanzwert
Z Zusammenhang
Die in der Abschlussarbeit gewählte männliche Form bezieht sich immer zugleich auf weibliche und männliche Personen. In dieser Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet.
Das Thema COVID-19 ist aktuell in aller Munde. Angesichts der unvorhersehbaren sowie dynamischen Entwicklung der COVID-19-Pandemie richtet sich das Augenmerk der Medien und Politik immer mehr auf die Pflegenden in der stationären Patientenversorgung.
Auchfür examinierte Pflegekräfte ist das Thema COVID-19 allgegenwertig. Regelmäßig wird man durch die Medien über die aktuelle Situation und die neuen Beschlüsse der Politik informiert, ohne sich dem entziehen zu können. Durch die täglichen neuen Informationen fällt es nicht nur Personen außerhalb des medizinischen Sektors schwer, den Überblick zu behalten.
Ständig kommt es zu Veränderungen im Setting Krankenhaus, bedingt durch die Entwicklung des Infektionsgeschehens, der Mutationen, der Inzidenz, der Hospitalisierungsrate sowie der Sterberate und andauernd wechselnder staatlicher Einschränkungen und Maßnahmen.
Die alltäglichen Herausforderungen sind besonders im medizinischen Sektor deutlich zu erkennen. Pflegekräfte versorgen pflegebedürftige Menschen vor dem Hintergrund der begrenzten Ressourcen und Materialien gleichzeitig mit dem Ziel, diese und sich selbst bestmöglich vor einer COVID-Infektion zu schützen.
Die Corona-Pandemie stellt die Gesellschaft und die Arbeitswelt vor sich stetig verändernde Herausforderungen. Arbeitgeber und Unternehmen müssen aufgrund des wandelnden Pandemiegeschehens das Arbeitssetting regelmäßig evaluieren, um einem weiteren Krisenmodus zu entgehen. Die Arbeitnehmer im Gesundheitswesen versuchen die vorherrschende Unsicherheit zu kompensieren, um Patienten und Angehörige in Extremsituationen nicht weiter zu belasten. Dies geht nicht spurlos an examinierten Gesundheitskrankenpflegern vorbei. Die Belastungen bestehen dabei nicht nur auf physischer Ebene. Die Arbeit im Pandemiegeschehen führt zur Beeinträchtigung des subjektiven seelischen Wohlbefindens. Neben der erhöhten Belastung am Arbeitsplatz besteht eine Disparität zwischen negativen Einflüssen und eingeschränkten freizeitlichen Ausgleichmöglichkeiten aufgrund von Lockdowns, Kontaktbeschränkungen und Ausgangssperren. Dieses Ungleichgewicht wirkt sich unvermeidlich auf das subjektive Wohlbefinden examinierter Gesundheits- und Krankenpfleger aus. Der Blick auf das subjektive Empfinden von Pflegekräften in der stationären Patientenversorgung ist ein aktuelles und wichtiges Thema bei der Betrachtung der Auswirkungen der Corona- Pandemie. Da der Blick der Medien den Fokus immer auf Pflegekräfte im Allgemeinen legt, soll sich diese Arbeit konkret auf examinierte Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger auf der Frühgeborenenstation und im Perinatalzentrum der Universitätsklinik Köln widmen.
Das Ziel der folgenden Forschungsarbeit ist die Beantwortung der Fragestellung, welchen Einfluss die COVID-19-Pandemie auf examinierte Pflegekräfte in der stationären Patientenversorgung auf pädiatrischen Intensivstationen unter Berücksichtigung des Pflegekräftemangels hat. Im Vorfeld generierte Hypothesenbilden das Gerüst der OnlineBefragung, welche im Folgenden aufgeführt werden.Im Rahmen der Beantwortung wird ein weiterer Fokus auf die Bewertung der im Vorfeld generierten Hypothesen gelegt:
1. Die COVID-19-Pandemie erhöht den subjektiv empfundenen Stress bei examinierten Pflegekräften auf pädiatrischen Intensivstationen.
1.1. Der subjektiv empfundene Stress hat einen negativen Einfluss auf die Zufriedenheit am Arbeitsplatz.
1.2. Der subjektiv empfundene Stress hat negativen Einfluss auf die Arbeitsmotivation.
1.3. Der subjektiv empfundene Stress hat einen negativen Einfluss auf die Fehltage der examinierten Pflegekräfte.
1.4. Der subjektiv empfundene Stress hat einen negativen Einfluss auf das Privatleben (gemessen an der Partnerschaft).
1.5. Der subjektiv empfundene Stress erhöht den Wunsch nach einem anderen Beruf
2. Der Pflegekräftemangel erhöht den subjektiv empfundenen Stress bei examinierten Pflegekräften auf pädiatrischen Intensivstationen.
2.1. Der subjektiv empfundene Stress hat einen negativen Einfluss auf die Arbeitsmotivation.
2.2. Der subjektiv empfundene Stress hat einen negativen Einfluss auf die Zufriedenheit am Arbeitsplatz.
2.3. Der subjektiv empfundene Stress hat einen negativen Einfluss auf die Fehltage der examinierten Pflegekräfte.
2.4. Der subjektiv empfundene Stress hat einen negativen Einfluss auf das Privatleben (gemessen an der Partnerschaft).
2.5. Der subjektiv empfundene Stress erhöht den Wunsch auf einen anderen Beruf
3. Der Einfluss der COVID-19-Pandemie wird bei examinierten Pflegekräften auf pädiatrischen Intensivstationen belastender empfunden als der vorherrschende Pflegemangel.
