Masterarbeit, 2021
179 Seiten, Note: 1.3
1. Über Assassin’s Creed - Odyssey
1.1. Zur Definition von „Geschichtlichkeit“
1.2. Geschichtlichkeit in AC – Odyssey: Eine Eingrenzung
1.3. Der aktuelle Forschungsstand
2. Vermittlung von Geschichte in den verschiedenen Medien
2.1. Am Anfang war das Bild
2.2. Vermittlung von Geschichte in Filmen
2.3. Vermittlung von Geschichte in Videospielen
3. Immersion, Umsetzbarkeit und Kompromisse
3.1. Die Adjustierung der Spielwelt
3.2. Immersion in AC – Odyssey
3.2.1. Wiedererkennungswerte und popkulturelle Referenzen als Einstiegshilfe
3.2.2. Maláka - Griechisch als Immersionshilfe
4. Delphi
4.1. Geographie und Lage
4.2. Ursprung und Mythos
4.3. Geschichte Delphis bis zur römischen Übernahme
4.4. Forschungsgeschichte des Apollon-Heiligtums von Delphi
5. Delphi – Realität und Spiel im direkten Vergleich
5.1. Das Theater von Delphi Ein authentischer Anachronismus
5.2. Die Darstellung der griechischen Theaterkultur
5.3. Der Apollon-Tempel von Delphi Der Umgang mit Versatzstücken
5.4. Die Säulenhalle der Athener
6. Kultur und historische Persönlichkeiten
6.1. Die Kultur Spartas und der Einfluss der Pythia
6.2. Herodot – Der zweifelhafte Lehrbeauftragte vom Dienst
6.3. Thukydides – Ein Bauernopfer zugunsten Herodots?
7. Die Entdeckungstour in Assassin’s Creed – Odyssey
Fazit
Abbildungsnachweis
Quellenverzeichnis
Bibliographie
Online-Artikel
Online-Anhang
YT-Videos
YT-Kanäle
Ludographie
Filmographie
Abkürzungsverzeichnis
Diese Forschungsarbeit dient dem Zweck, das Videospiel Assassin’s Creed – Odyssey unter altertumswissenschaftlichen Gesichtspunkten zu analysieren. Kreiert das Spiel eine weitestgehend authentische Rekonstruktion des antiken Griechenlands mit dessen breiten kulturellen Facetten? Und eignet sich Assassin’s Creed – Odyssey als Lehr- und Lernmaterial – sowohl für den Heimgebrauch als auch für das akademische Umfeld (Schule und/oder Universität)?
„Architecture is an important aspect of video games because it provides the environment with which the player interacts. In the case of historical fiction or historical simulation games (HSGs), this often includes replications of important monuments; many students receive their first exposure to the world of the past through these games.“1
Assassin’s Creed – Odyssey ist ein Computerspiel (Action-Adventure mit Rollenspiel-Anteilen) des französischen Publisher-Unternehmens Ubisoft, welches von dessen Tochter-Studio Ubisoft Quebec entwickelt und im Oktober 2018 international für die Plattformen PlayStation 4, Microsoft Windows und Xbox One veröffentlicht wurde. Seit November 2019 ist es auch bei Google Stadia spielbar.2 Die Hauptgeschichte führt den Spieler ins klassische Griechenland während des Peloponnesischen Kriegs – genauer während des Archidamischen Kriegs.3 Die Haupthandlung beginnt im Jahre 431 v. Chr. auf Kefalonia, während das letzte historisch datierbare Ereignis im Spiel die Schlacht von Amphipolis im Sommer 422 v. Chr. ist.4 Die Protagonistin ist die aus Sparta stammende Söldnerin Kassandra,5 welche im Spiel die Enkeltochter des bei Thermopylai gefallenen spartanischen Königs Leonidas I. ist.6 Kassandra wird dabei durch eine Familientragödie, ausgelöst durch eine Weissagung eines Orakels, als siebenjähriges Mädchen von ihrer Familie getrennt und lebt fortan auf Kefalonia. Das Spielgeschehen führt sie daraufhin in die meisten Teile Griechenlands (siehe Abb. 1).7 Ihre Tätigkeit als Söldnerin verschafft dem Spieler dabei die Möglichkeit, während des Peloponnesischen Kriegs frei zu wählen, ob sie in einer Schlacht für Sparta kämpft und in einer anderen für Athen. Der Spielende nimmt das Geschehen aus der dritten Person wahr, also mit der Kamera folgend hinter der Protagonistin.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Rekonstruktion der gesamten Spielkarte Griechenlands in Assassin's Creed - Odyssey.8
Das Spiel erhielt weitgehend gute bis sehr gute Kritiken und hält bei Metacritic einen kumulierten Metascore von über 85.9 Auch finanziell konnte das Spiel große Erfolge erzielen und sich bis Mai 2020 über 10 Millionen Mal verkaufen.10 Auch vonseiten der klassischen Altertumsforschung erhielt das Spiel Lob für seine Rekonstruktion des antiken Griechenlands sowie für die Einarbeitung von wichtigen historischen Ereignissen.11
Assassin’s Creed – Odyssey ist dabei der elfte Teil der Hauptserie der „Assassin’s Creed“-Spielereihe.12 AC hat sich dabei von seinen Anfängen mit dem ersten Spiel im Jahr 2007 zu einem der größten Spiele-Franchises der Welt entwickelt, welches neben dem Gaming-Titeln noch Romane, Comicbücher, Kurzfilme sowie einen im Jahr 2016 erschienen Kinofilm mit Michael Fassbender in der Hauptrolle13 umfasst. Insgesamt konnte Ubisoft über 140 Millionen Spiele der Reihe verkaufen (Stand September 2019).14
Markenzeichen der AC-Spiele sind die historischen Schauplätze. Angefangen mit den Kreuzzügen im Heiligen Land, über die italienische Renaissance, die Französische Revolution und dem ptolemäische Ägypten werden zahlreiche verschiedene Ereignisse, Epochen und Kulturkreise beleuchtet.15 Hierbei treten häufig historische Figuren auf, welche, teils durch den Spielenden bedingt, zu ihren Taten in der Geschichte animiert werden. Der Spieler erfährt also eine angepasste Interpretation der Geschichte aus erster Hand. Oftmals werden dabei Zeiten großer sozialer Umwälzungen und Veränderungen beleuchtet, welche dann auf das eigene Spielnarrativ angepasst werden. Im Zentrum der Spiele steht der Kampf zweier Bruderschaften, der Assassinen und der Templer.16 Da der Konflikt zwischen deren Ideologien von absoluter Freiheit und damit auch Chaos (Assassinen) sowie absoluter Ordnung durch Kontrolle (Templer) älter ist als die Kreuzzüge im Heiligen Land, existierten beide Fraktionen bereits früher unter anderen Namen. Von den grundsätzlichen Philosophien abgesehen ist es ein Kampf um die Hinterlassenschaften und Technologien einer dem Menschen vorangegangenen Zivilisation, der Isu.
Diese sind – in der AC-Hintergrundgeschichte – die Ursprünge für verschiedene Götterkulte, wie dem römischen, dem nordischen und auch dem griechischen Götterpantheon.17
Bei den „Assassin’s Creed“-Spielen ist es inzwischen zur Tradition geworden, dass jeder neue Ableger – um auf den fiktionalen Inhalt hinzuweisen – mit folgendem Statement des Entwickler-Teams beginnt:
„Inspiriert von historischen Ereignissen und Charakteren. Dieses fiktive Werk wurde von einem multikulturellen Team verschiedenster Glaubensrichtungen und Weltanschauungen entworfen, entwickelt und fertiggestellt.“18
Die Entwickler weisen folglich stets darauf hin, dass es sich um ein vornehmlich fiktives Werk handelt und implizieren damit die erzählerischen Freiheiten, welche zugunsten des Narrativs und der Unterhaltungen aufgegriffen werden. Zudem soll dieses Statement vorbeugen, den Entwicklern und dem Publisher eine politische Agenda zu unterstellen.19 Die grundsätzliche Idee und Philosophie der AC-Spiele fast der Brand Art Director der Reihe, Raphael Lacoste, wie folgt zusammen:
„Bei Assassin’s Creed dreht sich alles darum, die Geschichte aus einem anderen Blickwinkel zu neuem Leben zu erwecken, und bei jedem neuen Teil der Reihe ist es unser Ziel, glaubwürdige, interessante Welten zu erschaffen, in die unsere Fans eintauchen können. (…) Aus diesem Grund denke ich, dass es unabdingbar ist, Elemente realer Landschaften, ikonischer Bauten und historischer Charaktere einzubauen, zu stilisieren und besonders zu betonen. (…) Die Welt von Assassin’s Creed wurde geschaffen, um die Phantasie anzuregen und durch die Zeit zu reisen, um epische Schauplätze zu erkunden und Zeuge einiger der wichtigsten Ereignisse der Menschheitsgeschichte zu werden.“20
AC – Odyssey wich bereits in seiner Vermarktung von einer offenen Historizität ab, indem nicht zuletzt auch die übernatürlichen Aspekte des Spiels beworben worden. In einem GamePlay-Video aus dem August 2018 (knapp zwei Monate vor Release des Spiels) werden der Kampf gegen die Medusa und der Sci-Fi-Hintergrund der Spielereihe thematisiert.21 Die Erwartung von Spielerseite, es würde sich um eine historisch akkurate Nacherzählung des Peloponnesischen Kriegs handeln, sollte also vorab relativiert werden, während hingegen die Lust auf die Inkludierung etwaiger Mythen gesteigert werden sollte. Dennoch bleibt am Ende die Frage: Wie historisch authentisch ist Assassin’s Creed – Odyssey letztlich?
„Und was in längeren Reden die einzelnen Vorträger aufsagten, sei es kurz davor, in den Krieg einzutreten, oder schon währenddessen – hier den genauen Wortlaut dessen, was gesagt worden war, aus dem Gedächtnis abzurufen war sowohl für mich, wo ich selbst Zuhörer war, als auch für die mir von anderen Ereignissen Berichtenden unmöglich; wie aber mir wohl die einzelnen Redner über die jeweils anliegenden Themen außerordentlich das Erforderliche deutlich zu machen schienen, wobei ich mich als eng als möglich an den Inhaltssinn des in Wahrheit Gesagten hielt – derart sind die Reden formuliert.“22
Bevor mit der geschichtlichen Analyse per se begonnen werden kann, sollt zunächst näher bestimmt werden, was genau mit dem Begriff der „Geschichtlichkeit“ gemeint ist. Mit Geschichtlichkeit oder Historizität wird an sich bereits ein weites Feld abgedeckt und der Terminus kann vielfältig aufgefasst werden. Prinzipiell bedeutet dieser, dass etwas als in der Vergangenheit Vorhandenes oder Dagewesenes angenommen wird.23 Dies ist allerdings bereits deswegen eine sehr ungenaue Definition, da die Geschichtswissenschaft keine präzise Wissenschaft ist.24 Anders als in den meisten Naturwissenschaften wie der Mathematik, in welche Formeln (normalerweise) klar aufgelöst werden können, kann in der Geschichtswissenschaft lediglich mit Indizien gearbeitet werden, welche zu allgemeinen Schlussfolgerungen und Annahmen führen.25
Bei der Frage nach Geschichtlichkeit in Assassin’s Creed – Odyssey wird es primär um den Umgang mit einer historischen Kontextualität und Authentizität26 gehen. Selbst wenn etwas faktisch nicht akkurat27 sein mag – angesichts der fiktiven Haupthandlung innerhalb eines historischen Rahmens liegt dies in der Natur der Sache28 – kann es dennoch historisch authentisch sein, sofern es auf historische Thematiken Bezug nimmt.29 Dies reicht dabei von der allgemeinen Architektur, der kulturellen Repräsentation des Spiels bis hin zum Umgang mit historischen Charakteren. Es soll untersucht werden, ob diese Aspekte historisch authentisch sind und auf der Forschung sowie der Analyse von antiken Quellen basieren. Im Anschluss daran wird untersucht, wie sich dieses Verhältnis zur Geschichtlichkeit in das Gesamtwerk einfügt. Wie interagieren diese Aspekte mit der Haupthandlung und den primär auf Unterhaltung setzenden Sektoren des Spiels? Mussten hier in Bezug auf die Geschichtlichkeit Kompromisse eingegangen werden und wenn ja, in wie weit sind diese nachvollziehbar, bzw. hätten die gegebenen Möglichkeiten besser genutzt werden können?30 Anhand dieser punktuellen Analysen wird schließlich das Urteil gefällt, ob Assassin’s Creed – Odyssey letztlich eine authentische Darstellung des antiken Griechenlands im 5. Jh. v. Chr. erschaffen kann.
