Diplomarbeit, 2009
109 Seiten, Note: 1.0
Einleitung
1 Definitionen von Behinderung
2 Begriffsdefinition Selbstbestimmung
3 Arbeitgebermodell
3.1 Geschichtlicher Ursprung
3.2 Inhalt und Aufbau des Arbeitgebermodells
4 Zwischenmenschliche Beziehungen
4.1 Begriffsbestimmung Beziehungen und soziale Interaktionen
4.2 Das Wesen von zwischenmenschlichen Beziehungen
4.2.1 Kognitive Repräsentationen von Beziehungen
4.2.2 Strukturmerkmale von Beziehungen
4.3 Rollenbeziehungen und persönliche Beziehungen
4.4 Die Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehung im Arbeitgebermodell
4.5 Unterstützungsfunktionen von Beziehungen
4.6 Austauschtheoretische Ansätze zur Erklärung zwischenmenschlicher Beziehungen
4.7 Grundlegende Aspekte von zwischenmenschlichen Beziehungen
4.7.1 Interaktionen innerhalb der Beziehungen
4.7.2 Reziprozität versus Komplementarität
4.7.3 Macht
4.7.4 Intimität
4.7.5 Interpersonale Wahrnehmung
4.7.6 Commitment
4.7.7 Beziehungszufriedenheit
5 Zusammenfassung und Fragestellung
6 Methoden
6.1 Auswahl der Methode
6.2 Methodisches Vorgehen
6.2.1 Entwicklung des Interviewleitfadens
6.2.2 Erhebung
6.2.3 Auswertung
6.3 Kritische Würdigung
7 Die Interviewpaare
7.1 Bernd und Matthias
7.2 Gertrud und Sonja
7.3 Berti und Stefan
7.4 Riccarda und Anne
7.5 Andreas und Frank
8 Auswertung
8.1 Soziale Unterstützung
8.1.1 Instrumentelle soziale Unterstützung
8.1.2 Psychische soziale Unterstützung
8.2 Gewinn und Verlust
8.2.1 Gewinn und Verlust Arbeitgeberseite
8.2.2 Gewinn und Verlust Arbeitnehmerseite
8.3 Beziehungszufriedenheit
8.4 Intimität
8.5 Commitment
8.5.1 Commitment Arbeitgeberseite
8.5.2 Commitment Arbeitnehmerseite
8.6 Macht
8.6.1 Bernd und Matthias
8.6.2 Gertrud und Sonja
8.6.3 Berti und Stefan
8.6.4 Riccarda und Anne
8.6.5 Andreas und Frank
8.7 Spannungsverhältnis zwischen Macht und Intimität
8.8 Selbstbestimmung
8.9 Reziprozität und Komplementarität
8.9.1 Gegenseitiger Umgang und Wertschätzung
8.9.2 Psychische Unterstützung
8.9.3 Machtverteilung und Rollenreziprozität
9 Ergebnisse
10 Schluss und Fazit
Verzeichnis der Abbildungen
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Das Arbeitgebermodell soll behinderten Menschen eine größtmögliche Selbstbestimmung bieten. Die Behinderten werden dabei als Arbeitgeber installiert. In dieser Funktion können sie selbst ihre persönlichen Assistenten auswählen. Diese sollen durch Verrichtung der Assistenzleistungen dafür sorgen, dass die Selbstbestimmung des behinderten Arbeitgebers erreicht werden kann. Sie übernehmen dabei alle Aufgaben und Tätigkeiten, die der Be-hinderte nicht selbst ausführen kann. Der Arbeitgeber und sein Assistent verbringen in diesem Kontext oft 24 Stunden zusammen. Dieses Zusammensein erstreckt sich in der Re-gel auf alle Lebensbereiche des Arbeitgebers. Die zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen den Arbeitgebern und seinen Assistenzgebern sind bisher nur wenig untersucht worden. Die Zielsetzung dieser Arbeit ist es, diese Beziehungen zu erforschen und näher zu analysieren. In Kapitel eins wird der Begriff „Behinderung“ beleuchtet und verschiede-ne Definitionen vorgestellt. Im darauf folgenden Kapitel wird der Begriff der „Selbstbe-stimmung“ definiert und abgegrenzt. Die Selbstbestimmung ist das Ziel und der Zweck des Arbeitgebermodells, welches in Kapitel drei vorgestellt wird. Die ersten drei Kapitel die-nen somit dazu das Setting darzustellen, in dem die fokussierten zwischenmenschlichen Beziehungen stattfinden. In Kapitel vier sind die theoretischen Vorüberlegungen enthalten. Sie basieren insbesondere auf der Beziehungswissenschaft. Daraus folgend wird in Kapitel fünf die genaue Fragestellung entwickelt. Kapitel sechs beschreibt das methodische Vor-gehen dieser Arbeit. Die Untersuchung erfolgte mit zehn Leitfadeninterviews. In Kapitel sieben wird der Leser in die fünf konkret untersuchten Assistenzverhältnisse eingeführt. Diese werden in Kapitel acht innerhalb verschiedener Auswertungskategorien differenzier-ter betrachtet. Die Ergebnisse werden im neunten Kapitel zusammengefasst und anschlie-ßend wird ein Fazit gezogen.
In der vorliegenden Arbeit wird aus Gründen der Einfachheit und der leichteren Lesbarkeit nur die männliche Form verwendet. Gemeint sind, wenn nicht anders angeben, immer Frauen und Männer gemeinsam.
Im Übrigen verwendet diese Arbeit bewusst Begriffe wie „Behinderte“, „behinderter Ar-beitgeber“ etc. und verzichtet dabei auf modernere Formulierungen wie z.B. „Menschen mit Behinderung“. Hiermit soll darauf hingewiesen werden, dass diese verwendete Begrif-fe nicht abwertend oder reduktionistisch intendiert sind, sondern es soll – neben der einfa-cheren Lesbarkeit - dem Gedanken Rechnung getragen werden, dass die Betroffenen durch die Gesellschaft aufgrund struktureller und offener Gewalt behindert werden. (vgl. auch Steiner, 2001, S. 32)
Behinderung kann unterschiedlich definiert werden. (vgl. Bleidick/Hagemeister, 1998, S.18) Das neunte Sozialgesetzbuch definiert Behinderung wie folgt: „Menschen sind be-hindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.“ (§2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) Diese Definition beinhaltet zwei Kennzeichen: zum einen ist Behinderung eine Abweichung vom körperlichen, seelischen bzw. geistigen Normalzu-stand, zum anderen geht eine Behinderung mit Folgen für die behinderten Menschen im Alltagsleben einher: die soziale Teilhabe ist beeinträchtigt. Cloerkes (2007) definiert Be-hinderung wie folgt: „Eine Behinderung ist eine dauerhafte und sichtbare Abweichung im körperlichen, geistigen oder seelischen Bereich, der allgemein ein entschieden negativer Wert zugeschrieben wird.“ (S. 8) Somit ist ein Mensch behindert „wenn erstens eine uner-wünschte Abweichung von wie auch immer definierten Erwartungen vorliegt und wenn zweitens deshalb die soziale Reaktion auf ihn negativ ist.“ (ebd.) Diese Definition beruht auf der Annahme, dass Behinderung eine Art Andersartigkeit beinhaltet, die spezifische Reaktionen der Umwelt hervorruft. Dabei gehen diese Reaktionen immer mit einer negati-ven Bewertung einher, nur dann kann nach Cloerkes von einer Behinderung gesprochen werden (vgl. ebd., S.7) Behinderung ist dabei nicht als absolut zu sehen, sondern sie ist relativ. Relativität besteht hinsichtlich vier Ebenen: Zeitfaktor, subjektive Verarbeitung, Lebensbereiche und kulturspezifische Reaktion. Eine Behinderung kann demnach zeitlich begrenzt sein oder auch zeitlich andauern. Eine Behinderung wird subjektiv unterschied-lich bewertet: Scheinbar schwere Behinderungen können gut bewältigt werden, wohinge-gen scheinbar leichte Behinderungen können als sehr schwerwiegend empfunden werden. So kann z.B. der Verlust des kleinen Fingers bei einem professionellen Klavierspieler für diesen existentielle wie auch identitätszerstörende Konsequenzen mit sich bringen. Die Behinderung kann sich dabei innerhalb der verschiedener Lebensbereiche und Lebenssi-tuationen unterschiedlich stark auswirken. Die sozialen Reaktionen auf Behinderung sind je nach Kultur unterschiedlich. Somit bestimmen der Kulturkreis und seine impliziten sozi-alen Repräsentationen mit, inwieweit eine Behinderung gesehen, erkannt und konstruiert wird. (vgl. ebd., S. 9f.)