4. Die aktuell vorherrschenden Belastungen am Beispiel der COVID-19-Pandemie werden in der stationären Patientenversorgung als belastender empfunden als dauerhaft vorherrschende Belastungen wie der Pflegekräftemangel.
Durch die Analyse des Bewertungsverhaltens der beschäftigten Pflegekräfte sollen die Hypothesen falsifiziert oder verifiziert werden, um im Anschluss die Forschungsfrage zu beantworten.
Die vorliegende Forschungsarbeit ist wie folgt aufgebaut. Zunächst wird anhand konkreter Begriffsdefinitionen, relevanter Studien und Konzepte ein theoretischer Rahmen gebildet. Dabei wird im Besonderen auf die spezielle Fachrichtung der befragten examinierten Pflegekräfte eingegangen, der Beruf näher beleuchtet und das konkrete Arbeitsumfeld der Beschäftigten beschrieben. Im Verlauf wird auf für die Forschung relevante Konzepte eingegangen, welche einen Grundrahmen für die durchgeführte Befragung bilden. Nachdem der theoretische Hintergrund ausführlich betrachtet wurde, folgt der Methodenteil der Arbeit. In diesem Abschnitt wird das detaillierte Forschungsvorgehen vorgestellt. Darauffolgend wird auf die ermittelten Ergebnisse eingegangen, welche im Kapitel „Diskussion und Ausblick“ näher beleuchtet werden. Im letzten Kapitel dieser Forschungsarbeit erfolgt eine genauere Darstellung der relevantesten Ergebnisse.
Die Beantwortung der Fragestellung, welchen Einfluss die COVID-19-Pandemie auf examinierte Pflegekräfte in der stationären Patientenversorgung auf pädiatrischen Intensivstationen unter Berücksichtigung des Pflegekräftemangels hat, erfordert zunächst eine Einordnung der Begrifflichkeiten. Dabei soll auf das Virus als Auslöser eingegangen werden, auf die Darstellung des Pflegesektors vor und nach der Pandemie, den Beruf der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege sowie auf den Einfluss der COVID-19-Pandemie auf die stationäre Patientenversorgung auf der Frühgeborenenstation der Universitätsklinik Köln. Im weiteren Verlauf wird der Pflegekräftemangel in Deutschland dargestellt.
Coronaviren sind in der Lage, die Artenbarriere zu überwinden und somit unterschiedliche Spezies infizieren. Aufgrund dieser Fähigkeit kam es zur Infektion von Menschen mit dem SARS-assoziierten Coronavirus (SARS-CoV), ebenso bei dem Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus (MERS-CoV), welches 2012 neu aufgetreten ist. SARS-CoV-2 wird überwiegend durch Tröpfcheninfektion übertragen. Eintrittspforten dafür sind die Atemwege, der Mund, die Nase und die Augen (vgl. Deutsches Zentrum für Infektionsforschung 2020). Der Ausbruch des Severe Acute Respiratory Syndrome coronavirus type 2 (SARS-CoV-2) im Dezember 2020 in Wuhan City, China, und die sich daraufhin ausbreitende COVID-19-Pandemie hat zu weltweiten disruptiven Veränderungen in allen Bereichen und Institutionen des öffentlichen und privaten Lebens geführt. (World Health Organization 2022a). Das neue Coronavirus, welches den genauen Namen SARS-CoV-2 trägt, gehört zu den Beta-Coronaviren, welche Anfang 2020 als Auslöser für die noch aktuell vorherrschende COVID-19- Pandemie identifiziert wurde. Die Coronaviren, die unter anderem auch unter Säugetieren und Vögeln weit verbreitet sind, lösen vorwiegend milde Erkältungskrankheiten aus, es kann jedoch auch zu Verläufen mit schweren Lungenentzündungen kommen (vgl. Robert Koch-Institut 2019).
Um in die Wirtszelle zu gelangen, nutzt SARS-CoV-2 das Enzym ACE-2. Da ACE-2 Rezeptoren vor allem in den Atemwegen, im Darm, in den Gefäßzellen, im Herzmuskel und anderen Organen vorhanden sind, bieten diese Orte eine Eintrittspforte für das Coronavirus. Der Hauptübertragungsweg ist jedoch der respiratorische Trakt, in den die Viren durch Atmen, Husten, Sprechen, Singen oder Niesen eindringen können (vgl. Wang et al. 2021).
Seit Beginn der Corona-Pandemie kam es immer wieder zu Entdeckung neuer Virusvarianten. Das Robert Koch-Institut beschreibt “Besorgniserregende Virusvarianten (Variants of Concern, VOC) sind Varianten von SARS-CoV-2, die sich in ihren Erregereigenschaften wie beispielsweise der Übertragbarkeit, der Virulenz oder der Suszeptibilität gegenüber der Immunantwort von genesenen und geimpften Personen relevant von den herkömmlichen Virusvarianten unterscheiden.“ (Robert Koch-Institut 2022c). Grundlage dafür ist die zunehmende Anzahl von polymorphen Nukleotidpositionen, welche zum Austausch von Aminosäuren führt. Durch diese werden Viren in unterschiedliche Varianten unterteilt. Die Veränderung des Virus-Genoms hat zur Konsequenz, dass je nach Variante verschiedene Erregereigenschaften auftreten. Zu den von der World Health Organisation gelisteten Variants of Concern gehören zum aktuellen Stand (24.02.2022): Alpha (B.1.1.7), Beta (B.1.351), Gamma (P.1), Delta (B.1617.2) sowie Omikron (B.1.1.529) (vgl. World Health Organization 2022b).