Assassin’s Creed – Odyssey ist ein Spiel, welches an Umfang geradezu überquillt. Der zuvor erwähnte über 100 Spielstunden umfassende Inhalt wäre viel zu viel, um diesen allein in einer Masterarbeit auf seine Historizität hin zu analysieren. Es gilt also, das Thema einzugrenzen. Zu diesem Zweck soll im Spiel ein signifikanter Schauplatz heraussucht werden, um diesen im Vergleich zur Realität genau zu untersuchen. Diese Untersuchung steht stellvertretend für das gesamte Spiel. Dabei sollte es vornehmlich ein Schauplatz sein, der auch außerhalb des Spiels über einen hohen Bekanntheitsgrad verfügt. Unter den ersten drei Orten, denen an dieser Stelle wohl auch einem Laien einfallen würden, sind zweifelsohne die Akropolis von Athen, das Zeus-Heiligtum von Olympia sowie das Apollon-Heiligtum von Delphi – berühmt für sein Orakel.31
Die Akropolis von Athen ist in der Tat sehr gut erforscht und ist häufig Bestandteil archäologischer Rezeption der klassischen Antike – auch in Bezug auf Assassin’s Creed – Odyssey ist dies der Fall.32 Würde man sich allerdings die Akropolis und/oder die Agora von Athen anschauen, dann gälte es ebenso, Athen als Gesamtes zu bewerten. Aufgrund der starken Komprimierung der Stadt, um sie problemlos in die Spielwelt einzufügen, wäre dies zum einen sehr schwierig und zum anderen zu umfangreich.
Das Zeus-Heiligtum von Olympia und damit auch die Olympischen Spiele werden im Spiel zwar direkt thematisiert, nehmen aber für den Gesamtverlauf des Spiels eine eher untergeordnete Rolle ein. Dementsprechend sind sie für eine kritische Analyse auch vor dem spielerischen und erzählerischen Hintergrund nicht unbedingt ideal.
Das Apollon-Heiligtum von Delphi hingegen ist ein Ort, welcher in der Handlung des Spiels immer wieder aufgegriffen wird. Zusammen mit der Bedeutung der Orakelsprüche der Pythia sowie der griechischen Kultur und Religion ist die Signifikanz, welche dieser Ort im Spiel einnimmt, nicht zu unterschätzen. Er kann also bezüglich Architektur33, Gestaltung und Bedeutung betrachtet werden.34 Eine zusätzlich gute Grundlage für diese Arbeit stellt das Apollon-Heiligtum von Delphi deshalb dar, da es von seinen Ausmaßen her fast eins zu eins dargestellt wird. Für eine breitaufgestellte Analyse bietet sich dieser Ort also bestens an. Die schriftlichen Überlieferungen und Beschreibungen Delphis durch antike Autoren wie Pausanias oder Strabon bieten zudem ein gutes literarisches Quellen-Fundament, um Delphi zu analysieren – dank der Homerischen Hymnen sind zudem schriftlich festgehaltene Mythen zur Genese und zu den Hintergründen Delphis erhalten. Beide schriftlichen Quellen werden in dieser Arbeit herangezogen, wobei deren Inhalte vom Autor dieser Arbeit selbstständig aus dem Altgriechischen übersetzt werden. Dass zahlreiche archäologische Zeugnisse älterer Gebäude etwa des Alkmeoniden-Tempels erhalten sind, trägt ebenfalls dazu bei, dass sich ein direkter Vergleich zwischen virtueller Umsetzung und Realität sehr gut anbietet.
Für die Erarbeitung einer abschließenden Einschätzung von Historizität in AC - Odyssey gilt zu betrachten, wie Delphi im direkten Vergleich zur archäologischen Forschung rekonstruiert wurde, wie Kultur und Religion dargestellt werden und wie es sich in die Spielhandlung und auch in die Spielmechaniken einfügt und umgekehrt. Diese Untersuchung soll aufzeigen, in wie fern dieser Ort historisch authentisch dargestellt wird. Was wird auffallend gut gemacht? Was wiederum nicht? Und wie lassen sich diese Fehler dann erklären? Gibt es dafür vielleicht narrative oder technische Gründe? Wie reiht sich Delphi mit seinem Orakel in die Handlung ein? Und welches allgemeine Bild wird dem Spielenden vermittelt? Jene Fragen gilt es in dieser Arbeit möglichst genau zu beantworten. Mit Hilfe der zusammengetragenen Ergebnisse werden dann die folgenden übergeordneten Fragen beantwortet: „Bietet Assassin’s Creed – Odyssey eine authentische Darstellung des klassischen antiken Griechenlands? Und lässt sich gar von diesem Spiel lernen?“
Der allgemeine Forschungsstand setzt sich derzeit aus verschiedenen Perspektiven zusammen, die sich unter der Rubrik der „Public History“ zusammenfassen lassen.35 Hier gilt es zu betrachten, wie die jeweiligen Orte und Personen rezipiert und erforscht sind, welche in AC – Odyssey behandelt werden. Dies kann – in Bezug auf Orte und Gebäude – von Grabungsberichten bis hin zu modernen Rekonstruktionen reichen, während die Betrachtung historischer Personen von antiken Schriftquellen und modernen Interpretationen36 abhängen.
Von den klassischen historischen Themen und Rezeptionen abgesehen, ist im Kontext dieser Arbeit auch die Erforschung der historischen Vermittlung durch moderne Medien entscheidend. Wie wird Geschichte in Videospielen vermittelt? Da es längere Zeit das dominantere Medium war, muss sich ebenfalls die Frage gestellt werden, wie es mit der Vermittlung von Geschichte im Film aussieht. Beides sind eigene Forschungsfelder und dementsprechend in eigenen Bereichen erforscht.
Aufgrund des Nischencharakters dieser Arbeit37 ist auch das direkte Thema der Geschichtlichkeit in Assassin’s Creed – Odyssey nur aperçuartig erforscht. Zwar wird dieses Thema in Artikeln, Reviews und Online-Videos behandelt, tiefgehende Forschungsarbeiten sind allerdings Mangelware. Genannt werden sollte hier Marc Durets Aufsatz „De la truelle à la manette: L’Eubée dans Assassin’s Creed Odyssey“ (2020), in welchem er das Spiel mit den archäologischen Arbeiten und Erkenntnissen auf Euböa vergleicht. Zwar finden sich große Unterschiede, jedoch basieren auch diese erkennbar auf der Forschung, sodass sich zwar keine akkurate aber eine weitestgehend authentische Interpretation der Insel mit seinen Ortschaften und historischen Schauplätzen wie Eretria und Amarynthos ergibt. Dies sei aus Forschersicht am Ende positiv zu bewerten. Ebenfalls erwähnt werden muss an dieser Stelle Christian Caseys Aufsatz Assassin’s Creed Origins as a Digital and Pedagogical Tool (2017). Caseys Aufsatz ist von seiner Grundausrichtung mit dieser Arbeit durchaus vergleichbar, obgleich das im Ptolemäischen Ägypten angesiedelte Assassin’s Creed – Origins Zentrum seiner Arbeit ist und nicht Assassin’s Creed – Odyssey. Casey betrachtet AC – Origins durch die Augen eines Ägyptologen und untersucht das Spiel auf seine Tauglichkeit hin, ob dieses gezielt zum Lernen eingesetzt werden kann und sich somit als Hilfsmittel der lehrenden Ägyptologie eignet.38 Untersucht werden hier Geschichtsschreibung, Archäologie, Geographie, Flora & Fauna sowie Soziokultur. Dabei geht er neben dem Spiel selbst auf die Darstellung des Alten Ägyptens in der Film- und Fernsehlandschaft ein und vergleicht den historischen Qualitätsgehalt der sonstigen populären Darstellungen mit dem des Spiels. Letztendlich spricht sich Casey dafür aus, das Spiel oder zumindest dessen Discovery Tour39 im Schulunterricht zu verwenden unter der Prämisse, dass den Schülern seitens der Lehrenden deutlich gemacht wird, dass es sich primär um ein Unterhaltungsprodukt handelt – ein Unterhaltungsprodukt mit einer „pädagogischen Komponente“. Ebenfalls erwähnenswert ist Tom Van Nuenens Aufsatz Touring the Animus: Assassin’s Creed and Ludotopical Movement (2017), in welchem er das virtuelle Eintauchen in vergangene Epochen untersucht. Die AC-Spiele versteht Van Nuenen als historischen Unterhaltungstourismus, in welchem es zwar primär darum geht, Spaß zu haben, die Spieler aber dennoch viele wichtige und richtige Eindrücke der behandelten Epochen und Kulturkreise mitnehmen können.
Was das klassische Altertum wiederum in Videospielen betrifft, so gibt es durchaus allgemeine Literatur und kritische Schriften, die sich mit diesem Thema befassen, auch wenn es speziell im Vergleich zur filmischen Rezeption der Antike nicht gerade viel ist.40 Dies mag nicht zuletzt daran liegen, dass die klassische Antike in Videospielen als Grund-Setting lange Zeit nur wenig Beachtung fand, ehe sich dies in den 90er Jahren allmählich änderte.41 Zur Rezeption der klassischen Antike in Videospielen sei vor allem der Sammelband Classical Antiquity in Video Games – Playing with the Ancient World, herausgegeben von Christian Rollinger, aus dem Jahr 2020 genannt. Damit leistet Rollinger einen wichtigen Beitrag in dem noch recht spärlich besetzten wissenschaftlichen Feld der Antikenrezeption in Videospielen. Darin sind mehrere Aufsätze zusammengetragen, die sich aus verschiedenen Gesichtspunkten heraus mit dem Thema der „Klassischen Antike“ in Videospielen auseinandersetzen.42 Diese Gesichtspunkte können vom antiken Militärwesen über Architektur hin zu Kultur, Religion und Dramaturgie-Verständnis reichen. Auch dies sei hier besonders hervorgehoben: Ein Spiel, ein Film, eine künstlerische und libertäre Adaption historischer Epochen und Ereignisse kann stets ebenfalls von mehreren Perspektiven und Themenschwerpunkten betrachtet werden. Jedoch ermöglichen erst alle Perspektiven ein vollständiges Bild. Age of Empires oder die historischen Total War Spiele stellen nicht nur antike Schlachten dar – auch mannigfaltige kulturelle Einflüsse spielen hier eine Rolle: Seien es die Bewaffnung oder die allgemeine Taktik,43 aber auch die Architektur oder gar Sprache finden durchaus Beachtung und werden aktiv in die Spiele miteingebunden. Die verschiedenen Aspekte von Kultur und Zeit bedienen stets einander – egal, ob sie direkt miteinander verwoben sind oder einander gegenüberstehen – das ganze Bild ist immer mehr als nur die Summe seiner Teile.
