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Bachelorarbeit, 2022
47 Seiten, Note: 1,7
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Voruberlegungen zum intermedialen Vergleich von Flamenca und ElMal Querer
2.1 Deutung des Begriffs Intermedialitat nach Werner Wolf
2.1.1 Plurimedialitat und explizite Referenz
2.2 Die kontextbezogene Popmusik
2.2.1 Kulturhistorische Einordnung der spanischen Popmusik und der Kunstlerin Rosalia .
2.2.2 Der genreubergreifende Musikstil in ElMal Querer
2.3 Der christliche Glaube des Mittelalters im Kontext der Frau
2.3.1 Das christliche Frauenbild im Mittelalter
2.3.2 Die Ehe im Mittelalter
2.3.3 Die ewige Jungfrau Maria
2.4 Darstellung christlicher Ikonen in der Popmusik
2.5 Feminismus im kulturhistorischen Kontext des Mittelalters und dem 21. Jahrhundert
2.5.1 Feministische Ansatze im Mittelalter
2.5.2 Der aktuelle Feminismus in Spanien
2.5.3 Rosalia im Kontext des feministischen Handelns
3. Intermedialer Vergleicher von Flamenca und ElMal Querer
3.1 Narrativitat im Roman und Popalbum
3.1.1 Textstruktur
3.1.2 Handlung und Thema
3.1.3 Erzahlperspektive und Figuren
3.2 Patriarchale und feministische Strukturen in den Narrativen
3.2.1 Die Figur Archambaut im Vergleich zu ElMal Querer
3.2.2 Die Figur Flamenca im Vergleich zu ElMal Querer
3.3 Visualisierung von Emanzipation und Glauben anhand der Liedcover
4. Ergebnisse des durchgefuhrten intermedialen Vergleichs
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 2: Die Jungfrau Maria
Abbildung 1: AlbumcoverEl Mai Querer
Abbildung 4: Que no saiga la luna
Abbildung 3: Malamente
Abbildung 6: De aqui no sales
Abbildung 5: Pienso en tu mira
Abbildung 7: Reniego
Abbildung 8: Preso
Abbildung 9: Maldicion
Abbildung 10:A ningun hombre
Abbildung 11:E1 Mai Querer
Anmerkung der Redaktion: DieAbbildungen warden aus urheberrechtlichen Grunden entfernt.
Was hat Popmusik mit einer mittelalterlichen Liebesgeschichte zu tun? In diesem Fall erstreckt sich der Zusammenhang auf ein ganzes Musikalbum. Am 2. November 2018 veroffentlichte die spanische Kunstlerin Rosalia ihr zweites Album El Mai Querer. Ein Konzeptalbum, welches anfanglich ein Abschlussprojekt ihrer Studienzeit darstellte, entwickelt sich zu einem der erfolgreichsten Alben Spaniens, wurde mit 2 Grammy Auszeichnungen sowie weiteren Preisen belohnt und bringt experimentellen Flamenco-Gesang in Verbindung mit Popmusik. El Mai Querer ist nicht nur ein Popalbum, sondem verbirgt ein hohes MaB an literarischen Einflussen, die hierbei von einem mittelalterlichen Liebesroman stammen. Flamenca, ein okzitanischer Versepos des 13. Jahrhunderts, beinhaltet eine Liebesgeschichte mit einer Dreieckskonstellation aus der Figur Flamenca, ihrem Ehemann Archambaut und dem Liebhaber Guillermo de Nevers. Anton M. Espadaler ubersetzte ihn 2015 zuerst ins Katalanische, spater in eine spanischsprachige Version und wandelte den ursprunglichen Versepos in einen Roman um. Der subversive Inhalt uber Liebe, Eifersucht, geschlechterspezifische Gewalt, christlicher Glaube und Eigenermachtigung des weiblichen Geschlechts, blieb von der mittelalterlichen Inquisition nicht verschont und tauchte erst im 19. Jahrhundert mit fehlendem Deckblatt und Ende wieder auf, was dazu fuhrte, dass kein Autor identifiziert werden konnte. Es ist eine Geschichte, die ihrem Zeitalter hinsichtlich der Themen Liebe und Ehe, Sex und Sunde sowie Freiheit und Emanzipation der Frau weit voraus zu sein scheint und eine Aktualitat besitzt, die in neuen Ideen, wie dem Album El Mai Querer von Rosalia, aufleben kann. Aus diesem Grund bezieht sich diese Arbeit auf die Parallelitat zwischen Flamenca und ElMal Querer, die anhand eines intermedialen