Bachelorarbeit, 2015
64 Seiten, Note: 1,9
1 EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG
2 ZIELSETZUNG
3 GEGENWARTIGER KENNTNISSTAND
3.1 Theoretische Grundlagen
3.1.1 Definition Personlichkeit
3.1.2 Definition Personlichkeitsmerkmal
3.2 Personlichkeitsmerkmal
3.2.1 Einfuhrung - Modellvergleich
3.2.2 Emotionsbezogene und Kontrollorientierte Personlichkeitsmerkmale
3.2.3 Negative und positive Emotionen
3.2.3.1 Negative Emotionen und Gesundheit
3.2.3.2 Positive Emotionen und Gesundheit
3.2.3.3 Negative Emotionen und Krankheit
3.2.3.4 Emotionsregulationen
3.2.4 Risikowahrnehmung und Risikoeinschatzung
3.2.4.1 Risikowahrnehmung im Gesundheitsverhalten
3.2.4.2 Risikoeinschatzung im Gesundheitsverhalten
3.2.4.3 Optimistischer Fehlschluss
3.2.5 Risikoverhalten
3.2.6 Resilienzforschung
3.2.6.1 Resilienz
3.2.6.2 Merkmale der Resilienz
3.2.6.3 Koharenzsinn
3.2.6.4 „Koharenzsinn als Pradikator und Suppressor bei der Untersuchung von Gesundheit und Krankheit“
3.2.6.5 Hardiness (Wiederstandsfahigkeit)
3.2.7 Typenmodelle der Personlichkeit
3.2.7.1 Typ A-Modell
3.2.7.2 Typ C-Modell
3.3 „Big-Five“-Das Funf-Faktoren-Modell der Personlichkeit
3.3.1 Grundlegende Einfuhrung
3.3.2 Die funf Grunddimensionen des Big-Five-Modells
3.3.3 Maas & Spinath's Zwillingsstudie
3.3.4 Optimismus
3.4 Gesundheitsrelevante Personlichkeitseigenschaften
3.4.1 Kognitive und Affektive Merkmale
3.4.2 Erwartungen und Uberzeugungen
3.4.2.1 Erwartungen
3.4.2.2 Uberzeugungen
3.4.3 Der Zusammenhang zwischen Gesundheit und Personlichkeit
4 METHODIK
4.1 Die Vorbereitung der Datenerfassung
4.2 Die Vorgehensweise der Literaturauswahl
4.3 Die Ein-/Ausschlusskriterien
4.4 Theoretische Grundlagen eines Literaturreview
5 ERGEBNISSE
5.1 „Welche Personlichkeitsmerkmale oder Merkmalkonstellationen bedingen eine robuste Gesundheit?“ & „In wieweit wirken sich bestimmte Personlichkeitsstrukturen des Menschen auf die Erhaltung von Gesundheit und auf die Entstehung von Krankheiten aus?“
5.1.1 Hilary Tindle's Frauenstudie
5.1.2 Maas & Spinath's Zwillingsstudie
5.2 Gegenuberstellung von den Studiendurchfuhrungen
5.3 „Welche Personlichkeitseigenschaften unterstutzen Individuen trotz widriger Umstande gesund zu bleiben
5.3.1 Hilary Tindle's Frauenstudie
5.3.2 Maas & Spinath's Zwillingsstudie
5.3.3 Koharenzsinn als Pradikator und Suppressor fur die Untersuchung von Gesundheit und Krankheit
6 DISKUSSION
7 ZUSAMMENFASSUNG
8 LITERATURVERZEICHNIS
9 ABBILDUNGS-, TABELLEN-, ABKURZUNGSVERZEICHNIS
9.1 Abbildungsverzeichnis
9.2 Tabellenverzeichnis
9.3 Abkurzungsverzeichnis
Vielleicht ist der Versuch, glucklicher zu werden, ebenso fruchtlos wie der Versuch, gro- Ber zu werden, und darum kontraproduktiv (Lykken & Tellegen, 1996).