Auch die didaktische Frage, ob und wie sich Geschichte mithilfe von Videospielen lehren und lernen lässt, ist derzeit noch keine, welche innerhalb der Didaktik- und Verhaltensforschung viel Aufmerksamkeit erfahren hat. Genannt werden muss hier deshalb die Dissertation von Sian Beavers, The Informal Learning of History with Digital Games, in welcher genau diesen Fragen unter Zuhilfenahme von empirischen Studien nachgegangen wird.44
Die Quellenlage, welche auch dem Spiel Assassin’s Creed – Odyssey sowie der allgemeinen Forschung selbst zugrunde liegt, stützt sich hierbei auf die altbekannten schriftlichen und archäologischen Hinterlassenschaften. Da das Spiel während der Frühphase des Peloponnesischen Kriegs angesiedelt ist, stellt Thukydides45 logischerweise die Hauptquelle dar. Davon abgesehen gilt es aber auch, andere Quellen wie Herodot,46 Platon47 oder Xenophon48 zu betrachten. Da allerdings das Apollon-Heiligtum von Delphi im Zentrum dieser Arbeit steht, erweisen sich zudem Pausanias,49 Strabon50 sowie die Homerischen Hymnen51 als wichtige Quellen. In Bezug auf die archäologischen Quellen müssen vor allem die in dieser Arbeit behandelten Orte genau untersucht werden.52 In diesem Fall dienen primär G. Gruben Die Tempel der Griechen (1980), H. Berve & G. Gruben Griechische Tempel und Heiligtümer (1961) sowie T. Homolle Fouilles de Delphes (1959) als begleitende Literatur. Für schriftliche und kulturelle Hintergründe werden vornehmlich E. Baltrusch Sparta (2010), K. Meister Die Griechische Geschichtsschreibung (1990), E. Friedell Kulturgeschichte Griechenlands (1981), M. Giebel Das Orakel von Delphi (2001), M. Maaß Das Antike Delphi (2007), Das Antike Delphi – Orakel, Schätze und Monumente (1993), P. Vandenberg Das Geheimnis der Orakel (1979) sowie W. Will Athen oder Sparta (2019) herangezogen. Zur Analyse der Medienforschung helfen hier unter anderem S. Weber (Hrsg.) Theorien der Medien (2010), H. Ruprecht Lehren und Lernen mit Filmen (1970), D. Bachmann-Medick Cultural Turns (2018), Jesse Schell Die Kunst des Game Designs (2016) sowie Christine Gundermann u.a. Schlüsselbegriffe der Public History (2021).
Mit dem Voranschreiten der menschlichen Technologie verändern sich auch der Nutzen und die Gewichtung der jeweiligen Medien. Auf diese Weise werden unsere Sinne nicht nur anders angesprochen, die Art und Weise, wie etwas vermittelt wird, ändert sich ebenso. Dies betrifft auch die allgemeine Geschichtsvermittlung. Bevor sich also direkt mit dem Medium des Gamings auseinandergesetzt werden kann, gilt es auch zu betrachten, was diesem neuen Medium vorausging und was für Lehren aus diesem Wandel gezogen werden können. Um also den oben genannten Fragen nach Authentizität und Anwendungsmöglichkeiten von Assassin’s Creed – Odyssey zu erörtern, werde ich zunächst auf die Bedeutung von Bildern und als Folge derer von Filmen und Videospielen für die Geschichtswissenschaft und für die Geschichtsvermittlung eingehen. Alle drei Medien, Bilder, Filme und Videospiele bauen auf einander auf und müssen daher in einer Linie betrachtet werden. Interessant ist hierbei die Frage, in wie weit sich die Medien und unser Umgang mit diesen bezüglich der Geschichtlichkeit und der Geschichtsrezeption verändert haben. In den folgenden Unterkapiteln sollen daher der Wandel der Medien, ihr Umgang mit Historie sowie die jeweilige Rezeption derer betrachtet werden.
Das Verhältnis zwischen Geschichte und Medien ist oftmals eine heikle Angelegenheit aber dennoch sind diese kaum voneinander zu trennen. Viel zu oft wird noch das Sachbuch als einzig wahres Medium verstanden, mit welchem wir Geschichte als Fach oder gar Wissenschaft zu betrachten haben. Die Wichtigkeit des niedergeschriebenen fundierten Wortes soll hier auch gar nicht unterminiert werden. Dennoch leben wir in einer zunehmend digitalen Welt, welche in Form der multisensitiven Präsentation in den letzten Jahren und Jahrzehnten gewaltige Sprünge gemacht hat. Die Niederschrift hat sich ihre Dominanz in der Wissenschaft nicht zuletzt deshalb verdient, da sie über Jahrtausende53 hinweg das verständlichste Medium zur Vermittlung komplexer Inhalte diente. Jedoch sollte hier nicht der Fehler begangen werden, das geschriebene Wort als historisch einziges Medium (vor der Erfindung des Films) zu betrachten, das auch Geschichte vermittelt.
Ein auf ersten Blick zwar krudes aber bis heute noch genutztes Mittel der Kommunikation über die Zeiten hinweg ist die Bilddarstellung.54 Seien es Malerei, Plastik oder irgendeine andere Form des bildlichen Festhaltens – der Mensch hat sich seit jeher seiner Fantasie bedient, um nicht nur sein Innenleben festzuhalten, sondern auch um zu kommunizieren. Und was ist Geschichte als Fach denn anderes als die Kommunikation der Vergangenheit mit der Gegenwart und der Zukunft? Geschichte ist subjektiv und es kommt immer stark auf die Perspektive an, aus welcher sie erzählt und betrachtet wird. Die Aufgabe der Geschichtsforschung ist es, sämtliche verwendete Medien zu analysieren, um ein möglichst dezidiertes Bild der Vergangenheit zu zeichnen.55 Dementsprechend ist es die Verantwortung guter Historikerinnen und Historiker, sich möglichst viele Perspektiven vor Augen zu führen.
Von dieser Betrachtungsweise ausgehend ist die Geschichtsschreibung – oder eher Geschichtskommunikation – sehr viel älter als das geschriebene Wort selbst. Die Höhlen im Maros-Pangkep Karst auf Sulawesi beinhalten Felsmalereien, die nach aktuellem Forschungsstand über 45.000 Jahre alt sein könnten.56 Für den akuten Grund der Höhlenmalereien gibt es verschiedene Thesen von religiösen Absichten, über praktische Zwecke bis hin zum persönlichen künstlerischen Ausdruck und einfachen Spaß.57 Ein Aspekt dürfte dabei aber allen Malern bewusst gewesen sein, weshalb sie überhaupt erst malten: Die Bilder blieben bestehen. Man hinterließ etwas, was später betrachtet werden konnte. Es kann also auch so interpretiert werden, dass etwas für die Nachwelt hinterlassen wird. Die Höhlenmalerei ist in diesem Sinne also durchaus eine Form der zeitüberbrückenden Kommunikation. Hinter jedem Bild steckt eine Geschichte, es ist selbst eine Geschichte und aus ihm wird Geschichte. Denn das ist, was Historie ist: In vielfältiger Form weitergetragene Geschichten. Sie können absolut akkurat sein und ganz klar wiedergeben, was tatsächlich passiert ist, sie können aber auch ausgeschmückt und von bestimmten Betrachtungsweisen aus vermittelt werden. Um eine Historie zu erstellen und einzuordnen, müssen wir mit den Geschichten, die uns bleiben, arbeiten. Gegenwart und Zukunft haben die Vergangenheit nicht aus erster Hand gesehen und können nur versuchen, die Puzzlestücke zu nutzen, die erhalten geblieben sind.
Quellen wie Malerei und Plastik ziehen sich durch die gesamte menschliche Existenz und Identität. In Hinblick auf die Antike, ein weitgefasster Zeitrahmen, der sich vor allem dadurch auszeichnet, dass erhaltene Schriftquellen doch recht selten sind, ist es für die Geschichtsforschung unabdingbar, die Archäologie heranzuziehen, welche sich wissenschaftlich mit den hinterlassenen Realien auseinandersetzt. Bilder in jeglicher Form, seien sie auf Vasen, in Mosaikform oder an Wänden angebracht, werden dann häufig selbst zur Primärquelle.
Ein bekanntes Beispiel ist hierbei das weltberühmte Alexandermosaik von Pompeji (siehe Abb. 2). Dank kritischer Analyse des Mosaiks im Abgleich mit anderen archäologischen und schriftlichen Zeugnissen können wir es heute recht genau einordnen. Wir wissen, dass es eine Kopie eines älteren Bilds (wahrscheinlich ein Wandgemälde) aus dem ausgehenden 4. Jahrhundert v. Chr. ist.58 Dadurch wissen wir, wie wir die Darstellungen von Kampfformationen, Ausrüstung und Kleidung einordnen können.59 Die visuelle Rekonstruktion von Alexanders Hetairenreiterei geht nicht zuletzt auf dieses Bild zurück.60 Dank ihm haben wir heute eine recht gute Vorstellung davon, wie sie ausgesehen haben dürfte.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Das Alexandermosaik von Pompeji (2. Jh. v. Chr.). Neapel, Archäologisches Nationalmuseum.
Die „wirklichkeitsproduzierende Macht von Bildern“, wie es Landwehr ausdrückt, nicht zuletzt im historischen Kontext, ist bis heute beständig geblieben.61 Bilder können vieles aussagen und oft tun sie dies aktiv auch. Bilder sind dabei ob ihres reflektiven Charakters sehr kontextabhängig. Freilich gibt es große Gemälde, die vor Symbolik und Bildsprache sehr plakativ sind (siehe Abb. 2)62, andere Bilder wiederum sind subtiler, weshalb die Assoziation mit bei ihnen individueller ausfällt. Zusammengefasst sei gesagt, dass Bilder noch immer als historische Zeugnisse und auch noch als Vermittler von Geschichte dienen. Insgesamt geht es dabei aber nicht darum, das Medium Bild gegenüber dem Medium Schrift aufzustellen, um herauszuarbeiten, dass das eine sei dem anderen überlegen. Es ist wichtiger die gemeinsamen Verschränkungen zwischen Bild und Schrift zu erkennen und mit beidem zu arbeiten. Gleiches gilt auch mit Aufkommen eines jeden weiteren vermittelnden Mediums.
Mit Aufkommen des Films zum Beispiel trat auch das Potenzial in Erscheinung, Dinge erzählerisch und bewegt darzustellen. Ein Bild sagt bekanntlich mehr als 1.000 Worte – ein ganzer Film wiederum kann Inhalte in einem Maß vermitteln, wie es oftmals ganze Bücher nicht können. Videospiele können aufgrund ihres interaktiven Konzepts dieses Potenzial sogar noch weiter ausreizen. Genauso wie mit Aufkommen der Schrift, welche als Medium der Wissens- und damit auch Geschichtsweitergabe seriös verwendet wurde, sollte das gleiche auch mit den Medien Film und Videospiel getan werden. Vielerorts wird dies bereits getan.63
Die Evolution der Medien hat stets existiert – heute wie vor tausenden von Jahren. Sie sollte daher als solche auch akzeptiert und nicht pauschal abgelehnt werden. Dennoch gilt es immer auch zu betrachten, auf welche Weise Geschichte denn in den neuen Medien vermittelt wird. Wie können sie zielgerichtet eingesetzt werden, damit die Konsumenten über diese auch lernen? Schaut man sich ein Geschichtsbuch an, reicht es allein nicht, lesen zu können. Will man sich kritisch mit der Materie auseinandersetzen, dann muss auch der Geist entsprechend geschult werden. Gleiches gilt auch bei der Betrachtung eines Bildes, dem Schauen eines Films oder dem Spielen eines Computerspiels. Wir müssen mit dem Medium arbeiten, aber auch lernen, es richtig einzuordnen.