Die Weltgesundheits-Organisation (WHO, 1980) definiert Behinderung innerhalb dreier Ebenen:
- Schädigung (impairment) von Organen oder Funktionen des Menschen;
- Beeinträchtigung (disability) des Menschen, der aufgrund seiner Schädigung in der Regel eingeschränkte Fähigkeiten im Vergleich zu nichtgeschädigten Men-schen gleichen Alters besitzt;
- Benachteiligung (handicap) des Menschen im körperlichen uns psychosozialen Feld, in familiärer, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht aufgrund seiner Schädigung und Beeinträchtigung.
(Bleidick/Hagemeister, 1998, S. 11; vgl. Cloerkes, 2007, S. 5)
Dazu ein Beispiel:
„Ein Kind wird gehörlos geboren (impairment). Das hat für seine elementare Lebensfä-higkeit keine zwangsläufige Folgen, kann jedoch dazu führen, dass es keine oder keine hinreichende Sprachkompetenz erwirbt; es wäre damit in der Verständigung und im Verständnis ... behindert (disability). Di]es kann wiederum dazu führen, dass das betrof-fene Kind privat und/oder beruflich kein „normales“ Leben führen kann, wie es seinen Interessen und Anlagen vielleicht entspräche (handicap)“ (Brackhane, 1988, S. 24 zit. nach Cloerkes, 2007, S. 5)
Eine Weiterentwicklung dieser Definition erfolgte mit der Verabschiedung der „International Classifikation of Functioning, Disability, and Health“ (ICF) im Jahre 2001 durch die WHO (vgl. Dimdi, 2005, S. 4) Ein Überblick ist in Abbildung 1 zu sehen. Die ICF besteht aus zwei Teilen, welche wiederum jeweils zwei Komponenten beinhalten. Teil eins be-trachtet die Dimension der Funktionsfähigkeit und Behinderung. Innerhalb dieser Dimension wird unterschieden in Körperfunktionen und – strukturen und in Aktivitäten und Par-tizipation bzw. Teilhabe. Teil zwei fokussiert die Dimension der Kontextfaktoren. Hierbei wird unterschieden in Umweltfaktoren und in personenbezogene Faktoren. (vgl. Dimdi, 2005, S.16) Die ICF berücksichtigt entgegen einer individuumszentrierten und biomedizi-nischen Sichtweise den sozialen Kontext, in dem die behinderten Menschen leben. Es imp-liziert dabei das positive Potential hinsichtlich aktiver Partizipation innerhalb der Gesell-schaft als Ziel. (vgl. Cloerkes, 2007, S. 6)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Überblick ICF, Dimdi, 2005, S.17 (gekürzt)
„Selbstbestimmung heißt für uns selbst zu entscheiden ... was wir essen und trinken, was wir anhaben, wo wir wohnen, mit wem wir wohnen, wo wir arbeiten, was wir ar-beiten, mit wem wir befreundet sind, was wir in unserer Freizeit machen, für was wir Geld ausgeben. Niemand weiß es besser, was wir wollen, als wir selber!“ (Göbel, 1999 zit. N. Karschuck/Stauber, 2002, S. 193)
Selbstbestimmung ist ein Gegenbegriff zur Fremdbestimmung. Selbstbestimmung beinhal-tet somit die Macht, Entscheidungen selbst treffen zu können. Diese Entscheidungen sind frei sind von institutionellen, sachlichen und personellen Zwängen. Körperbehinderte Men-schen können aufgrund von Funktionseinschränkungen nicht alles selbst machen. Für bestimmte Tätigkeiten brauchen sie somit Persönliche Assistenz. Mit Hilfe dieser können sie allerdings ihre Angelegenheiten selbstbestimmt durchführen lassen, d.h. z.B. sie kön-nen sich nicht selber ins Bett bringen, aber sie entscheiden selbst, wann sie ins Bett ge-bracht werden. (vgl. Rothenberg, 2000, S. 184; Steiner, 1999)
Das Handbuch „Selbstbestimmt Leben mit Persönlicher Assistenz“ des Mobile e.V. 2001 definiert den Begriff wie folgt:
„Selbstbestimmung ist ein Synonym für Autonomie in der Behindertenpolitik. Der Beg-riff der Selbstbestimmung muss im Zusammenhang mit dem Behindertenhilfesystem definiert werden. Er ist unserer Meinung nach abzugrenzen einmal von „Selbstständig-keit“, die umgangssprachlich als ein Leben ohne fremde Hilfe zu verstehen ist. Ande-rerseits muss Selbstbestimmung aber auch von „Autarkie“ abgegrenzt werden, die Be-dürfnislosigkeit, wirtschaftliche Unabhängigkeit, Selbstgenügsamkeit und Unabhängig-keit zum Ausdruck bringt. Selbstbestimmung muss im Sinne von „Autonomie“ verstan-den werden, meint also das Recht, Angelegenheiten selbst zu ordnen. Autonomie ist so auch dem Wortursprung nach gleichbedeutend mit „Unabhängigkeit“ und „aus eigenem Gesetz“ lebend. Fremdbestimmung spielt in der Autonomie und in der Selbstbestim-mung keine Rolle – darf keine Rolle spielen“ (S. 629; vgl. auch Steiner, 1999)
Die Selbstbestimmung ist somit das natürliche Recht und das anvisierte Ziel der Behinder-ten. Das Arbeitgebermodell ist hierbei das Mittel, um die angestrebte Selbstbestimmung konkret umzusetzen zu können.
