Diplomarbeit, 2006
65 Seiten, Note: 1,0
Abbildungsverzeichnis
Abkurzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffserklarung und Merkmale von Technologie-Unternehmen
2.1 Definition und Unterteilung von Technologie-Unternehmen
2.2 Besonderheiten von Technologie-Unternehmen
3. Darstellung und kritische Wurdigung der einzelnen Methoden zur Unternehmensbewertung unter dem Aspekt des Bewertungsobjekts
3.1 Ubersicht und Klassifizierung der Methoden
3.2 Vergangenheitsorientierte Verfahren
3.2.1 Substanzwertverfahren
3.2.2 Mittelwert-/Obergewinnverfahren
3.3 Zukunftserfolgswertoriertierte Verfahren
3.3.1 Ertragswertverfahren
3.3.2 Discounted-Cashflow-Verfahren
3.4 Neuere Ansatze
3.4.1 Multiplikatorverfahren
3.4.2 Realoptionsansatz
4. Besonderheiten bei der Bewertung von Technologie-Unternehmen
4.1 Ermittlung der bewertungsrelevanten Uberschusse
4.2 Ermittlung der risikoangepassten Kalkulationszinssatze
5. Beispielbewertung anhand eines TecDAX-Unternehmens
5.1 Oberblick
5.2 Bewertung
5.3 Interpretation der Ergebnisse
6. Zusammenfassung und Schlussbetrachtung
Anhang mit Anhangsverzeichnis
Verzeichnis der Gesetze und Rechnungslegungsnormen
Verzeichnis der Internetquellen
Literaturverzeichnis
Schriftliche Versicherung
Abb. 1: Wettbewerbsbedeutung von Technologien auf der Basis des Lebens- zykluskonzeptes
Abb. 2: Uberblick uber die Bewertungsverfahren
Abb. 3: Systematisierung verschiedener Discounted-Cashflow-Ansatze
Abb. 4: Darstellung eines binomialen Preisbaumes
Abb. 5: Bewertungszeitraum and Phasenorientierung der Bewertung
Abb. 6: Technologiewechsel anhand des S-Kurven-Modells
Abb. 7: Technologie-Portfolio
Abb. 8: Berechnung der Kalkulationszinssatze
Abb. 9: Berechnung der Barwerte
Abb. 10: Berechnung der Fundamentalwerte
Abb. 11: Berechnung der vergangenen KGV-Werte
Abb. 12: Hochrechnung der Prognosewerte Ober die ermittelten KGV-Werte
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
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Die vorliegende Arbeit beschaftigt sich mit der Unternehmensbewertung von Tech-nologie-Unternehmen.
In einem ersten Schritt wird nach einer Begriffsklarung und einer Klassifizierung der Unternehmen auf die Besonderheiten von Technologie-Unternehmen einge-gangen. Dabei werden u.a. auch die Probleme zur Abgrenzung gegentiber ande-ren bewertungsproblematischen Typen behandelt, z.B. jungen Unternehmen.
Anschlieflend werden die Grundlagen der Unternehmensbewertung sowie die ein-zelnen Bewertungsansatze dargestellt, und jeweils konkret auf ihre Praxistauglich-keit bei der Bewertung von Technologie-Unternehmen hin untersucht. Darauf fol-gend wird auf die Besonderheiten bei der Bestimmung von Zukunftserfolgen ein-gegangen sowie auch den dabei entstehenden Problemen bei der Ermittlung der bewertungsrelevanten OberschOsse als auch der risikoangepassten Kalkulations-zinssatze, die bei der Bewertung von Technologie-Unternehmen auftreten konnen.
Zur Abrundung dieser Arbeit wird schliefIlich noch eine Beispielbewertung eines bekannten Technologie-Unternehmens, der im TecDAX1 notierten SolarWorld AG, vorgenommen. Dabei wird der ermittelte Fundamentalwert der Aktie mit den aktu-ellen Kursverlaufen verglichen.