Vergleichs aufgezeigt werden soil. Hierfur sollen einige Voruberlegungen bezuglich der Intermedialitat und Einordnung der Popmusik auch im Zusammenhang mit El Mai Querer als erstes erlautert werden. AnschlieBend ist es wichtig, die christlich-patriarchale Gesellschaftsordnung des Mittelalters anhand des weiblichen Geschlechts und seiner Problematiken in der Ehe zu beleuchten, um danach einen Einblick in feministische Strukturen des mittelalterlichen Zeitalters zu bekommen. Daraufhin folgt ein letzter Diskurs uber den aktuellen Feminismus in Spanien und seinem Bezug zur Kunstlerin Rosalia. SchlieBlich soil im intermedialen Vergleich anhand von drei unterteilten Kapiteln, die Parallelitat der beiden Werke auf textlicher, musikalischer und bildlicher Ebene erfolgen. Als erstes geschieht dies anhand der Narrativitat der Medien, zweitens durch einen Vergleich von patriarchalen und feministischen Strukturen in Roman und Popalbum innerhalb der Texte und musikalischen Ausarbeitung. Zuletzt begibt sich der intermediate Vergleichen auf die bildliche Ebene und zeigt die Parallelen von Emanzipation und Glaube anhand von exemplarisch ausgewahlten Bildcovern des Popalbums auf. Eine Zusammenfassung der durchgefuhrten Methode soil den Abschluss der Arbeit bilden.
Bei einem Vergleich zwischen einer literarischen Liebesgeschichte aus dem Mittelalter und einem popmusikalischen Album des 21. Jahrhunderts, konnte sich ein Vergleich in Bezug auf die Intertextualitat erahnen lassen. Jedoch soil in dieser Arbeit ein Vergleich zwischen den Medien der Literatur, Musik und des Bildes stattfinden, ein intermedialer Vergleich, der Mithilfe der Defmitionen und Ausarbeitungen Werner Wolfs begrundet werden. Beginnend mit seiner Unterscheidung von Intertextualitat und Intermedialitat, ergibt sich ein entscheidender Kontrast. Wahrend die Intertextualitat sich lediglich auf den Kontakt zwischen einem oder mehreren (Pra-)Texten bezieht und dabei keine Beachtung auf dem Medium liegt (vgl. Wolf 2018: 4), weitet die Intermedialitat, wie schon im Namen bemerkbar, ihre Reichweite auf das gesamte Medium aus. Es liegt nun also eine Untersuchung des Kontakts “zwischen verschiedenen Medien” (ebd.: 4) vor. Eine Wichtigkeit liegt diesbezuglich auch in der Definition von einem “Medium”, welches nach Wolf (2018: 65) nicht nur “ein technisch- materiell defmierter Ubertragungskanal von Informationen [...], sondern ein konventionell im Sinne eines kognitiven/rame of reference als distinkt angesehenes Kommunikationsdispositiv” ist. In Bezug auf den vorliegenden Roman Flamenca und das musikalische Album El Mai Querer, liegt das Betrachtungsspektrum auf der Inszenierung, wie die Kunstlerin Rosalia eine Liebesgeschichte aus dem 13. Jahrhundert in seiner Gesamtheit widerspiegeln lasst. Laut Wolf (2018:6) kann diese Inszenierung “in Form von Imitation, Integration oder wenigstens Kombination” erfolgen. Inwiefern Rosalia eine Inszenierung von Flamenca geschaffen hat, soil im spateren Vergleich analysiert werden. Freilich gibt es bestimmte Voraussetzungen, die eine solche Annehmbarkeit der Inszenierung von Intermedialitat in einem gewissen Mabe definieren konnen. Musik wird in dieser Arbeit nicht nur als Text, sondern auch als Ton verstanden. Gemeint ist die Ubertragung des literarischen Textes des (Ursprungs-)Mediums {Flamenca), auf das Kontakt nehmende Medium {ElMai Querer) (vgl. ebd.: 7) in Form von Musik, Text und Bild. Es wird verglichen, wie die Liebesgeschichte der Dame Flamenca inklusive ihrer markanten Themen von Feminismus und christlich-patriarchalen Strukturen in El Mai Querer durch die Popmusik, die Liedtexte {Lyrics) und auch die Visualisierung der Liedcover referiert wurde.