Das Arbeitgebermodell ist aufgrund der Behindertenbewegung der letzten 30 Jahre ent-standen. Ziel der Bewegung war es eine möglichst große Selbstbestimmung zu erreichen und Fremdbestimmung so weit wie möglich zu reduzieren. (vgl. Steiner, 1999) Um dies zu erreichen hat sich dabei der Gedanke der Persönlichen Assistenz angeboten. Diese Assis-tenzidee ist die Grundlage des Arbeitgebermodells. Der Kerngedanke hierbei ist, dass der Hilfebedürftige sich seine Helfer selber aussucht, sie selbst anleitet, sie entsprechend seiner individuellen Wünschen einsetzt und schließlich auch finanziell entlohnt. (vgl. Steiner 2002, S. 158f.)
Steiner sieht den Ursprung der Selbstbestimmt Leben Idee und des Assistenzgedankens in der Behinderten- und Krüppelbewegung in Deutschland Anfang der 70iger Jahre. Sie habe einen eigenen Weg zurückgelegt und sich als politische Selbsthilfe installiert (vgl. ebd. S. 160) Als Ergebnis dieser politischen Selbsthilfe wurde ein Paradigmenwechsel erreicht:
„Das Paradigma ´Selbstbestimmtes Leben´ ist Ausdruck des veränderten Selbstver-ständnisses behinderter Menschen und Forderung zugleich: Gegen Entmündigung, Dis-kriminierung und Aussonderung! Für gesellschaftliche Mitwirkung und Teilhabe im Sinne selbstbestimmter Wahl- und Lebensmöglichkeiten! Unabhängig von Art und Schwere der Behinderung soll damit das Recht auf gleichberechtigte Lebenschancen in allen Lebensbereichen betont und eingelöst werden. Einem weitgehend negativen Fremdbild von Behinderung wird ein positives Selbstbild der Betroffenen entgegenge-stellt. Das ist mehr als Protest und Ablehnung von Diskriminierung und Aussonderung.“ (Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein- Westfalen, 1993, S. 11f.)
Nach Miles hingegen wurde die deutsche Behindertenbewegung von der in den Vereinig-ten Staaten von Amerika Anfang der 60iger beginnenden Independent-Living Bewegung stark beeinflusst. (vgl. 1992, S. 118) Diese Bewegung hat ihre Wurzeln auf einem Campus der Universität of Illinois in Champaign-Urbana. Dort wurde es vier schwerbehinderten Studenten ermöglicht, eine Wohnung zu beziehen und auf dem Campus zu studieren. Dar-auf aufbauend wurde 1970 in den USA an der Universität of California in Berkeley das Physically Disabled Student´s Program (PDSP) entwickelt. Den Behinderten sollte ein Le-ben in der Gemeinde ermöglicht werden. Die Direktion und die angebotenen Dienstleis- tungen des PDSP wurden zum großen Teil von Behinderten selbst durchgeführt. Dies war eine zukunftsweisende Neuerung in der Behindertenbewegung. Das erste Centre of Independent Living wurde 1972 gegründet. Weitere Zentren in New York, Boston, Chicago und Houston folgten (vgl. ebd., S. 29ff.) Zu den Angeboten der Zentren gehörten qualifi-zierte Beratung von Behinderten durch Behinderte (Peer Counseling), Vermittlung persön-licher Assistenten sowie gezielte politische Interessensvertretung von Behinderten durch Behinderte. (vgl. De Jong, 1982, S. 138)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2 Arbeitgebermodell modifiziert (vgl. Franz, 2002, S.40)
Mittelpunkt Persönlicher Assistenz ist der Kompetenzgedanke. Die betroffenen Behinder-ten fungieren als Experten in eigener Sache. Alle Zuständigkeiten bleiben bei ihnen selbst.
(vgl. Franz, 2002, S. 37) Kompetenz in diesem Zusammenhang „meint die rechtliche Zu-ständigkeit und das Anordnungsrecht eines jeden Menschen für das eigene Leben.“ (vgl. Drolshagen/Rothenberg, 1999 zit. n. Franz, 2002, S. 40) Die Verwirklichung der Kompe-tenz erstreckt sich auf vier Bereiche: Personalkompetenz, Anleitungskompetenz, Organisa-tionskompetenz und Finanzkompetenz. Die Realisierung der Personalkompetenz bedeutet, dass der behinderte Arbeitgeber seine Helfer selbst aussucht, einstellt und auch wieder entlässt. Anleitungskompetenz besagt, dass die Assistenten direkt von den behinderten Arbeitgebern eingelernt und angeleitet werden. Organisationskompetenz beinhaltet das Bestimmen des eigenen Tagesablaufes sowie auch die Planung der Dienstzeiten der Helfer. Die Realisierung der Finanzkompetenz hat zur Folge, dass die erhaltenen Finanzmittel aus den Töpfen der Pflege- und Sozialversicherung zur Bezahlung der Assistenten entspre-chend kontrolliert und verwendet werden. (vgl. Klicker, 2001, S. 189) Konkret bedeutet dies für den Arbeitgeber, dass dieser einen eigenen Betrieb anmeldet, eine Arbeitgeber-nummer beantragt, Sozialversicherungsbeiträge abführt und die Lohnauszahlungen aus-führt. (vgl. Steiner, 2001, S. 32)
Das Arbeitgebermodell ist das Setting, in dem unsere fokussierten zwischenmenschlichen Beziehungen stattfinden. Zwischenmenschliche Beziehungen im Allgemeinen sind sehr facettenreich und heterogen innerhalb des menschlichen Daseins. Diese Beziehungen sind in der Regel von äußerster Wichtigkeit in unserem Leben. Dies fängt damit an, dass unsere frühkindliche Entwicklung entscheidend von der Beziehung zu unserer engsten Betreu-ungsperson abhängt. Im weiteren Lebenslauf prägen unsere Beziehungen zu anderen Men-schen unser Leben und unsere Identität entscheidend mit. Ein intaktes soziales Netz von persönlichen Beziehungen ist eine Grundlage von physischer und psychischer Gesundheit. (vgl. Hinde, 1993, S. 7; Argyle/Henderson 1985, S. 14; Asendorpf/Banse, 2000. S. 1; Miell/Dallos, 1996, S. 2)
Argyle/Henderson haben zwischenmenschliche Beziehungen wie folgt definiert: „ Als Be-ziehungen, persönliche Beziehungen oder Dauerbeziehungen bezeichnet man regelmäßige soziale Begegnungen mit bestimmten Personen über eine gewisse Zeit hinweg ... Am ein-fachsten lassen sich Beziehungen daher definieren als regelmäßige soziale Interaktionen über eine bestimmte Zeitspanne hinweg mit der Erwartung einer gewissen Beständigkeit.“ (Argyle/Henderson, 1985, S. 12) Nach Asendorpf/Banse stehen zwei Bezugspersonen ge-nau dann in sozialer Interaktion, „wenn das Verhalten von zwei Menschen voneinander abhängig ist, so dass jedes Verhalten des einen eine Reaktion auf das vorangehende Ver-halten des anderen ist.“ (Asendorpf/Banse, 2000, S. 3) Eine zwischenmenschliche Bezie-hung besteht also aus einer Abfolge von Interaktionen zwischen einander bekannten Men-schen. Die Interaktionen werden dabei sowohl von den vormaligen als auch von der Erwar-tung antizipierter Interaktionen in der Zukunft bestimmt. (vgl. Bateson, 1979; Ro-ger/Millar, 1988 zit. n. Hinde, 1993, S. 9; Argyle/Henderson, 1985, S. 12) Eine Interaktion zwischen zwei Individuen ist dagegen zeitlich begrenzt, wobei der Übergang von einer langen Interaktion zu einer Beziehung fließend sein kann. Interaktionen und Beziehungen bestehen aus Verhalten, welches von emotionalen und kognitiven Prozessen begleitet wird. (vgl. Hinde, 1993, S. 9) Eine soziale Interaktion findet dann statt, wenn das Verhalten von A das Verhalten von B beeinflusst und umgekehrt. A und B bilden dabei ein Bezugspaar, man spricht von einer Dyade. Mehrere Interaktionen innerhalb einer Dyade lassen sich als Interaktionsmuster bezeichnen. Sie beinhalten die relativen Häufigkeiten der einzelnen Verhaltensweisen innerhalb einer bestimmten Zeiteinheit. Die Beständigkeit der Individu-en und ihre gemeinsame Interaktionshistorie stabilisieren das Interaktionsmuster. Stabile Interaktionsmuster charakterisieren die Dyade und es kann dann von einer Beziehung ge-sprochen werden. Beziehungen sind dabei in der Regel durch mehrere unterschiedliche Interaktionsmuster gekennzeichnet, wobei diese situationsspezifisch auftreten (vgl. Asen-dorpf/Banse, 2000, S. 3f.)