Im Rahmen meiner Bachelor-Thesis beschaftige ich mich mit den Zusammenhangen und Auswirkungen der menschlichen Personlichkeitsmerkmale auf die Gesundheit. In der psychosomatischen Forschung wird seit Jahrzehnten untersucht, ob und welche Person- lichkeitsmerkmale die Entstehung von Krankheiten begunstigen beziehungsweise sich negativ auf den Krankheitsverlauf auswirken (Vollmann & Weber, 2005, S.438).
Meine Abschlussarbeit sollte sich auf ein Thema beziehen, das sich um das eigene Wohl- befinden und um die Verbesserung der Lebensqualitat handelt. Dabei habe ich mich ge- fragt, welche bestimmten Faktoren beeinflussen die Gesundheit? Hierbei kommen meh- rere Antworten in Frage. Beispielsweise die Gesundheit, Bildungsstand, Umfeld, Beruf, Geld, Einstellung zum Leben, usw. Da ich mich speziell mit der Materie der Gesundheits- psychologie auseinandersetze, nochmals etwas konkreter ausgedruckt:
Welche Personlichkeitseigenschaften unterstutzen Individuen trotz widriger Umstande gesund zu bleiben? Die Personlichkeit eines Menschen ist ein einzigartiges Erkennungs- merkmal, da jeder eine Andere besitzt. Sie ist eine der starksten Pradikatoren fur subjek- tives Wohlbefinden (Diener, Suh, Lucas & Smith, 1999).
Ein GroBteil unserer Bevolkerung weiB, dass sich ein gesundheitsorientiertes Verhalten aus der alltaglichen Ernahrungsgestaltung und dem regelmaBigen Rhythmus an Bewe- gung zusammensetzt. Hierzu zahlt jedoch nicht der Arbeitsplatz an dem man taglich Ge- genstande lupfen, tragen oder im Unternehmen herum rennen muss, sondern viel mehr eine bestimmte Sportart, die man verfolgt oder ein regelmaBiger Gang ins Fitnessstudio. Die Frage ist viel mehr die, Weshalb unterscheiden sich Personen im Gesundheitsverhal- ten und in deren Lebensstil? Welche Auswirkungen und Einflusse haben bestimmte Per- sonlichkeitsmerkmale und -Strukturen auf unser Gesundheitsverhalten und inwieweit existiert hierbei ein Zusammenhang? Dies werde ich im Rahmen meiner Bachelor-Thesis anhand einer Literaturarbeit von verschiedenartigen Studien, Forschungen und wissen- schaftlichen Artikeln prufen. Indem wir uns auf Eigenschaften berufen, setzen wir voraus, dass Menschen uber relativ dauerhafte Denkweisen, Gefuhlsmuster und Verhaltenssche- mata verfugen, die sie von anderen unterscheidet (Little, 2014).
Der Anlass fur diese Untersuchung ist die Eigenmotivation etwas analysieren zu wollen, wovon niemand denkt, dass es durch bestimmte Personlichkeitsmerkmale Einschrankun- gen in der Gesundheit geben kann. In der Materie der Gesundheitspsychologie betrifft es jeden Einzelnen von uns, jedoch nehmen es nur wenige aktiv war oder beschaftigen sich mit dieser Materie. Zudem ist es hoch interessant und sehr reizvoll zu hinterfragen, was ein Mensch zusatzlich krank macht oder gesund halt. Beispielsweise ein zu hohes Stress- verhalten am Arbeitsplatz, das oftmals durch zu starken Druck von oberen Positionen entsteht. Zudem noch die Erwartung an sich selbst, der man immer versucht gerecht zu werden.
Die Bedeutung meines Themas ist es zu uberprufen, welche zusatzlichen Faktoren uns im Alltag, etwas anfalliger fur Krankheiten machen - abhangig unserer Personlichkeit - und ebenso welche Personlichkeitseigenschaften uns unterstutzen gesund zu bleiben.
Die Zielstellung dieser Literaturarbeit ist es, anhand eines Literaturreviews, zu analysie- ren, welche Personlichkeitsmerkmale und Konstellationen von Person-Umwelt-Bedin- gungen ein Individuum trotz widriger Umstande dabei unterstutzen gesund zu bleiben. Um dies prufen zu konnen, habe ich die Kernaussage in mehrere unterkategorisierte Fra- gen, die die Hauptaussage umschlieBen, gespaltet:
- Welche Personlichkeitsmerkmale oder Merkmalkonstellationen bedingen eine ro- buste Gesundheit?