Der Pflegemarkt ist eine wachsende Branche, welche durch den demographischen Wandel einen ebenso wachsenden Prozess aufweisen müsste, um die Nachfrage der Bevölkerung kompensieren zu können. Die Wahrscheinlichkeit für die Inanspruchnahme pflegerischer Hilfe steigt mit höherem Alter exponentiell an. Eine Prognose auf der Basis des Pflegeheim Rating Report 2020 geht davon aus, dass es bis zum Jahr 2040 zu einem Anstieg von Pflegebedürftigen um bis zu 40% kommen wird. Es wird von 2.98 Millionen Pflegebedürftigen ausgegangen (vgl. Heger et al. 2019).
Die Anforderungen an die stationäre Patientenversorgung haben sich aufgrund des quantitativen sowie qualitativ gewandelten Versorgungsbedarfs der Bevölkerung verändert. Unter dem Begriff Pflegefachkraft oder Pflegekraft versteht man nach dem Krankenpflegegesetz ausschließlich Beschäftigte mit einer abgeschlossenen dreijährigen Ausbildung. Dazu gehören examinierte Gesundheits- und Krankenpfleger, Gesundheitsund Kinderkrankenpfleger sowie Altenpfleger (§1 Artikel 1 KrPflG). Im weiteren Verlauf wird primär auf den Beruf der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege eingegangen.
Die Stationäre Patientenversorgung gehört zu dem Aufgabenbereich von examinierten Gesundheits- und Krankenpflegern. Im weiteren Verlauf wird explizit auf die stationäre Patientenversorgung in der Neonatologie eingegangen. Die Fachrichtung Neonatologie entspringt der Pädiatrie und beschäftigt sich mit der Versorgung einer zunehmenden Zahl von Säuglingen mit angeborenen Fehlbildungen und mit der Versorgung von Frühgeborenen. Im Vergleich zu dem letzten Jahrzehnt stieg die Überlebensrate der Frühgeborenen signifikant an. Dies kann auf die verbesserte pränatale und geburtshilfliche Versorgung zurückgeführt werden. Eine ebenso wichtige Komponente ist der medizinische Fortschritt in der Neugeborenen-Intensivmedizin (vgl. Klebermass et al. 2000).
Durch die Unreife eines Neugeborenen ergeben sich eine Vielzahl an pflegerischen Aufgaben, welche die stationäre Patientenversorgung in der Neonatologie ausmacht. Die pflegerischen Aufgaben ergeben sich basierend auf den vorliegenden akuten und chronischen Problemen, welche beim Neonaten vorliegen. Ein weiteres Augenmerk in der stationären Patientenversorgung in der Neonatologie liegt in der Pflege der MutterKind-Einheit. Durch die zu frühe Geburt, die in den meisten Fällen durch einen Kaiserschnitt durchgeführt wird, findet eine Trennung von Mutter und Kind statt, was zu Komplikationen im Aufbau von Bindung führen kann. Die Aufgabe der Pflege ist es, neben der bedarfsorientierten Pflege des Neugeborenen die Bindung zwischen Mutter und Kind zu stärken. Dies geschieht durch die Einbindung der Mutter in die Pflege des Neonaten sowie die Ermöglichung von viel Hautkontakt, beispielsweise durch regelmäßiges und langes Kuscheln. Zu den Aufgaben der Pflegekräfte auf neonatalen Stationen gehört des Weiteren die Anleitung und die Beratung im Laktationsprozess und die psychologische Begleitung der Eltern im stationären Alltag (vgl. Hübler et al. 2019).
Das Universitätsklinikum Köln gehört mit 1.540 Betten und 122 Intensivbetten zu den größten Krankenhäusern in Köln und Umgebung. Das Klinikum ist ein Krankenhaus der Maximalversorgung mit dem Fokus auf Lehre, Forschung und Patientenversorgung. Jährlich lassen sich mehr als 370.000 Patientinnen und Patienten in der Universitätsklinik Köln behandeln, bei denen es sich bei mehr als 63.000 um stationäre Behandlungen handelt. Mit circa 10.900 Beschäftigten aus über 80 Nationen gehört das Universitätsklinikum Köln zu den größten Arbeitgebern in Köln und zu den führenden Universitätskliniken in Deutschland (vgl. Uniklinik Köln 2022.).
Eine reguläre Schwangerschaft erstreckt sich über 40 Schwangerschaftswochen. Geht man von dem Tag der letzten Regelblutung aus, dauert eine Schwangerschaft 280 Tage. Die World Health Organisation definiert Frühgeburt dahingehend, dass ein Kind zwischen der 28. Schwangerschaftswoche und vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche entbunden wird. Findet eine Entbindung vor der vollendeten 28. Schwangerschaftswoche statt, spricht man im Fachjargon von einem Neugeborenen mit extremer Unreife (vgl. Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information 2013).