Die Intermedialitat erfasst ein weites Spektrum an Untergruppen, die genauere Defmitionen von Kontakten zwischen den Medien zulassen. Innerhalb dieser Arbeit lasst sich erstens auf eine solcher Untergruppen schlieBen: die werkinteme Intermedialitat. Sie ist die “innerhalb eines Werkes oder Zeichenkomplexes nachweisbare Einzelbeziehung von mehr als einem Medium, die zu Art und Inhalt der Bedeutungsgenerierung beitragen” (ebd.: 71), was in diesem Fall die Musik, den Text und das Bild betrifft. Die werkinteme Intermedialitat teilt sich zusatzlich in die die Plurimedialitat und intermediate Referenz. Zum einen ist die Plurimedialitat bereits auf der Werkoberflache auf der Signifikantenebene erkennt bar. Das heiBt, das Popalbum beinhaltet offensichtlich die Mischung der Musik als Ton, der Texte in den Lyrics und dem Bild in der Illustration von Liedcovem, obwohl sie auch auBerhalb des Werkes als distinktive Medien fungieren (vgl.ebd.: 72). Wolf (vgl. ebd.: 72) sieht diese “Medienmischung” als Entstehung von einem Kompositmedium, welches in diesem Fall das Popalbum El Mai Querer verkorpert. Es ist moglich, dass innerhalb eines Werkes mehrere Formen von Intermedialitat auftreten konnen, wodurch der Bezug auf Flamenca eine weitere werkinteme Intermedialitat berucksichtigt. Es ergibt sich eine explizite Referenz ohne ein imitatives Verfahren, die erst sekundar durch die Interpretin Rosalia entsteht. Dies liegt an den nachtraglichen Berichterstattungen (Interviews, Zeitungsartikel, Bezugnahme Rosalias auf das Konzept des Albums). Diese Berichterstattungen konnen als “bestimmter Zweck der Sinnstiftung” (ebd.: 71) dienen, auch wenn sie nur als ein “unselbststandiger Teil in einem groBeren Ganzen” (ebd.: 74) fungieren. Sie waren unter diesen Umstanden ein Fremdmedium, welches nachtraglich als zusatzliches Referenzobjekt integriert wird (vgl. ebd.:73), um zum Kontextwissen des betreffenden Musikalbums beizutragen. Damit wird die Moglichkeit eines intermedialen Vergleichs des Kompositmediums El Mai Querer auf das sinngebende Fremdmedium des Romans Flamenca moglich.1
Das bereits oben angesprochene Zielmedium, das Musikalbum El Mai Querer enthalt weitere Herausforderungen, wie die Definition seines Genres. Absichtlich wurde bis zu diesem Zeitpunkt “nur” von einem Musikalbum gesprochen, um nun Voruberlegungen bezuglich einer Einordnung in die Popmusik nachzugehen. Insofern ist es interessant das Konzept Popmusik zunachst naher zu betrachten.