- Inwieweit wirken sich bestimmte Personlichkeitsstrukturen des Menschen auf die Erhaltung von Gesundheit und auf die Entstehung von Krankheiten aus?
Als Analysewerkzeuge nutze ich hierbei ausgewahlte Studien, wissenschaftliche Artikel und ausgesuchte Literaturbeitrage. Daraufhin werden Ergebnisse vorgestellt, die dazu beitragen, die Kernaussage zu bestatigen.
Ein tiefergehendes Ziel meiner Abschlussarbeit ist die Interpretation und der Vergleich der Ergebnisse und die Identifikation von nutzungsbedingten Forschungsmethoden. Zu- dem ist dieses Review als Moglichkeit dafur zu nutzen, um aufzuzeigen, dass die For- schungsproblematik tatsachlich relevant ist.
Vielerlei Menschen haben keine Probleme, die Personlichkeit eines Verwandten, eines Kumpels oder das seines Nachbarn zu beschreiben, selbst wenn sie sich im Bereich der Psychologie nicht auskennen. Ebenso Aussagen, dass jemand vom Wesen eher zuruck- haltender ist und gerne zu Hause rumsitzt „keine Personlichkeit“ hat. Jeder Mensch be- sitzt eine einzigartige Personlichkeit, diese ist unverwechselbar und einmalig. Unter der Personlichkeit eines Menschen wird die Gesamtheit seine Personlichkeitseigenschaften verstanden: die individuellen Besonderheiten in der korperlichen Erscheinung und in Re- gelmaBigkeiten des Verhaltens und Erlebens (Asendorpf & Neyer, 2012, S.2). Theo Herrmann definiert das Wort Personlichkeit wie folgt: „Einigkeit besteht... daruber, dass die Personlichkeit ein bei jedem Menschen einzigartiges, relativ uberdauerndes und stabiles Verhaltenskorrelat ist“ (Herrmann, 1991, S.25, zitiert nach Laux, 2008). Ebenso haben Gerrig & Zimbardo (2008) eine eigene Auffassung der Personlichkeit einer Person: „eine komplexe Menge von einzigartigen psychischen Eigenschaften, welche die fur ein Indi- viduum charakteristischen Verhaltensmuster in vielen Situationen und uber einen lange- ren Zeitraum hinweg beeinflussen“ (Gerrig & Zimbardo, 2008, S. 504).
Aus vielen verschiedenen Merkmalen und unterschiedlich daran, wie sehr diese Eigen- schaft ausgepragt ist, entsteht daraus unsere Personlichkeit. Als Personlichkeitsmerkmal wird beispielsweise die Angstlichkeit gemeint, sie hat groBe Auswirkungen auf das Ver- halten. Personlichkeitseigenschaften sind als zeitlich uberdauernde, verhaltensrelevante, nichtkrankhafte und individuelle Eigenschaften definiert (vgl. Asendorpf, 2007). Person- lichkeitsmerkmale beinhalten „zeitlich uberdauernde Personlichkeitsmerkmale“. Mit den Personlichkeitseigenschaften ist jedoch auf keinen Fall ein fester Charakterzug gemeint, sondern eher die Bereitschaft fur ein Verhalten. Das bedeutet so viel wie, dass sich ein Mensch mit einem bestimmten Merkmal in einer fast gleichen Situation aufs Neue so verhalten wurde wie zuvor auch schon (Renneberg & Hammelstein, 2006).
Der Zusammenhang zwischen den Personlichkeitsmerkmalen und der Gesundheit wer- den von zwei voneinander unabhangigen Modellen erklart:
Nach Renneberg & Hammelstein (2006, S.61) bezieht sich das erste Modell von A- sendorpf (1999) auf die unterschiedlichen Personlichkeitseigenschaften nach ihrer Funk- tionalitat und teilt die Personlichkeitseigenschaften in folgende unterscheidbare Bereiche auf: Bedurfnisse, Fahigkeiten, Temperament, Bewertungsdispositionen und Bewalti- gungsstile.