„Attention and repetition help in fixing ideas in the memory; but the ones that at first make the deepest and most lasting impression are the most likely to be remembered. And they are those that are accompanied by pleasure or pain.“64
Den Punkt, den John Locke hier anspricht ist einer, der viele Menschen, sei er bewusst oder unbewusst, beschäftigt: Wie lernen wir? Und wann bleibt Gelerntes bestehen? Gerade als Schüler, Auszubildener oder Student wird man mit dieser Thematik häufig konfrontiert und ein jeder hat seine ganz eigenen Methoden, etwas zu lernen. Die Bedeutung der Medien ist ob ihrer Alltäglichkeit dabei nicht zu unterschätzen. Über Unterhaltungsmedien wie Filme, Serien, Musik, Videospiele oder Bücher nehmen wir viele Informationen auf, welche, durch eine emotionale65 Verbindung bestärkt, im Gedächtnis haften bleiben.66 Nicht selten bekommen wir es dabei mit Adaptionen historischer Epochen oder Ereignisse zu tun. Selbst Fantasy-Werke sind häufig von realen Vorbildern beeinflusst und weisen gewisse Wiedererkennungsmerkmale auf.67 Diese Werke prägen letztlich sowohl unseren Wissenstand als auch unsere Vorstellung eines historischen Themas.
Bevor wir uns dem Medium der Videospiele widmen, soll zunächst das Medium des Films und des Fernsehens betrachtet werden, da es gewissermaßen den Vorläufer der Videospiele darstellt und sich letztere auf erstere narrativ lange Zeit stark bezogen haben und es auch noch heute tun.68 Aufgrund ihrer Popularität hatten und haben bekannte Monumental- und Historienfilme einen großen Einfluss darauf, wie historische Ereignisse und Personen heute noch wahrgenommen werden, obgleich die damals zugrundeliegenden Forschungskenntnisse möglicherweise sehr frei interpretiert wurden oder inzwischen überholt sind. Gerade in Bezug auf die Antike fällt dies auf. Speziell die Zeit des „Peplum“-Genres – die Sandalenfilme der 50er und 60er Jahre – hat die allgemeine Vorstellung von der Antike bis heute nachhaltig geprägt.69 Der verrückte Nero, der singend den Brand von Rom70 bewundert – von Peter Ustinov in Quo Vadis (1951) so dargestellt – prägt bis heute das Bild des römischen Kaisers,71 obwohl inzwischen recht eindeutig ist, dass dies so nicht stattgefunden hat.72 Entsprechenden Einfluss auf die moderne Wahrnehmung der Antike haben auch zum Beispiel die Darstellung der Kleopatra VII. in der berühmten „Liz Taylor“-Verfilmung (1963) oder des Commodus in Der Untergang des Römischen Reiches (1964).
Diese Beispiele zeigen, welche Macht das von den Medien gezeichnete Bild haben kann: Es ist in der Masse zum einen oftmals weiterverbreitet als die wissenschaftliche Forschung selbst und zum anderen bleiben die Bilder aufgrund der klaren Visualisierung besser im Gedächtnis. Kommen dann noch Emotionen wie Spannung oder Freude hinzu, da in diesem Beispiel der Film dem Betrachtenden gefällt, wird dieser Effekt noch verstärkt.73 Es bleibt also festzuhalten, dass der mediale Umgang mit Geschichte nicht nur das Potenzial birgt, den Laien eher zu prägen als die weniger bekannte Forschungsliteratur.
Dies muss aber nicht zwingend etwas Negatives sein. Zwar ist die primäre Aufgabe eines (Spiel-)Films, zu unterhalten, weshalb weniger der Informationsgehalt im Vordergrund steht als das zurechtgebogene Narrativ, dennoch heißt dies nicht automatisch, dass alles, was gezeigt wird, auch falsch ist. Das Potenzial, aus Film und Fernsehen zu lernen, kann auch zielgerichtet eingesetzt werden, indem diese beispielsweise in den Schulunterricht oder ins Geschichtsstudium an der Universität miteinbezogen werden.
Eric Lindner greift in seiner Arbeit eine Studie an amerikanischen Schulen von Hans Ebeling aus den 1960ern auf, in welcher die Auswirkungen des Einsatzes von Filmen im Geschichtsunterricht auf die Lern- und Behaltensleistung untersucht wurden.74 Hier wurden etwa 600 Schüler in zwei Gruppen eingeteilt, dabei aber vom selben Lehrer unterrichtet. In einer Gruppe wurden die Unterrichtsthemen mit dem herkömmlichen Lehrervortrag vermittelt, in der anderen Gruppe wiederum wurden zehn Filme als Anschauungsmaterial verwendet. Untersucht werden sollte, inwieweit historische Unterrichtsfilme 1. „zur Wachhaltung des historischen Interesses“, 2. „zur Wissensbereicherung“, 3. „zur gedächtnismäßigen Fixierung des Stoffes“ und 4. „zur Beeinflussung menschlicher, charakterlicher Haltung“ beitragen können. Um einen Kontrollwert zu erarbeiten, wurden beide Gruppen mit 1. „Fragen nach historischen Daten“, 2. „Fragen nach Kenntnissen in historischer Geographie“, 3. „Fragen nach Kenntnissen über historische Personen“, und 4. „Fragen nach Kenntnissen über Handlungen, Entwicklungen, Kausalzusammenhänge und Zusammenhänge mit anderen geschichtlichen Epochen“ konfrontiert. Das Ergebnis fiel eindeutig aus: So erlangte die Filmgruppe bei der Auswertung einen zweistelligen Fragenvorteil in allen vier Fragenkomplexen. Es konnten Minimum 10% und Maximum 35% mehr Wissen reproduziert werden. Ähnliche Versuchsreihen in der Bundesrepublik Deutschland kamen zu vergleichbaren Ergebnissen. Horst Ruprecht kommt zum Schluss, dass sich Filme in einem hohen Maße positiv auf die Behaltensleistungen auswirken. Allerdings weist er ebenfalls darauf hin, dass die Behaltensleistung auch von der Art des Films, der Schulbildung der Schüler sowie deren Alter und Geschlecht abhängig seien.75 Ebenfalls wichtig zu beachten ist, wie ein Film eingesetzt wird. Dazu zählen sowohl die Dauer als auch die übergeordnete Erzählweise und wie dieser gefolgt werden kann. Ein unverständlicher Erzählansatz sowie ein zu langer Film wirken sich negativ auf die Konzentrationsfähigkeit der Zuschauer aus.
Mit einem Film, sei es eine Dokumentation oder ein Spielfilm, haben Schüler Anschauungsmaterial, welches sie auch außerhalb des Unterrichts interessieren mag. Auch werden eher Schüler angesprochen, die sich privat weniger mit den gezeigten Themen auseinandersetzen, da es nicht zuletzt keine direkte Arbeit ist oder zumindest nicht als solche wahrgenommen wird. Der bewusste Einsatz von entsprechenden Unterhaltungsmedien (dazu gehört auch, dass sich die lehrende Person bewusst macht, welche Produkte für den Unterricht weniger geeignet sind) regt schnell das Interesse an, was eher zu einer aktiven Diskussion führt. Dieser interaktive Charakter des Unterrichts trägt zum besseren Verständnis und Erinnern bei, da so Emotionen geweckt werden – so landen wir wieder bei Locke.
Filme können helfen, das Interesse der Betrachter zu wecken, erst recht, wenn nicht alle Fragen beantwortet wurden. Dies mag dann zum Eigenstudium führen.76 Wichtig ist dabei allerdings, dass die lehrende Person den Unterricht um den Film herum aufbaut und aktiv sowie interaktiv gestaltet. Das einfache Schauen eines Films reicht da nicht aus, da die Rahmenbedingungen stimmen müssen. Es gilt immer, mit Hilfe der verwendeten Materialien eine Diskussion zu führen. Gegenstand der Unterhaltung kann es eben auch sein, was historisch falsch ist und warum es trotzdem so gemacht wurde.77 Eine solche Betrachtungsweise schult den kritischen Geist und die Medienkompetenz.78 Gerade Letzteres ist in einer zunehmend digital werdenden Gesellschaft ausgesprochen wichtig. Wurde mit Hilfe des filmischen Materials das Interesse des Schülers erst geweckt, ist es wahrscheinlicher, dass er sich dem Thema mit einer größeren Begeisterung widmen und eventuell auch abseits des Unterrichts sich dazu entsprechende Inhalte zu Gemüte führen wird.
Da Studenten an Universitäten normalerweise größere individuelle Freiheiten genießen als im regulären Schulunterricht und oftmals die Möglichkeit haben, die Seminare durch Referate oder andere Arbeiten zunehmend auch selbst zu gestalten, lassen sich Unterhaltungsmedien eher inkludieren.79 Für interaktive Diskussionen bieten Filme und Serien ein hohes Potenzial: Es gilt nämlich auch zu unterscheiden, was historisch schlicht falsch ist, was authentisch und was akkurat. Die letzten beiden Punkte dürfen nicht miteinander verwechselt werden. Historische Spielfilme bieten trotz ihres unterhaltenden und narrativen Charakters nämlich das Potenzial, ein für die dargestellte Epoche authentisches Bild von Identitäten und Mentalitäten zu kreieren.80 Diese Aspekte müssen einander nicht ausschließen und können sich sogar beflügeln. Gleichwohl gilt es immer, auch die Fehlerhaftigkeit zu berücksichtigen und richtig einzuordnen. Abschließend kann also gesagt werden, dass Filme also Geschichte durchaus vermitteln können, weshalb sie dementsprechend auch in der Didaktik die entsprechende Aufmerksamkeit erhalten sollten. Allgemein sollten Authentizität und Akkuratesse nicht miteinander verwechselt werden. Historische Authentizität in Unterhaltungsprodukten wie Filmen oder Videospielen bedeutet die Erschaffung oder Behandlung historischer Inhalte, welche, unabhängig von ihrer historischen Akkuratesse, vom Konsumenten als glaubwürdig und akzeptabel angesehen werden.81 Entscheidend ist hier ebenfalls, ob Geschichte als solches adaptiert wird, oder ein seinerseits rezipierendes Werk. So basiert der Film 300 (2006) beispielsweise auf der gleichnamigen Graphic Novel von Frank Miller und Lynn Varley aus dem Jahr 1998, welche ihrerseits die Geschichte des Kampfs der 300 Spartiaten gegen die Perser bei den Thermopylen behandelt, wobei auf ganz eigene Stilmittel gesetzt wird. Die historische Authentizität des Films 300 muss also anders betrachtet werden als die jene des Films Alexander (2004) von Oliver Stone, welcher die Alexander-Biographie von Robin Lane Fox als Grundlage nimmt.