Die Schwierigkeit bei der Definitionsfindung von Popmusik besteht in ihrer Umstrittenheit der Terminologie, denn es gibt einen weitreichenden Unterschied zwischen den Begriffen “Populare Musik” und “Popmusik”, die nicht nur in Zeitungsartikeln oder Musikrezensionen, sondem auch in wissenschaftlichen Beitragen zeitweilig deckungsgleich verwendet werden. Diese Umstrittenheit lasst erkennen, dass eine dauerhaft abgrenzende Definition als ein Problem erscheint. Nichtsdestotrotz ist dies ein Versuch die Popmusik weitestgehend einzuordnen.
Populare Musik gibt es nicht erst seit der Formung der Kurzform “Pop”, sondern sie gait als eine Sammelbezeichnung fur die zeitlich relevanteste, eben “populare”2 Musikform und meist verkauften Titel (vgl. Huber 2005). Dies konnten in fruheren Jahrhunderten auch Opem oder die klassische Musik sein (vgl. Wicke 1992: 4). Dementsprechend umkreiste die populare Musikjegliche Genres, die injenem Moment am erfolgreichsten sind (vgl. Jhnnsgckrtz 2013). Folgend schreibt Wi> “Popmusik ist [...] nichts anderes als eine technisch rekontextualisierteMusik und somit prinzipiell jede Musikform, die einen okonomisch rentablen Verbreitungsgraderreichen kann” (Wicke 1992: 23)
Hier ergibt sich schon eine unklare Unterscheidung. Wenn in der “popularen Musik” bereits alle erfolgreichen Genres eingefasst sind und in der darunterfallenden “Popmusik” wiederum ebenfalls jegliche Musikformen enthalten sein konnen, wo ergibt sich ein Unterschied? Eine interessante Auffassung dazu konzipieren Hecken, Kleiner und Menke (vgl. 2015: 15), die die Popkultur von der Popular- bzw Massenkultur abgrenzen, da erstere starker von der jungeren Bevolkerungsgruppe, die sich als eine moderne und trendbewusste Masse bezeichnen lassen, gepragt wird. Demzufolge zahlt “Popmusik” zu der Begrifflichkeit der Popkultur, die weit mehr beinhaltet als nur den MaBstab des Erfolgs eines Liedes. Hierzu kommt der Begriff “Pop” als Kurzform, der sich in den letzten 50 Jahren unter verschiedenen Ansichten weiterentwickelt hat. Der fur den aktuellen Diskurs des Begriffs wichtige Punkt erklart Thomas Hecken (2009: 14), indem er “Pop” als einen abstrakten Oberbegriff definiert, der sich auBerhalb wissenschaftlicher Theorien definieren kann. Er betont die Wichtigkeit sich bei Forschungen uber die Popmusik einen begrifflichen Rahmen zu setzen, wie “Pop” in diesem Fall verstanden wird, da keine Einigung daruber besteht, welches Spektrum in der Begrifflichkeit einbezogen werden kann (vgl. ebd.: 15). Fur diese Arbeit wird die Popmusik neben ihren musikwissenschaftlichen Erkenntnissen auch darauf eingehen, welche nicht-musikalischen Aspekte, wie die gesellschaftliche Funktion des Themenbezugs und der Darstellung der Kunstlerin Rosalia mit auf das von einer mittelalterlichen Liebesgeschichte inspirierte Album El Mai Querer einwirken. Das heiBt, es sind nicht nur unbedingt die musikalischen Aspekte wie Melodie, Rhythmus, Takt oder Klangfarbe, die die Relevanz maBgeblich pragen. Popmusik geht heute weit uber die Musik hinaus und definiert sich durch die aktuellen popkulturellen Gegenstande und Haltungen, die in das Alltagsleben von Kunstler*innen und Rezipienten einflieBen (vgl. Hecken et al. 2015: 15-16). Deswegen kann die Popmusik nicht ohne ihren Kontext verstanden werden. Bevor spezifisch auf diese Prozesse bezuglich der Kunstlerin und ihres Albums eingegangen wird, soil eine kulturhistorische Einordnung spanischer Popmusik stattfinden.