Tabelle 1; Unterscheidung der Personlichkeitsmerkmale (Renneberg & Hammelstein, 2006, S.62, zitiert nach Asendorpf, 1999)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Nach Renneberg & Hammelstein (2006, S.61) sind die Zusammenhange zwischen den einzelnen Personlichkeitsfaktoren in vielen Bereichen noch nicht geklart, was nicht zu- letzt damit zusammenhangt, dass mit den unterschiedlichen Personlichkeitsfaktoren oft auch gesonderte Forschungstraditionen und Pramissen verbunden sind.
Im Gegensatz zu Carl Walter Kohlmann's Modell (2003), dass kontrollbezogene Person- lichkeitseigenschaften von emotionsorientierten Personlichkeitseigenschaften differen- ziert. Sein Modell basiert auf den Zusammenhange zwischen den Bereichen der Person- lichkeit und einem gesundheitsorientiertem Verhalten. Hierbei nimmt Carl-Walter Kohl- mann (2003) fortfuhrend an, dass zum einen die Vermittlungsprozesse, also die emotio- nalen und damit verbundenen physiologischen Prozesse und zum anderen die konkreten behavioralen Prozesse sich wechselseitig beeinflussen (Renneberg & Hammelstein, 2006, S.62).
Im Folgenden Abschnitt werden diese beiden Personlichkeitsbereiche und ihr Zusam- menhang sowohl in der seelischen als auch in der korperlichen Gesundheit naher be- trachtet. Hierbei wird Stellung genommen zur Differenzierung der emotionsbezogenen und den kontrollorientierten Personlichkeitsmerkmalen.
Wie Hammelstein & Renneberg (2006, S.61, S.62) zusammenfassend erlautern uben sich emotionsbezogene Personlichkeitsmerkmale (wie Feindseligkeit, Ausdruck von Arger, Angstbewaltigung) durch die Vermittlung von physiologische Prozesse Einfluss auf den Gesundheitsstatus aus. Zudem geschieht dies bei den kontrollorientierten Personlichkeits- merkmalen (wie Optimismus oder Selbstwirksamkeit) uber das konkrete Gesundheits- beziehungsweise Risikoverhalten. Hierzu stelle ich eine Aufzahlung der kategorisch ge- gliederten negativen und positiven Emotionen mit Auswirkungen auf Gesundheit und Krankheit im folgenden Kapitelabschnitt dar.
Renneberg & Hammelstein (2006, S.72) zeigen in zwei Perspektiven auf, wie die Bezie- hung zwischen Erleben beziehungsweise dem Ausdruck von (negativen) Emotionen und der Gesundheit erforscht wird:
- Beim ersten Konzept sind Menschen, die ihre Emotionen nicht ausdrucken, anfal- liger fur Krankheiten als diejenigen, die ihre Gefuhle zum Ausdruck bringen (»non-expression approach«).
- Beim anderen Konzept werden die positiven Auswirkungen von offen gezeigten Emotionen auf die Gesundheit untersucht (»expression approach«; Renneberg & Hammelstein, 2006, S.73, zitiert nach Panagopoulou et al. 2002).
Nach Renneberg & Hammelstein (2006, S.73) belegen Forschungen und Untersuchen, dass beispielsweise ein bestimmter Ausdruck von Arger mit einem niedrigen Blutdruck- verhaltnis im Ruhezustand einhergeht. Darunter versteht man eine problemlosungs- und zielorientierte Kommunikation des Argers, zu der drei unterschiedliche Aspekte gehoren:
- Der Arger gegenuber derjenigen Person ausgedruckt wird, die am Zustandekom- men des Argers beteiligt war
- Die Sichtweise des anderen miteinbezogen wird
- Die Situation des Argers gelost wird
Hierbei wurde erforscht, dass bei Menschen, die ihre Emotionen nicht in dieser Art ausleben, eine gesundheitlich ungunstige Veranderung des Blutdrucks erfolgt (Renneberg & Hammelstein, 2006, S.73).
Wenigen Redensarten zufolge wie beispielsweise „man hat Schmetterlinge im Bauch“ oder „man konnte platzen vor Gluck“ betonen das positive Wohlbefinden eines Men- schen. Diese positiven Gefuhle teilen einen groBen Teil dazu bei, dass man sich wohl fuhlt und dies wirkt sich letztendlich auch auf den menschlichen Korper aus.