Die Auseinandersetzung mit diesem Thema erfolgt erstens zur Klarung der aktuel-len Bewertungsproblematik von Technologie-Unternehmen, und zweitens zur Be-antwortung der Frage, ob auf dem Gebiet der Unternehmensbewertung von Tech-nologie-Unternehmen besondere bzw. abweichende Erkenntnisse gegentiber der Bewertung von anderen Unternehmenstypen vorliegen.
Der Begriff "Technologie-Unternehmen" stellt eine Kombination zweier selbststan-diger Wailer dar: Technologie und Unternehmen.
Technologie ist ein Anglizismus des englischen Ausdrucks "technology", wobei diese Ubersetzung eigentlich "Technik" bedeutet, jedoch mit "Technologie" Ober-setzt wurde2. Technologie-Unternehmen sind somit Unternehmen mit einer hohen Technologierelevanz3. Fur diese Gruppe von Unternehmen ist es besonders relevant, dass sie ihre Produktionsprozesse auf einem hohen technischen Niveau ausuben bzw. neue Anwendungsfelder dieser Technologien erschlieflen. Eine Vernachlassigung fOhrt hier sehr rasch zum Scheitern, wie in der Geschichte des Maschinenbaus erkennbar ist4.
Die Sparten, in denen Technologie-Unternehmen tatig sind, konnen dabei in meh-rere Untergruppen gegliedert werden5:
a, Software
b, Telekommunikation
c, Neue Medien / E-Commerce / Internet
d, Neue Materialien
e, Nanotechnologie
f, Medizintechnik / Biotechnologie
Technologie-Unternehmen sind zunachst einmal abzugrenzen von Wachstums-Unternehmen. Unter Wachstumsunternehmen wiederum versteht man Unterneh-men, die Ober einen langeren Zeitraum Oberdurchschnittlich stark und aus eigener Kraft, also organischem Wachstum6, grOßer werden7. Dabei wird dieses Wachs-turn meist anhand der Kriterien Umsatz, Bilanzsumme, Gewinn oder auch Mitar-beiter gemessen. Fur die Abgrenzung eines Wachstumsunternehmens gegenOber anderen erscheint die Frage der Wachstumsrate von zentraler Bedeutung: ein Wachstumsunternehmen sorgt selbst fur sein Wachstum, und verdankt sein Wachstum nicht einem stark wachsenden Markt, in dem es sich befindet8. Gegen-Ober den Technologie-Unternehmen bleibt dabei folgendes festzuhalten: Techno-logie-Unternehmen konnen Wachstumsunternehmen sein, jedoch ist dies keine zwingende Voraussetzung fur ein Technologie-Unternehmen.
Des Weiteren ist eine Abgrenzung gegenOber jungen Unternehmen notwendig: junge Unternehmen weisen eine relativ kurze rechtliche und wirtschaftliche Exis-tenz auf und befinden sich meist noch in der Ingangsetzungs- und Aufbauphase9. Sie weisen jedoch zu den etablierten, alteren Firmen vielfach neue Geschaftsmo-delle auf, die meist auch mit einem relativ hohen Risiko behaftet sind. Dieses Risi-ko resultiert aus der Instabilitat und hohen Dynamik der Markte, auf denen sie tatig sind10. Des Weiteren sind aufgrund der kurzen bisherigen Existenz keine oder nur wenige Daten Ober vergangene Geschaftstatigkeiten und ebenso nur ein unter-entwickeltes Planungs- und Rechnungswesen vorhanden. Insgesamt betrachtet weisen junge Unternehmen gegenOber den etablierten und reiferen Unternehmen ein erheblich hoheres Geschaftsrisiko auf11. Auch hier gilt, dass Technologie-Unternehmen durchaus junge Unternehmen sein keinnen, jedoch ist dies wieder-urn keine Voraussetzung fur ein Technologie-Unternehmen.