Spater als in GroBbritannien und den USA verbreitete sich das Phanomen der popkulturellen Entwicklung erst Ende der Siebziger Jahre auf der iberischen Halbinsel. Ausschlaggebend dafur war die madrilenische “Movida”, eine popkulturelle Bewegung, die um 1978 begann. Im Zwanzigsten Jahrhundert waren also die Achtziger Jahre ein “goldenes Zeitalter der spanischen Popmusik” (Bermudez, Perez 2009). Der Grund fur den spateren Beginn zeichnete sich am Franco-Regime ab, welches Spanien wirtschaftlich nicht unbedingt einen Fortschritt brachte. Jedoch konnte sich die junge Generation erholen und formte sich durch die neuen politischen bzw. wirtschaftlichen Aussichten und der gleichzeitigen aufstrebenden englischsprachigen Popmusik zu einer Bewegung, die von kunstlerischen und intellektuellen Gruppen angefuhrt wurde (vgl. Rodriguez 2005: 14 f.). Die bereits oben angesprochene “hippe” Jugendkultur konnte sich nun mit den Pop Trends aus anderen Landern vernetzen (vgl. ebd.: 16) und formte ihre ganz eigene kontextbasierte Popmusik. In diesem Fall befand sich der Kontext vor allem in der politischen und wirtschaftlichen Natur. Die rebellischen Einflusse des Punk ebneten einen Trend zu politisch, meist regionalen musikalischen Trends, die in spanischsprachigen Rockliedern wiedergegeben wurden (vgl. ebd.: 46)3. Durch die “Movida” ereignete sich auch eine Wechselwirkung zwischen der “Popmusik” und der “Popularmusik”, da Musiker*innen auch einen kommerziellen Erfolg im Sinne des popularen erreichen konnten und sich dies auf die popkulturelle Musik auswirkte (vgl. ebd.). Demzufolge konnten in der Popkultur “trendige” Kunstler*innen bzw. Lieder schnell zu massenkulturellen Gegenstanden werden, wodurch die Popkultur immer wieder neue Trends entwickelte. Zwar lasst sich das Konzept der “Movida” in der heutigen Popmusik nicht mehr wiederfinden, es konntejedoch einen gewissen Einfluss auf die derzeitige Musikkultur nehmen.
Nun kann auch das Beispiel von Rosalia angesprochen werden. Die katalanische Kunstlerin war zunachst mit ihrem ersten Album “Los Angeles” nicht unbedingt in popularen4 Spharen zu finden. Auch mit dem zweiten Album im Jahr 2018, was Gegenstand dieser Arbeit ist, war nicht ElMal Querer an sich der Sprung in die populare Musiklandschaft. Erst durch die nach gegangene Medienprasenz und Kritik im Zusammenhang mit den darauffolgenden massentauglicheren Kollaborationen mit Kunstlern wie J Balvin und The Weekend, lasst sich die Musik Rosalias in der Popularmusik verordnen. Der MaBstab dieser Arbeit soil sichjedoch auf den Moment von ElMal Querer beschranken und die Medienprasenz mit einbeziehen, die Vergleiche und Hinweise zum Flamenca Roman offenbarten. Gemeint sind die fur die Popmusik wichtigen Anhaltspunkte der im Kontext stehenden Liebesgeschichte, ihre Themen und die Darstellung mittels der Kunstlerin selbst oder andernfalls popkultureller Medien.