Wie Fredrickson (2003) ersichtlich macht, haben positive Gefuhle in der Forschung an- fangs sehr wenig Aufmerksamkeit erhalten. Dies liegt aber hauptsachlich daran, so meint Renneberg & Hammelstein (2006, S.78), dass sie etwas schwieriger zu beschaffen und herzustellen sind als negative Gefuhle. Zu diesem Anlass konstruierten Wissenschaftler ein Modell zur Erforschung der positiven Gefuhle mit Auswirkung auf die Gesundheit:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1; Haupteffekt-Modell (Renneberg & Hammelstein, 2006, S.79)
Es nimmt einen direkten Effekt positiver Emotionen auf den Gesundheitszustand an be- tonen Renneberg & Hammelstein (2006, S. 79), der uber Prozesse des Immunsystems und des kardiovaskularen Systems vermittelt wird. Ebenso konnen Faller & Lang (2010, S.44) durch das Haupteffektmodell nachweisen, dass die soziale Unterstutzung generell gunstig ist, unabhangig davon, ob sich jemand in Stress befindet oder nicht.
Nach Grillparzer (2006, S. 192) fand eine Universitat in London uber eine eigendurchge- fuhrte wissenschaftliche Studie heraus, dass emotionale Aufruhr, Stress den man nicht bewaltigen kann, dem Herzen mehr schadet als Cholesterin oder Rauchen. Uberforderung, Neid, Arbeitswut oder Zeitdruck sind viele Faktoren, die sich mit Stress in Verbindung setzt und fur eine standige Produktion an Stresshormonen sorgt. Diese negativen Emotionen beeinflussen Puls, Herzfrequenz, Atem und besonders unser Herz. Negative Gefuhle kann man nicht vermeiden, jedoch sollte man sie auf keinen Fall unterdrucken, denn auch das macht krank. Nach Renneberg & Hammelstein (2006, S. 73) war der An- satz der Forschung zunachst ein Gegenstand der klinischen Psychologie beziehungsweise der Psychosomatik und ist mit den Namen Alexander (1952) und Freud (1917) verbun- den. Seit den inzwischen klassischen Untersuchungen zur Beziehung zwischen dem so- genannten Typ-A-Verhalten (hektischer Lebensstil, Streben nach Anerkennung, Unge- duld, Aggressivitat und Reizbarkeit) und dem Auftreten von kardiovaskularer Erkrankun- gen wird in diesem Zusammenhang auch die Rolle von Arger und Feindseligkeit disku- tiert (Renneberg & Hammelstein, 2006, S.73, zitiert nach Friedman & Rosenman, 1974).
Als ein konstruktiver Ausdruck von Arger, beschreiben (Renneberg & Hammelstein, 2006, S.73) wird eine ziel- und problemlosungsorientierte Kommunikation des Argers verstanden.
Inhalt von Arger:
- Arger gegenuber derjenigen Person, die am Zustandekommen des Argers beteiligt ist
- Sichtweise des anderen miteinbeziehen
- Situation des Argers losen
Doch wie kann man seinen Arger am ehesten kontrollieren beziehungsweise regulieren? Auf Grund dessen folgt im nachsten Abschnitt die Thematik der Emotionsregulation.