Geschichte in einem digitalen Medium zu adaptieren unterscheidet sich vom Grundsatz her nicht zwingend davon, Belletristik zu adaptieren. Beim Sprung von einem Medium zum anderen (Buch oder antike Quellen zum Film) müssen immer Kompromisse eingegangen werden. Um eine fürs Kino und Fernsehen geeignete Länge zu haben, müssen Inhalte oft gekürzt werden. Um den Zuschauern, die das zugrunde liegende Material nicht kennen, die Inhalte näherzubringen, gilt es ebenfalls erzähltechnische Kompromisse zu finden. Gerade Historie folgt nicht immer der klassischen Dreiakt-Struktur mit ihrem üblichen Spannungsbogen. Um dennoch einen solchen zu erzeugen, müssen Inhalte angepasst, komprimiert und/oder verändert werden.
Für das Thema der „inhaltlichen Adaption“ von Geschichte (dies lässt sich auch auf Belletristik als Vorlage anwenden) soll hier eine Einteilung in drei Kategorisierungen erfolgen mit jeweils einem Beispiel, welches inhaltlich in der Antike angesiedelt ist:
1. Die zugrundeliegende Geschichte ist direkter Bestandteil des Films. In diesem Fall steht die historische Authentizität weitestgehend im Mittelpunkt und das Narrativ wird um diese herumgesponnen. Die Geschichte als solche bleibt aber bestehen und wird nicht oder nur geringfügig verändert. Dies kann sich aber negativ auf die Spannung auswirken. – Beispiel: Alexander (2004).82
2. Der Inhalt und das Narrativ bedienen einander. Zugunsten der Historie werden auf Seiten des Narrativs Abzüge gemacht und umgekehrt. Beide Fäden werden also miteinander verwoben, um eine Balance zwischen Authentizität und Unterhaltung zu schaffen. – Beispiel: Rome (2005–2007).83
3. Das Narrativ und das Drama stehen an erster Stelle. Der historische Hintergrund dient hier eher als Kulisse und wird zugunsten der Spannung teils stark gebeugt oder verändert. – Beispiel: Gladiator (2000).84
Oliver Stones Alexander bemüht sich um historische Authentizität. So stimmen Kostüme und Kulisse weitgehend mit dem historischen Forschungsstand überein. Durch seine Länge (176 Minuten in der Kinofassung, 207 Minuten im Ultimate Cut und 213 Minuten im Final Cut) allein hatte er es an den Kinokassen schwer. Ein Film, der deutlich über 120 Minuten geht, lässt in den meisten Fällen keine zweite Abendvorführung zu. Dies ist speziell dann der Fall, wenn es sich nicht um einen Ableger eines erfolgreichen Franchises handelt (Star Wars, MCU85 etc.). Dies für sich stellt bereits ein finanzielles Risiko dar. Bei einem nicht konventionellen Spannungsbogen und befremdlich wirkenden Dialogen kann dies zusätzlich zu Unverständnis und Langeweile beim Publikum führen.
Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist der Umgang mit allgemeinen Konventionen. Bereits vor Erscheinen des Films gab es Kontroversen bezüglich Alexanders Bisexualität.86 In der Kinofassung wird diese lediglich angedeutet, während in den längeren Fassungen dieses Thema doch recht deutlich gezeigt wird.87 In der Forschung gilt es als wahrscheinlich, dass Alexander eine intime Beziehung mit seinem Freund und General Hephaistion hatte;88 von konservativer und kirchlicher Seite wurde die Darstellung dieses Sachverhaltes sowohl in Griechenland als auch in den USA vorab verurteilt.89 Für einen Film ist auch eine solche „negative“ PR ein Risiko und kann zu Verlusten führen. Sowohl bei Kritikern und an den Kinokassen fiel der Film durch90 und verzeichnete Verluste in Höhe von knapp 71 Millionen US-Dollar.91 Oliver Stone machte dafür unter anderem den „amerikanischen konservativen Fundamentalismus“ verantwortlich.92 Entsprechende Kontroversen finden sich nicht nur in den Bereichen der sexuellen Orientierung oder des Geschlechts einzelner behandelter Charaktere, sondern nicht zuletzt auch bezüglich der Darstellung von ethnischer Diversität in modernen Umsetzung vergangener Epochen durch die Unterhaltungsindustrie. So wurde die Netflix- und BBC-Coproduktion Troja: Untergang einer Stadt von Diskussionen bezüglich der Hautfarbe einzelner Charaktere überschattet. Gerade die Besetzung des Achilles durch den dunkelhäutigen britischen Schauspieler David Gyasi sorgte für Kontroversen.93 Wenn in Unterhaltungsprodukten dargestellte historische Epochen nicht durch ethnische Diversität auffallen, kommt es umgekehrt ebenfalls zu Kontroversen.94 Das Thema der ethnischen Diversität und Repräsentation ist ein vieldiskutiertes, wobei die Frage gestellt werden muss, ob historische Akkuratesse in Film, Fernsehen und Videospielen als rassistisch bewertet werden kann.95
Auch heute sind filmische Anpassungen, um dem Kinomarkt zu entsprechen, keine Seltenheit. Speziell bei Filmveröffentlichungen im wichtigen chinesischen Markt werden immer wieder alternative „linientreue“ Fassungen gezeigt, was international auf Kritik stößt.96 Was dieses Beispiel zeigt ist, dass Kinofilme und TV-Serien am Ende eben profitorientierte Unterhaltungsprodukte sind, welche diesem Ziel alles andere unterordnen müssen. Entsprechende Restriktionen lassen sich auch bei Videospielen finden. In der Rezeption dieser – hier besonders bei Assassin’s Creed – Odyssey[97] – gilt es, dies stets mit zu beachten.
Waren in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch das Fernsehen und das Kino die vorherrschenden Medien, die unsere Wahrnehmung der Welt nachhaltig prägten, sind es nun im 21. Jahrhundert zunehmend die Videospiele, welche sich den Platz an der Spitze der Unterhaltungsmedien erkämpfen. Die aktuelle Covid-19-Pandemie (Stand: Frühjahr 2021) hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Videospiel-Industrie weltweit seinen Umsatz erheblich steigern konnte, während der Filmmarkt mit schweren Einbußen zu kämpfen hatte (siehe Abb. 3).
Im Jahr 2020 konnten weltweit mit Videospielen knapp 180 Milliarden USD erwirtschaftet werden, was einen Anstieg von etwa 20% gegenüber dem Vorjahr entspricht. Aber bereits vorher konnte die Videospiel-Industrie ein stabiles Wachstum vorweisen – der Werbeumsatz ist dabei noch nicht mitberücksichtigt. Im Vergleich verzeichnete die Filmindustrie im Jahr 2019 Rekordeinnahmen in Höhe von 101 Milliarden USD.98 Selbst vor Corona gaben die Menschen im Schnitt deutlich mehr Geld für Videospiele (inklusive In-Game-Käufe) aus als fürs Kino und für Streamingdienste – Tendenz steigend. Es kann also durchaus die Aussage getätigt werden, dass die Videospiel-Industrie zum größten Home-Entertainment-Markt der Welt aufsteigt. Dementsprechend – in Anbetracht des Einflusses, welchen die Filmindustrie auf das Geschichtsverständnis der Menschen hat – liegt es nahe, auch den Umgang von Videospielen mit Geschichte zu betrachten.99 Dies ist allein schon deshalb notwendig, da sich die Medien und ihr Umgang mit Geschichte stetig weiterentwickeln.100 Bereits die einfachen Zahlen zeigen schon, dass es einer „Rechtfertigung“, weshalb denn in einer geschichtlichen Forschungsarbeit über ein Videospiel geschrieben wird, wie es bis vor einigen Jahren noch der Fall war, nicht länger bedarf.101 Videospiele sind inzwischen gesellschaftsfähig geworden. Sie werden von allen Gesellschaftsschichten sowie Altersgruppen102 konsumiert und sollten dementsprechend auch mit der angemessenen Seriosität betrachtet werden, wie es beim Medium Film bereits seit Jahrzehnten der Fall ist.103
Anmerkung der Redaktion:
Diese Abbildung wurde aus urheberrechtlichen Gründen entfernt.
Abbildung 3: Entwicklung der durch Videospiele weltweit generierten Einnahmen von 2018 bis 2020.
Zunächst einmal sollte mit dem Vorurteil aufgeräumt werden, dass Videospiele „faul und dumm“ machen würden.104 Tatsächlich ist genau das Gegenteil der Fall: So fördern Ego-Shooter zum Beispiel Intelligenz und kognitive Fähigkeiten, wie das räumliche Vorstellungsvermögen.105 In fast allen Gaming-Genres ist festzustellen, dass sie ob der häufigen Konfrontationen mit unterschiedlichen Herausforderungen die Problemlösungsfähigkeiten der Spieler verbessern, welche sich häufig auch auf das reale Leben anwenden lassen.106 Hinzu kommen noch emotionale Förderungen, die durch Videospiele vermittelt werden. Aufgrund des häufigen „Trial and Error“-Prinzips wird eine positive Einstellung gegenüber dem Scheitern vermittelt, da der Glaube besteht, die gesetzten Ziele bei erneutem Versuchen doch noch zu erreichen.
Emotionalität im Allgemeinen wird erhöht, dazu zählen eben nicht nur Emotionen wie Freude, und Spaß, sondern auch negative Emotionen wie Traurigkeit, Wut, Angst, etc. Genau wie Filme sind Videospiele real genug, um in uns solche Emotionen auszulösen.107 Aufgrund des interaktiven Charakters und dem damit einhergehenden häufig hohen Identifikationsgrad fällt dies dann noch stärker aus.108 Identifikation steigert die emotionale Verbundenheit und diese fördert das Bestehenbleiben von Erinnerungen.109 Damit werden auch in Videospielen die grundlegenden Prinzipien von Johan Huizingas „Homo Ludens“ (1938) aufgegriffen, wonach das Spiel die menschliche Kreativität, den kompetitiven Geist sowie den Innovationsdrang, bzw. das Innovationspotenzial fördert. Auch Videospiele bedienen sich dieser Prinzipien und bieten daher das Potenzial, sich konstruktiv auf das Lernverhalten auszuwirken. Mithilfe von Videospielen lässt sich Geschichte also – innerhalb eines vorgefertigten Rahmens – „erleben“, wodurch Erinnerungen besser verarbeitet werden, da sie den Spielenden selbst widerfahren sind.110
Genau wie im Film sind historische Themen und Schauplätze in Videospielen keine Seltenheit.111 Das zugrundeliegende Thema der Historie in Videospielen findet dabei in vielen unterschiedlichen Genres Anwendung, wobei jeweils auf unterschiedliche Erzähl- und Vermittlungspraktiken zurückgegriffen wird. Einen der ersten großen Erfolge als „historisches“ Computerspiel konnte The Oregon Trail aus dem Jahr 1971 (kommerziell vertrieben ab 1974) erringen. Dabei handelte es sich um ein Text-basiertes Strategiespiel mit Survival-Aspekten, in welchem der Spielende in die Rolle eines Wagenlenkers eines amerikanischen Pionier-Trecks der 1840er Jahre einnimmt. Ziel ist es, den besagten Oregon Trail zu meistern und von Independence, Missouri über die Rocky Mountains ins rund 3.500 km entfernte Oregon City zu reisen, wobei es allerhand Probleme zu bewältigen gibt, um zu überleben. Dabei muss der Spieler viele Entscheidungen treffen, wie mit der Nahrungsversorgung umgegangen wird, oder welche Risiken man gegenüber der Natur eingeht. Es war der Versuch dreier Referendare am Carleton College in Northfield, Minnesota, den Schülern im Geschichtsunterricht - soweit es die technischen Möglichkeiten zuließen - möglichst authentisch die Strapazen der Siedler und Pioniere näherzubringen. Ab 1974 wurde das Spiel auch außerhalb des Carleton College an Schulen in ganz Minnesota verbreitet und im Geschichtsunterricht eingesetzt.112 Der Erfolg war groß – es folgte eine ganze Videospielreihe, von der insgesamt über 65 Millionen Einheiten verkauft wurden.113 Nicht nur der kommerzielle Erfolg der Serie ist beeindruckend, ähnlich verhält es sich mit dem Einfluss, den The Oregon Trail auf die Videospiellandschaft hat. Es setzte gewissermaßen den Startschuss für das geschichtliche Edutainment -Subgenre114 und des E-Learnings in Videospielen. Interessant ist dabei, dass The Oregon Trail zwar ein grundlegend historisches Szenario behandelt, aber kein expliziertes. Es geht nicht um bestimmte historische Figuren, sondern um die Strapazen ihrer Zeit.