Es gibt somit Uberschneidungen zwischen Technologie-Unternehmen, Wachs-tumsunternehmen und jungen Unternehmen. In dieser Arbeit wird jedoch speziell die Gruppe der Technologie-Unternehmen betrachtet.
Fur die Unternehmensbewertung ist die Bestimmung eines objektiven Wertes von zentraler Bedeutung. Genau dieser Wert jedoch stellt die Problematik bei der Be-wertung von Technologie-Unternehmen dar, da hier eine Iangfristige Prognose aus verschiedenen Grunden fur diese Unternehmen besonders schwierig ist12.
Durch die fortschreitende technische Entwicklung erhOht sich auch die Komplexitat der Technologie. Zusammen mit einer steigenden Vernetzung unterschiedlicher Wissenschafts- und Anwendungsgebiete wird eine plausible, belastbare Prognose von zukunftigen Zahlungsstromen stark erschwert13. Hinzu kommt schliefIlich noch die generelle Ungewissheit Ober zukunftige Marktentwicklungen sowie zunehmen-der Konkurrenz.
Ein weiteres Merkmal der Technologie-Unternehmen stellt der Oberdurchschnitt-lich hohe Anteil von Aufwendungen fur Forschung und Entwicklung dar, verbun-den mit einem Oberdurchschnittlich hohen Anteil von F&E-Mitarbeitern und einer in der Regel sehr guten Ausstattung der Labor- und Entwicklungstechnik14. Diese Aufwendungen fur Forschung und Entwicklung werden dabei haufig aufgrund feh-lender Ansatzrechte15 nicht in der Bilanz aktiviert, sondern direkt als Aufwand und damit ergebnismindernd in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst.
DarOberhinaus unterteilt man die verwendeten Technologien meist in drei ver-schiedene Gruppen: in Schrittmacher-, Schlussel- und Basistechnologien16. In Ab-hangigkeit des moglichen erreichbaren Wettbewerbspotentials als auch des ent-sprechenden Alters der betrachteten Technologie erfolgt die Einteilung in eine die-ser drei Gruppen. Dabei versteht man unter einer Schrittmachertechnologie eine sich noch in der Entstehung befindliche, neue und innovative Technologie, die je-doch ein grofles Wettbewerbspotential entwickeln kOnnte. Wenn die Technologie hingegen bereits erfoigreich am Markt eingesetzt wird, bezeichnet man diese dann als SchlUsseltechnologie. In dieser Phase dient die Technologie fur die sie an-wendenden Unternehmen als Basis zur Realisierung eines technoiogischen Vor-sprungs. Wenn in einem spateren Entwicklungsstadium dieser Technologie allge-mein verfOgbar ist, und far die einzelnen Unternehmen somit auch keine weitere Moglichkeit zur technologischen Unterscheidung ihrer Produkte besteht, bezeich-net man diese Technologie schlieglich als Basistechnologie. Gelegentlich wird in der Literatur auch von einer vierten Phase, der Degenerationsphase gespro-chen17: dies betrifft eine Technologie, die zwar noch eingesetzt wird, jedoch mehr und mehr durch neue Technologien ersetzt wird. Da diese Degenerationsphase jedoch nicht zwangslaufig ist, d.h. nicht jede Technologie zwangslaufig nach einer bestimmten Zeit wieder vom Markt verschwindet, sondern ggf. weiterentwickelt wird, steilt das Drei-Phasen-Modell das klassische Modell und das Vier-Phasen-Modell eine Erweiterung in bestimmten Fallen dar18.
Im Folgenden wird die Bedeutung der verschiedenen Technologien im Zyklenver-lauf nochmals graphisch dargestellt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Wettbewerbsbedeutung von Technologien auf der Basis des Lebenszykluskonzeptes (in Anlehnung an: KNECHT, T. (2003), S. 80)
Technologie-Unternehmen agieren meist in Markten, die sich noch am Anfang ihres Industrielebenszyklus befinden, und damit ein hohes Wachstums- und Wert-steigerungspotenzial aufweisen19. Dabei ist der Break-Even-Point, d.h. das Uber-steigen der Kosten durch die Erlose, meist noch nicht erreicht.