Nach Gross (2007) wird der Prozess beschrieben, durch den Individuen das Erleben, die Intensitat, die Dauer, den Zeitpunkt und den Ausdruck von aktivierten Emotionen beein- flussen. Nach Rammsayer und Weber (2010, S. 140) bezieht sich Emotionsregulation auf alle expressiven, kognitiven und verhaltensbezogenen Vorgange, die das Erleben und den Ausdruck einer Emotion beeinflussen. Bargh und Williams (2007) behaupten, dass Pro- zesse der Emotionsregulation ebenso wie andere Prozesse der Verhaltensregulation auto- matisch in Situationen aktiviert werden, in denen sie wiederholt und mit Erfolg praktiziert wurden. Ebenso meinen Rammsayer und Weber (2010, S.140) konnen Arten der Emoti- onsregulation nach unterschiedlichen Dimensionen differenziert werden, wie beispiels- weise ob sie verhaltensbezogen oder kognitiv sind. Eine besonders schlussige Klassifika- tion legt Gross (2007) vor, indem er Formen der Regulation den unterschiedlichen Phasen des Prozesses der Entstehung und des Verlaufs einer Emotion zuordnet (Gross & Thompson, 2007):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2; Formen der Emotionsregulation im Prozess der Emotionsentstehung nach Gross & Thompson (2007)
Ubersetzungsregister:
„Situation Selection“ = Situationsselektion,
„Cognitive Change“ = Kognitive Veranderung,
„Situation Modification“ = Situationsmodifikation, „Attention“ = Aufmerksamkeit, „Appraisal“ = Einschatzung, „Attention Deployment“ = Aufmerksamkeitslenkung, „Response“ = Reaktion, „Response Modulation“ = Reaktionsmodulation
Hierzu ergeben sich nach Rammsayer & Weber (2010, S.141) vier potenzielle Moglich- keiten der Emotionsregulation:
- Selektion: Eine Situation, die eine Emotion auslosen konnte, wird von vornherein vermieden.
- Modifikation: Wenn eine Situation dennoch aufgesucht wird, kann sie so gestaltet werden, dass Emotionen verandert werden.
- Aufmerksamkeitslenkung: Die Aufmerksamkeit in der Situation wird auf solche Aspekte gelenkt, die weniger angstauslosend sind
- Kognitive Veranderung: Die Wahrnehmung und Interpretation der Situation wird so verandert, dass keine oder weniger intensive Emotionen ausgelost werden.
Emotionsregulation entsteht somit durch Zielableitung, die bestimmte Personen unbe- wusst oder bewusst verfolgen. Eine „Herabregulierung“ einer potenziellen negativen Emotion ist das prototypische Ziel einer Emotionsregulation meinen Rammsayer & Weber (2010, S.142). Ebenso kann die Zielvorgabe einer Emotionsregulation darin liegen, die Intensitat einer Emotion anzuheben. Beispielsweise konnen sich selbst negative Emo- tionen (bewusst oder unbewusst) steigern, wenn man ein gezieltes Risiko vermeiden mochte, „Angst“ - oder wenn es sich um eine bevorstehende Konfrontation handelt, „Ar- ger“ (Tamir, 2009). Eisenberg & Spinrad (2004) prazisieren die Emotionsregulation schlieBlich als einen Prozess der Initiierung, Vermeidung, Hemmung, Beibehaltung oder Modulation von Emotionen und ihren Begleiterscheinungen. Shields & Cecchetti (2001) erganzen und betonen daruber hinaus den Aspekt der sozialen, biologischen sowie emo- tionalen Anpassung im Sinne optimaler Interaktionsbedingungen mit der Umwelt. Nach Kullik & Petermann (2012, S.22) ist das Ziel der Emotionsregulation, den emotionalen Zustand in die bevorzugte Richtung zu lenken, die im Einklang mit den eigenen Zielen steht (beispielsweise die Wut vor ihrem Ausbruch zu bewahren, um die eigene Haut zu retten). Durch Veranderungen des Inputs des emotionalen Zustands (beispielsweise durch Blickvermeidung) wird auch der emotionale Zustand in die bevorzugte Richtung veran- dert. In jeweiligen Lebenssituationen und bei bestimmten Umstande nimmt man ein be- stimmtes Risiko wahr, dass die Emotionen hervorruft, die dann reguliert oder kontrolliert werden sollen. Um den Zusammenhang der beiden Materien besser zu verstehen, folgt die Thematik der Wahrnehmung und Einschatzung eines Risikos oder Risikofaktors (Rammsayer & Weber, 2010, S.142).