Eine dyadische Beziehung ist bei den jeweiligen Teilnehmern kognitiv repräsentiert. Baldwin (1992) hat dies als Beziehungsschema bezeichnet. Es beinhaltet das Bild der ei-genen Person in der Beziehung, das Bild der Bezugsperson und die Interaktionsskripten für bestimmte Situationen, d.h. eigene Vorstellungen darüber wie Interaktionsmuster in spezi-fischen Situationen ablaufen bzw. ablaufen werden. Dieses jeweilige Beziehungsschema ist beziehungsspezifisch, also nicht austauschbar. (vgl. ebd., S. 4f.) Analog Asendorpfs und Banses Illustration eines Ehepaares lässt sich dies an einem Beispiel einer Arbeitgeber-Arbeitnehmer Beziehung innerhalb des Arbeitgebermodells wie folgt darstellen: Arbeitge-ber Hans überschreitet zum wiederholten Male die Grenzen von Assistenzgeber Markus, indem er ihn bittet unbezahlt eine Stunde länger dazubleiben, damit Markus den VW-Bus des Arbeitgebers putzen kann. Markus reagiert wütend und es beginnt eine Grundsatzdis-kussion bzgl. Aufgaben außerhalb der Arbeitszeit. Markus verlässt schließlich wortlos die Wohnung von Hans (stabiles Interaktionsmuster). Aufgrund der Interaktionsgeschichte erwartet Markus, dass er in seinem nächsten Dienst bei Hans einige Strafarbeiten zu absol-vieren hat (Interaktionsskript). Er nimmt sich in dieser Beziehung als machtlos wahr. Hans hingegen betrachtet er als den machtvollen, dominierenden Teil in der Beziehung. In seiner privaten Beziehung zu seiner Freundin Anke sieht sich Markus dagegen eher als den do-minanten Teil. Seine Bilder von sich und von Hans in der Beziehung sind somit bezie-hungsspezifisch. (vgl. ebd., S. 5) Beziehungsschemata beinhalten potentiell auch normative Vorstellungen. (vgl. ebd., S. 5; Argyle/Henderson, 1985, S. 15) Diese Regeln werden zum einen durch Gesetze vorgegeben, andererseits bestehen aber auch informelle Regeln, die Beziehungen begleiten. Diese Regeln für die verschiedenen Beziehungen unterscheiden sich je nach Beziehungsart. Sie dienen auf der einen Seite zur Orientierung des jeweiligen Verhaltens der Bezugspartner und sorgen somit dafür, dass Beziehungen funktionieren können. Andererseits kann eine Verletzung der Regeln zu einem Zerbrechen bzw. zum Abbruch einer Beziehung führen. (vgl. Argyle/Henderson, 1985, S. 15) Interaktionsmuster und Beziehungsschemata beeinflussen sich gegenseitig dynamisch. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass die Beziehungsschemata einer Person, nicht nur durch die jeweilige Interak-tionsgeschichte, sondern auch durch Persönlichkeitseigenschaften mit bestimmt werden. Aufgrund dessen können sich die Beziehungsschemata zweier Bezugspersonen einer Dya- de auch erheblich unterscheiden. (Asendorpf/Banse, 2000, S. 6) Beziehungsschemata sind auch mit affektiven Komponenten wie Vorlieben oder Emotionen verbunden. Emotionen wie Liebe, Hass, Verlustangst, Scham oder Schuld können dabei eine Rolle spielen. Bezie-hungen können aber auch nur minimal affektiv besetzt sein, wie z.B. diverse Arbeitsbezie-hungen. (vgl. ebd.; Hinde, 1993, S. 9)
Beziehungen können als Systeme in Miniaturausgabe betrachtet werden. Argy-le/Henderson haben in ihren Forschungen eine Analogie zwischen Spielen und Beziehun-gen identifiziert. Beides sind Systeme und haben ähnliche Merkmale. Sowohl Beziehungen als auch das Spielen dienen als Quelle der Befriedigung sowie um diverse Ziele zu errei-chen. Dafür steht ein bestimmtes Repertoire zu Verfügung, um verschiedene Spielzüge bzw. diverse Schritte innerhalb der Beziehung ausüben zu können. In beiden Systemen haben Rollen eine wichtige Bedeutung. Das Fußballspiel wird z.B. entscheidend durch die differenzierte Ausübung der Rollen wie Stürmer und Torhüter geprägt und kann auch nur so entsprechend funktionieren. Analog dazu werden auch Beziehungen entscheidend von Rollen wie Mutter, Vater, Kind, Arbeitgeber, Arbeitnehmer etc. geformt. (vgl. auch Kap. 4.3) Beide Systeme finden in einem speziellen, typischen Setting statt. Das Spielen wird auf Spielfeldern ausgeübt, Beziehungen entwickeln sich analog z.B. in Arbeitsfeldern, in Familien, in Freizeitstätten etc. Wie schon zuvor erwähnt werden Beziehungen durch Re-geln gesteuert, ebenso ist dies ein zentrales Strukturmerkmal bei Spielen. (vgl. Argy-le/Henderson, 1985, S. 49) Des Weiteren ist zu beachten, dass Beziehungen nicht nur in einer räumlichen Umgebung stattfinden, sondern auch innerhalb eines soziokulturellen Raumes. Soziale Beziehungen werden kulturell geprägt. In der Gesellschaft vorherrschen-de Überzeugungen, Werte, Konventionen, Mythen etc. beeinflussen und gestalten zwi-schenmenschliche Beziehungen entscheidend mit. (vgl. Hinde, 1993, S. 10f.) Beziehungen entwickeln sich dynamisch durch die Wechselwirkung zwischen beiden Bezugspersonen. Sie verändern sich, haben einen Beginn, einen phasenhaften Verlauf und ein Ende. Die verschiedenen Phasen unterscheiden sich durch unterschiedliche stabile Interaktionsmuster und Beziehungsschemata. Beziehungen lassen sich somit auch mit einem Phasenmodell beschreiben. Die Phasenübergänge können sowohl in intrinsischen wie auch in extrinsi-schen Ursachen begründet sein. Zu den inneren Ursachen zählen z.B. die aktuelle Bezie- hungszufriedenheit oder die interpersonale Kommunikationsqualität, zu den äußeren Ursa-chen gehören strukturelle Elemente, wie Wohnort, soziale Netzwerke, Arbeitsumfelder etc. (vgl. Asendorpf/ Banse, 2000, S. 36f.)