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1 David DeSouto: Gaming Art History – A Study of Game-Based Pedagogy and ist Applications in Art History (2020), S. 2.
2 https://www.golem.de/news/google-stadia-assassin-s-creed-odyssey-bis-samurai-showdown-zum- start-1911-144919.html
3 Eine intensive Auseinandersetzung mit dem Peloponnesischen Krieg würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Stattdessen sei an dieser Stelle auf folgende erläuternde Literatur verwiesen: Ernst Baltrusch: Sparta (2010), S. 48–62; Sebastian Schmidt-Hofner: Das Klassische Griechenland. Der Krieg und die Freiheit (2016); Antonis Tsamakis & Antonios Bengakos (Hrsg.): Brill’s Companion to Thucydides (2012); Wolfgang Will: Athen oder Sparta (2019).
4 Thuk. 5, 9–11.
5 Vgl. Assassin’s Creed – Das Ultimative Kompendium. S. 43. Der Spieler hat zu Beginn die Auswahlmöglichkeit, die weibliche Kassandra oder den männlichen Alexios zu spielen. In beiden Fällen verhält sich die Handlung gleich, während der nicht gewählte Charakter als jüngerer Geschwisterteil und Antagonist in der Rolle des Deimos auftritt. Laut dem offiziellen Roman zum Spiel von Gordon Doherty sowie dem offiziellen „Assassin’s Creed“-Kompendium zufolge ist Kassandra allerdings die kanonische Protagonistin. In der medialen Bewerbung des Spiels schien zunächst jedoch Alexios der Protagonist zu sein. – Es sei an dieser Stelle zusätzlich auf die voraussichtlich 2022 erscheinende Auseinandersetzung von Richard A. Cole „Kassandra’s Odyssey“ verwiesen, welcher sich aus historischer Perspektive mit der Figur der Kassandra in Assassin’s Creed – Odyssey auseinandersetzt. Erscheinen wird diese im Werk Women in Classical Video Games der Bloomsbury Academic.
6 Zu Leonidas siehe: Baltrusch (2010), S. 48–51; Bengston (1978), S. 140–144; Berve (1959), S. 40–47. Leonidas ist während des Prologs des Spiels der Protagonist, während er mit seinen 300 Spartiaten bei Thermopylai gegen die Perser kämpft. Im Verlauf des Spiels wird er auch erwähnt und taucht mehrfach in Rückblenden auf. In Kapitel 1 des DLCs („Downloadable Content“ – zusätzlich herunterladbare Inhalte) „Das Schicksal von Atlantis“ trifft der Spielende im Elysion auf Leonidas. - Bei Bengston und Berve als literarischer Zusatz gilt es stets, deren zuweilen völkischen Inhalte und nicht mehr zeitgemäßen Stile zu beachten. In dieser Arbeit wurde die entsprechende herangezogene Literatur an den jeweiligen Stellen diesbezüglich kritisch untersucht und für unbedenklich befunden. Es sollte dennoch erwähnt werden, dass sich der Autor dieser Arbeit dieser Problematik durchaus bewusst ist.
7 Siehe auch Aris Politopoulos, Angus A. A. Mol, Krijn H. J. Boom & Csilla E. Ariese: „History is our Playground“ – Action and Authenticity in Assassin’s Creed – Odyssey. In: Advances in Archeological Practice 7(3), S. 317–319.
8 Die Spielkarte ist zu groß, um im Kartenmenü auf ein Bild zu passen. Sie musste also aus mehreren Screenshots zusammengesetzt werden. Die Schatten ergeben sich aus dem Interface-Design des Spiels.
9 Vgl. https://www.metacritic.com/game/playstation-4/assassins-creed-odyssey; https://www.metacritic.com/game/pc/assassins-creed-odyssey; https://www.metacritic.com/game/xbox-one/assassins-creed-odyssey
10 Vgl. https://venturebeat.com/2020/05/14/ubisoft-says-11-games-sold-over-10-million-copies-each-in-ps4-xbox-one-era/
11 Vgl. Aris Politopoulos, Angus A. A. Mol, Krijn H. J. Boom & Csilla E. Ariese: „History is our Playground“ – Action and Authenticity in Assassin’s Creed – Odyssey. In: Advances in Archeological Practice 7(3), S. 317–323. Society for American Archeology, 2019; Leonie Glauner: Assassin’s Creed Odyssey. A Review. In: Gamevironments, Issue 12. S. 169–177 (2020).
12 Im Folgenden wird „Assassin’s Creed“ gelegentlich mit „AC“ abgekürzt.
13 Vgl. https://www.imdb.com/title/tt2094766/
14 Vgl. https://www.play3.de/2019/09/28/ubisoft-verkaufszahlen-zu-assassins-creed-far-cry-splinter- cell-und-mehr/
15 Zum Verhältnis von Assassin’s Creed zur Geschichtsschreibung siehe Assassin’s Creed – 2500 Ans d’Historie (2019) sowie Vincent Boutonnet et David Lefrançois: Négocier le sens entre histoire et fiction: analyse transversale de la série Assassin’s Creed (2019), S. 25–41.
16 Beides fiktionalisierte Versionen der historischen Vereinigungen gleichen Namens. Siehe Aris Politopoulos, Angus A. A. Mol, Krijn H. J. Boom & Csilla E. Ariese: „History is our Playground“ – Action and Authenticity in Assassin’s Creed – Odyssey. In: Advances in Archeological Practice 7(3), S. 317.
17 Zur Geschichte der Isu, ihrer Kultur, Architektur, Technologie sowie ihrer Verbindung zu den uns bekannten Götterpantheons siehe Aymar Azaiza: Assassin’s Creed – Das Ultimative Kompendium. S. 17–39.
18 Seit Assassin’s Creed – Syndicate (2015) wurde das ursprüngliche Statement etwas abgewandelt: „Inspiriert von historischen Ereignissen und Charakteren, wurde dieses fiktive Wert von einem multikulturellen Team verschiedenster Glaubensrichtungen, sexueller Orientierungen und Geschlechteridentitäten entworfen, entwickelt und fertiggestellt.“
19 Vgl. https://www.theguardian.com/games/2018/jun/25/ubisoft-tom-clancy-division-2-politics-criticism Ubisofts Umgang mit politischen Themen, bzw. das Vermeiden dieser wird sowohl in Spielerkreisen also auch in der Presse viel diskutiert.
20 Raphael Lacoste: Zitiert nach Miller (2015), S. 10.
21 Vgl. das entsprechende Video auf YouTube -https://www.youtube.com/watch?v=RJdIhngsXrM &t=15s
22 Thuk. 1, 22, 1. καὶ ὅσα μὲν λόγῳ εἶπον ἕκαστοι ἢ μέλλοντες πολεμήσειν ἢ ἐν αὐτῷ ἤδη ὄντες, χαλεπὸν τὴν ἀκρίβειαναὐτὴν τῶν λεχθέντων διαμνημονεῦσαι ἦν ἐμοί τε ὧν αὐτὸς ἤκουσα καὶ τοῖς ἄλλοθέν ποθεν ἐμοὶ ἀπαγγέλλουσιν: ὡς δ᾽ ἂν ἐδόκουν ἐμοὶ ἕκαστοι περὶ τῶν αἰεὶ παρόντων τὰ δέοντα μάλιστ᾽ εἰπεῖν, ἐχομένῳ ὅτι ἐγγύτατα τῆς ξυμπάσης γνώμης τῶν ἀληθῶς λεχθέντων, οὕτως εἴρηται. – Thukydides verweist hier darauf, dass die von ihm widergegebenen Worte nicht genauso gefallen sein müssen. Er hebt allerdings hervor, dass sie aber authentisch sind und dass sich die inhaltlichen Aussagen decken. Damit verweist er darauf, dass Authentizität nicht immer die Wirklichkeit zeigen muss, aber dennoch wahrhaftig sein kann.
23 Siehe hierzu Gerhard Bauer: Geschichtlichkeit – Wege und Irrwege eines Begriffs (1962).
24 Zur Definition der Geschichtlichkeit sowie ihrer Bedeutung für die Geistesswissenschaftliche Pädagogik, wo die Grenzen gezogen werden müssen und welche Ansätze es besonders zu beachten gilt, siehe Stefanie Mauder: Die Bedeutung der „Geschichtlichkeit“ für die Geisteswissenschaftliche Pädagogik (2006).
25 Zur Auffassung von Geschichte sowie Geschichtlichkeit und deren Rezeption innerhalb der menschlichen Vermittlungskultur siehe Klaus-Michael Bogdal: Historische Diskursanalyse der Literatur (1999).
26 Zur unterschiedlichen Wahrnehmung von (historischer) Authentizität über die verschiedenen Medien hinweg siehe Beavers (2019), S. 124–142.
27 Zur Wahrnehmung von historischer Akkuratesse und den Problemen, die sich daraus ergeben, siehe T. J. Copplestone: But that’s not accurate: the differing perceptions of accuracy in cultural–heritage videogames between creators, consumers and critics. In: Rethinking History, Volume 21, Issue 3, S. 1–24 (2016).
28 Siehe hierzu Eugen Pfister: „Wie es wirklich war.“ – Wider die Authentizitätsdebatte im digitalen Spiel (2017). https://gespielt.hypotheses.org/1334
29 Vgl. Beavers (2019), S. 45–47. Es gilt ganz klar zwischen historischer Akkuratesse und Authentizität zu unterscheiden. Während Akkuratesse als etwas „Faktisches“ verstanden wird, spiegelt die Authentizität eine glaubwürdige und gefühlte „Wirklichkeit“ wider.
30 Zur Grundsätzlichkeit dieser Fragen sowie auf die ausgehende Betrachtungsweise von Videospielen mit Geschichte und der thematischen Auseinandersetzung mit dieser siehe Florian Kerschbaumer / Tobias Winnerlig (Hrsg.): Frühe Neuzeit im Videospiel – Geschichtswissenschaftliche Perspektiven. (2014). Auch wenn sich die in diesem Werk behandelte Epoche nicht mit der Klassischen Antike deckt, so bleiben die grundlegenden Prinzipien im Hinblick auf die Betrachtung von Geschichte sowie im Umgang mit dieser in Videospielen die gleichen.