Das Perinatalzentrum der Universitätsklinik Köln gehört zu den führenden Level-I- Zentren. Der gemeinsame Bundesausschuss hat hinsichtlich der Qualitätssicherung Richtlinien aufgestellt, die ein Perinatalzentrum aufweisen muss, um die Versorgungsstufe Level-I-Zentrum zu erhalten. Zum einen müssen Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht von unter 1250 Gramm oder einem geringeren Gestationsalter als das der 29 Schwangerschaftswoche versorgt werden, des Weiteren auch Schwangere, welche Drillinge mit einem geringeren Gestationsalter als das der 33 Schwangerschaftswoche erwarten sowie über drei Mehrlinge. Ein weiteres Kriterium für die Einstufung als Level-I-Zentrum ist die Versorgung von Schwangeren, bei denen pränatal Erkrankungen entweder mütterlicher oder fetaler Seite diagnostiziert wurden, und so eine intensivmedizinische Versorgung der neugeborenen Kinder in Aussicht steht (vgl. Gemeinsamer Bundesausschuss 2021) (vgl. Uniklinik Köln 2022.).
Auf der Frühgeborenenstation der Uniklinik Köln werden jährlich 700 bis 800 Frühgeborene und kranke Neugeborene postnatal versorgt. Mehr als 100 der Neugeborenen, die auf der Frühgeborenenstation versorgt werden, haben ein Geburtsgewicht von unter 1500 Gramm. Ein besonderer Schwerpunkt liegt jedoch bei der Versorgung von Neugeborenen mit einem Geburtsgewicht von unter 1000 Gramm. Obwohl die Frühgeborenenstation zu einer Intermediate Care Station gehört und viele verschiedene intensivmedizinische Maßnahmen durchgeführt werden, liegt ein besonderes Augenmerk auf dem Prinzip der entwicklungsfördernden Pflege. Diese Art der ressourcenfördernden Pflege ist von elementarer Bedeutung. Durch die kontinuierliche Entwicklung von intensivmedizinischen Interventionen können immer mehr und immer kleinere Frühgeborene überleben. Jedoch erlaubt es bis zum heutigen Tag keine intensivmedizinische Maßnahme, die Symbiose zwischen Mutter und Kind während der Schwangerschaft nachzuempfinden oder zu ersetzen (vgl. Uniklinik Köln 2022).
Die vorherrschende COVID-19-Pandemie betrifft auf direkter Weise das beschäftigte Personal in Krankenhäusern. Aufgrund der Pandemie versucht das Gesundheitssystem mit extensiven Screening- und Hygienemaßnahmen dieser zu begegnen (vgl. Robert Koch-Institut 2022a). Das Pflegepersonal wurde nach der Zulassung des ersten mRNA Impfstoffs gegen das Corona-Virus am 21. Dezember 2020 für die Impfung gegen COVID-19 priorisiert. Laut der Ständigen Impfkommission (STIKO) zählt das Klinikpersonal zu Personal mit besonders hohem Expositionsrisiko (vgl. Robert KochInstitut 2022b) (vgl. European Medicines Agency 2021).
Obwohl die pädiatrischen Intensivstationen, genauer das Perinatalzentrum und die Frühgeborenenstation, nicht primär in die Versorgung von Patienten mit COVID-19 involviert sind, hat die Ausbreitung des Virus erheblichen Einfluss auf den stationären Alltag und die Versorgung von Frühgeborenen genommen. Da das Immunsystem der Frühgeborenen noch nicht adäquat ausgeprägt ist, kommt der Vermeidung des Kontakts mit Viren eine große Bedeutung zu. Viren, die keinen Einfluss auf den Organismus von Erwachsenen nehmen, können bei Frühgeborenen schon lebensbedrohliche Infektionen auslösen. Um einheitliche Rahmenbedingungen im Umgang mit der Pandemie in der Uniklinik Köln zu gewährleisten, liegen einheitliche Konzepte vor, welche in regelmäßigen Abständen reevaluiert werden. Ziel dieses Konzepts, welches am 28.01.2022 veröffentlicht wurde, ist es, die Besuchsregelungen aufgrund der geltenden Corona-Schutzverordnung unter Berücksichtigung des einrichtungsbezogenen Besuchskonzept zu regeln. Basis für dieses Konzept sind die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts. Das oberste Ziel ist es, das Krankenhaus vor dem Eintrag des CoronaVirus zu bewahren, um so Patienten und Personal zu schützen. Den Besuch für stationäre Patienten sicherzustellen, ist von großer Wichtigkeit, um eine komplette soziale Isolation zu vermeiden. Das Konzept zur Besuchsregelungen bezieht sich auf alle Patienten, welche sich in der stationären Behandlung befinden. Es werden seit Veröffentlichung des evaluierten Konzepts Zugangskontrollen in den Eingangsbereichen der verschiedenen Häuser der Uniklinik durchgeführt, bei denen Besucher hinsichtlich ihres Impfstatus und Corona-Tests kontrolliert werden. Das Personal muss dem Sicherheitspersonal unaufgefordert den Klinikausweis vorführen, um ungehindert das Haus betreten zu dürfen. Die Ärzte der einzelnen Stationen dürfen für Ausnahmesituationen schriftliche Ausnahmegenehmigungen erstellen. Allgemein gilt für Besucher, unabhängig von Immunisierungsstatus, eine Pflicht zum Vorzeigen eines tagesaktuellen negativen Schnelltestergebnisses auf SARS-CoV-2. Grundsätzlich darf ein Besucher pro Patienten für höchstens eine Stunde die Klinik betreten. Eine Ausnahmeregelung liegt für die Neonatologischen Stationen vor. Auf der Frühgeborenenstation sowie im Perinatalzentrum zählen Eltern, die nicht stationär mit aufgenommen sind, nicht als Besuchspersonen, und es darf zusätzlich eine Person für höchstens eine Stunde die Station besuchen. Für alle Menschen, die die Klinik betreten, liegt die Pflicht vor, eine FFP2- Maske zu tragen. Das Pflegepersonal ist dazu verpflichtet, dreimal pro Woche einen Corona-Schnelltest vor der Arbeit im häuslichen Umfeld durchzuführen und das Ergebnis mit Datum und Uhrzeit an eine bestimmte E-Mail-Adresse zu senden (Anhang 2).