„Rollenbeziehungen sind soziale Beziehungen, die durch die sozialen Rollen der beiden Bezugspersonen bestimmt sind ... Rolle bezeichnet dabei eine kulturell bestimmte Erwar-tung an das Interaktionsverhalten.“ (Asendorpf/Banse, 2000, S. 7) Dabei gelten Rollenbe-ziehungen als unpersönlich. Die Bezugspersonen sind austauschbar, die Interaktionsmuster bleiben trotzdem erhalten. Die diversen Persönlichkeitseigenschaften der Bezugspersonen und ihre Interaktionshistorie haben kein Gewicht auf ihre gegenseitige Beziehung. Die Kriterien einer sozialen Beziehung sind vorhanden: stabiles Interaktionsmuster sowie be-ziehungsspezifische Beziehungsschemata. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass aus länger andauernden Rollenbeziehungen persönliche Beziehungen werden: „Nur mit größter An-strengung lässt es sich vermeiden, dass aus Rollenbeziehungen persönliche Beziehungen werden.“ (ebd.) Unter persönlichen Beziehungen versteht man genau die Beziehungen, deren Interaktionsmuster bzw. deren Beziehungsschemata dyadentypische Merkmale auf-weisen. Das bedeutet, dass die jeweiligen Persönlichkeiten der Bezugspersonen und ihre gemeinsame Beziehungsgeschichte einen merklichen Einfluss auf die Ausgestaltung der Beziehung haben. Bei persönlichen Beziehungen, die durch Rollenerwartungen mitgeprägt werden, stehen diese Rollenerwartungen in Wechselwirkung mit den persönlichkeitsspezi-fischen Faktoren. (vgl. ebd., S. 8f.)
Rollenbeziehungen kommen oft berufsbedingt zustande, wie auch in unserem Forschungs-feld dem Arbeitgebermodell. Die Rollen des Arbeitgebers und des Arbeitsnehmers, sowie die Rollen des helfenden Assistenzgebers und des behinderten Assistenznehmers machen die Rollenbeziehungen in diesem Setting aus. Die Bezugspersonen sind oft mehr als 20 Stunden am Tag zusammen. Fast alle intimen Situationen des Arbeitsgebers werden ge-meinsam erlebt. Dies lässt vermuten, dass die Beziehungen zwischen Assistenznehmer und Assistenzgeber auch persönlich werden.
Beziehungen erstrecken sich auf einem Spektrum von formell bis informell. Berufsbeding-te Rollenbeziehungen sind von Beginn an eher formell. Im Gegensatz dazu sind Freund-schaften informell, allerdings können sie sich aus einem formellen Setting heraus entwi-ckeln. Anhand des Spannungsfeldes formell versus informell lassen sich Beziehungen nach Max Weber (1922) wie folgt darstellen und kennzeichnen: In einer formellen Beziehung nehmen sich die Bezugspersonen eher partikularistisch wahr, dagegen ist in einer informel-len Beziehung die Wahrnehmung mehr ganzheitlich und mehrdimensional. Eine partikula-ristische Wahrnehmung bedeutet also, dass nur ein gewisser Teil des Menschen wahrge-nommen wird, z.B. seine Rolle als Lehrer. In seiner Beziehung zu seiner Ehefrau dagegen wird er von dieser von vielen Seiten wahrgenommen z.B. als Vater der gemeinsamen Kinder, als Gesprächspartner, als Sexualpartner etc. Des Weiteren sind formelle Beziehungen eher strukturiert und rational. Sie sind durch Ziele, Zwecke und Normen gekennzeichnet. Im Vergleich dazu sind informelle Beziehungen eher emotional und unstrukturiert. Sie sind weniger ziel- und zweckorientiert und haben in der Regel eine intensivere affektive Aus-richtung. Formelle Beziehungen sind eher verhaltensbestimmend. Die Inhalte der gemein-samen Interaktionen werden durch die äußere Struktur stark mit vorgegeben und die Be-zugspartner können sich in ihrer Individualität eingeschränkt fühlen. In informellen Bezie-hungen können die Interaktionen viel mehr selbstbestimmend gestaltet und gegenseitig ausgehandelt werden. Schließlich ist festzustellen, dass innerhalb formeller Beziehungen die Interaktionsteilnehmer eher austauschbar und ersetzbar sind. Innerhalb informeller Be-ziehungen sind dagegen die jeweiligen Individualitäten der Interaktionspartner grundle-gend für die Beziehung. (vgl. Gaska/Frey, 1993, S. 280f.) Beziehungen die ausschließlich berufliche Interaktionen beinhalten sind eher „partikularistisch, strukturiert, entpersonifi-ziert und haben vorgebende Inhalte.“ (ebd., S. 286) Hingegen können sich aus den rein berufsbedingten Rollenbeziehungen Freundschaften entwickeln und persönliche Kontakte entstehen. Durch regelmäßige Kontakte kann es geschehen, dass sich beide Interaktions-partner persönlich näher kommen und sich gegenseitig schätzen und respektieren. Je mehr Übereinstimmung hinsichtlich gleicher Werte, Interessen und Persönlichkeitseigenschaften vorhanden ist, umso stärker wird sich eine gegenseitige Sympathie entwickeln. Diese Be-ziehungen beinhalten holistischere Wahrnehmungen, größeren Verhaltensspielraum und die Individualitäten finden mehr Platz für ihre Ausgestaltung. (vgl. ebd.)
Die zwischenmenschlichen Beziehungen im Arbeitgebermodell zwischen behinderten Ar-beitgebern und ihren Arbeitnehmern sind bisher sehr wenig untersucht wurden. Die Studie von Drolshagen und Rothenberg „Leben mit Assistenz“ ist nur in kleinen Ausschnitten im Handbuch „Selbstbestimmt Leben mit Assistenz“ veröffentlicht.