31 Der hohe Bekanntheitsgrad des Orakels lässt sich anhand seiner Rezeption bereits in der Antike festmachen. Viele antike Autoren haben das Orakel wegen seiner kulturellen Relevanz vielfältig thematisiert. Dies reicht von allgemeiner Geschichtsschreibung (Herodot, Thukydides, Pausanias, etc.) über philosophische Werke (Aristoteles und Diogenes) bis hin zu heute noch populären Theaterstücken von Aischylos, Euripides und Sophokles. Dies alles trug dazu bei, dass Delphi den Status des bekanntesten Orakels des westlichen Kulturkreises innehat, sodass Delphi geradezu als Synonym für das Orakel allgemein gilt und umgekehrt. Durch namentliche Anlehnungen in Form des US-amerikanischen Soft- und Hardwareherstellers „Oracle“ und der Computerprogrammsammlung „Delphi“ des US-amerikanischen Softwareunternehmens Borland bleibt das Orakel von Delphi auch in der Software- und Computertechnik heute noch ein bekannter Begriff.
32 Vgl. DeSouto (2020), S. 18–31 sowie Kathleen Lynch (Archäologin und Professorin des Classics Department der University of Cincinnati) und ihre Schnellanalyse der Akropolis von Athen und der athenischen Agora. https://www.youtube.com/watch?v=QDFMYkCTNu4.
33 Zum Eindruck, welchen historische Architektur und entsprechende Architekturstile in Videospielen auf die Spielenden macht, siehe Fede Peñate Domínguez: Spanish colonial architecture as selective authenticity in historical digital games (2018). In: Culture & History Digital Journal 9(1), (2020). Hier wird zwar das Beispiel des Spanischen Kolonialstils angebracht, die allgemeinen Prinzipien und Thesen lassen sich weitestgehend auch auf die klassische griechische Architektur in Assassin’s Creed – Odyssey übertragen.
34 Die Bedeutung von Architektur als Erkennungs- und Bildungswert in Videospielen haben bereits Paul Christensen und Paul Machado hervorgehoben. Siehe Christensen & Machado: Video Games and Classical Antiquity. In: The Classical World, Volume 104, Nr. 1 (2010), S. 107–110.
35 Das Feld der „Public History“ fasst unterschiedliche Bereiche wie historische Film- und Prosaliteraturforschung, Reenactment, Museumspädagogik und nicht zuletzt auch historische Videospiel-Rezeption zusammen. – Für eine genaue Übersicht der Public History mit ihren unterschiedlichen Facetten im Alltag sowie in der Pädagogik siehe Christine Gundermann (u. a.): Schlüsselbegriffe der Public History (2021).
36 Zur Problematik von literarischer Interpretation und den damit einhergehenden Verantwortungen sowie Freiheiten, siehe Klaus-Michael Bogdal: Kann Interpretieren Sünde sein? Literaturwissenschaft zwischen sakraler Poetik und profaner Texttheorie. In: Ideologie nach ihrem „Ende“ – Gesellschaft zwischen Marxismus und Postmoderne. Hansjörg Bay & Christof Hamann (Hrsg.). S. 129–145 (1995).
37 Von einigen Aufsätzen abgesehen, sind bislang noch keine umfangreichen Forschungsarbeiten, die sich öffentlich mit der Historizität von Assassin’s Creed – Odyssey auseinandersetzen, erschienen. Dementsprechend deckt diese Arbeit weitestgehend eine Nische innerhalb der „Public History“ ab.
38 Casey kritisiert in seiner Einleitung den konservativen Standard in der Ägyptologie, wonach ihm davon abgeraten wurde, sich aus wissenschaftlicher Perspektive mit einem Videospiel auseinanderzusetzen, da dies seiner Reputation schaden könnte, obgleich die Möglichkeit, dass das behandelte Videospiel einen Mehrwert für das Fach bringen könnte, gar nicht erst in Betracht gezogen wurde.
39 Die Discovery Tour ist eine Art virtuelles Museum auf Grundlage des Spiels, in welchem den Spielenden die historischen und archäologischen Hintergründe des Spiels nähergebracht werden sollen. Assassin’s Creed – Odyssey verfügt ebenfalls über einen solchen Museumsmodus. Siehe hierzu Kapitel 7 „Die Entdeckungstour in Assassin’s Creed – Odyssey“.
40 Ein gutes Beispiel ist der Aufsatz „L’Antiquité Vidéoludique, une Résurrection Virtuelle?“ (2013) von Laury-Nuria André und Sophie Lécole-Solnychkine, welcher sich mit dem vielfältigen Potenzial zur Repräsentation der Antike in Videospielen auseinandersetzt. Bereits genannt der Aufsatz von Christensen und Machado: Video Games and Classical Antiquity (2010).
41 Die Cultural Turns hielten ab den 90er Jahren auch Einzug in das „neue“ Medium des Gamings – in der Kulturwissenschaftsforschung erfolgten diese bereits Anfang des 20. Jahrhunderts – indem nicht nur auf Sensationalismus, sondern auch mehr auf kulturelle Tiefe und Authentizität geachtet wurde. Das bedeutet, dass der kulturwissenschaftliche Ansatz, Historizität einen höheren Stellenwert beizumessen im Gaming zunehmend häufiger Beachtung fand und findet. Zur Einordnung der Cultural Turns mit ihren vielen Facetten in den Kulturwissenschaften siehe Doris Bachmann-Medick: Cultural Turns – Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften (6. Auflage – 2018).
42 Rollinger (2020), S. 1–16.
43 Bezogen auf den militärischen Aspekt der vorher genannten Spiele.
44 Ebenfalls empfehlenswert ist der Aufsatz „Game-based Learning: Erfahrungen mit Perspektiven für digitale Lernspiele in der betrieblichen Bildung“ (2003) von Dr. Christoph Meier und Dr. Sabine Seufert.
45 Hier vornehmlich die Tusculum-Ausgabe mit der Übersetzung von Michael Weißenberger (2017).
46 Herodot hat als historische Figur im Spiel nicht nur einen einfachen Auftritt, er begleitet Kassandra über die Handlung des Spiels hinweg und erklärt dem Spielenden gelegentlich gewisse kulturelle Kontexte, wie zum Beispiel das Symposion.
47 Ein wiederholt auftretender Charakter, der Kassandra in kritische und philosophische Diskussion verwickelt, ist Sokrates. Seine Dialoge sind dabei im klassischen Stil der Mäeutik sehr an denen bei Platon erhaltenen angelehnt. Siehe hierzu Kassandras und Sokrates‘ öffentlichen Dialog auf der Pnyx gen Ende von Clip 5.
48 Als Zusatzquelle zum Peloponnesischen Krieg sowie als erläuternde Quelle zur spartanischen Gesellschaft und Kultur; siehe hierzu die Werke „Die Verfassung der Spartaner“ und/oder „Hellenika“.
49 Pausanias beschreibt zu seiner Zeit erhaltene Monumente, berichtet aber auch von den historischen Hintergründen der behandelten Orte und gibt damit Hinweise auf nicht mehr oder nur geringfügig nachweisbare Bauten, was für Archäologen und Historiker gleichermaßen von großem Wert ist.
50 Auch Strabon liefert wichtige Beschreibungen und historische Zusammenhänge, welche das von Pausanias geschilderte Bild noch etwas komplettieren.
51 Gerade die Homerische Hymnen an Apollon sind wichtig, da diese einen wichtigen Einblick in die Mythen der Zentralen Gottheit von Delphi und dessen Verbindung zu diesem Ort gewähren.
52 Diese Arbeit konzentriert sich vornehmlich auf das Apollon-Heiligtum von Delphi. Mehr zu dieser Eingrenzung unter Kapitel 1.2.
53 Zumindest in den Kreisen, die des Lesens und Schreibens mächtig waren.
54 Zu historischen Diskursen in Bildern siehe Landwehr (2008), S. 56–59. Zur Bilderforschung unter dem Gesichtspunkt der Historizität siehe den Sammelband Geschichte in Bildern – Bilder in der Geschichte, herausgegeben von Eugen Kotte (2014).
55 Landwehr (2008), S. 26–27.
56 https://www.theguardian.com/science/2021/jan/13/worlds-oldest-known-cave-painting-found-in- indonesia
57 https://archeologie.culture.fr/lascaux/de/interpretationen
58 Andrae (1977), S. 25–27; Stähler (1999), S. 12–13.
59 Siehe hierzu Michael Pfrommer: Untersuchungen zur Chronologie und Komposition des Alexandermosaiks auf antiquarischer Grundlage (1998).
60 Herrmann Pflug: Die Bewaffnung des Alexanderheeres - in Antike Welt No 2 (2013), S. 10.
61 Landwehr (2008), S. 58–59.
62 Zur Darstellung Alexanders auf dem Alexandermosaik und seinem Verhältnis zum Perserkönig Dareios sowie zu seinen eigenen Hetairoi siehe Frank (2021).
63 Speziell auf der Home-Video-Plattform YouTube gibt es zahlreiche Kanäle, die sich mit der Wissensvermittlung (nicht zuletzt auch Geschichte) auseinandersetzen. Im deutschsprachigen Raum seien hier die Kanäle maiLab (https://www.youtube.com/c/maiLab/videos), MrWissen2go (https://www.youtube.com/c/MrWissen2go/videos) oder eManual Alte Geschichte Universität Hamburg (https://www.youtube.com/channel/UCCpNtEZfZn9AgVBx_fdFsYQ/videos) genannt. Gerade im Bezug zur Rezeption von historischen Filmen oder Videospiele gilt es zudem die Kanäle Armidas (https://www.youtube.com/c/ArmidasTV/videos) und Kaptorga – Visual History (https://www. youtube.com/c/KaptorgaVisualHistory/videos) zu nennen.
64 John Locke (1689): An Essay Concerning Humane Understanding. Vol. II, X, III.
65 Der Begriff der „Emotionalität“ bezieht sich in dieser Arbeit auf die sensorischen, kognitiven und expressiven Komponenten. Eine präzise wissenschaftliche Definition für den Begriff der „Emotion“ gibt es dabei nicht. Im Endeffekt ist mit diesem Emotions-Begriff persönliche Involvierung des Innenlebens gemeint, welche aus Empathie oder aus Reflektion heraus entstehen kann. Zur Begriffserklärung der „Emotion“ siehe Kuhbandner (2007), S. 6–9. – Zur Wichtigkeit und Problematik der Emotionen als Teil der Public History und inwiefern diese sich zu pädagogischen Zwecken nutzen lassen siehe Gundermann u. a. (2021), S. 45–67.
66 Zu den chemischen Prozessen, welche durch Emotionen ausgelöst werden und welche positiven Auswirkungen diese auf das Lernen haben, siehe Hailan Hu, Eleonore Real, Kogo Takamiya, Myoung-Goo Kang, Joseph Ledoux, Richard L. Huganir, und Roberto Malinow: Emotion Enhances Learning via Norepinephrine Regulation of AMPA-Receptor Trafficking (2007). In Cell Press, Volume 131, Issue 1. S.160–173 (2007).
67 Die zuletzt sehr erfolgreiche Fernsehserie „Game of Thrones“ basierend auf den Romanen von George R. R. Martin ist von vielen historischen Ereignissen und Konflikten inspiriert – nicht zuletzt von den englischen Rosenkriegen. Siehe dazu: https://www.westeros.org/Citadel/SSM/Entry/ Influence_of_the_Wars_of_the_Roses/
68 D. S. Lozano: Ludus (Not) Over – Video Games and the Popular Perception of Ancient Past Reshaping. In: Christian Rollinger (Hrsg.): Classical Antiquity in Video Games – Playing with the Ancient World (2020), S. 47–49.
69 D. S. Lozano: Ludus (Not) Over – Video Games and the Popular Perception of Ancient Past Reshaping. In: Christian Rollinger (Hrsg.): Classical Antiquity in Video Games – Playing with the Ancient World (2020), S. 47.