Pflegekräfte zählen zu den am stärksten belasteten Berufsgruppen in Zeiten der COVID- 19-Pandemie (vgl. Kramer et al. 2021).
In einer Befragung von Pflegekräften untersuchte Pfaffenholz die Belastungsfaktoren bei Pflegekräften in Bezug auf der COVID-19-Pandemie. Pfaffenholz beschreibt nach Analyse seiner Forschungsergebnisse, dass der größte Belastungsfaktor für Pflegekräfte darin liegen würde, Angehörige, Freunde oder Patienten mit dem Corona-Virus anzustecken. Die Angst, eine Fremdansteckung durchzuführen, ist höher, als die Angst sich selbst zu infizieren (vgl. Paffenholz et al. 2020).
Im internationalen Vergleich bietet die Versorgung in deutschen Krankenhäusern die schlechteste Patienten-Pflegekraft-Relation in Europa. Diese messbare Diskrepanz spiegelt sich in der Mortalitätsrate der Patienten sowie im Belastungserleben der Pflegekräfte wider (vgl. Aiken et al. 2012).
Die zentralen Belastungsfaktoren in Pflegeberufen lassen sich laut Buxel in drei verschiedene Ebenen unterteilen. Man unterscheidet die Makroebene, die Mesoebene und die Mikroebene, welche im weiteren Verlauf konkretisiert werden. Die Makroebene beschreibt die sozio-kulturelle sowie gesellschaftliche und politische Ebene. Einer der offensichtlichen Belastungsfaktoren ist die mangelnde Anerkennung des Berufes in der Gesellschaft. Diese Gratifikationskrise, welche aus der Wert- und Bedeutungszuschreibung des pflegerischen Berufs resultiert, ist in dieser Berufsgruppe zu identifizieren. In keinem anderen Beruf ist die Diskrepanz zwischen täglicher Verantwortung für Menschenleben und Entlohnung beziehungsweise Anerkennung so hoch wie in der Pflege (vgl. Buxel 2011).
Die zunehmende Bürokratisierung ist ein weiterer Faktor, welcher zu empfundenen Belastungen führen kann. Es kommt zu einer Zunahme patientenferner Aufgaben in einem praxisorientierten Beruf, welche durch die steigenden Verwaltungs- und Dokumentationsanforderungen bedingt sind (vgl. Bartholomeyczik et al. 2008).
Der Umgang mit Wirtschaftlichkeitsaspekten wird immer präsenter. Dies spiegelt sich vor allem in Rationalisierungsprozessen sowie Umstrukturierungsprozessen wider. Ein Beispiel dafür ist die Einführung von Fallpauschalen, bei denen das Krankenhaus pro Fall bezahlt wird und nicht wie zuvor pro Tag im Krankenhaus (vgl. Bartholomeyczik et al. 2008).
Ein weiterer Belastungsfaktor im Pflegeberuf ist die monetäre Vergütung (vgl. Bräutigam et al. 2014).
Die Mesoebene beschreibt die organisationsbezogene Ebene der Belastungsfaktoren in der Pflege. Auf dieser Ebene wird sichtbar, welche Auswirkungen die Außenfaktoren haben, was wiederum zu Belastungsempfindungen führen kann. Dazu zählen Schichtdienste, welche als ungünstige Komponente gewertet werden, jedoch wenig Handlungsspielraum seitens der Leitung möglich machen. Des Weiteren lässt sich der geringe Gestaltungsspielraum betrachten, welcher zu den Rahmenbedingungen des Berufs zählt. Die häufig nicht vermeidbaren Überstunden, das vorherrschende Infektionsrisiko und die hohen körperlichen Anforderungen lassen sich darunter identifizieren. Der Zusammenhang zwischen Makroebene und Mikroebene kann als Ursache-Wirkungs-Zusammenhang verstanden werden. Beispielsweise ist die Gestaltung des Arbeitsumfelds in direkter Abhängigkeit von monetären Faktoren, welche der Station zustehen (vgl. Brady Germain et al. 2010).
Die Belastungen der Mikroebene oder auch im interpersonalen und personalsoziopsychischen Bereich legen den Fokus auf die Individualität des Mitarbeiters. Die individuelle wahrgenommene Belastung dieser Ebene steht in direkter Abhängigkeit mit den persönlichen Ressourcen und der persönlichen Resilienz. Beispiele für Belastungen in der interpersonalen Ebene sind die eventuell vorherrschenden interprofessionellen Spannungen und Feindseligkeiten (vgl. Bartholomeyczik et al. 2008) sowie mangelnde Unterstützung durch Kollegen und Vorgesetzte. (vgl. Bundesgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege 2005).