Folglich sind bei der Bewertung dieser Unternehmensgruppe auch einige Proble-me anzutreffen: das Marktpotenzial bzw. der mogliche Marktanteil kann nur ge-schatzt und nicht von existierenden Markten abgeleitet werden. Zudem wird durch den voraussichtlichen Produktlebenszyklus und darauf aufbauend einer moglichen Umsatzentwicklung ein zukunftiger Ertrag ermittelt, der jedoch aufgrund der Schwankungsbreiten in den Prognosen ebenfalls nur vage sein kann, d.h. mit ei-nem hOheren Risiko verbunden ist. Die Qualitat einer Bewertung hangt somit di-rekt von der Qualitat der zur Verfugung stehenden Prognosedaten ab.
Das folgende Kapital stellt einen kurzen Streifzug der moglichen Methoden, die in der Literatur erortert werden, dar.
Bei der Bewertung von Unternehmen wird zwischen dem Wert und dem Preis ei-nes Unternehmens unterschieden:
Der Begriff "Wert" basiert auf der Grenznutzentheorie und ist auch ohne Handel vorhanden20. Dabei wird der Wert durch die Nutzenpraferenz des Betrachters be-stimmt, und erweist sich als subjektiv21. Der Unternehmenswert als Resultat eines Bewertungsprozesses bewegt sich aufgrund der Anwendung verschiedener Be-wertungsmethoden in einem Intervall.
Vom Wert abzugrenzen ist der Preis eines Unternehmens. Er ergibt sich durch Angebot und Nachfrage22. Die Abweichung des Preises vom Wert hangt von ver-schiedenen Einflussfaktoren ab23: den Preisuntergrenzen des Verkaufers, der An-zahl der potentiellen Kaufer sowie deren Preisobergrenzen, der Dringlichkeit der Transaktion, dem Bewertungsanlass, der Lebensphase und der Einzigartigkeit des Geschaftsfeldes des zu bewertenden Unternehmens und der Verhandlungsstarke der beteiligten Parteien24.
Bei der Ermittlung des Preises ist der eben angeftihrte Anlass, aufgrund dessen die Bewertung vorgenommen wird, von besonderer Bedeutung. Man unterscheidet hier meist Anlasse mit und ohne EigentUmerwechsel oder aber auch zwischen rechtlich geregelten Anlassen, wie z.B. der Wertfindung bei Ausscheiden eines Gesellschafters, und privatvertraglichen Anlassen, wie. z.B. dem Verkauf des Un- ternehmens, oder der Emissionspreisfindung beim Gang an die BOrse, dem sog. Going Public25.
Folgendes Schaubild zeigt einen Uberblick Ober die wichtigsten Bewertungsme-thoden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Uberblick Ober die Bewertungsverfahren (in Anlehnung an: COENENBERG, A. G. / SCHULTZE, W. (2002), S. 601; BALL- WIESER, W. (2004), S.8; ACHLEITNER, A.-K. / NATHUSIUS, E. (2004), S. 95)
Haufig findet man in der Literatur eine Abgrenzung der verschiedenen Bewer-tungsverfahren in Einzel- und Gesamtbewertungsverfahren26. Jedoch kann eine entsprechende Unterteilung auch in retrospektiv und prospektiv orientierte Verfah-ren vorgenommen werden, wie dies in der obigen Abbildung erfolgte.