70 Tac. ann. 15, 38–45.
71 Auch in der Forschungsliteratur wird dieses Bild immer wieder aufgegriffen. Vgl. Beard (2018), S. 427. Beard geht im entsprechenden Kapitel auf die „guten und schlechten Kaiser“ ein und greift hierbei das bekannte Bild des leierspielenden Nero auf, um dem Leser schnell eine klare Vorstellung zu vermitteln. Sie versäumt es allerdings, den schwammigen Wahrheitsgehalt dieser Aussage richtig zu stellen.
72 Bengston (1976), S. 248. Nero war weder anwesend als der Brand ausbrach noch erscheint es als wahrscheinlich, dass er diesen überhaupt hatte legen lassen. Bei Bengston ist es wichtig, dessen völkischen Inhalte und den nicht mehr zeitgemäßen Stil zu beachten. In dieser Arbeit wurde dies getan und Bengstons Werk im Zusammenhang mit diesen Themen als geeignet bewertet.
73 Aleida Assmann: Individuelles Bildgedächtnis und kollektive Erinnerung. - https://www.boell.de/ de/demokratie/kulturaustausch-6769.html
74 Vgl. Lindner (2007), S. 12–14.
75 Ruprecht (1970), S. 56–60. Ruprecht weist ebenfalls darauf hin, dass der Lerneffekt von Filmen besonders dann hoch ist, wenn er zum direkten Bestandteil des Unterrichts wird und zu bearbeitende Textdokumente als Beigabe erhält. Zudem ist es ebenfalls entscheidend, wann im Unterrichtsablauf der Film gezeigt wird. Ruprechts Untersuchungen zufolge ist es am besten, das Thema zunächst ausführlich besprochen zu haben, dann den Film zu zeigen, um anschließend zu untersuchen, was gezeigt wurde. Es ist wichtig, dass nicht passiv konsumiert wird, sondern aktiv analysiert. Dafür gilt es Anreize zu schaffen.
76 Vgl. Ruprecht (1970), S. 62–64.
77 Glowatz (2009), S. 51.
78 Glowatz (2009), S. 35–36.
79 Siehe an der Universität Rostock die fortlaufende Vorlesungsreihe / das fortlaufende Symposion Antike in der Moderne. Hier wird nicht zuletzt auch die Rezeption antiker Inhalte in modernen Medien thematisiert.
80 Lindner (2007), S. 10.
81 D. S. Lozano: Ludus (Not) Over – Video Games and the Popular Perception of Ancient Past Reshaping. In: Christian Rollinger (Hrsg.): Classical Antiquity in Video Games – Playing with the Ancient World (2020), S. 54.
82 Alexander orientiert sich stark an der Biografie des Makedonenkönigs von Robin Lane Fox, welcher das Filmprojekt ebenfalls als historischer Berater begleitete.
83 Vgl. https://www.deseret.com/2005/8/26/19908840/hbo-hopes-to-give-viewers-authentic-rome# hbos-series-rome-set-in-the-year-52-b-c-portrays-a-colorful-and-crowded-metropolis; https://www.denofgeek.com/tv/rome-long-road-original-hbo-epic/
84 Bei einem Budget von 103 Millionen US-Dollar konnte der Film über 460 Millionen USD wieder einspielen und war damit ein finanziell großer Erfolg. Vgl. https://www.boxofficemojo.com/ release/rl2136245761/ - Bei den 73. Academy Awards (Oscars 2001) gewann der Film fünf Preise, u. a. „Bester Film“ und „Bester Hauptdarsteller“ (Russel Crowe). Vgl. https://www.oscars.org/ oscars/ceremonies/2001 - Insgesamt präsentiert der Film aber ein sehr fiktionalisiertes und wenig historisch akkurates Bild der dargestellten Zeit und Kultur. Vgl. M. M. Winkler: Gladiator – Film and History. In The Classical Review, Vol. 55, No, 2 (2005), S. 688–690.
85 MCU = Marvel Cinematic Universe.
86 Vgl. https://www.n-tv.de/archiv/Streit-um-Alexander-beigelegt-article76232.html
87 Vgl. https://www.schnittberichte.com/schnittbericht.php?ID=3788
88 Gehrke (2005), S. 19–21.
89 Vgl. https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/eroberer-aller-geschlechter/566196.html; https://www.derstandard.at/story/1871634/darf-alexander-der-grosse-nicht-schwul-gewesen-sein
90 Vgl. https://www.rottentomatoes.com/m/alexander; https://www.metacritic.com/movie/alexander
91 Vgl. https://www.nytimes.com/2004/11/20/movies/MoviesFeatures/breaking-ground-with-a-gay- movie-hero.html; https://www.webcitation.org/5mYVCCU18?url=http://www.usatoday.com/life/movies/news/2004-11-28-box-office_x.htm; https://www.insider.com/surprising-box-office-flops-throughout-history-2020-6
92 Vgl. https://www.theguardian.com/film/2005/jan/06/news1; https://www.theguardian.com/film/2004/dec/10/news
93 https://www.digitalspy.com/tv/a850907/troy-fall-of-a-city-david-farr-black-achilles-david-gyasi/
94 https://www.greenmangaming.com/newsroom/2018/02/21/fan-backlash-eurogamers-kingdom- come-deliverance-review/; http://newnormative.com/2018/02/07/kingdom-come-deliverance-still-fails-deliver-representation/ Das Rollenspiel Kingdom Come: Deliverance des tschechischen Entwicklers Warhorse Studios, welches im Böhmen des frühen 15. Jahrhundert angesiedelt ist, sah sich mit Rassismusvorwürfen konfrontiert, nachdem zunächst keine dunkelhäutigen Charaktere im Spiel vorkamen.
95 Siehe hierzu den Artikel „What’s racist about telling the Truth? – When historical Accuracy is used to deny Agency“ von Robert W. Guthrie (2015) http://robertwguthrie.com/whats-racist-about-telling-the-truth-when-historical-accuracy-is-used-to-deny-agency/
96 Vgl. https://www.sueddeutsche.de/kultur/tom-cruise-top-gun-jacke-1.4534722; https://www.sueddeutsche.de/panorama/china-zensur-freddie-mercury-1.4391651; https://www.sueddeutsche.de/kultur/mulan-china-boykott-1.5027530
97 Im Juli des Jahres 2020 wurde die Kontroverse rund um AC – Odyssey öffentlich, dass zunächst Kassandra als einzige spielbare Protagonistin angedacht war und Alexios lediglich als Antagonist auftreten sollte. Dieser Ansatz wurde dann von Verantwortlichen bei Ubisoft verworfen, da den Angaben der Marketing-Abteilung nach, eine weibliche Protagonistin allein einen schlechten Umsatz bedeuten würde. Siehe https://www.techradar.com/news/assassins-creed-odysseys-sole-female-lead-was-reportedly-scrapped-as-women-dont-sell; Zur Darstellung von Frauen in historischen Videospielen siehe den Artikel „Accuracy vs Inclusivity: Women in Historical Games“ von Jordyn Lukomski (2018) https://www.nymgamer.com/?p=17807; Zur Frage ob Videospiele generell frauenfeindlich sind und wie Videospiele von den jeweiligen Geschlechtern wahrgenommen werden, siehe Schell (2016), S. 171–179.
98 https://www.forbes.com/sites/rosaescandon/2020/03/12/the-film-industry-made-a-record-breaking- 100-billion-last-year/?sh=4756b31c34cd Diese Marke setzt sich aus den globalen Ticketeinnahmen an den Kinokassen (42,2 Milliarden USD) zusammen sowie aus dem Home-Entertainment-Bereich und Streamingdiensten wie Netflix, Hulu oder Amazon-Prime (58,8 Milliarden).
99 Unter anderem näher thematisiert in den Übungen an der Universität Rostock (Alte) Geschichte als Beruf. Übungen zur Berufspraxis in Massenmedien und Museen (VK/Multimedia) & Kleopatra und Augustus (beide SS 2020).
100 Vgl. McCall (2019). S. 29–30.
101 French & Gardner: Playing in a ‚Real‘ Past – Classical Action Games and Authenticity. In: Christian Rollinger (Hrsg.): Classical Antiquity in Video Games – Playing with the Ancient World (2020), S. 63–64.
102 Zur Demographie der Videospiel-Konsumenten siehe Schell (2016), S. 168–171.
103 Siehe Horst Ruprecht: Lehren und Lernen mit Filmen (1970).
104 Zur Wahrnehmung von Videospielen und zur Wahrnehmung innerhalb von Videospielen siehe Robert Glashütter: The Perception of Videogames – From Visual Power to Immersive Interaction. In: The Character and the History of Computer Games and Video Games-Journalism with Special Emphasis on Print Media in German-Speaking Countries. S. 262–275 (2006).
105 Uludogus & Viveriros de Assis (2018), S. 15.
106 Uludogus & Viveriros de Assis (2018), S. 15–16.
107 Uludogus & Viveriros de Assis (2018), S. 16–17. – Zur Frage, in wie weit Videospiele Menschen verändern, wie sich dies positiv nutzen lässt und welche potenziellen Gefahren damit einhergehen, siehe Schell (2016), S. 618–638.
108 Vgl. Beavers (2019), S. 160–164. Die Identifikation mit Spielfiguren kann so weit gehen, dass die Spieler die entsprechenden Emotionen erleben, als würden sie diese unmittelbar betreffen. Dennoch, wenn es zu moralischen Dilemmata oder fragwürdigen Entscheidungen kommt – beispielsweise das Töten vieler anderer Spielercharaktere und/oder NPCs – bleibt allerdings in den meisten Fällen eine Distanz gewahrt, da hier das Wissen, dass dies nicht wirklich passiert und niemand direkt betroffen ist, die Emotionen der Spieler überlagert. – Zum Zusammenspiel zwischen Interaktivität und Storytelling siehe Schell (2016), S. 406–425.
109 Vgl. Kuhbandner (2007), S. 9–15 sowie Schell (2016), S. 197–201.
110 Vgl. Gundermann u.a. (2021), S. 99–120. Ausgehend von der These Huizingas, dass ästhetischer Genuss und historische Bildung nicht voneinander zu trennen seien, wird hier untersucht, wie sich unmittelbar Erlebbares und das Wahrnehmen von auf das Lernen der Betroffenen auswirken. Letztlich steigert das Nacherleben – sei es im Museum oder als Teil einer Inszenierung jedweder Art – die Empfänglichkeit der Erlebenden, was wiederum als „motivationaler Antrieb zur Ausbildung des historischen Denkens“ dient.
111 Zur allgemeinen Frage, wie Videospiele die Vergangenheit darstellen, mit welchen Ansätzen sie verschiedene Inhalte vermitteln und auf welche Weise sie einen Transit zur Geschichte schaffen, siehe Adam Chapman: Digital Games as History: How Videogames Represent the Past and Offer Access to Historical Practice (2016). Zur Definition eines „historischen Videospiels“ – also ab wann ein Spiel als „historisch“ eingestuft werden kann, siehe McCall (2019), S. 30–31 sowie Beavers (2019), S. 32–34.
112 Über die Geschichte von The Oregon Trail und dessen Entwickler siehe: https://medium.com/the-philipendium/how-i-managed-to-design-the-most-successful-educational-computer-game-of-all-time-4626ea09e184
113 https://www.pcgamer.com/every-version-of-the-oregon-trail-ranked/
114 Edutainment ist hierbei ein Kofferwort zusammengesetzt aus den englischen Begriffen Education (Erziehung / Lehre) und Entertainment (Unterhaltung). Es bedeutet dementsprechend so viel wie „unterhaltsames Lernen“.
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