Die vorliegenden komplexen Wechselwirkungen der verschiedenen Belastungsebenen sowie die Individualität der Pflegeberufe scheinen es schwierig zu machen, entsprechende Maßnahmen abzuleiten. Bisher liegt keine Studie vor, welche die eindeutige Einflussnahme von durchgeführten Maßnahmen auf das Belastungsempfindung beschreibt. Die einzig erkennbare Einflussnahme ist die Reduzierung von Fehltagen (vgl. Simon 2012).
Durchgeführte empirische Studien zeigen, dass individuelle Ressourcen, welche eine empfundene begrenzte Reichweite haben, primär zur Bewältigung von Belastungsfaktoren herangezogen werden. Dies führt jedoch zu einer hohen personellen Anstrengung. Zum Beispiel wird der Personalknappheit entgegengewirkt, indem es von Seiten der Beschäftigten zu den regelmäßigen Vertretungen kommt, um die Dienste ausreichend zu besetzen. Somit erfolgt keine Problemlösung, sondern nur eine Verschiebung des Problems. Eine effizient erscheinende Maßnahme ist die Fokussierung auf die Verantwortlichen im Sinne der Vorgesetzten. (vgl. Höhmann et al. 2008).
Der Pflegekräftemangel ist nicht nur in Zeiten von Corona ein aktuelles Thema. Die Ursachen für den Mangel an Personal sind vielseitig.
In einer Erhebung der Bundesagentur für Arbeit wird der Pflegekräftemangel je Bundesland betrachtet. Nordrhein-Westfalen ist das Bundesland mit der höchsten Anzahl von gemeldeten offenen Stellen für Gesundheits- und Krankenpflegekräfte. Im Jahr 2017 wurden insgesamt 2.470 offene Stellen im Rahmen der Erhebung Pflege-Thermometer 2018 veröffentlicht. Deutschlandweit wurden 10.608 offene Stellen in der Gesundheitsund Krankenpflege identifiziert. Ein weiterer Faktor, der den fortschreitenden Pflegemangel begünstigt, ist die steigende Anzahl der Pflegebedürftigen. Von 2000 bis 2018 kam es zu einem Anstieg der Beschäftigten im Gesundheitswesen in Deutschland von 1.41 % auf 5 679 000 (vgl. Statistisches Bundesamt 2020).
Ebenso kam es von 1999 bis 2019 zu einer Steigung der Pflegebedürftigen um über 2 %. Von Experten wird prognostiziert, dass bis 2060 die Anzahl der Pflegebedürftigen auf 4.53 Millionen ansteigen wird (vgl. Statistisches Bundesamt 2020). Dies ist auf verschiedene Gründe zurückzuführen. Der stetige Fortschritt in der Medizin hat zum einen Einfluss auf das Überleben von Kindern immer früherer Schwangerschaftswochen sowie auf den zunehmenden Altersdurchschnitt der gesamten Gesellschaft. Die Gesellschaft in Deutschland lässt sich im Vergleich zu anderen Ländern als alt beschreiben. Das Durchschnittsalter liegt hierzulande bei 45.7 Jahren. Im Vergleich dazu liegt das Durchschnittsalter in Indien bei 28.4 Jahren (vgl. Statistisches Jahrbuch 2019: Internationaler Anhang 2019). Prognosen führen auf, dass diese Entwicklung sich in den nächsten Jahren und Jahrzenten weiter so entwickeln wird. Die Anzahl der Geburten im Jahr 2020 in Deutschland betrug 773 144 (vgl. Statista 2022b) und die Anzahl der Sterbefälle 1 016 899 (vgl. Statista 2022c).
Die Fertilitätsrate hat ebenso Auswirkung auf die Bevölkerungsdichte in Deutschland. Diese liegt aktuell bei 1.53 Kinder pro Paar (vgl. Statista 2022b). Aus der immer älter werdenden Gesellschaft und der geringen Geburtenrate ergibt sich das Phänomen, dass Deutschland auch in Zukunft den steigenden Pflegebedarf mit eigenen Pflegekräften nur schwer kompensieren kann.
Die Einführung der generalisierten Pflegeausbildung bietet die Möglichkeit, breit aufgestellte Pflegekräfte auszubilden. Die bisherige Trennung des Altenpflegegesetz und des Krankenpflegegesetz wurde aufgehoben und zu einem neuen Pflegeberufegesetz (Stand 01.02.2022) zusammengeführt. In den ersten beiden Ausbildungsjahren lernen zukünftige Gesundheits- und Krankenpfleger, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger und Altenpfleger zusammen mit einem selbst gewählten Schwerpunkt in der praktischen Ausbildung. Im dritten Lehrjahr können die Auszubildenen wählen, ob sie den generalistischen Ausbildungsweg weiterverfolgen und Pflegefachfrau beziehungsweise Pflegefachmann werden. Wählen die Auszubildenen den Schwerpunkt auf die Altenpflege, so wird dieses Thema in der Spezialisierung im dritten Ausbildungsjahr vordergründig thematisiert. Wird der Schwerpunkt auf Kinder und Jugendliche gelegt, streben diese Auszubildenen den Abschluss in der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege an (§ 59 Absatz 2 PflBG).