Das Substanzwertverfahren wird hierbei als retrospektiv, d.h. vergangenheits-orientiertes Verfahren dargestellt, da es primal auf rechnungswesenbasierenden Daten beruht. Die Zukunftserfolgswert-, Realoptions- und Vergleichswertverfahren werden den prospektiven, d.h. zukunftsgerichteten Verfahren zugerechnet, da sie den Unternehmenswert ausschliefIlich oder primal- auf Grundlage zukunftiger Er-trags- bzw. Zahlungsuberschusse ermitteln. Die Mittelwert- und Ubergewinn-Verfahren gehOren zu den Mischverfahren, und vereinigen Ietztlich Elemente aus Vergangenheit und Zukunft.
In den folgenden Abschnitten wird auf die unterschiedlichen Ansatze eingegan-gen, die bisher in der Unternehmensbewertung haufig angewendet worden sind. Es werden dabei deren VorzUge und Grenzen aufgezeigt sowie ihre Anwendbar-keit fur Technologie-Unternehmen uberpruft.
Aus Sicht von Finanzanalysten wird dabei dem Discounted Cashflow-Verfahren am meisten Beachtung geschenkt, in der steuerlichen Bewertung kommt das Er-tragswertverfahren am haufigsten zum Zuge. Daher werden im folgenden primal diese beiden Varianten ausfahrlich dargestellt. Das Economic Value Added-Konzept dient in der Literatur eher als Performancemarl und Wertsteigerungskon-zept denn als Bewertungskonzept27, und wird daher im Weiteren nicht behandelt. Ebenso erfolgt keine Darstellung des Dividendendiskontierungsmodells, da dieses Modell aufgrund der Unsicherheit der zukOnftigen Ausschtittungsquote bei Tech-nologie-Unternehmen wenig Sinn macht.
Das Substanzwertverfahren stellt im Gegensatz zu den nachfolgenden Bewer-tungsansatzen ein Einzelbewertungsverfahren dar, d.h. die Vermagensgegen-stande und Schulden werden isoliert betrachtet und bewertet28. Hierbei ermittelt sich der Unternehmenswert als Summe der isoliert bewerteten Vermogensgegen-stande abzuglich der Summe der isoliert bewerteten Schulden29. Dabei werden zwei FaIle unterschieden: die Fortfuhrung sowie die Zerschlagung des zu bewer-tenden Unternehmens.
Unter der Annahme der UnternehmensfortfOhrung wird fur den Wert der einzelnen Vermogensgegenstande deren Wiederbeschaffungspreis angesetzt. Dieser Fall ist vergleichbar mit der kompletten Neuerrichtung eines identischen Unternehmens auf der grunen Wiese30. Man nennt diesen ermittelten Substanzwert Reprodukti-onswert31. Jedoch entstehen in den meisten Fallen erhebliche praktische Schwie-rigkeiten bei der Ermittlung der Reproduktionswerte fur immaterielle Vermogens-gegenstande, wie z.B. den existierenden Kundenstamm, das vorhandene For-schungspotenzial oder auch die Qualitat der Mitarbeiter und deren Wissen32.
Im FaIle einer Liquidation des Unternehmens werden fur die einzelnen Vermo-gensgegenstande lediglich deren aktuelle Marktpreise angesetzt. Diese sind je-doch von der Geschwindigkeit der geplanten Liquidation abhangig, so dass unter BerOcksichtigung einer langeren Liquidationsdauer meist ein entsprechend hOhe-rer Ertrag erreichbar ist33. Jedoch mOssen bei der Ermittlung des Liquidationswer-tes noch weitere Zahlungen, wie z. B. Kosten fOr Abbruch und Rekultivierung oder auch Abfindungszahlungen berucksichtigt werden. Der Liquidationswert bildet, unabhangig von den anderen zusatzlich benutzten Bewertungsverfahren die Un-tergrenze fur den Unternehmenswert34.