Die Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Assistenzgeber im Arbeitgebermodell sind berufsbezogene Rollenbeziehungen. Aufgrund der intensiven Begleitung des Arbeitsgebers durch seine Helfer, ist es sehr wahrscheinlich, dass sich über die Jahre mehr oder weniger persönliche Beziehungen entwickeln. (vgl. MOBILE, 2001, S. 262) Auf der anderen Seite ist zu bedenken, dass die Rollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein starkes Machtgefälle beinhalten, welches die Beziehungen auch mitprägen. Der Assistenznehmer hat in seiner Rolle als Arbeitgeber im Sinne der Selbstbestimmung grundsätzlich die Möglichkeit seinen Bedarf an persönlicher Assistenz nach seinen eigenen persönlichen Vorstellungen zu gestalten. Dies äußert sich nicht nur in der eigenen Auswahl geeigneter persönlicher Assisten-ten. Diese ausgewählten Helfer werden auch entsprechend selbst von dem behinderten Ar-beitgeber nach dessen individuellen Wünschen und Auffassungen angeleitet. Des Weiteren ist der Arbeitgeber dafür zuständig, die grundsätzlichen Rahmenbedingungen für das Ver-halten der Assistenzgeber bzgl. des relevanten Arbeitsalltages abzustecken. Er übernimmt somit auch die Verantwortung für die Organisation der Tätigkeiten, die durch die persönli-che Assistenz gewährleistet werden. Er entscheidet folglich auch über die Aufgabengebiete und den Arbeitsumfang der persönlichen Assistenten. Des Weiteren kontrolliert und beur-teilt der Assistenznehmer die Arbeit seiner Helfer. (vgl. ebd. S. 257ff.) Im Arbeitgebermo-dell haben beide Vertragsparteien Rechte und Pflichten. Dabei ist es wichtig, dass diese gegenseitig anerkannt und respektiert werden. So hat der Arbeitgeber nicht nur ein Recht auf die selbstbestimmte Gestaltung seiner persönlichen Assistenz durch den Einsatz der Arbeitskraft seiner persönlichen Assistenten, sondern er hat auch diesen gegenüber eine Fürsorgepflicht. Diese Fürsorgepflicht erstreckt sich auf die Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Arbeitsbedingungen, so ist z.B. eine Pausengestaltung zu regeln bzw. muss eine Schlafmöglichkeit bei Nachtbereitschaften angeboten werden. (vgl. ebd., S. 262f.) Im Üb-rigen gilt für alle Assistenten der Gleichbehandlungsgrundsatz, alle müssen die gleichen Arbeiten verrichten und alle bekommen den gleichen Lohn bezahlt. Klare Arbeitsinhalte und Regeln geben beiden eine entsprechende Sicherheit im Assistenzalltag. Das Verhalten der jeweiligen Bezugspartner kann so leichter eingeschätzt, verstanden und aufeinander abgestimmt werden. (vgl. ebd., S. 264)
Faktoren wie räumliche Nähe, Ähnlichkeit hinsichtlich Einstellungen und Interessen sowie physische Attraktivität sind förderlich für die Entwicklung von Freundschaften. (vgl. Buunk/Dijkstra, 2007, S. 343) Alleine die bloße Anwesenheit einer Person erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass wir mit dieser Person eine freundschaftliche Beziehung eingehen. (vgl. ebd., S. 336; Argyle/Henderson, 1985, S. 92) Aufgrund der besonderen Konstellation im Arbeitgebermodell innerhalb dessen täglich viele Stunden am Stück zusammen ver-bracht werden, besteht die Möglichkeit, dass sich aus einer reinen Arbeitsbeziehung auch Freundschaften entwickeln. (vgl. Tillman, 2001, S. 277) Folgende Interviewzitate von Ar-beitgebern aus der Studie „Leben mit Assistenz“ unterstreichen dies:
„Diese Konstellation von Beziehung verführt natürlich dazu, ein freundschaftliches Verhältnis aufzubauen. Aber, da das bezahlt wird, von mir, habe ich schon ein gutes Argument zu sagen: Wir haben jetzt nicht eine reine Freundschaft.“
„Aber aus Assistentinnen entwickeln sich oft Freundschaften. Dass eine Frau als Assis-tentin bei mir anfing und wir uns auch über die Zeit befreunden, die Assistenz dann weiterläuft und gut weiterläuft. Das ist kein Problem. Es ist eben auch klar, ob sie gera-de als Assistentin da ist oder ob wir gemeinsam in die Stadt gehen als Freundinnen, was dann auch nicht bezahlt wird.“ (Drolshagen/Rothenberg zit. n. Tillmann, 2001, 280 f.)
Freundschaften innerhalb des Arbeitgebermodells bergen ein gewisses Konfliktpotential, da es zu Rollenkonflikten zwischen der Rolle als Freund oder den Rollen als Arbeitgeber bzw. Arbeitnehmer kommen kann. (vgl. 279 f.) Nicht allen Beteiligten fällt es leicht die Grenze zwischen Persönlicher Assistenz und Freundschaft wahrzunehmen und einzuhal-ten. (vgl. ebd., S. 281)
Argyle und Henderson definieren Freundschaft wie folgt: „Freunde sind Menschen, die man mag, deren Gesellschaft man genießt, mit denen man Interessen und Aktivitäten teilt, die hilfreich und verständnisvoll sind, denen man vertrauen kann, mit denen man sich wohlfühlt und die emotionale Unterstützung gewähren.“ (Argyle/Henderson, 1985, S. 84) Dabei können Freundschaften unterschiedlich eng empfunden werden. Das Spektrum er-streckt sich hierbei von „Bekannten“ bis zu „besten Freunden“. Die Verhältnisse unter- scheiden sich insofern, dass mit engeren Freunden persönlichere Gespräche stattfinden, mehr Unterstützung geleistet wird und die Bezugspartner sich freier fühlen, authentischer sein zu können. (vgl. ebd.) Auhagens Definition bezieht sich weniger auf mögliche Inhalte, sondern mehr auf formale und strukturelle Aspekte:
Freundschaft ist eine dyadische, persönliche, informelle Sozialbeziehung. Die beiden daran beteiligten Menschen werden als Freundinnen/Freunde bezeichnet. Die Existenz der Freundschaft beruht auf Gegenseitigkeit. Die Freundschaft besitzt für jede(n) der Freundinnen/Freunde einen Wert, welcher unterschiedliches Gewicht haben und aus verschiedenen inhaltlichen Elementen zusammengesetzt sein kann. Freundschaft wird zudem durch folgende vier weitere essentielle Kriterien charakterisiert:
- Freiwilligkeit: bezüglich der Wahl, der Gestaltung und des Fortbestandes der Beziehung
- Zeitliche Ausdehnung: Freundschaft beinhaltet einen Vergangenheits – und ei-nen Zukunftsaspekt
- Positiver Charakter: unabdingbarer Bestandteil von Freundschaft ist das Element des Positiven
- keine offene Sexualität.(Auhagen, 1993, S. 217)
Zwischenmenschliche Beziehungen haben unterschiedliche Funktionen für die Bezugs-partner, von besonderem Interesse in unserem Zusammenhang sind potentielle Unterstüt-zungsfunktionen für die Bezugspartner. (vgl. Asendorpf/Banse, 2000, S. 34) Schuma-ker/Brownell (1984) definieren soziale Unterstützung als „Austausch von Ressourcen zwi-schen zwei Individuen, der vom Gebenden oder Empfangenden als Absicht empfunden wird, das Wohlbefinden des Empfangenden zu steigern.“ (zit. n. Nestmann, 1988, S. 39) Nach Veil (1985) kann soziale Unterstützung instrumenteller oder psychischer Art sein. Bei der instrumentellen Art sind auf der einen Seite informationelle Komponenten zu ent-decken wie z.B. Vermittlung von Know-how, auf der anderen Seite sind materielle Kom-ponenten von Bedeutung, wie z.B. die Assistenzgabe oder finanzielle Hilfen. Psychische Unterstützung kann demnach sowohl emotionale, als auch kognitive Bestandteile beinhal-ten. Emotional sind demnach Zuneigung, Wertschätzung, Ermunterung etc., kognitiv hin-gegen sind z.B. Beratung, Orientierung, Feedback-Gabe denkbar. (vgl. Klusmann, 1986, S. 8)
Weiss (1974) identifizierte sechs verschiedene Unterstützungsfunktionen von Beziehungen zwischen Erwachsenen:
- Bindung
- Verlässlichkeit (auch ohne emotionale Nähe)
- Selbstwertstärkung
- Soziale Integration
- Beratung
- Gelegenheit zu eigener Unterstützung (zit. n. Asendorpf, 2000, S. 34)
Im Hinblick auf die Unterstützungsfunktionen im Arbeitgebermodell ist dabei denkbar, dass sowohl der behinderte Arbeitgeber, als auch der helfende Assistenzgeber als Gebende von sozialen Unterstützungsleistungen wirken können. Das Wort „Geben“ ist schließlich in beiden Rollenbegriffen enthalten. Das Arbeitergebermodell ist von vorne herein so ange-legt, dass auf der materiellen Ebene ein Austausch zwischen finanziellen Mitteln und der Assistenzgabe stattfindet. Zusätzlich sind weitere Austausche innerhalb der emotionalen und/oder kognitiven Ebene denkbar.