Das Gesundheitsverhalten ist ein elementarwichtiges Konstrukt in der Gesundheitspsy- chologie (Schwarzer, 1992). Mit dem Wort Gesundheitsverhalten sind bedeutende Hand- lungsfelder, Verhaltensmuster und Gewohnheiten bezeichnet, die die psychophysische objektiv als auch subjektiv nach der Uberzeugung der betroffenen Menschen beeinflus- sen, indem das Risiko oder der Schweregrad einer Krankheit steigt oder vermindert wer- den (Sutton, 2001). In diesem Zusammenhang bezieht sich der allgemeingehaltene Be- griff Gesundheitsverhalten jedoch nicht nur auf das gesundheitserhaltene oder -fordernde Verhalten, sondern auch auf das gesundheitsschadigende Verhalten, wie beispielsweise das Risikoverhalten. Mit Risikowahrnehmung sind die subjektive Einschatzung des Schweregrads einer Erkrankung und die der eigenen Vulnerabilitat gemeint. Hierbei kann es vorkommen, dass die Person sich bedroht fuhlt, sie sich dadurch mindern mochte und sich die Frage nach den Konsequenzen aus dem bisherigen Verhalten ergibt (Martin & Kliegel, 2005). Wie hoch der Schweregrad eines Leidens ist, ist abhangig vom Wissens- stand uber dessen Eigenschaften (beispielsweise Entstehung oder Verlauf) und von sozi- alen Vergleichsprozessen (vgl. Suls, 2003). Die wahrgenommene Pravalenz einer Krank- heit gilt vor allem dann als ein Indikator fur ihren Schweregrad, wenn man sonst nichts uber sie weiB (Schwarzer, 2004). Nach (Renneberg & Hammelstein, 2006, S. 62) kann das Wort Risiko allgemein definiert werden als Produkt der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ereignisses X und der Hohe des Schadens von X. Im gesundheitspsychologischen Kontext lasst sich Risiko enger definieren als das Produkt aus der Eintrittswahrschein- lichkeit eines fur Gesundheit und Wohlbefinden negativen Ereignisses (Vulnerabilitat) und seiner Bedeutsamkeit (Schweregrad). Hammelstein (2006, S.62, S.63) weist jedoch darauf hin, dass empirisch gestutzte Risikoangaben sich haufig nur auf die Eintrittswahr- scheinlichkeit beziehen: die Schadens-hohe kann nicht immer eindeutig definiert werden und hangt zusatzlich von der jeweiligen Perspektive ab, die zum Beispiel medizinisch, volkswirtschaftlich oder psychologisch gepragt ist. Hierfur ein geeignetes Beispiel; Das Risiko eines mannlichen Rauchers mit 75 Jahren an Lungenkrebs zu erkranken wurde bei 16% liegen, wenn er bis zu seinem 70 Lebensjahr weitergeraucht hat. Das Risiko wurde jedoch nur bei 2% liegen, wenn er mit 30 Jahren aufgehort hat (Peto et al. 2000).
Schwarzer und Renner (1997) schreiben, dass wenn wir keine Risikofaktoren fur Leben und Gesundheit erkennen wurden, ware es schwierig, uns zu einem Gesundheitsverhalten zu veranlassen, das Selbstuberwindung, Anstrengung, Ausdauer oder andere Kosten er- fordert. Die Wahrnehmung eines Risikos beziehungsweise das Erleben personlicher Ver- wundbarkeit stellt einen Ausgangspunkt neben anderen zur Motivation praventiven Han- delns dar. Das von (Becker, 1982) erste modifizierte Modell nach Rosenstock (im Fach- bereich Gesundheitspsychologie war das Health-Belief-Modell. Es zeigt welche zentrale Rolle die Risikowahrnehmung spielt (Schwarzer & Renner, 1997).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3; Health Belief Modell (Becker & Maiman, 1975)
Die wahrgenommene Bedrohung bestimmt sich in diesem Modell wie folgt:
- Die subjektiv empfundene Anfalligkeit (»perceived susceptibility«)
- Der wahrgenommene Schweregrad der entsprechenden Krankheit (»perceived se- verity«)
Als weitere Variable dieses Modells wird die wahrgenommene Effektivitat von potenzi- ellen GegenmaBnahmen hinzugefugt. Damit soil sich die Wahrscheinlichkeit berechnen lassen, mit dem ein bestimmtes gesundheitsforderliches Verhalten ausgefuhrt oder ein gesundheitsschadliches Verhalten unterlassen wird (Schwarzer & Renner, 1997).
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