Das Substanzwertverfahren versucht durch das Ausblenden unsicherer zukunfti-ger Entwicklungen den Wert des Unternehmens objektiv darzustellen, z.B. zur Ermittlung von Steuerbemessungsgrundlagen. Diese starke Reduktion auf die Vergangenheit wird in der Literatur als Bewertungsgrundlage fur eine Wertfindung jedoch haufig abgelehnt, da bei dieser Wertermittlung kein Bezug zur zukunftigen Entwicklung und damit zu den zukunftigen finanziellen Oberschussen hergestellt wird35. Vielmehr kommt dem Substanzwertverfahren nur eine Kontroll- und Hilfs-funktion in dem Sinne zu, dass die darauf ermittelten Zahlen fur Finanzbedarf-rechnungen benotigt werden, die sich wiederum auf die KreditwOrdigkeit und die Solvenzwahrscheinlichkeit des Unternehmens auswirkt36. Zudem stellt die Sub-stanz die Voraussetzung fur die Realisierung der Ertrage dar, und durch die Er-mittlung des Substanzwerts kann die Ertragsaussicht ggf. plausibilisiert werden.
Speziell fur Technologie-Unternehmen ist das Substanzwert keine sinnvolle Vari-ante zur Unternehmensbewertung. Zum einen verfugen sie Ober vergleichsweise niedrige materielle (z.B. Firmengebaude, Infrastruktur) und hohe immaterielle Ver-mOgensgegenstande (z.B. Patente, Lizenzen und das Wissen der eigenen Mitar-beiter), und andererseits wurden in der Vergangenheit hohe Forschungs- und Ent-wicklungsaufwendungen getatigt, urn in der Zukunft durch einen entsprechenden Technologievorsprung die eigenen Produkte zu hoheren Preisen auf dem Markt absetzen zu konnen. Im Rahmen des Substanzwertverfahrens werden beide Tat-sachen vernachlassigt, sodass dieses Verfahren fur Technologie-Unternehmen keine sinnvolle Basis Mr die Bestimmung eines Unternehmenswertes liefert.
Ein weiteres, teilweise vergangenheitsorientiertes Verfahren stellt das Mittelwert-/ Ubergewinn-Verfahren dar.
Beim klassischen Mittelwert-Verfahren ermittelt sich der Unternehmenswert aus dem arithmetischen Mittel von Substanz- und Ertragswert37:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dem Mittelwertverfahren Iiegt dabei der Gedanke zugrunde, dass die Substanz selbst nur einen Wert hat, wenn sie auch einen entsprechenden Ertrag bringt. Der Substanzwert berechnet sich dabei als uber das materielle ReinvermOgen; imma-terielle Vermogensgegenstande bleiben hingegen unberlicksichtigt, da man sie nur grob schatzen kann38. Der Ertragswert ermittelt sich uber die Formel der ewi-gen Rente, indem der fortlaufend, gleich bleibende, jahrliche Gewinn durch den risikolosen Basiszins dividiert wird.
Es existieren dabei verschiedene Varianten dieses Verfahrens, in denen Sub-stanzwert und Ertragswert unterschiedlich gewichtet werden. Letztlich (asst sich jedoch fur eine unterschiedliche Gewichtung der beiden Werte ebenso wenig eine BegrQndung finden wie fOr eine gleich hohe Gewichtung39. Damit wirkt und ist die-ses Verfahren letztlich Dieses Mittelwertverfahren vernachiassigt auch, dass der zugrunde gelegte jahrli-che Gewinn, der auf der Datenbasis der vergangenen Jahre ermittelt wurde, nicht dem zukCinftigen Gewinn entsprechen muss. Zudem wird einer mOglichen Veran-derung des Marktumfeldes durch externe Effekte, wie z.B. der Entwicklung neuer Technologien mit Folgen fur die Wertschopfungskette, oder einer zunehmenden Konkurrenz und folglich geringeren Marktpreisen und niedrigeren Gewinnen, keine Rechnung getragen.