Allerdings können soziale Unterstützungen auch negative Wirkungen hervorrufen und ge-genteilige Effekte mit sich bringen. (vgl. Röhrle, 1994, S. 88ff.) Bei der Gesamtbetrach-tung einer zwischenmenschlichen Beziehung sind neben Unterstützungsleistungen auch Belastungen festzustellen, die daraus resultieren, dass Verbindlichkeiten und Machtun-gleichgewichte aufgebaut, Spannungen ausgetragen und einer Bezugsperson oftmals auch Kosten aufgebürdet werden. (vgl. Diewald, 1991, S. 81)
Laireiter/Leitner (1993, S. 108f.) haben sechs Kategorien negativer Effekte sozialer Unter-stützung für Hilfeempfänger erarbeitet:
- Belastende Aspekte normaler Unterstützung:
Von der Hilfe einer anderen Person abhängig zu sein, kann den Selbstwert der empfan-genden Person negativ beeinflussen. Potentielle Auswirkungen sind Scham-, Schuld-und Verpflichtungsgefühle, sowie das Entstehen von Interdepenzen. (vgl. ebd.)
- Inadäquate Unterstützung:
Überforderungen der helfenden Personen können oftmals zu einem Fehlverhalten füh-ren. Wortman/Lehman (1985) beobachteten diesen Sachverhalt, insbesondere bei dau-erhaftem Leiden, bei Thematisierungen der Belastungen durch die Hilfeempfänger, aber auch bei intermittierendem Erscheinen von Problemen und Klagen. Die Reaktionen der Helfer bestehe dann oft darin, „Gespräche über Gefühle der Betroffenen aus Verunsi-cherungen, Irritationen, Ängstlichkeit etc. zu umgehen und abzuwürgen.“ (vgl. Nest-mann, 1988, S. 94) Laireiter/Lettner (1993, S. 108) nennen zusätzlich „emotionales Überengagement, Beschwichtigungsversuche, Hilfestereotypen, Herabwürdigung des Problems, Überredungsversuche, Beschimpfung oder das Blamieren des Betroffenen.“
- Enttäuschte Unterstützungserwartungen
Die Unterlassung einer adäquaten Unterstützung führt zur Enttäuschung vorhandener Erwartungen auf Seite des potentiell Empfangenden. Enttäuschte Unterstützungserwar-tungen wirken sich sehr negativ auf das Befinden des Betroffenen aus und stehen in Zu-sammenhang zu Befindenstrübungen und Depressivität, vor allem wenn die Belastun-gen hoch sind. (Harris et al., 1992 zit. n. Laireiter/Lettner, 1993, S. 108)
- Exzessive Hilfe
Aufgrund oftmals übersteigerten emotionalen Engagements kommt es zu exzessiven Hilfeeinsatz. Folgeerscheinungen davon können Grenzüberschreitungen bzgl. persönli-cher Belange und einhergehendem Entzug von Kompetenzen und Abwertungen sein. (vgl. ebd., S.109)
- Problematische Beziehungen zwischen Unterstützer und Unterstütztem:
Für besonders belastend werden folgende Beziehungsaspekte empfunden: „Mangel an Reziprozität, Abhängigkeit, Kontrolle, Ablehnung, Abwertung und Angst.“ (ebd.) Ins-besondere der Mangel an Reziprozität wirkt besonders belastend, da er zu einem Un-gleichgewicht in den Beziehungen führt. Unterstützung kann in der Regel erst dann positiv erlebt werden, wenn der Rezipient die negative Bilanz in absehbarer Zeit durch ei-gene Unterstützungsleistungen auszugleichen vermag. Abhängigkeit in diesem Kontext führt zu einem verminderten Selbstwertgefühl, verringert die Selbsthilfekräfte und kann zu Verunsicherungen führen. (vgl. Nestmann, 1988, S. 91)
- Belastungsbedingte Ineffektivität:
Wenn die Unterstützung am intensivsten gebraucht wird, ist die Gefahr des Eintritts ei-ner belastungsbedingten Ineffektivität am größten. (vgl. Laireiter/Lettner, 1993, S. 109) Die benötigte Hilfe wird zur Belastung für den Helfer. In solchen Situationen sind oft Enttäuschungen der Helfer über die Ineffektivität ihrer Hilfe auszumachen. Sie können fehlendes Engagement, mangelnde Kooperation und Undankbarkeit auf Seiten des Hil-feempfangenden beklagen. Dies kann zu negativer Kritik und Ablehnung des Betroffe-nen führen. (vgl. Coyne et al., 1988 zit. n. Laireiter/Lettner, 1993, S. 109)
Beziehungen können aus unterschiedlichen Perspektiven und diesbezüglichen Fachrich-tungen betrachtet werden. Dazu zählen psychoanalytische, kognitive, evolutionspsycholo-gische, bindungstheoretische und austauschtheoretische Ansätze wie auch Netzwerkansät-ze und systemische Ansätze. (vgl. Asendorpf, 2000, S. 141)
Für den Fokus dieser Arbeit ist der austauschtheoretische Ansatz von besonderer Relevanz. Das Arbeitgebermodell ist in seinem Proprium als Tauschbeziehung angelegt. Die persön-lichen Assistenten geben ihre Arbeitskraft und Arbeitszeit in Form von Assistenzleistungen ihren behinderten Arbeitgebern, diese bezahlen dafür mit Hilfe des persönlichen Budgets ihren Helfern einen regelmäßigen monatlichen Lohn. Die Tauschbeziehung ist per Ar-beitsvertrag gesetzlich verankert und sorgt dafür, dass der behinderte Arbeitgeber sein Le-ben weitgehend selbstbestimmt leben kann. (vgl. Kap. 3.2)
Die Austausch- und Equitytheorien gründen auf der Annahme, dass soziale Interaktions-prozesse als Austausch von Handlungen identifiziert werden können. In der Austauschthe-orie orientieren sich die Bezugspartner an der Maximierung ihres eigenen Nutzens in den zwischenmenschlichen Interaktionen, dagegen streben die Akteure in der Equitytheorie nach einem Gleichgewicht des Nutzens. (vgl. ebd., S. 205) Als wichtiger Vertreter der Austauschtheorien gelten Thibeaut und Kelley (1959, 1978) mit ihrer Interdepenztheorie. Sie beruht auf der Vorstellung, dass soziale Interaktionen ein Austausch von Handlungen ist, die Belohnungen und Kosten zur Folge haben. Der Mensch orientiert sich dabei hedo-nistisch an einer Minimierung von Kosten und einer Maximierung von Belohnung. Hat jeder Bezugspartner in der Beziehung diesbezüglich eine positive Nettobilanz kann die Beziehung als stabil angesehen werden. Diese Nettobilanz wird gebildet aus der Summe von Belohnungen minus den Kosten und wird dann mit dem individuellen Vergleichsni-veau und dem Vergleichsniveau bzgl. möglicher Alternativen in Relation gesetzt. Dabei sind die Partner für die Erreichung eines guten Ergebnisses voneinander abhängig. Die Abhängigkeit von Bezugspartner A von B ist dabei umso größer, je schlechter mögliche Alternativen eingeschätzt werden. (vgl. Lambertz, 1999, S. 34) (siehe auch Kap. 4.7.6)