Wir bereits festgestellt werden konnte, fallt unter die Popmusik jedes erdenkliche Genre der Musik. Trotz des wichtigen gesellschaftskulturellen Kontextes fur das Album El Mai Querer, sollen fur den spateren intermedialen Vergleich, besonders die ubertragenen Themen von Flamenca durch die Melodien, Gesange, Texte und Visualisierungen in den Liedern hervorhebt, eine theoretische Voruberlegung bezuglich dem “Genre” Pop allgemein und seiner Vermischung vorausgehen. Wenn es moglich ist, die meisten Genres in die Popmusik zu integrieren, kann die Popmusik dann als ein eigenes Genre angesehen werden? Interessanterweise werden Popmusikalben unter anderem auch mit einem innerhalb der Lieder dominierendem Musikstil angegeben, wie etwa El Mai Querer auch teilweise als PopFlamenco Album auftritt. Es scheint, als ob die Popmusik an sich als kein eigenes Genre im engeren Sinn begriffen werden kann, sondern die Zusammensetzung aus im engeren Sinn verstehenden Genres wie Jazz, Folk oder Rap zu sein scheint, je nachdem was popkulturell gefragt ist. Wagner spricht davon, dass Genre Festlegungen auch unter dem Einfluss der Musikindustrie stehen, was zwar nicht heibt, dass ein Lied oder Album homogen im Kontext eines Genres sein muss, Plattenlabels aber einen Einfluss auf den Entstehungsprozesses musikalischer Werke haben konnen (vgl. Wagner 2007: 28). Im Fall von El Mai Querer trifft dies aber nicht zu. Rosalia betont eigens erst 3 Monate vor Veroffentlichung einen Label- Vertrag mit der Firma SONY eingegangen zu sein und wurde im kreativen Prozess diesbezuglich nicht beeinflusst (vgl. Europa Press 2018). Sie beantwortete Fragen angesichts einer Genre-Einordnung des Albums immer mit grenzuberschreitenden Genre-Einflussen5, die von Flamenco uber jamaikanische, afrikanische und elektronische Musik, bis hin zum Pop reichen (vgl. NyD Entretenimiento 2018). Nach der zuvor versuchten Einordnung von Popmusik scheint die Kunstlerin “Pop” im Sinne eines Genres, vergleichend mit den wissenschaftlichen Ansatzen ebenfalls nicht unbedingt “richtig” zu benutzen. Da es im komplexen Fall der Popmusik anmabend ware in “richtig” oder “falsch” einzuordnen, wird versucht konsensfahige Ursachen fur eine Einordnung des Pops6 als ein im engeren Sinne verstandenes Genre aufzuzeigen. Hierzu stellt Wagner auch fest, dass Pop als eine “Musik, die in ihrem Klangbild kein Extrem darstellt, [...]” (Wagner 2007: 14) verstanden werden kann. Besser gesagt mischt Pop seine im engeren Sinn verstandenen Genres, sodass sie in keine musikalischen Extreme abtreten. Ebenfalls werden bestimmte Instrumente wie der Synthesizer, Gesang, das E-Piano oder der Bass als Anhaltspunkt fur eine Genre-Einordnung benutzt. Gleichwohl finden diese sich auch in im engeren Sinne gefassten Genres wie EDM oder RnB wieder. El Mai Querer erweist sich als besondere Schwierigkeit bezogen auf die Einordnung in die Popmusik, da die unterschiedlichen Lieder einer immensen experimentellen Konzipierung innewohnen, wie zum Beispiel das Lied M ningun hombre (Cap. 11: Coder)". das letzte Lied im Album. Hier nutzt Rosalia nur ihre Stimme als Gesang und eine Art Background-Untermalung. Das minimalistische und gleichzeitig experimentelle Lied lasst sich in keinen Kontext eines Genres einordnen. “Pienso en tu mira (Cap.3: Celos)” folgt ebenfalls keiner Struktur eines Popsongs (vgl. Altozano 2018: 13:12).
Des weiteren enthalt das Album einen musikalischen roten Faden: das Genre Flamenco. Typische Elemente der Flamenco-Musik auBern sich, erstens, in den Palmas, die den Rhythmus des Liedes angeben und durch taktvolles Klatschen der Hande zur Geltung kommen (vgl. El Palacio Andaluz 2019). In den Liedem, in denen Rosalias Stimme nicht nur alleinstehend fur den gesamten musikalischen Raum verantwortlich ist7, wird der Takt immer durch Palmas vorgegeben.8 Zweitens und im gesamten Album im Vordergrund stehend, muss der Gesang genannt werden. Die Kunstlerin selbst ordnet den Gesang bzw. ihre Stimme als das wichtigste und an erster Stelle stehende Element des Albums ein (vgl. Europa Press 2018). Sie baut verschiedene Flamenco-typische Gesange wie Bulerias, die Seguiriyas und Nana ein. Je nach Thema bzw. Stimmung des einzelnen Liedes andert sich auch der Palo9.