Beim klassischen Ubergewinn-Verfahren werden entgegen dem Mittelwertverfah-ren nicht eine unendlich lange Zahlung der Gewinne in Form eines Ertragswerts mit einberechnet, sondern stattdessen nur der Ubergewinn der auf einen mogli-chen Firmenerwerb folgenden Perioden. Unter dem Ubergewinn versteht man denjenigen Teil des Gewinns, der die Kapitalkosten, d.h. der Kosten fur Eigen-und Fremdkapital, Cibersteigt40.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Es existieren zwar Abwandlungen dieses Verfahrens, indem z.B. mit jahrlich ab-nehmenden Ubergewinnen gerechnet wird, oder der Ubergewinn entsprechend abgezinst wird. Aber auch das Ubergewinn-Verfahren kann, in welcher Variation auch immer, nur durch auf der Vergangenheit basierenden Werten berechnet wer-den, und vernachlassigt ebenso wie das Mittelwertverfahren die permanente Fort-entwicklung der Produktionsverfahren41 als auch die mangelnde Aussagekraft des Substanzwertes42. Dadurch ist das Ubergewinnverfahren genauso aussagelos wie das Mittelwert- und das Substanzwertverfahren43. In der Praxis werden beide Ver-fahren, sowohl das Mittelwertverfahren als auch das Ubergewinnverfahren, seit mittlerweile mehr als zwei Jahrzehnten zur Wertfindung kaum mehr verwendet44.
FOr Technologie-Unternehmen, die typischerweise wie bereits oben beschrieben Ober verhaltnismagig niedrige materielle und hohe immaterielle Vermogensgegen- stande verfugen, sind diese beiden Verfahren aufgrund nur bedingter Ansatzmog-Iichkeiten in der Bilanz besonders ungeeignet.
Hohe immaterielle VermOgensgegenstande konnen z.B. Marken- und Patentrech-te, Kundenstamme, Mietrechte und das Knowhow der Mitarbeiter sein45. Diese immateriellen Vermogensgegenstande werden jedoch unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob sie selbst erstelit oder gegen Entgelt von Dritten erworben wur-den. Dabei ist aber abhangig von der Rechnungslegung, ob bzw. unter weichen Voraussetzungen der Ansatz von immateriellen Vermogensgegenstanden in den Aktiva der Firmenbilanz moglich ist.
Bei Rechnungslegung nach HGB ist generell nur der Ansatz entgeltlich erworbe-ner Vermogensgegenstande moglich; far nicht entgeltlich erworbene Vermogens-gegenstande besteht gemaß § 248 Abs. 2 HGB ein Ansatzverbot46.
Bei Bilanzierung nach IFRS wird dies in IAS 38.48 ff. geregelt47. Ein selbstge-schaffener Geschafts- oder Firmenwert darf hiernach nicht als Vermogenswert aktiviert werden, da diese Ressource weder separierbar ist noch aus vertraglichen Rechten entstanden ist, deren Herstellkosten verlasslich ermittelt werden Icon-nen48. Bei einem selbstgeschaffenen immateriellen Vermogenswert hingegen muss zwischen Forschung und Entwicklung separiert werden: Forschungsauf-wendungen sind nicht aktivierbar, Entwicklungsaufwendungen hingegen sind unter bestimmten Voraussetzungen aktivierbar, wobei die Ertl)Ilung aller Voraussetzun-gen dokumentationspflichtig ist49.
[...]
1 Unter dem Begriff "TecDAX" ist der Auswahlindex der Deutschen BOrse fur mittelgrofle Unter-nehmen aus den Technologie-Branchen zu verstehen. Er setzt dabei als Auswahlindex direkt un-terhalb des DAX an und umfasst wie der DAX 30 Werte, vgl. im Internet: DEUTSCHE BORSE (2006), S. 1.