Die Ressourcentheorie von Uriel Foa (1971) hat Tauschressourcen klassifiziert und Ge-setzmäßigkeiten hinsichtlich der Tauschprozesse beschrieben. Die Tauschobjekte bleiben dabei nicht nur auf die materielle Dimension beschränkt, sie erfassen auch abstraktere Ebe-nen des Daseins wie Liebe und Status. (vgl. Fricke, 2002, S. 13) Nach Stangl (1989, S. 328) versucht die Ressourcentheorie Strukturmerkmale zwischenmenschlicher Beziehun-gen zu erklären und mit relativ einfachen Hypothesen ein Analyseinstrument bzgl. dieses Feldes zu sein. Soziale Interaktionen sind danach gekennzeichnet durch einen wechselsei-tigen Prozess von Geben und Nehmen von einer bzw. mehrerer Ressourcen, über die die Beteiligten verfügen können bzw. die als solche erkannt und definiert werden. Ressourcen sind nicht absolut und objektiv bestimmbar, sie erhalten durch die subjektiven Interpretati-onen der Tauschpartner ihren Wert und ihre Bedeutung.
Foa Foa (1976, S. 101) definieren den Ressourcenbegriff wie folgt: „A ´ressource´ is defined as anything that can be transmitted from one person to another. This definition is broad enough to include things as different as a smile, a check, a haircut, a newspaper, a
reproachful glance, and a loaf of bread , some ressources are more alike than others in terms of their meaning, their use, and the circumstances of their exchanges.” Sie unter-scheiden in sechs Hauptkategorien (später erweitert auf acht Kategorien, siehe Abb. 3):
- Love (=Liebe, Zuwendung, Wärme, Trost, Beistand)
- Services (=Aktivitäten, die andere betreffen und in der Regel Arbeit bedeuten)
- Goods (=Produkte, Objekte, Materialen)
- Money (=Münzen, Währung, generell alle symbolischen Gaben mit Aus- tauschwert)
- Information (=Unterweisung, Meinung, Rat, Aufklärung)
- Status (= Prestige, Ansehen, Achtung).(Stangl, 1989, S. 329f.)
Die Ressourcen lassen sich innerhalb zweier Dimensionen zuordnen: „Particularism“ und „Concreteness“. (vgl. Foa/Foa, 1974, S. 82; Abb. 3)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3 Resource Theory (Foa/Foa ) 1993, S. 65 (erweitert auf acht Kategorien)
Die Dimension „Concreteness” macht eine Aussage darüber, wie greifbar eine Ressource ist. Güter und Waren gelten z.B. als mehr konkret, als Liebe oder Prestige. Die Ebene des „Particularism“ bemisst die Spezifität der Tauschressource. So gilt Geld als sehr unspezifi-sches Tauschmittel, welches wir mit jedem x-beliebigen Menschen gewohnt sind zu tau-schen. Liebe hingegen ist ein sehr spezifisches Tauschmittel, wir vertauschen es in der Regel nur mit sehr vertrauten, ausgewählten Personen. Die vorhandene Beziehung be- stimmt somit entscheidend mit, welche Ressourcen miteinander ausgetauscht werden. Res-sourcen werden dabei nicht beliebig ausgetauscht, sondern der Austausch orientiert sich an Gesetzmäßigkeiten (vgl. Foa, 1973, S. 15) So können z.B. symbolische Ressourcen wie Liebe und Status ohne eigenen Verlust weitergegeben werde, hingegen ist bei materiellen Ressourcen wie Waren oder Geld eine Weitergabe mit einem eigenen Verlust bzgl. dieser Ressource verbunden. (vgl. Foa et al., 1993, S. 7) Foa geht von der Annahme aus, dass Ressourcen aus benachbarten bzw. gleichen Ressourcenklassen sich einfacher austauschen lassen, als von den entfernten. So lässt sich Liebe z.B. sehr gut mit Liebe tauschen. Dage-gen ist ein Tausch von gegenüberliegenden Ressourcen wie z.B. zwischen Liebe und Geld unbefriedigend. (vgl. Abb. 3) So sagt Foa (1973, S. 17) „It is hypothesized here that resources proximal to one another in the structure will be responded more similarly than distal ones. In particular, it is predicted that resources proximal in the order will (1) be perceived as more similar, (2) be more substitutable for one another, and (3) elicit similar resources in social exchange.”
In der Ressourcentheorie liegt nicht die konkrete Handlung im Fokus des Interesses, son-dern deren zugrunde liegende Bedeutung. (vgl. Foa et al., 1993, S. 3) So ist die Übergabe eines Blumenstraußes nicht unbedingt materiell zu sehen. Die subjektiven individuellen Interpretationen beider Tauschpartner bestimmen die Art der Ressource. Der Blumenstrauß könnte somit eine Liebeshandlung sein oder auch ein Zeichen von Anerkennung bzw. Dankbarkeit. Der Austausch wird in der Regel bestimmt durch Angebot und Nachfrage. Sie bestimmen, wann ein Tausch als fair angesehen wird und wann nicht. Allerdings ist festzustellen, dass bei einem Austausch von spezifischen Ressourcen wie Prestige oder Liebe keine expliziten Marktregeln den Preis solcher Ressourcen festlegen. (vgl. ebd. S. 5) Das Prinzip des Austausches gilt dabei auch für negativen Austausch, wie z.B. bei Rache-akten. (vgl. Converse/Foa, 1993, S. 36)
Wir haben oben festgestellt, dass die Art des Austausches mit von der konstituierenden Beziehung bestimmt wird. Somit liefern Aussagen über die Art des Austausches innerhalb sozialer Beziehungen, auch Aussagen über die Aspekte der jeweiligen Beziehung. Ver-mehrter Austausch bzgl. Liebe und Prestige innerhalb einer Dyade lassen z.B. auf eine enge, innige und intime Beziehung schließen. (vgl. Foa et al., 1993, S. 4)
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