Wie kann ein Musikalbum, welches sich maBgebend uber den experimentellen Einfluss von Flamenco definiert und dieser weder national noch international groBe Beachtung in der Popmusik als Genre bekam, den Weg in die popkulturellen Spharen und auch nach Veroffentlichung einen Eintritt in die populare Musik schaffen? 1st das “Genre Pop” dann ein angebrachter Begriff fur El Mai Querer? Um eine Antwort geben zu konnen, eignen sich die popkulturellen Medien fur eine Einschatzung. Billboard, eines der wichtigsten OnlineMagazine fur Musik schreibt: “Rosalia has so quickly earned her pop-star status that it might surprise some that El Mai Querer sounds so flamenco” (Cantor-Navas 2018). Auf ihrer biografischen Website wird zitiert: “Rosalia is a complicated genius...El Mai Querer is a boundary-breaking modern masterpiece...that has resonated like a shockwave...it stands out from virtually everything else on the global pop landscape” (Rosalia Bio o.D. ). Sie wird als eine Kunstlerin beschrieben, die den “Flamenco in die hochsten Spharen der Popmusik” (Schepers 2019) brachte. Andererseits findet sie sich bei ihrem Musiklabel SONY nur unter Flamenco kann zwar in der popularen Musik erfolgreich gewesen sein, doch genoss nicht den Trend in der popkulturellen Szene, wie auch am Beispiel der “Movida” in Madrid erkennbar ist.
[...]
1 Wolf (2018: 38) weist darauf hin, dass in Einzelfallen (in diesem Fall Roman und Popalbum) die Kombination von intermedialen Bezugen sehr wohl vorkommen kann und von derjeweiligen Interpretation anhangig ist.
2 Der Begriff “popular” zeigt sich in einer gleichzeitigen Paradoxitat, bei dem zum einen fur die Bevolkerung beliebte Werke gemeint sind, parallel dazu aber auch ein minderwertiger, eben fur die breite Masse konzipierter, nicht hochkultureller oder intellektueller Wert dadurch entsteht (vgl. Kuhn, Troschitz: 2017).
3 Eine beispielhafte Kunstlerin dieser Bewegung lasst sich in Alaska finden, die den politischen Wandel in der spanischen Gesellschaft zum Ausdruck brachte.
4 Die Schwierigkeit zu entscheiden wann ein Werk als “popular” gelten kann, hangt vomjeweiligen Kontext der Person ab und kann nicht in eine Zahl gefasst werden (vgl. Kuhn et.al.: 2017: 24).
5 In der Analyse von Jaime Altozano, die im praktischen Teil wichtig sein wird, wird ebenfalls von keiner Moglichkeit der Genrezuordnung gesprochen, da Lieder nicht immer ein “Pure Genre” sind (Altozando 2018: 8:41).
6 Im Kontext dieser Arbeit wird “Pop” im direkten Zusammenhang mit Musik als Kurzform fur Popmusik verwendet.
7 Ausnahmen bilden “Reniego (Cap. 5: Lamento) durch seine Untermalung von Streichinstrumenten und “Preso (Cap. 6: Clausura) durch seine Besonderheit einer Textpassage der Kunstlerin Rossy de Palma.
8 Betreffende Lieder: Malamente (Cap. 1: Augurio); Que no saiga la luna (Cap. 2: Boda); Pienso en tu mira (Cap. 3: Celos); De aqui no sales (Cap. 4: Disputa); Bagdad (Cap. 7: Liturgia); Di mi nombre (Cap. 8: Extasis); Maldicion(Cap. 10: Cordura)
9 Als Palo bezeichnet, wird die Terminologie der unterschiedlichen Flamenco-Stile (vgl. Cuna del Flamenco 2019).
Diplomarbeit, 68 Seiten
Diplomarbeit, 68 Seiten
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