Um einen Rahmen für die empirische Untersuchung zu bilden, werden im Folgenden Theorien und Konzepte vorgestellt. Dabei liegt der Fokus auf dem Psychologen Abraham Harold Maslow mit seiner Bedürfnispyramide sowie auf dem Belastungs- und Beanspruchungsmodell der DIN EN ISO 6385.
In dem Werk „A Theory of Human Motivation (English Edition)“ des Psychologen Abraham Harold Maslow von 1954 thematisiert dieser die menschliche Motivation anhand des sozialpsychologischen Modells der Bedürfnispyramide. Maslov visualisiert diese in einer Pyramide, in welcher die Bedürfnisse eines Individuums abgebildet sind. Die Bedürfnisse sind hierarchisch geordnet. Er geht davon aus, dass sich Bedürfnisse hinsichtlich ihrer Bedeutsamkeit für das Individuum unterscheiden. Diese Hierarchie beschreibt Maslow als „Hierarchie der relativen Vormächtigkeit“. Je höher die Position eines Bedürfnisses in der Bedürfnispyramide, desto anspruchsvoller und mühsamer die Befriedigung. Die Basis der Bedürfnispyramide nach Maslow bilden die physiologischen Bedürfnisse. Dazu zählen Bedürfnisse, welche zur Aufrechterhaltung des menschlichen Organismus notwendig sind wie das Bedürfnis nach Sauerstoff, Wasser, Schlaf, Nahrung, Wärme und Obdach. Maslow beschreibt diese Bedürfnisse als die mächtigsten. Kommt es bei diesen zu Defiziten können Triebcharaktere entfaltet werden, welche bestimmend auf das Verhalten wirken. Auf zweiter Ebene befinden sich die Sicherheitsbedürfnisse. Dazu zählen Angstfreiheit, das Bedürfnis nach Schutzkräften sowie soziale Bedürfnisse. Die nächste Ebene wird gebildet von dem Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Liebe. Die letzten beiden Ebenen bilden das Bedürfnis nach Achtung sowie das oberste Bedürfnis nach Selbstverwirklichung. Unter Selbstverwirklichung versteht Maslow die freie Entfaltung der Bedürfnisse eines Individuums, aber auch das Streben nach Selbsterfüllung. Neben der Einordnung der Bedürfnisse in Form einer hierarchischen Pyramide ordnet Maslow noch weiter ein. Die Bedürfnisse eines Individuums in den ersten vier Stufen beschreibt er als sogenannte Defizitbedürfnisse, deren Befriedigung obligatorisch ist, um Mangelzustände zu vermeiden. Das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung wird als Wachstumsbedürfnis beschrieben. Diese unterscheiden sich dahingehend von den Defizitbedürfnissen, dass sie sich immer weiter steigern können. Bei den Defizitbedürfnissen ist eine vollständige Befriedigung möglich, was zur Folge hat, dass der motivierende Effekt nach Erlangung der Befriedigung erlischt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Motivation zu Befriedigung der Bedürfnisse so lange vorherrscht, bis diese nicht mehr unbefriedigt sind. Ist dies der Fall, wendet sich der Interessensfokus auf die nächsthöhere Stufe (vgl. Maslow 2019).
Abbildung 1 Bedürfnispyramide nach Maslow
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an Maslow, A., Bedürfnishierarchie, 1943, S. 370-396
Diese Theorie verdeutlicht die Ernsthaftigkeit der steigenden Belastung von Pflegekräften. Unabhängig davon, welche Gegebenheiten die Belastung auf Gesundheitsund Krankenpfleger auslösen, ist die Konsequenz für das Individuum drastisch. Die COVID-19-Pandemie sowie der Pflegekräftemangel führen zu einer Nichtbefriedigung der Defizitbedürfnisse mit physischen und seelischen Konsequenzen.
Im weiteren Verlauf der Arbeit werden die potenziell entstehenden Belastungen der Stufen nach Maslow zugeordnet. Durch die stationäre Patientenversorgung, die im Schichtsystem stattfindet, werden physiologische Bedürfnisse wie zum Beispiel der Schlaf negativ beeinflusst und nur in seltenen Fällen komplett befriedigt. Bedingt durch die vorherrschende COVID-19-Pandemie wird auf der nächsten Ebene das Sicherheitsbedürfnis negativ beeinflusst. Im stationären Setting sowie in der Arbeit mit Menschen liegt aktuell immer das Risiko vor, sich mit gesundheitsschädlichen Viren und Bakterien, konkret mit dem Corona-Virus, zu infizieren beziehungsweise den immungeschwächten Patienten durch eine unwissentliche Corona-Infektion anzustecken. Durch den Appell der Politik, seine Kontakte zu reduzieren, um das Infektionsgeschehen nicht weiter voranzutreiben, wird die Ebene der sozialen Bedürfnisse negativ indoktriniert. Die letzte Ebene der Bedürfnispyramide, welche zu den Defizitbedürfnissen gehört, ist die Individualebene, bei der das Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung im Vordergrund steht. Die geringe Anerkennung der Berufe im Gesundheitssystem sowie die niedrige Bezahlung, hat einen negativen Einfluss auf die Befriedigung der Bedürfnisse dieser Ebene. Aus dieser Analyse kristallisiert sich die Wichtigkeit einer Reform der Gesundheitsberufe heraus und bildet die Basis für eine konkretere Untersuchung der Bedürfnisse der examinierten Pflegekräfte auf der Frühgeborenenstation und des Perinatalzentrums.