2 VgI. MOHRLE, M. G. / ISENMANN, R. (2002), S. 5 f.
3 VgI. RAAB, M.,/ SASSE, A. (2002), S. 609.
4 VgI. RAAB, M.,/ SASSE, A. (2002), S. 610.
5 VgI. WIRTSCHAFTSWOCHE (2005), S. 76.
6 VgI. SPREMANN, K. (2004), S. 72 f.
7 VgI. RUDOLF, M. / WITT P. (2002), S. 19 f.
8 Vgl. RUDOLF, M. / WITT, P. (2002), S. 7 f.
9 Vgl. HAYN, M. (2003), S. 15 f.
10 Vgl. HAYN, M. (2003), S. 18 f.
11 Vgl. HAYN, M. (2005), S. 496 f.
12 VgI. RAAB, M.,/ SASSE, A. (2002), S. 609.
13 VgI. MOHRLE, M. G. / ISENMANN, R. (2002), S. 11.
14 VgI. KNECHT, T. (2003), S. 47.
13 Vgl. Kapitalabschnitt 3.2.2, S. 12 ff.
16 VgI. KNECHT, T. (2003), S. 79 f.
17 Vgl. SPATH, D. / RENZ, K.-C. (2005), S. 236 f.
18 VgI. HAYN, M. (2003), S. 255 ff.
19 Vgl. HAYN, M. (2003), S. 259 f.
20 Vgl. ACHLEITNER, A.-K. / NATHUSIUS, E. (2004), S. 13 f.
21 VgI. HERING, T. (2006), S. 26.
22 VgI. IDW (2005), Rn. 13.
23 VgI. ACHLEITNER, A.-K. / NATHUSIUS, E. (2004), S. 14 ff.; PEEMOLLER, V. H. (2005), S. 8 f.
24 VgI. SEILER, K. (2004), S. 25.
25 Vgl. PEEMOLLER, V. H. / KELLER, B. (2000), S. 991.
26 Vgl. MANDL, G. / RABEL, K. (2005), S. 51; SCHULTZE, W. (2003), S. 72.
27 Vgl.BODROW, W. / BERGMANN, P. (2003), S.57; LUKAS, A. (2004), S. 121.
28 Vgl. MANDL, G. / RABEL, K. (2005), S. 79.
29 Vgl. MANDL, G. / RABEL, K. (2005), S. 80.
30 Vgl. SIEBEN, G. / MALTRY, H. (2005), S. 379.
31 Vgl. MANDL, G. / RABEL, K. (2005), S. 81.
32 Vgl. MANDL, G. / RABEL, K. (2005), S. 81.; SEILER, K. (2004), S. 30.
33 Vgl. ERNST, D. / SCHNEIDER, S. / THIELEN, B. (2003), S. 4 f.
34 Vgl. ERNST, D. / SCHNEIDER, S. / THIELEN, B. (2003), S. 4 f.
35 Vgl. SIEBEN, G. / MALTRY, H. (2005), S. 400.
36 Vgl. PEEMOLLER, V. H. / KELLER, B. (2000), S. 1012 f.
37 Vgl. BALLWIESER, W. (2004), S. 184.
38 Vgl. ERNST, D. / SCHNEIDER, S. / THIELEN, B. (2003), S. 6.
39 Vgl. MANDL, G. / RABEL, K. (2005), S. 84.
40 VgI. ERNST, D. / SCHNEIDER, S. / THIELEN, B. (2003), S. 6 f.
41 VgI. HAYN, M. (2003), S. 82.
42 VgI. BALLWIESER, W. (2004), S. 185.
43 VgI. MOXTER, A. (1983), S. 41-55.
44 VgI. SIEBEN, G. / MALTRY, H. (2005), S. 384 f.
45 Vgl. MANDL, G. / RABEL, K. (2005), S. 80.
46 Vgl. HGB (2005).
47 Vgl. INTERNATIONAL ACCOUNTING STANDARD (IAS 38).
48 Vgl. IDW (2006), Rn. 107 ff., S. 1370.
49 Vgl. SCHEINPFLUG, P. (2004), S. 151 ff.
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