Das Belastungs-Beanspruchungs-Modell entspringt der Arbeitspsychologie (vgl. Wieland 2013). Das Modell kann reizorientierten sowie situationsorientierten Modellen zugeordnet werden. Im Fokus dieses Modells steht die psychische Belastung als Wirkung und die psychische Beanspruchung als Veränderung. Der Terminus Stress ist nicht Grundlage dieses Modells. Unter psychischer Belastung versteht man die Gesamtheit aller erfassbaren Stimuli, welche extern auf ein Individuum einwirken und eine psychische Reaktion hervorrufen. Die Reaktion des Individuums auf die psychische Belastung ist die psychische Beanspruchung. Diese ist unter anderem abhängig von der Resilienz und den Ressourcen einer Person. Dadurch können eine psychische Belastung bei verschiedenen Menschen zu unterschiedlichen psychischen Beanspruchungen führen (vgl. VBG - Ergonomie-Norm DIN EN ISO 6385, 2022).
Abbildung 2 Belastungs-Beanspruchungs-Modell
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an DIN EN ISO 6385, Belastungs-Beanspruchungs-Modell, 2016
Psychische Belastung und Beanspruchung wird von der Norm DIN EN ISO 10075 eingeordnet. Diese Norm dient dazu, in der Arbeitswelt eine Verständnisgrundlage zu schaffen. Die Arbeitsgruppe des Internationalen Normenausschusses Ergonomie (ISO TC 159) erarbeitete die Norm ISO 10075 mit dem Titel „Ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastung“ für die Arbeitswelt. Zunächst gilt es die Begriffe psychische Belastung und psychische Beanspruchung zu unterscheiden. Psychische Belastung kann definiert werden als die Gesamtheit aller Einflüsse, die von außen auf ein Individuum treffen und psychisch auf ihn einwirken (vgl. VBG - Ergonomie-Norm DIN EN ISO 6385, 2022)
Einflüsse, die auf einen Menschen im Arbeitskontext zukommen, ergeben sich aus den Bedingungen, auf denen die Tätigkeit basiert. Arbeitsbedingungen kann man in verschiedene Gruppen unterteilen. Man unterscheidet die Arbeitsaufgaben, welche die Art und Weise der Beschäftigung widerspiegeln und die Arbeitsmittel, die Arbeitsumgebung, die Arbeitsorganisation sowie den Arbeitsplatz. Unter Arbeitsmittel versteht man alle technischen Komponenten, welche am Arbeitsplatz zur Verfügung stehen. Die Arbeitsumgebung wird gebildet durch physikalische, chemische und biologische Gegebenheiten der Arbeitsumgebung. Ein Beispiel für die Arbeitsumgebung wäre zum Beispiel die Beleuchtung, der Schall und die Raumluft. Durch Regelung der Arbeitszeit sowie der Festlegung bestimmter Arbeitsabläufe entsteht der Einfluss der Arbeitsorganisation. Der zuletzt aufgeführte Punkt der Einflüsse im Arbeitskontext ist der Arbeitsplatz, welcher die unmittelbare Arbeitsumgebung des Einzelnen widerspiegelt. Diese Einflüsse wirken auf das Individuum ein und lösen psychische Vorgänge aus. Diese psychischen Vorgänge wie zum Beispiel Denken, Erinnern und Empfinden können durch die zuvor aufgeführten Einflüsse ausgelöst werden, aber auch durch andere Einflüsse wie beispielsweise das Wetter. Die psychische Beanspruchung ist das unmittelbare Resultat der psychischen Belastung des Individuums unter Berücksichtigung der Resilienz des Individuums sowie der individuellen Bewältigungsstrategien. Zu den individuellen Voraussetzungen gehören psychische Voraussetzungen wie Erfahrungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, aber auch andere Voraussetzungen wie die physische Konstitution und der Gesundheitszustand. Diese Voraussetzungen sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich, was dazu führt, dass jedes Individuum Situationen anders wahrnimmt und anders mit diesen umgehen kann. Individuelle Bewältigungsstrategien ermöglichen es, Hindernisse und Schwierigkeiten abzubauen und Probleme lösen zu können. Stärke und Kontinuität einer Belastung ist maßgeblich für die Ausprägung einer psychischen Belastung verantwortlich. Diese psychische Beanspruchung kann sich in Form von psychischen und physischen kurzfristigen Beanspruchungen äußern. Eine kurzfristige Beanspruchung kann zu einer Anregung sowie zur Aktivierung des Individuums im Arbeitsumfeld führen, jedoch auch Beeinträchtigungen mit sich ziehen. Diese Beeinträchtigungen können sich beispielsweise in Ermüdungszuständen und Stress zeigen. Findet die Beanspruchung über eine längere Zeitperiode statt, kann es zu allgemein vorliegenden psychosomatischen Störungen wie Verdauungsproblemen, Kopfschmerzen oder Herzbeschwerden kommen. Zusätzlich können die Beeinträchtigungen Burnout, Fluktuation oder Frühverrentung zu bereits vorliegenden Symptomen hinzukommen (vgl. Joiko et al. 2010).
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